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PDF-Version - Bayerischer Journalisten Verband

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Titel<br />

„Presserabatte schaden<br />

unserer Glaubwürdigkeit“<br />

Dominik Stawski hat untersucht,<br />

wie <strong>Journalisten</strong> mit Sonderkonditionen umgehen<br />

Von Senta Krasser<br />

Dominik Stawski, 28,<br />

hat an der Universität<br />

Eichstätt-Ingolstadt<br />

und in Boston Journalistik<br />

und Betriebswirtschaftslehre<br />

studiert. Praktika<br />

führten ihn in die<br />

Korrespondentenbüros<br />

von ARD und dpa<br />

in Washington, zum<br />

WDR und zum Spiegel.<br />

Er volontierte bei<br />

der Süddeutschen<br />

Zeitung und arbeitet<br />

seit 2011 als Redakteur<br />

beim Stern im<br />

Ressort „Deutschland<br />

und Gesellschaft“.<br />

Seine Studie „Die<br />

Prozente der Presse:<br />

Bewertung von <strong>Journalisten</strong>rabatten<br />

aus<br />

Anbieter- und Nutzerperspektive“<br />

ist 2010<br />

beim VS Verlag für<br />

Sozialwissenschaften<br />

erschienen.<br />

Viele <strong>Journalisten</strong> missverstehen<br />

den Presseausweis als Rabattmarke.<br />

Aber dürfen sie das<br />

überhaupt, bei Unternehmen<br />

schnorren, neudeutsch: wulffen?<br />

Und wenn ja, warum ausgerechnet sie? Die Debatte,<br />

im Frühjahr besonders heft ig geführt, hält an. Sie wird<br />

wissenschaft lich unterfüttert von Dominik Stawski, 28.<br />

Der Jungjournalist machte sein Diplom in Eichstätt mit<br />

der Studie „Die Prozente der Presse“.<br />

Herr Stawski, drei Viertel der von Ihnen befragten Tageszeitungsjournalisten<br />

hat schon einmal gewulfft . Hat Sie<br />

diese weit verbreitete Schnäppchenmentalität überrascht?<br />

Und ob. Am Anfang habe ich gedacht, ich müsste den<br />

Leuten, die ich befrage, erst einmal erklären, was Presserabatte<br />

sind. Aber nein. Jeder Journalist kennt sie. Und<br />

die meisten haben sie auch schon mal genutzt. Die Vorstellung,<br />

dass <strong>Journalisten</strong> permanent den Presseausweis<br />

zücken für Prozente, ist allerdings falsch. Es sind eher<br />

Einzelfälle. Meist wird geschnorrt bei größeren Investitionen,<br />

beim Autokauf oder bei Reisen.<br />

Warum gerade Zeitungskollegen als Forschungsobjekt?<br />

Sind dort die meisten Abgreifer?<br />

Das hatte methodische Gründe. Eine Ausweitung auf<br />

andere Medien hätte den Rahmen einer Diplomarbeit gesprengt.<br />

Aber ich vermute, dass Online- oder Fernsehjournalisten<br />

sich nicht völlig anders verhalten<br />

als die bei der Zeitung.<br />

Haben Sie schon mal geschnorrt?<br />

Ja. Ein Mal, das ist ein paar Jahre her.<br />

Und im Nachhinein ärgert es mich. Heute<br />

bin ich sensibler.<br />

Was ist verwerfl ich daran, einen Rabatt in<br />

Anspruch zu nehmen? Andere Berufsgruppen,<br />

Beamte oder Piloten, tun es doch auch.<br />

Das ist eine typische Rechtfertigung. Aber<br />

keine Berufsgruppe tut das in dem Ausmaß<br />

wie <strong>Journalisten</strong>. Das System hat sich professionalisiert.<br />

Es gibt Websites wie pressekondi-<br />

tionen.de und journalismus.com, die Angebote sammeln.<br />

Unternehmen stellen Mitarbeiter frei, die sich nur um die<br />

Abwicklung von <strong>Journalisten</strong>rabatten kümmern. Keine<br />

andere Berufsgruppe kann derart von Sonderkonditionen<br />

profi tieren wie <strong>Journalisten</strong>. Ich persönlich fi nde, man<br />

sollte sorgfältig damit umgehen.<br />

Glauben Sie wirklich, dass sich <strong>Journalisten</strong> von zehn<br />

Prozent Discount beeinfl ussen lassen?<br />

Hoff entlich nicht. Da kommt es auf jeden Einzelnen an.<br />

Es spielt aber auch keine Rolle, ob ein Journalist sich für<br />

korrumpierbar hält oder nicht. Viel wichtiger ist doch, was<br />

die Leser und Zuschauer denken. Ich kann mir nicht vorstellen,<br />

dass die Rabatte, auch wenn sie nur zehn Prozent<br />

betragen, zur Glaubwürdigkeit der <strong>Journalisten</strong> beitragen.<br />

Es scheint, Sie trauen Ihrem eigenen Berufsstand nicht<br />

über den Weg.<br />

Ich habe für die Studie auch Unternehmen befragt. Manche<br />

Pressesprecher erzählten, dass die <strong>Journalisten</strong> sie regelrecht<br />

unter Druck setzen, um einen Rabatt zu bekommen.<br />

Das geht so weit, dass mit negativen Berichten gedroht wird.<br />

Sicher, das sind Einzelfälle. Ich will niemanden unter Generalverdacht<br />

stellen. Es geht mir auch nicht darum, Rabatte<br />

per se zu verteufeln oder Kollegen zu schelten. Ich möchte<br />

mit meiner Studie Fakten in die Diskussion tragen.<br />

Die Fakten: 50 Prozent gaben an, Presserabatte rein berufl<br />

ich zu nutzen. Was schließen Sie daraus?<br />

Dass die Bedingungen im Journalismus off enbar so<br />

schlecht geworden sind, dass <strong>Journalisten</strong> auf Sonderkonditionen<br />

angewiesen sind, weil ihre Auft raggeber sparen.<br />

Sollten auch Freie auf Rabatte verzichten?<br />

Um jeden Anschein zu vermeiden, wäre das besser.<br />

Viele Befragte in meiner Studie gaben aber an, dass sie darauf<br />

angewiesen sind. Das ist ein Dilemma. Und es ist schade,<br />

dass der Druck für manche Freie so groß geworden ist.<br />

14 BJVreport 5/2012<br />

Foto: Volkmar Schulz

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