PDF-Version - Bayerischer Journalisten Verband
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„Ich nehme solche Verträge nicht ernst“<br />
Der Bildjournalist Hans von Draminski über abstruse Fotovorgaben bei Popkonzerten<br />
Von Senta Krasser<br />
Seit Jahren werden Fotografen Verträge vorgelegt,<br />
die sie unterschreiben müssen, um<br />
Stars auf der Bühne ablichten zu dürfen.<br />
Diese Akkreditierungspraxis treibt immer<br />
wildere Blüten, so dass der DJV zuletzt zum<br />
Boykott von Konzerten der britischen Band<br />
Coldplay aufrief. Der Konzertfotograf Hans<br />
von Draminski hat viele Große in der Popstar-Szene<br />
vor der Linse gehabt – und seine<br />
Erfahrungen gemacht.<br />
Sagen Sie mal, Herr von Draminski, was haben<br />
Sie und Ihre Fotokollegen getan, dass Popstars<br />
bei Konzerten rumzicken?<br />
Hans von Draminski: Rumzicken? Mit solchen<br />
Pauschalurteilen muss man sehr, sehr<br />
vorsichtig sein. Ich habe im Lauf der Jahre<br />
festgestellt: Oftmals weiß der Popstar gar<br />
nicht, was da am Rand los ist. Sprich: Du<br />
BJVreport 5/2012<br />
Hans von<br />
Draminski in Aktion<br />
– als Schauspieler auf<br />
der Musicalbühne.<br />
Foto: Tobias Tschepka<br />
Sagen Sie mal ...<br />
... Herr von Draminski<br />
kriegst als Fotograf vom Management abstruse Fotovorgaben. Unterhältst<br />
du dich dann später mit dem Künstler, den du zufällig gut<br />
kennst, schaut der dich an wie ein Auto: Entschuldige, das kommt<br />
nicht von mir. Wenn man Glück hat, läuft es beim nächsten Konzert<br />
besser.<br />
Sie kennen Peter Maffay gut. Wenn er Sie unten im Graben sieht, dürfen<br />
Sie fotografieren, was und wie Sie wollen?<br />
Nein. Schon weil man grundsätzlich nicht mehr dürfen soll und will als<br />
die Kollegen. Das gibt sonst böses Blut. Es gilt die Regel: drei Songs und<br />
raus. Mir ist es bisher nur einmal passiert, dass ich ein ganzes Konzert<br />
fotografieren durfte. „I want to look good“, sagte Justin Sullivan von<br />
der New Model Army, ich will gut ausschauen.<br />
Wer will das nicht, gut ausschauen? Schneiden sich die Künstler mit<br />
der Drei-Song-Regel nicht ins eigene Fleisch?<br />
Wer während der ersten drei Songs keine guten Bilder hinkriegt, ist<br />
meines Erachtens als Konzertfotograf nicht geeignet. Das Problem ist<br />
der Künstler. Der ist am Anfang oft noch nicht warm, wirkt vielleicht<br />
verkrampft. Und wer will schon so aussehen?<br />
Bon Jovi will sich gar nicht im „aufgewärmten Zustand“ ablichten lassen.<br />
Per Vertrag verbietet er „scenes of sex, nudity and bad manner“.<br />
Das heißt übersetzt: Wenn Jon Bon Jovi sich eine Konzertbesucherin<br />
greift und sie vor Publikum auf der Bühne durchnudelt, dann darf<br />
man das nicht fotografieren. Gut, wird sehr wahrscheinlich nicht vorkommen,<br />
er ist ja kein US-Rapper. Aber mit solch absurden Verträgen<br />
haben wir Fotografen es zunehmend zu tun.<br />
Unterschreiben Sie immer, um fotografieren zu können?<br />
Mal so, mal so. Es gibt lokale Konzertveranstalter wie das Concertbüro<br />
Franken, die unterschreiben im Zweifelsfall für dich, und schmeißen<br />
den Vertrag danach in die Tonne, weil sie genau wissen, dass er<br />
nichts wert ist und vor deutschen Gerichten keinen Bestand hat.<br />
Wieso nichts wert?<br />
Weil er gegen die guten Sitten verstößt. Einmal wurde verlangt, dass<br />
ich „throughout the universe“ die Rechte an meinen Bildern abgebe.<br />
Ich trete doch nicht einmal meiner Zeitung, für die ich als angestellter<br />
Redakteur arbeite, die gesamten Bildrechte ab. Lediglich<br />
der einmalige Abdruck ist frei. Das war’s. Jede weitere Verwendung<br />
muss besprochen und im Zweifelsfall honoriert werden. So will es das<br />
deutsche Urheberrecht.<br />
Bei all den wilden Konzertknipsern und den vielen Onlinemedien, die<br />
es heutzutage gibt, wollen die Künstler eben die Kontrolle behalten.<br />
Verstehen Sie das nicht?<br />
Okay, die Stars fürchten Kontrollverlust. Sie wollen selbst permanent<br />
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