Zdirekt! 04-2018
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FACHMAGAZIN ZEITARBEIT AUSGABE <strong>04</strong>/<strong>2018</strong><br />
Einwanderungsgesetz<br />
für Fachkräfte:<br />
Warum weiter ohne Zeitarbeit?
Z direkt!<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Editorial<br />
Z direkt!<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Der große Aufschrei blieb aus<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
iGZ – Interessenverband Deutscher<br />
Zeitarbeitsunternehmen e.V.<br />
PortAL 10 , Albersloher Weg 10<br />
48155 Münster<br />
E-Mail: presse@ig-zeitarbeit.de<br />
www.ig-zeitarbeit.de<br />
Verantwortlich<br />
Werner Stolz,<br />
iGZ-Hauptgeschäftsführer<br />
Editorial<br />
Der große Aufschrei blieb aus<br />
Kurz berichtet<br />
Aktiv<br />
Rechercheplattform speziell für Journalisten<br />
Mitmach-Kampagne „Zeitarbeit: Eine gute Wahl.“<br />
Immer ein Ansprechpartner da<br />
Titelthema: Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
Gesetz muss Zeitarbeit zulassen<br />
Fortschritt oder Stillstand?<br />
Wichtiges Sprungbrett für den Einstieg in den Aufstieg<br />
Nachgefragt<br />
Überlassungshöchstdauer: Frist erstmals abgelaufen<br />
Negative Auswirkungen für Zeitarbeitnehmer<br />
Überlassungshöchstdauer verkürzt Einsatzzeiten<br />
Durchs Raster gefallen: Übernahme für drei Monate<br />
Besondere Auftragsstruktur: „AÜG-Kelch ging an mir vorüber“<br />
Recht direkt!<br />
Änderungen des AÜG: Mit Irrtümern aufgeräumt<br />
Tarifliche Regelungen als Grundvoraussetzung<br />
Bericht aus Berlin<br />
Evaluierung des AÜG: Was wäre denn ein Erfolg?<br />
Unterwegs<br />
CDU-Bundesparteitag<br />
iGZ-Landeskongresse<br />
Sozialer Arbeitsmarkt: Zeitarbeit hat Brückenfunktion<br />
Zukunft der Arbeit: Ein Netflix für Weiterbildung?<br />
Gastbeitrag<br />
RA Jörg Hennig<br />
Chefredaktion<br />
Maren Letterhaus<br />
Chef vom Dienst<br />
Wolfram Linke<br />
Redaktion<br />
Svanja Broders, Maren<br />
Letterhaus, Wolfram Linke,<br />
Andrea Resigkeit, Marcel Speker<br />
Texte<br />
Svanja Broders, Marcel Konjer,<br />
Maren Letterhaus, Wolfram<br />
Linke, Kristin Mattheis, Sebastian<br />
Reinert, Dr. Jenny Rohlmann,<br />
Marcel Speker, Judith Schröder,<br />
Dr. Benjamin Teutmeyer<br />
Gestaltung, Layout und Satz<br />
Svanja Broders, Maren Letterhaus<br />
3<br />
4<br />
6<br />
8<br />
10<br />
13<br />
14<br />
16<br />
18<br />
20<br />
22<br />
24<br />
26<br />
28<br />
31<br />
34<br />
36<br />
38<br />
43<br />
44<br />
46<br />
Fotos<br />
Timo Beylemans, Svanja Broders,<br />
Maren Letterhaus, Wolfram<br />
Linke, www.fotolia.de<br />
Druck<br />
IVD GmbH & Co. KG<br />
Wilhelmstraße 240<br />
49475 Ibbenbüren<br />
www.ivd.de<br />
Nun war er also da, der Stichtag der wiedereingeführten<br />
Überlassungshöchstdauer. Viele Kolleginnen<br />
und Kollegen der Zeitarbeit hatten vor diesem Datum<br />
großen Respekt. Sollte Andrea Nahles am Ende Recht<br />
behalten, dass alle Zeitarbeitskräfte, die länger als<br />
18 Monate in einem Kundenbetrieb eingesetzt waren,<br />
übernommen werden? Oder sollte es zu Abmeldungen<br />
durch die Kundenbetriebe und damit zu<br />
Entgeltverlusten bei den Zeitarbeitskräften kommen?<br />
Repräsentative Daten hierzu gibt es nicht. Beides wird<br />
aber wohl eingetreten sein.<br />
Der große Aufschrei blieb jedenfalls aus. Kürzlich wurde<br />
durch den Betriebsrat des Zeitarbeitsunternehmens<br />
Randstad der Versuch unternommen, hinreichend<br />
Unterschriften für eine Petition zur Abschaffung der<br />
Überlassungshöchstdauer zu erhalten. Im Ergebnis<br />
bleibt festzuhalten, dass dies nicht gelungen ist. Gibt<br />
es also kein Problem? Oder ist das Problem bei einem<br />
Großteil der Zeitarbeitskräfte noch nicht angekommen?<br />
In mehreren Branchen wurde die Überlassungshöchstdauer<br />
durch Tarifverträge verlängert, etwa in<br />
der Metall- und Elektroindustrie (bis zu 48 Monate),<br />
der Stahlindustrie (bis zu 36 Monate) und bei der<br />
Bahn (bis zu 36 Monate). Hinzu kommt eine Vielzahl<br />
von Haustarifverträgen, in denen ebenfalls die Überlassungshöchstdauer<br />
tarifvertraglich verlängert wird.<br />
Die Tarifautonomie funktioniert auch hier und bringt<br />
beiden Parteien einen Vorteil, da unternehmens- und<br />
branchenspezifische Lösungen gefunden werden.<br />
Die Existenz dieser Tarifverträge macht aber auch<br />
deutlich, dass der gesetzlich festgelegte Zeitraum von<br />
18 Monaten an den tatsächlichen Notwendigkeiten<br />
der Wirtschaft und den Wünschen der Arbeitnehmer<br />
vorbeigeht. Gerade in diesen Tagen, in denen wir die<br />
100-jährige Tarifautonomie feiern, muss genau diese<br />
verteidigt werden. Nicht der Gesetzgeber ist für die<br />
Rahmenbedingungen der Beschäftigung zuständig,<br />
sondern die Tarifpartner!<br />
Wir bemühen uns, weitere tarifliche Lösungen zu<br />
erhalten. Allerdings können wir dies leider nur mittelbar<br />
machen, indem wir die Arbeitgeberverbände<br />
der Kundenbetriebe unterstützen. Der Gesetzgeber<br />
hat bei der Novellierung<br />
des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG)<br />
die Auffassung vertreten,<br />
dass die Arbeitgeberverbände<br />
der Zeitarbeit zwar<br />
die sachgerechte Höhe<br />
des tariflichen Equal Payments<br />
mit den Sozialpartnern<br />
direkt verhandeln<br />
dürfen, nicht aber die<br />
sachgerechte Länge der<br />
Überlassungshöchstdauer.<br />
Absurd!<br />
Unabhängig davon, ob der Abschluss weiterer Tarifverträge<br />
gelingt oder nicht: Im Ergebnis hat sich die<br />
Fluktuation in der Zeitarbeit durch diese neue Regelung<br />
erhöht, sei es durch Übernahmen der Mitarbeiter<br />
durch die Kundenbetriebe oder durch Zwangsbeendigungen<br />
von Einsätzen. Und an dieser Stelle muss<br />
schon die Frage erlaubt sein, ob sich die Politik in diesem<br />
Land tatsächlich mit den relevanten Fragen beschäftigt<br />
und die Probleme der Zukunft löst.<br />
Die Digitalisierung und damit verbunden der Arbeitsmarkt<br />
4.0 wird von den Beschäftigten aller Branchen<br />
mehr Flexibilität erfordern als der heutige. Hierüber ist<br />
sich der überwiegende Anteil der Wissenschaftler und<br />
Experten einig. Da verwundert es nicht, dass in Berlin<br />
über Regelungen diskutiert wird, die den Schutz und<br />
die Sicherheit für die Beschäftigten garantieren sollen.<br />
Man möchte den Zaunpfahl am liebsten vor dem Winken<br />
rot lackieren. Hallo Berlin, es gibt eine Blaupause<br />
für dieses Problem! Die Zeitarbeit in Deutschland hat<br />
gemeinsam mit den Tarifpartnern bereits eine Lösung<br />
erarbeitet. Die darf gerne kopiert werden. Nur muss<br />
Politik aufhören aus populistischen Gründen hier reinzupfuschen.<br />
Sven Kramer<br />
Stellvertretender iGZ-Bundesvorsitzender<br />
3
Z direkt!<br />
Kurz berichtet<br />
Kurz berichtet<br />
Z direkt!<br />
Anzeige<br />
Z! Neue iGZ-Projektgruppe CSR<br />
Z! Sven Kramer neuer VGZ-Verhandlungsführer<br />
Sven Kramer ist<br />
neuer Verhandlungsführer<br />
der<br />
Verhandlungsgemeinschaft<br />
Zeitarbeit (VGZ).<br />
Der stellvertretende<br />
iGZ-Bundesvorsitzende<br />
leitet somit die<br />
Tarifverhandlungen<br />
der beiden<br />
Zeitarbeitgeberverbände<br />
iGZ<br />
und BAP mit<br />
den DGB-Ein-<br />
Sven Kramer, VGZ-Verhandlungsführer zelgewerkschaf-<br />
ten. iGZ und BAP<br />
haben im Jahr 2012 beschlossen, in Tarifverhandlungen<br />
künftig gemeinsam aufzutreten. Neben Kramer gehören<br />
seitens des iGZ Andreas Haßenewert und Andreas<br />
Schmincke der VGZ an. Der BAP ist durch Uwe Beyer,<br />
Peter Blersch und Stephan Giesbert vertreten.<br />
Z! Frist für Überlassungsdauer lief erstmals ab<br />
Mit Ablauf des Monats September <strong>2018</strong> griff erstmals<br />
die gesetzlich vorgeschriebene Überlassungshöchstdauer<br />
von 18 Monaten, die im Zuge der Reform des<br />
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes für Zeitarbeitseinsätze<br />
eingeführt wurde. Allerdings scheiden sich die<br />
Geister darüber, ob diese Frist nach 18 vollen Monaten<br />
oder bereits nach 18 mal 30 Tagen (540 Tage)<br />
greift. Der iGZ empfiehlt den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
sicherheitshalber schon nach 540 Tagen<br />
zu kündigen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu<br />
sein. Laut Arbeitnehmerüberlassungsgesetz darf das<br />
Zeitarbeitsunternehmen denselben Zeitarbeitnehmer<br />
nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate an<br />
denselben Kunden überlassen.<br />
Z! Brückenfunktion der Zeitarbeit: hohe Bedeutung<br />
Zeitarbeit hat sich als fester Bestandteil am Arbeitsmarkt<br />
etabliert, attestierte die Konrad-Adenauer-<br />
Stiftung (KAS) in der Studie „Neue Beschäftigungsverhältnisse<br />
– Daten, Fakten, Argumente“. Insgesamt<br />
arbeiten in der Zeitarbeitsbranche rund eine Million<br />
Beschäftigte, die zu 99 Prozent nach Tarifvertrag<br />
entlohnt werden. Die Branche übernehme für den<br />
Arbeitsmarkt verschiedene wichtige Funktionen. Sie<br />
ermögliche Unternehmen zum Beispiel eine höhere<br />
Flexibilität in der Personalplanung. Dadurch können<br />
Produktionsspitzen abgefangen werden, ohne dass<br />
Unternehmen ihre Stammbelegschaft auf- beziehungsweise<br />
abbauen müssen.<br />
Z! Zeitarbeit maßgeblich für Rückgang Teilzeitquote<br />
Nach einem langen Aufwärtstrend gab es laut dem<br />
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)<br />
wieder einen Rückgang der Teilzeitquote. Die Zahl<br />
der Teilzeitbeschäftigten sei im zweiten Quartal <strong>2018</strong><br />
gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,5 Prozent, die<br />
der Vollzeitbeschäftigten um 1,8 Prozent gestiegen.<br />
Daher liege die Teilzeitquote mit 39,2 Prozent leicht<br />
unter dem Stand des Vorjahres (-0,1 Prozentpunkte).<br />
Dafür sei vor allem die Entwicklung in Wirtschaftszweigen<br />
wie Verkehr und Lagerei oder Erbringung<br />
von wirtschaftlichen Dienstleistungen maßgeblich.<br />
Dazu gehören unter anderem die Zeitarbeit und<br />
Wachdienste.<br />
Wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit<br />
sind die drei Säulen der Corporate Social Responsibilty<br />
(CSR). In einer Projektgruppe möchte sich der<br />
iGZ mit seinen Mitglieder darüber austauschen, wie<br />
Zeitarbeitsunternehmen das Thema effizient angehen<br />
können. Am Ende sollen konkrete Maßnahmenvorschläge<br />
erarbeitet werden. Interessierte iGZ-Mitglieder<br />
können sich in der iGZ-Geschäftsstelle melden,<br />
info@ig-zeitarbeit.de oder Tel.: 0251 322 62-0.<br />
Z! So wenige Arbeitslose wie nie zuvor<br />
Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und<br />
Berufsforschung (IAB) gab es im vierten Quartal<br />
2017 zwei Arbeitslose je offener Stelle. Das sei der<br />
niedrigste Wert seit 25 Jahren. Im Jahr 2017 wurden<br />
in Deutschland insgesamt 3,65 Millionen sozialversicherungspflichtige<br />
Neueinstellungen vorgenommen.<br />
Gleichzeitig ist die sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigung weiter auf dem Vormarsch. Laut<br />
Arbeitsmarktbericht „Oktober <strong>2018</strong>“ der Bundesagentur<br />
für Arbeit (BA) ist die sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigung gegenüber dem Vorjahr in<br />
allen Bundesländern und fast allen Branchen gestiegen.<br />
Die Zeitarbeit ist hier ein Ausreißer: Im Vergleich<br />
zum August 2017 gab es in der Branche 41.000 sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigte weniger. Das<br />
ist ein Rückgang von 4,6 Prozent auf 855.100 Beschäftigte.<br />
Im Vergleich zum Vormonat sank die Zahl<br />
um 3.900 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte<br />
(-0,5 Prozent).<br />
Maren Letterhaus<br />
4 5
Z direkt!<br />
Aktiv<br />
Titelthema Aktiv<br />
Z direkt!<br />
Anzeige<br />
Neue Informationsseite unter www.ig-zeitarbeit.de/medienservice<br />
Rechercheplattform<br />
speziell für Journalisten<br />
Basis jeder professionellen Recherche sind objektive<br />
Datensätze und die Beleuchtung aller für<br />
die Story relevanten Aspekte. Nur damit lässt<br />
sich am Ende ein Artikel erstellen, mit dessen Informationen<br />
sich die Leserschaft eine Meinung<br />
bilden kann. Die zunehmende Individualisierung<br />
der Nachrichten durch die Möglichkeiten des Internets<br />
bedingt eine stetig steigende Sorgfaltspflicht<br />
beim Herausfiltern von gefälschten oder<br />
subjektiv veränderten Informationen. Unter<br />
www.ig-zeitarbeit.de/medienservice hat der<br />
Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />
(iGZ) nun eine Plattform entwickelt, die<br />
Medienvertretern alles Wissenswerte rund ums<br />
Thema Zeitarbeit anbietet.<br />
Sämtliche Informationen sind objektiviert, stellen also<br />
die Inhalte vollkommen wertfrei und konzentriert auf<br />
sachlichste Darstellung zur Verfügung. Aus Gründen<br />
der Übersichtlichkeit wurden die Themen unterteilt:<br />
Unter dem Menüpunkt „Struktur“ wird unter anderem<br />
die Charakteristik der Zeitarbeit – das Dreiecksverhältnis<br />
– vorgestellt. Unter „Tarif“ verbirgt sich die<br />
Erklärung des Aufbaus der iGZ-DGB-Tarifvertragswerke.<br />
Neben Entlohnung und Zuschlägen werden beispielsweise<br />
auch die Eingruppierungen erläutert.<br />
Definitionen und Zahlen<br />
Erlaubnispflicht, Mindestlohn und Tariföffnungsklausel<br />
finden sich unter dem Menüpunkt „Gesetz“. An<br />
dieser Stelle steht auch die Definition zur Abgrenzung<br />
von Zeitarbeit und Werkverträgen. Den Blick über<br />
den eigenen Tellerrand erlaubt der Menüpunkt „Ausland“.<br />
Neben der EU-Zeitarbeitsrichtlinie werden hier<br />
Struktur und Aufbau der Arbeitnehmerüberlassung in<br />
den Niederlanden, Frankreich und Österreich vorgestellt.<br />
Jede Menge Zahlen zur Zeitarbeit gibt´s unter<br />
„Statistik“ – die Zahlenwerte des Statistischen Amtes<br />
der Bundesagentur für Arbeit seit 2015 können als<br />
PDF direkt von der Seite geladen werden.<br />
Grafiken zum Download<br />
Umfangreiches Material, ebenfalls zum Weiternutzen<br />
nach dem Herunterladen, steht unter „Downloads“<br />
parat: Sämtliche Grafiken werden ganz neutral ohne<br />
Logo angeboten. Die Grafiken zum Download werden<br />
laufend aktualisiert und erweitert. Zum Download aus<br />
der Bildergalerie bitte erst Linksklick mit der Maus auf<br />
volle Bildgröße, dann Rechtsklick – „Grafik speichern<br />
unter...“. Auf Wunsch können die Grafiken auch als<br />
PDF zur Verfügung gestellt werden.<br />
Direkter Kontakt zum iGZ<br />
„Kontakt“ bietet unter anderem die Möglichkeit sich<br />
mit den ehrenamtlichen Funktionsträgern des iGZ in<br />
Verbindung zu setzen. Außerdem kann zwecks weiterer<br />
Recherche auch individuell in den jeweiligen Regionen<br />
Deutschlands nach iGZ-Mitgliedsunternehmen<br />
gesucht werden. Auch der Zeitarbeitgeberverband<br />
iGZ selbst ist mitunter Bestandteil einer Nachforschung.<br />
Unter „iGZ“ finden sich alle relevanten Fakten<br />
seit Gründung des Verbandes im Jahr 1998.<br />
Regelmäßige Aktualisierung<br />
Die Inhalte dieses neuen iGZ-Informationsangebots<br />
stehen nicht nur Journalisten sondern jedermann zur<br />
Verfügung. Sie können auch zu Recherchezwecken<br />
beispielsweise im wissenschaftlichen Bereich genutzt<br />
werden. Nicht zuletzt auch deshalb werden sie laufend<br />
aktualisiert und orientieren sich im statistischen<br />
Bereich an den Veröffentlichungszyklen des Statistischen<br />
Amtes der Bundesagentur für Arbeit.<br />
Wolfram Linke<br />
IHR 360° PARTNER FÜR DIE<br />
PERSONALDIENSTLEISTUNG<br />
Höchstüberlassungsdauer, Digitalisierung, Equal Pay, DSGVO - wie rund<br />
läuft‘s bei Ihnen?<br />
Mit LANDWEHR L1 und unseren Partnern bieten wir Ihnen die perfekte<br />
Softwarelösung für Personaldienstleister in allen Bereichen. Steuern Sie alle<br />
kaufmännischen und administrativen Prozesse Ihres Unternehmens mit nur<br />
einer Software. Vom Vertrieb bis hin zur vorbereitenden Lohnabrechnung und<br />
