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2011 Juli/August I Ausgabe 4 I www.<strong>controller</strong>magazin.<strong>de</strong> Zugleich Mitglie<strong>de</strong>rzeitschrift <strong>de</strong>s Internationalen Controller Vereins<br />
B 12688 I 36. Jg I EUR 24,80 I ISSN 1616-0495<br />
CONTROLLER®<br />
Arbeitsergebnisse aus <strong>de</strong>r Controller-Praxis<br />
Controller Rolle<br />
Green Controlling<br />
Komplexität<br />
Open Innovation<br />
Themen im Focus<br />
Firmenkun<strong>de</strong>nkredit<br />
Strategieentwicklung<br />
Corporate Happiness
Mobileco<strong>de</strong><br />
Überblick behalten!<br />
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Editorial<br />
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,<br />
dieses Editorial entstand nach <strong>de</strong>m Controller Congress im Mai 2011, am<br />
Ran<strong>de</strong> eines Seminars in Feldafing, in englischer Sprache, mit Teilnehmern<br />
aus 14 Nationen, von Kanada über China bis Australien. Es ist immer<br />
wie<strong>de</strong>r aufs Neue spannend, zu erleben, wie solch heterogen zusammengesetzte<br />
Gruppen erfolgreich arbeiten.<br />
Aktuell geht es mit <strong>de</strong>r Wirtschaft rasant aufwärts. Auf einem globalen<br />
Markt kann man nur mithalten, wenn die Leistung stimmt. Das erfor<strong>de</strong>rt<br />
Fleiß und Kreativität in hohem Maße.<br />
Diversity (Diversität) = Vielfalt<br />
Herr Werner Katzengruber sprach im Schlussvortrag <strong>de</strong>s Congresses<br />
auch darüber, unterschiedliche Menschen als Team zu führen. In <strong>de</strong>r<br />
selben Woche, am Samstag, war ich daran erinnert, als Diplom-Psychologe<br />
Dr. Fritz Heil anmerkte, dass Grün<strong>de</strong>rfirmen oft scheitern, wenn Mitarbeiten<strong>de</strong><br />
nach <strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>r Selbstähnlichkeit ausgewählt wor<strong>de</strong>n<br />
sind und Vielfalt von Meinungen nicht vorkommt.<br />
Kreativität ensteht dort, wo wir uns auf Neues einlassen, an<strong>de</strong>ren Sichtweisen<br />
begegnen, ausprobieren und experimentieren. Manche Firmen erreichen<br />
eine Größe, die es ihnen ermöglicht, als Kostenführer zu bestehen.<br />
Doch auch Größe schützt nicht dauerhaft vor Konkurrenz. Herbert<br />
Bollinger, CEO <strong>de</strong>r Migros-Gruppe, Zürich, schil<strong>de</strong>rte eindrucksvoll, wie<br />
eine große Firma es kleinen kreativen Töchtern ermöglicht, Innovationen<br />
umzusetzen, in<strong>de</strong>m sie diese mit Ressourcen ausstattet und ihnen trotz<strong>de</strong>m<br />
sehr viel Freiraum lässt.<br />
Unterschie<strong>de</strong> lieben lernen<br />
Bei Zweierbeziehungen sagt man: „Unterschie<strong>de</strong> ziehen sich an”. Ich kenne<br />
auch <strong>de</strong>n Rat: „In <strong>de</strong>n großen Fragen wird man sich schon einig, bezüglich<br />
<strong>de</strong>r kleinen Dinge sollte man sich ähnlich sein”. Eine gesun<strong>de</strong> Mischung<br />
aus bei<strong>de</strong>m ist wohl sinnvoll. Routine macht das Leben leichter<br />
und effizienter, spart Energie und Nerven. Neues und Spannen<strong>de</strong>s entsteht<br />
abseits <strong>de</strong>r Trampelpfa<strong>de</strong>. Auch Streiten ist ein Teil <strong>de</strong>s Lebens<br />
und <strong>de</strong>r Weiterentwicklung, die eben auf unterschiedlichen und neuen<br />
Meinungen beruht.<br />
Konfliktlösung wird in heterogenen Gruppen nicht einfacher. Persönlichkeits-<br />
und Teamentwicklung gewinnen an Be<strong>de</strong>utung, <strong>de</strong>nn wir brauchen<br />
ein Rüstzeug, um in einem Umfeld glücklich und erfolgreich zu bestehen,<br />
das zukünftig durch Verän<strong>de</strong>rung in vielen Lebensbereichen geprägt<br />
sein wird. An<strong>de</strong>re Meinungen, I<strong>de</strong>en und Sichtweisen sind interessant,<br />
spannend, lehrreich, bringen manchmal mehr Arbeit, und bereichern.<br />
Neu beim CM: Online-Archiv in Vorbereitung<br />
Unseren Internet-Auftritt – www.<strong>controller</strong>magazin.<strong>de</strong> – haben Sie<br />
wahrscheinlich schon besucht. Dort fin<strong>de</strong>n Sie einzelne Beiträge aus <strong>de</strong>n<br />
aktuellen Ausgaben, ergänzen<strong>de</strong> Tools zum Download sowie die Thementafel<br />
