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Rede von Uta Wilms - SPD Hatten

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

60 Jahre OV <strong>Hatten</strong><br />

Am 23. März 1933 verabschiedete der Reichstag das so genannte<br />

Ermächtigungsgesetz, gegen die Stimmen der 94 anwesenden<br />

Abgeordneten der <strong>SPD</strong>, einige Mandatsträger waren zu dem<br />

Zeitpunkt schon in „Schutzhaft“ genommen worden. Führende<br />

Sozialdemokraten flüchteten ins Ausland.<br />

In den ländlichen Regionen war der Übergang zur Diktatur leiser<br />

und unauffälliger, als in den Städten. Bücherverbrennungen zum<br />

Beispiel sind nicht bekannt.<br />

Kurt Müsegades schreibt über diese Zeit:<br />

Wer vorher in der Dorfpolitik eine Rolle gespielt hatte, hielt sich nun<br />

zurück, oder suche Anschluss. Vereine und Vereinigungen lösten<br />

sich auf oder wurden gleichgeschaltet. Man kannte die politischen<br />

Einstellungen der Dorfbewohner und diese bestimmte das<br />

Gesprächsthema mit dem Betreffenden<br />

In der Gemeinde <strong>Hatten</strong> war bereits ein Mitglied der NSDAP<br />

Gemeindevorsteher.<br />

Georg Kirstein:<br />

Stellvertretend für viele andere sei hier eines Mannes gedacht, der<br />

sein ganzes Leben hindurch für die Ziele der Sozialdemokratischen<br />

Partei Deutschlands eingetreten ist; der für diese Ziele gearbeitet,<br />

gekämpft und gelitten hat. Ich erinnere an einen Mann, dessen<br />

Lebenslauf exemplarisch dasteht für den eines aufrechten<br />

Sozialdemokraten – mit allen seinen Höhen und Tiefen. Ich erinnere<br />

an den Genossen Wilhelm Jacobs, der die politische Arbeit des <strong>SPD</strong>-<br />

Ortsvereins <strong>Hatten</strong> in der Phase des Wiederaufbaus dieser Partei<br />

entscheiden mit geprägt, mit gestaltet, mit vorangetrieben hat – und<br />

an dessen Wirken heute nichts mehr erinnert.<br />

Wilhelm Jacobs wurde am 26. Mai 1883 in der Wesermarsch<br />

geboren. Schon sehr jung trat er der <strong>SPD</strong> bei und beteiligte sich<br />

aktiv an der Parteiarbeit. Er wurde Lehrer und widmete sich<br />

nebenbei dem Aufbau des Volksschulwesens. Von 1925 bis 1933<br />

war er Mitglied des Oldenburger Stadtrates, <strong>von</strong> 1928 bis 1933<br />

gehörte er außerdem dem Oldenburgischen Landtag an. Im Jahre<br />

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1933 endeten seine politische und seine berufliche Laufbahn abrupt.<br />

Unter dem 2. Oktober 1933 erhielt er ein Schreiben folgenden<br />

Inhalts: „der Herr Reichsstatthalter hat Sie auf Antrag des<br />

Staatsministeriums ... mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst<br />

entlassen.“ Fertig – aus. Sein Verbrechen, für das er bestraft wurde:<br />

Er war Sozialdemokrat. Später wurde er für dieses Verbrechen auch<br />

noch (in Bremen-Farge) in Haft genommen.<br />

Nachtrag (<strong>Wilms</strong>):<br />

Nach dem Krieg war er wieder Lehrer, später Schulrat und lebte in<br />

Sandkrug.<br />

Nach der Gemeinderatswahl 1948 wurde er in den<br />

Wohnungsausschuss hinzu gewählt. Am 11. November 1952 wurde<br />

er Ratsherr, zunächst war er Vorsitzender des Finanzausschusses,<br />

<strong>von</strong> 1956 bis 1964 dann Vorsitzender des Schulausschusses.<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

Wiederaufbau<br />

Noch vor der Kapitulation der deutschen Wehrmacht begann Kurt<br />

Schumacher, die Partei wieder aufzubauen. Er gründete in<br />

Hannover das Büro „Dr. Schumacher“. Im Frühjahr 1946 kam Erich<br />

Ollenhauer dazu. Gemeinsam betrieben sie den Neuaufbau der<br />

Partei in den drei Westzonen, Otto Grotewohl tat ein Gleiches für<br />

den sowjetisch besetzten Teil.<br />

Am 9. Mai 1946 fand eine Delegiertenversammlung der drei<br />

Westzonen und Berlin in Hannover statt, Kurt Schumacher wurde<br />

zum Parteivorsitzenden gewählt.<br />

In Hude gab es eine <strong>SPD</strong>-Versammlung, die NWZ berichtete am 21.<br />

