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Zdirekt! 04-2018

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FACHMAGAZIN ZEITARBEIT AUSGABE <strong>04</strong>/<strong>2018</strong><br />

Einwanderungsgesetz<br />

für Fachkräfte:<br />

Warum weiter ohne Zeitarbeit?


Z direkt!<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Editorial<br />

Z direkt!<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Der große Aufschrei blieb aus<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

iGZ – Interessenverband Deutscher<br />

Zeitarbeitsunternehmen e.V.<br />

PortAL 10 , Albersloher Weg 10<br />

48155 Münster<br />

E-Mail: presse@ig-zeitarbeit.de<br />

www.ig-zeitarbeit.de<br />

Verantwortlich<br />

Werner Stolz,<br />

iGZ-Hauptgeschäftsführer<br />

Editorial<br />

Der große Aufschrei blieb aus<br />

Kurz berichtet<br />

Aktiv<br />

Rechercheplattform speziell für Journalisten<br />

Mitmach-Kampagne „Zeitarbeit: Eine gute Wahl.“<br />

Immer ein Ansprechpartner da<br />

Titelthema: Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

Gesetz muss Zeitarbeit zulassen<br />

Fortschritt oder Stillstand?<br />

Wichtiges Sprungbrett für den Einstieg in den Aufstieg<br />

Nachgefragt<br />

Überlassungshöchstdauer: Frist erstmals abgelaufen<br />

Negative Auswirkungen für Zeitarbeitnehmer<br />

Überlassungshöchstdauer verkürzt Einsatzzeiten<br />

Durchs Raster gefallen: Übernahme für drei Monate<br />

Besondere Auftragsstruktur: „AÜG-Kelch ging an mir vorüber“<br />

Recht direkt!<br />

Änderungen des AÜG: Mit Irrtümern aufgeräumt<br />

Tarifliche Regelungen als Grundvoraussetzung<br />

Bericht aus Berlin<br />

Evaluierung des AÜG: Was wäre denn ein Erfolg?<br />

Unterwegs<br />

CDU-Bundesparteitag<br />

iGZ-Landeskongresse<br />

Sozialer Arbeitsmarkt: Zeitarbeit hat Brückenfunktion<br />

Zukunft der Arbeit: Ein Netflix für Weiterbildung?<br />

Gastbeitrag<br />

RA Jörg Hennig<br />

Chefredaktion<br />

Maren Letterhaus<br />

Chef vom Dienst<br />

Wolfram Linke<br />

Redaktion<br />

Svanja Broders, Maren<br />

Letterhaus, Wolfram Linke,<br />

Andrea Resigkeit, Marcel Speker<br />

Texte<br />

Svanja Broders, Marcel Konjer,<br />

Maren Letterhaus, Wolfram<br />

Linke, Kristin Mattheis, Sebastian<br />

Reinert, Dr. Jenny Rohlmann,<br />

Marcel Speker, Judith Schröder,<br />

Dr. Benjamin Teutmeyer<br />

Gestaltung, Layout und Satz<br />

Svanja Broders, Maren Letterhaus<br />

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Fotos<br />

Timo Beylemans, Svanja Broders,<br />

Maren Letterhaus, Wolfram<br />

Linke, www.fotolia.de<br />

Druck<br />

IVD GmbH & Co. KG<br />

Wilhelmstraße 240<br />

49475 Ibbenbüren<br />

www.ivd.de<br />

Nun war er also da, der Stichtag der wiedereingeführten<br />

Überlassungshöchstdauer. Viele Kolleginnen<br />

und Kollegen der Zeitarbeit hatten vor diesem Datum<br />

großen Respekt. Sollte Andrea Nahles am Ende Recht<br />

behalten, dass alle Zeitarbeitskräfte, die länger als<br />

18 Monate in einem Kundenbetrieb eingesetzt waren,<br />

übernommen werden? Oder sollte es zu Abmeldungen<br />

durch die Kundenbetriebe und damit zu<br />

Entgeltverlusten bei den Zeitarbeitskräften kommen?<br />

Repräsentative Daten hierzu gibt es nicht. Beides wird<br />

aber wohl eingetreten sein.<br />

Der große Aufschrei blieb jedenfalls aus. Kürzlich wurde<br />

durch den Betriebsrat des Zeitarbeitsunternehmens<br />

Randstad der Versuch unternommen, hinreichend<br />

Unterschriften für eine Petition zur Abschaffung der<br />

Überlassungshöchstdauer zu erhalten. Im Ergebnis<br />

bleibt festzuhalten, dass dies nicht gelungen ist. Gibt<br />

es also kein Problem? Oder ist das Problem bei einem<br />

Großteil der Zeitarbeitskräfte noch nicht angekommen?<br />

In mehreren Branchen wurde die Überlassungshöchstdauer<br />

durch Tarifverträge verlängert, etwa in<br />

der Metall- und Elektroindustrie (bis zu 48 Monate),<br />

der Stahlindustrie (bis zu 36 Monate) und bei der<br />

Bahn (bis zu 36 Monate). Hinzu kommt eine Vielzahl<br />

von Haustarifverträgen, in denen ebenfalls die Überlassungshöchstdauer<br />

tarifvertraglich verlängert wird.<br />

Die Tarifautonomie funktioniert auch hier und bringt<br />

beiden Parteien einen Vorteil, da unternehmens- und<br />

branchenspezifische Lösungen gefunden werden.<br />

Die Existenz dieser Tarifverträge macht aber auch<br />

deutlich, dass der gesetzlich festgelegte Zeitraum von<br />

18 Monaten an den tatsächlichen Notwendigkeiten<br />

der Wirtschaft und den Wünschen der Arbeitnehmer<br />

vorbeigeht. Gerade in diesen Tagen, in denen wir die<br />

100-jährige Tarifautonomie feiern, muss genau diese<br />

verteidigt werden. Nicht der Gesetzgeber ist für die<br />

Rahmenbedingungen der Beschäftigung zuständig,<br />

sondern die Tarifpartner!<br />

Wir bemühen uns, weitere tarifliche Lösungen zu<br />

erhalten. Allerdings können wir dies leider nur mittelbar<br />

machen, indem wir die Arbeitgeberverbände<br />

der Kundenbetriebe unterstützen. Der Gesetzgeber<br />

hat bei der Novellierung<br />

des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

(AÜG)<br />

die Auffassung vertreten,<br />

dass die Arbeitgeberverbände<br />

der Zeitarbeit zwar<br />

die sachgerechte Höhe<br />

des tariflichen Equal Payments<br />

mit den Sozialpartnern<br />

direkt verhandeln<br />

dürfen, nicht aber die<br />

sachgerechte Länge der<br />

Überlassungshöchstdauer.<br />

Absurd!<br />

Unabhängig davon, ob der Abschluss weiterer Tarifverträge<br />

gelingt oder nicht: Im Ergebnis hat sich die<br />

Fluktuation in der Zeitarbeit durch diese neue Regelung<br />

erhöht, sei es durch Übernahmen der Mitarbeiter<br />

durch die Kundenbetriebe oder durch Zwangsbeendigungen<br />

von Einsätzen. Und an dieser Stelle muss<br />

schon die Frage erlaubt sein, ob sich die Politik in diesem<br />

Land tatsächlich mit den relevanten Fragen beschäftigt<br />

und die Probleme der Zukunft löst.<br />

Die Digitalisierung und damit verbunden der Arbeitsmarkt<br />

4.0 wird von den Beschäftigten aller Branchen<br />

mehr Flexibilität erfordern als der heutige. Hierüber ist<br />

sich der überwiegende Anteil der Wissenschaftler und<br />

Experten einig. Da verwundert es nicht, dass in Berlin<br />

über Regelungen diskutiert wird, die den Schutz und<br />

die Sicherheit für die Beschäftigten garantieren sollen.<br />

Man möchte den Zaunpfahl am liebsten vor dem Winken<br />

rot lackieren. Hallo Berlin, es gibt eine Blaupause<br />

für dieses Problem! Die Zeitarbeit in Deutschland hat<br />

gemeinsam mit den Tarifpartnern bereits eine Lösung<br />

erarbeitet. Die darf gerne kopiert werden. Nur muss<br />

Politik aufhören aus populistischen Gründen hier reinzupfuschen.<br />

Sven Kramer<br />

Stellvertretender iGZ-Bundesvorsitzender<br />

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Kurz berichtet<br />

Kurz berichtet<br />

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Anzeige<br />

Z! Neue iGZ-Projektgruppe CSR<br />

Z! Sven Kramer neuer VGZ-Verhandlungsführer<br />

Sven Kramer ist<br />

neuer Verhandlungsführer<br />

der<br />

Verhandlungsgemeinschaft<br />

Zeitarbeit (VGZ).<br />

Der stellvertretende<br />

iGZ-Bundesvorsitzende<br />

leitet somit die<br />

Tarifverhandlungen<br />

der beiden<br />

Zeitarbeitgeberverbände<br />

iGZ<br />

und BAP mit<br />

den DGB-Ein-<br />

Sven Kramer, VGZ-Verhandlungsführer zelgewerkschaf-<br />

ten. iGZ und BAP<br />

haben im Jahr 2012 beschlossen, in Tarifverhandlungen<br />

künftig gemeinsam aufzutreten. Neben Kramer gehören<br />

seitens des iGZ Andreas Haßenewert und Andreas<br />

Schmincke der VGZ an. Der BAP ist durch Uwe Beyer,<br />

Peter Blersch und Stephan Giesbert vertreten.<br />

Z! Frist für Überlassungsdauer lief erstmals ab<br />

Mit Ablauf des Monats September <strong>2018</strong> griff erstmals<br />

die gesetzlich vorgeschriebene Überlassungshöchstdauer<br />

von 18 Monaten, die im Zuge der Reform des<br />

Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes für Zeitarbeitseinsätze<br />

eingeführt wurde. Allerdings scheiden sich die<br />

Geister darüber, ob diese Frist nach 18 vollen Monaten<br />

oder bereits nach 18 mal 30 Tagen (540 Tage)<br />

greift. Der iGZ empfiehlt den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />

sicherheitshalber schon nach 540 Tagen<br />

zu kündigen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu<br />

sein. Laut Arbeitnehmerüberlassungsgesetz darf das<br />

Zeitarbeitsunternehmen denselben Zeitarbeitnehmer<br />

nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate an<br />

denselben Kunden überlassen.<br />

Z! Brückenfunktion der Zeitarbeit: hohe Bedeutung<br />

Zeitarbeit hat sich als fester Bestandteil am Arbeitsmarkt<br />

etabliert, attestierte die Konrad-Adenauer-<br />

Stiftung (KAS) in der Studie „Neue Beschäftigungsverhältnisse<br />

– Daten, Fakten, Argumente“. Insgesamt<br />

arbeiten in der Zeitarbeitsbranche rund eine Million<br />

Beschäftigte, die zu 99 Prozent nach Tarifvertrag<br />

entlohnt werden. Die Branche übernehme für den<br />

Arbeitsmarkt verschiedene wichtige Funktionen. Sie<br />

ermögliche Unternehmen zum Beispiel eine höhere<br />

Flexibilität in der Personalplanung. Dadurch können<br />

Produktionsspitzen abgefangen werden, ohne dass<br />

Unternehmen ihre Stammbelegschaft auf- beziehungsweise<br />

abbauen müssen.<br />

Z! Zeitarbeit maßgeblich für Rückgang Teilzeitquote<br />

Nach einem langen Aufwärtstrend gab es laut dem<br />

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)<br />

wieder einen Rückgang der Teilzeitquote. Die Zahl<br />

der Teilzeitbeschäftigten sei im zweiten Quartal <strong>2018</strong><br />

gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,5 Prozent, die<br />

der Vollzeitbeschäftigten um 1,8 Prozent gestiegen.<br />

Daher liege die Teilzeitquote mit 39,2 Prozent leicht<br />

unter dem Stand des Vorjahres (-0,1 Prozentpunkte).<br />

Dafür sei vor allem die Entwicklung in Wirtschaftszweigen<br />

wie Verkehr und Lagerei oder Erbringung<br />

von wirtschaftlichen Dienstleistungen maßgeblich.<br />

Dazu gehören unter anderem die Zeitarbeit und<br />

Wachdienste.<br />

Wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit<br />

sind die drei Säulen der Corporate Social Responsibilty<br />

(CSR). In einer Projektgruppe möchte sich der<br />

iGZ mit seinen Mitglieder darüber austauschen, wie<br />

Zeitarbeitsunternehmen das Thema effizient angehen<br />

können. Am Ende sollen konkrete Maßnahmenvorschläge<br />

erarbeitet werden. Interessierte iGZ-Mitglieder<br />

können sich in der iGZ-Geschäftsstelle melden,<br />

info@ig-zeitarbeit.de oder Tel.: 0251 322 62-0.<br />

Z! So wenige Arbeitslose wie nie zuvor<br />

Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und<br />

Berufsforschung (IAB) gab es im vierten Quartal<br />

2017 zwei Arbeitslose je offener Stelle. Das sei der<br />

niedrigste Wert seit 25 Jahren. Im Jahr 2017 wurden<br />

in Deutschland insgesamt 3,65 Millionen sozialversicherungspflichtige<br />

Neueinstellungen vorgenommen.<br />

Gleichzeitig ist die sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigung weiter auf dem Vormarsch. Laut<br />

Arbeitsmarktbericht „Oktober <strong>2018</strong>“ der Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA) ist die sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigung gegenüber dem Vorjahr in<br />

allen Bundesländern und fast allen Branchen gestiegen.<br />

Die Zeitarbeit ist hier ein Ausreißer: Im Vergleich<br />

zum August 2017 gab es in der Branche 41.000 sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigte weniger. Das<br />

ist ein Rückgang von 4,6 Prozent auf 855.100 Beschäftigte.<br />

Im Vergleich zum Vormonat sank die Zahl<br />

um 3.900 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte<br />

(-0,5 Prozent).<br />

Maren Letterhaus<br />

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Z direkt!<br />

Aktiv<br />

Titelthema Aktiv<br />

Z direkt!<br />

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Neue Informationsseite unter www.ig-zeitarbeit.de/medienservice<br />

Rechercheplattform<br />

speziell für Journalisten<br />

Basis jeder professionellen Recherche sind objektive<br />

Datensätze und die Beleuchtung aller für<br />

die Story relevanten Aspekte. Nur damit lässt<br />

sich am Ende ein Artikel erstellen, mit dessen Informationen<br />

sich die Leserschaft eine Meinung<br />

bilden kann. Die zunehmende Individualisierung<br />

der Nachrichten durch die Möglichkeiten des Internets<br />

bedingt eine stetig steigende Sorgfaltspflicht<br />

beim Herausfiltern von gefälschten oder<br />

subjektiv veränderten Informationen. Unter<br />

www.ig-zeitarbeit.de/medienservice hat der<br />

Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />

(iGZ) nun eine Plattform entwickelt, die<br />

Medienvertretern alles Wissenswerte rund ums<br />

Thema Zeitarbeit anbietet.<br />

Sämtliche Informationen sind objektiviert, stellen also<br />

die Inhalte vollkommen wertfrei und konzentriert auf<br />

sachlichste Darstellung zur Verfügung. Aus Gründen<br />

der Übersichtlichkeit wurden die Themen unterteilt:<br />

Unter dem Menüpunkt „Struktur“ wird unter anderem<br />

die Charakteristik der Zeitarbeit – das Dreiecksverhältnis<br />

– vorgestellt. Unter „Tarif“ verbirgt sich die<br />

Erklärung des Aufbaus der iGZ-DGB-Tarifvertragswerke.<br />

Neben Entlohnung und Zuschlägen werden beispielsweise<br />

auch die Eingruppierungen erläutert.<br />

Definitionen und Zahlen<br />

Erlaubnispflicht, Mindestlohn und Tariföffnungsklausel<br />

finden sich unter dem Menüpunkt „Gesetz“. An<br />

dieser Stelle steht auch die Definition zur Abgrenzung<br />

von Zeitarbeit und Werkverträgen. Den Blick über<br />

den eigenen Tellerrand erlaubt der Menüpunkt „Ausland“.<br />

Neben der EU-Zeitarbeitsrichtlinie werden hier<br />

Struktur und Aufbau der Arbeitnehmerüberlassung in<br />

den Niederlanden, Frankreich und Österreich vorgestellt.<br />

Jede Menge Zahlen zur Zeitarbeit gibt´s unter<br />

„Statistik“ – die Zahlenwerte des Statistischen Amtes<br />

der Bundesagentur für Arbeit seit 2015 können als<br />

PDF direkt von der Seite geladen werden.<br />

Grafiken zum Download<br />

Umfangreiches Material, ebenfalls zum Weiternutzen<br />

nach dem Herunterladen, steht unter „Downloads“<br />

parat: Sämtliche Grafiken werden ganz neutral ohne<br />

Logo angeboten. Die Grafiken zum Download werden<br />

laufend aktualisiert und erweitert. Zum Download aus<br />

der Bildergalerie bitte erst Linksklick mit der Maus auf<br />

volle Bildgröße, dann Rechtsklick – „Grafik speichern<br />

unter...“. Auf Wunsch können die Grafiken auch als<br />

PDF zur Verfügung gestellt werden.<br />

Direkter Kontakt zum iGZ<br />

„Kontakt“ bietet unter anderem die Möglichkeit sich<br />

mit den ehrenamtlichen Funktionsträgern des iGZ in<br />

Verbindung zu setzen. Außerdem kann zwecks weiterer<br />

Recherche auch individuell in den jeweiligen Regionen<br />

Deutschlands nach iGZ-Mitgliedsunternehmen<br />

gesucht werden. Auch der Zeitarbeitgeberverband<br />

iGZ selbst ist mitunter Bestandteil einer Nachforschung.<br />

Unter „iGZ“ finden sich alle relevanten Fakten<br />

seit Gründung des Verbandes im Jahr 1998.<br />

Regelmäßige Aktualisierung<br />

Die Inhalte dieses neuen iGZ-Informationsangebots<br />

stehen nicht nur Journalisten sondern jedermann zur<br />

Verfügung. Sie können auch zu Recherchezwecken<br />

beispielsweise im wissenschaftlichen Bereich genutzt<br />

werden. Nicht zuletzt auch deshalb werden sie laufend<br />

aktualisiert und orientieren sich im statistischen<br />

Bereich an den Veröffentlichungszyklen des Statistischen<br />

Amtes der Bundesagentur für Arbeit.<br />

Wolfram Linke<br />

IHR 360° PARTNER FÜR DIE<br />

PERSONALDIENSTLEISTUNG<br />

Höchstüberlassungsdauer, Digitalisierung, Equal Pay, DSGVO - wie rund<br />

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kaufmännischen und administrativen Prozesse Ihres Unternehmens mit nur<br />

einer Software. Vom Vertrieb bis hin zur vorbereitenden Lohnabrechnung und<br />

Fakturierung - individuell, flexibel, anwenderfreundlich und perfekt auf die<br />