zur Recherche von Beiträgen.<br />
Dieser Internet-Auftritt wird im November dieses Jahres erneuert und um<br />
eine echte Archiv-Funktion erweitert. Gleichzeitig wer<strong>de</strong>n einige Funktionen<br />
in einen geschlossenen Bereich verlagert, <strong>de</strong>r nur Abonnenten zur<br />
Verfügung steht. Wenn Sie diesen Bereich zukünftig nutzen möchten,<br />
sollten Sie Folgen<strong>de</strong>s beachten:<br />
• Wenn Sie das CM direkt beim Verlag beziehen, sollten Sie sich auf<br />
unserer Homepage registrieren und dabei auch Ihre Kun<strong>de</strong>nnummer<br />
hinterlegen.<br />
• Wenn Sie das CM als ICV-Mitglied beziehen, sollten Sie eine aktuelle<br />
E-Mail-Adresse in Ihren Mitglie<strong>de</strong>rdaten hinterlegt haben. Zu gegebener<br />
Zeit erhalten Sie dann eine personalisierte Nachricht, welche<br />
Ihnen in <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>n Zugang ermöglicht.<br />
• Wenn Sie das CM über eine Buchhandlung beziehen, dann wen<strong>de</strong>n<br />
Sie sich bitte an diese – aber erst im November.<br />
Im nächsten Controller Magazin, das Anfang September erscheint, informieren<br />
wir Sie ausführlich über das neue Angebot und <strong>de</strong>n Zugangsprozess.<br />
Ich wünsche Ihnen nun gewinnen<strong>de</strong>s Lesen und erfolgreiche Arbeit<br />
Dr. Klaus Eiselmayer<br />
Herausgeber<br />
CM Juli / August 2011<br />
Dr. Klaus Eiselmayer<br />
Chefredakteur Controller Magazin,<br />
Verlag für ControllingWissen AG<br />
Trainer und Partner <strong>de</strong>r Controller<br />
Aka<strong>de</strong>mie AG<br />
k.eiselmayer@<strong>controller</strong>aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong>
2<br />
Juli / August 2011<br />
Titelthema<br />
Aktuell<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Impressum<br />
ISSN 1616-0495 36. Jahrgang<br />
Herausgeber<br />
Dipl.-Ing. Dr. Klaus Eiselmayer, Vorstandsmitglied <strong>de</strong>s Verlags<br />
für ControllingWissen AG, Trainer und Aufsichtsratsmitglied<br />
<strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie AG, Gauting/München<br />
Die Zeitschrift ist Organ <strong>de</strong>s Internationalen Controller Verein<br />
eV, München; und berichtet auch aus <strong>de</strong>ssen Veranstaltungen.<br />
www.<strong>controller</strong>verein.com<br />
Redaktion<br />
Dr. Klaus Eiselmayer, k.eiselmayer@<strong>controller</strong>aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
Susanne Eiselmayer, susanne.eiselmayer@vcw.<strong>de</strong><br />
Mag. Gundula Wagenbrenner,<br />
gundula.wagenbrenner@vcw.<strong>de</strong><br />
Strategieentwicklung<br />
Seite 10<br />
Firmenkun<strong>de</strong>nkredit<br />
Seite 41<br />
Corporate Happiness<br />
Seite 80<br />
Fachbücher im Fokus<br />
Seite 93<br />
Inhalt<br />
Inserentenverzeichnis Anzeigen: CP Corporate Planning AG, 3 | Denzhorn, 7 | Prevero, 17 | FH Kufstein, 27 | CoPlanner, 35 | <strong>Haufe</strong>-Lexware, U2 | Maastricht University, U3 | Controller<br />
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Abonnenten-Service<br />
Silvia Fröhlich, silvia.froehlich@vcw.<strong>de</strong><br />
Magazingestaltung<br />
Susanne Eiselmayer, susanne.eiselmayer@vcw.<strong>de</strong><br />
Abonnenten-Service, Redaktion und Magazingestaltung<br />
VCW AG, Münchner Straße 10, 82237 Wörthsee-Etterschlag,<br />
Tel 01805 91 31 24*, Fax 01805 91 31 74*<br />
*0,14€/Min. aus <strong>de</strong>m dt. Festnetz, max. 0,42 €/Min. mobil.<br />
Ein Service von dtms.<br />
Verlagssitz<br />
VCW Verlag für ControllingWissen AG, Munzinger Str. 9,<br />
79111 Freiburg i. Br., <strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH & Co. KG<br />
Literaturforum<br />
Dipl.-Betriebswirt Alfred Biel, Fachjournalist (DFJS),<br />
Beethovenstraße 275, 42655 Solingen, alfred.biel@gmx.<strong>de</strong><br />
Editorial 1<br />
Alfred Biel<br />
Interview mit Dr. rer. pol. h. c. Frank-J. Weise 4<br />
Markus Kottbauer<br />
Strategieerarbeitung in mittelständischen Unternehmen 10<br />
Johannes Isensee | Uwe Michel<br />
Green Controlling als (neue) Aufgabe für <strong>de</strong>n Controller? 18<br />
Jürgen Weber<br />
Business Partner 21<br />
Frank Lelke | Andreas Ollech<br />
Das Instrument <strong>de</strong>r Mitarbeiterbefragung 22<br />
Bernd Koschitzki | Claudia Maron | Karsten Oehler | u. w.<br />