Fakturierung - individuell, flexibel, anwenderfreundlich und perfekt auf die<br />
Anforderungen der Branche zugeschnitten.<br />
Wann dürfen wir Sie digitalisieren?<br />
6 www.landwehr-software.de<br />
7
Z direkt!<br />
Aktiv<br />
Aktiv<br />
Z direkt!<br />
Mitmach-Kampagne des iGZ<br />
Zeitarbeit: Eine gute Wahl.<br />
„Zeitarbeit: Eine gute Wahl.“ heißt die aktuelle<br />
Branchenkampagne des iGZ, in der Zeitarbeitnehmer<br />
begründen, warum sie sich für die Branche<br />
entschieden haben. Ziel der Kampagne ist es,<br />
bei potenziellen Bewerbern Interesse für das Arbeitsmodell<br />
zu wecken und die Verbandsmitglieder<br />
bei der Suche nach Arbeitskräften zu unterstützen.<br />
Die Kampagne erzählt die Geschichten<br />
der Zeitarbeitskräfte, die fotografiert und mit<br />
vollem Namen veröffentlicht wurden. Dadurch<br />
entsteht Transparenz – und Transparenz erzeugt<br />
Vertrauen.<br />
Auf der dazugehörigen Kampagnen-Website<br />
www.zeitarbeit-einegutewahl.de lesen die Seitenbesucher<br />
in vielen Praxisbeispielen, warum Zeitarbeit<br />
eine gute Wahl ist. Unter der Überschrift „Suchen Sie<br />
einen neuen Job?“ finden interessierte Arbeitnehmer<br />
zudem eine Datenbank der iGZ-Mitgliedsbetriebe.<br />
Darin können sie Personaldienstleister in ihrer Region<br />
finden.<br />
Mitmachen lohnt sich<br />
Auf der iGZ-Internetseite www.ig-zeitarbeit.de finden<br />
Mitglieder in der Rubrik „Mitmach-Kampagne“ verschiedene<br />
On- und Offline-Angebote, mit denen sie<br />
sich als Teil der Kampagne selbst vermarkten können.<br />
iGZ-Mitglieder können<br />
den Link www.zeitarbeit-einegutewahl.de auf die<br />
eigene Internetseite stellen und damit zum Beispiel<br />
auf Facebook Werbung machen. Oder sie suchen<br />
sich eine Geschichte aus, die zum eigenen Unternehmen<br />
passt, und verlinken direkt dorthin.<br />
unter www.ig-zeitarbeit.de/kampagne verschiedene<br />
Kampagnenmaterialien herunterladen, um sie<br />
auf ihre eigene Homepage zu stellen und über Zeitarbeit<br />
aufzuklären.<br />
ebenfalls unter www.ig-zeitarbeit.de/kampagne<br />
Infohefte, Aufkleber und Ähnliches bestellen. Die<br />
Printmedien können sie den Kunden und Mitarbeitern<br />
geben. Mit den Aufklebern auf der Firmenpost<br />
können Mitglieder sich als Teil der Kampagne<br />
präsentieren.<br />
sich selbst bei einem der iGZ-Landeskongresse fotografieren<br />
lassen und angeben, warum Zeitarbeit<br />
für sie als Arbeitgeber eine gute Wahl ist. Daraus<br />
entstehen individuelle Kampagnenmotive.<br />
Foto-Tool schon ausprobiert?<br />
Auf der Kampagnen-Website bietet<br />
der iGZ ein Foto-Tool an. Damit<br />
können Mitglieder ihr eigenes Porträt<br />
ins Kampagnen-Layout bringen<br />
und mit einem Zitat vervollständigen.<br />
Das fertige Motiv können sie<br />
herunterladen und auf ihrer Unternehmenswebsite,<br />
auf ihren Social-<br />
Media-Kanälen oder zum Beispiel<br />
für ihren Firmenflyer nutzen. Nur<br />
wenn viele Mitglieder sich als Teil<br />
der Kampagne zeigen und an einem<br />
Strang ziehen, kann erreicht werden,<br />
dass Zeitarbeit mehr und mehr<br />
anerkannt wird. „Mitmachen“ lautet<br />
also das Motto!<br />
Augen auf im Straßenverkehr: iGZ-Werbung auf Stadtbahnen<br />
Premiere in Stuttgart: Zwölf iGZ-Mitgliedsunternehmen sorgen zusammen mit dem iGZ dafür, dass die Kampagne<br />
dort im wahrsten Sinne des Wortes „auf die Straße“ gebracht wird: Das „Werbepaket Stuttgart“ beinhaltet<br />
die Außen- und Innengestaltung eines Stuttgarter Stadtbahnwagens, der im Februar und März 2019 auf dem<br />
gesamten Liniennetz eingesetzt wird. Auf dem Wagen wird außen die Kampagne abgebildet. Innen werden die<br />
Mitgliedsfirmen mit personalisierten Motiven, aber als Teil der Kampagne erkennbar, plakatiert. Parallel dazu<br />
veröffentlicht der iGZ einen mehrseitigen Print- und Online-Beitrag im Stadtmagazin Moritz. In das Layout der<br />
Seiten werden die teilnehmenden Mitgliedsfirmen eingebunden. Ähnliche Werbepakete bietet der iGZ seinen<br />
Mitgliedern in den kommenden Monaten in allen Landeshauptstädten an.<br />
Dr. Jenny Rohlmann<br />
8
Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Weil ich so akzeptiert<br />
werde, wie ich bin.<br />
Anzeige<br />
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
Ihre Geschichte finden Sie hier:<br />
zeitarbeit-einegutewahl.de<br />
Jessica Brewe fühlt sich im Team sehr wohl<br />
Immer ein Ansprechpartner da<br />
Jessica Brewe ist gelernte Bürokauffrau und arbeitet<br />
seit vier Jahren beim iGZ-Mitglied Meteor<br />
Personaldienste in Münster.<br />
Ihr Einsatzort ist der Verpackungsmaschinenhersteller<br />
Windmöller & Hölscher in Lengerich. Mit 25 Stunden<br />
arbeitet sie in Teilzeit, da sie ihre kleine Tochter betreuen<br />
muss. „Ich habe immer einen Ansprechpartner, der<br />
auch sehr flexibel ist. Das find ich einfach toll“, betont<br />
die 39-Jährige. Ihre Aufgaben sind es, Materialien für<br />
Machen Sie mit!<br />
Sind Sie iGZ-Mitglied und haben Mitarbeiter, die ihre Geschichte<br />
im Rahmen der Kampagne erzählen möchten?<br />
Dann melden Sie sich bei Dr. Jenny Rohlmann, Strategisches<br />
Marketing und PR, rohlmann@ig-zeitarbeit.de oder telefonisch<br />
unter 0251 32262-155.<br />
Schaltschränke und -tafeln zu bestellen, Nachdrucke<br />
anzufertigen und Montage-Unterlagen für die Zusammenarbeit<br />
mit den Mitarbeitern in Tschechien anzufertigen.<br />
Mit acht Leuten im Büro tauscht sie sich<br />
regelmäßig aus und hat viel Spaß.<br />
Bei einem Bewerbertraining stellte sie sich spontan<br />
mit ihrem Lebenslauf bei der Firma Meteor vor. Bereits<br />
nach zwei Wochen konnte sie anfangen. Heute<br />
ist sie begeistert: „Das Team ist einfach toll. Vor sechs<br />
Jahren habe ich stark abgenommen und meinen Kleidungsstil<br />
verändert. Ich liebe Johnny Cash und Rockabilly<br />
und trage sehr gern auffällige Kleidung, auch im<br />
Büro. Das war für alle kein Problem“, erzählt Jessica<br />
Brewe. Sobald ihre Tochter etwas größer ist, möchte<br />
sie ihre Arbeitszeit aufstocken und gerne auch mehr<br />
Aufgaben übernehmen.<br />
Kristin Mattheis<br />
10 11
Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
Referentenentwurf vorgelegt<br />
Fachkräfteeinwanderung:<br />
Gesetz muss Zeitarbeit zulassen<br />
Das Bundesinnenministerium hat einen Referentenentwurf<br />
für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
vorgelegt. Ziel ist es, mehr Ausländern die<br />
Beschäftigung in Deutschland zu ermöglichen<br />
und dabei besonders die bürokratischen Hürden<br />
abzubauen. Spezialist in der Integration ausländischer<br />
Arbeitskräfte ist die Zeitarbeitsbranche.<br />
Doch gerade die findet im aktuellen Referentenentwurf<br />
keine Berücksichtigung. Nach dem jetzigen<br />
Stand der Dinge bleibt eine Beschäftigung in<br />
der Zeitarbeitsbranche für Drittstaatsangehörige<br />
nahezu unmöglich.<br />
Das ist nicht nur bedenklich, sondern nach einem<br />
Blick in die Statistik auch nicht nachvollziehbar. In der<br />
Gesamtwirtschaft lag der Anteil ausländischer Arbeitnehmer<br />
Ende 2017 laut Bundesagentur für Arbeit<br />
(BA) bei 11,2 Prozent. In der Zeitarbeit ist dieser Wert<br />
fast dreimal so hoch: 31,31 Prozent der Zeitarbeitskräfte<br />
sind Ausländer. Die Branche ist es also mehr als<br />
gewohnt, verschiedene kulturelle Besonderheiten zu<br />
berücksichtigen. Das hat sie auch bei der Integration<br />
Geflüchteter bewiesen: Keine andere Branche brachte<br />
so viele Asylbewerber in Arbeit wie die Zeitarbeitsbranche.<br />
28.200 der 91.000 Flüchtlinge, die zwischen<br />
August 2017 und Juli <strong>2018</strong> einen Job fanden, fanden<br />
diesen in der Zeitarbeit. Das ist fast jeder Dritte.<br />
Viele Fachkräfte in Zeitarbeit<br />
Zudem ist die Zeitarbeitsbranche keine reine „Helferbranche“.<br />
Zwar ist der Anteil un- und angelernter Mitarbeiter<br />
mit 54,9 Prozent im gesamtwirtschaftlichen<br />
Vergleich überdurchschnittlich hoch. Es bleiben aber<br />
noch rund 500.000 Zeitarbeitskräfte, die laut BA-Statistik<br />
als „Fachkräfte“, „Spezialisten“ und „Experten“<br />
tätig sind. Qualifikatorisch fallen diese Arbeitnehmer<br />
also in die Zielgruppen, die durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
aus Drittstaaten gewonnen werden<br />
sollen.<br />
Technische Branchen suchen<br />
Die größten Einsatzbranchen der Zeitarbeit in Deutschland<br />
sind nach Angaben der Lünendonk-Branchenstudie<br />
2017 die Automobilindustrie (20,5 Prozent),<br />
der Maschinenbau (12,5 Prozent) und die Elektrotechnik<br />
(10,3 Prozent). In diesen Branchen suchen<br />
Personaldienstleister händeringend nach Fachkräften.<br />
Gleichzeitig sind das auch die drei Branchen, in<br />
denen besonders viele ausländische Zeitarbeitskräfte<br />
beschäftigt sind.<br />
Fachkräftemangel auch in Zeitarbeit<br />
Der Arbeitsmarktreport <strong>2018</strong> des Deutschen Industrie-<br />
und Handelskammertages hat belegt, dass<br />
auch die Zeitarbeitsbranche den Fachkräftemangel<br />
als Speerspitze zu spüren bekommt. 83 Prozent der<br />
Zeitarbeitsunternehmen haben Stellenbesetzungsprobleme.<br />
Deshalb muss auch die Zeitarbeitsbranche die<br />
Möglichkeit haben, Fachkräfte beschäftigen zu dürfen.<br />
Unterstützer gesucht<br />
Die Zeitarbeit wird insbesondere in der Wirtschaft, aber<br />
auch in der Politik als „Jobmotor des deutschen Arbeitsmarktes“<br />
gelobt. Es ist daher sehr erfreulich, dass<br />
zum Beispiel die Bundesvereinigung der Deutschen<br />
Arbeitgeberverbände in ihrem „Sieben-Punkte-Plan<br />
für eine gezielte Stärkung der Fachkräfteeinwanderung“<br />
für eine Aufhebung des Beschäftigungsverbotes<br />
in der Zeitarbeit plädiert. Auch auf dem 72. Deutschen<br />
Juristentag in Leipzig wurde beschlossen, dass<br />
das Beschäftigungsverbot für Drittstaatsangehörige in<br />
der Zeitarbeit gestrichen werden sollte. Das Problem<br />
ist also bekannt und scheint größere Aufmerksamkeit<br />
zu erlangen. Doch das genügt offenbar noch nicht.<br />
Maren Letterhaus / Judith Schröder<br />
12 13
Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
Bundesregierung plant Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
Fortschritt oder Stillstand?<br />
Man stelle sich folgende Situation vor: Dao, eine<br />
versierte Pflegefachkraft aus Thailand, möchte<br />
in Deutschland arbeiten. Sie steht in Kontakt mit<br />
zwei Arbeitgebern. Einer ist ein Pflegedienst,<br />
der andere ein Personaldienstleister, der sich auf<br />
die Überlassung von Pflegekräften spezialisiert<br />
hat und dringend Fachkräfte benötigt. Dao beantragt<br />
bei der Deutschen Botschaft in Bangkok<br />
ein Visum und reicht alle relevanten Unterlagen<br />
ein. Die Botschaft prüft, ob ein Visum zur Ausübung<br />
einer Erwerbstätigkeit in Deutschland<br />
erteilt werden kann. Nach Rücksprache mit der<br />
Bundesagentur für Arbeit erhält<br />
Dao eine Antwort: Ein Visum<br />
wird für die Beschäftigung<br />
beim Pflegedienst<br />
erteilt, nicht<br />
aber für den Personaldienstleister.<br />
Dao<br />
wundert sich, zumal<br />
die Arbeitsbedingungen<br />
beim Personaldienstleister<br />
auch<br />
noch besser sind. Warum<br />
darf Dao nicht in der<br />
Zeitarbeit arbeiten?<br />
Klassische Erwerbsmigration<br />
ist grundsätzlich<br />
erlaubnis- und zustimmungspflichtig.<br />
Das<br />
Zustimmungsverfahren<br />
erfolgt in zwei<br />
Schritten. In einem<br />
ersten Schritt prüft<br />
die Bundesagentur<br />
für Arbeit (BA), ob<br />
die Stelle mit einem<br />
Deutschen oder einem<br />
EU-Ausländer<br />
zu besetzen ist (Vorrangprüfung).<br />
Ist das<br />
nicht der Fall, prüft<br />
sie in einem zweiten Schritt die Arbeitsbedingungen.<br />
Ein drittstaatsangehöriger Arbeitnehmer darf nicht zu<br />
schlechteren Arbeitsbedingungen beschäftigt werden<br />
als ein vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer/EU-<br />
Ausländer. Wenn auch das gewährleistet wird, erteilt<br />
sie eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung.<br />
Keine Zustimmung für Zeitarbeit<br />
Wenn aber ein Ausländer in der Zeitarbeit beschäftigt<br />
werden will, versagt die Bundesagentur für Arbeit<br />
die Zustimmung. Das gilt auch dann, wenn keine<br />
Vorrangprüfung durchzuführen ist. Denn die Erwerbstätigkeit<br />
bleibt trotzdem zustimmungspflichtig, weil<br />
die BA die Arbeitsbedingungen prüfen muss. Darum<br />
dürfen Drittstaatsangehörige – bis auf einige Ausnahmen<br />
im hochqualifizierten Bereich – nicht in Zeitarbeit<br />
beschäftigt werden. Das beschriebene Szenario<br />
gilt nicht nur für den Pflegebereich, sondern für alle<br />
Berufszweige.<br />
Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
Selbst der Referentenentwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz,<br />
den das Bundesinnenministerium<br />
kürzlich vorlegte, ändert daran nichts. Im Entwurf verankert<br />
sind unter anderem<br />
der Verzicht auf die Engpassbetrachtung<br />
der grundsätzliche Verzicht auf die Vorrangprüfung<br />
bei Fachkräften mit Berufsausbildung oder Hochschulabschluss<br />
der Zugang zum Arbeitsmarkt auch für Ausländer<br />
mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen<br />
eine Erleichterung der Anerkennung von Berufsund<br />
Studienabschlüssen<br />
überarbeitete Regelungen zur Beschäftigungsduldung<br />
die Schaffung einer Zentralen Servicestelle für das<br />
Anerkennungsverfahren<br />
die Zusicherung eines beschleunigten Fachkräfteeinwanderungsverfahrens<br />
Die Zeitarbeit berücksichtigt der aktuelle Entwurf<br />
nicht. Nach dem jetzigen Stand der Dinge bleibt der<br />
Arbeitsmarkt „Zeitarbeit“ weiterhin für Drittstaatsangehörige<br />
nahezu verschlossen.<br />
Strukturelle Änderungen<br />
Auch wenn die Zeitarbeit im schlechtesten Fall also<br />
nicht von einer Fachkräfteeinwanderung profitiert,<br />
muss sie sich mit einer neuen Struktur der Regelung<br />
zur Arbeitsmigration vertraut machen. Das Bundesinnenministerium<br />
wirbt mit systematischen Vereinfachungen,<br />
durch welche die Regelungen insgesamt<br />
übersichtlicher und transparenter gestaltet werden<br />
sollen.<br />
Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehren<br />
Es wird ein neuer § 4a Aufenthaltsgesetz „Zugang zur<br />
Erwerbstätigkeit“ geschaffen. Das Regel-Ausnahme-<br />
Verhältnis wird umgekehrt. Nunmehr soll gelten: Eine<br />
Erwerbstätigkeit ist gestattet, es sei denn ein Gesetz<br />
bestimmt ein Verbot oder eine Beschränkung. Zuvor<br />
galt: Eine Erwerbstätigkeit ist verboten, es sei denn<br />
ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung erlauben es.<br />
Daher wird künftig zum Beispiel in der Regelung zur<br />
Niederlassungserlaubnis nicht mehr der Hinweis zu<br />
finden sein, dass eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist.<br />
Für die Zeitarbeit ändert sich nichts<br />
In den rechtlichen Möglichkeiten, Drittstaatsangehörige<br />
zu beschäftigten, ändert sich für die Zeitarbeit<br />
dadurch nichts. Es ist „nur“ ein strukturelles Umdenken<br />
erforderlich. Ob dies zu den versprochen Vereinfachungen<br />
führt, bleibt abzuwarten.<br />
Mitteilungspflicht<br />
Neu ist auch die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers.<br />
Die neue Regelung in § 4a Aufenthaltsgesetz sieht vor,<br />
dass der Arbeitgeber, der einen Ausländer beschäftigt,<br />
der Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen<br />
mitteilen muss, wenn die Beschäftigung, für die<br />
der Aufenthaltstitel erteilt wurde, vorzeitig beendet<br />
wird. Eine elektronische Weiterleitung der Meldung<br />
der Arbeitgeber an die Sozialversicherungsträger an<br />
die Ausländerbehörde soll hierbei nicht ausreichen.<br />
Mehr Möglichkeiten – mehr Verantwortung<br />
Will man erreichen, dass Drittstaatsangehörige künftig<br />
auch in Zeitarbeit arbeiten dürfen, muss die Branche<br />
am Ball bleiben. Sie muss sich aber auch im Klaren darüber<br />
