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SlovoKult.de Slovothek Nr. 1

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10/<br />

Schwimmen im Staub (Roman)<br />

(Auszug)<br />

167. Wir s� egen in die Metro und fuhren in Richtung Stadion. Es war<br />

später Nachmi� ag. Jemand sagte, wir müssten früher hin, um Plätze<br />

direkt vor <strong>de</strong>r Bühne zu erga� ern, also fuhren wir los. Am Eingang<br />

waren wir unter <strong>de</strong>n Ersten. Bis zum Anfang <strong>de</strong>s Konzerts ha� en wir<br />

noch vier Stun<strong>de</strong>n Zeit. Wenn man be<strong>de</strong>nkt, wie früh wir gekommen<br />

waren, hä� e man uns nicht in die erste Reihe vor <strong>de</strong>r Bühne, son<strong>de</strong>rn<br />

oben auf die Bühne lassen müssen, dachte ich. Jemand schlug vor, für<br />

das Konzert Stolichnaya zu kaufen. In <strong>de</strong>r Nähe gab es einen Supermarkt,<br />

genau so einen wie in Skopje. Die gleichen Regale, die gleichen<br />

mürrischen Verkäuferinnen und Spiegel an <strong>de</strong>r Decke, um La<strong>de</strong>ndiebstahl<br />

zu verhin<strong>de</strong>rn. Jemand sagte, wir wür<strong>de</strong>n mit Alkohol nicht reingelassen.<br />

Also kau� en wir auch Sa� in einer Plas� kfl asche, um <strong>de</strong>n<br />

Wodka zu tarnen. Fürs Erste nahmen wir zwei Halbliterfl aschen. Wir<br />

dachten, das wür<strong>de</strong> für <strong>de</strong>n ganzen Abend reichen, aber wie sich herausstellte,<br />

war es nur <strong>de</strong>r Anfang. In <strong>de</strong>n dreieinhalb Stun<strong>de</strong>n bis das<br />

NEP seine Tore öff nete, gingen wir einige Male in <strong>de</strong>n Supermarkt.<br />

Wir verpulverten unsere ganzen Forint. Ich ging noch einmal hin und<br />

klaute eine Flasche. Das Gewimmel <strong>de</strong>r Bowie-Fans war so groß, dass<br />

es niemand merkte. Mars trug eine Gürteltasche mit all unseren Dokumenten.<br />

Er wirkte am nüchternsten von uns allen. Außer<strong>de</strong>m war<br />

er <strong>de</strong>r Älteste, also waren die Pässe bei ihm am sichersten. Wir hüteten<br />

sie wie unsere Augäpfel: die roten Pässe mit <strong>de</strong>m jugoslawischen<br />

Wappen, mit <strong>de</strong>nen wir nach Lust und Laune überall hin fahren konnten.<br />

Heutzutage wer<strong>de</strong>n Aufsätze über sie geschrieben. Aber einem<br />

Dokument so viel Aufmerksamkeit zu widmen – das geht mir einfach<br />

zu weit. Auch wenn das Dokument ein Symbol ist. Für einen verrotteten,<br />

zerfallenen und absolut verfi ckten ... Staat, <strong>de</strong>r quasi von <strong>de</strong>n<br />

Flammen <strong>de</strong>s Wappens <strong>de</strong>r vereinigten Republiken und Provinzen abgefackelt<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

(mehr unter www.slovokult.<strong>de</strong>)<br />

Aus <strong>de</strong>m Makedonischen von Will Firth<br />

Mit freundlicher Genehmigung <strong>de</strong>r Literaturagentur Dagmar Schruf,<br />

www.schruf.<strong>de</strong><br />

<strong>SlovoKult</strong>.<strong>de</strong>

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