Systematische Auswahl von IT-Lösungen zur Planung – Teil 1 – 28<br />
Stefan Tönnissen<br />
Die planerische Behandlung von Leerkosten 36<br />
Jens Hielscher | Fabian Walther<br />
Der Firmenkun<strong>de</strong>nkredit aus Sicht <strong>de</strong>r Bank und <strong>de</strong>s Unternehmens 41<br />
Christoph Munck | Peter Schentler<br />
Finanz-Controlling: Strategische und operative Steuerung<br />
<strong>de</strong>r Liquidität 48<br />
Ralf Kesten<br />
Bewertung von Geschäftsbereichen mit Pensionszusagen 50<br />
Matthias Schmie<strong>de</strong>r<br />
Stand <strong>de</strong>s Benchmarking in Deutschland 59<br />
Online-Shop www.controllingwissen.<strong>de</strong><br />
Anzeigenverkauf<br />
Kathrin Sauer, Tel 0931 27 91 -541, Fax -477,<br />
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Christine Wolz, Tel 0931 27 91 -472, Fax -477,<br />
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Anzeigenleitung<br />
Bernd Junker, Tel 0931 27 91 -556, Fax -477,<br />
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97076 Würzburg<br />
Konzept und Design | Titelgestaltung<br />
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82131 Gauting, www.<strong>de</strong>yhle<strong>de</strong>sign.<strong>de</strong>
Internationaler Controller Verein<br />
Der Held wird im Dialog<br />
geboren<br />
Seite 103<br />
Volker Bilgram | Gregor Jawecki<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Projekten 60<br />
Josef Wüpping<br />
Renditekiller Komplexität 66<br />
Katharina Moltz<br />
Unerwünschte Effekte schnell aufspüren 72<br />
Frank Höning | Dirk Ol<strong>de</strong>rdissen | Oliver Rösch<br />
Aufbau einer Kostenträgerrechnung auf Basis <strong>de</strong>s Prozessmo<strong>de</strong>lls 75<br />
Oliver Haas | Norbert Heigl<br />
Corporate Happiness 80<br />
Stephan Christopher Abel | Peter Rötzel<br />
Organisationsentwicklung und Restrukturierung <strong>de</strong>s Controllings 88<br />
Dietmar Pascher´s<br />
Controllerrätsel 92<br />
Herstellung <strong>de</strong>yhle<strong>de</strong>sign Werbeagentur GmbH, 82131 Gauting<br />
Druck Bosch-Druck GmbH, 84030 Ergolding, Tel 0871 76 05 - 0<br />
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6 Ausgaben pro Jahr: Jan., März, Mai, Juli, Sept., Nov.<br />
Bezugsgebühr pro Jahr im Abonnement € 148,80 plus € 9,90 Versand;<br />
im europäischen Ausland € 17,40;<br />
Einzelheft € 24,80 plus Versand; die Preise enthalten die USt.<br />
Sollte CM ohne Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Verlags nicht ausgeliefert wer<strong>de</strong>n,<br />
besteht kein Ersatzanspruch gegen <strong>de</strong>n Verlag.<br />
Durch die Annahme eines Manuskriptes o<strong>de</strong>r Fotos erwirbt <strong>de</strong>r Ver lag<br />
das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung.<br />
Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Zustimmung <strong>de</strong>r Redaktion.<br />
Bildnachweis Titel gettyimages<br />
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4<br />
Interview: Innovationen im Controlling <strong>de</strong>s öffentlichen Bereichs<br />
Innovationen im Controlling <strong>de</strong>s öffentlichen<br />
Bereichs – am Beispiel <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur<br />
für Arbeit (BA)<br />
Interview mit Dr. rer. pol. h. c. Frank-J. Weise<br />
von Alfred Biel<br />
Dieses Interview arbeitet die Beson<strong>de</strong>rheiten<br />
<strong>de</strong>s Controllings im öffentlichen Bereich he-<br />
r aus, anhand von Best-Practice-Lösungen <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>sagentur für Arbeit (BA). Es geht u. a.<br />
<strong>de</strong>r Frage nach, wie Controlling unter <strong>de</strong>m Einfluss<br />
<strong>de</strong>r Politik gestaltet wer<strong>de</strong>n und erfolgreich<br />
sein kann. Der Dialog beleuchtet die Rolle<br />
<strong>de</strong>s Controllers, z. B. in <strong>de</strong>r Funktion <strong>de</strong>s<br />
Verän<strong>de</strong>rers, und hinterfragt verschie<strong>de</strong>ne<br />
Spannungsverhältnisse.<br />
Biel: Vielen Dank, Herr Dr. Weise, dass Sie sich<br />
trotz Ihrer vielen Aufgaben und Termine Zeit für<br />
ein Interview im Controller Magazin nehmen.<br />
Dürfen unsere Leserinnen und Leser zu Beginn<br />