Mai 1946 darüber.<br />

In Ganderkesee fand am Buß- und Bettag 1945 eine erste<br />

Zusammenkunft <strong>von</strong> Genossen statt. Diese Versammlung war <strong>von</strong><br />

der Militärregierung nicht genehmigt worden, die Genossen mussten<br />

also mit Strafen rechnen. Am 22. April 1946 wurde der Ortsverein<br />

Ganderkesee offiziell neu gegründet. 80 Mitglieder beteiligten sich<br />

daran. Die Mitgliederzahl wuchs rasant, Ende 1947 waren es 252.<br />

Allerdings waren kaum junge Leute an politischer Arbeit interessiert,<br />

so ist es in fast allen Veröffentlichungen nachzulesen. Nur sehr selten<br />

wird darauf hingewiesen, dass sich auch wenige Frauen in den<br />

ersten Nachkriegsjahren politisch engagierten. Sie hatten genug<br />

damit zu tun, das tatsächliche Leben zu organisieren.<br />

Die Hochburg der <strong>SPD</strong> lag wohl in Hasbergen. Von hier wurden<br />

die Neugründungen in den Gemeinden angeregt und unterstützt.<br />

Erster Vorsitzender der <strong>SPD</strong> im Landkreis Oldenburg war<br />

Bürgermeister Sagehorn aus Hasbergen. Er wurde <strong>von</strong> der<br />

Militärregierung 617 Oldenburg eingesetzt.<br />

In seinem Gemeindebüro erledigte er auch Parteiarbeit. Bei der<br />

Gründung einer „Unterabzweigung der <strong>SPD</strong>“, wie es damals hieß,<br />

mussten die Mitglieder des engeren Vorstands, einen politischen<br />

Fragebogen auszufüllen, der zudem auch noch vom Bürgermeister<br />

beglaubigt werden musste. Dieser Fragebogen wurde bei der<br />

Militärregierung eingereicht. Nach der offiziellen Anerkennung<br />

reduzierte sich die Anmeldung politischer Versammlung <strong>von</strong> sieben<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

auf zwei Tage, Versammlungen zur Gemeinderatswahl am 15.<br />

September und Kreistagswahl am 13. Oktober 1946 mussten gar<br />

nicht mehr genehmigt werden.<br />

In <strong>Hatten</strong> wurde am 24. Oktober 1945 durch die Besatzungsmacht<br />

(kanadische Zone) ein Gemeinderat aus 19 Männern einberufen;<br />

diese Sitzung fand hier in der Gastwirtschaft Schnittger statt und<br />

wurde <strong>von</strong> einem Major geleitet, der <strong>von</strong> Beruf Farmer war.<br />

Heinrich Paul (später CDU) wurde zum BGM bestimmt. Von den<br />

Gemeinderatssitzungen werden Protokolle in englischer Sprache<br />

angefertigt und der Militärregierung gesandt<br />

Auf der Namensliste sind keine Parteizugehörigkeiten vermerkt und<br />

auch zumindest der <strong>SPD</strong> nicht zuordbar.<br />

Am 13. Dezember 1945 wurden 5 Männer in den Kreistag<br />

gewählt, Erich Stolle zum Gemeindedirektor ernannt und Georg<br />

Barkemeyer zum beratende Mitglied im Staatsministerium.<br />

In der Sitzung am 4. Februar 1946 wurden zwei Ausschüssen<br />

gebildet, der Verwaltungsausschuss mit drei Mitgliedern und der<br />

Finanzausschuss mit vier Mitgliedern.<br />

Im März beschloss der Rat eine Gemeindeordnung.<br />

Die Niederschriften der Gemeindeverwaltung geben auch einen<br />

Einblick auf die verzweifelten Versuche, etwas Normalität in das<br />

Leben der Menschen zu bringen. So bot zum Beispiel eine Firma an:<br />

„Für jede werksangehörige Person, die <strong>von</strong> der Gemeinde in Form eines<br />

