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Marktgemeinde Nötsch im Gailtal

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GASTKOMMENTAR<br />

<strong>Nötsch</strong>er Gleise<br />

Als den fünf Jurymitgliedern des ÖBB-Literaturwettbewerbes WORT<br />

AM ZUG in den ersten Monaten dieses Jahres die Beiträge in anonymisierter<br />

Form übermittelt worden sind, sind wir verblüfft ob der Vielzahl<br />

und vor allem ob der gebotenen Qualität gewesen. Wie bei jedem<br />

Wettbewerb zu bedauern ist, können <strong>im</strong>mer nur die ersten drei jeder<br />

ausgeschriebenen Kategorie die Würdigungen entgegennehmen. Oft<br />

geht es dort und da nur um einen, zwei Punkte, die entscheidend sein<br />

können, und ein wertvoller Beitrag gelangt nie mehr in die Öffentlichkeit.<br />

Als kurz vor der Preisverleihung die Namen und damit für uns die<br />

Gehe<strong>im</strong>nisse gelüftet worden sind, habe ich mich über einen Namen<br />

besonders gefreut: Bernd Schirner.<br />

Sein Beitrag <strong>Nötsch</strong>er Gleise hat mich besonders berührt, und ich<br />

möchte ihn denjenigen, für die er geschrieben worden ist, meinen<br />

<strong>Nötsch</strong>ern, als Nachlese sozusagen frei Haus liefern. Es handelt sich<br />

um eine Liebeserklärung an <strong>Nötsch</strong>. Bernd Schirner unterrichtet Evangelische<br />

Religion. Er lebt mit seiner Gattin Inge (die aus dem Bleiberg<br />

stammt; geb. Reichmann) in Villach - St. Ulrich. Bernd Schirner ist<br />

mir über die Jahre ein lieber Schriftstellerfreund geworden. Seine Lebensfreude<br />