unseres Dialogs erfahren, an welchen Themen<br />
Sie zum Zeitpunkt unseres Interviews schwerpunktmäßig<br />
arbeiten? Welchen Themen widmen<br />
Sie sich hauptsächlich in diesem Jahr?<br />
Dr. Weise: Einer <strong>de</strong>r wesentlichen Schwerpunkte<br />
für das Jahr 2011 ist sicherlich die<br />
Umsetzung <strong>de</strong>r Neuregelung <strong>de</strong>r Grundsicherung<br />
für Arbeitssuchen<strong>de</strong>, im Volksmund<br />
als Hartz IV bekannt. In diesem vom<br />
Gesetzgeber <strong>de</strong>finierten Prozess gibt es zahlreiche<br />
neue Aufgaben, neue Partner und somit<br />
viele Schnittstellen, die <strong>de</strong>finiert und bedient<br />
wer<strong>de</strong>n müssen. Viele Fragen sind noch<br />
offen und ungeklärt. Letztendlich ist unser<br />
großes Ziel, dass die Hilfebedürftigen möglichst<br />
nichts von <strong>de</strong>r Neuorganisation mitbekommen<br />
und vielmehr eine schnelle und gute<br />
Dienstleistung erhalten.<br />
Zum Zweiten gilt auch für die Bun<strong>de</strong>sagentur<br />
für Arbeit <strong>de</strong>r Konsolidierungskurs <strong>de</strong>r öffentlichen<br />
Haushalte. Eine große Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
für alle öffentlichen Großorganisationen. Ein<br />
dritter wesentlicher Punkt ist die von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung<br />
im Koalitionsvertrag festgelegte<br />
Reform von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten,<br />
<strong>de</strong>ren Umsetzung es vorzubereiten<br />
gilt. Inhaltlich wollen wir zu<strong>de</strong>m gemeinsam mit<br />
unseren Partnern <strong>de</strong>m Fachkräftemangel<br />
entgegenwirken, sowie <strong>de</strong>n Übergang von<br />
Schule zu Beruf für unsere Jugendlichen so erfolgreich<br />
wie möglich gestalten.<br />
Biel: Als Körperschaft <strong>de</strong>s Öffentlichen Rechts<br />
mit Selbstverwaltung führt die BA ihre Aufgaben,<br />
im Rahmen <strong>de</strong>s für sie gelten<strong>de</strong>n Rechts,<br />
eigenverantwortlich durch. „Öffentlich” zielt zunächst<br />
auf die Trägerschaft bzw. auf die Eigentumsverhältnisse<br />
ab, verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Vorstellung,<br />
dass über das Eigentum eine Instrumentalisierung<br />
im Sinn einer öffentlichen Aufgabenwahrnehmung<br />
erfolgt. Verstehen Sie Ihr
Haus als Leistungsverwaltung, öffentliches Unternehmen<br />
o<strong>de</strong>r eher als öffentlichen Aufgabenträger?<br />
Sind Sie noch eine „Behör<strong>de</strong>“ o<strong>de</strong>r<br />
schon ein Dienstleister?<br />
Dr. Weise: Wir sind ein öffentliches Unternehmen<br />
mit einem breiten Aufgabenspektrum. Von<br />
<strong>de</strong>r Vermittlung und Beratung, über die Berufsorientierung<br />
und Teilhabe von Rehabilitan<strong>de</strong>n<br />
am Arbeitsleben bis hin zur Gewährung von<br />
Geldleistungen. Daneben erfüllen wir auch wesentliche<br />
Aufgaben im Auftrag <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung,<br />
wie z. B. die Zahlung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>s<br />
über die Familienkasse. Behör<strong>de</strong> und Dienstleister<br />
schließen sich nicht aus. Aufgrund<br />
<strong>de</strong>r vielen Aufgaben und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen<br />
Größe und Komplexität <strong>de</strong>r Organisation<br />
sind gute Strukturen und Prozessabläufe eine<br />
Grundlage für gute Ergebnisse.<br />
Biel: Wie verstehen und <strong>de</strong>finieren Sie die Zielsetzung<br />
Ihres Hauses vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r<br />
geschil<strong>de</strong>rten Aufgabenstellung und Struktur?<br />
Dr. Weise: Auch eine Behör<strong>de</strong> muss dienstleistungsorientiert<br />
<strong>de</strong>nken und sich am Kun<strong>de</strong>ninteresse<br />
ausrichten, wenn sie erfolgreich<br />
sein will. Unser Ziel ist es, „bester Dienstleister”<br />
auf <strong>de</strong>m Arbeitsmarkt zu sein. Wir befin<strong>de</strong>n<br />
uns auf einem Weg von <strong>de</strong>r klassischen<br />
Behör<strong>de</strong> hin zu einem mo<strong>de</strong>rnen Dienstleister<br />
auf <strong>de</strong>m Arbeitsmarkt.<br />
Biel: Die Diskussion über die öffentliche Verwaltung<br />
wird oft von <strong>de</strong>r Wahrnehmung bestimmt,<br />
