Schwarzarbeit - Nord-Handwerk
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THEMA DES MONATS<br />
Finanzkontrolle <strong>Schwarzarbeit</strong><br />
Einsatz gegen Unbekannt<br />
Das Bundesministerium für Finanzen bildete 2004 die Finanzkontrolle <strong>Schwarzarbeit</strong> mit 6.300<br />
Beamten zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft. <strong>Nord</strong><strong>Handwerk</strong> begleitete die Kontrolleure<br />
auf einer Baustelle.<br />
Schwaches Licht beleuchtet in den<br />
frühen Morgenstunden den Parkplatz<br />
vor dem Hauptzollamt in Itzehoe.<br />
Im Dunklen kniet ein Mann vor einem<br />
schwarzen Kombi. Vorsichtig zieht er das<br />
Nummernschild ab. Der langhaarige,<br />
kräftig Gebaute ist kein Einbrecher.<br />
Ludwig W. (alle Namen geändert) ist<br />
Vollzugsbeamter des Bundes. Er gehört<br />
zur Finanzkontrolle <strong>Schwarzarbeit</strong><br />
(FKS). Da heute ein Großeinsatz geplant<br />
ist, müssen die dienstlichen Kennzeichen<br />
abgebaut werden. Schließlich sollen die<br />
Autos nicht sofort erkannt werden.<br />
Ludwig W. weiß noch nicht, wohin<br />
12 <strong>Nord</strong><strong>Handwerk</strong> Februar 2008<br />
er und seine 20 Kollegen heute müssen.<br />
Nur der Einsatzleiter kennt den Ort. In<br />
den vergangenen Wochen haben Beamte<br />
in Zivil die Baustellen bereits beobachtet.<br />
Einige waren sogar unbemerkt in<br />
den Gebäuden, um die Lage einzuschätzen.<br />
Sie klärten auch wo sich Ein- und<br />
Ausgänge befinden und wie groß das<br />
Areal des Einsatzortes ist. Einsatzleiter<br />
Dieter D. zeigt Lagepläne und erklärt<br />
die Taktik.<br />
Die Anspannung steigt. Konzentriert<br />
warten die Männer und Frauen<br />
auf den Aufbruch. Sie gehören zum<br />
Eider Hauptzollamt. 109 Kontrolleure<br />
Fotos: Seemann(5)<br />
überwachen insbesondere Baustellen<br />
zwischen Hamburg und Flensburg – 54<br />
in Flensburg und 55 in Itzehoe. Ein<br />
riesiges Gebiet mit vielen Baustellen.<br />
Der Kampf gegen die <strong>Schwarzarbeit</strong><br />
scheint mit so wenigen Leuten fast<br />
aussichtslos.<br />
Teure Initiative<br />
Bundesweit wurde die Zahl der Kontrolleure<br />
an 113 Standorten auf 6.300<br />
erhöht. Vor vier Jahren wurde die FKS<br />
durch Eingliederung von 2.600 Kontrolleuren<br />
der Bundesagentur für Arbeit<br />
(BA) gebildet. Ziel war es, durch gezielte<br />
Kontrollen die jährlichen Einnahmen<br />
des Staates um eine Milliarde € zu erhöhen.<br />
Die bisherigen Zahlen sprechen<br />
eine andere Sprache. Der Bundesrechnungshof<br />
hinterfragt in seinem jüngsten<br />
Bericht kritisch den Sinn<br />
der Kontrollen. Die Erwartungen<br />
seien bei weitem<br />
nicht erfüllt worden.<br />
Von Anfang 2005 bis Mitte<br />
2006 wurden Sozialversicherungsschäden<br />
in Höhe<br />
von 402 Millionen € festgestellt.<br />
Hinzu kommen<br />
verhinderte Steuerausfälle<br />
von 167 Millionen €. Der Rechnungshof<br />