sein, dass mehr Möglichkeiten auch mehr Verantwortung<br />
bedeutet. Das Bundesinnenministerium<br />
positioniert sich eindeutig dahingehend, dass keine<br />
Einwanderung unqualifizierter Drittstaatsangehöriger<br />
gewollt ist. Klare Vorschriften trügen dafür Sorge, dass<br />
die Regelungen nicht missbraucht würden. Bußgelder<br />
drohen künftig zum Beispiel nicht nur bei falschen<br />
Angaben der Arbeitsbedingungen gegenüber der<br />
Behörde, sondern auch bei einer zu späten Erteilung<br />
der relevanten Auskünfte. Auch werden bestimmte<br />
Kontrollmechanismen im Rahmen der Anerkennung<br />
eingeführt. Damit soll sichergestellt werden, dass eine<br />
Erwerbstätigkeit nicht nur vorübergehend und ohne<br />
Anerkennung in Deutschland ausgeübt wird.<br />
Erklärung zur Kostenübernahme erforderlich<br />
Nach dem Referentenentwurf soll auch Ausländern<br />
mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen der<br />
Arbeitsmarktzugang ermöglicht werden. Um zu gewährleisten,<br />
dass tatsächlich qualifizierte Personen<br />
einreisen, muss der Arbeitgeber eine schriftliche Erklärung<br />
abgeben. Er muss sich dazu verpflichten, unter<br />
anderem die Kosten zu übernehmen, die den öffentlichen<br />
Stellen bis zu zwölf Monate nach Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses für den Lebensunterhalt des<br />
Ausländers entstehen (zum Beispiel Arbeitslosengeld).<br />
Keine einfachen Aufgaben für den Personaldienstleister,<br />
da er zusätzlich auch noch Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
zu beachten hat.<br />
Die Forderung bleibt<br />
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz muss nicht nur<br />
aus europarechtlichen Erwägungen auch für die Zeitarbeit<br />
geöffnet werden. Es ist höchst fragwürdig, ob<br />
die Versagung der Zustimmung für eine Beschäftigung<br />
in der Zeitarbeit mit Europarecht im Einklang<br />
steht. Weiterer Einsatz lohnt sich für die Zeitarbeitsbranche<br />
also auf jeden Fall.<br />
Judith Schröder<br />
14 15
Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
Interview mit Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU<br />
Wichtiges Sprungbrett<br />
für den Einstieg in den Aufstieg<br />
Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz will<br />
die Bundesregierung dem drückenden Fachkräftemangel<br />
in Deutschland entgegenwirken. Im<br />
Interview mit Dr. Benjamin Teutmeyer, Referent<br />
Public Affairs im iGZ-Hauptstadtbüro, spricht sich<br />
der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats,<br />
Wolfgang Steiger, dafür aus, auch die Zeitarbeit<br />
von den neu zu schaffenden Möglichkeiten profitieren<br />
zu lassen.<br />
Z direkt!: Nach langen Jahren der Diskussion will<br />
die Bundesregierung nun ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
verabschieden lassen, mit dem gezielt<br />
Fachkräfte außerhalb der EU angeworben werden<br />
sollen. Überfällig oder Revolution?<br />
Z direkt!: Wie stehen Sie zu der Diskussion über den<br />
„Spurwechsel“? Sollten gut integrierte Asylberechtigte<br />
in die Erwerbsmigration wechseln können?<br />
Steiger: Vom „Spurwechsel“ profitieren Einwanderer,<br />
die unter Berufung auf den Asylparagraphen ins<br />
Land gekommen sind und deren Antrag abgelehnt<br />
wurde. Ein einfacher Spurwechsel zum Arbeitsmigranten<br />
wäre daher ein falsches Signal. Richtig ist zwar,<br />
dass in deutschen Unternehmen zahlreiche Fachkräfte<br />
fehlen. Eine Vermengung von Asyl und qualifizierter<br />
Einwanderung wird dieses Problem aber nicht lösen.<br />
Auch Teile der Wirtschaft sollten sich von der Illusion<br />
verabschieden, mit irregulären Migranten den Mangel<br />
an hochqualifiziertem Personal beheben zu können.<br />
Aktuell bemühen sich alle unsere europäischen<br />
Partner, den ungesteuerten Grenzübertritt zu bremsen.<br />
Deutschland sollte diesen Ländern nicht in den<br />
Rücken fallen, indem wir die Anreize für irreguläre<br />
Migration ausweiten. Sonst werden bei der Europawahl<br />
2019 überall nur die Populisten an den Rändern<br />
profitieren.<br />
Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
Den Referentenentwurf des Bundesministeriums<br />
des Innern, für Bau und Heimat zum geplanten<br />
Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt es unter:<br />
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/<br />
gesetzgebungsverfahren/DE/fachkraefteeinwanderung.html<br />
Z direkt!: Bisher ist es Drittstaatlern nicht erlaubt,<br />
eine Stelle in der Zeitarbeit anzunehmen – auch wenn<br />
die Arbeitnehmer und die Stelle jedes Kriterium erfüllen.<br />
Sollte diese Regelung abgeschafft oder geändert<br />
werden?<br />
Steiger: Zeitarbeit ist ein wichtiges Sprungbrett für<br />
den Einstieg in den Aufstieg am Arbeitsmarkt. Keinesfalls<br />
sollte es bestimmten Gruppen vorenthalten<br />
werden.<br />
Steiger: Deutschland muss sich dringend stärker um<br />
hochqualifizierte Einwanderer bemühen, denn unsere<br />
Unternehmen und Betriebe und damit unser Land<br />
brauchen solche Leute. Wenn wir nicht entschlossen<br />
gegensteuern, wird der Fachkräftemangel zur<br />
Wachstumsbremse Nummer Eins. Unsere weltweite<br />
Konkurrenz schläft nicht, andere Länder sind deutlich<br />
attraktiver für Hochqualifizierte. Umso dringender<br />
benötigen wir eine Entlastung der Leistungsträger in<br />
unserem Land von der überbordenden Steuern- und<br />
Abgabenlast sowie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
für mehr Hochqualifizierte statt Immigration in<br />
die Sozialsysteme.<br />
Z direkt!: Wie sehr sollte die Einwanderung aus<br />
Ihrer Sicht gesteuert werden? Sollte der Gesetzgeber<br />
Branchen, Berufsbilder und Gehaltsuntergrenzen<br />
festlegen?<br />
Steiger: Kriterien für die Einwanderung sollten,<br />
wie es auch im Eckpunktepapier von Innenminister<br />
Seehofer aufgeführt ist, die Qualifikation, das Alter,<br />
Sprachkenntnisse und der Nachweis eines konkreten<br />
Arbeitsplatzangebots sein.<br />
Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats<br />
Z direkt!: Wäre aus Ihrer Sicht eine zeitliche Begrenzung<br />
sinnvoll? Brauchen wir dauerhaft Einwanderung,<br />
oder handelt es sich um akuten Bedarf?<br />
Steiger: Der Wirtschaftsrat wirbt für gesteuerte<br />
Einwanderung – auf der Basis eines noch zu schaffenden<br />
Einwanderungsgesetzes und immer anhand<br />
eines tatsächlich festgestellten Fachkräftemangels in<br />
bestimmten Berufsfeldern. Hier ist die Bundesregierung<br />
gefragt, einen entsprechend flexiblen Rahmen<br />
zu schaffen.<br />
DIE UNTERHALTERIN<br />
Glücksexpertin<br />
aus Freilandhaltung<br />
DIE UNTERNEHMERIN<br />
Kommunikationsexpertin<br />
für Führung und Verkauf<br />
Motivation ist<br />
Kommunikation<br />
plus Emotion.<br />
Anzeige<br />
Female<br />
Speaker<br />
of the Year<br />
2014<br />
Quid agis* GmbH | Daniela A. Ben Said<br />
Jetzt buchen!<br />
Scharfe Hegge 35 | 49086 Osnabrück<br />
Fon +49 (0) 541 / 580 578-10<br />
16 info@danielabensaid.com ·danielabensaid.com<br />
17<br />
facebook.com/DanielaBenSaid
Z direkt! Nachgefragt Nachgefragt<br />
Z direkt!<br />
Verschiedene Fristberechnungen möglich<br />
Überlassungshöchstdauer:<br />
Frist erstmals abgelaufen<br />
Mit Ablauf des Monats September griff erstmals<br />
die gesetzlich vorgeschriebene Überlassungshöchstdauer<br />
von 18 Monaten. Allerdings<br />
scheiden sich die Geister, ob diese Frist nach<br />
18 vollen Monaten oder nach 18 mal 30 Tagen<br />
greift. Der iGZ empfiehlt die kürzere Frist einzuhalten,<br />
um rechtlich auf der sicheren Seite zu<br />
sein.<br />
Den unterschiedlichen Ansichten zugrunde liegen<br />
die Definitionen des Bürgerlichen Gesetzbuches<br />
(BGB): Laut Paragraph 191 BGB dauert ein Monat 30<br />
Tage, 18 Monate wären also 540 Tage. Wurde also<br />
ein Zeitarbeitnehmer seit dem 1. April 2017 durchgehend<br />
an denselben Kunden überlassen, war der<br />
22. September <strong>2018</strong> der letzte Tag der Überlassung.<br />
Volle Einsatzmonate<br />
Gemäß Paragraph 188 BGB Abs. 2 gelten jedoch die<br />
vollen Einsatzmonate. Die Monatsfrist endet folglich<br />
mit Ablauf des Tages, der dem Tag vorausgeht, der<br />
dem Anfangstag der Frist entspricht. In diesem Beispiel<br />
wäre das der 30. September <strong>2018</strong> – und damit<br />
der 548. Tag. Basis ist immer der Arbeitnehmerbezug<br />
– es kommt also auf die Überlassungsdauer des<br />
konkreten Zeitarbeitnehmers an.<br />
Kündigung oder Aufhebung<br />
Der iGZ empfiehlt wegen der schwerwiegenden<br />
Rechtsfolgen bei Überschreitung der Überlassungshöchstdauer<br />
die Beendigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages<br />
durch Kündigung oder<br />
Aufhebung herbeizuführen. Laut Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
(AÜG) darf das Zeitarbeitsunternehmen<br />
denselben Zeitarbeitnehmer nicht länger<br />
als 18 aufeinanderfolgende Monate an denselben<br />
Kunden überlassen. Wenn das Kundenunternehmen<br />
mehrere Niederlassungen hat, kann der Zeitarbeitnehmer<br />
in den verschiedenen Betrieben eingesetzt<br />
werden, wobei die Überlassungsdauer insgesamt<br />
nicht 18 Monate überschreiten darf. Einsatzzeiten in<br />
verschiedenen Konzernunternehmen hingegen werden<br />
nicht angerechnet.<br />
Vollständige Anrechnung vorheriger Überlassungen<br />
Ebenfalls zu beachten ist, dass der Zeitraum vorheriger<br />
Überlassungen laut AÜG durch dasselbe oder<br />
ein anderes Zeitarbeitsunternehmen an denselben<br />
Kunden vollständig anzurechnen ist, wenn zwischen<br />
den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen.<br />
Das bedeutet umgekehrt, dass der Zeitarbeitnehmer<br />
nach dem Ablauf dieser Frist auch wieder<br />
beim ursprünglichen Kunden eingesetzt werden<br />
darf.<br />
Produktive Zeiten<br />
Dabei sind produktive Zeiten, Wochenenden und arbeitsfreie<br />
Tage gemäß Schichtplan sowie Feiertage<br />
ebenso zu berücksichtigen wie Urlaub im laufenden<br />
Einsatz und Krankheit im laufenden Einsatz. Dringend<br />
zu empfehlen ist auch die Berücksichtigung<br />
von Freizeitausgleich sowie Urlaub und Krankheit,<br />
wenn nach Beendigung eine Rückkehr zum Kunden<br />
geplant ist.<br />
Abweichungen<br />
Abweichungen von der 18-Monatsgrenze sind möglich,<br />
wenn ein Tarifvertrag eine abweichende Überlassungsdauer<br />
regelt und der Kunde tarifgebunden<br />
ist. Bei nicht-tarifgebundenen Kundenunternehmen<br />
muss eine Betriebsvereinbarung zur Anwendung<br />
des Tarifvertrags geschlossen werden und es ist die<br />
Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Dann ist<br />
auch hier der Weg frei für eine Überlassungshöchstdauer<br />
von mehr als 18 Monaten.<br />
Sanktionen<br />
APRIL 2017 SEPTEMBER <strong>2018</strong><br />
Sorgfalt ist geboten, sonst drohen Sanktionen bis<br />
hin zum Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.<br />
Das Gesetz sieht außerdem Bußgelder von<br />
bis zu 30.000 Euro für den Personaldienstleister vor.<br />
1<br />
22<br />
30<br />
Bei Überschreiten der Überlassungshöchstdauer<br />
entsteht unabhängig vom Willen der Beteiligten ein<br />
Arbeitsverhältnis zwischen Kunde und Zeitarbeitnehmer<br />
– allerdings haben die Zeitarbeitnehmer ein<br />
Widerspruchsrecht: Sie können innerhalb eines Monats<br />
eine Festhaltenserklärung gegenüber dem Kunden<br />
und/oder dem Personaldienstleister abgeben,<br />
dass sie Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirma bleiben<br />
möchten. Vorher müssen sie sich bei der Agentur<br />
für Arbeit vorstellen, die dann Identität und Datum<br />
bestätigt. Damit wird der Gesetzesverstoß jedoch<br />
nicht geheilt. Ein weiterer Einsatz beim Kunden ist<br />
erst nach einer Unterbrechung von drei Monaten<br />
und einem Tag wieder möglich.<br />
Wolfram Linke<br />
Beginn<br />
des Einsatzes<br />
gesetzliche Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten 3 Monate + 1 Tag frühester Wiedereinsatz<br />
Ende<br />
des Einsatzes<br />
SANKTIONEN BEI<br />
VERSTOSS BIS ZU:<br />
30.000 €<br />
18 19
Z direkt! Nachgefragt Nachgefragt<br />
Z direkt!<br />
Geringerer Lohn nach Unterbrechung<br />
Zeitarbeitnehmer berichten über Erfahrungen mit Überlassungshöchstdauer<br />
Negative Auswirkungen<br />
für Zeitarbeitnehmer<br />
Nicht nur Arbeitgeber, auch Zeitarbeitnehmer sind unzufrieden mit der Überlassungshöchstdauer<br />
von 18 Monaten. Denn insbesondere Zeitarbeitnehmer spüren die Nachteile der AÜG-Reform am<br />
eigenen Leib – oder eher gesagt am eigenen Geldbeutel.<br />
Wechsel führt zu Gehaltsverlust<br />
1.890 Euro brutto im Monat<br />
weniger wird Torsten Kiel aufgrund<br />
der Überlassungshöchstdauer<br />
verdienen. Kiel ist gelernter<br />
Revierschlosser und arbeitet<br />
seit drei Jahren als Zeitarbeitnehmer<br />
beim iGZ-Mitglied GIS<br />
Engineering. Momentan ist er<br />
bei einer Entsorgungsgesellschaft<br />
für radioaktive Abfälle<br />
eingesetzt.<br />
Job und soziale Strukturen verloren<br />
Aufgrund der Überlassungshöchstdauer<br />
von 18 Monaten endet<br />
für Vera Röper im Dezember <strong>2018</strong><br />
ihr Einsatz als Produktionsmitarbeiterin<br />
bei einem mittelständischen<br />
Metallunternehmen. Sie<br />
verliert aber nicht nur ihren Job,<br />
sondern auch ihre sozialen Strukturen<br />
im Unternehmen, liebgewonnene<br />
Kollegen und eine Arbeit,<br />
die ihr Spaß gemacht hat.<br />
Röper ist Zeitarbeitnehmerin bei<br />
dem iGZ-Mitgliedsunternehmen<br />
TimePartner. Seit Juni 2017 war<br />
die 49-Jährige bei dem Metallunternehmen<br />
im Einsatz. Aufgrund<br />
der aktuellen wirtschaftlichen<br />
Doch im September 2019 ist für<br />
den 50-Jährigen bei seinem Einsatz<br />
vorerst Schluss. Auch kann<br />
sein jetziges Einsatzunternehmen<br />
ihn nicht übernehmen. Denn das<br />
Unternehmen verfügt nur über<br />
eine sehr geringe Anzahl an Stellen.<br />
Kiel könnte nach seinem jetzigen<br />
Einsatz nach Asien gehen,<br />
um dort auf einer Baustelle als<br />
Zeitarbeitnehmer zu arbeiten. Das<br />
kommt für den dreifachen Vater<br />
aber nicht infrage, denn seine<br />
Kinder kann er nicht allein lassen.<br />
Daher ist die Zukunft für<br />
den Familienvater noch ungewiss.<br />
Lage war eine Übernahme in die<br />
Stammbelegschaft aber nicht<br />
möglich.<br />
Dafür konnte das Zeitarbeitsunternehmen<br />
für Röper ein neues<br />
Einsatzunternehmen finden.<br />
Durch den Wechsel verdient die<br />
Produktionsmitarbeiterin jedoch<br />
weniger als in ihrem vorherigen<br />
Einsatzunternehmen. Zudem<br />
ist ihr neuer Arbeitsort nicht<br />
mehr in der Nähe ihres Wohnortes<br />
und Röper entstehen zusätzliche<br />
Fahrtkosten. Das Metallunternehmen<br />
würde die 49-Jährige<br />
nach der Sperrfrist von drei<br />
Monaten gerne wieder einsetzen.<br />
Ob sie das möchte, weiß sie aber<br />
noch nicht.<br />
Christopher Hutchinson ist alleinerziehender<br />
Vater einer kleinen<br />
Tochter. Daher kann er nur zu bestimmten<br />
Zeiten arbeiten. Zudem<br />
besitzt er keinen Führerschein. Für<br />
viele Unternehmen ist das ein großes<br />
Problem – nicht für das iGZ-Mitgliedsunternehmen<br />
SW Personaldienstleistungen<br />
GmbH. Geschäftsführer<br />
Mario Waitz reagierte darauf<br />
flexibel und fand im Juli 2016 für<br />
den 38-Jährigen einen geeigneten<br />
Einsatz.<br />
Der Gederner konnte als Fräser bei<br />
einem Metallbauunternehmen anfangen.<br />
Normalerweise arbeitet das<br />
Metallbauunternehmen im Drei-<br />
Schicht-System. Für Hutchinson<br />
machten sie eine Ausnahme: Er<br />
durfte ausschließlich in der Frühschicht<br />
von 6.00 Uhr bis 15.00 Uhr<br />
arbeiten. Nach über zwei Jahren im<br />
Kurz vor der Rente arbeitslos<br />
Kurz vor der Rente wird<br />
Bernd Leng ungewollt seine<br />
Arbeit verlieren. Der Grund<br />
dafür: die Überlassungshöchstdauer<br />
von 18 Monaten.<br />
Ende September musste der<br />
61-Jährige das Kundenunternehmen<br />
des iGZ-Mitglieds<br />
