Tariftreue und Arbeitnehmerrechte bei Au.pdf - Kreis Kleve
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Vorlage<br />
zu den Sitzungen der nachfolgenden Gremien:<br />
Vorlage Nr. 364 /WP09<br />
öffentliche Sitzung<br />
<strong>Kreis</strong>ausschuss 25.11.2010 TOP<br />
<strong>Kreis</strong>tag 16.12.2010 TOP<br />
TOP<br />
TOP<br />
<strong>Tariftreue</strong> <strong>und</strong> <strong>Ar<strong>bei</strong>tnehmerrechte</strong> <strong>bei</strong> <strong>Au</strong>ftragsvergaben durch den <strong>Kreis</strong> <strong>Kleve</strong>;<br />
Antrag der SPD-<strong>Kreis</strong>tagsfraktion vom 22.09.2010<br />
Das am 01.03.2003 in Kraft getretene Gesetz zur tariflichen Entlohnung <strong>bei</strong> öffentlichen <strong>Au</strong>fträgen<br />
im Land NRW (<strong>Tariftreue</strong>gesetz NRW) vom 17.12.2002 hat der nordrhein-westfälische<br />
Landtag in seiner Sitzung am 25.10.2006 aufgehoben. Bis zu diesem Zeitpunkt durften öffentlich<br />
Bauaufträge <strong>und</strong> Verkehrsdienstleistungen ab 10.000 Euro nur solchen Unternehmen erteilt<br />
werden, die ihren Ar<strong>bei</strong>tnehmern <strong>bei</strong> der <strong>Au</strong>sführung der Leistung mindestens nach dem<br />
am Ort der Leistungsausführung einschlägigen Lohn- <strong>und</strong> Gehaltstarif zum tarifvertraglich<br />
vorgesehenen Zeitpunkt bezahlten sowie die tarifliche Ar<strong>bei</strong>tszeit anwendeten.<br />
Im April 2008 hat der Europäische Gerichtshof im so genannten Rüffert-Fall die <strong>Tariftreue</strong>-<br />
Vorschriften des damaligen niedersächsischen Vergabegesetzes als Verstoß gegen die europäische<br />
Dienstleistungsfreiheit gewertet. In der Folge davon haben alle B<strong>und</strong>esländer, in denen<br />
noch <strong>Tariftreue</strong>gesetze existierten, ihre Regelungen ausgesetzt.<br />
Nach dem aktuellen Stand haben zwischenzeitlich fünf B<strong>und</strong>esländer (Berlin, Bremen, Hamburg,<br />
Niedersachsen, Saarland) eine europarechtskonforme Neugestaltung ihrer <strong>Tariftreue</strong>gesetze<br />
vorgenommen. Wesentliche Kriterien für Novellierung sind die Mindestlöhne nach dem<br />
Ar<strong>bei</strong>tnehmerentsendegesetz (AEntG) <strong>und</strong> der vergabespezifische Mindestlohn.<br />
Unter das Ar<strong>bei</strong>tnehmerentsendegesetz fallen insbesondere die Branchen des Bauhauptgewerbes,<br />
des Dachdecker-, Elektro-, Maler- <strong>und</strong> Lackiererhandwerks, des Gebäudereinigerhandwerks,<br />
der Pflegesektor sowie die Abfallwirtschaft. Öffentliche <strong>Au</strong>fträge dürfen danach<br />
nur an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten mindestens die branchenspezifischen<br />
Mindestlöhne zahlen. Darüber hinaus wurde in den neugestalteten <strong>Tariftreue</strong>regelungen<br />
ein vergabespezifischer Mindestlohn normiert. Demnach kann <strong>bei</strong>spielsweise in Bremen<br />
ein Unternehmen einen öffentlichen <strong>Au</strong>ftrag nur erhalten, wenn den Beschäftigten mindestens<br />
7,50 Euro brutto pro St<strong>und</strong>e gezahlt wird. Sofern die Tariflöhne der entsprechenden<br />
Branche jedoch höher sind, müssen diese eingehalten werden.<br />
In NRW gibt es nach wie vor kein Landesvergabe- oder <strong>Tariftreue</strong>gesetz, aus dem sich die<br />
Verpflichtung einer Vergabestelle ergäbe, die Einhaltung gültiger Tarifverträge im Rahmen der<br />
Eignungsprüfung zu kontrollieren. Jedoch hat die neue Landesregierung in Nordrhein-<br />
Westfalen in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, ein neues <strong>Tariftreue</strong>gesetz zu entwickeln.<br />
Darüber hinaus haben aktuell auch die B<strong>und</strong>esländer Brandenburg, Mecklenburg-<br />
Vorpommern, Rheinland-Pfalz <strong>und</strong> Thüringen Gesetzesentwürfe für eine Neuregelung angekündigt.