dass die Art <strong>de</strong>r Führung und Steuerung<br />
im krassen Missverhältnis stehe zur gesellschaftlichen<br />
und volkswirtschaftlichen Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r öffentlichen Verwaltung. Öffentliche<br />
Betriebswirtschaftslehre und New Public Management<br />
(NPM) und an<strong>de</strong>re Begriffe stehen<br />
seit etwa <strong>de</strong>n 1990er-Jahren intensiv in <strong>de</strong>r<br />
Diskussion und vermitteln vielfältige Impulse.<br />
Wie ordnen Sie unter <strong>de</strong>n Aspekten von BWL<br />
und Controlling global <strong>de</strong>n „betriebswirtschaftlichen<br />
Stand“ <strong>de</strong>r öffentlichen Verwaltung ein?<br />
Dr. Weise: Zunächst möchte ich auf einen wesentlichen<br />
Unterschied hinweisen: An<strong>de</strong>rs als<br />
bei privatwirtschaftlichen Unternehmen steht<br />
bei öffentlichen Institutionen kein Gewinnziel<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund. Vielmehr orientieren wir uns<br />
an einem gesetzlichen Auftrag. Wie dieser<br />
ausgestaltet ist, unterschei<strong>de</strong>t sich z. T. <strong>de</strong>utlich.<br />
Entsprechend lassen sich die Ziele und <strong>de</strong>ren<br />
Messung nur schwer miteinan<strong>de</strong>r vergleichen.<br />
Allen gemein ist jedoch, dass sie mit begrenzten<br />
finanziellen Ressourcen möglichst viel<br />
für <strong>de</strong>n Steuerzahler, <strong>de</strong>n Beitragszahler, <strong>de</strong>n<br />
Bürger erreichen sollen. So sind bei Aufstellung<br />
und Ausführung <strong>de</strong>s Haushaltsplans die Grundsätze<br />
von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit<br />
zu beachten, für alle finanzwirksamen Maßnahmen<br />
angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
durchzuführen und in geeigneten Bereichen<br />
eine Kosten- und Leistungsrechnung<br />
einzuführen.<br />
Biel: Bleibt bei <strong>de</strong>r von Ihnen skizzierten Ausgangslage<br />
noch Raum für betriebswirtschaftliche<br />
Denkmuster?<br />
Dr. Weise: Ja, schon. Betriebswirtschaftliche<br />
Denkmuster sind auch formal für öffentliche Institutionen<br />
vorgegeben. In <strong>de</strong>r Ausgestaltung<br />
muss in je<strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong> individuell geprüft wer<strong>de</strong>n,<br />
welche betriebswirtschaftlichen Instrumente<br />
in welchen Bereichen geeignet sind.<br />
Bspw. arbeiten Einkauf und Immobilienmanagement<br />
<strong>de</strong>r BA vergleichbar wie in privatwirtschaftlichen<br />
Unternehmen. Die Wirtschaftlichkeit<br />
einer Dienstleistung wie Vermittlung und<br />
Beratung von Arbeitslosen hingegen lässt sich<br />
ungleich schwerer beziffern, da auch Aspekte<br />
eine Rolle spielen, die schwer messbar sind wie<br />
z. B. Beratungsleistungen.<br />
Biel: Der Bun<strong>de</strong>srechnungshof prüft die Haushalts-<br />
und Wirtschaftsführung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und<br />
seiner „Ämter“. Kann diese oberste Bun<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong><br />
auch nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien<br />
prüfen und bewerten?<br />
Dr. Weise: Gegenstand seiner Prüfungen sind<br />
die jährlichen Einnahmen und Ausgaben, die<br />
Rahmen sind Gesetze. Als Controller wissen<br />
wir, dass ein Unternehmen aber nicht nur nach<br />
Einnahmen und Ausgaben und Gesetzen gesteuert<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Insofern wäre wünschenswert,<br />
dass in die Prüfungsverfahren <strong>de</strong>s<br />
Bun<strong>de</strong>srechnungshofes verstärkt betriebswirtschaftliche<br />
Aspekte einfließen.<br />
Biel: Wie schätzen Sie alles in allem <strong>de</strong>n betriebswirtschaftlichen<br />
Stand im öffentlichen<br />
Bereich ein?<br />
CM Juli / August 2011<br />
Dr. Weise: Insgesamt halte ich <strong>de</strong>n betriebswirtschaftlichen<br />
Stand in <strong>de</strong>r öffentlichen Verwaltung<br />
noch für sehr unterschiedlich, was an<br />
<strong>de</strong>n heterogenen Zielsetzungen liegt, die stets<br />
eine sehr individuelle Lösung erfor<strong>de</strong>rn. Gleichzeitig<br />
nehme ich jedoch wahr, dass die Zeiten<br />
einer rein inputorientierten Steuerung vorbei<br />
sind. Es bleiben aber noch viele Potenziale in<br />