Ferienaufenthaltes untergebracht wird, kann die Gemeinde pro Tag für<br />

9,00 RM Beschläge zu Großhändlerpreisen einkaufen.� Die<br />

Gemeindevertreter begrüßten dieses Angebot wohl und versuchten<br />

auch, dafür��Freistellen bei den Bauern zu werben.�<br />

Im Mai wurde der Gemeindedirektor ausgewechselt, fortan führte<br />

Blumenstock die Geschäfte, eine Gemeindehauptsatzung wurde<br />

beschlossen und auch der Haushalt für 1946. Auf Vorschlag der<br />

Militärregierung werden sechs weitere Personen in den<br />

Gemeinderat berufen, mit Grete Harbers aus Streek ist erstmals<br />

eine Frau vertreten. Ein Wohnungsausschuss wurde gebildet, der<br />

aus drei Personen bestand. Diese Ausschuss sollte die Unterbringung<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

<strong>von</strong> Flüchtlingen und Vertriebenen vorbereiten. Wegen der<br />

katastrophalen Wohnsituation musste sofort ein Notbauprogramm<br />

auf die Beine gestellt werden. Zitat aus dem GR-Protokoll Bei<br />

Unterbringung <strong>von</strong> Flüchtlingen sind die Haushaltungen der<br />

ehemaligen Parteigenossen der NSDAP vermehrt heranzuziehen. Erst<br />

wenn dort alle Möglichkeiten hinsichtlich der Unterbringung erschöpft<br />

sind, ist auf andere Haushaltungen in der Gemeinde zurück zu greifen.<br />

In der NWZ war am 7. Mai 1946 zu lesen:<br />

Der Landkreis Oldenburg ist entnazifiziert.<br />

Damals verdiente ein Forstwart in der Stunde 0,70 Reichsmark und<br />

er bekam zusätzlich für außergewöhnliche Wegstrecken einen<br />

Zuschlag <strong>von</strong> 10 Reichspfennig, somit kam er auf einen monatlichen<br />

Verdienst <strong>von</strong> rund 160 Reichsmark.<br />

Im Juni wurde der Gemeinde ein Zahnarzt zugewiesen. Der<br />

Gemeinderat hatte allerdings Vorbehalte. Zitat aus dem GR-<br />

Protokoll: �Den uns zugewiesenen Zahnarzt Dr. Werner Thiel,<br />

Oldenburg, lehnt die Gemeindevertretung ab, da er ein Großstadtkind<br />

ist, das nach menschlichem Ermessen niemals den Kontakt mit der<br />

hiesigen Bevölkerung kommen wird.�<br />

Diese Ablehnung war allerdings ungesetzlich, wie das<br />

Innenministerium im Juli mitteilte.<br />

Durch die Ankunft immer neuer Flüchtlinge musste immer mehr<br />

Wohnraum gefunden werden, die Menschen hausten in<br />

Hühnerstellen, Bunkern und zum Teil in Erdlöchern; dazu der<br />

Gemeinderat im Juli: �Zwecks Unterbringung <strong>von</strong> Flüchtlingen soll bei<br />

den ehemaligen Parteigenossen die letzte Wohnstube belegt werden und<br />

desgleichen bei den Familien, die noch keine Flüchtlinge erhalten<br />

haben.�<br />

Die Menschen mussten weite Wege meist zu Fuß zurücklegen, es<br />

gab so gut wie keine Fahrzeuge, eine Kommission zur Zuteilung <strong>von</strong><br />

Fahrrädern und Bereifung wurde in Leben gerufen. das<br />

Wirtschaftsamt hatte dem Bürgermeister ein Dienstfahrrad zugeteilt.<br />

Ende August war die Sache mit dem Zahnarzt immer noch nicht<br />

ausgestanden. Der Gemeinderat wollte zunächst einmal die<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

Flüchtlinge unterbringen und sich erst später mit einem Zahnarzt<br />

befassen. Im ehemaligen NS-Schulungsheim wurde auf Kosten der<br />

Gemeinde ein Altersheim eingerichtet und betrieben. Zur Vorsorge<br />

für den Winter bildete der Rat eine Kommission zur Verteilung <strong>von</strong><br />