GIS Personal verlassen. Über<br />
40 Jahre war Leng bei dem<br />
Chemieunternehmen tätig, davon<br />
acht Jahre als Zeitarbeitnehmer.<br />
Anfang 2010 wurde<br />
dem Dormagener aufgrund<br />
der schlechten Auftragslage<br />
vom Kundenbetrieb gekündigt.<br />
Er konnte aber über das<br />
iGZ-Mitglied ab August<br />
Einsatzunternehmen war dann<br />
Schluss damit. Das Metallbauunternehmen<br />
musste Hutchinson abmelden.<br />
Die Überlassungshöchstdauer<br />
von 18 Monaten war abgelaufen und<br />
das Unternehmen konnte ihn wegen<br />
einer schlechten Auftragslage nicht<br />
übernehmen.<br />
Auch das iGZ-Mitglied fand aufgrund<br />
der speziellen Situation<br />
von Hutchinson keinen alternativen<br />
Einsatzbetrieb. Urlaub sowie<br />
Gleitzeit reichten nicht aus, um die<br />
dreimonatige Sperrfrist zu überbrücken.<br />
Deswegen musste das Zeitarbeitsunternehmen<br />
dem 38-Jährigen<br />
kündigen. Nach der Sperrfrist von<br />
drei Monaten und einem Tag konnte<br />
der alleinerziehende Vater zwar wieder<br />
in seinem gewohnten Einsatzbetrieb<br />
anfangen – jedoch zu einem<br />
geringeren Lohn: Anstelle von 15,66<br />
Euro pro Stunde verdient Hutchinson<br />
nur noch 14,24 Euro.<br />
2010 wieder als Zeitarbeitnehmer<br />
in dem Chemieunternehmen<br />
eingesetzt werden. Dort<br />
sollte er auch eigentlich bis zu<br />
seiner Rente arbeiten. Doch die<br />
Politik setzte dem ein jähes<br />
Ende.<br />
Nachdem Leng aufgrund der<br />
Überlassungshöchstdauer das<br />
Kundenunternehmen verlassen<br />
musste, besetzte der Kunde die<br />
Stelle neu. Dadurch besteht für<br />
Leng auch nach der dreimonatigen<br />
Sperrfrist nicht mehr die<br />
Möglichkeit wieder in das Einsatzunternehmen<br />
einzusteigen.<br />
Sogar auf eine freie Stelle<br />
bei dem Chemieunternehmen<br />
hat sich Leng beworben, jedoch<br />
eine Absage bekommen.<br />
Svanja Broders<br />
20 21
Z direkt!<br />
Nachgefragt<br />
Nachgefragt<br />
Z direkt!<br />
iGZ-Mitglied kritisiert Auswirkungen der AÜG-Reform<br />
Überlassungshöchstdauer<br />
verkürzt Einsatzzeiten<br />
„Die Mitarbeiter sind die Leidtragenden“, bringt<br />
es Irene Schubert auf den Punkt. Die iGZ-Regionalkreisleiterin<br />
Niedersachsen-West kann immer<br />
noch nicht nachvollziehen, welchen Sinn die Reform<br />
des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG) haben soll. „Ich sehe einfach nicht, wem<br />
das am Ende nützen soll“, so Schubert.<br />
Ihren Mitarbeitern nicht, steht für die Geschäftsführerin<br />
des iGZ-Mitglieds pro tec Service GmbH fest. Denn<br />
bei denen würde die Reform in erster Linie Unsicherheit<br />
aufwerfen, gerade durch die gesetzliche Überlassungshöchstdauer<br />
von 18 Monaten. Bei der Vielzahl<br />
der Sonderregelungen kann Schubert das gut nachvollziehen.<br />
Natürlich sei es zu begrüßen, wenn tarifliche<br />
oder betriebliche Ausnahmen längere Einsätze<br />
im Kundenunternehmen ermöglichen. „Leichter zu<br />
durchschauen wird das Ganze dadurch aber nicht.“<br />
Regelmäßig stünden nun Mitarbeiter bei ihr im Büro,<br />
die sich fragen, wie lange sie wohl noch im Einsatzunternehmen<br />
bleiben dürfen. „Und viele von denen<br />
möchten überhaupt nicht vom Kunden übernommen<br />
werden“, betont Schubert.<br />
„Das kann nicht die Lösung sein“<br />
„Wem soll das nützen?“, fragten sich die beiden Geschäftsführer<br />
Service GmbH, Gerrit Ricker und Irene Schubert, im Interview mit<br />
Pressesprecherin Maren Letterhaus (r.).<br />
das kann ja nicht die Lösung sein, dass der Staat drei<br />
Monate lang Arbeitslosengeld zahlen muss, weil der<br />
Einsatz beim Kunden nicht einfach durchlaufen darf“,<br />
ärgert sich Ricker.<br />
Zum Glück sei es in den meisten Fällen möglich, eine<br />
für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden.<br />
Trotzdem: Am Ende sei der Mehraufwand einfach<br />
enorm groß und enorm unnötig. „Uns wird da jedes<br />
Mal ein Knüppel zwischen die Beine geworfen. Wir<br />
haben dadurch immer weniger Zeit für unsere Kernarbeit.“<br />
Um die Extraarbeit auffangen zu können,<br />
hat das Unternehmen bereits einen zusätzlichen Disponenten<br />
eingestellt. Denn das Problem der Überlassungshöchstdauer<br />
stelle sich nicht nur bei den Mitarbeitern,<br />
die bereits die vollen 18 Monate im Einsatz<br />
sind. Viele Kunden würden bereits sehr frühzeitig fragen,<br />
wie mit der gesetzlichen Schranke umgegangen<br />
werden könne.<br />
Sieben statt zwölf Monate<br />
„In der Praxis sieht das dann so aus, dass Mitarbeiter<br />
schneller abgemeldet werden, wenn sie nicht<br />
unbedingt im Kundenbetrieb<br />
gebraucht werden. Dadurch<br />
können dann Einsatzzeiten<br />
gespart werden“, erläutert<br />
Ricker. Außerdem gebe es<br />
auch den entgegengesetzten<br />
Fall: Wenn ein neuer Auftrag<br />
kommt, gucke Ricker inzwischen<br />
auch nach den Mitarbeitern,<br />
die bereits im Einsatz<br />
sind. „Wenn dort ein passender<br />
dabei ist, spreche ich mit<br />
dem Kundenunternehmen.<br />
Wenn der Mitarbeiter jetzt gerade<br />
entbehrlich ist, disponiere<br />
ich ihn zunächst für den neuen<br />
Auftrag. Dann kann er wieder<br />
zum ursprünglichen Unternehmen,<br />
wenn dort wieder Not<br />
des iGZ-Mitglieds pro tec<br />
der stellvertretenden iGZ- am Mann ist.“ Das Rotationsprinzip<br />
beginne also schon<br />
wesentlich vor Ablauf der gesetzlich<br />
vorgeschriebenen 18 Monate. Vor einem Jahr<br />
habe ein durchschnittlicher Einsatz noch rund zwölf<br />
Monate gedauert, inzwischen seien es nur noch sieben<br />
Monate.<br />
Gesamte Lohnkalkulation offenlegen<br />
Zum Problem der Überlassungshöchstdauer kommen<br />
die Schwierigkeiten durch das gesetzlich vorgeschriebene<br />
Equal Pay nach neun Monaten. „Man muss sich<br />
mal klar machen, wie viel Vertrauen unsere Kunden<br />
uns da entgegenbringen müssen“, macht Schubert<br />
auf einen weiteren Aspekt aufmerksam. Früher habe<br />
sie mit dem Betriebsleiter besprochen, wie viele Zeitarbeitskräfte<br />
sie schicken soll. „Inzwischen sprechen<br />
wir immer mit der Personalabteilung. Denn wenn die<br />
neun Monate erreicht sind, müssen die Kunden ihre<br />
gesamte Lohnkalkulation offenlegen. Anders kann<br />
ich ja nicht berechnen, wie viel mein Mitarbeiter verdienen<br />
muss.“ Dazu seien viele Kunden nicht bereit<br />
– und würden die Zeitarbeitskräfte dann entweder<br />
abmelden oder übernehmen. „Der Witz ist“, ärgert<br />
sich Schubert, „dass die Stammbeschäftigten meistens<br />
nicht mal mehr verdienen als unsere Mitarbeiter.<br />
Die Kunden wollen aber einfach nicht ihre gesamte<br />
Kalkulation öffentlich machen.“ Das könne sie sogar<br />
nachvollziehen.<br />
Fachkräftemangel erschwert Situation zusätzlich<br />
Am Ende stehe das Ergebnis, dass die Zahl ihrer Mitarbeiter<br />
im vergangenen Jahr deutlich gesunken sei.<br />
Abgänge habe es schon immer gegeben – aber eben<br />
nicht so viele. „Und gleichzeitig wird es aufgrund des<br />
Fachkräftemangels immer schwieriger, neue Mitarbeiter<br />
zu rekrutieren“, bedauert Schubert.<br />
Maren Letterhaus<br />
Gleichzeitig sei es für viele Mitarbeiter auch gar keine<br />
Option, das Kundenunternehmen zu wechseln,<br />
ergänzt Geschäftsführer Gerrit Ricker. „Wir arbeiten<br />
hier in einer sehr ländlichen Region, in der es nur wenig<br />
öffentlichen Nahverkehr gibt“, beschreibt er die<br />
Situation rund um den Unternehmenssitz in Nordhorn.<br />
Das bringe gerade für diejenigen, die kein eigenes<br />
Auto haben, große Mobilitätsprobleme. „Die können<br />
im Grunde nur in dem einen Unternehmen vor<br />
Ort arbeiten“, erklärt Ricker. „Wenn ich ihnen dann<br />
vorschlage, bei einem 20 Kilometer entfernten Kunden<br />
anzufangen, bitten die mich, ihnen lieber zu kündigen.“<br />
Natürlich könne er die Mitarbeiter dann nach<br />
der dreimonatigen Pause wieder beschäftigen. „Aber<br />
Zusätzlichen Disponenten eingestellt<br />
Anzeige<br />
22 23
Z direkt!<br />
Nachgefragt<br />
Nachgefragt<br />
Z direkt!<br />
Kundenunternehmen hat kein Verständnis für Überlassungshöchstgrenze<br />
Durchs Raster gefallen:<br />
Übernahme für drei Monate<br />
18-Monatsfrist ablief. Das Kundenunternehmen<br />
wollte ihn nicht für<br />
sechs Monate übernehmen, und die<br />
Zeitarbeitsfirma fand keinen neuen<br />
Arbeitsplatz für ihn. Nun fehlt dem<br />
Mann ein halbes Jahr für den vollen<br />
Rentenbezug“, ist Glüpker entsetzt.<br />
Anzeige<br />
„Ich arbeite seit meinem 16. Lebensjahr und war<br />
noch nie arbeitslos“, ist Alexander Schell immer<br />
noch geschockt vom Ende seiner Überlassungsdauer<br />
nach 18 Monaten und der damit drohenden<br />
Arbeitslosigkeit. Der 24-Jährige hat aber<br />
noch einmal Glück gehabt und wird nun für drei<br />
Monate vom Kundenunternehmen der iGZ-Mitgliedsfirma<br />
pro tec service GmbH in Nordhorn<br />
weiter beschäftigt.<br />
Am 2. Januar geht er für zwölf Jahre zur Bundeswehr.<br />
„Das war schon immer mein Traum“, erklärt der Feinmechaniker.<br />
Im Bereich Betriebstechnik wird er dann<br />
in Stralsund und später in Wilhelmshaven Schiffe instand<br />
halten. Schells langfristiges Ziel ist der Meisterbrief.<br />
Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt<br />
Als „ziemlich blöd“ empfindet er die Überlassungshöchstdauer,<br />
die ihn in die Arbeitslosigkeit gezwungen<br />
hätte, wenn Petra Glüpker, Geschäftsführerin der<br />
pro tec Metall + Bildung GmbH, nicht Himmel und<br />
Hölle in Bewegung gesetzt hätte, um ihn weiter zu<br />
beschäftigen, damit er das Quartal bis zum Dienstantritt<br />
bei der Bundeswehr überbrücken kann.<br />
Gewaltige Portion Vertrauen verlangt<br />
„Das war ein Riesenaufwand“, bestätigt denn auch<br />
die Geschäftsführerin. Der bürokratische Aufwand<br />
habe seit der AÜG-Reform enorme Ausmaße angenommen,<br />
ärgert sie sich. „Abmelden, anmelden,<br />
Berufsgenossenschaft registrieren, Arbeitskleidung<br />
aussuchen“, zählt Glüpker nur einige der zahlreichen<br />
Aufgaben auf. Aus Kundensicht sei die Reform eigentlich<br />
überflüssig, betont Glüpker. „Und es wird vom<br />
Gesetzgeber schon eine gewaltige Portion Vertrauen<br />
verlangt, wenn wir den Zeitarbeitsunternehmen unsere<br />
geschäftlichen Daten offenlegen müssen“, kritisiert<br />
die Geschäftsführerin und verweist in diesem Zusammenhang<br />
auf die „Hysterie, die um den Datenschutz<br />
betrieben wird, seit die Datenschutzgrundverordnung<br />
in Kraft getreten ist.“<br />
Beschäftigte fallen durchs Raster<br />
Insbesondere aber ärgere sie sich darüber, „dass<br />
durch die Reform Beschäftigte, wie eben auch beispielsweise<br />
Alexander Schell, durch das Raster fallen.“<br />
Das sei keine Ausnahme. „Uns ist ein Fall bekannt,<br />
bei dem ein Zeitarbeitnehmer ein halbes Jahr<br />
vor Renteneintritt freigestellt werden musste, weil die<br />
Kein Verständnis für AÜG-Reform<br />
Für die Begrenzung der Überlassungsdauer<br />
habe sie als Kunde der<br />
Zeitarbeitsbranche kein Verständnis.<br />
Zeitarbeitnehmer werden, so Glüpker,<br />
in erster Linie eingesetzt, wenn<br />
es um die Abarbeitung von Produktionsspitzen<br />
gehe. Auch im Krankheitsfall<br />
oder als Urlaubsvertretung<br />
würden Zeitarbeitnehmer gerne beschäftigt.<br />
„Das“, so die Geschäftsführerin,<br />
„erstreckt sich in der Regel<br />
aber nie über einen längeren Zeitraum<br />
– und schon gar nicht über 18<br />
Monate.“ Ausnahme: „Es sei denn, ein Mitarbeiter<br />
hat, so wie Alexander Schell, feste andere Pläne und<br />
versucht die Zeit bis dahin sinnvoll zu überbrücken,<br />
ohne Sozialleistungen vom Staat in Anspruch nehmen<br />
zu müssen.“<br />
Passable Lösung gefunden<br />
Gerade noch einmal gut gegangen: Geschäftsführerin Petra Glüpker übernahm<br />
den ehemaligen Zeitarbeitnehmer Alexander Schell für die fehlenden drei Monate<br />
bis zum Beginn der Bundeswehrzeit als festen Mitarbeiter.<br />
Mit Blick auf Schell sei sie froh, eine passable Lösung<br />
gefunden zu haben. „Wir unterstützen ihn mit allen<br />
Kräften, damit er seine berufliche Zukunft vernünftig<br />
meistern kann“, betont sie. Und der angehende<br />
Soldat schmiedet auch schon fleißig Zukunftspläne:<br />
„Dank der Unterstützung der pro tec Metall + Bildung<br />
GmbH kann ich zuversichtlich nach vorn schauen.<br />
Wenn´s mit dem Meisterbrief wie geplant klappt, werde<br />
ich nach der Bundeswehr erstmal – vielleicht sogar<br />
hier – normal weiterarbeiten und mich dann irgendwann<br />
selbstständig machen“, blickt Alexander Schell<br />
voller Tatendrang nach vorn.<br />
Wolfram Linke<br />
Anzeige<br />
Das neue AÜG - Wir helfen Ihnen da durch!<br />
Kennzeichnungs-, Konkretisierungs- und Informationspflichten<br />
Überlassungshöchstdauer nach 18 Monaten<br />
Equal Pay nach 9 Monaten<br />
Mindestbranchenzuschlag<br />
Branchenzuschlagstufe nach 15 Monaten<br />
Individualisierbare abweichende Höchstüberlassungsdauer<br />
Gleichstellungsgrundsatz<br />
Schwirrt Ihnen der Kopf? Wir haben den Überblick!<br />
www.es-software.de<br />
24 25
Z direkt!<br />
Nachgefragt<br />
Nachgefragt<br />
Z direkt!<br />
Karsten Wellnitz überlässt hochspezialisierte Fachkräfte für Windkraftanlagen<br />
Besondere Auftragsstruktur:<br />
„AÜG-Kelch ging an mir vorüber“<br />
Die meisten Zeitarbeitsunternehmen kommen<br />
mit den neuen Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG) in Berührung. Doch<br />
es gibt auch Ausnahmen, wie zum Beispiel das<br />
Unternehmen von Karsten Wellnitz: „Unsere<br />
Mitarbeiter sind rund zwei bis drei Monate in<br />
einem Projekt beschäftigt, und werden dann im<br />
nächsten Windpark eingesetzt.“<br />
Sein iGZ-Mitgliedsunternehmen, HWW Personal<br />
GmbH, baut und wartet Windkraftanlagen in ganz<br />
Deutschland. „Rund die Hälfte unserer Mitarbeiter“,<br />
schätzt der 49-Jährige, „arbeiten diese Aufträge ab.“<br />
Für den Rest habe HWW Verträge mit Laufzeiten bis<br />
zu 36 Monaten vereinbart.<br />
Hochspezialisierte Fachkräfte<br />
Die Windbranche habe insgesamt eine überschaubare<br />
Struktur: „Die Kunden und unsere Mitarbeiterteams<br />
kennen sich untereinander.<br />
In der Windkraft sind rund<br />
3.000 Spezialisten unterwegs“,<br />
schätzt Wellnitz,<br />
der sich für den iGZ als<br />
Landesbeauftragter für Mecklenburg-Vorpommern<br />
engagiert. In erster Linie seien dort hochspezialisierte<br />
Fachkräfte vertreten, sodass tarifliche Entgeltregelungen<br />
und Equal Pay nach neun Monaten ebenfalls<br />
keine Rolle spielen – bezahlt werde auf hohem übertariflichem<br />
Niveau.<br />
Auftragsspitzen abarbeiten<br />
Seine Kundenbranche sei zwar eine Nische, aber das<br />
Procedere betrachte er als zeitarbeitstypisch: „Ganz<br />
oben auf der Liste der Kundenunternehmen steht das<br />
Abarbeiten von Auftragsspitzen, gefolgt von Vertretungen<br />
im Krankheitsfall oder bei Urlaub“, zählt der<br />
iGZ-Landesbeauftragte auf. Zunehmend werde Zeitarbeit<br />
auch zum Rekrutieren neuer Mitarbeiter für<br />
das eigene Stammpersonal und in Projektarbeiten<br />
eingesetzt. Ein Einsatz dauere aber in der Regel keine<br />
18 Monate, verweist er auf die Statistiken – lediglich<br />
rund 16 Prozent der Zeitarbeitnehmer seien länger als<br />
18 Monate am selben Arbeitsplatz eingesetzt.<br />
Branchenzuschläge attraktiver<br />
Das Konstrukt, nach neun Monaten Equal Pay zu bekommen<br />
und nach 18 Monaten wieder freigestellt zu<br />
werden, bedeute für die Zeitarbeitnehmer außerdem<br />
eine ständige finanzielle Unsicherheit. „Werden sie<br />
nicht vom Kunden übernommen und erhalten dann<br />
eine neue Stelle, fangen sie wieder mit dem ursprünglichen<br />
Eingangslohn an, den sie dann neun Monate<br />
lang bekommen“, erläutert Wellnitz. Wesentlich<br />
attraktiver sei im Vergleich doch das Branchenzuschlagsmodell,<br />
das die Zeitarbeitgeberverbände mit<br />
den Gewerkschaften vereinbart haben: „Nach nur<br />
sechs Wochen gibt´s schon die erste Lohnerhöhung,<br />
bis sich das Gehalt zeitlich gestaffelt in mehreren<br />