<strong>de</strong>r betriebswirtschaftlichen Steuerung zu<br />
erschließen. Daher besteht ein reger Austausch<br />
zwischen <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n, um voneinan<strong>de</strong>r gute<br />
Praktiken zu lernen. Der Arbeitskreis Steuerung<br />
und Controlling, in <strong>de</strong>m die BA mit zahlreichen<br />
weiteren Behör<strong>de</strong>n vertreten ist, ist nur ein Beispiel<br />
hierfür.<br />
Biel: Und wenn Sie einen internationalen Vergleich<br />
ziehen?<br />
Dr. Weise: Wenn ich die <strong>de</strong>utsche Landschaft<br />
<strong>de</strong>r öffentlichen Unternehmen im internationalen<br />
Vergleich betrachte, glaube ich, wir sind<br />
doch schon sehr weit.<br />
Biel: Reformen <strong>de</strong>r öffentlichen Verwaltung<br />
wer<strong>de</strong>n seit Langem gefor<strong>de</strong>rt und in gewissem<br />
Umfange auch umgesetzt. Das „Neue Steuerungsmo<strong>de</strong>ll“<br />
ist zum Schlagwort gewor<strong>de</strong>n.<br />
Wesentliche Elemente dieses Ansatzes sind<br />
u.a. Dezentralisierung, Einheit von Fach- und<br />
Ressourcenkompetenz, mo<strong>de</strong>rne Budgetierung,<br />
Einführung von Kosten und Leistungsrechnungen<br />
sowie ein mo<strong>de</strong>rnes Controlling,<br />
mo<strong>de</strong>rnes Personalmanagement usw., um<br />
einige Aspekte zu nennen. Wieweit lassen sich<br />
diese klassischen betriebswirtschaftlichen<br />
Konzepte in ein Umfeld übertragen, das durch<br />
politische Einflussnahme, breite Öffentlichkeit<br />
und Interessenvielfalt gekennzeichnet ist?<br />
Dr. Weise: Das ist eine große Herausfor<strong>de</strong>rung,<br />
in <strong>de</strong>r Tat. Die Bun<strong>de</strong>sagentur für Arbeit<br />
hat <strong>de</strong>n großen Vorteil, eine selbstverwaltete<br />
Körperschaft <strong>de</strong>s öffentlichen Rechts zu sein.<br />
Somit entschei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Vorstand im Einvernehmen<br />
mit <strong>de</strong>m Verwaltungsrat – bestehend aus<br />
Vertretern von Arbeitgebern, Arbeitnehmern<br />
und öffentlicher Hand – über die Strategie, die<br />
Geschäftspolitik und die Ziele <strong>de</strong>r BA. Diese leiten<br />
sich letztlich aus <strong>de</strong>m gesetzlichen Auftrag<br />
ab. Das BMAS (Bun<strong>de</strong>sministerium für Arbeit<br />
und Soziales) hat hier nur die Rechtsaufsicht. In<br />
dieser Konstellation gelingt es intern sehr wohl,<br />
5
6<br />
Interview: Innovationen im Controlling <strong>de</strong>s öffentlichen Bereichs<br />
betriebswirtschaftliche Konzepte zu implementieren.<br />
An<strong>de</strong>re öffentliche Unternehmen<br />
o<strong>de</strong>r auch Ministerien unterliegen wesentlich<br />
höherem Einfluss durch die Politik.<br />
Biel: Gibt es Organisationsformen, z. B. Projekte<br />
o<strong>de</strong>r Arbeitskreise, o<strong>de</strong>r bestimmte Mechanismen,<br />
die sich speziell <strong>de</strong>m „Controlling<br />
unter Politik“ widmen?<br />
Dr. Weise: Ja, auch hier sind wir auf einem guten<br />
Weg. Wir haben im Jahr 2009 einen Arbeitskreis<br />
„Controlling und Steuerung in öffentlichen<br />
Organisationen“ gebil<strong>de</strong>t, in <strong>de</strong>m wir uns<br />
für dieses Jahr genau das Thema „Steuerung<br />
und Controlling im Kontext <strong>de</strong>r politischen<br />
Einflussnahme” vorgenommen haben.<br />
Biel: Insgesamt habe sich <strong>de</strong>r eingeschlagene<br />
Reformweg <strong>de</strong>r BA bewährt, verlautet aus Ihrem<br />
Haus. Wie hat sich die Performance Ihrer<br />
Organisation verän<strong>de</strong>rt? Wo stehen Sie heute?<br />
Dr. Weise: Wir erkennen in allen Bereichen<br />
zum Teil <strong>de</strong>utliche Verbesserungen, auch wenn<br />
wir an einigen Stellen natürlich noch Potenziale<br />
sehen.<br />
Biel: Können Sie diese Aussage unseren Leserinnen<br />
und Lesern in Zahlen und messbare<br />
Größen umsetzen?<br />
Dr. Weise: Gerne, als Controller orientieren<br />
wir uns natürlich an Daten, Zahlen und Fakten.<br />
Heute verlassen beispielsweise die meisten<br />
Kun<strong>de</strong>n durchaus zufrie<strong>de</strong>n unsere Dienststellen.<br />
Wir führen auch regelmäßig Kun<strong>de</strong>nbefragungen<br />
durch. Im Arbeitnehmerbereich<br />
hat sich das Ergebnis im Schulnotenprinzip<br />