Brennholz.<br />

Kurios mutet heute eher der einstimmig gefasste Beschluss zum<br />

Glockengeläut an mit dem der Kirchenrat gebeten werden sollte:<br />

„dass das augenblicklich unliebsame Glockengeläute abgestellt wird, da<br />

das Läuten der Kirchenglocken eine Freude und keine Belästigung sei�<br />

Nach der Wahl am 15. September 1946 bestand der Gemeinderat<br />

aus 15 regulären Vertretern, da<strong>von</strong> gehörten 13 Männer der CDU<br />

an, 2 waren unabhängig. Frauen waren in diesem Gremium gar<br />

nicht vertreten.<br />

Erster gewählter Bürgermeister war Heinrich Paul <strong>von</strong> der CDU.<br />

Der Rat bildete vier Ausschüsse. Dem Verwaltungsausschuss<br />

gehörten drei Ratsherren an, alle waren Mitglieder der CDU. Dem<br />

Wohnungsausschuss gehörten ebenfalls drei Mitglieder an, Ratsherr<br />

Hinrich Brüggemann aus <strong>Hatten</strong> I war unabhängig, Maurer<br />

Georg Lüschen aus Sandhatten und Frau Helene Grabowski aus<br />

<strong>Hatten</strong> II gehörten nicht dem Gemeinderat und auch keiner Partei<br />

an.<br />

Die gesamte Gemeindevertretung bildete den Finanzausschuss.<br />

Der Flüchtlings- und Wohlfahrts-Hauptausschuss bestand aus drei<br />

Ratsherren der CDU und vier Flüchtlingen, die parteilos waren.<br />

Helene Hoffman aus <strong>Hatten</strong> I und Margarete Weber aus<br />

Hatterwüsting vertraten ihren Wohnbereich.<br />

Es wurden zwölf Unterausschüsse gebildet, denen die jeweiligen<br />

Bezirksvorsteher angehörten und zwei weitere Mitglieder.<br />

Die Militärregierung war allerdings mit der Besetzung nicht<br />

einverstanden. Sie sah die Interessen der Flüchtlinge zu wenig<br />

berücksichtigt und verlangte die Nachnominierung <strong>von</strong> vier<br />

Flüchtlingen.<br />

In der NWZ forderte die <strong>SPD</strong> am 2. Oktober die ausbeutungsfreie<br />

Gesellschaftsordnung.<br />

Am 11. Oktober begann die Volkshochschule in Oldenburg wieder<br />

zu arbeiten.<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

Zur Kreistagswahl am 13. Oktober 1946 trat der Kreisverein<br />

Oldenburg/Land an mit dem Slogan: Wir müssen ein neues<br />

Deutschland aufbauen und dieses Deutschland kann nur sozialistisch<br />

sein, oder es wird überhaupt nicht sein. In einem Flugblatt an alle<br />

Wähler im Landkreis war die <strong>SPD</strong> zuversichtlich, dass die neue<br />

Partei CDU nur ein Sammelbecken <strong>von</strong> früheren einzelnen Parteien<br />

ist und bald wieder auseinander fallen würde.<br />

381 918 Wahlberechtigte gab es im Landkreis.<br />

Von politischen Aktivitäten ist wenig bekannt, kaum etwas wurde<br />

tatsächlich aufgeschrieben. Am 19. Oktober befasste sich der<br />

Gemeinderat aber nachweislich mit der Aufarbeitung der Nazi-Zeit.<br />

Zitat: �In der Gemeinde <strong>Hatten</strong> sind aus politischen Gründen bereits<br />

schwerwiegende Urteile gefällt, der größte Nazi jedoch, der<br />

Schumacher [ ... ], früherer Kassenführer der Partei, alter Kämpfer mit<br />

goldenem Parteiabzeichen [...] treibt noch immer ungestört sein<br />

Geschäft.�<br />

Die große Zahl der Vertriebenen und Flüchtlinge in der Gemeinde<br />

stellten alle vor große Probleme. Es gab Beschwerden über die<br />

Unterbringung, aber auch Angriffe durch die Alteingesessenen. Im<br />

Oktober wurden auf einer Versammlung schwere Vorwürfe gegen<br />

Bürgermeister Paul erhoben. Es ist nicht bekannt, worum es<br />

überhaupt ging. Am 21. November stellet Paul sein Amt zur<br />

Verfügung, der Gemeinderat sprach ihm aber sein Vertrauen aus.<br />

Zum 24. November 1946 rief Dr. Erich Bolze, Verwaltungsleiter<br />

aus Huntlosen, gemeinsam mit dem Genossen Staasmeier einer<br />

Gründungsversammlung in der Gemeinde <strong>Hatten</strong> ein. Dazu machte<br />

er überall in der Gemeinde große und kleine Aushänge, schaltete<br />

eine Anzeige in der Nordwest-Zeitung und sorgte für die<br />

Genehmigung durch die Militärregierung.<br />

Über die Versammlung selber ist – vorerst – nichts bekannt.<br />

Unterlagen aus dieser Zeit sind noch nicht gefunden.<br />

Die Arbeiterwohlfahrt wurde aktiv und auch die Gewerkschaft<br />

trug ihren Teil zum politischen Geschehen bei.<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

