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Detail Magazin | Serie 2013 1/2 Transparent und - Heinsdorff, Markus

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6 <strong>2013</strong> ¥ 1/2 ∂<br />

Leuchtende Edelsteine für Indien –<br />

ein Interview mit <strong>Markus</strong> <strong>Heinsdorff</strong><br />

Translucent Gems for India –<br />

An Interview with <strong>Markus</strong> <strong>Heinsdorff</strong><br />

Fotos:<br />

<strong>Markus</strong> <strong>Heinsdorff</strong> / Christian Schittich<br />

www.detail.de<br />

Wie Lampions leuchten bei Nacht die 16<br />

kunstvoll gestalteten Pavillons, die gerade<br />

als »mobiler Raum« durch fünf der größten<br />

Metropolen Indiens ziehen. Als »Indo­German<br />

Urban Mela« bilden sie an ihrem jeweiligen<br />

Standort für insgesamt zehn Tage den<br />

Höhepunkt des Deutschlandjahres, das unter<br />

dem Motto »StadtRäume – City Spaces« die<br />

Auswirkungen <strong>und</strong> Herausforderungen einer<br />

rasanten Urbanisierung für die Städte beider<br />

Länder thematisiert. Die von dem Münchner<br />

Künstler <strong>Markus</strong> <strong>Heinsdorff</strong> entworfenen Konstruktionen<br />

dienen dabei als Ausstellungs­<br />

<strong>und</strong> Präsentationsräume, für Konferenzen<br />

sowie kulturelle Veranstaltungen. Ihre Fassaden<br />

zeigen kristalline Formen geschliffener<br />

Edelsteine <strong>und</strong> thematisieren den in der indischen<br />

Tradition wichtigen Begriff »Stoff«.<br />

Nach Mumbai, Bangalore, Chennai <strong>und</strong> Delhi<br />

sind die Pavillons vom 10. bis zum 20. Januar<br />

<strong>2013</strong> auf ihrer letzten Station in Pune zu sehen.<br />

<strong>Markus</strong> <strong>Heinsdorff</strong> erläutert in dem nachfolgenden<br />

Interview das Entwurfskonzept <strong>und</strong><br />

äußert sich zu Material <strong>und</strong> Nachhaltigkeit, zu<br />

Stofflichkeit <strong>und</strong> Transluzenz.<br />

<strong>Detail</strong>: Auf welchem Gr<strong>und</strong>konzept, welchen<br />

gestalterischen Ideen basieren Ihre Pavillons?<br />

<strong>Markus</strong> <strong>Heinsdorff</strong>: Mein Konzept, mit dessen<br />