von 2,9 im Jahr 2006 auf aktuell 2,2 verbessert.<br />
Im gleichen Zeitraum haben wir rd.<br />
100 % mehr Stellen erfolgreich besetzt. Wir<br />
liegen nun bei gut einer halben Million Stellen<br />
jährlich. Unsere Marktdurchdringung ist <strong>de</strong>utlich<br />
besser gewor<strong>de</strong>n, wenn auch noch nicht<br />
optimal. O<strong>de</strong>r nehmen wir die Dauer <strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit.<br />
Diese hat sich seit 2006 um<br />
über zehn Prozent reduziert. Gut für die Menschen<br />
selbst und gut für die Beitragszahler,<br />
die mit je<strong>de</strong>m Tag weniger Arbeitslosigkeit<br />
<strong>de</strong>utlich entlastet wer<strong>de</strong>n. Nicht zuletzt <strong>de</strong>shalb<br />
sind wir die einzige Sozialversicherung in<br />
Deutschland, die im Jahr <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise<br />
ihr operatives Minus durch eigene Rücklagen<br />
<strong>de</strong>cken konnte.<br />
Biel: Dann verfolgen Sie sicher auch weitergehen<strong>de</strong><br />
Zielsetzungen.<br />
Dr. Weise: Selbstverständlich, wir verfolgen<br />
ambitionierte Ziele. So hat sich die BA im Zuge<br />
einer selbst auferlegten Mittelfristplanung noch<br />
eine <strong>de</strong>utliche Steigerung bei <strong>de</strong>n relevanten<br />
Indikatoren – vor allem im Bereich <strong>de</strong>r Job-to-<br />
Job-Vermittlung – auf die Fahne geschrieben.<br />
Hier wollen und müssen wir die Potenziale noch<br />
heben.<br />
Biel: Spar-, Kürzungs- und Kostensenkungsdiskussionen<br />
prägen zunehmend <strong>de</strong>n Diskurs<br />
<strong>de</strong>r öffentlichen Verwaltung. Gleichzeitig nehmen<br />
Aufgaben und gesellschaftliche Erwartungen<br />
eher zu. Leistungen können oft nicht<br />
Autoren<br />
Fachjournalist (DFJS) Dipl.-BW Alfred Biel<br />
betreut das Literaturforum im Controller Magazin und arbeitet<br />
als Rezensent, Autor, Interviewer und Mo<strong>de</strong>rator für verschie<strong>de</strong>ne<br />
Medien im In- und Ausland. Er ist Leiten<strong>de</strong>r Fachredakteur<br />
im Internationalen Controller Verein e.V. (ICV) und Mo<strong>de</strong>rator im<br />
Deutschen Fachjournalisten Verband e.V. (DFJV).<br />
E-Mail: alfred.biel@gmx.<strong>de</strong><br />
über „mehr Geld“, son<strong>de</strong>rn nur noch über kreative<br />
und intelligente I<strong>de</strong>en sichergestellt und<br />
ausgeweitet wer<strong>de</strong>n. Sie haben als BA-Chef zu<br />
Beginn <strong>de</strong>s Jahres 2011 angekündigt, „trotz 2<br />
Milliar<strong>de</strong>n Einsparung wer<strong>de</strong>n wir Mütter,<br />
Schulabgänger und die Qualifizierung von Arbeitslosen<br />
weiter för<strong>de</strong>rn”. Welches Konzept<br />
steht hinter diesem Vorhaben?<br />
Dr. Weise: Die Einsparfor<strong>de</strong>rungen und daraus<br />
resultieren<strong>de</strong>n Aktivitäten dürfen sich nicht bei<br />
unseren Kun<strong>de</strong>n bemerkbar machen. Vielmehr<br />
muss es <strong>de</strong>r BA gelingen, Einsparpotenziale<br />
durch eine verbesserte Wirkung am Ar-<br />
beitsmarkt und durch verbesserte interne<br />
Prozesse zu generieren. Daher hat sich die<br />
BA bis 2012 eine ambitionierte Mittelfristplanung<br />
auferlegt, die zum einen auf eine beim<br />
Kun<strong>de</strong>n spürbare Wirkungssteigerung abzielt,<br />
zum an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>n Weg in Richtung eines ausgeglichenen<br />
Einnahmen-Ausgaben-Saldos im<br />
Haushalt einschlägt. Intern soll dabei auch ein<br />
systematisches Qualitätsmanagement unterstützen.<br />
Biel: Was be<strong>de</strong>utet dies für Ihre Kun<strong>de</strong>n bzw.<br />
für die Ihnen anvertrauten Menschen konkret<br />
und praktisch?<br />
Dr. Weise: Die uns anvertrauten Menschen<br />
sehen wir tatsächlich als Kun<strong>de</strong>n und gehen<br />
mit ihnen auch in dieser Weise um – und nicht<br />
etwa als anonyme Nummer einer Behör<strong>de</strong>. Es<br />
wird zunächst anhand einer Stärken- und Po-<br />
Dr. rer. pol. h.c. Frank-J. Weise<br />
ist Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sagentur für Arbeit<br />
(BA) und Mitglied <strong>de</strong>s Kuratoriums <strong>de</strong>s Internationalen Controller<br />
Vereins (ICV).<br />
tenzialanalyse eine Standortbestimmung <strong>de</strong>s<br />
