Schätze des Aga Khan Museum - Aga Khan Development Network
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© Lorenz Korn, Bamberg<br />
Der iranisierte Osten und die Herrschertradition<br />
Michael Barry<br />
Samarkand (Usbekistan), Große Moschee <strong>des</strong><br />
Timur (»Bibi <strong>Khan</strong>um«), südliche Nebenkuppel<br />
Von der persischen Sprache hatten die spanischen<br />
und nordafrikanischen Muslime (für<br />
die »islamisch« immer gleichbedeutend war<br />
mit »arabisch«) nur eine vage Vorstellung.<br />
Die Verbreitung <strong>des</strong> Persischen, oder vielmehr<br />
seine Wiedererweckung, um die Mitte<br />
<strong>des</strong> 11. Jahrhunderts war jedoch keinesfalls<br />
ein historischer Zufall. Im gesamten Gebiet<br />
<strong>des</strong> islamischen Ostens erhielt diese mittelöstliche<br />
Sprache einen dem Arabischen vergleichbaren<br />
kulturellen, wenn nicht gar liturgischen<br />
Status.<br />
Zu Beginn der islamischen Geschichte, im<br />
7. Jahrhundert, waren die arabischen Eroberer<br />
von der Arabischen Halbinsel aus über<br />
weite Teile <strong>des</strong> christianisierten Römischen<br />
bzw. Byzantinischen Reiches hinweggefegt.<br />
Das Reich ihrer früheren Rivalen, der zoroastrischen<br />
Sassaniden in Persien, hatten sie in<br />
seiner Gesamtheit überrannt und eingenommen.<br />
Die erste regierende islamisch-arabische<br />
Dynastie der Umayyaden (661– 750) vereinte<br />
für einige Generationen von ihrer Hauptstadt<br />
Damaskus aus das militärische Wegenetz dieser<br />
ausgedehnten Reiche in einem politisch<br />
geeinten Territorium, das vom Tajo bis zum<br />
Indus reichte.<br />
Nach der Machtübernahme durch die Abbasiden<br />
im Jahr 750 verlegten diese ihre<br />
Hauptstadt von Damaskus in das neu gegründete<br />
Bagdad am Tigris. Der persischsprachige<br />
Kulturraum in direkter Nachbarschaft<br />
zu Mesopotamien war nicht irgendein<br />
abgelegenes Randgebiet, sondern bildete den<br />
demographischen Kern <strong>des</strong> arabischen Reiches<br />
der Abbasiden. Die Entscheidung, ihre<br />
Hauptstadt in den Osten zu verlegen, wurde<br />
in dem klaren politischen Bewusstsein getroffen,<br />
dass der Schwerpunkt der jungen islamischen<br />
Zivilisation im iranischen Raum lag.<br />
Künstlerische und andere kulturelle Aspekte<br />
wie das naturwissenschaftliche und<br />
philo sophische Erbe der alten Griechen entlehnten<br />
die Araber aus Byzanz. Das Verwaltungssystem<br />
dagegen übernahmen sie von<br />
den alten Persern. Das von Bagdad aus regierende<br />
Kalifat mit seinen zahlreichen konver-<br />
tierten Wesiren, Sekretären und Staatsdienern<br />
iranischer Herkunft erscheint geradezu wie<br />
eine islamische Metamorphose <strong>des</strong> altpersischen<br />
Sassanidenreiches. Die Unterlegenheit<br />
der herrschenden islamischen Kultur gegenüber<br />
dem persischen Erbe wurde von den<br />
muslimischen Autoren im kalifalen Irak <strong>des</strong><br />
8. und 9. Jahrhunderts deutlich formuliert.<br />
Diese waren oft selbst iranischer Abstammung,<br />
auch wenn sie ihre Gedanken in klassischem<br />
Arabisch verfassten. Im Irak übertrugen<br />
angesehene persische Autoren, die in<br />
Richtung Westen bis Spanien rezipiert wurden,<br />
die Chroniken der altpersischen Könige<br />
und sogar deren beliebte Tierfabeln als Leitfaden<br />
für die politischen Handlungsweisen<br />
der Kalifen.<br />
Der herausragende Gelehrte Tabari (832–<br />
923), der den Korankommentar par excellence<br />
verfasste, verquickte in seiner »Weltchronik«<br />
(Tarij) bewusst die Geschichte der<br />
alten persischen Herrscher mit den Traditionen<br />
der Propheten-Könige der monotheistischen<br />
Buchreligionen. Er legte das schrittweise<br />
Zusammenlaufen beider Linien durch<br />
Gottes Fügung dar, exakt bis zu dem Punkt,<br />
an dem die Geburt <strong>des</strong> Propheten Muha mmad<br />
in Arabien (570) mit der Herrschaft von<br />
Khosrau I. dem Gerechten zusammenfi el.<br />
Khosrau galt im benachbarten Irak seiner<br />
weisen Gesetzgebung und humanen Verwaltung<br />
wegen als vorbildlicher persisch-sassanidischer<br />
Monarch. Durch den Einfl uss von<br />
Gelehrten wie Tabari wurden die Kalifen von<br />
Bagdad und sämtliche mit ihnen verbündeten,<br />
aber auch die rivalisierenden muslimischen<br />
Fürsten in idealer Weise als rechtmäßige<br />
Erben der beiden miteinander verbundenen<br />
Linien verstanden oder zumin<strong>des</strong>t als solche<br />
gerühmt. Sie galten als symbolische Nachfolger<br />
sowohl von Khusrau und anderen Heldenkönigen<br />
der altpersischen Überlieferung<br />
als auch von König Davids Sohn Salomon,<br />
der zu den Propheten-Königen gehört.<br />
Christliche Autoren hatten schon lange<br />
eine gottgewollte Konvergenz der Herrscherlinien<br />
der beiden Reiche von Rom und Juda<br />
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