Martin Eberle Voyager Golden Record - A42.org

oder geladenen Teilchen, die im Raum von unserer Sonne stammen (Solar Wind), im Verhältnis zu
denen vom restlichen Universum (Hintergrundstrahlung). Beide Voyagers senden bis heute Messergebnisse
zu dieser Problematik. Die NASA hat den Übergang vom Sonnensystem zum freien
Raum in den Stufen Termination Shock (Voyager 1 im Mai 2005 97 ), Heliopause und Bow Shock, für
den Sommer 2010 als erreicht gemeldet. 98 Der Zeitpunkt für das endgültige Erreichen der Grenze
wird mit ca. 2015 angegeben. 99
»Symbolische« Bilder
Der ganzen Welt stand bei den Aufnahmen der Planeten und Monde, die von den Voyagers kamen,
der Mund offen. Murray's Voraussage einer „incredibly visual“ 100 Tour stellte sich als zutreffend
heraus. So etwas hatte noch niemand gesehen. Sience Fiction ohne Fiction. Riesenplaneten aus
Gas, Gasplaneten mit Ringen, farbig leuchtenden Atmosphären, planetenweite Stürme, Schwefelvulkane,
Monde mit Riesenkratern und Monde wie zerfurchte Steinbrocken, der „Große Rote Fleck
des Jupiter“ als ein Oval rotierender Wolken, drei mal so breit, wie die Erde. 101 Diese Bilder prägen
bis heute die menschliche Vorstellung vom All.
Ikonen der Weltraumfotografie entstanden auch mit zwei nicht wissenschaftlich motivierten Aufnahmen.
Beide zeigen die Erdkugel im All. Und beide ordnen die Erde in ein neues, ein kosmisches,
Maßstabssystem ein. 102
Auf Vorschlag von Carl Sagan (von ihm wird auch noch öfter die Rede sein) drehte sich Voyager
1 am 18. September 1977 um, fotografiert Richtung Erde und es entstand das erste Foto von Erde
und Mond als ganze Körper im All, in einem Bild. 103 (Siehe auch Farbabbildung S. 50.)
Der Maßstab zeigt den Heimatplaneten, von damals knapp über vier Milliarden Menschen, mit
dem zugehörigen Mond als einen kleinen Ball, von dem nur ein sichelförmiger Ausschnitt beleuchtet
ist. Es sind Wolken, Kontinente und Meere erkennbar, aber keine Spuren menschlicher
Existenz, die sich vor der Unendlichkeit des Alls relativiert.
Noch deutlicher fällt die Maßstabsänderung 13 Jahre später (14.2.1990) aus, als Voyager 1 noch
einmal, ebenfalls auf Initiative Sagans, „nach Hause“ blickt und aus einer Entfernung von 4 Milliarden
Kilometer (jenseits der Umlaufbahn von Neptun und Pluto), hoch über der Ekliptik die
Erde als einen kleinen bläulich schimmernden Punkt zeigt. 104 Nur noch ein einzelner Pixel auf
dem Bildsensor wird von der Erde belichte, die vor einem Sonnenstrahl, der von der Sonde selber
reflektiert wurde, zu schweben scheint. Die Erde ist nur noch ein „Stern“ unter vielen anderen.
Zum ersten Mal findet der Perspektiventausch vollständig statt. 105 Das Bild wird von der Nasa unter
dem Namen Pale Blue Dot einzeln und in Kombination mit, bei gleicher Gelegenheit entstandener,
Aufnahmen anderer Planeten des Sonnensystems, als Solar System Family Portrait veröffentlicht. 106
(Siehe auch Farbbild S. 40.)
Sagan beschreibt seine Motivation, mit der NASA um die Realisierung, vor allem der zweiten
Aufnahme, zu ringen, welche ihn 1994 zu seinem Buch Pale Blue Dot. A Vision of the Human
Future in Space inspiriert hat, mit seinem Anliegen das Bewusstsein für die Endlichkeit der Erde
97 NASA/JPL Press Release über http://www.jpl.nasa.gov/news/features.cfm?feature=940. Publiziert in Science September 2004
98 JPL unter http://voyager.jpl.nasa.gov/mission/interstellar.html
99 http://www.n-tv.de/wissen/Voyager-verlaesst-Sonnensystem-article2154516.html
100 siehe Seite 12
101 Oder wie es der Spiegel in der Ausgabe vom 12.3.1979 (S. 241) in einem Artikel anläßlich des Vorbeifluges von Voyager 1 am Jupiter ausdrückte: „Auf den Bildschirmen des Jet Propulsion Laboratory in Pasadena sah es so aus, als
würde Stanley Kubricks Film von einer Expedition zum Jupiter (»2001 – Odysee im Weltraum«) Wirklichkeit.“ Hier findet eine interssesante Verschiebung in der Wahrnehmung statt. Der Film von 1968 baut auf wissenschaftliche
Beobachtungen auf und visualisiert diese im Kinoformat. Nicht Kubricks Fantasien werden zum Leben erweckt, sondern die Forschungsergebnisse unterstreichen die genaue Recherche des Regisseurs.
102 vgl.: Goesl, Boris: Die Welt als Bildpunkt: Pale Blue Dot. Voyagers Bild von der Erde (1990) als Visualisierung eines kosmologischen Maßstabkonzeptes. In: Inneborg Reichle, Steffen Siegel (Hrsg.): Maßlose Bilder. Visuelle Ästhetik
der Transgession, München 2009, S. 227–243
103 „On Feb. 14, 1990, after the spacecraft had passed the orbits of Neptune and Pluto, the cameras of Voyager 1 pointed back toward the sun and took a series of pictures of the sun and the planets, making the first ever ‚portrait‘
of our solar system as seen from the outside.“ NASA/JPL: Voyager Mission Status Bulletin No 16, Jan. 16, 1978
104 JPL via http://voyager.jpl.nasa.gov/faq.html
105 Goesl, Boris: Die Welt als Bildpunkt: Pale Blue Dot. Voyagers Bild von der Erde (1990) als Visualisierung eines kosmologischen Maßstabkonzeptes.
In: Inneborg Reichle, Steffen Siegel (Hrsg.): Maßlose Bilder. Visuelle Ästhetik der Transgession, München 2009, S. 227–243
106 Bild unter: http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA00452 Abbildung: NASA/JPL: Voyager Mission Status Bulletin No. 14, Jan. 18, 1978
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