Der Architekt Wilhelm Haller – Jüdische Moderne in Leipzig und ...
Der Architekt Wilhelm Haller – Jüdische Moderne in Leipzig und ...
Der Architekt Wilhelm Haller – Jüdische Moderne in Leipzig und ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Historisches Erbe der Stadt <strong>Leipzig</strong> <strong>–</strong> Baumeister im 19. <strong>und</strong> des beg<strong>in</strong>nenden 20. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>–</strong> <strong>Wilhelm</strong> <strong>Haller</strong><br />
Feierhalle <strong>in</strong> <strong>Leipzig</strong><br />
Vor dem Ersten Weltkrieg war<br />
bereits absehbar, dass der<br />
Alte Israelitische Friedhof an<br />
der Berl<strong>in</strong>er Straße Mitte der<br />
1920er Jahre voll belegt se<strong>in</strong><br />
wird. Daher wurde schon im<br />
Dezember 1901 der Kaufvertrag<br />
für das Gelände am<br />
Stadtrand von Wiederitzsch<br />
gegenüber dem St. Georg<br />
Hospital abgeschlossen, um<br />
dort <strong>in</strong> absehbarer Zeit e<strong>in</strong>en<br />
Friedhof mit e<strong>in</strong>er Fläche von<br />
ca. 3000 ha e<strong>in</strong>richten zu<br />
können. <strong>Der</strong> Neue Israelitische<br />
Friedhof wäre dann die dritte<br />
Ruhestätte der Israelitischen<br />
Religionsgeme<strong>in</strong>de. Wie bereits<br />
vorher vermutet, war der<br />
Alte Israelitische Friedhof im<br />
Jahre 1926 voll belegt.<br />
Erste Entwürfe <strong>Haller</strong>s zum<br />
Neuen Friedhofsgelände gab<br />
es im Jahr 1922, so dass im<br />
September 1922 e<strong>in</strong> Baupolizeiprojekt<br />
e<strong>in</strong>gereicht werden<br />
konnte. Die Pflanzungen nach<br />
den Entwürfen des Gartenarchitekten<br />
Otto Moosdorf begannen<br />
noch im gleichen<br />
Jahr. Da die Baukosten <strong>und</strong><br />
deren F<strong>in</strong>anzierung der geplanten<br />
Gebäude erst im<br />
November 1926 sichergestellt<br />
werden konnte, zögerte sich<br />
der Beg<strong>in</strong>n der Ausführung der<br />
Kopfbauten bis diesem Zeitpunkt<br />
h<strong>in</strong>aus. Die Mittel für den<br />
Abb. 10 Straßenfront Feierhalle Neuer Israelitischer Friedhof <strong>Leipzig</strong><br />
Kuppelbau wurden erst im<br />
März 1927 aufgebracht. Nach<br />
Beseitigung von Problemen<br />
mit dem Gr<strong>und</strong>wasser wurde<br />
der Gr<strong>und</strong>ste<strong>in</strong> zur Kuppelhalle<br />
gelegt <strong>und</strong> der Bauabschnitt<br />
<strong>in</strong> verhältnismäßig kurzer Zeit<br />
fertig gestellt. <strong>Der</strong> kle<strong>in</strong>e Saal<br />
<strong>und</strong> die technischen Räume<br />
wären im Dezember 1927<br />
schon für Beerdigungen zu<br />
nutzen gewesen. Die Arbeiten<br />
am Kuppelbau wurden allerd<strong>in</strong>gs<br />
erst im Februar 1928<br />
abgeschlossen. Aufgr<strong>und</strong> ungünstiger<br />
Witterung zögerte<br />
sich das Anlegen der Wege<br />
noch bis <strong>in</strong> den April h<strong>in</strong>aus.<br />
Die offizielle E<strong>in</strong>weihung der<br />
Feierhalle <strong>und</strong> des Neuen<br />
Israelitischen Friedhofs fand<br />
am 06. Mai 1928 <strong>in</strong> Anwesenheit<br />
aller am Bau Beteiligten<br />
<strong>und</strong> geladener Gäste statt.<br />
<strong>Jüdische</strong> Riten <strong>und</strong> Traditionen<br />
zum Umgang mit dem Verstorbenen<br />
<strong>und</strong> zur Art des<br />
Begräbnis waren ausschlaggebend<br />
für die Form <strong>und</strong> die<br />
Anordnung der Gebäudeteile<br />
zue<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> ihre Ausrichtung<br />
zum Friedhofsgelände.<br />
So ist z.B. der Transport der<br />
Leiche nur <strong>in</strong> vorwärtsgehender<br />
L<strong>in</strong>ie erlaubt. Die Anordnung<br />
aller für das Beisetzungsritual<br />
bestimmter Räume, für<br />
die Waschung <strong>und</strong> rituelle<br />
Re<strong>in</strong>igung, zur Aufbahrung<br />
<strong>und</strong> der Feierraum, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
HTWK <strong>Leipzig</strong>, Studiengang <strong>Architekt</strong>ur, Sem<strong>in</strong>ar, Prof. Harald Stricker, Prof. Dr. Rüdiger Schmittlutz<br />
durchgehenden Flucht war<br />
maßgebend. Auch war auf<br />
die Trennung der Räumlichkeiten,<br />
wo sich die Trauernden,<br />
unter ihnen auch die Kohanim,<br />
die Priester, aufhalten<br />
von denen, wo die Leichen<br />
s<strong>in</strong>d, zu achten. Die Kohanim<br />
dürfen nicht mit dem Toten<br />
unter e<strong>in</strong>em Dach se<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
auch nicht den Friedhof, die<br />
Ruhestätte der Toten, betreten.<br />
Die Räume, wo der<br />
Leichnam gewaschen, gere<strong>in</strong>igt<br />
<strong>und</strong> aufgebahrt wird,<br />
sollten möglichst e<strong>in</strong>fach,<br />
aber funktional gestaltet se<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e schlichte Schmucklosigkeit<br />
haben.<br />
Die Anordnung der Friedhofsbauten<br />
ergab sich somit aus<br />
dem Zusammenspiel von<br />
praktischen Erfordernissen <strong>und</strong><br />
städtebaulichen Gegebenheiten.<br />
Die Feierhalle war unmittelbar<br />
an der Straße errichtet<br />
worden (Abb. 10). E<strong>in</strong>e zur<br />
Straße h<strong>in</strong> offene U-Form erlaubte<br />
die ungeh<strong>in</strong>derte Vorfahrt<br />
<strong>und</strong> den Transport des<br />
Leichnams <strong>in</strong> vorwärtsgehender<br />
Haltung. <strong>Der</strong> Vorhof war <strong>in</strong><br />
diesem S<strong>in</strong>ne Vorfahrt zum<br />
Haupte<strong>in</strong>gang <strong>und</strong> Fußgängerzone<br />
mit Rasenfläche <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em. Im rechten Gebäudeflügel<br />
befanden sich Verwaltungsräume,<br />
Toiletten <strong>und</strong> die<br />
Wohnung des Gärtners. <strong>Der</strong><br />
l<strong>in</strong>ke Seitenflügel des Baus