Stufen dem der Stammmitarbeiter angeglichen hat“,<br />
wirbt Wellnitz für die Tarifautonomie.<br />
Gutes Verhältnis in Gefahr<br />
Das gute Verhältnis zu seinen Mitarbeitern sei ihm<br />
ohnehin wichtiger – und das könne durch solcherlei<br />
Gesetzgebung auch getrübt werden. „Wir pflegen<br />
sowohl mit den Kunden als auch mit unseren Mitarbeitern<br />
eine familiäre Atmosphäre und pflegen ein<br />
recht persönliches Verhältnis.“ Bei betroffenen Zeitarbeitsunternehmen<br />
sehe er die Gefahr, dass solche<br />
Verhältnisse durch gesetzliche Einschränkungen beeinträchtigt<br />
werden könnten. Es wäre dann doch<br />
mitunter schwer zu erklären, warum jemand plötzlich<br />
wieder weniger verdiene oder gar seinen Hut nehmen<br />
müsse, bloß weil 18 Monate um seien.<br />
Zuversicht bleibt<br />
Auch mit Blick auf den enormen zusätzlichen<br />
bürokratischen Aufwand sei er heilfroh, dass<br />
der AÜG-Kelch dank seiner Auftragsstruktur<br />
an seinem Unternehmen vorbeigegangen<br />
sei. „Nichtsdestotrotz blicken wir zuversichtlich<br />
nach vorn“, freut sich Wellnitz<br />
über seine nächsten internationalen Aufträge<br />
in 2019.<br />
Wolfram Linke<br />
Karsten Wellnitz (l.) berichtete Wolfram<br />
Linke von den Besonderheiten seiner<br />
Auftragsstruktur.<br />
Anzeige<br />
Anzeige<br />
SYSTEMBERATUNG TECHNOLOGIE & PERSONAL<br />
Versicherungsportal<br />
für Personaldienstleister<br />
www.pdl-portal.de<br />
Exklusive Branchenkozepte<br />
MOB 0175-5445181<br />
FAX 0241-92139095<br />
www.xing.de<br />
26<br />
Zuverlässig versichert, exzellent betreut.<br />
fivers Versicherungsmakler GmbH<br />
Ettlinger Str. 25 | 76137 Karlsruhe<br />
T +49 721 68020 | pdl@fivers.de<br />
QUALITÄTS-MANAGEMENT<br />
ARBEITSSCHUTZ-MANAGEMENT<br />
INNOVATIVE GESCHÄFTSMODELLE 4.0
Z direkt!<br />
§ Recht direkt!<br />
Recht direkt! § Z direkt!<br />
Überlassungshöchstdauer wirft Fragen auf<br />
Änderungen des AÜG:<br />
Mit Irrtümern aufgeräumt<br />
Ganz neu sind die Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG), das im April<br />
2017 in Kraft trat, nicht mehr. Zum ersten Mal<br />
griff die gesetzliche Überlassungshöchstdauer<br />
von 18 Monaten Ende September <strong>2018</strong>. Dennoch<br />
halten sich gelegentlich noch Irrtürmer, mit denen<br />
Sebastian Reinert, stellvertretender Leiter<br />
des iGZ-Fachbereichs Arbeits- und Tarifrecht, nun<br />
aufräumt.<br />
1)<br />
Keine gesetzliche Verpflichtung des Kunden zur<br />
Übernahme<br />
Nach Ablauf der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer<br />
muss dem Zeitarbeitnehmer nicht zwingend<br />
ein Angebot auf Übernahme unterbreitet werden.<br />
Eine solche Verpflichtung sieht das AÜG nicht vor. Das<br />
AÜG sieht allein ein automatisches Entstehen eines<br />
Arbeitsverhältnisses zwischen Zeitarbeitnehmer und<br />
Kunden vor, falls die Überlassungshöchstdauer rechtswidrig<br />
überschritten werden sollte.<br />
Allerdings kann sich eine solche Verpflichtung des<br />
Kunden – unter bestimmten Voraussetzungen –<br />
durchaus aus Flächentarifverträgen der jeweiligen Einsatzbranchen<br />
ergeben. Diese gibt es beispielsweise in<br />
den regionalen Tarifverträgen Leih-/Zeitarbeit (TV LeiZ)<br />
für die Metall- und Elektroindustrie oder – für Kunden<br />
mit Sitz in den Bundesländern Hessen und Rheinland-<br />
Pfalz – in dem Tarifvertrag über gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung<br />
im Elektrohandwerk. Auch<br />
aus Haus- oder Konzerntarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen<br />
des Kunden kann eine Verpflichtung<br />
zur Unterbreitung eines Übernahmeangebots entstehen.<br />
Personaldienstleister werden aber durch Tarifverträge<br />
oder Betriebsvereinbarungen eines Kunden nicht<br />
unmittelbar selbst verpflichtet. Allein der Kunde kann<br />
also gegen „seine“ Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen<br />
verstoßen, indem er ein Übernahmeangebot<br />
nicht unterbreitet.<br />
2)<br />
Keine Möglichkeit der Verlängerung durch den<br />
Mitarbeiter<br />
Auch auf ausdrücklichen Wunsch des Mitarbeiters ist<br />
eine längere Überlassung nicht möglich, selbst wenn<br />
dies für den Zeitarbeitnehmer finanzielle Vorteile bieten<br />
sollte (Equal Pay). Dies ist auch dann nicht möglich,<br />
wenn der Kunde dem Zeitarbeitnehmer ein unbefristetes<br />
Arbeitsverhältnis angeboten und der Mitarbeiter<br />
dieses Angebot ausdrücklich abgelehnt haben sollte.<br />
Ein Einsatz über die Überlassungshöchstdauer hinaus<br />
ist insbesondere auch bei Abgabe einer sogenannten<br />
Festhaltenserklärung nicht möglich.<br />
Eine Festhaltenserklärung des Mitarbeiters vor dem<br />
Erreichen der Überlassungshöchstdauer wäre unwirksam.<br />
Die Erklärung kann erst nach einem Überschreiten<br />
der Überlassungshöchstdauer wirksam abgegeben<br />
werden (vgl. § 9 Absatz 3 Satz 1 AÜG). Eine wirksame<br />
Festhaltenserklärung nach dem Überschreiten der<br />
Überlassungshöchstdauer bewirkt allerdings nur, dass<br />
das Arbeitsverhältnis zwischen Personaldienstleister<br />
und Zeitarbeitnehmer bestehen bleibt – also gerade<br />
mit dem Willen des Zeitarbeitnehmers kein Arbeitsverhältnis<br />
zum Kunden entsteht.<br />
Der Zeitarbeitnehmer darf allerdings auch nach Abgabe<br />
einer wirksamen Festhaltenserklärung nicht<br />
weiter bei demselben Kunden eingesetzt werden.<br />
Wird er trotzdem weiter eingesetzt, entsteht automatisch<br />
ein Arbeitsverhältnis zum Kunden (vgl. auch<br />
die Gesetzesbegründung zur Festhaltenserklärung in<br />
der Bundestag-Drucksache 18/10064 auf S. 16 unter<br />
B 1. a). Gelegentlich finden sich in der Praxis leider falsche<br />
Informationen hinsichtlich der Folgen einer Festhaltenserklärung,<br />
vereinzelt wohl auch von Prüfern<br />
der Bundesagentur für Arbeit.<br />
3)<br />
Auch keine Möglichkeit der Verlängerung<br />
durch den Personaldienstleister<br />
Die Arbeitgeberverbände der Zeitarbeitsbranche können<br />
keine abweichenden Regelungen zur Überlassungshöchstdauer<br />
vereinbaren, insbesondere nicht<br />
in den Tarifverträgen über Branchenzuschläge für<br />
Arbeitnehmerüberlassungen (TV BZ). Die Möglichkeit<br />
zur Regelung von abweichenden Überlassungshöchstdauern<br />
hat der Gesetzgeber nur für die Tarifvertragsparteien<br />
der jeweiligen Einsatzbranchen vorgesehen.<br />
Auch für den Personaldienstleister besteht keine Möglichkeit,<br />
beispielsweise gemeinsam mit einem Kunden<br />
eine abweichende Überlassungshöchstdauer in einer<br />
„Betriebsvereinbarung“ für den Kunden zu regeln.<br />
Auch unter Beteiligung der Gewerkschaft, die für den<br />
Kundenbetrieb zuständig ist, kann der Personaldienstleister<br />
keine abweichende Überlassungshöchstdauer<br />
vereinbaren.<br />
4)<br />
Nicht jeder Kunde kann mit seinem Betriebsrat<br />
eine abweichende Regelung vereinbaren<br />
Die gesetzlichen Regelungen zu abweichenden Überlassungshöchstdauern<br />
durch Tarifverträge beziehungsweise<br />
Betriebsvereinbarungen auf Kundenseite<br />
sind komplex (vgl. § 1 Abs. 1b Sätze 3 – 7 AÜG). Daher<br />
überrascht es nicht unbedingt, dass gelegentlich<br />
die Auffassung vertreten wird, jeder Kunde könne –<br />
unabhängig seiner Branche und seiner Tarifbindung<br />
– mit seinem Betriebsrat zumindest eine abweichende<br />
Überlassungshöchstdauer von bis zu 24 Monaten in<br />
einer Betriebsvereinbarung ohne Weiteres frei regeln.<br />
Die gelegentlich genannten 24 Monate finden sich<br />
zwar ausdrücklich in § 1 Abs. 1b Satz 6 AÜG wieder.<br />
Entscheidend ist aber, dass auch in dieser Konstellation<br />
nach der gesetzlichen Regelung eine Abweichung<br />
von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer nur<br />
„auf Grund eines Tarifvertrages“ möglich ist. Es muss<br />
also auch hier zunächst ein Tarifvertrag existieren, der<br />
es einem nicht-tarifgebundenen Kunden überhaupt<br />
erst ermöglicht, mit seinem Betriebsrat eine abweichende<br />
Überlassungshöchstdauer zu regeln.<br />
Sebastian Reinert, stellvertretender Leiter iGZ-Fachbereich Arbeitsund<br />
Tarifrecht, beantwortete typische Fragen zur AÜG-Reform.<br />
Für einen Kunden der Chemischen Industrie, der einen<br />
Betriebsrat hat, bedeutet das beispielsweise Folgendes:<br />
Die Tarifvertragsparteien der Chemischen<br />
Industrie haben sich nicht auf flächendeckende Regelungen<br />
zu abweichenden Überlassungshöchstdauern<br />
geeinigt, dies wird auch in absehbarer Zeit sicherlich<br />
nicht zu erwarten sein. Daher muss im Kundenbetrieb<br />
zwingend ein Haus-, Konzerntarifvertrag oder<br />
ähnlicher gelten, der dem Kunden überhaupt erst<br />
die Möglichkeit eröffnet, mit seinem Betriebsrat eine<br />
Regelung zur Überlassungshöchstdauer zu treffen. Ist<br />
auch das nicht der Fall, gelten für Überlassungen an<br />
diesen Kunden die gesetzlichen 18 Monate.<br />
5)<br />
Urlaub und Arbeitsunfähigkeit unterbrechen<br />
nicht „automatisch“<br />
Die Bundesagentur für Arbeit bezieht sich im Hinblick<br />
auf die Berechnung der Überlassungszeiten in den<br />
Fachlichen Weisungen zum AÜG auf die „vertraglichen<br />
Vereinbarungen der Überlassung“ zwischen<br />
Personaldienstleister und Kunden, vgl. FW AÜG 1.2.1<br />
Abs. 2 (S. 23).<br />
Das Bundesarbeitsgericht hat bereits vor einigen<br />
Jahren zum AÜG entschieden, dass ein Urlaub die<br />
28<br />
29
Z direkt!<br />
§ Recht direkt!<br />
Recht direkt! §<br />
Z direkt!<br />
Anzeige<br />
Überlassung eines Mitarbeiters nicht „automatisch“<br />
ohne Weiteres unterbricht (vgl. u.a. BAG, Urteil vom<br />
20.11.2013 – 5 AZR 365/13). In einer Entscheidung<br />
zu den Branchenzuschlagstarifverträgen (TV BZ) vertritt<br />
das Bundesarbeitsgericht, dass unter anderem<br />
Krankheit, Feiertage und Urlaub „während einer<br />
Überlassung“ für sich genommen nicht zu einer Beendigung<br />
des Einsatzes im Sinne der TV BZ führen<br />
(BAG, Urteil vom 21.03.<strong>2018</strong> – 5 AZR 862/16). Auch<br />
das Bundesarbeitsgericht dürfte damit in erster Linie<br />
auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Personaldienstleister<br />
und Kunde abstellen.<br />
Auf der anderen Seite dürften nicht allein die vertraglichen<br />
Vereinbarungen herangezogen werden.<br />
Ist allen Beteiligten beispielsweise bewusst, dass ein<br />
Mitarbeiter im Anschluss an seinen Urlaub wieder bei<br />
demselben Kunden eingesetzt wird, ist der Zeitraum<br />
des Urlaubs als Überlassungszeit zu berücksichtigen.<br />
Dies ist auch dann der Fall, wenn der Mitarbeiter für<br />
den Zeitraum des Urlaubs „abgemeldet“ beziehungsweise<br />
der zugrundeliegende AÜV gekündigt worden<br />
ist (vgl. LAG Hamburg, Urteil vom 11.02.2014 –<br />
2 Sa 51/13).<br />
Insgesamt sollte hinsichtlich der Berechnung der Zeiten<br />
einer Überlassung beziehungsweise eines Einsatzes<br />
ein Gleichlauf zwischen den TV BZ und dem<br />
AÜG hergestellt werden. In der gerade genannten<br />
Entscheidung zu den TV BZ hat das BAG entschieden,<br />
dass als Einsatz im Sinne der TV BZ die Zeitspanne<br />
zu verstehen ist, in welcher der Mitarbeiter an einen<br />
Kunden im Sinne des AÜG überlassen wird.<br />
6)<br />
Beendigung des Einsatzes rechtfertigt nicht<br />
immer eine betriebsbedingte Kündigung<br />
Muss der Einsatz des Zeitarbeitnehmers aufgrund<br />
des Erreichens der Überlassungshöchstdauer beendet<br />
werden und kann der Zeitarbeitnehmer auch nicht im<br />
Anschluss an einen anderen Kunden überlassen werden,<br />
kann nicht ohne weitere Prüfung eine betriebsbedingte<br />
Kündigung wirksam ausgesprochen werden.<br />
Weder die Einführung der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer<br />
noch des Anspruchs auf Equal Pay nach<br />
neun Monaten haben die Anforderungen an die<br />
Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung gesenkt,<br />
vgl. Arbeitsgericht Mönchengladbach, Urteil<br />
vom 20.03.<strong>2018</strong> – 1 Ca 2686/17 (rechtskräftig). So<br />
verweist das Arbeitsgericht – unter anderem – auf die<br />
bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.<br />
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kann<br />
sich ein Personaldienstleister nicht allein auf das Ende<br />
eines Einsatzes berufen. Vielmehr müsse dieser darlegen,<br />
dass es sich nicht bloß um eine kurzfristige<br />
Auftragslücke handelt. Ein Einsatz des Zeitarbeitnehmers<br />
müsse „auf Dauer“ nicht möglich sein, wobei<br />
dies anhand der Auftrags- und Personalplanung<br />
darzulegen sei (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.2006 –<br />
2 AZR 412/05). Daneben muss wie bisher auch eine<br />
Sozialauswahl durchgeführt werden (vgl. BAG, Urteil<br />
vom 20.06.2013 – 2 AZR 271/12).<br />
Sebastian Reinert<br />
Mögliche Abweichungen von der Überlassungshöchstdauer<br />
Tarifliche Regelungen<br />
als Grundvoraussetzung<br />
In dem 2017 novellierten Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
(AÜG) ist erstmals seit 2002 wieder<br />
eine Überlassungshöchstdauer enthalten:<br />
Derselbe Zeitarbeitnehmer darf nicht länger<br />
als 18 Monate an denselben Kunden überlassen<br />
werden. Ende September <strong>2018</strong> wurde die<br />
Überlassungshöchstdauer erstmals erreicht. Der<br />
Gesetzgeber sieht für die Privatwirtschaft drei<br />
Varianten vor, mit denen von der gesetzlichen<br />
Überlassungshöchstdauer abgewichen werden<br />
kann – und alle drei setzen dafür eine tarifliche<br />
Regelung voraus.<br />
§<br />
Dabei ist lediglich gestattet, von der Überlassungshöchstdauer<br />
selbst abweichende Regelungen zu treffen.<br />
Nicht möglich wäre beispielsweise eine tarifliche<br />
Regelung, die eine Nullstellung der Einsatzzeiten bereits<br />
nach zwei Monaten vorsieht. Sie darf auch nicht<br />
verhindern, dass ein Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer<br />
zum Wechsel des Zeitarbeitnehmers in<br />
das Kundenunternehmen führt.<br />
1) Unmittelbare Änderung durch Tarifvertrag<br />
§<br />
Die erste Variante ist eine Abweichung von den gesetzlichen<br />
18 Monaten zugunsten einer im Tarifvertrag<br />
geregelten Überlassungshöchstdauer. Das von IG<br />
BAU und dem Bayerischen Industrieverband Baustoffe,<br />
Steine und Erden e.V. gefundene Verhandlungsergebnis<br />
legt beispielsweise eine Überlassungshöchstdauer<br />
von 24 statt 18 Monaten fest.<br />
2) Öffnungsklausel ohne Vorgabe<br />
Die zweite Variante sieht vor, dass die Tarifparteien der<br />
Einsatzbranche keine feste Überlassungshöchstdauer<br />
festlegen, sondern die Entscheidung in die Hände der<br />
Betriebsparteien legen. Der Kunde und sein Betriebsrat<br />
sollen durch eine Betriebsvereinbarung festlegen,<br />
wie hoch die Überlassungshöchstdauer sein soll. Dass<br />
die Ausgestaltung durch eine Betriebsvereinbarung<br />
erfolgen muss, ist dabei eine nicht zu unterschätzende<br />
gesetzliche Vorgabe: Eine lediglich informelle Absprache<br />
zwischen Kunde und Betriebsrat würde nicht<br />
ausreichen. Da es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung<br />
handelt, kann sich der Kundenbetriebsrat<br />
auch gegen eine Verlängerung der Überlassungshöchstdauer<br />
entscheiden. Freiwillige Betriebsvereinbarungen<br />
entfalten auch keine Nachwirkung. Deshalb<br />
sollten die Parteien bereits in der Betriebsvereinbarung<br />
ausreichend lange Laufzeiten und Kündigungsfristen<br />
sicherstellen. Dann kann der Betriebsrat seine Zustimmung<br />
nicht kurzfristig zurückziehen.<br />
3) Öffnungsklausel mit Vorgabe<br />
Die dritte Variante ist eine Abwandlung der zweiten:<br />
Zwar legen die Tarifparteien die genaue Ausgestaltung<br />
in die Hände der Betriebsparteien – sie machen<br />
aber Vorgaben, die die Betriebsparteien berücksichtigen<br />
müssen. Der zwischen der IG Metall und dem<br />
Arbeitgeberverband Stahl e.V. vereinbarte Tarifvertrag<br />
sieht etwa für die Teile der Stahlindustrie eine Überlassungshöchstdauer<br />
von bis zu 36 Monaten vor.<br />
