Übertragung hoheitlicher Aufgaben der Schülerbeförderung auf EWF

LANDKREIS WALDECK-FRANKENBERG
DER KREISTAG
Beschlussvorlage Nummer 491/05
Datum 28.11.2005
Beratungsfolge Termin Status
Kreistag 16.12.2005 Öffentlich
Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Verkehr 08.12.2005 Öffentlich
14
Punkt 14: Übertragung hoheitlicher Aufgaben der Schülerbeförderung
auf EWF
Die hoheitlichen Aufgaben der Schülerbeförderung nach § 161 des Hessischen Schulgesetzes
(Feststellung der Anspruchsberechtigung mit Bescheiderteilung, Bestellung der
Jahreskarten, nachträgliche Erstattung der Beförderungskosten) sind bisher beim Fachdienst
Schulen und Liegenschaften der Kreisverwaltung zugeordnet. Das zuständige
Sachgebiet ist allerdings aufgrund der engen Verflechtung zwischen Schülerbeförderung
und öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) bereits schon seit einiger Zeit bei EWF untergebracht.
Bei der Aufgabenübertragung der hoheitlichen Aufgaben nach dem Hessischen ÖPNV-
Gesetzes vom Landkreis auf EWF im vergangenen Jahr, musste noch von einer Übertragung
der hoheitlichen Aufgaben der Schülerbeförderung nach dem Hessischen Schulgesetz
abgesehen werden, da dieses Gesetz eine derartige Übertragung noch nicht vorsah.
Nunmehr ergibt sich nach der mit Wirkung vom 01.08.2005 wirksam gewordenen Änderung
des Schulgesetzes die Möglichkeit, die hoheitlichen Aufgaben der Schülerbeförderung
auf natürliche und juristische Personen des privaten Rechts zu übertragen. Der maßgebende
Absatz 10 des § 161 des Schulgesetzes lautet wie folgt:
„Der Träger der Schülerbeförderung kann natürlichen oder juristischen Personen des
privaten Rechts mit deren Einverständnis die Befugnis verleihen, die ihm nach diesem
Paragrafen obliegenden Verwaltungsaufgaben und die Durchführung von Widerspruchsverfahren
im eigenen Namen und in den Handlungsformen des öffentlichen
Rechts wahrzunehmen, wenn sie die Gewähr für eine sachgerechte Erfüllung
der ihnen übertragenen Aufgaben bieten. Der oder die Beliehene unterliegt der Aufsicht
des Trägers der Schülerbeförderung.“

2
Aufgrund der Verzahnung von ÖPNV und Schülerbeförderung und der ohnehin bereits von
EWF wahrgenommen Aufgaben im freigestellten Schülerverkehr bietet es sich nunmehr
an, das komplette Aufgabenfeld der Schülerbeförderung auf EWF zu übertragen und alle
Möglichkeiten einer effektiven Aufgabenerledigung mit der Erzielung von Synergieeffekten
zu nutzen.
Zur Übertragung der hoheitlichen Aufgaben ist eine Ergänzungsvereinbarung zum Aufgabenübertragungs-
und Beleihungsvertrag vom 18.02.2005 erforderlich, die als Anlage beigefügt
ist. Danach untersteht EWF hinsichtlich der Ausübung der übertragenen hoheitlichen
Befugnisse der Aufsicht und ggf. den Weisungen des Landkreises.
Für die Aufgabenwahrnehmung erstattet der Landkreis an EWF die entstandenen Aufwendungen
für die nachträglichen Erstattungen zuzüglich eines 5%igen Verwaltungskostenaufschlags
und einem Gewinnaufschlag in Höhe von 2 %. Weiterhin ist die gesetzliche
Umsatzsteuer in Höhe von 7 % zu entrichten. Zusammen ergeben sich Mehrkosten in Höhe
von rd. 40.000,-- €. Im Gegenzug wird dafür beim Landkreis eine Stelle der Entgeltgruppe
8 nach dem Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (bisher BAT V c) eingespart. Zudem
ergeben sich Entlastungen bei der Fachdienstleitung Schulen und Liegenschaften, im
Fachbereich Finanzmanagement und bei den Raum- und Overheadkosten.
Beschlussvorschlag:
„Die hoheitlichen Aufgaben des Landkreises im Rahmen der Schülerbeförderung
werden gemäß § 161 Abs. 10 des Hessischen Schulgesetzes mit Wirkung vom
01.01.2006 auf EWF übertragen. Der Ergänzungsvereinbarung zum Aufgabenübertragungs-
und Beleihungsvertrages vom 18.02.2005 wird zugestimmt.“
Der Kreisausschuss
des Landkreises Waldeck-Frankenberg
E i c h e n l a u b