Auf Anordnung der Militärregierung im Dezember 1946 musste zu<br />

jedem Ausschuss und Unterausschuss ein Mitglied hinzu gewählt<br />

werden, die Gewerkschaft machte dazu Vorschläge, die allesamt<br />

angenommen wurden.<br />

Die NWZ meldete am 7. Januar 1947, dass in jedem Monat<br />

16 Oldenburger aus britischer Kriegsgefangenschaft entlassen<br />

werden.<br />

Der Zustrom <strong>von</strong> Flüchtlingen war nicht mehr zu bewältigen, der<br />

Landkreis Oldenburg protestierte beim Flüchtlingskommissar gegen<br />

die hohe Zahl der Zuweisungen. In der Gemeinde <strong>Hatten</strong> waren die<br />

Probleme besonders schlimm. Sogar in der Hannoverschen Zeitung<br />

prangerte ein Artikel unhaltbare Zustände in den Flüchtlingshütten<br />

an. Wegen Misshandlungen müssen Menschen vor ihren Peinigern<br />

in Sicherheit gebracht werden. Dem Flüchtlingsausschuss waren<br />

dagegen keine Beschwerden bekannt.<br />

Ein Dentist aus Delmenhorst stellte im Februar 1947 den Antrag<br />

„auf Niederlassung als Zahnarzt in <strong>Hatten</strong>. Wohn- und Praxisräume<br />

brauchen nicht zur Verfügung gestellt werden, da er ein neues Haus<br />

bauen will. Baumaterialien sind vorhanden.� Der Gemeinderat nahm<br />

diesen Antrag an.<br />

Die Freie Gewerkschaft, Ortgruppe <strong>Hatten</strong>, beantragte, bei<br />

Neubildung <strong>von</strong> Ausschüssen Mitglieder der freien Gewerkschaft<br />

heranzuziehen, der Antrag wurde mit 3 Stimmen angenommen.<br />

Die Arbeiterwohlfahrt wollte, dass die Stolleschen Werkstatt in<br />

<strong>Hatten</strong> zu einem Kindergarten ausgebaut wird, der Rat lehnte das<br />

einstimmig ab. Statt dessen regte Ratsherr Rüdebusch an, die die<br />

AWO solle die Werkstatt als Altersheim ausbauen und auch<br />

betreiben. Dieser Antrag wurde ebenso einstimmig angenommen.<br />

Die Schule in Streek hatte im Februar 320 Schüler, ab Ostern 1947<br />

wahrscheinlich 360. Der Schulausschuss beschloss: Die Klassen 1<br />

und 3 sollen in einem Klassenraum des Licht- und Luftbades<br />

untergebracht werden, dafür sollte der Raum bis Ostern geräumt<br />

werden. In der Schule gab es 2 Mädchen- und eine Jungentoilette,<br />

die im Jahre 1878 erbaut wurden.<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

Der Zivilgouverneur Sir Gordon Macready war mit der Arbeit des<br />

Gemeinderates nicht zufrieden. er rügte: �Die Ratsversammlungen<br />

sind keine Debattierklubs.�<br />

In der Sitzung am 31. März 1947 beschloss der Gemeinderat die<br />

Einrichtung einer Lebensmittelverteilstelle in der<br />

Walderholungsstätte in Streek. Außerdem sollte dort eine<br />

Brauseanlage und eine Waschküche für die Flüchtlinge angelegt<br />

und eine Nähstube ausgestattet werden.<br />

Nur selten findet sich ein Beleg für die Arbeit <strong>von</strong> Sozialdemokraten.<br />