Anforderungen der Branche zugeschnitten.<br />

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6 www.landwehr-software.de<br />

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Aktiv<br />

Aktiv<br />

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Mitmach-Kampagne des iGZ<br />

Zeitarbeit: Eine gute Wahl.<br />

„Zeitarbeit: Eine gute Wahl.“ heißt die aktuelle<br />

Branchenkampagne des iGZ, in der Zeitarbeitnehmer<br />

begründen, warum sie sich für die Branche<br />

entschieden haben. Ziel der Kampagne ist es,<br />

bei potenziellen Bewerbern Interesse für das Arbeitsmodell<br />

zu wecken und die Verbandsmitglieder<br />

bei der Suche nach Arbeitskräften zu unterstützen.<br />

Die Kampagne erzählt die Geschichten<br />

der Zeitarbeitskräfte, die fotografiert und mit<br />

vollem Namen veröffentlicht wurden. Dadurch<br />

entsteht Transparenz – und Transparenz erzeugt<br />

Vertrauen.<br />

Auf der dazugehörigen Kampagnen-Website<br />

www.zeitarbeit-einegutewahl.de lesen die Seitenbesucher<br />

in vielen Praxisbeispielen, warum Zeitarbeit<br />

eine gute Wahl ist. Unter der Überschrift „Suchen Sie<br />

einen neuen Job?“ finden interessierte Arbeitnehmer<br />

zudem eine Datenbank der iGZ-Mitgliedsbetriebe.<br />

Darin können sie Personaldienstleister in ihrer Region<br />

finden.<br />

Mitmachen lohnt sich<br />

Auf der iGZ-Internetseite www.ig-zeitarbeit.de finden<br />

Mitglieder in der Rubrik „Mitmach-Kampagne“ verschiedene<br />

On- und Offline-Angebote, mit denen sie<br />

sich als Teil der Kampagne selbst vermarkten können.<br />

iGZ-Mitglieder können<br />

den Link www.zeitarbeit-einegutewahl.de auf die<br />

eigene Internetseite stellen und damit zum Beispiel<br />

auf Facebook Werbung machen. Oder sie suchen<br />

sich eine Geschichte aus, die zum eigenen Unternehmen<br />

passt, und verlinken direkt dorthin.<br />

unter www.ig-zeitarbeit.de/kampagne verschiedene<br />

Kampagnenmaterialien herunterladen, um sie<br />

auf ihre eigene Homepage zu stellen und über Zeitarbeit<br />

aufzuklären.<br />

ebenfalls unter www.ig-zeitarbeit.de/kampagne<br />

Infohefte, Aufkleber und Ähnliches bestellen. Die<br />

Printmedien können sie den Kunden und Mitarbeitern<br />

geben. Mit den Aufklebern auf der Firmenpost<br />

können Mitglieder sich als Teil der Kampagne<br />

präsentieren.<br />

sich selbst bei einem der iGZ-Landeskongresse fotografieren<br />

lassen und angeben, warum Zeitarbeit<br />

für sie als Arbeitgeber eine gute Wahl ist. Daraus<br />

entstehen individuelle Kampagnenmotive.<br />

Foto-Tool schon ausprobiert?<br />

Auf der Kampagnen-Website bietet<br />

der iGZ ein Foto-Tool an. Damit<br />

können Mitglieder ihr eigenes Porträt<br />

ins Kampagnen-Layout bringen<br />

und mit einem Zitat vervollständigen.<br />

Das fertige Motiv können sie<br />

herunterladen und auf ihrer Unternehmenswebsite,<br />

auf ihren Social-<br />

Media-Kanälen oder zum Beispiel<br />

für ihren Firmenflyer nutzen. Nur<br />

wenn viele Mitglieder sich als Teil<br />

der Kampagne zeigen und an einem<br />

Strang ziehen, kann erreicht werden,<br />

dass Zeitarbeit mehr und mehr<br />

anerkannt wird. „Mitmachen“ lautet<br />

also das Motto!<br />

Augen auf im Straßenverkehr: iGZ-Werbung auf Stadtbahnen<br />

Premiere in Stuttgart: Zwölf iGZ-Mitgliedsunternehmen sorgen zusammen mit dem iGZ dafür, dass die Kampagne<br />

dort im wahrsten Sinne des Wortes „auf die Straße“ gebracht wird: Das „Werbepaket Stuttgart“ beinhaltet<br />

die Außen- und Innengestaltung eines Stuttgarter Stadtbahnwagens, der im Februar und März 2019 auf dem<br />

gesamten Liniennetz eingesetzt wird. Auf dem Wagen wird außen die Kampagne abgebildet. Innen werden die<br />

Mitgliedsfirmen mit personalisierten Motiven, aber als Teil der Kampagne erkennbar, plakatiert. Parallel dazu<br />

veröffentlicht der iGZ einen mehrseitigen Print- und Online-Beitrag im Stadtmagazin Moritz. In das Layout der<br />

Seiten werden die teilnehmenden Mitgliedsfirmen eingebunden. Ähnliche Werbepakete bietet der iGZ seinen<br />

Mitgliedern in den kommenden Monaten in allen Landeshauptstädten an.<br />

Dr. Jenny Rohlmann<br />

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Z direkt!<br />

Titelthema<br />

Weil ich so akzeptiert<br />

werde, wie ich bin.<br />

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Titelthema<br />

Z direkt!<br />

Ihre Geschichte finden Sie hier:<br />

zeitarbeit-einegutewahl.de<br />

Jessica Brewe fühlt sich im Team sehr wohl<br />

Immer ein Ansprechpartner da<br />

Jessica Brewe ist gelernte Bürokauffrau und arbeitet<br />

seit vier Jahren beim iGZ-Mitglied Meteor<br />

Personaldienste in Münster.<br />

Ihr Einsatzort ist der Verpackungsmaschinenhersteller<br />

Windmöller & Hölscher in Lengerich. Mit 25 Stunden<br />

arbeitet sie in Teilzeit, da sie ihre kleine Tochter betreuen<br />

muss. „Ich habe immer einen Ansprechpartner, der<br />

auch sehr flexibel ist. Das find ich einfach toll“, betont<br />

die 39-Jährige. Ihre Aufgaben sind es, Materialien für<br />

Machen Sie mit!<br />

Sind Sie iGZ-Mitglied und haben Mitarbeiter, die ihre Geschichte<br />

im Rahmen der Kampagne erzählen möchten?<br />

Dann melden Sie sich bei Dr. Jenny Rohlmann, Strategisches<br />

Marketing und PR, rohlmann@ig-zeitarbeit.de oder telefonisch<br />

unter 0251 32262-155.<br />

Schaltschränke und -tafeln zu bestellen, Nachdrucke<br />

anzufertigen und Montage-Unterlagen für die Zusammenarbeit<br />

mit den Mitarbeitern in Tschechien anzufertigen.<br />

Mit acht Leuten im Büro tauscht sie sich<br />

regelmäßig aus und hat viel Spaß.<br />

Bei einem Bewerbertraining stellte sie sich spontan<br />

mit ihrem Lebenslauf bei der Firma Meteor vor. Bereits<br />

nach zwei Wochen konnte sie anfangen. Heute<br />

ist sie begeistert: „Das Team ist einfach toll. Vor sechs<br />

Jahren habe ich stark abgenommen und meinen Kleidungsstil<br />

verändert. Ich liebe Johnny Cash und Rockabilly<br />

und trage sehr gern auffällige Kleidung, auch im<br />

Büro. Das war für alle kein Problem“, erzählt Jessica<br />

Brewe. Sobald ihre Tochter etwas größer ist, möchte<br />

sie ihre Arbeitszeit aufstocken und gerne auch mehr<br />

Aufgaben übernehmen.<br />

Kristin Mattheis<br />

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Z direkt!<br />

Titelthema<br />

Z direkt!<br />

Referentenentwurf vorgelegt<br />

Fachkräfteeinwanderung:<br />

Gesetz muss Zeitarbeit zulassen<br />

Das Bundesinnenministerium hat einen Referentenentwurf<br />

für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

vorgelegt. Ziel ist es, mehr Ausländern die<br />

Beschäftigung in Deutschland zu ermöglichen<br />

und dabei besonders die bürokratischen Hürden<br />

abzubauen. Spezialist in der Integration ausländischer<br />

Arbeitskräfte ist die Zeitarbeitsbranche.<br />

Doch gerade die findet im aktuellen Referentenentwurf<br />

keine Berücksichtigung. Nach dem jetzigen<br />

Stand der Dinge bleibt eine Beschäftigung in<br />

der Zeitarbeitsbranche für Drittstaatsangehörige<br />

nahezu unmöglich.<br />

Das ist nicht nur bedenklich, sondern nach einem<br />

Blick in die Statistik auch nicht nachvollziehbar. In der<br />

Gesamtwirtschaft lag der Anteil ausländischer Arbeitnehmer<br />

Ende 2017 laut Bundesagentur für Arbeit<br />

(BA) bei 11,2 Prozent. In der Zeitarbeit ist dieser Wert<br />

fast dreimal so hoch: 31,31 Prozent der Zeitarbeitskräfte<br />

sind Ausländer. Die Branche ist es also mehr als<br />

gewohnt, verschiedene kulturelle Besonderheiten zu<br />

berücksichtigen. Das hat sie auch bei der Integration<br />

Geflüchteter bewiesen: Keine andere Branche brachte<br />

so viele Asylbewerber in Arbeit wie die Zeitarbeitsbranche.<br />

28.200 der 91.000 Flüchtlinge, die zwischen<br />

August 2017 und Juli <strong>2018</strong> einen Job fanden, fanden<br />

diesen in der Zeitarbeit. Das ist fast jeder Dritte.<br />

Viele Fachkräfte in Zeitarbeit<br />

Zudem ist die Zeitarbeitsbranche keine reine „Helferbranche“.<br />

Zwar ist der Anteil un- und angelernter Mitarbeiter<br />

mit 54,9 Prozent im gesamtwirtschaftlichen<br />

Vergleich überdurchschnittlich hoch. Es bleiben aber<br />

noch rund 500.000 Zeitarbeitskräfte, die laut BA-Statistik<br />

als „Fachkräfte“, „Spezialisten“ und „Experten“<br />

tätig sind. Qualifikatorisch fallen diese Arbeitnehmer<br />

also in die Zielgruppen, die durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

aus Drittstaaten gewonnen werden<br />

sollen.<br />

Technische Branchen suchen<br />

Die größten Einsatzbranchen der Zeitarbeit in Deutschland<br />

sind nach Angaben der Lünendonk-Branchenstudie<br />

2017 die Automobilindustrie (20,5 Prozent),<br />

der Maschinenbau (12,5 Prozent) und die Elektrotechnik<br />

(10,3 Prozent). In diesen Branchen suchen<br />

Personaldienstleister händeringend nach Fachkräften.<br />

Gleichzeitig sind das auch die drei Branchen, in<br />

denen besonders viele ausländische Zeitarbeitskräfte<br />

beschäftigt sind.<br />

Fachkräftemangel auch in Zeitarbeit<br />

Der Arbeitsmarktreport <strong>2018</strong> des Deutschen Industrie-<br />

und Handelskammertages hat belegt, dass<br />

auch die Zeitarbeitsbranche den Fachkräftemangel<br />

als Speerspitze zu spüren bekommt. 83 Prozent der<br />

Zeitarbeitsunternehmen haben Stellenbesetzungsprobleme.<br />

Deshalb muss auch die Zeitarbeitsbranche die<br />

Möglichkeit haben, Fachkräfte beschäftigen zu dürfen.<br />

Unterstützer gesucht<br />

Die Zeitarbeit wird insbesondere in der Wirtschaft, aber<br />

auch in der Politik als „Jobmotor des deutschen Arbeitsmarktes“<br />

gelobt. Es ist daher sehr erfreulich, dass<br />

zum Beispiel die Bundesvereinigung der Deutschen<br />

Arbeitgeberverbände in ihrem „Sieben-Punkte-Plan<br />

für eine gezielte Stärkung der Fachkräfteeinwanderung“<br />

für eine Aufhebung des Beschäftigungsverbotes<br />

in der Zeitarbeit plädiert. Auch auf dem 72. Deutschen<br />

Juristentag in Leipzig wurde beschlossen, dass<br />

das Beschäftigungsverbot für Drittstaatsangehörige in<br />

der Zeitarbeit gestrichen werden sollte. Das Problem<br />

ist also bekannt und scheint größere Aufmerksamkeit<br />

zu erlangen. Doch das genügt offenbar noch nicht.<br />

Maren Letterhaus / Judith Schröder<br />

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Z direkt!<br />

Titelthema<br />

Titelthema<br />

Z direkt!<br />

Bundesregierung plant Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

Fortschritt oder Stillstand?<br />

Man stelle sich folgende Situation vor: Dao, eine<br />

versierte Pflegefachkraft aus Thailand, möchte<br />

in Deutschland arbeiten. Sie steht in Kontakt mit<br />

zwei Arbeitgebern. Einer ist ein Pflegedienst,<br />

der andere ein Personaldienstleister, der sich auf<br />

die Überlassung von Pflegekräften spezialisiert<br />

hat und dringend Fachkräfte benötigt. Dao beantragt<br />

bei der Deutschen Botschaft in Bangkok<br />

ein Visum und reicht alle relevanten Unterlagen<br />

ein. Die Botschaft prüft, ob ein Visum zur Ausübung<br />

einer Erwerbstätigkeit in Deutschland<br />

erteilt werden kann. Nach Rücksprache mit der<br />

Bundesagentur für Arbeit erhält<br />

Dao eine Antwort: Ein Visum<br />

wird für die Beschäftigung<br />

beim Pflegedienst<br />

erteilt, nicht<br />

aber für den Personaldienstleister.<br />

Dao<br />

wundert sich, zumal<br />

die Arbeitsbedingungen<br />

beim Personaldienstleister<br />

auch<br />

noch besser sind. Warum<br />

darf Dao nicht in der<br />

Zeitarbeit arbeiten?<br />

Klassische Erwerbsmigration<br />

ist grundsätzlich<br />

erlaubnis- und zustimmungspflichtig.<br />

Das<br />

Zustimmungsverfahren<br />

erfolgt in zwei<br />

Schritten. In einem<br />

ersten Schritt prüft<br />

die Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA), ob<br />

die Stelle mit einem<br />

Deutschen oder einem<br />

EU-Ausländer<br />

zu besetzen ist (Vorrangprüfung).<br />

Ist das<br />

nicht der Fall, prüft<br />

sie in einem zweiten Schritt die Arbeitsbedingungen.<br />

Ein drittstaatsangehöriger Arbeitnehmer darf nicht zu<br />

schlechteren Arbeitsbedingungen beschäftigt werden<br />

als ein vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer/EU-<br />

Ausländer. Wenn auch das gewährleistet wird, erteilt<br />

sie eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung.<br />

Keine Zustimmung für Zeitarbeit<br />

Wenn aber ein Ausländer in der Zeitarbeit beschäftigt<br />

werden will, versagt die Bundesagentur für Arbeit<br />

die Zustimmung. Das gilt auch dann, wenn keine<br />

Vorrangprüfung durchzuführen ist. Denn die Erwerbstätigkeit<br />

bleibt trotzdem zustimmungspflichtig, weil<br />

die BA die Arbeitsbedingungen prüfen muss. Darum<br />

dürfen Drittstaatsangehörige – bis auf einige Ausnahmen<br />

im hochqualifizierten Bereich – nicht in Zeitarbeit<br />

beschäftigt werden. Das beschriebene Szenario<br />

gilt nicht nur für den Pflegebereich, sondern für alle<br />

Berufszweige.<br />

Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

Selbst der Referentenentwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz,<br />

den das Bundesinnenministerium<br />

kürzlich vorlegte, ändert daran nichts. Im Entwurf verankert<br />

sind unter anderem<br />

der Verzicht auf die Engpassbetrachtung<br />

der grundsätzliche Verzicht auf die Vorrangprüfung<br />

bei Fachkräften mit Berufsausbildung oder Hochschulabschluss<br />

der Zugang zum Arbeitsmarkt auch für Ausländer<br />

mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen<br />

eine Erleichterung der Anerkennung von Berufsund<br />

Studienabschlüssen<br />

überarbeitete Regelungen zur Beschäftigungsduldung<br />

die Schaffung einer Zentralen Servicestelle für das<br />

Anerkennungsverfahren<br />

die Zusicherung eines beschleunigten Fachkräfteeinwanderungsverfahrens<br />

Die Zeitarbeit berücksichtigt der aktuelle Entwurf<br />

nicht. Nach dem jetzigen Stand der Dinge bleibt der<br />

Arbeitsmarkt „Zeitarbeit“ weiterhin für Drittstaatsangehörige<br />

nahezu verschlossen.<br />

Strukturelle Änderungen<br />

Auch wenn die Zeitarbeit im schlechtesten Fall also<br />

nicht von einer Fachkräfteeinwanderung profitiert,<br />

muss sie sich mit einer neuen Struktur der Regelung<br />

zur Arbeitsmigration vertraut machen. Das Bundesinnenministerium<br />

wirbt mit systematischen Vereinfachungen,<br />

durch welche die Regelungen insgesamt<br />

übersichtlicher und transparenter gestaltet werden<br />

sollen.<br />

Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehren<br />

Es wird ein neuer § 4a Aufenthaltsgesetz „Zugang zur<br />

Erwerbstätigkeit“ geschaffen. Das Regel-Ausnahme-<br />

Verhältnis wird umgekehrt. Nunmehr soll gelten: Eine<br />

Erwerbstätigkeit ist gestattet, es sei denn ein Gesetz<br />

bestimmt ein Verbot oder eine Beschränkung. Zuvor<br />

galt: Eine Erwerbstätigkeit ist verboten, es sei denn<br />

ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung erlauben es.<br />

Daher wird künftig zum Beispiel in der Regelung zur<br />

Niederlassungserlaubnis nicht mehr der Hinweis zu<br />

finden sein, dass eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist.<br />

