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Schätze des Aga Khan Museum - Aga Khan Development Network

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Einführung in die islamische Kunst<br />

Sheila Canby<br />

Bildnis <strong>des</strong> Shah Jahan und<br />

seiner drei Söhne<br />

Bildausschnitt Kat. Nr. 191<br />

Kunstwerke, wie sie in dieser Ausstellung zu<br />

sehen sind, prägten 1400 Jahre hindurch das<br />

visuelle Bewusstsein in der islamischen Welt.<br />

Die Bandbreite und Diversität dieser Objekte,<br />

seien sie religiöser oder säkularer Natur,<br />

refl ektieren die Vielfalt der jeweiligen Gesellschaft,<br />

der sie entstammen. Deshalb ist die<br />

Ausstellung, die von diesem Katalog begleitet<br />

wird, in zwei Teile gegliedert: »Das Wort<br />

Gottes« enthält heilige Texte und zugehörige<br />

Objekte. »Der Weg der Reisenden« zeigt aus<br />

einem geographisch weitläufi gen Gebiet, das<br />

sich von der Iberischen Halbinsel – al-Andalus<br />

– bis nach China erstreckt, Objekte,<br />

die unterschiedliche traditionelle Kulturen<br />

und eine Vielfalt ästhetischer Vorlieben refl<br />

ektieren.<br />

Sakrales und Profanes wurde im islamischen<br />

Bereich nie strikt getrennt. Tatsächlich<br />

nahmen einige muslimische Sultane spätestens<br />

seit dem 11. Jahrhundert den Zusatz wad-dunya<br />

wa-d-din in ihren Titel auf und brachten<br />

damit zum Ausdruck, dass sie sich als<br />

Fürsten »der Welt (bzw. <strong>des</strong> Staates) und <strong>des</strong><br />

Glaubens (<strong>des</strong> religiösen Be reiches)« verstanden.<br />

Zahlreiche Dynastien sahen sich sowohl<br />

als Schutzherren <strong>des</strong> Glaubens als auch als<br />

weltliche Führer.<br />

Wie manifestieren sich nun diese beiden<br />

Funktionen in der Kunst? Die ersten Zeugnisse<br />

stammen aus Moscheen und Korantexten,<br />

die in arabischer Schrift niedergelegt<br />

sind. Die Kodifi kation <strong>des</strong> Textes erfolgte<br />

während der Herrschaft <strong>des</strong> dritten rechtgeleiteten<br />

Kalifen ³Uthman (reg. 23 – 35 H /<br />

644 – 655 AD) im Rahmen seines Vorhabens,<br />

einen kanonischen Text <strong>des</strong> Korans in schriftlicher<br />

Form zu erarbeiten. Der Koran, der<br />

Muhammad vom ersten Jahrzehnt <strong>des</strong> 7. Jahrhunderts<br />

an bis zu seinem Tod im Jahr 632<br />

von Gott offenbart wurde, besteht aus 114<br />

Kapiteln oder Suren und ist die Heilige<br />

Schrift <strong>des</strong> Islam. Durch ³Uthmans Einsatz<br />

konnten Verfälschungen <strong>des</strong> Korantextes,<br />

welcher Art auch immer, ausgeschlossen werden.<br />

Das Kopieren von Koranen vom ersten<br />

Wort an wurde als fromme Handlung angese-<br />

hen. Um ein möglichst reizvolles Ergebnis zu<br />

erzielen, formten Kalligraphen die arabischen<br />

Buchstaben in kunstvoller Weise aus. Auch<br />

wenn manche Experten davon ausgehen,<br />

dass das Dehnen und Stauchen von Buchstaben<br />

als visuelle Analogie zur Aussprache zu<br />

deuten sei, waren die Kopisten wohl eher um<br />

ein optisches Gleichmaß und um eine ausgewogene<br />

Anordnung der Wörter auf einer<br />

Seite bemüht.<br />

Muslime erfüllen etliche Pfl ichten: die Anerkennung<br />

eines einzigen Gottes; das rituelle<br />

Gebet in Richtung der Kaaba in Mekka; Almosen<br />

spenden; die Pilgerfahrt oder Hadsch<br />

nach Mekka. Heutzutage besitzen die meisten<br />

praktizierenden Muslime einen Koran, in<br />

frühislamischer Zeit war dies jedoch weniger<br />

der Fall – es war üblich den Korantext zu<br />

memorieren. In Moscheen und anderen religiösen<br />

Gebäuden gibt es keine bildlichen<br />

Darstellungen, und auch der Koran ist niemals<br />

illustriert. Dennoch existiert eine religiöse<br />

Ikonographie islamischer Kunst, die<br />

auf der arabischen Schrift, auf Geometrie<br />

und vegetabiler Ornamentik, darunter das<br />

als Arabeske bekannte Rankenmotiv, basiert.<br />

Während menschliche Darstellungen auch<br />

in Gebetbüchern und Hadith-Sammlungen<br />

(überlieferte Traditionen <strong>des</strong> Propheten<br />

Muhammad) fehlen, sind Erzählungen über<br />

geistliche und herausragende Persönlichkeiten<br />

<strong>des</strong> Islam aus dem 13. bis 19. Jahrhundert<br />

durchaus mit Bildern geschmückt.<br />

Im Islam sind sich Sunniten und Schiiten<br />

uneins darüber, wer die Führung der Muslime<br />

nach dem Tode <strong>des</strong> Propheten hätte übernehmen<br />

sollen. Die Schiiten sehen Ali, den<br />

Cousin und Schwiegersohn <strong>des</strong> Propheten,<br />

als Imam, während die Sunniten ihn als vierten<br />

rechtgeleiteten Kalifen anerkennen. Die<br />

Idee eines Imams als göttlich inspirierte<br />

Führungspersönlichkeit der Gläubigen ist<br />

demnach der Kernsatz der Schia. Obwohl die<br />

schiitischen Anhänger <strong>des</strong> Ali und die ihm<br />

nachfolgenden Imame in der frühislamischen<br />

Zeit keine politische Macht besaßen, bestand<br />

ihre religiöse Bewegung fort. Im 10. Jahrhun-<br />

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