analysiert, dass damit noch nicht einmal<br />
die Verwaltungskosten der FKS gedeckt<br />
sind. Von Seiten des Bundesministerium<br />
für Finanzen werden die Kosten für<br />
die FKS für 2005 und 2006 die auf<br />
287 Millionen € geschätzt. Der Bundesrechnungshof<br />
errechnet hingegen<br />
355 Millionen €. Weiterhin sei es laut<br />
Rechnungshof so, dass die Bußgelder<br />
nicht in der gewünschte Höhe eingetrieben<br />
werden könnten. Im Jahr 2005<br />
wurden Geldbußen in Höhe von 67<br />
Millionen € festgelegt,<br />
von denen tatsächlich<br />
nur 7,5 Millionen €<br />
eingetrieben werden<br />
konnten. Die jüngste<br />
Erhebung des Rechnungshofes<br />
ergab, dass<br />
bei den geprüften<br />
Standorten lediglich<br />
22 % der festgesetzten<br />
Bußgelder tatsächlich<br />
rechtskräftig wurden.<br />
Trotzdem soll die<br />
FKS erweitert werden.<br />
Diese Form der<br />
<strong>Schwarzarbeit</strong>sverfolgung<br />
ist das Ergebnis<br />
eines langen Prozesses.<br />
Seit 1957 wurden Gesetze<br />
zur Bekämpfung<br />
der <strong>Schwarzarbeit</strong> immer<br />
wieder geändert.<br />
Die roten Zahlen<br />
sind den Beamten<br />
jetzt egal. Mit ihren<br />
vorhandenen Ressourcen<br />
wollen sie nur<br />
verfolgen und ahnden.<br />
THEMA DES MONATS<br />
Die regelmäßige Präsenz soll präventiv<br />
wirken. Mit der Bestrafung von Leistungsmissbräuchen,Mindestlohnunterschreitungen<br />
und Verstößen gegen das<br />
Entsendegesetz haben sie anschließend<br />
nichts mehr zu tun.<br />
Fünf Wagen setzen sich<br />
langsam in Bewegung.<br />
„Jetzt steigt so langsam<br />
die Anspannung bei uns<br />
allen. Wir wissen schließlich<br />
nie was uns auf den<br />
Baustellen erwartet“,<br />
erklärt Ludwig W. Bauarbeiter<br />
in Bedrängnis<br />
seien oftmals unberechenbar. Dann<br />
werden herumliegende Werkzeuge zu<br />
Waffen. Ludwig W. ist gut geschützt.<br />
Unter seiner dunkelgrünen Jacke trägt<br />
er eine schuss- und stichfeste Weste.<br />
„So gut war ich als Kontrolleur der<br />
Bundesagentur für Arbeit sonst nicht<br />
geschützt“, berichtet W. Bei Einsätzen<br />
dieser Größenordung sind die Beamten<br />
bis zu zwölf Stunden hochkonzentriert<br />
unterwegs.<br />
Besuch zur Frühstückszeit<br />
Auf einem kleinen<br />
Parkplatz sammeln sich<br />
die Fahrzeuge ein letztes<br />
Mal in Elmshorn. Nur<br />
wenige hundert Meter<br />
entfernt ahnen die<br />
Bauarbeiter des neuen<br />
Klinikums noch nichts<br />
vom anstehenden Besuch.<br />
Ludwig L. setzt<br />
einen weißen Helm<br />
auf. An der Einsatzstelle<br />
muss alles ziemlich<br />
schnell gehen. Über einen<br />
sandigen Weg erreichen<br />
die Beamten die<br />
Baustelle. Es ist 9 Uhr<br />
– Frühstückszeit auf<br />
dem Bau. „Jetzt haben<br />
wir die beste Möglichkeit,<br />
unbemerkt aufs<br />
Gelände zu kommen“,<br />
so Ludwig L.<br />
Der Konvoi rollt von<br />
hinten auf die Baustelle.<br />
Kaum stehen die Wagen,<br />
schwärmen die<br />
grünen Männer >>