Für die Zeitarbeit ändert sich nichts<br />

In den rechtlichen Möglichkeiten, Drittstaatsangehörige<br />

zu beschäftigten, ändert sich für die Zeitarbeit<br />

dadurch nichts. Es ist „nur“ ein strukturelles Umdenken<br />

erforderlich. Ob dies zu den versprochen Vereinfachungen<br />

führt, bleibt abzuwarten.<br />

Mitteilungspflicht<br />

Neu ist auch die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers.<br />

Die neue Regelung in § 4a Aufenthaltsgesetz sieht vor,<br />

dass der Arbeitgeber, der einen Ausländer beschäftigt,<br />

der Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen<br />

mitteilen muss, wenn die Beschäftigung, für die<br />

der Aufenthaltstitel erteilt wurde, vorzeitig beendet<br />

wird. Eine elektronische Weiterleitung der Meldung<br />

der Arbeitgeber an die Sozialversicherungsträger an<br />

die Ausländerbehörde soll hierbei nicht ausreichen.<br />

Mehr Möglichkeiten – mehr Verantwortung<br />

Will man erreichen, dass Drittstaatsangehörige künftig<br />

auch in Zeitarbeit arbeiten dürfen, muss die Branche<br />

am Ball bleiben. Sie muss sich aber auch im Klaren darüber<br />

sein, dass mehr Möglichkeiten auch mehr Verantwortung<br />

bedeutet. Das Bundesinnenministerium<br />

positioniert sich eindeutig dahingehend, dass keine<br />

Einwanderung unqualifizierter Drittstaatsangehöriger<br />

gewollt ist. Klare Vorschriften trügen dafür Sorge, dass<br />

die Regelungen nicht missbraucht würden. Bußgelder<br />

drohen künftig zum Beispiel nicht nur bei falschen<br />

Angaben der Arbeitsbedingungen gegenüber der<br />

Behörde, sondern auch bei einer zu späten Erteilung<br />

der relevanten Auskünfte. Auch werden bestimmte<br />

Kontrollmechanismen im Rahmen der Anerkennung<br />

eingeführt. Damit soll sichergestellt werden, dass eine<br />

Erwerbstätigkeit nicht nur vorübergehend und ohne<br />

Anerkennung in Deutschland ausgeübt wird.<br />

Erklärung zur Kostenübernahme erforderlich<br />

Nach dem Referentenentwurf soll auch Ausländern<br />

mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen der<br />

Arbeitsmarktzugang ermöglicht werden. Um zu gewährleisten,<br />

dass tatsächlich qualifizierte Personen<br />

einreisen, muss der Arbeitgeber eine schriftliche Erklärung<br />

abgeben. Er muss sich dazu verpflichten, unter<br />

anderem die Kosten zu übernehmen, die den öffentlichen<br />

Stellen bis zu zwölf Monate nach Beendigung<br />

des Arbeitsverhältnisses für den Lebensunterhalt des<br />

Ausländers entstehen (zum Beispiel Arbeitslosengeld).<br />

Keine einfachen Aufgaben für den Personaldienstleister,<br />

da er zusätzlich auch noch Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

zu beachten hat.<br />

Die Forderung bleibt<br />

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz muss nicht nur<br />

aus europarechtlichen Erwägungen auch für die Zeitarbeit<br />

geöffnet werden. Es ist höchst fragwürdig, ob<br />

die Versagung der Zustimmung für eine Beschäftigung<br />

in der Zeitarbeit mit Europarecht im Einklang<br />

steht. Weiterer Einsatz lohnt sich für die Zeitarbeitsbranche<br />

also auf jeden Fall.<br />

Judith Schröder<br />

14 15


Z direkt!<br />

Titelthema<br />

Titelthema<br />

Z direkt!<br />

Interview mit Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU<br />

Wichtiges Sprungbrett<br />

für den Einstieg in den Aufstieg<br />

Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz will<br />

die Bundesregierung dem drückenden Fachkräftemangel<br />

in Deutschland entgegenwirken. Im<br />

Interview mit Dr. Benjamin Teutmeyer, Referent<br />

Public Affairs im iGZ-Hauptstadtbüro, spricht sich<br />

der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats,<br />

Wolfgang Steiger, dafür aus, auch die Zeitarbeit<br />

von den neu zu schaffenden Möglichkeiten profitieren<br />

zu lassen.<br />

Z direkt!: Nach langen Jahren der Diskussion will<br />

die Bundesregierung nun ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

verabschieden lassen, mit dem gezielt<br />

Fachkräfte außerhalb der EU angeworben werden<br />

sollen. Überfällig oder Revolution?<br />

Z direkt!: Wie stehen Sie zu der Diskussion über den<br />

„Spurwechsel“? Sollten gut integrierte Asylberechtigte<br />

in die Erwerbsmigration wechseln können?<br />

Steiger: Vom „Spurwechsel“ profitieren Einwanderer,<br />

die unter Berufung auf den Asylparagraphen ins<br />

Land gekommen sind und deren Antrag abgelehnt<br />

wurde. Ein einfacher Spurwechsel zum Arbeitsmigranten<br />

wäre daher ein falsches Signal. Richtig ist zwar,<br />

dass in deutschen Unternehmen zahlreiche Fachkräfte<br />

fehlen. Eine Vermengung von Asyl und qualifizierter<br />

Einwanderung wird dieses Problem aber nicht lösen.<br />

Auch Teile der Wirtschaft sollten sich von der Illusion<br />

verabschieden, mit irregulären Migranten den Mangel<br />

an hochqualifiziertem Personal beheben zu können.<br />

Aktuell bemühen sich alle unsere europäischen<br />

Partner, den ungesteuerten Grenzübertritt zu bremsen.<br />

Deutschland sollte diesen Ländern nicht in den<br />

Rücken fallen, indem wir die Anreize für irreguläre<br />

Migration ausweiten. Sonst werden bei der Europawahl<br />

2019 überall nur die Populisten an den Rändern<br />

profitieren.<br />

Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

Den Referentenentwurf des Bundesministeriums<br />

des Innern, für Bau und Heimat zum geplanten<br />

Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt es unter:<br />

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/<br />

gesetzgebungsverfahren/DE/fachkraefteeinwanderung.html<br />

Z direkt!: Bisher ist es Drittstaatlern nicht erlaubt,<br />

eine Stelle in der Zeitarbeit anzunehmen – auch wenn<br />

die Arbeitnehmer und die Stelle jedes Kriterium erfüllen.<br />

Sollte diese Regelung abgeschafft oder geändert<br />

werden?<br />

Steiger: Zeitarbeit ist ein wichtiges Sprungbrett für<br />

den Einstieg in den Aufstieg am Arbeitsmarkt. Keinesfalls<br />

sollte es bestimmten Gruppen vorenthalten<br />

werden.<br />

Steiger: Deutschland muss sich dringend stärker um<br />

hochqualifizierte Einwanderer bemühen, denn unsere<br />

Unternehmen und Betriebe und damit unser Land<br />

brauchen solche Leute. Wenn wir nicht entschlossen<br />

gegensteuern, wird der Fachkräftemangel zur<br />

Wachstumsbremse Nummer Eins. Unsere weltweite<br />

Konkurrenz schläft nicht, andere Länder sind deutlich<br />

attraktiver für Hochqualifizierte. Umso dringender<br />

benötigen wir eine Entlastung der Leistungsträger in<br />

unserem Land von der überbordenden Steuern- und<br />

Abgabenlast sowie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

für mehr Hochqualifizierte statt Immigration in<br />

die Sozialsysteme.<br />

Z direkt!: Wie sehr sollte die Einwanderung aus<br />

Ihrer Sicht gesteuert werden? Sollte der Gesetzgeber<br />

Branchen, Berufsbilder und Gehaltsuntergrenzen<br />

festlegen?<br />

Steiger: Kriterien für die Einwanderung sollten,<br />

wie es auch im Eckpunktepapier von Innenminister<br />

Seehofer aufgeführt ist, die Qualifikation, das Alter,<br />

Sprachkenntnisse und der Nachweis eines konkreten<br />

Arbeitsplatzangebots sein.<br />

Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats<br />

Z direkt!: Wäre aus Ihrer Sicht eine zeitliche Begrenzung<br />

sinnvoll? Brauchen wir dauerhaft Einwanderung,<br />

oder handelt es sich um akuten Bedarf?<br />

Steiger: Der Wirtschaftsrat wirbt für gesteuerte<br />

Einwanderung – auf der Basis eines noch zu schaffenden<br />

Einwanderungsgesetzes und immer anhand<br />

eines tatsächlich festgestellten Fachkräftemangels in<br />

bestimmten Berufsfeldern. Hier ist die Bundesregierung<br />

gefragt, einen entsprechend flexiblen Rahmen<br />

zu schaffen.<br />

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Verschiedene Fristberechnungen möglich<br />

Überlassungshöchstdauer:<br />

Frist erstmals abgelaufen<br />

Mit Ablauf des Monats September griff erstmals<br />

die gesetzlich vorgeschriebene Überlassungshöchstdauer<br />

von 18 Monaten. Allerdings<br />

scheiden sich die Geister, ob diese Frist nach<br />

18 vollen Monaten oder nach 18 mal 30 Tagen<br />

greift. Der iGZ empfiehlt die kürzere Frist einzuhalten,<br />

um rechtlich auf der sicheren Seite zu<br />

sein.<br />

Den unterschiedlichen Ansichten zugrunde liegen<br />

die Definitionen des Bürgerlichen Gesetzbuches<br />

(BGB): Laut Paragraph 191 BGB dauert ein Monat 30<br />

Tage, 18 Monate wären also 540 Tage. Wurde also<br />

ein Zeitarbeitnehmer seit dem 1. April 2017 durchgehend<br />

an denselben Kunden überlassen, war der<br />

22. September <strong>2018</strong> der letzte Tag der Überlassung.<br />

Volle Einsatzmonate<br />

Gemäß Paragraph 188 BGB Abs. 2 gelten jedoch die<br />

vollen Einsatzmonate. Die Monatsfrist endet folglich<br />

mit Ablauf des Tages, der dem Tag vorausgeht, der<br />

dem Anfangstag der Frist entspricht. In diesem Beispiel<br />

wäre das der 30. September <strong>2018</strong> – und damit<br />

der 548. Tag. Basis ist immer der Arbeitnehmerbezug<br />

– es kommt also auf die Überlassungsdauer des<br />

konkreten Zeitarbeitnehmers an.<br />

Kündigung oder Aufhebung<br />

Der iGZ empfiehlt wegen der schwerwiegenden<br />

Rechtsfolgen bei Überschreitung der Überlassungshöchstdauer<br />

die Beendigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages<br />

durch Kündigung oder<br />

Aufhebung herbeizuführen. Laut Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

(AÜG) darf das Zeitarbeitsunternehmen<br />

denselben Zeitarbeitnehmer nicht länger<br />

als 18 aufeinanderfolgende Monate an denselben<br />

Kunden überlassen. Wenn das Kundenunternehmen<br />

mehrere Niederlassungen hat, kann der Zeitarbeitnehmer<br />

in den verschiedenen Betrieben eingesetzt<br />

werden, wobei die Überlassungsdauer insgesamt<br />

nicht 18 Monate überschreiten darf. Einsatzzeiten in<br />

verschiedenen Konzernunternehmen hingegen werden<br />

nicht angerechnet.<br />

Vollständige Anrechnung vorheriger Überlassungen<br />

Ebenfalls zu beachten ist, dass der Zeitraum vorheriger<br />

Überlassungen laut AÜG durch dasselbe oder<br />

ein anderes Zeitarbeitsunternehmen an denselben<br />

Kunden vollständig anzurechnen ist, wenn zwischen<br />

den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.<br />

Das bedeutet umgekehrt, dass der Zeitarbeitnehmer<br />

nach dem Ablauf dieser Frist auch wieder<br />

beim ursprünglichen Kunden eingesetzt werden<br />

darf.<br />

Produktive Zeiten<br />

Dabei sind produktive Zeiten, Wochenenden und arbeitsfreie<br />

Tage gemäß Schichtplan sowie Feiertage<br />

ebenso zu berücksichtigen wie Urlaub im laufenden<br />

Einsatz und Krankheit im laufenden Einsatz. Dringend<br />

zu empfehlen ist auch die Berücksichtigung<br />

von Freizeitausgleich sowie Urlaub und Krankheit,<br />

wenn nach Beendigung eine Rückkehr zum Kunden<br />

geplant ist.<br />

Abweichungen<br />

Abweichungen von der 18-Monatsgrenze sind möglich,<br />

wenn ein Tarifvertrag eine abweichende Überlassungsdauer<br />

regelt und der Kunde tarifgebunden<br />

ist. Bei nicht-tarifgebundenen Kundenunternehmen<br />

muss eine Betriebsvereinbarung zur Anwendung<br />

des Tarifvertrags geschlossen werden und es ist die<br />

Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Dann ist<br />

auch hier der Weg frei für eine Überlassungshöchstdauer<br />

von mehr als 18 Monaten.<br />

Sanktionen<br />

APRIL 2017 SEPTEMBER <strong>2018</strong><br />

Sorgfalt ist geboten, sonst drohen Sanktionen bis<br />

hin zum Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.<br />

Das Gesetz sieht außerdem Bußgelder von<br />

bis zu 30.000 Euro für den Personaldienstleister vor.<br />

1<br />

22<br />

30<br />

Bei Überschreiten der Überlassungshöchstdauer<br />

entsteht unabhängig vom Willen der Beteiligten ein<br />

Arbeitsverhältnis zwischen Kunde und Zeitarbeitnehmer<br />

– allerdings haben die Zeitarbeitnehmer ein<br />

Widerspruchsrecht: Sie können innerhalb eines Monats<br />

eine Festhaltenserklärung gegenüber dem Kunden<br />

und/oder dem Personaldienstleister abgeben,<br />

dass sie Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirma bleiben<br />

möchten. Vorher müssen sie sich bei der Agentur<br />

für Arbeit vorstellen, die dann Identität und Datum<br />

bestätigt. Damit wird der Gesetzesverstoß jedoch<br />

nicht geheilt. Ein weiterer Einsatz beim Kunden ist<br />

erst nach einer Unterbrechung von drei Monaten<br />

und einem Tag wieder möglich.<br />

Wolfram Linke<br />

Beginn<br />

des Einsatzes<br />

gesetzliche Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten 3 Monate + 1 Tag frühester Wiedereinsatz<br />

Ende<br />

des Einsatzes<br />

SANKTIONEN BEI<br />

VERSTOSS BIS ZU:<br />

30.000 €<br />

18 19


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Z direkt!<br />

Geringerer Lohn nach Unterbrechung<br />

Zeitarbeitnehmer berichten über Erfahrungen mit Überlassungshöchstdauer<br />

Negative Auswirkungen<br />

für Zeitarbeitnehmer<br />

Nicht nur Arbeitgeber, auch Zeitarbeitnehmer sind unzufrieden mit der Überlassungshöchstdauer<br />

von 18 Monaten. Denn insbesondere Zeitarbeitnehmer spüren die Nachteile der AÜG-Reform am<br />