Wie lange Zeitarbeitnehmer im Kundenbetrieb im<br />
Einsatz sein dürfen, hängt aber auch hier vom Inhalt<br />
der Betriebsvereinbarung ab. Hätte der Kunde keinen<br />
Betriebsrat oder könnte er sich nicht mit seinem Betriebsrat<br />
einigen, bliebe es in den Varianten 2 und 3<br />
bei den gesetzlichen 18 Monaten.<br />
Mischformen<br />
§<br />
Neben den drei dargestellten Varianten haben sich in<br />
der Praxis verschiedene Mischformen etabliert. Prominentes<br />
Beispiel sind die regionalen Tarifverträgen zur<br />
Leih- und Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie<br />
(TV LeiZ). Sie mischen die Varianten 1 und 2, indem<br />
eine feste Überlassungshöchstdauer von 48 Monaten<br />
tariflich verankert wird; davon aber durch Betriebsver-<br />
§<br />
30<br />
31
Z direkt!<br />
§ Recht direkt!<br />
Recht direkt! § Z direkt!<br />
einbarung nach unten abgewichen werden darf. Der<br />
zwischen der IG Metall und dem Fachverband Elektro-<br />
und Informationstechnik Hessen/Rheinland-Pfalz<br />
(FEHR) für das Elektrohandwerk abgeschlossene Tarifvertrag<br />
sieht für mitbestimmungsfreie Betriebe eine<br />
fixe Überlassungshöchstdauer von 36 Monaten vor.<br />
Mitbestimmte Betriebe müssen aber eine Betriebsvereinbarung<br />
aushandeln, um überhaupt von der<br />
gesetzlichen Überlassungshöchstdauer abweichen zu<br />
dürfen.<br />
Regional abweichende Tarifverträge<br />
Anders als die Zeitarbeit schließen viele Branchen Tarifverträge<br />
nicht deutschlandweit ab, sondern treffen<br />
je Tarifregion eigenständige Absprachen. Oft kommt<br />
es zu einem Pilotabschluss, der dann inhaltsähnlich<br />
oder -gleich von anderen Tarifregionen übernommen<br />
wird. Das führt beispielsweise dazu, dass es nicht nur<br />
einen TV LeiZ der Metall- und Elektroindustrie gibt,<br />
sondern eine Vielzahl an regionalen TV LeiZen – die allerdings<br />
im Wesentlichen inhaltsgleich sind. Dies kann<br />
aber auch dazu führen, dass unterschiedliche Tarifverträge<br />
für unterschiedliche Regionen gelten. Im Elektrohandwerk<br />
ist etwa Baden-Württemberg derzeit<br />
ohne tarifliche Abweichung von der Überlassungshöchstdauer;<br />
für Hessen und Rheinland-Pfalz gilt die<br />
bereits erwähnte Regelung zwischen IG Metall und<br />
§<br />
FEHR; für die übrigen Bundesländer hat die Christliche<br />
Gewerkschaft Metall (CGM) mit dem Zentralverband<br />
der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen<br />
Handwerke (ZVEH) einen – inhaltlich deutlich abweichenden<br />
– Tarifvertrag abgeschlossen.<br />
Anwendung bei fehlender Tarifbindung<br />
§<br />
Voraussetzung für eine Abweichung von der gesetzlichen<br />
Überlassungshöchstdauer ist zwar eine tarifliche<br />
Regelung der Einsatzbranche, nicht aber eine Tarifbindung<br />
auf Kundenseite. Nicht-tarifgebundenen Kunden<br />
können die tariflichen Regelungen ihrer Branche<br />
per Betriebsvereinbarung anwenden. Entsprechendes<br />
gilt für an ein anderes Tarifwerk gebundene Kunden.<br />
Hintergrund ist die vom Grundgesetz geschützte Koalitionsfreiheit.<br />
Diese umfasst als negative Koalitionsfreiheit<br />
auch das Recht, keine Tarifbindung einzugehen.<br />
Ein nicht-tarifgebundener Kunde der Metall- und<br />
Elektroindustrie kann für seine Betriebe, die bei Tarifbindung<br />
unter den Geltungsbereich des jeweiligen<br />
regionalen TV LeiZ fallen würden, per Betriebsvereinbarung<br />
die Anwendung des einschlägigen TV LeiZ mit<br />
seinem Betriebsrat vereinbaren. Dadurch würde er die<br />
im regionalen TV LeiZ geregelte längere Überlassungshöchstdauer<br />
für sich nutzbar machen. Eine Bäckerei<br />
könnte sich hingegen nicht per Betriebsvereinbarung<br />
auf die für die Metall- und Elektroindustrie geltende<br />
tarifliche Regelung zur Verlängerung der Überlassungshöchstdauer<br />
stützen.<br />
Keine Rosinenpickerei<br />
Die tarifvertragliche Regelung der Einsatzbranche<br />
muss immer vollständig übernommen werden, denn<br />
Tarifverträge sind Gesamtpakete und Rosinenpickerei<br />
ist dementsprechend unzulässig. Will ein nicht-tarifgebundener<br />
Kunde der bayerischen Steine- und Erden-<br />
Industrie die tarifliche Regelung seiner Branche für seine<br />
Betriebe nutzen, muss er die in diesem Tarifvertrag<br />
vorgesehene Einwirkungspflicht hinsichtlich Equal Pay<br />
ab dem ersten Einsatztag mitübernehmen – oder auf<br />
die längere Überlassungshöchstdauer verzichten.<br />
Maximal 24 Monate mit Betriebsrat vereinbaren<br />
Eine Unterscheidung zwischen tarifgebundenen Kunden<br />
und solchen, die die tarifliche Regelung lediglich<br />
mittels einer Betriebsvereinbarung anwenden,<br />
schreibt der Gesetzgeber für die zweite Variante vor.<br />
Macht die tarifliche Regelung selbst keine Vorgaben<br />
zur Überlassungshöchstdauer, können nicht-tarifgebundene<br />
Kunden für ihre Betriebe, die unter den<br />
Geltungsbereich der jeweiligen tarifvertraglichen Regelung<br />
der Einsatzbranche fallen, mit ihrem Betriebsrat<br />
maximal 24 Monate als Überlassungshöchstdauer<br />
vereinbaren.<br />
Juristisch einwandfreie Formulierung wichtig<br />
Dabei müssen sich nicht-tarifgebunden Kunden im<br />
Klaren sein, dass die Anwendung der tarifvertraglichen<br />
Regelungen der eigenen Branche per Betriebsvereinbarung<br />
und die Frage der Festlegung der<br />
Überlassungshöchstdauer in den Varianten 2 und 3<br />
rechtlich zu unterscheiden sind. Möchte man dies in<br />
einer Betriebsvereinbarung regeln, ist eine juristisch<br />
einwandfreie Formulierung besonders wichtig. An-<br />
§<br />
dernfalls droht ein Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer<br />
und damit die bekannte Sanktionstrias<br />
aus Bußgeld, möglichem Erlaubnisentzug und Wechsel<br />
des Mitarbeiters zum Kunden. Im Zweifel sollte<br />
sich der Kunde deshalb unbedingt von einem Juristen<br />
beraten lassen.<br />
Abweichungen durch Haustarifvertrag<br />
Eine Abweichung von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer<br />
darf nur aufgrund von Tarifverträgen der<br />
§<br />
Einsatzbranche erfolgen. Das umfasst auch Haustarifverträge,<br />
die der Kunde direkt mit der Gewerkschaft<br />
abschließt. All jene Kunden, für deren Branche keine<br />
flächentarifvertragliche Regelung besteht, zum Beispiel<br />
derzeit die chemische Industrie, könnten daher<br />
mit der für sie zuständigen Gewerkschaft haustarifvertraglich<br />
eine abweichende Überlassungshöchstdauer<br />
vereinbaren.<br />
Vorsicht bei nicht-tarifgebundenen Kunden<br />
Vorsicht geboten ist bei bloßer Anlehnung an das<br />
Tarifwerk. Während bei Anerkennungstarifverträgen<br />
eine Abweichung von der Überlassungshöchstdauer<br />
durchaus denkbar ist, genügt eine rein faktische<br />
Umsetzung der tarifvertraglichen Regelungen der<br />
Einsatzbranche nicht. Ein Kunde, der sich – ohne tarifvertraglich<br />
dazu verpflichtet zu sein – nach dem<br />
ERA-Tarifwerk der Metall- und Elektroindustrie richtet,<br />
fällt deswegen aber nicht automatisch unter den regionalen<br />
TV LeiZ. Er könnte aber für seine<br />
§<br />
Metall- und<br />
Elektrobetriebe die Anwendung des jeweiligen regionalen<br />
TV LeiZ mittels Betriebsvereinbarung regeln.<br />
§<br />
Abweichung durch kirchenrechtliche Regelungen<br />
Kirchen und öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften<br />
können in ihren Regelungen ebenfalls Abweichungen<br />
von der Überlassungshöchstdauer vorsehen.<br />
Kollektivrechtliche Regelungen werden dort<br />
in aller Regel nicht durch die Tarifvertragsparteien,<br />
sondern durch Kommissionen vereinbart. Sie sind paritätisch<br />
mit Vertretern der Dienstnehmer- und Dienstgeberseite<br />
besetzt. Für die Zeitarbeit relevant ist dieser<br />
Bereich, weil hierunter auch deren Einrichtungen fallen.<br />
Beispielsweise die bayerischen Diözesen und die<br />
Caritas haben die Überlassungshöchstdauer deutlich<br />
ausgeweitet.<br />
Fazit<br />
ERP-Lösung für Personaldienstleister<br />
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eröffnet in der<br />
novellierten Form die Möglichkeit von der Überlassungshöchstdauer<br />
im Einzelfall zugunsten passgenauer<br />
Regelungen abzuweichen. Es weist die nähere<br />
Ausgestaltung jedoch nicht der Zeitarbeitsbranche,<br />
sondern der Kundenseite zu. Personaldienstleistern<br />
ist anzuraten, sich grundsätzlich vorab beim jeweiligen<br />
Kunden über etwaige Abweichungsregelungen<br />
zu erkundigen und deren Geltung nachvollziehbar zu<br />
dokumentieren. Im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
muss der Kunde nicht nur Angaben zur Überlassungshöchstdauer<br />
machen. Er sollte auch verpflichtet werden,<br />
Änderungen für die Zukunft unverzüglich mitzuteilen.<br />
Marcel René Konjer<br />
Besuchen Sie uns<br />
ES-Unternehmerforum<br />
26.03.2019 Bad Nauheim<br />
Zukunft Personal Süd<br />
09.-10.<strong>04</strong>.2019 Stuttgart<br />
Zukunft Personal Europe<br />
17.-19.09.2019 Köln<br />
§<br />
Anzeige<br />
ganzheitlich integrativ produktiv<br />
32<br />
www.timejob.de<br />
ein Produkt der
Z direkt!<br />
Bericht aus Berlin<br />
Bericht aus Berlin<br />
Z direkt!<br />
Nachgefragt bei drei Arbeitsmarktpolitikern<br />
Evaluierung des AÜG:<br />
Was wäre denn ein Erfolg?<br />
Im Jahr 2020 soll die Bundesregierung prüfen, ob die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG) den erwünschten Erfolg gebracht hat. Doch was wäre aus Sicht der Politik überhaupt ein Erfolg?<br />
Dr. Benjamin Teutmeyer, Referent Public Affairs im Berliner Hauptstadtbüro, hat sich umgehört.<br />
34<br />
35
Z direkt! Unterwegs Unterwegs<br />
Z direkt!<br />
iGZ präsentierte sich mit einem modernen Messestand beim CDU-Bundesparteitag<br />
Politiker informierten sich<br />
über Zeitarbeitsbranche<br />
Weltpresse, Politik und Unternehmen reisten<br />
zum 31. CDU-Bundesparteitag nach Hamburg.<br />
Auch der iGZ präsentierte sich mitten im politischen<br />
Geschehen mit einem eigenen Stand passend<br />
zum Kampagnen-Motto „Zeitarbeit: Eine<br />
gute Wahl.“ in Hamburg und führte einige wichtige<br />
Gespräche über die Branche.<br />
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Markus Lewe,<br />
Oberbürgermeister aus Münster, Bundestagsabgeordnete<br />
Jana Schimke und Arbeitsminister Karl-Josef<br />
Laumann besuchten den iGZ-Messestand, machten<br />
Fotos mit dem grünen iGZ-Kampagnen-Rahmen und<br />
tauschten sich über Aktuelles rund um die Zeitarbeit<br />
aus. Auch einige Besucher und Journalisten kamen<br />
vorbei und ließen sich über Zeitarbeit aufklären.<br />
Dafür erntete sie sehr viel Applaus und Anerkennung<br />
bei den 999 Delegierten vor Ort. Dann präsentierten<br />
sich die drei neuen Kandidaten in fulminanten<br />
Reden. Während Annegret Kramp-Karrenbauer in<br />
die Vergangenheit blickte und auf die traditionellen<br />
Werte der CDU hinwies, plädierte Friedrich Merz für<br />
einen Wechsel auf allen Ebenen. Jens Spahn zeigte<br />
seine Vision für Deutschland in 2<strong>04</strong>0 auf. Im zweiten<br />
Wahlgang entschied Annegret Kramp-Karrenbauer<br />
die Wahl mit 517 Stimmen für sich und wurde neue<br />
CDU-Parteichefin.<br />
Kristin Mattheis<br />
Drei neue CDU-Kandidaten in fulminanten Reden<br />
Politisch ging es im Plenarsaal hoch her: Zehn Minuten<br />
Applaus für Merkel und mit Annegret Kramp-Karrenbauer<br />
eine neue CDU-Parteivorsitzende. „Für mich<br />
war es eine große Freude. Für mich war es eine Ehre“,<br />
mit diesen Worten verabschiedete sich Bundeskanzlerin<br />
Dr. Angela Merkel nach 18 Jahren Parteivorsitz.<br />
36<br />
37
Z direkt!<br />
Unterwegs<br />
Unterwegs<br />
Z direkt!<br />
iGZ-Landeskongress Süd in Stuttgart<br />
Die eigenen Botschaften<br />
in die Öffentlichkeit tragen<br />
Ganz im Zeichen der neuen iGZ-Kampagne „Zeitarbeit:<br />
Eine gute Wahl.“ stand der Auftakt des<br />
iGZ-Landeskongresses Süd in Stuttgart. Petra Eisen,<br />
iGZ-Landesbeauftragte für Bayern, begrüßte<br />
die rund 250 Teilnehmer und erinnerte an die<br />
aktuell „gewaltigen Herausforderungen für die<br />
Zeitarbeitsbranche“.<br />
Unter anderem verwies die Sprecherin der Landesbeauftragten<br />
im iGZ-Bundesvorstand auf die AÜG-<br />
Reform. „Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand<br />
stecken“, appellierte sie an das Forum, sich den<br />
Aufgaben zu stellen und die Zeitarbeitszukunft gemeinsam<br />
zu gestalten. Mit Blick auf die Kampagne<br />
ermunterte sie das Plenum, Aufklärungsarbeit zu betreiben,<br />
die Stärken der Branche zu kommunizieren<br />
sowie „selbstbewusst und aufrecht“ in der Wirtschaft<br />
zu agieren.<br />
Wertschätzen<br />
Unter dem Motto „Gemeinsam viel bewegen“ präsentierte<br />
Manuela Schwarz, iGZ-Bundesvorstandsmitglied,<br />
die Inhalte der neuen Kampagne. Basis sei die<br />
Bundesvorstandsvision des Imagewandels – immer<br />
noch herrsche ein vorwiegend negatives Bild über die<br />
Zeitarbeitsbranche. Unter der Überschrift „wählen,<br />
nutzen, wertschätzen“ gelte es, Zeitarbeit als attraktives<br />
Arbeitsverhältnis vorzustellen. Auf diesen Fakten<br />
baue nun die neue Kampagne auf, die prägnante<br />
Kommunikation und vor allem Glaubwürdigkeit in<br />
den Mittelpunkt stelle. Deshalb habe der iGZ auf authentische<br />
Aussagen gesetzt – Zeitarbeitnehmer kommen,<br />
so Schwarz, selbst zu Wort und berichten in Bild<br />
und Ton, warum Zeitarbeit für sie eine gute Wahl sei.<br />
Rollenverständnis<br />
„Was zukunftsfähige Zeitarbeit wirklich ausmacht“<br />
erklärte anschließend der iGZ-Bundesvorsitzende<br />
Manuela Schwarz, iGZ-Bundesvorstandsmitglied, stellte die<br />
Kampagne „Zeitarbeit: Eine gute Wahl.“ vor.<br />
Christian Baumann: „Was wir in den letzten eineinhalb<br />
Jahren auf die Beine gestellt haben, ist etwas<br />
Neues“, erklärte er den Wechsel von reaktiver zu aktiver<br />
Kommunikation. Zunächst allerdings stehe die<br />
Frage nach dem eigenen Rollenverständnis im Raum.<br />
Baumann richtete den Blick auf die Kernprobleme der<br />
Branche, nannte die Auswirkungen der AÜG-Reform,<br />
die Digitalisierung, die Erosion der Margen und die<br />
Wahrnehmung in der Öffentlichkeit als alltägliche Herausforderungen<br />
für die Unternehmen. Als Beispiele<br />
nannte er die Darstellungen von Zeitarbeit bei politischen<br />
Parteien wie etwa Die Linke und AfD sowie<br />
in den Medien, die unterm Strich ein negatives Bild<br />
erzeugen.<br />
Eigene Botschaften<br />
Deshalb, so Baumann, sei es unabdingbar, mit den<br />
eigenen Botschaften in die Öffentlichkeit zu gehen,<br />
mit Verantwortlichen zu sprechen und Aufklärung<br />
zu betreiben. Weiterentwicklung und Zukunftsfähigkeit<br />
seien weitere Aspekte, die es für die Branche zu<br />
beachten gelte – digitale Transformation spiele eine<br />
immer noch zu unwichtige Rolle, betonte der iGZ-<br />
Bundesvorsitzende. Lediglich bei den Top 10 Unternehmen<br />
der Zeitarbeit sei der hohe Stellenwert der<br />
Digitalisierung zu 100 Prozent erkannt worden.<br />
Hohe Kompetenz<br />
Baumann unterstrich den engen Zusammenhang<br />
von Zukunftsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und damit<br />
auch Image der Branche. „Wir müssen daran arbeiten,<br />
dass das Bild der Zeitarbeit in der Öffentlichkeit<br />
nicht schlechter wird“, rief er dazu auf, sich gemeinsam<br />
dafür zu engagieren. Er glaube nicht, dass es zu<br />
spät sei, denn Zeitarbeit habe in Sachen Rekrutierung<br />
eine extrem hohe Kompetenz. „Flexibilität ist unsere<br />
DNA“, erläuterte Baumann, warum die Branche mit<br />
Blick auf die Volatilität der Märkte ein unerlässliches<br />
Element der deutschen Wirtschaft im nationalen wie<br />
auch internationalen Wettbewerb sei. Mut, Integrität,<br />
Zukunftsgewandtheit und Professionalität seien die<br />
Kernpunkte, um das eigene Unternehmen fit für die<br />
Zukunft zu machen.<br />
Arbeitgebermarke optimieren<br />
Bis heute hätten wir eine einfache Regel in unserem<br />
Kopf: „Fremd gleich Gefahr gleich Ablehnung“, meinte<br />