Präambel:
Entwurf
Ergänzungsvereinbarung
zwischen dem
Landkreis Waldeck-Frankenberg
- nachfolgend "Landkreis" genannt -
und der
Energie Waldeck-Frankenberg GmbH
- nachfolgend "EWF" genannt -
zum Aufgabenübertragungs- und Beleihungsvertrag
vom 18.02.2005
Nach § 161 HSchG ist der Landkreis für die in seinem Gebiet wohnenden Schüler und
Schülerinnen Träger der Schülerbeförderung. Der Landkreis entscheidet auf Antrag nach
Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen über die Übernahme der Kosten der Schülerbeförderung.
Der Landkreis und die EWF haben im Zuge der laufenden Umstrukturierungen im öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) bereits am 18.02.2005 einen Aufgabenübertragungs- und
Beleihungsvertrag geschlossenen, wonach wesentliche Aufgaben im Bereich des ÖPNV auf
die EWF übertragen wurden.
Im Anschluss an § 1 Abs. 4 dieses Aufgabenübertragungs- und Beleihungsvertrages sollen
nun auch die Aufgaben des Landkreises im Bereich der Kostenerstattung der Schülerbeförderung
nach Maßgabe des § 161 Abs. 10 HSchG auf die EWF übertragen werden, um eine
einheitliche und effiziente Aufgabenwahrnehmung aller Bereiche des ÖPNV zu gewährleisten.

§ 1 Beleihung mit den Aufgaben
im Bereich der Schülerbeförderung nach § 161 HSchG
(1) Der Landkreis überträgt und die EWF übernimmt die Wahrnehmung der dem Landkreis
zugewiesenen hoheitlichen Aufgaben und Befugnisse i.S.d. § 161 HSchG im
Bereich der Kostenerstattung der Schülerbeförderung im eigenen Namen. Diese Beleihung
umfasst die Befugnis, die bislang dem Landkreis gemäß § 161 HSchG obliegenden
Verwaltungsaufgaben und die Durchführung von Widerspruchsverfahren im
eigenen Namen und in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzunehmen.
(2) Die EWF übernimmt damit insbesondere die Bearbeitung der Anträge auf Ausstellung
von Schülerjahreskarten, die Abrechnung nachträglicher Erstattungen von Schülerbeförderungskosten
und die Bearbeitung der Grundsatzanträge auf Übernahme der
Schülerbeförderungskosten sowie die in der Anlage zu dieser Vereinbarung näher
aufgeführten Aufgaben und Tätigkeiten.
§ 2 Rechte und Pflichten der EWF zur Aufgabenwahrnehmung
(1) Die EWF ist gegenüber dem Landkreis zur Wahrnehmung der hiernach übertragenen
Aufgaben und Hoheitsrechte verpflichtet.
(2) Für die Aufgabenwahrnehmung durch die EWF gelten dabei dieselben rechtlichen
Anforderungen, die auch für den Landkreis als Aufgabenträger selbst gelten. Sie stellt
eine sachgerechte Erfüllung der Aufgaben sicher und gewährleistet, dass sie für die
übertragenen Aufgaben über geeignete Mitarbeiter und Ausstattung verfügt.
(3) Der Landkreis stellt der EWF alle für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen und
bei ihm vorhandenen Informationen und Unterlagen zur Verfügung, soweit Rechte
Dritter nicht entgegenstehen.
(4) Die EWF entscheidet bei Ausübung der ihr übertragenen Aufgaben im Rahmen des §
161 HSchG nach pflichtgemäßem Ermessen und behandelt alle ihr im Rahmen der
Aufgabenwahrnehmung bekannt gewordenen geheimhaltungsbedürftigen Daten vertraulich.
§ 3 Aufsicht und Haftung
(1) Hinsichtlich der Ausübung der der EWF übertragenen hoheitlichen Befugnisse untersteht
die EWF der Aufsicht und den ggf. daraus resultierenden Weisungen durch den
Landkreis als Träger der Schülerbeförderung. Der Landkreis kann jederzeit Auskunft
über die im hoheitlichen Bereich vorgenommenen Maßnahmen der EWF verlangen
und Einsicht in die Unterlagen der EWF nehmen.
(2) Für die Haftung des Landkreises und der EWF gelten die allgemeinen gesetzlichen
Bestimmungen.