eigenen Leib – oder eher gesagt am eigenen Geldbeutel.<br />

Wechsel führt zu Gehaltsverlust<br />

1.890 Euro brutto im Monat<br />

weniger wird Torsten Kiel aufgrund<br />

der Überlassungshöchstdauer<br />

verdienen. Kiel ist gelernter<br />

Revierschlosser und arbeitet<br />

seit drei Jahren als Zeitarbeitnehmer<br />

beim iGZ-Mitglied GIS<br />

Engineering. Momentan ist er<br />

bei einer Entsorgungsgesellschaft<br />

für radioaktive Abfälle<br />

eingesetzt.<br />

Job und soziale Strukturen verloren<br />

Aufgrund der Überlassungshöchstdauer<br />

von 18 Monaten endet<br />

für Vera Röper im Dezember <strong>2018</strong><br />

ihr Einsatz als Produktionsmitarbeiterin<br />

bei einem mittelständischen<br />

Metallunternehmen. Sie<br />

verliert aber nicht nur ihren Job,<br />

sondern auch ihre sozialen Strukturen<br />

im Unternehmen, liebgewonnene<br />

Kollegen und eine Arbeit,<br />

die ihr Spaß gemacht hat.<br />

Röper ist Zeitarbeitnehmerin bei<br />

dem iGZ-Mitgliedsunternehmen<br />

TimePartner. Seit Juni 2017 war<br />

die 49-Jährige bei dem Metallunternehmen<br />

im Einsatz. Aufgrund<br />

der aktuellen wirtschaftlichen<br />

Doch im September 2019 ist für<br />

den 50-Jährigen bei seinem Einsatz<br />

vorerst Schluss. Auch kann<br />

sein jetziges Einsatzunternehmen<br />

ihn nicht übernehmen. Denn das<br />

Unternehmen verfügt nur über<br />

eine sehr geringe Anzahl an Stellen.<br />

Kiel könnte nach seinem jetzigen<br />

Einsatz nach Asien gehen,<br />

um dort auf einer Baustelle als<br />

Zeitarbeitnehmer zu arbeiten. Das<br />

kommt für den dreifachen Vater<br />

aber nicht infrage, denn seine<br />

Kinder kann er nicht allein lassen.<br />

Daher ist die Zukunft für<br />

den Familienvater noch ungewiss.<br />

Lage war eine Übernahme in die<br />

Stammbelegschaft aber nicht<br />

möglich.<br />

Dafür konnte das Zeitarbeitsunternehmen<br />

für Röper ein neues<br />

Einsatzunternehmen finden.<br />

Durch den Wechsel verdient die<br />

Produktionsmitarbeiterin jedoch<br />

weniger als in ihrem vorherigen<br />

Einsatzunternehmen. Zudem<br />

ist ihr neuer Arbeitsort nicht<br />

mehr in der Nähe ihres Wohnortes<br />

und Röper entstehen zusätzliche<br />

Fahrtkosten. Das Metallunternehmen<br />

würde die 49-Jährige<br />

nach der Sperrfrist von drei<br />

Monaten gerne wieder einsetzen.<br />

Ob sie das möchte, weiß sie aber<br />

noch nicht.<br />

Christopher Hutchinson ist alleinerziehender<br />

Vater einer kleinen<br />

Tochter. Daher kann er nur zu bestimmten<br />

Zeiten arbeiten. Zudem<br />

besitzt er keinen Führerschein. Für<br />

viele Unternehmen ist das ein großes<br />

Problem – nicht für das iGZ-Mitgliedsunternehmen<br />

SW Personaldienstleistungen<br />

GmbH. Geschäftsführer<br />

Mario Waitz reagierte darauf<br />

flexibel und fand im Juli 2016 für<br />

den 38-Jährigen einen geeigneten<br />

Einsatz.<br />

Der Gederner konnte als Fräser bei<br />

einem Metallbauunternehmen anfangen.<br />

Normalerweise arbeitet das<br />

Metallbauunternehmen im Drei-<br />

Schicht-System. Für Hutchinson<br />

machten sie eine Ausnahme: Er<br />

durfte ausschließlich in der Frühschicht<br />

von 6.00 Uhr bis 15.00 Uhr<br />

arbeiten. Nach über zwei Jahren im<br />

Kurz vor der Rente arbeitslos<br />

Kurz vor der Rente wird<br />

Bernd Leng ungewollt seine<br />

Arbeit verlieren. Der Grund<br />

dafür: die Überlassungshöchstdauer<br />

von 18 Monaten.<br />

Ende September musste der<br />

61-Jährige das Kundenunternehmen<br />

des iGZ-Mitglieds<br />

GIS Personal verlassen. Über<br />

40 Jahre war Leng bei dem<br />

Chemieunternehmen tätig, davon<br />

acht Jahre als Zeitarbeitnehmer.<br />

Anfang 2010 wurde<br />

dem Dormagener aufgrund<br />

der schlechten Auftragslage<br />

vom Kundenbetrieb gekündigt.<br />

Er konnte aber über das<br />

iGZ-Mitglied ab August<br />

Einsatzunternehmen war dann<br />

Schluss damit. Das Metallbauunternehmen<br />

musste Hutchinson abmelden.<br />

Die Überlassungshöchstdauer<br />

von 18 Monaten war abgelaufen und<br />

das Unternehmen konnte ihn wegen<br />

einer schlechten Auftragslage nicht<br />

übernehmen.<br />

Auch das iGZ-Mitglied fand aufgrund<br />

der speziellen Situation<br />

von Hutchinson keinen alternativen<br />

Einsatzbetrieb. Urlaub sowie<br />

Gleitzeit reichten nicht aus, um die<br />

dreimonatige Sperrfrist zu überbrücken.<br />

Deswegen musste das Zeitarbeitsunternehmen<br />

dem 38-Jährigen<br />

kündigen. Nach der Sperrfrist von<br />

drei Monaten und einem Tag konnte<br />

der alleinerziehende Vater zwar wieder<br />

in seinem gewohnten Einsatzbetrieb<br />

anfangen – jedoch zu einem<br />

geringeren Lohn: Anstelle von 15,66<br />

Euro pro Stunde verdient Hutchinson<br />

nur noch 14,24 Euro.<br />

2010 wieder als Zeitarbeitnehmer<br />

in dem Chemieunternehmen<br />

eingesetzt werden. Dort<br />

sollte er auch eigentlich bis zu<br />

seiner Rente arbeiten. Doch die<br />

Politik setzte dem ein jähes<br />

Ende.<br />

Nachdem Leng aufgrund der<br />

Überlassungshöchstdauer das<br />

Kundenunternehmen verlassen<br />

musste, besetzte der Kunde die<br />

Stelle neu. Dadurch besteht für<br />

Leng auch nach der dreimonatigen<br />

Sperrfrist nicht mehr die<br />

Möglichkeit wieder in das Einsatzunternehmen<br />

einzusteigen.<br />

Sogar auf eine freie Stelle<br />

bei dem Chemieunternehmen<br />

hat sich Leng beworben, jedoch<br />

eine Absage bekommen.<br />

Svanja Broders<br />

20 21


Z direkt!<br />

Nachgefragt<br />

Nachgefragt<br />

Z direkt!<br />

iGZ-Mitglied kritisiert Auswirkungen der AÜG-Reform<br />

Überlassungshöchstdauer<br />

verkürzt Einsatzzeiten<br />

„Die Mitarbeiter sind die Leidtragenden“, bringt<br />

es Irene Schubert auf den Punkt. Die iGZ-Regionalkreisleiterin<br />

Niedersachsen-West kann immer<br />

noch nicht nachvollziehen, welchen Sinn die Reform<br />

des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

(AÜG) haben soll. „Ich sehe einfach nicht, wem<br />

das am Ende nützen soll“, so Schubert.<br />

Ihren Mitarbeitern nicht, steht für die Geschäftsführerin<br />

des iGZ-Mitglieds pro tec Service GmbH fest. Denn<br />

bei denen würde die Reform in erster Linie Unsicherheit<br />

aufwerfen, gerade durch die gesetzliche Überlassungshöchstdauer<br />

von 18 Monaten. Bei der Vielzahl<br />

der Sonderregelungen kann Schubert das gut nachvollziehen.<br />

Natürlich sei es zu begrüßen, wenn tarifliche<br />

oder betriebliche Ausnahmen längere Einsätze<br />

im Kundenunternehmen ermöglichen. „Leichter zu<br />

durchschauen wird das Ganze dadurch aber nicht.“<br />

Regelmäßig stünden nun Mitarbeiter bei ihr im Büro,<br />

die sich fragen, wie lange sie wohl noch im Einsatzunternehmen<br />

bleiben dürfen. „Und viele von denen<br />

möchten überhaupt nicht vom Kunden übernommen<br />

werden“, betont Schubert.<br />

„Das kann nicht die Lösung sein“<br />

„Wem soll das nützen?“, fragten sich die beiden Geschäftsführer<br />

Service GmbH, Gerrit Ricker und Irene Schubert, im Interview mit<br />

Pressesprecherin Maren Letterhaus (r.).<br />

das kann ja nicht die Lösung sein, dass der Staat drei<br />

Monate lang Arbeitslosengeld zahlen muss, weil der<br />

Einsatz beim Kunden nicht einfach durchlaufen darf“,<br />

ärgert sich Ricker.<br />

Zum Glück sei es in den meisten Fällen möglich, eine<br />

für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden.<br />

Trotzdem: Am Ende sei der Mehraufwand einfach<br />

enorm groß und enorm unnötig. „Uns wird da jedes<br />

Mal ein Knüppel zwischen die Beine geworfen. Wir<br />

haben dadurch immer weniger Zeit für unsere Kernarbeit.“<br />

Um die Extraarbeit auffangen zu können,<br />

hat das Unternehmen bereits einen zusätzlichen Disponenten<br />

eingestellt. Denn das Problem der Überlassungshöchstdauer<br />

stelle sich nicht nur bei den Mitarbeitern,<br />

die bereits die vollen 18 Monate im Einsatz<br />

sind. Viele Kunden würden bereits sehr frühzeitig fragen,<br />

wie mit der gesetzlichen Schranke umgegangen<br />

werden könne.<br />

Sieben statt zwölf Monate<br />

„In der Praxis sieht das dann so aus, dass Mitarbeiter<br />

schneller abgemeldet werden, wenn sie nicht<br />

unbedingt im Kundenbetrieb<br />

gebraucht werden. Dadurch<br />

können dann Einsatzzeiten<br />

gespart werden“, erläutert<br />

Ricker. Außerdem gebe es<br />

auch den entgegengesetzten<br />

Fall: Wenn ein neuer Auftrag<br />

kommt, gucke Ricker inzwischen<br />

auch nach den Mitarbeitern,<br />

die bereits im Einsatz<br />

sind. „Wenn dort ein passender<br />

dabei ist, spreche ich mit<br />

dem Kundenunternehmen.<br />

Wenn der Mitarbeiter jetzt gerade<br />

entbehrlich ist, disponiere<br />

ich ihn zunächst für den neuen<br />

Auftrag. Dann kann er wieder<br />

zum ursprünglichen Unternehmen,<br />

wenn dort wieder Not<br />

des iGZ-Mitglieds pro tec<br />

der stellvertretenden iGZ- am Mann ist.“ Das Rotationsprinzip<br />

beginne also schon<br />

wesentlich vor Ablauf der gesetzlich<br />

vorgeschriebenen 18 Monate. Vor einem Jahr<br />

habe ein durchschnittlicher Einsatz noch rund zwölf<br />

Monate gedauert, inzwischen seien es nur noch sieben<br />

Monate.<br />

Gesamte Lohnkalkulation offenlegen<br />

Zum Problem der Überlassungshöchstdauer kommen<br />

die Schwierigkeiten durch das gesetzlich vorgeschriebene<br />

Equal Pay nach neun Monaten. „Man muss sich<br />

mal klar machen, wie viel Vertrauen unsere Kunden<br />

uns da entgegenbringen müssen“, macht Schubert<br />

auf einen weiteren Aspekt aufmerksam. Früher habe<br />

sie mit dem Betriebsleiter besprochen, wie viele Zeitarbeitskräfte<br />

sie schicken soll. „Inzwischen sprechen<br />

wir immer mit der Personalabteilung. Denn wenn die<br />

neun Monate erreicht sind, müssen die Kunden ihre<br />

gesamte Lohnkalkulation offenlegen. Anders kann<br />

ich ja nicht berechnen, wie viel mein Mitarbeiter verdienen<br />

muss.“ Dazu seien viele Kunden nicht bereit<br />

– und würden die Zeitarbeitskräfte dann entweder<br />

abmelden oder übernehmen. „Der Witz ist“, ärgert<br />

sich Schubert, „dass die Stammbeschäftigten meistens<br />

nicht mal mehr verdienen als unsere Mitarbeiter.<br />

Die Kunden wollen aber einfach nicht ihre gesamte<br />

Kalkulation öffentlich machen.“ Das könne sie sogar<br />

nachvollziehen.<br />

Fachkräftemangel erschwert Situation zusätzlich<br />

Am Ende stehe das Ergebnis, dass die Zahl ihrer Mitarbeiter<br />

im vergangenen Jahr deutlich gesunken sei.<br />

Abgänge habe es schon immer gegeben – aber eben<br />

nicht so viele. „Und gleichzeitig wird es aufgrund des<br />

Fachkräftemangels immer schwieriger, neue Mitarbeiter<br />

zu rekrutieren“, bedauert Schubert.<br />

Maren Letterhaus<br />

Gleichzeitig sei es für viele Mitarbeiter auch gar keine<br />

Option, das Kundenunternehmen zu wechseln,<br />

ergänzt Geschäftsführer Gerrit Ricker. „Wir arbeiten<br />

hier in einer sehr ländlichen Region, in der es nur wenig<br />

öffentlichen Nahverkehr gibt“, beschreibt er die<br />

Situation rund um den Unternehmenssitz in Nordhorn.<br />

Das bringe gerade für diejenigen, die kein eigenes<br />

Auto haben, große Mobilitätsprobleme. „Die können<br />

im Grunde nur in dem einen Unternehmen vor<br />

Ort arbeiten“, erklärt Ricker. „Wenn ich ihnen dann<br />

vorschlage, bei einem 20 Kilometer entfernten Kunden<br />

anzufangen, bitten die mich, ihnen lieber zu kündigen.“<br />

Natürlich könne er die Mitarbeiter dann nach<br />

der dreimonatigen Pause wieder beschäftigen. „Aber<br />

Zusätzlichen Disponenten eingestellt<br />

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22 23


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Nachgefragt<br />

Nachgefragt<br />

Z direkt!<br />

Kundenunternehmen hat kein Verständnis für Überlassungshöchstgrenze<br />

Durchs Raster gefallen:<br />

Übernahme für drei Monate<br />

18-Monatsfrist ablief. Das Kundenunternehmen<br />

wollte ihn nicht für<br />

sechs Monate übernehmen, und die<br />

Zeitarbeitsfirma fand keinen neuen<br />

Arbeitsplatz für ihn. Nun fehlt dem<br />

Mann ein halbes Jahr für den vollen<br />

Rentenbezug“, ist Glüpker entsetzt.<br />

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„Ich arbeite seit meinem 16. Lebensjahr und war<br />

noch nie arbeitslos“, ist Alexander Schell immer<br />

noch geschockt vom Ende seiner Überlassungsdauer<br />

nach 18 Monaten und der damit drohenden<br />

Arbeitslosigkeit. Der 24-Jährige hat aber<br />

noch einmal Glück gehabt und wird nun für drei<br />

Monate vom Kundenunternehmen der iGZ-Mitgliedsfirma<br />

pro tec service GmbH in Nordhorn<br />

weiter beschäftigt.<br />

Am 2. Januar geht er für zwölf Jahre zur Bundeswehr.<br />

„Das war schon immer mein Traum“, erklärt der Feinmechaniker.<br />

Im Bereich Betriebstechnik wird er dann<br />

in Stralsund und später in Wilhelmshaven Schiffe instand<br />

halten. Schells langfristiges Ziel ist der Meisterbrief.<br />

Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt<br />

Als „ziemlich blöd“ empfindet er die Überlassungshöchstdauer,<br />

die ihn in die Arbeitslosigkeit gezwungen<br />

hätte, wenn Petra Glüpker, Geschäftsführerin der<br />

pro tec Metall + Bildung GmbH, nicht Himmel und<br />

Hölle in Bewegung gesetzt hätte, um ihn weiter zu<br />

beschäftigen, damit er das Quartal bis zum Dienstantritt<br />

bei der Bundeswehr überbrücken kann.<br />

Gewaltige Portion Vertrauen verlangt<br />

„Das war ein Riesenaufwand“, bestätigt denn auch<br />

die Geschäftsführerin. Der bürokratische Aufwand<br />

habe seit der AÜG-Reform enorme Ausmaße angenommen,<br />

ärgert sie sich. „Abmelden, anmelden,<br />

Berufsgenossenschaft registrieren, Arbeitskleidung<br />

aussuchen“, zählt Glüpker nur einige der zahlreichen<br />

Aufgaben auf. Aus Kundensicht sei die Reform eigentlich<br />

überflüssig, betont Glüpker. „Und es wird vom<br />

Gesetzgeber schon eine gewaltige Portion Vertrauen<br />

verlangt, wenn wir den Zeitarbeitsunternehmen unsere<br />

geschäftlichen Daten offenlegen müssen“, kritisiert<br />

die Geschäftsführerin und verweist in diesem Zusammenhang<br />

auf die „Hysterie, die um den Datenschutz<br />

betrieben wird, seit die Datenschutzgrundverordnung<br />

in Kraft getreten ist.“<br />

Beschäftigte fallen durchs Raster<br />

Insbesondere aber ärgere sie sich darüber, „dass<br />

durch die Reform Beschäftigte, wie eben auch beispielsweise<br />

Alexander Schell, durch das Raster fallen.“<br />

Das sei keine Ausnahme. „Uns ist ein Fall bekannt,<br />

bei dem ein Zeitarbeitnehmer ein halbes Jahr<br />

vor Renteneintritt freigestellt werden musste, weil die<br />

Kein Verständnis für AÜG-Reform<br />

Für die Begrenzung der Überlassungsdauer<br />

habe sie als Kunde der<br />

Zeitarbeitsbranche kein Verständnis.<br />

Zeitarbeitnehmer werden, so Glüpker,<br />

in erster Linie eingesetzt, wenn<br />

es um die Abarbeitung von Produktionsspitzen<br />

gehe. Auch im Krankheitsfall<br />

oder als Urlaubsvertretung<br />

würden Zeitarbeitnehmer gerne beschäftigt.<br />

„Das“, so die Geschäftsführerin,<br />

„erstreckt sich in der Regel<br />

aber nie über einen längeren Zeitraum<br />

– und schon gar nicht über 18<br />

Monate.“ Ausnahme: „Es sei denn, ein Mitarbeiter<br />

hat, so wie Alexander Schell, feste andere Pläne und<br />

versucht die Zeit bis dahin sinnvoll zu überbrücken,<br />

ohne Sozialleistungen vom Staat in Anspruch nehmen<br />

zu müssen.“<br />

Passable Lösung gefunden<br />

Gerade noch einmal gut gegangen: Geschäftsführerin Petra Glüpker übernahm<br />

den ehemaligen Zeitarbeitnehmer Alexander Schell für die fehlenden drei Monate<br />

bis zum Beginn der Bundeswehrzeit als festen Mitarbeiter.<br />

Mit Blick auf Schell sei sie froh, eine passable Lösung<br />

gefunden zu haben. „Wir unterstützen ihn mit allen<br />

Kräften, damit er seine berufliche Zukunft vernünftig<br />

meistern kann“, betont sie. Und der angehende<br />

Soldat schmiedet auch schon fleißig Zukunftspläne:<br />

„Dank der Unterstützung der pro tec Metall + Bildung<br />

GmbH kann ich zuversichtlich nach vorn schauen.<br />

Wenn´s mit dem Meisterbrief wie geplant klappt, werde<br />

ich nach der Bundeswehr erstmal – vielleicht sogar<br />

hier – normal weiterarbeiten und mich dann irgendwann<br />

selbstständig machen“, blickt Alexander Schell<br />

voller Tatendrang nach vorn.<br />

Wolfram Linke<br />

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Karsten Wellnitz überlässt hochspezialisierte Fachkräfte für Windkraftanlagen<br />

Besondere Auftragsstruktur:<br />

„AÜG-Kelch ging an mir vorüber“<br />

Die meisten Zeitarbeitsunternehmen kommen<br />

mit den neuen Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

(AÜG) in Berührung. Doch<br />

es gibt auch Ausnahmen, wie zum Beispiel das<br />

Unternehmen von Karsten Wellnitz: „Unsere<br />

Mitarbeiter sind rund zwei bis drei Monate in<br />

einem Projekt beschäftigt, und werden dann im<br />

nächsten Windpark eingesetzt.“<br />

Sein iGZ-Mitgliedsunternehmen, HWW Personal<br />

GmbH, baut und wartet Windkraftanlagen in ganz<br />

Deutschland. „Rund die Hälfte unserer Mitarbeiter“,<br />

schätzt der 49-Jährige, „arbeiten diese Aufträge ab.“<br />

Für den Rest habe HWW Verträge mit Laufzeiten bis<br />

zu 36 Monaten vereinbart.<br />

Hochspezialisierte Fachkräfte<br />

Die Windbranche habe insgesamt eine überschaubare<br />

Struktur: „Die Kunden und unsere Mitarbeiterteams<br />

kennen sich untereinander.<br />

In der Windkraft sind rund<br />

3.000 Spezialisten unterwegs“,<br />

schätzt Wellnitz,<br />

der sich für den iGZ als<br />

Landesbeauftragter für Mecklenburg-Vorpommern<br />

engagiert. In erster Linie seien dort hochspezialisierte<br />

Fachkräfte vertreten, sodass tarifliche Entgeltregelungen<br />

und Equal Pay nach neun Monaten ebenfalls<br />

keine Rolle spielen – bezahlt werde auf hohem übertariflichem<br />

Niveau.<br />

Auftragsspitzen abarbeiten<br />

Seine Kundenbranche sei zwar eine Nische, aber das<br />

Procedere betrachte er als zeitarbeitstypisch: „Ganz<br />

oben auf der Liste der Kundenunternehmen steht das<br />

Abarbeiten von Auftragsspitzen, gefolgt von Vertretungen<br />

im Krankheitsfall oder bei Urlaub“, zählt der<br />

iGZ-Landesbeauftragte auf. Zunehmend werde Zeitarbeit<br />

auch zum Rekrutieren neuer Mitarbeiter für<br />

das eigene Stammpersonal und in Projektarbeiten<br />

eingesetzt. Ein Einsatz dauere aber in der Regel keine<br />

18 Monate, verweist er auf die Statistiken – lediglich<br />

rund 16 Prozent der Zeitarbeitnehmer seien länger als<br />

18 Monate am selben Arbeitsplatz eingesetzt.<br />

Branchenzuschläge attraktiver<br />

Das Konstrukt, nach neun Monaten Equal Pay zu bekommen<br />

und nach 18 Monaten wieder freigestellt zu<br />

werden, bedeute für die Zeitarbeitnehmer außerdem<br />

eine ständige finanzielle Unsicherheit. „Werden sie<br />

nicht vom Kunden übernommen und erhalten dann<br />

eine neue Stelle, fangen sie wieder mit dem ursprünglichen<br />

Eingangslohn an, den sie dann neun Monate<br />

lang bekommen“, erläutert Wellnitz. Wesentlich<br />

attraktiver sei im Vergleich doch das Branchenzuschlagsmodell,<br />

das die Zeitarbeitgeberverbände mit<br />

den Gewerkschaften vereinbart haben: „Nach nur<br />

sechs Wochen gibt´s schon die erste Lohnerhöhung,<br />

bis sich das Gehalt zeitlich gestaffelt in mehreren<br />

Stufen dem der Stammmitarbeiter angeglichen hat“,<br />

wirbt Wellnitz für die Tarifautonomie.<br />

Gutes Verhältnis in Gefahr<br />

Das gute Verhältnis zu seinen Mitarbeitern sei ihm<br />

ohnehin wichtiger – und das könne durch solcherlei<br />

Gesetzgebung auch getrübt werden. „Wir pflegen<br />

sowohl mit den Kunden als auch mit unseren Mitarbeitern<br />

eine familiäre Atmosphäre und pflegen ein<br />

recht persönliches Verhältnis.“ Bei betroffenen Zeitarbeitsunternehmen<br />

sehe er die Gefahr, dass solche<br />

Verhältnisse durch gesetzliche Einschränkungen beeinträchtigt<br />

werden könnten. Es wäre dann doch<br />

mitunter schwer zu erklären, warum jemand plötzlich<br />

wieder weniger verdiene oder gar seinen Hut nehmen<br />

müsse, bloß weil 18 Monate um seien.<br />

Zuversicht bleibt<br />

Auch mit Blick auf den enormen zusätzlichen<br />

bürokratischen Aufwand sei er heilfroh, dass<br />

der AÜG-Kelch dank seiner Auftragsstruktur<br />

an seinem Unternehmen vorbeigegangen<br />

sei. „Nichtsdestotrotz blicken wir zuversichtlich<br />

nach vorn“, freut sich Wellnitz<br />

über seine nächsten internationalen Aufträge<br />

in 2019.<br />

Wolfram Linke<br />

Karsten Wellnitz (l.) berichtete Wolfram<br />

Linke von den Besonderheiten seiner<br />

Auftragsstruktur.<br />

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Überlassungshöchstdauer wirft Fragen auf<br />