In Protokoll der Gemeinderatssitzung aber gibt es einen deutlichen<br />

Hinweis. Dort ist zu lesen: �Der Lehrer Jacobs aus Streek äußert sich<br />

immer wieder in lügenhafter Weise und erhebt schwerste<br />

Beschuldigungen gegen die gesamte Gemeindevertretung.� Ein<br />

Schreiben an den Präsidenten des Verwaltungsbezirks sollte dem<br />

entgegen wirken.<br />

Eine <strong>SPD</strong>-Veranstaltung zur Landtagswahl fand am 16.Aprl 1947<br />

statt; mehr als 150 Bürgern waren versammelt, die erste<br />

Landtagswahl im neu gegründeten Niedersachsen war vier Tage<br />

später, am 20. April.<br />

Die Jugendbewegung „Die Falken“ erklärte sich im Sommer 1947<br />

bereit, die Einrichtung einer Lebensmittelverteilstelle, Brause- und<br />

Waschanlage vorzunehmen und die dort wohnenden Flüchtlinge<br />

daran teilhaben zu lassen.<br />

Die Schule in Munderloh hatte im Sommer 138 Schüler in 3 Klassen<br />

(Unterklasse = 42, Mittelklasse = 55, Oberklasse = 41 Kinder),<br />

2 Lehrer unterrichten ohne Mittagspause <strong>von</strong> 9 bis 18.30 Uhr.<br />

In Kirchhatten waren es 300 Schüler, die in 6 Klassen unterrichtet<br />

wurden.<br />

Die AWO wollte auch weiterhin einen Kindergarten in Kirchhatten<br />

betreiben und beantragte einen Zuschuss <strong>von</strong> 150 Mark. Der<br />

Gemeinderat lehnte das ab.<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

Die Versorgungssituation der vielen Menschen war nach wie vor<br />

schlecht. im Zuge des Neuaufbaus der Ernährungsverwaltung im<br />

Lande Niedersachsen wurde ab Oktober 1947 bei jedem<br />

Ortslandwirt ein Ortsernährungsausschuss gebildet, bestehend aus<br />

zwei Erzeugern und zwei Verbrauchern. �Die Verbraucher sind aus<br />

den Kreisen der Gewerkschaftsmitglieder und Flüchtlinge zu nehmen�,<br />

so eine Verfügung aus dem neuen Ministerium. Einige die<br />

Bezirksvorsteher legten wohl recht eigenwillige Methoden an den<br />

Tag. zum Beispiel sollte einer Frau in Kirchhatten einen<br />

Bezugsschein für einen Wintermantel nur nach besonderen<br />

Vorleistungen ausgehändigt werden.<br />

Für das Jahr 1947 verzeichnet der Haushaltsplan 20.300 RM<br />

Fürsorge-Ausgaben für Personen, die früher in der britischen Zone<br />

wohnten und 500 RM für ehemalige KZ-Häftlinge.<br />

In der Januar-Sitzung wurde ein Flüchtlingsrat gebildet, der aus<br />

drei Flüchtlingen und aus drei Altbürgern bestand.<br />

Die Währungsreform warf auch in <strong>Hatten</strong> ihre Schatten voraus.<br />

Ortsansässige Handwerker waren nicht immer gewillt, die<br />

notwendigen Reparaturen auszuführen. Die Gemeindeverwaltung<br />

sah sich gezwungen, eine so genannte schwarze Liste über die<br />

Handwerker zu führen, die in der jetzigen Notzeit bereit waren, für<br />

die Gemeinde zu arbeiten. Diese Betriebe sollten auch nach der<br />

Währungsreform nicht mit Aufträgen <strong>von</strong> der Gemeinde bedacht<br />

werden.<br />

Ein Viehhändler besaß 33 Teile Hornvieh (2 Kühe, 31 Rinder), die er<br />

nicht – wie die Bauern – zwangsweise ablieferte; außerdem führte er<br />

Ferkel aus, aber trotz Einkaufsgenehmigung konnte niemand bei<br />

ihm Ferkel kaufen. Zement verkaufe er für 70 RM pro Sack.<br />

Zahlreiche Beschwerden wurden eingereicht, der<br />

Verwaltungsausschuss musste sich mit der Angelegenheit befassen:<br />

�Der Viehhändler hat heute eine sittliche Pflicht zu erfüllen. [ ... ] wäre,<br />

wie kein anderer, dazu in der Lage gewesen, der Bevölkerung zu helfen,<br />

da er weder Kind noch Kegel hat. Er hätte Dank und Vertrauen ernten<br />

können. [ ... ] hat nur sich geholfen. Es wurden Stimmen laut, die<br />

bezweifelten, ob der Viehwirtschaftsverband einzugreifen in der Lage<br />

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Jubiläumsfeier OV <strong>Hatten</strong><br />