§ 4 Finanzierung der Aufgaben
(1) Der Landkreis erstattet der EWF die bei der Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben
entstandenen Aufwendungen. Die Vergütung hat den geltenden preisrechtlichen
Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung zu entsprechen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
sind dies die Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen
Aufträgen vom 21. November 1953 sowie die als Anlage hierzu gehörigen Leitsätze
für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten.
(2) Die Vergütung erfolgt gemäß § 5 der Verordnung PR Nr. 30/53 zu Selbstkosten.
Diese enthalten zu den entstehenden Aufwendungen der Schülerbeförderung im
Wege der nachträglichen Erstattung einen Aufschlag von 5%. Darüber hinaus ist die
EWF berechtigt, für das allgemeine Unternehmerwagnis einen kalkulatorischen Gewinn
in Ansatz zu bringen, der 2 % der ermittelten Selbstkosten (ohne Umsatzsteuer)
beträgt . Zu der von dem Landkreis zu zahlenden Vergütung tritt die Umsatzsteuer in
der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Höhe hinzu.
(3) Die EWF stellt dem Landkreis vierteljährlich eine Rechnung, die die Kalkulation der
Vergütung erkennen lässt. Entsprechende Unterlagen sind von der EWF aufzubewahren
und dem Landkreis auf Verlangen nachzuweisen.
(4) Die Vergütung ist jeweils 14 Tage nach Zugang der Rechnung fällig und zahlbar. Alle
Einwände hinsichtlich einer Rechnung sind innerhalb von 30 Tagen ab dem Datum
der Rechnung geltend zu machen, wobei alle unstrittigen Beträge am Fälligkeitsdatum
zahlbar bleiben.
§ 5 Beginn und Ende der Aufgabenwahrnehmung
(1) Diese Ergänzungsvereinbarung tritt am 01.01.2006 in Kraft und wird auf unbestimmte
Zeit geschlossen.
(2) Für das Ende der in dieser Ergänzungsvereinbarung geregelten Aufgabenwahrnehmung
und Beleihung gelten im Übrigen die Regelungen des § 9 des Aufgabenübertragungs-
und Beleihungsvertrag vom 18.02.2005. Diese Ergänzungsvereinbarung
kann dabei auch unabhängig von dem Aufgabenübertragungs- und Beleihungsvertrag
gekündigt werden.
§ 6 Nebenabreden / Schriftform
Soweit in dieser Vereinbarung nichts anderes geregelt ist, finden die Bestimmungen des
Aufgabenübertragungs- und Beleihungsvertrages vom 18.02.2005 und des Grundlagenvertrages
zwischen Landkreis und EWF vom 18.02.2005 ergänzend Anwendung. Nebenabreden
und Änderungen dieser Vereinbarung bedürfen im Übrigen der Schriftform.