Änderungen des AÜG:<br />

Mit Irrtümern aufgeräumt<br />

Ganz neu sind die Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

(AÜG), das im April<br />

2017 in Kraft trat, nicht mehr. Zum ersten Mal<br />

griff die gesetzliche Überlassungshöchstdauer<br />

von 18 Monaten Ende September <strong>2018</strong>. Dennoch<br />

halten sich gelegentlich noch Irrtürmer, mit denen<br />

Sebastian Reinert, stellvertretender Leiter<br />

des iGZ-Fachbereichs Arbeits- und Tarifrecht, nun<br />

aufräumt.<br />

1)<br />

Keine gesetzliche Verpflichtung des Kunden zur<br />

Übernahme<br />

Nach Ablauf der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer<br />

muss dem Zeitarbeitnehmer nicht zwingend<br />

ein Angebot auf Übernahme unterbreitet werden.<br />

Eine solche Verpflichtung sieht das AÜG nicht vor. Das<br />

AÜG sieht allein ein automatisches Entstehen eines<br />

Arbeitsverhältnisses zwischen Zeitarbeitnehmer und<br />

Kunden vor, falls die Überlassungshöchstdauer rechtswidrig<br />

überschritten werden sollte.<br />

Allerdings kann sich eine solche Verpflichtung des<br />

Kunden – unter bestimmten Voraussetzungen –<br />

durchaus aus Flächentarifverträgen der jeweiligen Einsatzbranchen<br />

ergeben. Diese gibt es beispielsweise in<br />

den regionalen Tarifverträgen Leih-/Zeitarbeit (TV LeiZ)<br />

für die Metall- und Elektroindustrie oder – für Kunden<br />

mit Sitz in den Bundesländern Hessen und Rheinland-<br />

Pfalz – in dem Tarifvertrag über gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung<br />

im Elektrohandwerk. Auch<br />

aus Haus- oder Konzerntarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen<br />

des Kunden kann eine Verpflichtung<br />

zur Unterbreitung eines Übernahmeangebots entstehen.<br />

Personaldienstleister werden aber durch Tarifverträge<br />

oder Betriebsvereinbarungen eines Kunden nicht<br />

unmittelbar selbst verpflichtet. Allein der Kunde kann<br />

also gegen „seine“ Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen<br />

verstoßen, indem er ein Übernahmeangebot<br />

nicht unterbreitet.<br />

2)<br />

Keine Möglichkeit der Verlängerung durch den<br />

Mitarbeiter<br />

Auch auf ausdrücklichen Wunsch des Mitarbeiters ist<br />

eine längere Überlassung nicht möglich, selbst wenn<br />

dies für den Zeitarbeitnehmer finanzielle Vorteile bieten<br />

sollte (Equal Pay). Dies ist auch dann nicht möglich,<br />

wenn der Kunde dem Zeitarbeitnehmer ein unbefristetes<br />

Arbeitsverhältnis angeboten und der Mitarbeiter<br />

dieses Angebot ausdrücklich abgelehnt haben sollte.<br />

Ein Einsatz über die Überlassungshöchstdauer hinaus<br />

ist insbesondere auch bei Abgabe einer sogenannten<br />

Festhaltenserklärung nicht möglich.<br />

Eine Festhaltenserklärung des Mitarbeiters vor dem<br />

Erreichen der Überlassungshöchstdauer wäre unwirksam.<br />

Die Erklärung kann erst nach einem Überschreiten<br />

der Überlassungshöchstdauer wirksam abgegeben<br />

werden (vgl. § 9 Absatz 3 Satz 1 AÜG). Eine wirksame<br />

Festhaltenserklärung nach dem Überschreiten der<br />

Überlassungshöchstdauer bewirkt allerdings nur, dass<br />

das Arbeitsverhältnis zwischen Personaldienstleister<br />

und Zeitarbeitnehmer bestehen bleibt – also gerade<br />

mit dem Willen des Zeitarbeitnehmers kein Arbeitsverhältnis<br />

zum Kunden entsteht.<br />

Der Zeitarbeitnehmer darf allerdings auch nach Abgabe<br />

einer wirksamen Festhaltenserklärung nicht<br />

weiter bei demselben Kunden eingesetzt werden.<br />

Wird er trotzdem weiter eingesetzt, entsteht automatisch<br />

ein Arbeitsverhältnis zum Kunden (vgl. auch<br />

die Gesetzesbegründung zur Festhaltenserklärung in<br />

der Bundestag-Drucksache 18/10064 auf S. 16 unter<br />

B 1. a). Gelegentlich finden sich in der Praxis leider falsche<br />

Informationen hinsichtlich der Folgen einer Festhaltenserklärung,<br />

vereinzelt wohl auch von Prüfern<br />

der Bundesagentur für Arbeit.<br />

3)<br />

Auch keine Möglichkeit der Verlängerung<br />

durch den Personaldienstleister<br />

Die Arbeitgeberverbände der Zeitarbeitsbranche können<br />

keine abweichenden Regelungen zur Überlassungshöchstdauer<br />

vereinbaren, insbesondere nicht<br />

in den Tarifverträgen über Branchenzuschläge für<br />

Arbeitnehmerüberlassungen (TV BZ). Die Möglichkeit<br />

zur Regelung von abweichenden Überlassungshöchstdauern<br />

hat der Gesetzgeber nur für die Tarifvertragsparteien<br />

der jeweiligen Einsatzbranchen vorgesehen.<br />

Auch für den Personaldienstleister besteht keine Möglichkeit,<br />

beispielsweise gemeinsam mit einem Kunden<br />

eine abweichende Überlassungshöchstdauer in einer<br />

„Betriebsvereinbarung“ für den Kunden zu regeln.<br />

Auch unter Beteiligung der Gewerkschaft, die für den<br />

Kundenbetrieb zuständig ist, kann der Personaldienstleister<br />

keine abweichende Überlassungshöchstdauer<br />

vereinbaren.<br />

4)<br />

Nicht jeder Kunde kann mit seinem Betriebsrat<br />

eine abweichende Regelung vereinbaren<br />

Die gesetzlichen Regelungen zu abweichenden Überlassungshöchstdauern<br />

durch Tarifverträge beziehungsweise<br />

Betriebsvereinbarungen auf Kundenseite<br />

sind komplex (vgl. § 1 Abs. 1b Sätze 3 – 7 AÜG). Daher<br />

überrascht es nicht unbedingt, dass gelegentlich<br />

die Auffassung vertreten wird, jeder Kunde könne –<br />

unabhängig seiner Branche und seiner Tarifbindung<br />

– mit seinem Betriebsrat zumindest eine abweichende<br />

Überlassungshöchstdauer von bis zu 24 Monaten in<br />

einer Betriebsvereinbarung ohne Weiteres frei regeln.<br />

Die gelegentlich genannten 24 Monate finden sich<br />

zwar ausdrücklich in § 1 Abs. 1b Satz 6 AÜG wieder.<br />

Entscheidend ist aber, dass auch in dieser Konstellation<br />

nach der gesetzlichen Regelung eine Abweichung<br />

von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer nur<br />

„auf Grund eines Tarifvertrages“ möglich ist. Es muss<br />

also auch hier zunächst ein Tarifvertrag existieren, der<br />

es einem nicht-tarifgebundenen Kunden überhaupt<br />

erst ermöglicht, mit seinem Betriebsrat eine abweichende<br />

Überlassungshöchstdauer zu regeln.<br />

Sebastian Reinert, stellvertretender Leiter iGZ-Fachbereich Arbeitsund<br />

Tarifrecht, beantwortete typische Fragen zur AÜG-Reform.<br />

Für einen Kunden der Chemischen Industrie, der einen<br />

Betriebsrat hat, bedeutet das beispielsweise Folgendes:<br />

Die Tarifvertragsparteien der Chemischen<br />

Industrie haben sich nicht auf flächendeckende Regelungen<br />

zu abweichenden Überlassungshöchstdauern<br />

geeinigt, dies wird auch in absehbarer Zeit sicherlich<br />

nicht zu erwarten sein. Daher muss im Kundenbetrieb<br />

zwingend ein Haus-, Konzerntarifvertrag oder<br />

ähnlicher gelten, der dem Kunden überhaupt erst<br />

die Möglichkeit eröffnet, mit seinem Betriebsrat eine<br />

Regelung zur Überlassungshöchstdauer zu treffen. Ist<br />

auch das nicht der Fall, gelten für Überlassungen an<br />

diesen Kunden die gesetzlichen 18 Monate.<br />

5)<br />

Urlaub und Arbeitsunfähigkeit unterbrechen<br />

nicht „automatisch“<br />

Die Bundesagentur für Arbeit bezieht sich im Hinblick<br />

auf die Berechnung der Überlassungszeiten in den<br />

Fachlichen Weisungen zum AÜG auf die „vertraglichen<br />

Vereinbarungen der Überlassung“ zwischen<br />

Personaldienstleister und Kunden, vgl. FW AÜG 1.2.1<br />

Abs. 2 (S. 23).<br />

Das Bundesarbeitsgericht hat bereits vor einigen<br />

Jahren zum AÜG entschieden, dass ein Urlaub die<br />

28<br />

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Z direkt!<br />

§ Recht direkt!<br />

Recht direkt! §<br />

Z direkt!<br />

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Überlassung eines Mitarbeiters nicht „automatisch“<br />

ohne Weiteres unterbricht (vgl. u.a. BAG, Urteil vom<br />

20.11.2013 – 5 AZR 365/13). In einer Entscheidung<br />

zu den Branchenzuschlagstarifverträgen (TV BZ) vertritt<br />

das Bundesarbeitsgericht, dass unter anderem<br />

Krankheit, Feiertage und Urlaub „während einer<br />

Überlassung“ für sich genommen nicht zu einer Beendigung<br />

des Einsatzes im Sinne der TV BZ führen<br />

(BAG, Urteil vom 21.03.<strong>2018</strong> – 5 AZR 862/16). Auch<br />

das Bundesarbeitsgericht dürfte damit in erster Linie<br />

auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Personaldienstleister<br />

und Kunde abstellen.<br />

Auf der anderen Seite dürften nicht allein die vertraglichen<br />

Vereinbarungen herangezogen werden.<br />

Ist allen Beteiligten beispielsweise bewusst, dass ein<br />

Mitarbeiter im Anschluss an seinen Urlaub wieder bei<br />

demselben Kunden eingesetzt wird, ist der Zeitraum<br />

des Urlaubs als Überlassungszeit zu berücksichtigen.<br />

Dies ist auch dann der Fall, wenn der Mitarbeiter für<br />

den Zeitraum des Urlaubs „abgemeldet“ beziehungsweise<br />

der zugrundeliegende AÜV gekündigt worden<br />

ist (vgl. LAG Hamburg, Urteil vom 11.02.2014 –<br />

2 Sa 51/13).<br />

Insgesamt sollte hinsichtlich der Berechnung der Zeiten<br />

einer Überlassung beziehungsweise eines Einsatzes<br />

ein Gleichlauf zwischen den TV BZ und dem<br />

AÜG hergestellt werden. In der gerade genannten<br />

Entscheidung zu den TV BZ hat das BAG entschieden,<br />

dass als Einsatz im Sinne der TV BZ die Zeitspanne<br />

zu verstehen ist, in welcher der Mitarbeiter an einen<br />

Kunden im Sinne des AÜG überlassen wird.<br />

6)<br />

Beendigung des Einsatzes rechtfertigt nicht<br />

immer eine betriebsbedingte Kündigung<br />

Muss der Einsatz des Zeitarbeitnehmers aufgrund<br />

des Erreichens der Überlassungshöchstdauer beendet<br />

werden und kann der Zeitarbeitnehmer auch nicht im<br />

Anschluss an einen anderen Kunden überlassen werden,<br />

kann nicht ohne weitere Prüfung eine betriebsbedingte<br />

Kündigung wirksam ausgesprochen werden.<br />

Weder die Einführung der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer<br />

noch des Anspruchs auf Equal Pay nach<br />

neun Monaten haben die Anforderungen an die<br />

Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung gesenkt,<br />

vgl. Arbeitsgericht Mönchengladbach, Urteil<br />

vom 20.03.<strong>2018</strong> – 1 Ca 2686/17 (rechtskräftig). So<br />

verweist das Arbeitsgericht – unter anderem – auf die<br />

bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.<br />

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kann<br />

sich ein Personaldienstleister nicht allein auf das Ende<br />

eines Einsatzes berufen. Vielmehr müsse dieser darlegen,<br />

dass es sich nicht bloß um eine kurzfristige<br />

Auftragslücke handelt. Ein Einsatz des Zeitarbeitnehmers<br />

müsse „auf Dauer“ nicht möglich sein, wobei<br />

dies anhand der Auftrags- und Personalplanung<br />

darzulegen sei (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.2006 –<br />

2 AZR 412/05). Daneben muss wie bisher auch eine<br />

Sozialauswahl durchgeführt werden (vgl. BAG, Urteil<br />

vom 20.06.2013 – 2 AZR 271/12).<br />

Sebastian Reinert<br />

Mögliche Abweichungen von der Überlassungshöchstdauer<br />

Tarifliche Regelungen<br />

als Grundvoraussetzung<br />

In dem 2017 novellierten Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

(AÜG) ist erstmals seit 2002 wieder<br />

eine Überlassungshöchstdauer enthalten:<br />

Derselbe Zeitarbeitnehmer darf nicht länger<br />

als 18 Monate an denselben Kunden überlassen<br />

werden. Ende September <strong>2018</strong> wurde die<br />

Überlassungshöchstdauer erstmals erreicht. Der<br />

Gesetzgeber sieht für die Privatwirtschaft drei<br />

Varianten vor, mit denen von der gesetzlichen<br />

Überlassungshöchstdauer abgewichen werden<br />

kann – und alle drei setzen dafür eine tarifliche<br />

Regelung voraus.<br />

§<br />

Dabei ist lediglich gestattet, von der Überlassungshöchstdauer<br />

selbst abweichende Regelungen zu treffen.<br />

Nicht möglich wäre beispielsweise eine tarifliche<br />

Regelung, die eine Nullstellung der Einsatzzeiten bereits<br />

nach zwei Monaten vorsieht. Sie darf auch nicht<br />

verhindern, dass ein Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer<br />