sei, da er die Verhältnisse, wenn er sie nicht gefördert hätte, doch<br />

kennen müsste.�<br />

Die schwierige Wohnsituation und die Ablehnung der Flüchtlinge<br />

durch einige Altbürger machten das Zusammenleben mitunter<br />

schwer. Deshalb forderten insbesondere Mitarbeiter der AWO die<br />

Einstellung einer Fürsorgerin. Im Mai 1948 stimmte der<br />

Gemeinderat dem nach langer Diskussion zu. Immer noch stellten<br />

Entwurzelte Menschen Anträge auf Zuzug nach <strong>Hatten</strong>. Regelmäßig<br />

lehnte der Rat dies ab.<br />

Geld war knapp in dieser Zeit. Gemeinderatssitzungen wurden nicht<br />

mehr in öffentlichen Lokalen, sondern im Gemeindebüro<br />

abgehalten um zu sparen.<br />

Zur Besserung der Wohnsituation schlug Ratsherr Heinrich<br />

Gerdsen aus Sandhatten im September 1948 vor, eine<br />

Geldsammlung zum Ankauf <strong>von</strong> Baracken zu organisieren. Die<br />

Heimbaugesellschaft baute in Streek Behelfsheime.<br />

Theodor Storkebaum, Verbindungslehrer in Kirchhatten, setzte<br />

sich immer wieder insbesondere für die „bedürftigen“ Kinder ein. So<br />

forderte er im Oktober 1948 1.000 DM für Lernmittel.<br />

Am 29. November 1948 wurden die Kommunalparlamente neu<br />

gewählt. Der <strong>SPD</strong> Ortsverein muss sehr viel Arbeit geleistet haben,<br />

denn sechs Genossen bekamen einen Sitz im Gemeinderat.<br />

Das waren:<br />

Bernhard Ahrens, Ziegelmeister, Munderloh<br />

Erst Härtel, Maschinenschlosser, Kirchhatten<br />

Willi Kempke, Kraftfahrer, Kirchhatten<br />

Ernst Schwarzer, Gemeindearbeiter, Kirchhatten<br />

Heinrich Wiechmann, Landwirt, Hatterwüsting<br />

Franz Zeis, Lichtableser, Kirchhatten<br />

Bernhard Ahrens wurde zum stellvertretenden Bürgermeister<br />

gewählt.<br />

So ganz klappte das noch nicht mit der neu eingeführten<br />

Demokratie. Der Rat wählt zum Beispiel Fritz Falk mit 11 Stimmen<br />

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in den Verwaltungsausschuss, nur war Fritz Falk gar nicht Mitglied<br />

im Gemeinderat.<br />

Franz Zeis wurde Vorsitzender des Wohnungsausschuss, in den<br />

Wilhelm Jacobs hinzu gewählt wurde.<br />

Im Dezember setzte Zeis dann die Einstellung eines<br />

Schwerkriegsbeschädigten als Aushilfskraft bei der<br />

Gemeindeverwaltung durch.<br />

Ihm ist es auch zu verdanken, dass nicht mehr der Gemeinderat,<br />

sondern der Wohnungsausschuss in Verbindung mit dem<br />

Bürgermeister und dem Gemeindedirektor dringende<br />

Wohnungsangelegenheiten selber entscheiden konnte.<br />

Die <strong>SPD</strong> betrieb den Beitritt der Gemeinde zum Verein<br />

Schullandheim Wangerooge und die Einrichtung einer<br />

Leihbücherei in Sandkrug durch Hedwig Memmen.<br />

Auch um den Beitritt zur Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft<br />

des Landkreises musste hart gerungen werden. Letztendlich stimmte<br />

der Rat im Januar 1949 mit fünf Stimmen dafür, bei 12<br />

Enthaltungen.<br />

Die Ratsherren blieben in diesem Gremium zunächst unter sich, erst<br />

im Oktober 1949 rückte eine Frau, Anna Mehnert, für Ernst<br />

Schwarzer nach.<br />

Anna Mehnert wohnte zunächst in Streek, später im Siedlungsweg in<br />

Hatterwüsting. In der AWO und in der <strong>SPD</strong> kämpfte sie unermüdlich<br />

für die Verbesserung der Lebenssituation derer, die alleine dazu<br />

nicht in der Lage waren.<br />

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