Umsetzung ich nach einem vorangegangenen<br />

Wettbewerb beauftragt wurde,<br />

beinhaltet die unterschiedlichsten Aspekte.<br />

Ein wesentliches Leitmotiv ist der Stoff, das<br />

Gewebe, denn dieses hat in Indien eine große<br />

Tradition <strong>und</strong> noch heute ist das Land<br />

neben China Weltmeister in der Stoffentwicklung<br />

<strong>und</strong> ­verarbeitung. Gleichzeitig<br />

fasziniert es mich, wie die Inder Zelte für alle<br />

möglichen Zeremonien einsetzen, allen voran<br />

für Hochzeiten. Doch die Oberflächen<br />

ihrer heutigen Zelte sind meist flach <strong>und</strong> damit<br />

langweilig. Deshalb habe ich für meine<br />

Pavillons das Motiv des Edelsteins gewählt,<br />

das sich direkt aus dem übergeordneten<br />

Motto »Natur« ableiten lässt. Das führte<br />

zu der facettierten Form <strong>und</strong> symbolisiert<br />

gleichzeitig den gestalterischen Reichtum<br />

Indiens – seine prachtvollen Kostüme, Farben,<br />

sein Schmuckdesign <strong>und</strong> vor allem<br />

natürlich die Mode. Doch auch das Thema<br />

1 Pavillon Typ 3/Pavilion Type 3<br />

2 unterschiedliche Pavillon­Typen als Renderings/<br />

Rendering of different pavilion types<br />

a Typ 1/Type 1: 130 m 2<br />

b Typ 2/Type 2: 80 m 2<br />

c Typ 4/Type 4: 75 m 2<br />

d Typ 5 (zweischalig)/Type 5 (double­skin): 50 m 2<br />

e Typ 7 (gekoppelt)/Type 7 (combined): 100 m 2<br />

f Typ 3 (gekoppelt)/Type 3 (combined pavilion):<br />

3≈ 50 m 2<br />

3 »Urban Mela« in Mumbai<br />

Nachhaltigkeit spielt in meinem Konzept<br />

eine tragende Rolle.<br />

Und wie kam es zu den verwendeten Farben?<br />

Für mich war schnell klar, dass die Pavillons<br />

farblich eher reduziert sein sollten. Denn<br />

Indien ist ja selbst voller Farben. Ich wollte<br />

eine Art Bühne schaffen, die durch die bunten<br />

Benutzer belebt wird. Die verwendeten<br />

Farben ergeben sich aus dem Motiv des<br />

Schmucksteins. Ich entschied mich für<br />

überwiegend metallische Töne – Gold, Silber<br />

<strong>und</strong> Kupfer–, die Farben jener Materialien,<br />

die die Steine letztendlich fassen. Wir<br />

haben diesen Effekt bereits sehr früh mit<br />

Renderings simuliert <strong>und</strong> es ist faszinierend<br />

zu sehen, dass die fertigen Pavillons auf<br />

den ersten Übersichtsfotos tatsächlich aussehen<br />

wie Edelsteine (Abb. 3).<br />

Bei Ihren chinesischen Vorgängerbauten<br />

hatten Sie Bambus für die Tragkonstruktion<br />

verwendet, weshalb haben Sie sich hier für<br />

Stahl entschieden?<br />

Zunächst einmal sollte es eine klare Unterscheidung<br />

geben zwischen dem Auftritt<br />

Deutschlands in China <strong>und</strong> in Indien. Ein<br />

wesentlicher Leitgedanke war, mit den<br />

Möglichkeiten des Landes zu arbeiten. Da<br />

hätte ich mich an Bambus nicht unbedingt<br />

herangewagt, denn es gibt bei den ausführenden<br />

Firmen überhaupt keine Erfahrung<br />

mehr damit. Auch in China war der Einsatz<br />

von Bambus schwierig – aber dort finden<br />

sich letztlich doch noch technisch versiertere<br />

Firmen, die mit dem Material umgehen<br />

können.<br />

Nachdem wir nur die sehr kurze Zeitspanne<br />

von einem halben Jahr für die Vorbereitung<br />

hatten, ließen wir die Finger von wirklichen<br />

Hightech­Lösungen <strong>und</strong> entwickelten zusammen<br />

mit schlaich bergermann <strong>und</strong> partner<br />

verschiedene Leichtbaukonstruktionen<br />

aus Stahl, die mit einfachen Mitteln umgesetzt<br />

werden konnten. Im Endeffekt haben<br />

wir nicht einmal eine richtige Stahlbaufirma<br />

gehabt, teilweise wurden die Arbeiten von<br />

ungelernten Arbeitern oder Schweißern ausgeführt,<br />

sodass nicht alles genauso umgesetzt<br />

werden konnte wie auf unseren Plä­<br />

1<br />

nen. Schließlich haben wir aber einen einigermaßen<br />

maßhaltigen Stahlbau erhalten.<br />

Das Material Stahl hat es uns ermöglicht, mit<br />

wenigen Seilen <strong>und</strong> dünnen Stahlrohren unglaublich<br />

leichtgewichtige, möglichst große<br />

Strukturen zu realisieren. Fast alle Bauten<br />

haben keine Innenstützen, sind also sehr<br />

flexibel nutzbar. Und das, obwohl die Bauten<br />

teilweise starken tropischen Stürmen<br />

ausgesetzt sind. Gleichzeitig konnten wir mit<br />

dem Stahlbau an manchen Stellen aber<br />

auch noch mal symbolisch das Gewebe­<br />

<strong>und</strong> Stoffthema aufnehmen, z. B. mit dem<br />

Dach aus Stahlseilen beim großen Konferenz­Pavillon.<br />

Darüber hinaus erinnert dieses<br />

Dach auch an ein Rad, das als Symbol<br />

in der indischen Flagge vorkommt.<br />

Spielten auch Vorbehalte eine Rolle, die es<br />

in Indien gegen den traditionellen Baustoff<br />

Bambus gibt? Wird er hier als nicht mehr<br />

zeitgemäß gesehen?<br />

Ja, interessanterweise gibt es in Indien –<br />

ganz im Gegensatz zu China – eigentlich<br />

so gut wie gar keine Bambusverarbeitung<br />

mehr. Auf Baustellen sieht man zwar noch<br />

unglaublich viele Gerüste allereinfachster<br />

Machart. Aber ein wirkliches Bauen mit<br />

Bambus existiert nur noch in einigen armen<br />

Regionen im Süden, <strong>und</strong> auch dabei handelt<br />

es sich überwiegend um einfache ländliche<br />

Gebäude.<br />

Sie haben erwähnt, dass der Leitgedanke der<br />

Nachhaltigkeit Ihrem Konzept zugr<strong>und</strong>e liegt.<br />

Könnten Sie das genauer erläutern?<br />

Zunächst einmal hatten wir den Anspruch,<br />

alles vor Ort in Indien herstellen zu lassen,<br />

um damit den aufwändigen Transport von<br />

Kontinent zu Kontinent zu vermeiden. Dann<br />

ging es darum, eine Konstruktion zu entwickeln,<br />

die mit möglichst wenig maschineller<br />

Kühlung auskommt, denn wir sind hier mit<br />

den Pavillons ja teilweise in unglaublich<br />

heißen Zonen unterwegs. Deshalb haben<br />

wir Typen entwickelt, die beispielsweise mit<br />

ihrer Doppelfassade einen stetigen Luftzug<br />

ermöglichen, so wie man es auch von traditionellen<br />

Häusern hier kennt. Die Fassade<br />

eines Typs etwa ist geflochten, dadurch ent­

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