zum Wechsel des Zeitarbeitnehmers in<br />

das Kundenunternehmen führt.<br />

1) Unmittelbare Änderung durch Tarifvertrag<br />

§<br />

Die erste Variante ist eine Abweichung von den gesetzlichen<br />

18 Monaten zugunsten einer im Tarifvertrag<br />

geregelten Überlassungshöchstdauer. Das von IG<br />

BAU und dem Bayerischen Industrieverband Baustoffe,<br />

Steine und Erden e.V. gefundene Verhandlungsergebnis<br />

legt beispielsweise eine Überlassungshöchstdauer<br />

von 24 statt 18 Monaten fest.<br />

2) Öffnungsklausel ohne Vorgabe<br />

Die zweite Variante sieht vor, dass die Tarifparteien der<br />

Einsatzbranche keine feste Überlassungshöchstdauer<br />

festlegen, sondern die Entscheidung in die Hände der<br />

Betriebsparteien legen. Der Kunde und sein Betriebsrat<br />

sollen durch eine Betriebsvereinbarung festlegen,<br />

wie hoch die Überlassungshöchstdauer sein soll. Dass<br />

die Ausgestaltung durch eine Betriebsvereinbarung<br />

erfolgen muss, ist dabei eine nicht zu unterschätzende<br />

gesetzliche Vorgabe: Eine lediglich informelle Absprache<br />

zwischen Kunde und Betriebsrat würde nicht<br />

ausreichen. Da es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung<br />

handelt, kann sich der Kundenbetriebsrat<br />

auch gegen eine Verlängerung der Überlassungshöchstdauer<br />

entscheiden. Freiwillige Betriebsvereinbarungen<br />

entfalten auch keine Nachwirkung. Deshalb<br />

sollten die Parteien bereits in der Betriebsvereinbarung<br />

ausreichend lange Laufzeiten und Kündigungsfristen<br />

sicherstellen. Dann kann der Betriebsrat seine Zustimmung<br />

nicht kurzfristig zurückziehen.<br />

3) Öffnungsklausel mit Vorgabe<br />

Die dritte Variante ist eine Abwandlung der zweiten:<br />

Zwar legen die Tarifparteien die genaue Ausgestaltung<br />

in die Hände der Betriebsparteien – sie machen<br />

aber Vorgaben, die die Betriebsparteien berücksichtigen<br />

müssen. Der zwischen der IG Metall und dem<br />

Arbeitgeberverband Stahl e.V. vereinbarte Tarifvertrag<br />

sieht etwa für die Teile der Stahlindustrie eine Überlassungshöchstdauer<br />

von bis zu 36 Monaten vor.<br />

Wie lange Zeitarbeitnehmer im Kundenbetrieb im<br />

Einsatz sein dürfen, hängt aber auch hier vom Inhalt<br />

der Betriebsvereinbarung ab. Hätte der Kunde keinen<br />

Betriebsrat oder könnte er sich nicht mit seinem Betriebsrat<br />

einigen, bliebe es in den Varianten 2 und 3<br />

bei den gesetzlichen 18 Monaten.<br />

Mischformen<br />

§<br />

Neben den drei dargestellten Varianten haben sich in<br />

der Praxis verschiedene Mischformen etabliert. Prominentes<br />

Beispiel sind die regionalen Tarifverträgen zur<br />

Leih- und Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie<br />

(TV LeiZ). Sie mischen die Varianten 1 und 2, indem<br />

eine feste Überlassungshöchstdauer von 48 Monaten<br />

tariflich verankert wird; davon aber durch Betriebsver-<br />

§<br />

30<br />

31


Z direkt!<br />

§ Recht direkt!<br />

Recht direkt! § Z direkt!<br />

einbarung nach unten abgewichen werden darf. Der<br />

zwischen der IG Metall und dem Fachverband Elektro-<br />

und Informationstechnik Hessen/Rheinland-Pfalz<br />

(FEHR) für das Elektrohandwerk abgeschlossene Tarifvertrag<br />

sieht für mitbestimmungsfreie Betriebe eine<br />

fixe Überlassungshöchstdauer von 36 Monaten vor.<br />

Mitbestimmte Betriebe müssen aber eine Betriebsvereinbarung<br />

aushandeln, um überhaupt von der<br />

gesetzlichen Überlassungshöchstdauer abweichen zu<br />

dürfen.<br />

Regional abweichende Tarifverträge<br />

Anders als die Zeitarbeit schließen viele Branchen Tarifverträge<br />

nicht deutschlandweit ab, sondern treffen<br />

je Tarifregion eigenständige Absprachen. Oft kommt<br />

es zu einem Pilotabschluss, der dann inhaltsähnlich<br />

oder -gleich von anderen Tarifregionen übernommen<br />

wird. Das führt beispielsweise dazu, dass es nicht nur<br />

einen TV LeiZ der Metall- und Elektroindustrie gibt,<br />

sondern eine Vielzahl an regionalen TV LeiZen – die allerdings<br />

im Wesentlichen inhaltsgleich sind. Dies kann<br />

aber auch dazu führen, dass unterschiedliche Tarifverträge<br />

für unterschiedliche Regionen gelten. Im Elektrohandwerk<br />

ist etwa Baden-Württemberg derzeit<br />

ohne tarifliche Abweichung von der Überlassungshöchstdauer;<br />

für Hessen und Rheinland-Pfalz gilt die<br />

bereits erwähnte Regelung zwischen IG Metall und<br />

§<br />

FEHR; für die übrigen Bundesländer hat die Christliche<br />

Gewerkschaft Metall (CGM) mit dem Zentralverband<br />

der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen<br />

Handwerke (ZVEH) einen – inhaltlich deutlich abweichenden<br />

– Tarifvertrag abgeschlossen.<br />

Anwendung bei fehlender Tarifbindung<br />

§<br />

Voraussetzung für eine Abweichung von der gesetzlichen<br />

Überlassungshöchstdauer ist zwar eine tarifliche<br />

Regelung der Einsatzbranche, nicht aber eine Tarifbindung<br />

auf Kundenseite. Nicht-tarifgebundenen Kunden<br />

können die tariflichen Regelungen ihrer Branche<br />

per Betriebsvereinbarung anwenden. Entsprechendes<br />

gilt für an ein anderes Tarifwerk gebundene Kunden.<br />

Hintergrund ist die vom Grundgesetz geschützte Koalitionsfreiheit.<br />

Diese umfasst als negative Koalitionsfreiheit<br />

auch das Recht, keine Tarifbindung einzugehen.<br />

Ein nicht-tarifgebundener Kunde der Metall- und<br />

Elektroindustrie kann für seine Betriebe, die bei Tarifbindung<br />

unter den Geltungsbereich des jeweiligen<br />

regionalen TV LeiZ fallen würden, per Betriebsvereinbarung<br />

die Anwendung des einschlägigen TV LeiZ mit<br />

seinem Betriebsrat vereinbaren. Dadurch würde er die<br />

im regionalen TV LeiZ geregelte längere Überlassungshöchstdauer<br />

für sich nutzbar machen. Eine Bäckerei<br />

könnte sich hingegen nicht per Betriebsvereinbarung<br />

auf die für die Metall- und Elektroindustrie geltende<br />

tarifliche Regelung zur Verlängerung der Überlassungshöchstdauer<br />

stützen.<br />

Keine Rosinenpickerei<br />

Die tarifvertragliche Regelung der Einsatzbranche<br />

muss immer vollständig übernommen werden, denn<br />

Tarifverträge sind Gesamtpakete und Rosinenpickerei<br />

ist dementsprechend unzulässig. Will ein nicht-tarifgebundener<br />

Kunde der bayerischen Steine- und Erden-<br />

Industrie die tarifliche Regelung seiner Branche für seine<br />

Betriebe nutzen, muss er die in diesem Tarifvertrag<br />

vorgesehene Einwirkungspflicht hinsichtlich Equal Pay<br />

ab dem ersten Einsatztag mitübernehmen – oder auf<br />

die längere Überlassungshöchstdauer verzichten.<br />

Maximal 24 Monate mit Betriebsrat vereinbaren<br />

Eine Unterscheidung zwischen tarifgebundenen Kunden<br />

und solchen, die die tarifliche Regelung lediglich<br />

mittels einer Betriebsvereinbarung anwenden,<br />

schreibt der Gesetzgeber für die zweite Variante vor.<br />

Macht die tarifliche Regelung selbst keine Vorgaben<br />

zur Überlassungshöchstdauer, können nicht-tarifgebundene<br />

Kunden für ihre Betriebe, die unter den<br />

Geltungsbereich der jeweiligen tarifvertraglichen Regelung<br />

der Einsatzbranche fallen, mit ihrem Betriebsrat<br />

maximal 24 Monate als Überlassungshöchstdauer<br />

vereinbaren.<br />

Juristisch einwandfreie Formulierung wichtig<br />

Dabei müssen sich nicht-tarifgebunden Kunden im<br />

Klaren sein, dass die Anwendung der tarifvertraglichen<br />

Regelungen der eigenen Branche per Betriebsvereinbarung<br />

und die Frage der Festlegung der<br />

Überlassungshöchstdauer in den Varianten 2 und 3<br />

rechtlich zu unterscheiden sind. Möchte man dies in<br />

einer Betriebsvereinbarung regeln, ist eine juristisch<br />

einwandfreie Formulierung besonders wichtig. An-<br />

§<br />

dernfalls droht ein Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer<br />

und damit die bekannte Sanktionstrias<br />

aus Bußgeld, möglichem Erlaubnisentzug und Wechsel<br />

des Mitarbeiters zum Kunden. Im Zweifel sollte<br />

sich der Kunde deshalb unbedingt von einem Juristen<br />

beraten lassen.<br />

Abweichungen durch Haustarifvertrag<br />

Eine Abweichung von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer<br />

darf nur aufgrund von Tarifverträgen der<br />

§<br />

Einsatzbranche erfolgen. Das umfasst auch Haustarifverträge,<br />

die der Kunde direkt mit der Gewerkschaft<br />

abschließt. All jene Kunden, für deren Branche keine<br />

flächentarifvertragliche Regelung besteht, zum Beispiel<br />

derzeit die chemische Industrie, könnten daher<br />

mit der für sie zuständigen Gewerkschaft haustarifvertraglich<br />

eine abweichende Überlassungshöchstdauer<br />

vereinbaren.<br />

Vorsicht bei nicht-tarifgebundenen Kunden<br />

Vorsicht geboten ist bei bloßer Anlehnung an das<br />

Tarifwerk. Während bei Anerkennungstarifverträgen<br />

eine Abweichung von der Überlassungshöchstdauer<br />

durchaus denkbar ist, genügt eine rein faktische<br />

Umsetzung der tarifvertraglichen Regelungen der<br />

Einsatzbranche nicht. Ein Kunde, der sich – ohne tarifvertraglich<br />

dazu verpflichtet zu sein – nach dem<br />

ERA-Tarifwerk der Metall- und Elektroindustrie richtet,<br />

fällt deswegen aber nicht automatisch unter den regionalen<br />

TV LeiZ. Er könnte aber für seine<br />

§<br />

Metall- und<br />

Elektrobetriebe die Anwendung des jeweiligen regionalen<br />

TV LeiZ mittels Betriebsvereinbarung regeln.<br />

§<br />

Abweichung durch kirchenrechtliche Regelungen<br />

Kirchen und öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften<br />

können in ihren Regelungen ebenfalls Abweichungen<br />

von der Überlassungshöchstdauer vorsehen.<br />

Kollektivrechtliche Regelungen werden dort<br />

in aller Regel nicht durch die Tarifvertragsparteien,<br />

sondern durch Kommissionen vereinbart. Sie sind paritätisch<br />

mit Vertretern der Dienstnehmer- und Dienstgeberseite<br />

besetzt. Für die Zeitarbeit relevant ist dieser<br />

Bereich, weil hierunter auch deren Einrichtungen fallen.<br />

Beispielsweise die bayerischen Diözesen und die<br />

Caritas haben die Überlassungshöchstdauer deutlich<br />

ausgeweitet.<br />

Fazit<br />

ERP-Lösung für Personaldienstleister<br />

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eröffnet in der<br />

novellierten Form die Möglichkeit von der Überlassungshöchstdauer<br />

im Einzelfall zugunsten passgenauer<br />

Regelungen abzuweichen. Es weist die nähere<br />

Ausgestaltung jedoch nicht der Zeitarbeitsbranche,<br />

sondern der Kundenseite zu. Personaldienstleistern<br />

ist anzuraten, sich grundsätzlich vorab beim jeweiligen<br />

Kunden über etwaige Abweichungsregelungen<br />

zu erkundigen und deren Geltung nachvollziehbar zu<br />

dokumentieren. Im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />

muss der Kunde nicht nur Angaben zur Überlassungshöchstdauer<br />

machen. Er sollte auch verpflichtet werden,<br />

Änderungen für die Zukunft unverzüglich mitzuteilen.<br />

Marcel René Konjer<br />

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Bericht aus Berlin<br />

Bericht aus Berlin<br />

Z direkt!<br />

Nachgefragt bei drei Arbeitsmarktpolitikern<br />

Evaluierung des AÜG:<br />

Was wäre denn ein Erfolg?<br />

Im Jahr 2020 soll die Bundesregierung prüfen, ob die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

(AÜG) den erwünschten Erfolg gebracht hat. Doch was wäre aus Sicht der Politik überhaupt ein Erfolg?<br />

Dr. Benjamin Teutmeyer, Referent Public Affairs im Berliner Hauptstadtbüro, hat sich umgehört.<br />

34<br />

35


Z direkt! Unterwegs Unterwegs<br />

Z direkt!<br />

iGZ präsentierte sich mit einem modernen Messestand beim CDU-Bundesparteitag<br />