Daniela A. Ben Said, Quid agis GmbH. Trotzdem<br />
motivierte sie die Teilnehmer dazu, neue Denkansätze<br />
auszuprobieren. In ihrem Vortrag „Arbeitgebermarke:<br />
Wie Sie sich top positionieren“ gab sie Tipps, wie sich<br />
Unternehmen mit einfachen Mitteln kreativ von der<br />
Masse abheben können.<br />
BA-Prüfpraxis<br />
RA Jörg Hennig, HK2 Rechtsanwälte, referierte über<br />
die Prüfpraxis der Bundesagentur für Arbeit (BA). Im<br />
Wesentlichen gehe es darum, die Zuverlässigkeit des<br />
Zeitarbeitsunternehmens einzuschätzen. Entscheidend<br />
sei letztlich weniger, ob in der Vergangenheit<br />
mal ein Fehler unterlaufen sei. Es müsse aber überzeugend<br />
vermittelt werden, dass dieser Fehler künftig<br />
nicht wieder passiere. „Hier hilft ja oft schon ein passendes<br />
Seminar beim iGZ“, gab Hennig den Zuhörern<br />
schmunzelnd einen Tipp.<br />
Schriftform im Fokus<br />
Neben der korrekten Entgelteingruppierung werde<br />
auch die korrekte Beschreibung der Tätigkeit kontrolliert.<br />
„Es kommt auf die Tätigkeit an, nicht auf die<br />
Berufsbezeichnung“, erinnerte Hennig. Derzeit überprüfe<br />
die BA oft, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer<br />
darauf hinweise, dass der Urlaubsanspruch am<br />
Jahresende verfalle, warb Hennig um besondere Aufmerksamkeit.<br />
Auch die Umsetzung der Schriftform sei<br />
verstärkt in den Fokus der BA-Prüfteams gerückt. Abschließend<br />
gab Hennig Hinweise, was bei welcher Art<br />
der Beanstandung zu tun sei.<br />
Änderungen durch die AÜG-Reform<br />
„Nach den Belastungen durch die Offenlegungspflicht<br />
und das gesetzliche Equal Pay ist nun auch die Überlassungshöchstdauer<br />
zur Realität geworden“, fasste<br />
Dr. Martin Dreyer, iGZ-Geschäftsführer, die aktuelle<br />
Situation nach der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
zusammen – und erläuterte noch einmal<br />
die Feinheiten der drei neuen Regelungen.<br />
Chance und Hürde zugleich<br />
Außerdem ging er auf die weiteren geplanten Gesetze<br />
ein. Die Bundesregierung möchte es Arbeitnehmern<br />
erleichtern, ihre Arbeitszeit temporär zu verringern.<br />
Gleichzeitig sollen die Möglichkeiten der Befristung<br />
von Arbeitsverhältnissen deutlich beschränkt werden.<br />
„Beide Vorhaben sind nicht gerade arbeitgeberfreundlich“,<br />
resümierte Dreyer, „und sorgen für ein erhöhtes<br />
Flexibilitätsbedürfnis von Unternehmen.“ Das berge<br />
einerseits Chancen für die Zeitarbeitsbranche. Andererseits<br />
seien Zeitarbeitsunternehmen natürlich auch<br />
von den geplanten Einschränkungen betroffen, warnte<br />
er vor zu viel Euphorie.<br />
Maren Letterhaus / Wolfram Linke<br />
38 39
Z direkt! Unterwegs Unterwegs<br />
Z direkt!<br />
iGZ-Landeskongress Nord in Hamburg<br />
Wirtschaft und Politik<br />
können voneinander lernen<br />
„Wenn wir der Wirtschaft Flexibilität bieten sollen,<br />
muss die Politik uns als Branche auch ein gewisses<br />
Maß an Flexibilität einräumen“, forderte<br />
Christian Baumann beim iGZ-Landeskongress<br />
Nord in Hamburg. Vor rund 200 Teilnehmern<br />
kritisierte der iGZ-Bundesvorsitzende, dass die<br />
politischen Vorgaben für die Zeitarbeitsbranche<br />
immer enger wurden.<br />
„Die Zeit, in der Deutschland als kranker Mann Europas<br />
bezeichnet wurde, ist lange vorbei“, erinnerte<br />
André Trepoll, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion,<br />
daran, dass es der Wirtschaft und auch den<br />
Menschen in Deutschland insgesamt sehr gut gehe.<br />
„Natürlich gibt es Probleme, aber wir dürfen eben<br />
auch nicht immer alles schlechtreden“, appellierte er<br />
mit Blick auf die politisch unruhigen Zeiten an die Teilnehmer.<br />
Mittelständische Wirtschaft<br />
„Es ist gut, dass wir ein gemeinsames Europa haben,<br />
dass wir eine gemeinsame Währung haben“, so Trepoll.<br />
Gerade für eine Handelsmetropole wie Hamburg<br />
sei die wirtschaftliche Vernetzung eminent wichtig.<br />
„Hamburg ist sehr von der mittelständischen Wirtschaft<br />
geprägt – das ist für Sie als Zeitarbeitsunternehmer<br />
eine gute Chance“, so der CDU-Politiker. Denn<br />
hier gebe es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten<br />
für Zeitarbeitskräfte.<br />
Auf die Zeitarbeit angewiesen<br />
Einsatzmöglichkeiten sah auch Michael Thomas Fröhlich,<br />
Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände<br />
in Hamburg und Schleswig-Holstein<br />
(UV Nord). Der Fachkräftemangel sei ein weiter<br />
wachsendes Problem. „Wir setzen daher besonders<br />
auf Menschen mit Handicap, Ältere, Jugendliche mit<br />
Migrationshintergrund und Frauen, die den Wiedereinstieg<br />
in den Beruf planen“, so Fröhlich. Doch<br />
zum Beispiel die Pflegebranche und die Metall- und<br />
Elektroindustrie sei zusätzlich auf den Einsatz von<br />
Zeitarbeit angewiesen. „Wir brauchen Sie an unserer<br />
Seite“, sprach er deshalb zugleich die anwesenden<br />
Unternehmer als auch die Partnerschaft mit dem iGZ<br />
an.<br />
Bild des Unternehmers<br />
Verärgert zeigte sich Fröhlich über die Art der Darstellung<br />
der Unternehmer in der Öffentlichkeit. „Schon<br />
in den Schulbüchern werden Wirtschaft und Industrie<br />
als Fabriken mit rauchenden Schloten dargestellt – als<br />
düsterer Arbeitsplatz, der eine Gesundheitsgefahr<br />
berge. Und wenn man dann am Sonntagabend den<br />
‚Tatort‘ schaut, ist der Unternehmer in der Regel der,<br />
der auf der Anklagebank sitzt.“ Die<br />
Unternehmer<br />
müssten sich gemeinschaftlich mit den Verbändern<br />
dafür einsetzen, dass dieses Bild geradegerückt<br />
werde. „Wir müssen mit positiven Beispielen dagegenhalten“,<br />
so Fröhlich.<br />
Arbeitgebermarke<br />
„Wer fragt, der führt“, gab Daniela A. Ben Said, Quid<br />
agis GmbH, den Teilnehmern mit auf den Weg. „Motivieren<br />
Sie Ihre Mitarbeiter durch Fragen dazu, selbst<br />
Lösungen zu finden – und halten Sie die Stille aus, bis<br />
Ihr Gegenüber eine Antwort gefunden hat“, riet Ben<br />
Said. Dieses Prinzip funktioniere ebenso in der Mitarbeiterführung<br />
wie auch im Vertrieb. In ihrem Vortrag<br />
gab sie zudem Tipps zur Stärkung der eigenen Arbeitgebermarke:<br />
„Seien Sie kreativ, nutzen Sie digitale Kanäle,<br />
setzen Sie sich von der Masse ab.“<br />
Tipps für Soziale Netzwerke<br />
Thorben Fasching, Geschäftsführer Open Reply Germany,<br />
erläuterte im Anschluss, wie Unternehmer auf<br />
die Besonderheiten der digitalen Kanäle eingehen<br />
sollten. „Ein großer Vorteil ist, dass Sie die Zielgruppe<br />
für Social-Media-Postings sehr genau eingrenzen<br />
können“, hob Fasching hervor. Für langfristigen Erfolg<br />
sei es zudem unabdingbar, das eigene Unternehmen<br />
realistisch darzustellen und mit der Zielgruppe auf Augenhöhe<br />
zu kommunizieren. „Dann ist auch die Gefahr<br />
eines Shitstorms gering – der ohnehin meistens<br />
keine so schlimmen Folgen hat, wie oft befürchtet<br />
wird.“<br />
Im Übermorgen denken<br />
„Wirtschaft und Politik können eine ganze Menge<br />
voneinander lernen“, wusste Carsten Meyer-Heder,<br />
Inhaber team neusta und Spitzenkandidat der CDU<br />
Bremen für die Bürgerschaftswahl 2019. Politik und<br />
Konzerne würden häufig zu kurzfristig denken. „Wir<br />
müssen im Übermorgen denken, um unsere Produkte<br />
und Dienstleistungen weiterzuentwickeln.“ Zudem<br />
werde Leistung in Unternehmen zu häufig an Fehlerquoten<br />
festgemacht. „Und genau das ist der Fehler“,<br />
brachte es Meyer-Heder auf den Punkt. Er forderte<br />
einen anderen Führungsstil für Konzerne, der mehr<br />
das Vertrauen in die Mitarbeiter und die Anerkennung<br />
ihrer Leistungen in den Mittelpunkt stelle.<br />
Aktuelles zum AÜG<br />
„Zeitlich passender hätte dieser Vortrag kaum sein<br />
können, denn genau in diesen Tagen endet die erste<br />
Frist der Überlassungshöchstdauer“, eröffnete Stefan<br />
Sudmann, iGZ-Fachbereichsleiter Arbeits- und Tarifrecht,<br />
seinen Vortrag. Er gab einen Überblick über<br />
die aktuellen Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG) und ging dabei insbesondere<br />
auf die Abweichungsmöglichkeiten durch Tarifverträge<br />
und Betriebsvereinbarungen ein.<br />
Tarifpolitischer Ausblick und Fachforen<br />
Abschließend gab Sven Kramer, stellvertretender iGZ-<br />
Bundesvorsitzender, einen Ausblick auf die tarifpolitischen<br />
Gestaltungsmöglichkeiten. „Wir treffen uns<br />
nicht nur nach der Kündigung von Tarifverträgen.<br />
Zwischen diesen Verhandlungen gibt‘s regelmäßig<br />
Treffen mit den Gewerkschaftern – mal im kleinen<br />
Kreis, mal in offiziellen Meetings mit allen beteiligten<br />
Institutionen.“ Da, so Kramer im Gespräch mit Marcel<br />
Speker, iGZ-Fachbereichsleiter Kommunikation und<br />
Arbeitsmarktpolitik, werde auch mal geschaut, wie es<br />
in zehn Jahren aussehen könnte.<br />
Fachforen<br />
Zusätzlich bot der iGZ-Landeskongress Nord insgesamt<br />
sechs verschiedene Fachforen zur Auswahl. Dadurch<br />
konnten die Teilnehmer ihr ganz persönliches<br />
Programm entsprechend der individuellen Interessen<br />
gestalten.<br />
Maren Letterhaus<br />
Marcel Speker begrüßte gemeinsam mit dem iGZ-Bundesvorsitzenden Christian Baumann und den iGZ-Landesbeauftragten Karsten Wellnitz, Jürgen<br />
Sobotta und Oliver Nazareth (v.l.) die rund 200 Teilnehmer des iGZ-Landeskongresses Nord in Hamburg.<br />
41
Z direkt! Unterwegs Unterwegs<br />
Z direkt!<br />
iGZ-Landeskongress Mitte in Mainz<br />
Tipps für den Zeitarbeitsalltag<br />
Tipps für die tägliche Praxis sind ein wichtiger<br />
Bestandteil der iGZ-Veranstaltungen. Auch beim<br />
Landeskongress Mitte in Mainz gab es deshalb<br />
gleich sechs Fachforen zur Auswahl, aus denen<br />
sich die rund 200 Teilnehmer ihr individuelles<br />
Programm zusammenstellen konnten.<br />
Dass es wesentlich leichter ist als gedacht, einen Termin<br />
mit dem jeweiligen Bundestagsabgeordneten zu<br />
vereinbaren, betonte Dr. Benjamin Teutmeyer, iGZ-<br />
Hauptstadtbüro. „Besuche in hiesigen Unternehmen<br />
gehören zur ganz normalen Wahlkreisarbeit eines<br />
jeden Abgeordneten“, erklärte er. „Laden Sie Ihren<br />
Bundestagsabgeordneten einfach mal in das eigene<br />
Unternehmen ein. Schreiben Sie ihm einen Brief. Treffen<br />
Sie ihn bei externen Anlässen“, machte er konkrete<br />
Vorschläge, um mit dem Politiker in Kontakt zu<br />
treten. Anschließend sei es wichtig, über die Treffen<br />
auch zu berichten, ergänzte Kristin Mattheis, iGZ-<br />
Newsdesk. Dabei müsse das Motto lauten: „Einfach<br />
mal machen!“ Ein Beitrag für die sozialen Netzwerke<br />
sei schnell produziert. „Achten Sie beim Foto auf<br />
einen guten Bildausschnitt und ausreichend Licht.<br />
Ergänzen Sie ein paar knackige Sätze und eventuell<br />
passende Verlinkungen – fertig.“ Übung mache den<br />
Meister; und für den Anfang biete der iGZ auf seinen<br />
Social-Media-Auftritten auch viele Fotos und Grafiken,<br />
die problemlos geteilt werden können.<br />
Prozesse digitalisieren<br />
„In ein paar Jahren wird Ihr größter Konkurrent nicht<br />
mehr neben Ihnen sitzen, sondern es wird eine Software<br />
sein – eine künstliche Intelligenz“, zeichnete Tim<br />
Behrendt, Dexa Consult GmbH, in seinem Forum ein<br />
mögliches Bild der Zeitarbeitsbranche im Jahr 2025.<br />
Das werde die Branche deutlich verändern. „Es gibt<br />
aber gute Nachrichten“, motivierte Behrendt, „denn<br />
noch haben Sie ausreichend Zeit, um sich auf die<br />
Veränderungen vorzubereiten.“ Ganz konkret gab<br />
er Tipps, welche Berührungspunkte mit Kunden und<br />
Zeitarbeitskräften durch Digitalisierung optimiert<br />
werden könnten: „Wahrscheinlich haben Sie alle ein<br />
umfangreiches System, um ihre Kundenkontakte zu<br />
verwalten. Legen Sie solche Programme auch für Ihr<br />
Bewerbermanagement an. Denn Ihre heutigen Bewerber<br />
sind Ihre Kunden von morgen.“ Außerdem<br />
schlug er vor, die bewährten Kandidatenprofile durch<br />
kurze Video-Interviews anzureichern oder verstärkt<br />
Bewerbungsgespräche via Videotelefonie anzubieten.<br />
Erwerbstätigkeit von Müttern fördern<br />
Cristina Justus warf in ihrem Forum zunächst einen<br />
Blick auf die prognostizierten Arbeitsmarktzahlen.<br />
Wachstumspotenzial gebe es vor allem bei Älteren,<br />
Frauen und Zuwanderern. „Das sind also die Zielgruppen,<br />
auf die wir uns fokussieren müssen“, so die<br />
iGZ-Expertin für Wissenschaftskontakte und Digitalisierung.<br />
Schon jetzt sei beispielsweise die Tendenz erkennbar,<br />
dass die Anzahl der Frauen auf dem Arbeitsmarkt<br />
steige. Bislang sei die Teilzeitquote zwischen<br />
Frauen und Männern zwar noch sehr unausgeglichen:<br />
73 Prozent der Frauen mit Kindern unter sechs Jahren<br />
arbeiten in Teilzeit, aber nur sechs Prozent der Männer.<br />
„Dennoch ist ein Trend erkennbar, den auch wir<br />
als Zeitarbeitsbranche fördern müssen“, motivierte sie<br />
die Unternehmer. Eine bessere Kinderbetreuung sowie<br />
flexible Arbeitszeiten seien dafür zwei wichtige<br />
Säulen.<br />
Clemens von Kleinsorgen, iGZ-Fachbereich Arbeitsmarktpolitik,<br />
gab Hinweise zur Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer.<br />
Kristin Mattheis und Dr. Benjamin Teutmeyer präsentierten gemeinsam das Fachforum „Der Abgeordnete als Ansprechpartner“.<br />
Beschäftigung von Ausländern<br />
„28.200 von 91.000 Flüchtlingen, die zwischen August<br />
2017 und Juli <strong>2018</strong> einen Job fanden, fanden<br />
diesen in der Zeitarbeit“, berichtete Clemens von<br />
Kleinsorgen, im iGZ zuständig für Arbeitsmarktpolitik.<br />
„Wir sind die Branche, die es den Flüchtlingen überhaupt<br />
erst ermöglicht, auf dem Ersten Arbeitsmarkt<br />
Fuß zu fassen.“ Damit dabei alles glatt läuft, gab er<br />
Tipps zur Beschäftigung von Ausländern. Dabei ging<br />
er zum Beispiel darauf ein, unter welchen Voraussetzungen<br />
Ausländer in der Zeitarbeit beschäftigt werden<br />
dürfen – und nahm besonders die Flüchtlinge in<br />
den Blick. „Achten Sie darauf, ob Ihr Bewerber noch<br />
in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnt – denn dann<br />
ist die Beschäftigung grundsätzlich verboten“, betonte<br />
von Kleinsorgen. Das gelte auch für die Beschäftigung<br />
in Mangelberufen, in denen Flüchtlinge ja eigentlich<br />
schon nach drei Monaten arbeiten dürften.<br />
Fachkräfteeinwanderung erleichtern<br />
Christoph Klos, saarland.innovation&standort e.V.,<br />
ging in seinem Vortrag „Ausländische Fachkräfte gewinnen<br />
und entwickeln – so geht’s“ unter anderem<br />
auf das Eckpunktepapier zur Fachkräftesicherung<br />
ein, das die Bundesregierung kürzlich vorgelegt hat.<br />
Aller Voraussicht nach werde im kommenden Jahr<br />
ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz kommen. Dann<br />
solle unter anderem die Vorrangprüfung gänzlich<br />
wegfallen, sodass die Einwanderung für alle Berufe<br />
eröffnet werde. Zudem gebe es Bestrebungen, das<br />
Anerkennungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.<br />
„Das ist ein wichtiger Schritt“, befand<br />
Klos. Denn derzeit gebe es noch zu viele Hürden und<br />
Zuständigkeiten. „Das muss unbedingt effizienter gestaltet<br />
werden.“<br />
Active Sourcing<br />
„Planen, Machen, Prüfen, Anpassen“, nannte Jan<br />
Hawliczek die Marschroute für erfolgreiches Online-<br />
Recruiting – und stellte eine Methode vor, die über<br />
die klassische Bewerbersuche hinausgeht. Unter dem<br />
Motto „Active Sourcing – Wie Sie Kandidaten online<br />
finden, ansprechen und halten“ erläuterte er, wie<br />
die Suche mit zusätzlichen Operatoren noch mehr<br />
Ergebnisse liefern könne. Das Entscheidende sei die<br />
Kombination verschiedener Suchparameter. Wenn<br />
man gleichzeitig den Jobtitel, die Fähigkeiten und die<br />
Erfahrung von Online-Profilen durchsuche, bekomme<br />
man qualitativ hochwertigere Ergebnisse.<br />
Maren Letterhaus<br />
42 43
Z direkt!<br />
Unterwegs<br />
Z direkt!<br />