- 2 -<br />
Nach der aktuellen Rechtslage in NRW ergibt sich für die Vergabestellen auch ohne Vorliegen<br />
eines <strong>Tariftreue</strong>gesetzes die Verpflichtung aus dem Ar<strong>bei</strong>tnehmerentsendegesetz heraus,<br />
<strong>Au</strong>ftragsvergaben an Unternehmer innerhalb der unter das Ar<strong>bei</strong>tnehmerentsendegesetz fallenden<br />
Branchen von der Zahlung des branchenspezifischen Mindestlohnes abhängig zu machen.<br />
Um Lohndumping entgegenwirken zu können, ergibt sich aus der Vergabe- <strong>und</strong> Vertragsordnung<br />
für Leistungen (VOL/A) eine weitere Prüfverpflichtung. Bei der Wertung der Angebote<br />
sind <strong>Au</strong>ftraggeber zur <strong>Au</strong>fklärung verpflichtet, wenn ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden<br />
Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint. Insofern können Angebote im Einzelfall<br />
unter dem Aspekt des Vorliegens eines unangemessen niedrig erscheinenden Angebotes auf<br />
die ihnen zu Gr<strong>und</strong>e liegende Lohnstruktur überprüft werden.<br />
Hinsichtlich der angekündigten Gesetzesinitiativen in Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> auch in anderen<br />
B<strong>und</strong>esländern ist aktuell zum Thema <strong>Tariftreue</strong> eine dynamische Entwicklung zu verzeichnen.<br />
<strong>Au</strong>fgr<strong>und</strong> der Ankündigung der neuen NRW-Landesregierung im Koalitionsvertrag,<br />
ein neues <strong>Tariftreue</strong>gesetz für Nordrhein-Westfalen zu entwickeln, ist seitens der Verwaltung<br />
nicht beabsichtigt, im Vorgriff auf die angekündigte Gesetzesinitiative die Vergabebestimmungen<br />
der <strong>Kreis</strong>verwaltung <strong>Kleve</strong> zu modifizieren, da in NRW keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich<br />
der Einbeziehung sozialer Kriterien (<strong>Ar<strong>bei</strong>tnehmerrechte</strong>), einer wirksamen Umsetzung,<br />
der Kontrolle <strong>und</strong> der Sanktionsmöglichkeiten existieren. Erst wenn die Landesregierung<br />
eine entsprechende gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage geschaffen hat, wird eine Anpassung der Vergabebestimmungen<br />
auf <strong>Kreis</strong>ebene unter Berücksichtigung der hieraus ergangenen, konkreten<br />
Handlungsanweisungen durch den Gesetzgeber erfolgen.<br />
Beschlussvorschlag:<br />
Der Antrag der SPD-<strong>Kreis</strong>tagsfraktion vom 22.09.2010 wird abgelehnt.<br />
<strong>Kleve</strong>, 12.11.2010<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Kleve</strong><br />
Der Landrat<br />
1.2 - 10 70 01<br />
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