ist trotz heilloser Krankheit ungebrochen, und sein Geist ist<br />

wach und scheut das Neue, das Unbekannte nicht. Seine Geradlinigkeit<br />

ist in Zeiten des selbstverständlich gewordenen Wortbruchs und<br />

der zu beklagenden Heuchelei ein verlässlicher und ruhiger Anker. Viel<br />

Freude mit der Nachlese.<br />

Claudia Rosenwirth-Fendre<br />

<strong>Nötsch</strong>er Gleise<br />

18.1.2007<br />

<strong>Nötsch</strong> <strong>im</strong> Sommer.<br />

Ein Fußweg neben dem Bahndamm, leicht<br />

abfallend.<br />

Macht es die Perspektive, der besondere<br />

Lichteinfall, irgendetwas ist es?<br />

Die Gleise ziehen meine Aufmerksamkeit<br />

auf sich, verzaubern, nehmen mich mit auf<br />

eine Reise, lassen träumen.<br />

Tief prägt sich Eisen, Stein und Holz in<br />

mir ein, Schotter, Schwellen Schrauben,<br />

- ein Hauch von Rost, dazwischen hin und<br />

wieder etwas Grün, sich gegen das Harte<br />

behauptend, Kraft der Hoffnung, zum Trotz<br />

gegen alles Harte.<br />

Das Schienenband zieht zum Horizont,<br />

n<strong>im</strong>mt mich mit.<br />

Meine Gedanken schweben davon.<br />

Höre <strong>im</strong> Unterbewussten den Takt von<br />

Eisenrädern auf Eisenschienen, der Takt<br />

wiegt mich zurück bis in meine Jugend.<br />

Sehe die Fahrten zur Schule, die alten<br />

Freunde, schnell noch einen Aufgabenzettel<br />

abgeschrieben, dabei hin und<br />

wieder den Blick durchs Tal schweifend,<br />

die He<strong>im</strong>at prägt, ist vertraut und doch<br />

herausfordernd, bekannt und doch neu.<br />

Andere Bahnerlebnisse drängen sich<br />

ins Bewusstsein, überlagern die alten<br />

Erinnerungen.<br />

Sehe mich nachts wartend auf den ersten<br />

Zug, müde, etwas trostlos, wie das Grau<br />

des grauenden Morgen.<br />

Weitere Bilder brechen hervor, der Takt<br />

wird schneller, <strong>im</strong> falschen Zug sitzend,<br />

nur Schlusslichter sehend, Zeitdruck, ob<br />

ich noch die richtige Verbindung finde,<br />

rennen, gerade noch die Tür aufgerissen,<br />

ein Bild nach dem anderen, <strong>im</strong>mer<br />

schneller und schneller, bis sich endlich<br />

Entspannung einstellt.<br />

Durchschnaufen, erleichtert in den Sitz<br />

sinken, die Landschaft vorüber rauschen<br />

lassen, nicht das Leben, Zeit haben,<br />

wieder zu sich zu kommen.<br />

Auf die alten Tage, noch einmal Studium.<br />

Die erste Bahnfahrt nach Wien.<br />

So langsam mit der verändernden Landschaft<br />

das Wagnis erahnen.<br />

Verklärende Sonne über dem Wörthersee,<br />

über dem Semmering unergründlich tiefes<br />

Blau, nur ein paar kleine weiße Wolken die<br />

sich verlieren.<br />

Wiener Neustadt, die Spannung steigt,<br />

kribbeln, wie wird es werden?<br />

Impressum: Mitteilungsblatt <strong>Nötsch</strong> <strong>im</strong> <strong>Gailtal</strong><br />

Herausgeber und für den Inhalt verantwor tlich: <strong>Marktgemeinde</strong> <strong>Nötsch</strong> i.G. • Tel. 0 42 56 / 21 45<br />

Satz, Layout, Produktion: Fatzi Werbegrafik-Design • 9611 <strong>Nötsch</strong> i.G. • Nächster Anzeigenschluß: 7. Sept. 2007<br />

Schon bald tauche ich ein in die Großstadt.<br />

Ich wage es, wage es!<br />

Zwischen den Zug nicht verpassen und<br />

getragen werden an sein Ziel, Bild meines<br />

Lebens.<br />

Aber sitze ich <strong>im</strong> Zug?<br />

Hier in <strong>Nötsch</strong> kann ich nach Villach oder<br />

Hermagor fahren, aber be<strong>im</strong> Lebenszug,<br />

wo steige ich ein und weiß ich wohin ich<br />

will?<br />

Die Gleise haben in mir Sehnsucht nach<br />

Weite erweckt, hinaus – den Horizont<br />

ergründen, die fesselnden Gegebenheiten<br />

durchbrechen und aufbrechen.<br />

Wunschdenken? Oder gibt es einen<br />

Schalter und ein Ticket dafür?<br />

Ein Prophetenwort kommt mir in den Sinn,<br />

macht mich nachdenklich.<br />

Ist da nicht wieder dieser Takt den ich<br />

hörte, nur auf einer anderen Ebene?<br />

„Siehe, ich will ein Neues schaffen, ..... .“<br />

Der Abzweig am Bach ist erreicht, ich<br />

verlasse den Bahnweg, folge weiter dem<br />

am Bach, verlasse damit auch meine<br />

Bahngedanken, anderes ist nun dran,<br />

überlagert wird der kurze Impuls.<br />

Schon bald wäre alles vergessen, aber<br />

mein Rückweg führt wieder an der Bahnlinie<br />

entlang, der Hermagorer Zug fährt just<br />

in dem Moment an mir vorbei, prägt sich<br />

in mir ein, weckt wieder alle Gedanken auf,<br />

rüttelt sie an die Oberfläche, prägt sie in<br />

mein Bewusstsein ein, laut und gewaltig.<br />

Fasziniert schaue ich dem Zug hinterher,<br />

ob er’s gemerkt hat, was er bei mir<br />

bewirkte?<br />

Jetzt vergesse ich es nicht mehr, so tief<br />

hat der Zug es in mir hineingerüttelt,<br />

Sehnsucht will ich haben und Mut, ja, den<br />

Horizont will ich ergründen!<br />

Ihr Gleise und du Zug, ihr lässt es mich<br />

nicht mehr vergessen, und zur Not rüttelt<br />

ihr lautstark wieder meine Zuggedanken an<br />

die Oberfläche.<br />

Das Leben ist noch voller Abenteuer!<br />

Ich will auf jeden Fall hellhörig sein und auf<br />

verborgene Winke achten.<br />

Gott spricht: Siehe ich will ein Neues<br />

schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s<br />

denn nicht? Ich mache einen Weg in der<br />

Wüste und Wasserströme in der Einöde.<br />

(Jesaja 43,19)<br />

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