Politiker informierten sich<br />

über Zeitarbeitsbranche<br />

Weltpresse, Politik und Unternehmen reisten<br />

zum 31. CDU-Bundesparteitag nach Hamburg.<br />

Auch der iGZ präsentierte sich mitten im politischen<br />

Geschehen mit einem eigenen Stand passend<br />

zum Kampagnen-Motto „Zeitarbeit: Eine<br />

gute Wahl.“ in Hamburg und führte einige wichtige<br />

Gespräche über die Branche.<br />

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Markus Lewe,<br />

Oberbürgermeister aus Münster, Bundestagsabgeordnete<br />

Jana Schimke und Arbeitsminister Karl-Josef<br />

Laumann besuchten den iGZ-Messestand, machten<br />

Fotos mit dem grünen iGZ-Kampagnen-Rahmen und<br />

tauschten sich über Aktuelles rund um die Zeitarbeit<br />

aus. Auch einige Besucher und Journalisten kamen<br />

vorbei und ließen sich über Zeitarbeit aufklären.<br />

Dafür erntete sie sehr viel Applaus und Anerkennung<br />

bei den 999 Delegierten vor Ort. Dann präsentierten<br />

sich die drei neuen Kandidaten in fulminanten<br />

Reden. Während Annegret Kramp-Karrenbauer in<br />

die Vergangenheit blickte und auf die traditionellen<br />

Werte der CDU hinwies, plädierte Friedrich Merz für<br />

einen Wechsel auf allen Ebenen. Jens Spahn zeigte<br />

seine Vision für Deutschland in 2<strong>04</strong>0 auf. Im zweiten<br />

Wahlgang entschied Annegret Kramp-Karrenbauer<br />

die Wahl mit 517 Stimmen für sich und wurde neue<br />

CDU-Parteichefin.<br />

Kristin Mattheis<br />

Drei neue CDU-Kandidaten in fulminanten Reden<br />

Politisch ging es im Plenarsaal hoch her: Zehn Minuten<br />

Applaus für Merkel und mit Annegret Kramp-Karrenbauer<br />

eine neue CDU-Parteivorsitzende. „Für mich<br />

war es eine große Freude. Für mich war es eine Ehre“,<br />

mit diesen Worten verabschiedete sich Bundeskanzlerin<br />

Dr. Angela Merkel nach 18 Jahren Parteivorsitz.<br />

36<br />

37


Z direkt!<br />

Unterwegs<br />

Unterwegs<br />

Z direkt!<br />

iGZ-Landeskongress Süd in Stuttgart<br />

Die eigenen Botschaften<br />

in die Öffentlichkeit tragen<br />

Ganz im Zeichen der neuen iGZ-Kampagne „Zeitarbeit:<br />

Eine gute Wahl.“ stand der Auftakt des<br />

iGZ-Landeskongresses Süd in Stuttgart. Petra Eisen,<br />

iGZ-Landesbeauftragte für Bayern, begrüßte<br />

die rund 250 Teilnehmer und erinnerte an die<br />

aktuell „gewaltigen Herausforderungen für die<br />

Zeitarbeitsbranche“.<br />

Unter anderem verwies die Sprecherin der Landesbeauftragten<br />

im iGZ-Bundesvorstand auf die AÜG-<br />

Reform. „Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand<br />

stecken“, appellierte sie an das Forum, sich den<br />

Aufgaben zu stellen und die Zeitarbeitszukunft gemeinsam<br />

zu gestalten. Mit Blick auf die Kampagne<br />

ermunterte sie das Plenum, Aufklärungsarbeit zu betreiben,<br />

die Stärken der Branche zu kommunizieren<br />

sowie „selbstbewusst und aufrecht“ in der Wirtschaft<br />

zu agieren.<br />

Wertschätzen<br />

Unter dem Motto „Gemeinsam viel bewegen“ präsentierte<br />

Manuela Schwarz, iGZ-Bundesvorstandsmitglied,<br />

die Inhalte der neuen Kampagne. Basis sei die<br />

Bundesvorstandsvision des Imagewandels – immer<br />

noch herrsche ein vorwiegend negatives Bild über die<br />

Zeitarbeitsbranche. Unter der Überschrift „wählen,<br />

nutzen, wertschätzen“ gelte es, Zeitarbeit als attraktives<br />

Arbeitsverhältnis vorzustellen. Auf diesen Fakten<br />

baue nun die neue Kampagne auf, die prägnante<br />

Kommunikation und vor allem Glaubwürdigkeit in<br />

den Mittelpunkt stelle. Deshalb habe der iGZ auf authentische<br />

Aussagen gesetzt – Zeitarbeitnehmer kommen,<br />

so Schwarz, selbst zu Wort und berichten in Bild<br />

und Ton, warum Zeitarbeit für sie eine gute Wahl sei.<br />

Rollenverständnis<br />

„Was zukunftsfähige Zeitarbeit wirklich ausmacht“<br />

erklärte anschließend der iGZ-Bundesvorsitzende<br />

Manuela Schwarz, iGZ-Bundesvorstandsmitglied, stellte die<br />

Kampagne „Zeitarbeit: Eine gute Wahl.“ vor.<br />

Christian Baumann: „Was wir in den letzten eineinhalb<br />

Jahren auf die Beine gestellt haben, ist etwas<br />

Neues“, erklärte er den Wechsel von reaktiver zu aktiver<br />

Kommunikation. Zunächst allerdings stehe die<br />

Frage nach dem eigenen Rollenverständnis im Raum.<br />

Baumann richtete den Blick auf die Kernprobleme der<br />

Branche, nannte die Auswirkungen der AÜG-Reform,<br />

die Digitalisierung, die Erosion der Margen und die<br />

Wahrnehmung in der Öffentlichkeit als alltägliche Herausforderungen<br />

für die Unternehmen. Als Beispiele<br />

nannte er die Darstellungen von Zeitarbeit bei politischen<br />

Parteien wie etwa Die Linke und AfD sowie<br />

in den Medien, die unterm Strich ein negatives Bild<br />

erzeugen.<br />

Eigene Botschaften<br />

Deshalb, so Baumann, sei es unabdingbar, mit den<br />

eigenen Botschaften in die Öffentlichkeit zu gehen,<br />

mit Verantwortlichen zu sprechen und Aufklärung<br />

zu betreiben. Weiterentwicklung und Zukunftsfähigkeit<br />

seien weitere Aspekte, die es für die Branche zu<br />

beachten gelte – digitale Transformation spiele eine<br />

immer noch zu unwichtige Rolle, betonte der iGZ-<br />

Bundesvorsitzende. Lediglich bei den Top 10 Unternehmen<br />

der Zeitarbeit sei der hohe Stellenwert der<br />

Digitalisierung zu 100 Prozent erkannt worden.<br />

Hohe Kompetenz<br />

Baumann unterstrich den engen Zusammenhang<br />

von Zukunftsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und damit<br />

auch Image der Branche. „Wir müssen daran arbeiten,<br />

dass das Bild der Zeitarbeit in der Öffentlichkeit<br />

nicht schlechter wird“, rief er dazu auf, sich gemeinsam<br />

dafür zu engagieren. Er glaube nicht, dass es zu<br />

spät sei, denn Zeitarbeit habe in Sachen Rekrutierung<br />

eine extrem hohe Kompetenz. „Flexibilität ist unsere<br />

DNA“, erläuterte Baumann, warum die Branche mit<br />

Blick auf die Volatilität der Märkte ein unerlässliches<br />

Element der deutschen Wirtschaft im nationalen wie<br />

auch internationalen Wettbewerb sei. Mut, Integrität,<br />

Zukunftsgewandtheit und Professionalität seien die<br />

Kernpunkte, um das eigene Unternehmen fit für die<br />

Zukunft zu machen.<br />

Arbeitgebermarke optimieren<br />

Bis heute hätten wir eine einfache Regel in unserem<br />

Kopf: „Fremd gleich Gefahr gleich Ablehnung“, meinte<br />

Daniela A. Ben Said, Quid agis GmbH. Trotzdem<br />

motivierte sie die Teilnehmer dazu, neue Denkansätze<br />

auszuprobieren. In ihrem Vortrag „Arbeitgebermarke:<br />

Wie Sie sich top positionieren“ gab sie Tipps, wie sich<br />

Unternehmen mit einfachen Mitteln kreativ von der<br />

Masse abheben können.<br />

BA-Prüfpraxis<br />

RA Jörg Hennig, HK2 Rechtsanwälte, referierte über<br />

die Prüfpraxis der Bundesagentur für Arbeit (BA). Im<br />

Wesentlichen gehe es darum, die Zuverlässigkeit des<br />

Zeitarbeitsunternehmens einzuschätzen. Entscheidend<br />

sei letztlich weniger, ob in der Vergangenheit<br />

mal ein Fehler unterlaufen sei. Es müsse aber überzeugend<br />

vermittelt werden, dass dieser Fehler künftig<br />

nicht wieder passiere. „Hier hilft ja oft schon ein passendes<br />

Seminar beim iGZ“, gab Hennig den Zuhörern<br />

schmunzelnd einen Tipp.<br />

Schriftform im Fokus<br />

Neben der korrekten Entgelteingruppierung werde<br />

auch die korrekte Beschreibung der Tätigkeit kontrolliert.<br />

„Es kommt auf die Tätigkeit an, nicht auf die<br />

Berufsbezeichnung“, erinnerte Hennig. Derzeit überprüfe<br />

die BA oft, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer<br />

darauf hinweise, dass der Urlaubsanspruch am<br />

Jahresende verfalle, warb Hennig um besondere Aufmerksamkeit.<br />

Auch die Umsetzung der Schriftform sei<br />

verstärkt in den Fokus der BA-Prüfteams gerückt. Abschließend<br />

gab Hennig Hinweise, was bei welcher Art<br />

der Beanstandung zu tun sei.<br />

Änderungen durch die AÜG-Reform<br />

„Nach den Belastungen durch die Offenlegungspflicht<br />

und das gesetzliche Equal Pay ist nun auch die Überlassungshöchstdauer<br />

zur Realität geworden“, fasste<br />

Dr. Martin Dreyer, iGZ-Geschäftsführer, die aktuelle<br />

Situation nach der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

zusammen – und erläuterte noch einmal<br />

die Feinheiten der drei neuen Regelungen.<br />

Chance und Hürde zugleich<br />

Außerdem ging er auf die weiteren geplanten Gesetze<br />

ein. Die Bundesregierung möchte es Arbeitnehmern<br />

erleichtern, ihre Arbeitszeit temporär zu verringern.<br />

Gleichzeitig sollen die Möglichkeiten der Befristung<br />

von Arbeitsverhältnissen deutlich beschränkt werden.<br />

„Beide Vorhaben sind nicht gerade arbeitgeberfreundlich“,<br />

resümierte Dreyer, „und sorgen für ein erhöhtes<br />

Flexibilitätsbedürfnis von Unternehmen.“ Das berge<br />

einerseits Chancen für die Zeitarbeitsbranche. Andererseits<br />

seien Zeitarbeitsunternehmen natürlich auch<br />

von den geplanten Einschränkungen betroffen, warnte<br />

er vor zu viel Euphorie.<br />

Maren Letterhaus / Wolfram Linke<br />

38 39


Z direkt! Unterwegs Unterwegs<br />

Z direkt!<br />

iGZ-Landeskongress Nord in Hamburg<br />

Wirtschaft und Politik<br />

können voneinander lernen<br />

„Wenn wir der Wirtschaft Flexibilität bieten sollen,<br />

muss die Politik uns als Branche auch ein gewisses<br />

Maß an Flexibilität einräumen“, forderte<br />

Christian Baumann beim iGZ-Landeskongress<br />

Nord in Hamburg. Vor rund 200 Teilnehmern<br />

kritisierte der iGZ-Bundesvorsitzende, dass die<br />

politischen Vorgaben für die Zeitarbeitsbranche<br />

immer enger wurden.<br />

„Die Zeit, in der Deutschland als kranker Mann Europas<br />

bezeichnet wurde, ist lange vorbei“, erinnerte<br />

André Trepoll, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion,<br />

daran, dass es der Wirtschaft und auch den<br />

Menschen in Deutschland insgesamt sehr gut gehe.<br />

„Natürlich gibt es Probleme, aber wir dürfen eben<br />

auch nicht immer alles schlechtreden“, appellierte er<br />

mit Blick auf die politisch unruhigen Zeiten an die Teilnehmer.<br />

Mittelständische Wirtschaft<br />

„Es ist gut, dass wir ein gemeinsames Europa haben,<br />

dass wir eine gemeinsame Währung haben“, so Trepoll.<br />

Gerade für eine Handelsmetropole wie Hamburg<br />

sei die wirtschaftliche Vernetzung eminent wichtig.<br />

„Hamburg ist sehr von der mittelständischen Wirtschaft<br />

geprägt – das ist für Sie als Zeitarbeitsunternehmer<br />

eine gute Chance“, so der CDU-Politiker. Denn<br />

hier gebe es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten<br />

für Zeitarbeitskräfte.<br />

Auf die Zeitarbeit angewiesen<br />

Einsatzmöglichkeiten sah auch Michael Thomas Fröhlich,<br />

Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände<br />

in Hamburg und Schleswig-Holstein<br />

(UV Nord). Der Fachkräftemangel sei ein weiter<br />

wachsendes Problem. „Wir setzen daher besonders<br />

auf Menschen mit Handicap, Ältere, Jugendliche mit<br />

Migrationshintergrund und Frauen, die den Wiedereinstieg<br />

in den Beruf planen“, so Fröhlich. Doch<br />

zum Beispiel die Pflegebranche und die Metall- und<br />

Elektroindustrie sei zusätzlich auf den Einsatz von<br />

Zeitarbeit angewiesen. „Wir brauchen Sie an unserer<br />

Seite“, sprach er deshalb zugleich die anwesenden<br />

Unternehmer als auch die Partnerschaft mit dem iGZ<br />

an.<br />

Bild des Unternehmers<br />

Verärgert zeigte sich Fröhlich über die Art der Darstellung<br />

der Unternehmer in der Öffentlichkeit. „Schon<br />

in den Schulbüchern werden Wirtschaft und Industrie<br />

als Fabriken mit rauchenden Schloten dargestellt – als<br />

düsterer Arbeitsplatz, der eine Gesundheitsgefahr<br />

berge. Und wenn man dann am Sonntagabend den<br />

‚Tatort‘ schaut, ist der Unternehmer in der Regel der,<br />

der auf der Anklagebank sitzt.“ Die<br />

Unternehmer<br />

müssten sich gemeinschaftlich mit den Verbändern<br />

dafür einsetzen, dass dieses Bild geradegerückt<br />

werde. „Wir müssen mit positiven Beispielen dagegenhalten“,<br />

so Fröhlich.<br />

Arbeitgebermarke<br />

„Wer fragt, der führt“, gab Daniela A. Ben Said, Quid<br />

agis GmbH, den Teilnehmern mit auf den Weg. „Motivieren<br />

Sie Ihre Mitarbeiter durch Fragen dazu, selbst<br />

Lösungen zu finden – und halten Sie die Stille aus, bis<br />

Ihr Gegenüber eine Antwort gefunden hat“, riet Ben<br />

Said. Dieses Prinzip funktioniere ebenso in der Mitarbeiterführung<br />

wie auch im Vertrieb. In ihrem Vortrag<br />

gab sie zudem Tipps zur Stärkung der eigenen Arbeitgebermarke:<br />

„Seien Sie kreativ, nutzen Sie digitale Kanäle,<br />

setzen Sie sich von der Masse ab.“<br />

Tipps für Soziale Netzwerke<br />

Thorben Fasching, Geschäftsführer Open Reply Germany,<br />

erläuterte im Anschluss, wie Unternehmer auf<br />

die Besonderheiten der digitalen Kanäle eingehen<br />

sollten. „Ein großer Vorteil ist, dass Sie die Zielgruppe<br />

für Social-Media-Postings sehr genau eingrenzen<br />

können“, hob Fasching hervor. Für langfristigen Erfolg<br />

sei es zudem unabdingbar, das eigene Unternehmen<br />

realistisch darzustellen und mit der Zielgruppe auf Augenhöhe<br />

zu kommunizieren. „Dann ist auch die Gefahr<br />

eines Shitstorms gering – der ohnehin meistens<br />

keine so schlimmen Folgen hat, wie oft befürchtet<br />

wird.“<br />

Im Übermorgen denken<br />

„Wirtschaft und Politik können eine ganze Menge<br />

voneinander lernen“, wusste Carsten Meyer-Heder,<br />

Inhaber team neusta und Spitzenkandidat der CDU<br />

Bremen für die Bürgerschaftswahl 2019. Politik und<br />

Konzerne würden häufig zu kurzfristig denken. „Wir<br />

müssen im Übermorgen denken, um unsere Produkte<br />

und Dienstleistungen weiterzuentwickeln.“ Zudem<br />

werde Leistung in Unternehmen zu häufig an Fehlerquoten<br />

festgemacht. „Und genau das ist der Fehler“,<br />

brachte es Meyer-Heder auf den Punkt. Er forderte<br />

einen anderen Führungsstil für Konzerne, der mehr<br />

das Vertrauen in die Mitarbeiter und die Anerkennung<br />

ihrer Leistungen in den Mittelpunkt stelle.<br />

Aktuelles zum AÜG<br />

„Zeitlich passender hätte dieser Vortrag kaum sein<br />

können, denn genau in diesen Tagen endet die erste<br />

Frist der Überlassungshöchstdauer“, eröffnete Stefan<br />

Sudmann, iGZ-Fachbereichsleiter Arbeits- und Tarifrecht,<br />

seinen Vortrag. Er gab einen Überblick über<br />

die aktuellen Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

(AÜG) und ging dabei insbesondere<br />

auf die Abweichungsmöglichkeiten durch Tarifverträge<br />

und Betriebsvereinbarungen ein.<br />

Tarifpolitischer Ausblick und Fachforen<br />

Abschließend gab Sven Kramer, stellvertretender iGZ-<br />

Bundesvorsitzender, einen Ausblick auf die tarifpolitischen<br />

Gestaltungsmöglichkeiten. „Wir treffen uns<br />

nicht nur nach der Kündigung von Tarifverträgen.<br />

Zwischen diesen Verhandlungen gibt‘s regelmäßig<br />

Treffen mit den Gewerkschaftern – mal im kleinen<br />

Kreis, mal in offiziellen Meetings mit allen beteiligten<br />

Institutionen.“ Da, so Kramer im Gespräch mit Marcel<br />

Speker, iGZ-Fachbereichsleiter Kommunikation und<br />

Arbeitsmarktpolitik, werde auch mal geschaut, wie es<br />

in zehn Jahren aussehen könnte.<br />

Fachforen<br />

Zusätzlich bot der iGZ-Landeskongress Nord insgesamt<br />

sechs verschiedene Fachforen zur Auswahl. Dadurch<br />

konnten die Teilnehmer ihr ganz persönliches<br />

Programm entsprechend der individuellen Interessen<br />

gestalten.<br />

Maren Letterhaus<br />

Marcel Speker begrüßte gemeinsam mit dem iGZ-Bundesvorsitzenden Christian Baumann und den iGZ-Landesbeauftragten Karsten Wellnitz, Jürgen<br />

Sobotta und Oliver Nazareth (v.l.) die rund 200 Teilnehmer des iGZ-Landeskongresses Nord in Hamburg.<br />

41


Z direkt! Unterwegs Unterwegs<br />

Z direkt!<br />

iGZ-Landeskongress Mitte in Mainz<br />

Tipps für den Zeitarbeitsalltag<br />

Tipps für die tägliche Praxis sind ein wichtiger<br />

Bestandteil der iGZ-Veranstaltungen. Auch beim<br />

Landeskongress Mitte in Mainz gab es deshalb<br />

gleich sechs Fachforen zur Auswahl, aus denen<br />

sich die rund 200 Teilnehmer ihr individuelles<br />

Programm zusammenstellen konnten.<br />

Dass es wesentlich leichter ist als gedacht, einen Termin<br />

mit dem jeweiligen Bundestagsabgeordneten zu<br />

vereinbaren, betonte Dr. Benjamin Teutmeyer, iGZ-<br />

Hauptstadtbüro. „Besuche in hiesigen Unternehmen<br />

gehören zur ganz normalen Wahlkreisarbeit eines<br />

jeden Abgeordneten“, erklärte er. „Laden Sie Ihren<br />

Bundestagsabgeordneten einfach mal in das eigene<br />

Unternehmen ein. Schreiben Sie ihm einen Brief. Treffen<br />

Sie ihn bei externen Anlässen“, machte er konkrete<br />

Vorschläge, um mit dem Politiker in Kontakt zu<br />

treten. Anschließend sei es wichtig, über die Treffen<br />

auch zu berichten, ergänzte Kristin Mattheis, iGZ-<br />

Newsdesk. Dabei müsse das Motto lauten: „Einfach<br />

mal machen!“ Ein Beitrag für die sozialen Netzwerke<br />

sei schnell produziert. „Achten Sie beim Foto auf<br />

einen guten Bildausschnitt und ausreichend Licht.<br />

Ergänzen Sie ein paar knackige Sätze und eventuell<br />

passende Verlinkungen – fertig.“ Übung mache den<br />

Meister; und für den Anfang biete der iGZ auf seinen<br />

Social-Media-Auftritten auch viele Fotos und Grafiken,<br />

die problemlos geteilt werden können.<br />

Prozesse digitalisieren<br />

„In ein paar Jahren wird Ihr größter Konkurrent nicht<br />

mehr neben Ihnen sitzen, sondern es wird eine Software<br />

sein – eine künstliche Intelligenz“, zeichnete Tim<br />

Behrendt, Dexa Consult GmbH, in seinem Forum ein<br />

mögliches Bild der Zeitarbeitsbranche im Jahr 2025.<br />

Das werde die Branche deutlich verändern. „Es gibt<br />

aber gute Nachrichten“, motivierte Behrendt, „denn<br />

noch haben Sie ausreichend Zeit, um sich auf die<br />

Veränderungen vorzubereiten.“ Ganz konkret gab<br />

er Tipps, welche Berührungspunkte mit Kunden und<br />

Zeitarbeitskräften durch Digitalisierung optimiert<br />

werden könnten: „Wahrscheinlich haben Sie alle ein<br />

umfangreiches System, um ihre Kundenkontakte zu<br />

verwalten. Legen Sie solche Programme auch für Ihr<br />

Bewerbermanagement an. Denn Ihre heutigen Bewerber<br />

sind Ihre Kunden von morgen.“ Außerdem<br />

schlug er vor, die bewährten Kandidatenprofile durch<br />

kurze Video-Interviews anzureichern oder verstärkt<br />

Bewerbungsgespräche via Videotelefonie anzubieten.<br />

Erwerbstätigkeit von Müttern fördern<br />

Cristina Justus warf in ihrem Forum zunächst einen<br />

Blick auf die prognostizierten Arbeitsmarktzahlen.<br />

Wachstumspotenzial gebe es vor allem bei Älteren,<br />

Frauen und Zuwanderern. „Das sind also die Zielgruppen,<br />

auf die wir uns fokussieren müssen“, so die<br />

iGZ-Expertin für Wissenschaftskontakte und Digitalisierung.<br />

Schon jetzt sei beispielsweise die Tendenz erkennbar,<br />

dass die Anzahl der Frauen auf dem Arbeitsmarkt<br />

steige. Bislang sei die Teilzeitquote zwischen<br />

Frauen und Männern zwar noch sehr unausgeglichen:<br />

73 Prozent der Frauen mit Kindern unter sechs Jahren<br />

arbeiten in Teilzeit, aber nur sechs Prozent der Männer.<br />

„Dennoch ist ein Trend erkennbar, den auch wir<br />

als Zeitarbeitsbranche fördern müssen“, motivierte sie<br />

die Unternehmer. Eine bessere Kinderbetreuung sowie<br />

flexible Arbeitszeiten seien dafür zwei wichtige<br />

Säulen.<br />

Clemens von Kleinsorgen, iGZ-Fachbereich Arbeitsmarktpolitik,<br />

gab Hinweise zur Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer.<br />

Kristin Mattheis und Dr. Benjamin Teutmeyer präsentierten gemeinsam das Fachforum „Der Abgeordnete als Ansprechpartner“.<br />

Beschäftigung von Ausländern<br />

„28.200 von 91.000 Flüchtlingen, die zwischen August<br />

2017 und Juli <strong>2018</strong> einen Job fanden, fanden<br />

diesen in der Zeitarbeit“, berichtete Clemens von<br />

Kleinsorgen, im iGZ zuständig für Arbeitsmarktpolitik.<br />

„Wir sind die Branche, die es den Flüchtlingen überhaupt<br />

erst ermöglicht, auf dem Ersten Arbeitsmarkt<br />

Fuß zu fassen.“ Damit dabei alles glatt läuft, gab er<br />

Tipps zur Beschäftigung von Ausländern. Dabei ging<br />

er zum Beispiel darauf ein, unter welchen Voraussetzungen<br />

Ausländer in der Zeitarbeit beschäftigt werden<br />

dürfen – und nahm besonders die Flüchtlinge in<br />

den Blick. „Achten Sie darauf, ob Ihr Bewerber noch<br />

in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnt – denn dann<br />

ist die Beschäftigung grundsätzlich verboten“, betonte<br />

von Kleinsorgen. Das gelte auch für die Beschäftigung<br />

in Mangelberufen, in denen Flüchtlinge ja eigentlich<br />

schon nach drei Monaten arbeiten dürften.<br />

Fachkräfteeinwanderung erleichtern<br />

Christoph Klos, saarland.innovation&standort e.V.,<br />

ging in seinem Vortrag „Ausländische Fachkräfte gewinnen<br />

und entwickeln – so geht’s“ unter anderem<br />

auf das Eckpunktepapier zur Fachkräftesicherung<br />

ein, das die Bundesregierung kürzlich vorgelegt hat.<br />

Aller Voraussicht nach werde im kommenden Jahr<br />

ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz kommen. Dann<br />

solle unter anderem die Vorrangprüfung gänzlich<br />

wegfallen, sodass die Einwanderung für alle Berufe<br />

eröffnet werde. Zudem gebe es Bestrebungen, das<br />

Anerkennungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.<br />

„Das ist ein wichtiger Schritt“, befand<br />

Klos. Denn derzeit gebe es noch zu viele Hürden und<br />

Zuständigkeiten. „Das muss unbedingt effizienter gestaltet<br />

werden.“<br />

Active Sourcing<br />

„Planen, Machen, Prüfen, Anpassen“, nannte Jan<br />

Hawliczek die Marschroute für erfolgreiches Online-<br />

Recruiting – und stellte eine Methode vor, die über<br />

die klassische Bewerbersuche hinausgeht. Unter dem<br />

Motto „Active Sourcing – Wie Sie Kandidaten online<br />

finden, ansprechen und halten“ erläuterte er, wie<br />

die Suche mit zusätzlichen Operatoren noch mehr<br />

Ergebnisse liefern könne. Das Entscheidende sei die<br />

Kombination verschiedener Suchparameter. Wenn<br />

man gleichzeitig den Jobtitel, die Fähigkeiten und die<br />

Erfahrung von Online-Profilen durchsuche, bekomme<br />

man qualitativ hochwertigere Ergebnisse.<br />

Maren Letterhaus<br />

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Unterwegs<br />

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iGZ-KAS-Hauptstadtforum zum sozialen Arbeitsmarkt<br />