§ 7 Schlussbestimmungen
(1) Sollten einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung unwirksam oder undurchführbar
sein oder werden, soll hiervon die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt
werden. Die unwirksame oder undurchführbare Bestimmung soll durch eine
wirksame und durchführbare Bestimmung ersetzt werden, die dem von den Parteien
mit der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung verfolgten wirtschaftlichen
Zweck so weit wie möglich entspricht. Diese Regelung gilt entsprechend für etwaige
Regelungslücken in dieser Vereinbarung. Sofern eine Neuregelung nicht erfolgen
kann, gelten die gesetzlichen Bestimmungen.
(2) Bei wesentlicher Änderung der dieser Vereinbarung zugrunde liegenden Verhältnisse
verhandeln die Vertragspartner über eine Anpassung oder Auflösung der Vereinbarung.
Korbach, den . Dezember 2005
Der Kreisausschuss Energie Waldeck-Frankenberg GmbH
des Landkreises Waldeck-Frankenberg
_________________________________ _______________________________
(Eichenlaub) (Niederstraßer)
Landrat Erster Kreisbeigeordneter

Anlage zur Ergänzungsvereinbarung vom ...
Überprüfen von Anträgen auf Ausstellung einer Schülerjahreskarte
� Einholung von Stellungnahmen der Polizei (gefährlicher Schulweg) und Gesundheitsamt
(amtsärztliches Gutachten)
� Abmessen von Schulwegen
� Bestellung von Schülerjahreskarten – Kenntnisse über die Schulorganisation der kreiseigenen
Schulen, Beurteilung der Aufnahmefähigkeit der Schulen und Verordnung über die
Festlegung der Anzahl und Größe der Klassen
� Ermittlung der Tarife – Tarifvorschriften des NVV, RMV, sowie andere Verkehrsträger
(z. B. BVO)
� Führung der Jahreskartenbestellung mit Hilfe einer Access-Datenbank
- Eingabe der Fälle
- Bearbeitung von Zu- und Abgängen im laufenden Schuljahr
- Aufbau neuer Datenbank pro Schuljahr
- Löschen und Hochsetzen der Klassen zum Schuljahrsbeginn
- neue Tarifzuordnungen zum Schuljahrsbeginn
� Bestellung der Karten bei EWF per E-Mail
� Datenbankabgleich mit EWF
� Kontrolle über Rückgabe Schülerjahreskarten (ggf. Schüler anschreiben)
� Ermittlung der Schultage pro Schuljahr (f. Bestellung ½ JK)
� Abrechnung der Schülerjahreskarten mit dem Verkehrsbetrieb
� Abrechnung mit der Innung des Bauhandwerks in Frankenberg (anteilige JK)
� Abrechnung mit dem Jugendamt (EBA-Schüler)
Abrechnung von nachträglicher Erstattung von Schülerbeförderungskosten
� Bearbeitung der Grundsatzanträge auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten (Prüfung
nach § 161 Hess. Schulgesetz, welche Kosten übernommen werden können)
� Einholung von Stellungnahmen der Polizei (gefährlicher Schulweg) und Gesundheitsamt
(amtsärztliches Gutachten)
� Bearbeitung der Erstattungsanträge von Beförderungskosten
- Erstattung anteilige Kosten
- Erstattung Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel
- Erstattung Benutzung privater Verkehrsmittel
- Erstattung sonstiger Kosten (Mitfahrgelegenheit usw.)
- Auszahlung mit entsprechendem EDV-Lauf (per Diskette über SPK Wa-Fkb)
� Abmessen von Schulwegen
� EDV-Läufe Erstattungsanträge drucken
� Abrechnung von Fahrtkosten für Betriebspraktika
� Abrechnung von Fahrtkosten für Schüleraustausch und muttersprachlicher Unterricht
� Abrechnung Schülerquerverkehr (Fahrten zu Schwimm-, Sport- und Verkehrsunterricht) mit
dem Verkehrsbetrieb
� Abrechnung der Einzelbeförderungsfälle – Umbuchungen mit Sozialamt
� Erläuterung der Rechtslage bei Widersprüchen, Widerspruchsbescheide
� Teilnahme beim Anhörungsausschuss
� Organisation und Abrechnung Einzelbeförderung
� Überprüfung/Abrechnung der Fahrpläne Freigestellter Schülerverkehr