iGZ-KAS-Hauptstadtforum zum sozialen Arbeitsmarkt<br />
Zeitarbeit hat Brückenfunktion<br />
Rund 60 Vertreter von Verbänden, Unternehmen<br />
und aus der Politik nahmen am gemeinsamen<br />
Hauptstadtforum Sozialer Arbeitsmarkt von<br />
der Konrad Adenauer Stiftung (KAS) und dem<br />
Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />
(iGZ) teil. Es ging um das neue Teilhabechancengesetz<br />
und darum, wie ein sozialer<br />
Arbeitsmarkt in der Praxis funktionieren kann.<br />
„Ich komme gerade von der Debatte im Bundestag.<br />
Das Thema hier heute ist brandaktuell“, leitete Hermann<br />
Gröhe, stellvertretender Fraktionsvorsitzender<br />
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender<br />
Vorsitzender der KAS, seinen Vortrag ein. Manche<br />
Menschen seien seit Jahren vom Arbeitsmarkt abgeschnitten<br />
und hätten ganz individuell unterschiedliche<br />
Lebenslagen zu bewältigen. Genau hier müssten Brücken<br />
gebaut werden.<br />
„Die Zeitarbeit nimmt die Brückenfunktion ein. Unsere<br />
Branche kann diese Integration leisten“, betonte<br />
Christian Baumann, iGZ-Bundesvorsitzender. „Es ist<br />
ein Steg und wir freuen uns über jeden, der hinüber<br />
geht und es schafft!“ Zurzeit arbeiten eine Millionen<br />
Menschen in Zeitarbeit. Davon seien 54 Prozent im<br />
Helferbereich tätig. „Ich sehe eine Zweiteilung zwischen<br />
Universitätsabsolventen und Hilfskräften, die<br />
größer wird“, erklärte Baumann. Die Integration und<br />
Betreuungsleistung könnten nur Personaldienstleister<br />
übernehmen, die sich in diesen Dingen auskennen.<br />
Baumann hob mit Blick auf die geplanten Förderprogramme<br />
besonders hervor: „Mit Geld alleine werden<br />
wir diese gewaltige und enorm wichtige Aufgabe<br />
nicht lösen. Wir brauchen Ideen, Visionen und Konzepte.<br />
Die Zeitarbeit beteiligt sich gerne an der Konzeption<br />
solcher Ideen – auch mit den Sozialpartnern.“<br />
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen<br />
Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen<br />
Gewerkschaftsbundes, Dr. Annette Niederfranke,<br />
Direktorin Internationale Arbeitsorganisation,<br />
Georg Streiter, ehemaliger Regierungssprecher und<br />
Kommunikationsexperte in der Funktion als Moderator<br />
und Christian Baumann teil. „Der soziale Arbeitsmarkt<br />
soll kein zweiter Arbeitsmarkt, sondern eine<br />
sinnstiftende Erwerbsarbeit sein“, betonte Hannack.<br />
Sie betreue viele Erwerbslose. Eine Begleitung zur Integration<br />
dieser fehle im Gesetz.<br />
Auch Niederfranke beobachtet eine steigende Anzahl<br />
Hochqualifizierter und Spezialisierter. Es fehlen aber<br />
Helfer, beispielsweise in der Seniorenbetreuung. Baumann<br />
stimmte den Aussagen zu und hob die Bedeutung<br />
der Zeitarbeit hervor: „Zeitarbeit leistet sehr viel<br />
Integrationsarbeit. Diese Aufgabe können viele große<br />
Unternehmen im Alltagsgeschäft nicht leisten. Personaldienstleister<br />
bieten genau diese Erfahrung und<br />
Hilfe an.“<br />
Kristin Mattheis<br />
iGZ-Bundesvorsitzender Christian Baumann (l.) referierte beim Hauptstadtforum „Sozialer Arbeitsmarkt“, das die Konrad<br />
Adenauer Stiftung gemeinsam mit dem iGZ veranstaltete.<br />
Christian Kulick (l.), Mitglied der Geschäftsführung Bitkom e.V., forderte bessere Angebote in Sachen Künstlicher Intelligenz:<br />
„Wirtschaft und Politik haben die Aufgabe, sich zusammenzusetzen und konkrete Angebote zu entwickeln.“<br />
iGZ und Naumann-Stiftung diskutierten Zukunft der Arbeit<br />
Ein Netflix für Weiterbildung?<br />
Der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />
(iGZ) hatte zusammen mit der Friedrich-Naumann-Stiftung<br />
Politiker, Unternehmensvertreter<br />
und Interessierte eingeladen, um über<br />
Digitalisierung und damit die Zukunft der Arbeit<br />
zu diskutieren. Rund 50 Teilnehmer waren ins<br />
Basecamp nach Berlin gekommen.<br />
„Ich rate kleinen und mittelständischen Unternehmen<br />
intuitiv und flexibel zu bleiben, wenn es um digitale<br />
Transformation geht“, betonte iGZ-Bundesvorsitzender<br />
Christian Baumann im Rahmen seines Vortrags<br />
bei der Veranstaltung „Zukunft der Arbeit“ in Berlin.<br />
Es habe immer schon technologische Veränderungen<br />
gegeben, heute seien sie nur schneller. Das sei kein<br />
Grund zur Panik und niemand wisse jetzt schon genau,<br />
was komme.<br />
Konkrete Angebote fehlen noch<br />
„Man trifft sich heute im Netz, nicht in der Kneipe“,<br />
leitete Moderatorin Anke Plättner die Diskussionsrunde<br />
um Arbeit 4.0 ein. Christian Kulick, Mitglied der<br />
Geschäftsführung Bitkom e.V., betonte, dass die richtig<br />
guten Angebote in Sachen Künstliche Intelligenz<br />
noch fehlen würden. „Wirtschaft und Politik haben<br />
die Aufgabe, sich zusammenzusetzen und konkrete<br />
Angebote zu entwickeln“, meinte er. Manuel Höferlin,<br />
Digitalpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion<br />
der Freien Demokraten, sah bei diesem Thema andere<br />
Länder weiter vorn: „Wir brauchen in Deutschland<br />
Freiräume, um Dinge auszuprobieren. Bei uns gibt<br />
es eine starke Zurückhaltung. Länder wie China sind<br />
schon viel weiter vorn mit dem Motto ‚digital first,<br />
analysis second‘“. Dem stimmte Technikphilosoph<br />
Mads Pankow zu: „In Deutschland suchen alle erstmal<br />
nach Zertifikaten, während sich unsere Jugendlichen<br />
alles bei YouTube selbst beibringen und viel weiter<br />
sind.“<br />
Digitalisierung verändert Weiterbildung<br />
Auch beim Thema Weiterbildung gab es verschiedene<br />
Tendenzen mit Blick auf die Digitalisierung. „44 Millionen<br />
Leute müssen die neuen Technologien auch<br />
beherrschen und damit arbeiten. Ich stelle mir ein<br />
Netflix für die Weiterbildung vor. Das heißt, Universitäten,<br />
Unternehmer und Studenten entwickeln ein<br />
Qualifikationsportfolio auf einer Plattform, wo sich<br />
Interessierte selbst einloggen und eigenständig lernen<br />
können“, erläuterte Kai Whittaker, Berichterstatter<br />
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Arbeit 4.0, eine<br />
jüngst vorgestellte Initiative seiner Fraktion. Nach der<br />
Diskussionsrunde konnten sich alle Gäste in moderner<br />
Atmosphäre austauschen und netzwerken, während<br />
der Roboter „Robot 4 Work“ seine Bahnen zog und<br />
Hilfe anbot.<br />
Kristin Mattheis<br />
44 45
Z direkt! Gastbeitrag Gastbeitrag<br />
Z direkt!<br />
Überlassungshöchstdauer und Festhaltenserklärung<br />
Misslungene Gesetze<br />
Zum 30. September <strong>2018</strong> ist erstmals die 18-monatige<br />
Überlassungshöchstdauer abgelaufen,<br />
die das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
(AÜG) regelt. Was passiert, wenn die Höchstdauer<br />
bereits überschritten wurde? Dieser Text erörtert,<br />
mit welchen Sanktionen Personaldienstleister<br />
rechnen müssen. Außerdem geht es um die<br />
rechtliche Ausgestaltung der Festhaltenserklärung,<br />
die es dem Arbeitnehmer ermöglicht, bei<br />
seinem bisherigen Arbeitgeber zu bleiben.<br />
Die Neufassung des § 1 Abs. 1b) S. 1 AÜG regelt, dass<br />
ein Personaldienstleister denselben Zeitarbeitnehmer<br />
nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate an<br />
denselben Kunden überlassen darf. Die Verpflichtung<br />
zur Einhaltung der Überlassungshöchstdauer betrifft<br />
gleichermaßen den Kunden. Sanktionen bei Verstößen<br />
sind<br />
Bußgelder bis 30.000 Euro, § 16 Abs. 1 Nr. 1. d<br />
und e AÜG<br />
Übergang des Arbeitsverhältnisses auf das Kundenunternehmen,<br />
§ 10 Abs. 1 AÜG<br />
bei wiederholten Verstößen der Entzug der Erlaubnis,<br />
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 6 AÜG<br />
30.000 Euro Bußgeld ist eine ganze Menge. Allerdings<br />
sind gesetzlich geregelte Bußgelder Maximalbeträge<br />
und werden in dieser Höhe nicht schon bei jedem<br />
kleineren Verstoß verhängt. Sie können also auch<br />
deutlich niedriger ausfallen. Auf der anderen Seite<br />
werden Bußgelder pro Fall verhängt. Sie können also<br />
auch mehrfach anfallen und den Betrag am Ende weit<br />
übersteigen. In der Praxis hat sich – ganz allgemein<br />
– folgendes Berechnungsschema durchgesetzt: In einem<br />
ersten Schritt ermittelt die Bundesagentur für Arbeit<br />
(BA) den Betrag nicht gezahlter Lohnbestandteile<br />
(worum es meistens geht). Dieser Betrag wird dann<br />
„individuell täterbezogen“ (abhängig von dem Grad<br />
des Verschuldens, Erst- oder Wiederholungverstoß,…)<br />
mit einem Wert von bis zu 2,5 multipliziert. Ein Beispiel:<br />
Urlaub in Höhe von 1.500 Euro wurde nicht abgegolten.<br />
„Ersparnis“ = 1.500 Euro. Der Betrag wird<br />
individuell täterbezogen mit zwei multipliziert, was<br />
summa summarum 3.000 Euro Bußgeld bedeutet. Für<br />
einen „Täter“ deutlich reduzierend wirken sich folgende<br />
Aspekte aus:<br />
Erstverstöße<br />
Mangelnde (nachgewiesene) finanzielle Leistungsfähigkeit<br />
Wiedergutmachung<br />
„Mengenrabatte“ bei mehreren Verstößen gibt es<br />
nicht. Bereits ab 200 Euro werden Bußgeldentscheidungen<br />
zudem in das Gewerbezentralregister eingetragen<br />
und bleiben dort über mehrere Jahre vermerkt.<br />
Wer an öffentlichen Ausschreibungen teilnimmt und<br />
öfter einen Gewerberegisterauszug vorlegen muss,<br />
wird das um jeden Preis vermeiden wollen.<br />
Konkrete Aussagen zur Höhe von Bußgeldern bei einer<br />
Überschreitung der Überlassungshöchstdauer können<br />
mangels praktischer Fälle bislang nicht gemacht werden.<br />
Auch bei der Überschreitung der Überlassungshöchstdauer<br />
erzielt ein Personaldienstleister jedoch<br />
einen wirtschaftlichen Vorteil. Dieser ergibt sich durch<br />
den Rohertrag durch die Überlassung abzüglich der<br />
unmittelbaren Gehaltskosten des überlassenen Arbeitnehmers.<br />
Die Agentur für Arbeit wird dies errechnen<br />
und die Bußgeldhöhe entsprechend festsetzen.<br />
Bei einem Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer<br />
ist das Arbeitsverhältnis zwischen dem Personaldienstleister<br />
und dem Zeitarbeitnehmer unwirksam.<br />
Stattdessen entsteht gemäß § 10 Abs. 1 AÜG per<br />
Gesetz ein Arbeitsverhältnis zum Kunden. Allerdings<br />
hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, innerhalb eines<br />
Monats eine Festhaltenserklärung abzugeben,<br />
um sein Verhältnis zum bisherigen Arbeitgeber fortbestehen<br />
zu lassen. Der Grund für diese Regelung<br />
liegt zunächst auf der Hand: Nicht jeder Arbeitnehmer<br />
möchte bei dem Kundenbetrieb des letzten Einsatzes<br />
anfangen. Viele Arbeitnehmer bleiben auch gern bei<br />
ihrem bisherigen Arbeitgeber, bei dem sie gute Löhne<br />
und ein gutes Betriebsklima gewohnt sind.<br />
Über die jetzige Regelung ist im Gesetzgebungsverfahren<br />
dennoch sehr intensiv diskutiert worden. Während<br />
die Arbeitgeberseite das Recht der Arbeitnehmer<br />
auf freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl hervorhob und<br />
die Festhaltenserklärung befürwortete, sah die eher<br />
gewerkschaftlich orientierte Seite darin vor allem eine<br />
große Missbrauchsmöglichkeit zu Lasten der Arbeitnehmer.<br />
Die erste angebliche Gefahr war, dass die<br />
Zeitarbeitsunternehmen die Arbeitnehmer immer<br />
schon eine Festhaltenserklärung unterschreiben lassen<br />
würden, wenn die jeweiligen Einsätze beginnen.<br />
Dies wurde durch die ausdrückliche Festlegung des<br />
Zeitpunktes beseitigt, zu dem die Erklärung abgegeben<br />
werden kann: Das ist erst nach Überschreiten<br />
der Überlassungshöchstdauer zulässig. Damit gaben<br />
sich die Kritiker jedoch noch nicht zufrieden, sodass<br />
im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens weitere Erschwernisse<br />
hinzugekommen sind, die die Erklärung<br />
für den Arbeitnehmer nahezu unmöglich machen.<br />
Denn nun heißt es in § 9 Abs. 2 AÜG, die Erklärung<br />
des Arbeitnehmers sei nur wirksam, wenn der Zeitarbeitnehmer<br />
diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer<br />
Agentur für Arbeit vorlegt; die Agentur für Arbeit die<br />
abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der<br />
Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität<br />
des Zeitarbeitnehmers festgestellt hat; und die<br />
Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage<br />
in der Agentur für Arbeit dem Zeitarbeits- und dem<br />
Kundenunternehmen zugeht.<br />
Diese Anforderungen sind schon deshalb nicht recht<br />
nachvollziehbar, da die Arbeitsvertragsparteien ohnehin<br />
das Recht haben, das gemeinsame Arbeitsverhältnis<br />
fortzusetzen, ohne dass der Arbeitnehmer<br />
eine entsprechende Erklärung abgibt. Denn zur Not<br />
können sie einfach einen neuen Arbeitsvertrag abschließen,<br />
der den bisherigen Vertrag nahtlos fortsetzt.<br />
Wenn ein Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis<br />
mit seinem bisherigen Arbeitgeber fortsetzen möchte,<br />
macht er das ohnehin; wenn er sich beim Kunden<br />
einklagen möchte, wird er das auch machen und die<br />
Erklärung gerade nicht unterschreiben.<br />
Der Gedanke, der hinter der Regelung steht, ist sogar<br />
gut gemeint, wenn der Arbeitnehmer vor einer „Überrumpelung“<br />
durch den Arbeitgeber geschützt werden<br />
soll, indem er erst bei der Arbeitsagentur vorsprechen<br />
muss. Doch dieses Ziel wird durch das Gesetz nicht<br />
erreicht. Welcher Arbeitnehmer<br />
wird schon eine Festhaltenserklärung<br />
bei der BA<br />
abgeben, wenn er weiß, dass<br />
diese Erklärung zwingend zur<br />
Einleitung eines Ermittlungsverfahrens<br />
gegen seinen Arbeitgeber<br />
führen wird, weil<br />
hierdurch der Verstoß gegen<br />
die Überlassungshöchstdauer<br />
oft gerade erst bekannt<br />
wird?<br />
Die Festhaltenserklärung<br />
rechtfertigt übrigens auch<br />
nicht – wie dies gelegentlich RA Jörg Hennig<br />
gesagt wird – die Fortsetzung<br />
der bisherigen Überlassung. Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
Sie regelt lediglich, dass das HK2 Rechtsanwälte Berlin<br />
Arbeitsverhältnis des überlassenen<br />
Arbeitnehmers bei<br />
seinem bisherigen Arbeitgeber besteht. Das gilt selbst<br />
dann, wenn durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses<br />
klare Vorteile für den Arbeitnehmer bestehen.<br />
Das kann zum Beispiel der fortbestehende Anspruch<br />
auf eine Vergütung sein, die am Equal Pay orientiert<br />
ist und darum deutlich höher liegt als das Gehalt, das<br />
dem Arbeitnehmer nach tarifvertraglichen Bestimmungen<br />
zusteht.<br />
Für die Praxis ist festzustellen, dass sich Personaldienstleister<br />
angesichts der drohenden Konsequenzen<br />
ohnehin grundsätzlich an die Überlassungshöchstdauer<br />
halten werden. Es kann sich also höchstens um<br />
Einzelfälle handeln, in denen versehentlich die Fristen<br />
nicht richtig berechnet wurden oder bei denen Vorbeschäftigungszeiten<br />
irrtümlich außer Acht blieben.<br />
Wenn aber schon der Arbeitgeber Fehler bei der Fristberechnung<br />
macht, wird es dem Arbeitnehmer erst<br />
recht selten auffallen. Auch die BA muss Akten von<br />
Personaldienstleistern sehr intensiv überprüfen, um<br />
entsprechende Verstöße festzustellen.<br />
Verstöße gegen die Überlassungshöchstdauer wird<br />
es demnach nur in seltenen Fällen geben. Wenn es<br />
einmal dazu gekommen ist, fallen Bußgelder an, die<br />
auch durch ein Festhalten des Arbeitnehmers bei seinem<br />
bisherigen Arbeitgeber nicht beseitigt werden.<br />
46 47
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
iGZ-Bundesgeschäftsstelle<br />
V.i.S.d.P.: Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer<br />
PortAL 10, Albersloher Weg 10, 48155 Münster<br />
Telefon: 0251 32262-0, Fax: 0251 32262-100<br />
iGZ-Hauptstadtbüro<br />
Schumannstraße 17, 10117 Berlin<br />
Telefon: 030 28<strong>04</strong>59-88, Fax: 030 28<strong>04</strong>59-90<br />
info@ig-zeitarbeit.de, www.ig-zeitarbeit.de<br />
Weil ich hier meine Chance<br />
bekommen habe.<br />
Seine Geschichte finden Sie hier:<br />
zeitarbeit-einegutewahl.de