Zeitarbeit hat Brückenfunktion<br />

Rund 60 Vertreter von Verbänden, Unternehmen<br />

und aus der Politik nahmen am gemeinsamen<br />

Hauptstadtforum Sozialer Arbeitsmarkt von<br />

der Konrad Adenauer Stiftung (KAS) und dem<br />

Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />

(iGZ) teil. Es ging um das neue Teilhabechancengesetz<br />

und darum, wie ein sozialer<br />

Arbeitsmarkt in der Praxis funktionieren kann.<br />

„Ich komme gerade von der Debatte im Bundestag.<br />

Das Thema hier heute ist brandaktuell“, leitete Hermann<br />

Gröhe, stellvertretender Fraktionsvorsitzender<br />

der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender<br />

Vorsitzender der KAS, seinen Vortrag ein. Manche<br />

Menschen seien seit Jahren vom Arbeitsmarkt abgeschnitten<br />

und hätten ganz individuell unterschiedliche<br />

Lebenslagen zu bewältigen. Genau hier müssten Brücken<br />

gebaut werden.<br />

„Die Zeitarbeit nimmt die Brückenfunktion ein. Unsere<br />

Branche kann diese Integration leisten“, betonte<br />

Christian Baumann, iGZ-Bundesvorsitzender. „Es ist<br />

ein Steg und wir freuen uns über jeden, der hinüber<br />

geht und es schafft!“ Zurzeit arbeiten eine Millionen<br />

Menschen in Zeitarbeit. Davon seien 54 Prozent im<br />

Helferbereich tätig. „Ich sehe eine Zweiteilung zwischen<br />

Universitätsabsolventen und Hilfskräften, die<br />

größer wird“, erklärte Baumann. Die Integration und<br />

Betreuungsleistung könnten nur Personaldienstleister<br />

übernehmen, die sich in diesen Dingen auskennen.<br />

Baumann hob mit Blick auf die geplanten Förderprogramme<br />

besonders hervor: „Mit Geld alleine werden<br />

wir diese gewaltige und enorm wichtige Aufgabe<br />

nicht lösen. Wir brauchen Ideen, Visionen und Konzepte.<br />

Die Zeitarbeit beteiligt sich gerne an der Konzeption<br />

solcher Ideen – auch mit den Sozialpartnern.“<br />

An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen<br />

Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen<br />

Gewerkschaftsbundes, Dr. Annette Niederfranke,<br />

Direktorin Internationale Arbeitsorganisation,<br />

Georg Streiter, ehemaliger Regierungssprecher und<br />

Kommunikationsexperte in der Funktion als Moderator<br />

und Christian Baumann teil. „Der soziale Arbeitsmarkt<br />

soll kein zweiter Arbeitsmarkt, sondern eine<br />

sinnstiftende Erwerbsarbeit sein“, betonte Hannack.<br />

Sie betreue viele Erwerbslose. Eine Begleitung zur Integration<br />

dieser fehle im Gesetz.<br />

Auch Niederfranke beobachtet eine steigende Anzahl<br />

Hochqualifizierter und Spezialisierter. Es fehlen aber<br />

Helfer, beispielsweise in der Seniorenbetreuung. Baumann<br />

stimmte den Aussagen zu und hob die Bedeutung<br />

der Zeitarbeit hervor: „Zeitarbeit leistet sehr viel<br />

Integrationsarbeit. Diese Aufgabe können viele große<br />

Unternehmen im Alltagsgeschäft nicht leisten. Personaldienstleister<br />

bieten genau diese Erfahrung und<br />

Hilfe an.“<br />

Kristin Mattheis<br />

iGZ-Bundesvorsitzender Christian Baumann (l.) referierte beim Hauptstadtforum „Sozialer Arbeitsmarkt“, das die Konrad<br />

Adenauer Stiftung gemeinsam mit dem iGZ veranstaltete.<br />

Christian Kulick (l.), Mitglied der Geschäftsführung Bitkom e.V., forderte bessere Angebote in Sachen Künstlicher Intelligenz:<br />

„Wirtschaft und Politik haben die Aufgabe, sich zusammenzusetzen und konkrete Angebote zu entwickeln.“<br />

iGZ und Naumann-Stiftung diskutierten Zukunft der Arbeit<br />

Ein Netflix für Weiterbildung?<br />

Der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />

(iGZ) hatte zusammen mit der Friedrich-Naumann-Stiftung<br />

Politiker, Unternehmensvertreter<br />

und Interessierte eingeladen, um über<br />

Digitalisierung und damit die Zukunft der Arbeit<br />

zu diskutieren. Rund 50 Teilnehmer waren ins<br />

Basecamp nach Berlin gekommen.<br />

„Ich rate kleinen und mittelständischen Unternehmen<br />

intuitiv und flexibel zu bleiben, wenn es um digitale<br />

Transformation geht“, betonte iGZ-Bundesvorsitzender<br />

Christian Baumann im Rahmen seines Vortrags<br />

bei der Veranstaltung „Zukunft der Arbeit“ in Berlin.<br />

Es habe immer schon technologische Veränderungen<br />

gegeben, heute seien sie nur schneller. Das sei kein<br />

Grund zur Panik und niemand wisse jetzt schon genau,<br />

was komme.<br />

Konkrete Angebote fehlen noch<br />

„Man trifft sich heute im Netz, nicht in der Kneipe“,<br />

leitete Moderatorin Anke Plättner die Diskussionsrunde<br />

um Arbeit 4.0 ein. Christian Kulick, Mitglied der<br />

Geschäftsführung Bitkom e.V., betonte, dass die richtig<br />

guten Angebote in Sachen Künstliche Intelligenz<br />

noch fehlen würden. „Wirtschaft und Politik haben<br />

die Aufgabe, sich zusammenzusetzen und konkrete<br />

Angebote zu entwickeln“, meinte er. Manuel Höferlin,<br />

Digitalpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion<br />

der Freien Demokraten, sah bei diesem Thema andere<br />

Länder weiter vorn: „Wir brauchen in Deutschland<br />

Freiräume, um Dinge auszuprobieren. Bei uns gibt<br />

es eine starke Zurückhaltung. Länder wie China sind<br />

schon viel weiter vorn mit dem Motto ‚digital first,<br />

analysis second‘“. Dem stimmte Technikphilosoph<br />

Mads Pankow zu: „In Deutschland suchen alle erstmal<br />

nach Zertifikaten, während sich unsere Jugendlichen<br />

alles bei YouTube selbst beibringen und viel weiter<br />

sind.“<br />

Digitalisierung verändert Weiterbildung<br />

Auch beim Thema Weiterbildung gab es verschiedene<br />

Tendenzen mit Blick auf die Digitalisierung. „44 Millionen<br />

Leute müssen die neuen Technologien auch<br />

beherrschen und damit arbeiten. Ich stelle mir ein<br />

Netflix für die Weiterbildung vor. Das heißt, Universitäten,<br />

Unternehmer und Studenten entwickeln ein<br />

Qualifikationsportfolio auf einer Plattform, wo sich<br />

Interessierte selbst einloggen und eigenständig lernen<br />

können“, erläuterte Kai Whittaker, Berichterstatter<br />

der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Arbeit 4.0, eine<br />

jüngst vorgestellte Initiative seiner Fraktion. Nach der<br />

Diskussionsrunde konnten sich alle Gäste in moderner<br />

Atmosphäre austauschen und netzwerken, während<br />

der Roboter „Robot 4 Work“ seine Bahnen zog und<br />

Hilfe anbot.<br />

Kristin Mattheis<br />

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Z direkt! Gastbeitrag Gastbeitrag<br />

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Überlassungshöchstdauer und Festhaltenserklärung<br />

Misslungene Gesetze<br />

Zum 30. September <strong>2018</strong> ist erstmals die 18-monatige<br />

Überlassungshöchstdauer abgelaufen,<br />

die das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

(AÜG) regelt. Was passiert, wenn die Höchstdauer<br />

bereits überschritten wurde? Dieser Text erörtert,<br />

mit welchen Sanktionen Personaldienstleister<br />

rechnen müssen. Außerdem geht es um die<br />

rechtliche Ausgestaltung der Festhaltenserklärung,<br />

die es dem Arbeitnehmer ermöglicht, bei<br />

seinem bisherigen Arbeitgeber zu bleiben.<br />

Die Neufassung des § 1 Abs. 1b) S. 1 AÜG regelt, dass<br />

ein Personaldienstleister denselben Zeitarbeitnehmer<br />

nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate an<br />

denselben Kunden überlassen darf. Die Verpflichtung<br />

zur Einhaltung der Überlassungshöchstdauer betrifft<br />

gleichermaßen den Kunden. Sanktionen bei Verstößen<br />

sind<br />

Bußgelder bis 30.000 Euro, § 16 Abs. 1 Nr. 1. d<br />

und e AÜG<br />

Übergang des Arbeitsverhältnisses auf das Kundenunternehmen,<br />

§ 10 Abs. 1 AÜG<br />

bei wiederholten Verstößen der Entzug der Erlaubnis,<br />

§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 6 AÜG<br />

30.000 Euro Bußgeld ist eine ganze Menge. Allerdings<br />

sind gesetzlich geregelte Bußgelder Maximalbeträge<br />

und werden in dieser Höhe nicht schon bei jedem<br />

kleineren Verstoß verhängt. Sie können also auch<br />

deutlich niedriger ausfallen. Auf der anderen Seite<br />

werden Bußgelder pro Fall verhängt. Sie können also<br />

auch mehrfach anfallen und den Betrag am Ende weit<br />

übersteigen. In der Praxis hat sich – ganz allgemein<br />

– folgendes Berechnungsschema durchgesetzt: In einem<br />

ersten Schritt ermittelt die Bundesagentur für Arbeit<br />

(BA) den Betrag nicht gezahlter Lohnbestandteile<br />

(worum es meistens geht). Dieser Betrag wird dann<br />

„individuell täterbezogen“ (abhängig von dem Grad<br />

des Verschuldens, Erst- oder Wiederholungverstoß,…)<br />

mit einem Wert von bis zu 2,5 multipliziert. Ein Beispiel:<br />

Urlaub in Höhe von 1.500 Euro wurde nicht abgegolten.<br />

„Ersparnis“ = 1.500 Euro. Der Betrag wird<br />

individuell täterbezogen mit zwei multipliziert, was<br />

summa summarum 3.000 Euro Bußgeld bedeutet. Für<br />

einen „Täter“ deutlich reduzierend wirken sich folgende<br />

Aspekte aus:<br />

Erstverstöße<br />

Mangelnde (nachgewiesene) finanzielle Leistungsfähigkeit<br />

Wiedergutmachung<br />

„Mengenrabatte“ bei mehreren Verstößen gibt es<br />

nicht. Bereits ab 200 Euro werden Bußgeldentscheidungen<br />

zudem in das Gewerbezentralregister eingetragen<br />

und bleiben dort über mehrere Jahre vermerkt.<br />

Wer an öffentlichen Ausschreibungen teilnimmt und<br />

öfter einen Gewerberegisterauszug vorlegen muss,<br />

wird das um jeden Preis vermeiden wollen.<br />

Konkrete Aussagen zur Höhe von Bußgeldern bei einer<br />

Überschreitung der Überlassungshöchstdauer können<br />

mangels praktischer Fälle bislang nicht gemacht werden.<br />

Auch bei der Überschreitung der Überlassungshöchstdauer<br />

erzielt ein Personaldienstleister jedoch<br />

einen wirtschaftlichen Vorteil. Dieser ergibt sich durch<br />

den Rohertrag durch die Überlassung abzüglich der<br />

unmittelbaren Gehaltskosten des überlassenen Arbeitnehmers.<br />

Die Agentur für Arbeit wird dies errechnen<br />

und die Bußgeldhöhe entsprechend festsetzen.<br />

Bei einem Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer<br />

ist das Arbeitsverhältnis zwischen dem Personaldienstleister<br />

und dem Zeitarbeitnehmer unwirksam.<br />

Stattdessen entsteht gemäß § 10 Abs. 1 AÜG per<br />

Gesetz ein Arbeitsverhältnis zum Kunden. Allerdings<br />

hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, innerhalb eines<br />

Monats eine Festhaltenserklärung abzugeben,<br />

um sein Verhältnis zum bisherigen Arbeitgeber fortbestehen<br />

zu lassen. Der Grund für diese Regelung<br />

liegt zunächst auf der Hand: Nicht jeder Arbeitnehmer<br />

möchte bei dem Kundenbetrieb des letzten Einsatzes<br />

anfangen. Viele Arbeitnehmer bleiben auch gern bei<br />

ihrem bisherigen Arbeitgeber, bei dem sie gute Löhne<br />

und ein gutes Betriebsklima gewohnt sind.<br />

Über die jetzige Regelung ist im Gesetzgebungsverfahren<br />

dennoch sehr intensiv diskutiert worden. Während<br />

die Arbeitgeberseite das Recht der Arbeitnehmer<br />

auf freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl hervorhob und<br />

die Festhaltenserklärung befürwortete, sah die eher<br />

gewerkschaftlich orientierte Seite darin vor allem eine<br />

große Missbrauchsmöglichkeit zu Lasten der Arbeitnehmer.<br />

Die erste angebliche Gefahr war, dass die<br />

Zeitarbeitsunternehmen die Arbeitnehmer immer<br />

schon eine Festhaltenserklärung unterschreiben lassen<br />

würden, wenn die jeweiligen Einsätze beginnen.<br />

Dies wurde durch die ausdrückliche Festlegung des<br />

Zeitpunktes beseitigt, zu dem die Erklärung abgegeben<br />

werden kann: Das ist erst nach Überschreiten<br />

der Überlassungshöchstdauer zulässig. Damit gaben<br />

sich die Kritiker jedoch noch nicht zufrieden, sodass<br />

im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens weitere Erschwernisse<br />

hinzugekommen sind, die die Erklärung<br />

für den Arbeitnehmer nahezu unmöglich machen.<br />

Denn nun heißt es in § 9 Abs. 2 AÜG, die Erklärung<br />

des Arbeitnehmers sei nur wirksam, wenn der Zeitarbeitnehmer<br />

diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer<br />

Agentur für Arbeit vorlegt; die Agentur für Arbeit die<br />

abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der<br />

Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität<br />

des Zeitarbeitnehmers festgestellt hat; und die<br />

Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage<br />

in der Agentur für Arbeit dem Zeitarbeits- und dem<br />

Kundenunternehmen zugeht.<br />

Diese Anforderungen sind schon deshalb nicht recht<br />

nachvollziehbar, da die Arbeitsvertragsparteien ohnehin<br />

das Recht haben, das gemeinsame Arbeitsverhältnis<br />

fortzusetzen, ohne dass der Arbeitnehmer<br />

eine entsprechende Erklärung abgibt. Denn zur Not<br />

können sie einfach einen neuen Arbeitsvertrag abschließen,<br />

der den bisherigen Vertrag nahtlos fortsetzt.<br />

Wenn ein Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis<br />

mit seinem bisherigen Arbeitgeber fortsetzen möchte,<br />

macht er das ohnehin; wenn er sich beim Kunden<br />

einklagen möchte, wird er das auch machen und die<br />

Erklärung gerade nicht unterschreiben.<br />

Der Gedanke, der hinter der Regelung steht, ist sogar<br />

gut gemeint, wenn der Arbeitnehmer vor einer „Überrumpelung“<br />

durch den Arbeitgeber geschützt werden<br />

soll, indem er erst bei der Arbeitsagentur vorsprechen<br />

muss. Doch dieses Ziel wird durch das Gesetz nicht<br />

erreicht. Welcher Arbeitnehmer<br />

wird schon eine Festhaltenserklärung<br />

bei der BA<br />

abgeben, wenn er weiß, dass<br />

diese Erklärung zwingend zur<br />

Einleitung eines Ermittlungsverfahrens<br />

gegen seinen Arbeitgeber<br />

führen wird, weil<br />

hierdurch der Verstoß gegen<br />

die Überlassungshöchstdauer<br />

oft gerade erst bekannt<br />

wird?<br />

Die Festhaltenserklärung<br />

rechtfertigt übrigens auch<br />

nicht – wie dies gelegentlich RA Jörg Hennig<br />

gesagt wird – die Fortsetzung<br />

der bisherigen Überlassung. Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Sie regelt lediglich, dass das HK2 Rechtsanwälte Berlin<br />

Arbeitsverhältnis des überlassenen<br />

Arbeitnehmers bei<br />

seinem bisherigen Arbeitgeber besteht. Das gilt selbst<br />

dann, wenn durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses<br />

klare Vorteile für den Arbeitnehmer bestehen.<br />

Das kann zum Beispiel der fortbestehende Anspruch<br />

auf eine Vergütung sein, die am Equal Pay orientiert<br />

ist und darum deutlich höher liegt als das Gehalt, das<br />

dem Arbeitnehmer nach tarifvertraglichen Bestimmungen<br />

zusteht.<br />

Für die Praxis ist festzustellen, dass sich Personaldienstleister<br />

angesichts der drohenden Konsequenzen<br />

ohnehin grundsätzlich an die Überlassungshöchstdauer<br />

halten werden. Es kann sich also höchstens um<br />

Einzelfälle handeln, in denen versehentlich die Fristen<br />

nicht richtig berechnet wurden oder bei denen Vorbeschäftigungszeiten<br />

irrtümlich außer Acht blieben.<br />

Wenn aber schon der Arbeitgeber Fehler bei der Fristberechnung<br />

macht, wird es dem Arbeitnehmer erst<br />

recht selten auffallen. Auch die BA muss Akten von<br />

Personaldienstleistern sehr intensiv überprüfen, um<br />

entsprechende Verstöße festzustellen.<br />

Verstöße gegen die Überlassungshöchstdauer wird<br />

es demnach nur in seltenen Fällen geben. Wenn es<br />

einmal dazu gekommen ist, fallen Bußgelder an, die<br />

auch durch ein Festhalten des Arbeitnehmers bei seinem<br />

bisherigen Arbeitgeber nicht beseitigt werden.<br />

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Titelthema<br />

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iGZ-Bundesgeschäftsstelle<br />

V.i.S.d.P.: Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer<br />

PortAL 10, Albersloher Weg 10, 48155 Münster<br />

Telefon: 0251 32262-0, Fax: 0251 32262-100<br />

iGZ-Hauptstadtbüro<br />

Schumannstraße 17, 10117 Berlin<br />

Telefon: 030 28<strong>04</strong>59-88, Fax: 030 28<strong>04</strong>59-90<br />

info@ig-zeitarbeit.de, www.ig-zeitarbeit.de<br />

Weil ich hier meine Chance<br />

bekommen habe.<br />

Seine Geschichte finden Sie hier:<br />

zeitarbeit-einegutewahl.de

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