Kun<strong>de</strong>n vorgenommen, dann gemeinsam ein<br />
Ziel festgelegt, und dann eine Handlungsstrategie<br />
zur Erreichung dieses Ziels erarbeitet. Der<br />
Kun<strong>de</strong> wird bei <strong>de</strong>r Umsetzung intensiv begleitet<br />
und spürt daher von Einsparaktivitäten<br />
nichts. Insofern stellen wir <strong>de</strong>n Menschen, seine<br />
Situation und seine Bedürfnisse in <strong>de</strong>n Mittelpunkt.<br />
Biel: Sie vertreten und verkörpern auch mit Ihrem<br />
Engagement ein gewan<strong>de</strong>ltes Funktions-<br />
und Rollenverständnis von Staat und Verwaltung.<br />
Dazu zählt auch ein neues, mo<strong>de</strong>rnes
Erfolgsverständnis. Wie <strong>de</strong>finieren Sie <strong>de</strong>n Erfolg<br />
Ihres Hauses und ähnlicher öffentlicher Unternehmen?<br />
Dr. Weise: Auch hier gilt: Erfolg im öffentlichen<br />
Bereich <strong>de</strong>finiert sich, an<strong>de</strong>rs als in <strong>de</strong>r Privatwirtschaft,<br />
nicht primär über Gewinnziele, son<strong>de</strong>rn<br />
über die Erfüllung eines öffentlichen<br />
Auftrags. Das muss wirksam und effizient<br />
geschehen. Dieser Leitsatz gilt auch für das<br />
gesamte Zielsystem <strong>de</strong>r BA, das sich, je nach<br />
Aufgabenbereich, also beispielsweise Arbeitslosenversicherung,<br />
Grundsicherung, berufliche<br />
Rehabilitation, unterschei<strong>de</strong>t.<br />
Biel: Können Sie uns ein konkretes Beispiel geben<br />
für die Erfüllung eines öffentlichen Auftrages?<br />
Dr. Weise: Nehmen wir das Beispiel Arbeitslosigkeit.<br />
Im Bereich <strong>de</strong>r Arbeitslosenversicherung<br />
bspw. misst die BA ihren Erfolg daran, ob<br />
es gelingt, Arbeitslosigkeit zu vermei<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r<br />
ob bei Eintritt von Arbeitslosigkeit die Dauer<br />
möglichst kurz gehalten wer<strong>de</strong>n kann. Beim<br />
Einsatz von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten<br />
gilt es, diese nur dann einzusetzen,<br />
wenn eine daraus resultieren<strong>de</strong> Integration <strong>de</strong>s<br />
Kun<strong>de</strong>n wahrscheinlich ist.<br />
Biel: Bitte lassen Sie mich nachfragen. Nach<br />
mo<strong>de</strong>rnem betriebswirtschaftlichen Verständnis<br />
sind Unternehmen mehrdimensional zu<br />
steuern. Neben <strong>de</strong>r immer wichtigen Kostenorientierung<br />
müssen ebenfalls die Kun<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r<br />
Markt angemessen im Fokus stehen. Sie haben<br />
bereits ange<strong>de</strong>utet, dass die Zeiten einer rein<br />
inputorientierten Steuerung vorbei seien. Lässt<br />
sich dieser mehrdimensionale Steuerungsansatz<br />
auch auf Ihr Haus übertragen?<br />
Dr. Weise: Ich bin Ihnen dankbar für diese Frage.<br />
Denn sie gibt mir Gelegenheit, unseren „dualen<br />
Steuerungsansatz“ zu betonen, nämlich<br />
Wirtschaftlichkeitsorientierung zu verknüpfen<br />
mit Wirkungsorientierung. Durch<br />
die Wirkungsorientierung profitiert <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>,<br />
durch die Wirtschaftlichkeitsorientierung Kun<strong>de</strong><br />
und Beitragszahler: Durch gezielten Einsatz<br />
lan<strong>de</strong>n die Mittel bei <strong>de</strong>njenigen Kun<strong>de</strong>n, die sie<br />
benötigen, gleichzeitig entsteht weniger Verschwendung,<br />
was wie<strong>de</strong>rum bei <strong>de</strong>n Beitragszahlern<br />
durch niedrigere Beitragssätze an-<br />
CM Juli / August 2011<br />
kommt. Wenn man so will, die Umsetzung <strong>de</strong>s<br />
ökonomischen Prinzips.<br />
Biel: Lassen Sie uns noch einen weiteren Vergleich<br />
anstellen. Controller in <strong>de</strong>r „freien Wirtschaft“<br />
wer<strong>de</strong>n oft als Bremser und Blockierer<br />
verstan<strong>de</strong>n und betrachtet, weil sie sich z. B. für<br />
Kostensenkung einsetzen o<strong>de</strong>r Investitionen<br />
kritisch prüfen. Bei <strong>de</strong>r Recherche im Vorfeld<br />
unseres Dialogs zeigte sich hingegen, dass<br />
Controller o<strong>de</strong>r ähnliche Aufgabenträger in <strong>de</strong>r<br />
öffentlichen Verwaltung an<strong>de</strong>rs wahrgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n, nämlich mehr als Verän<strong>de</strong>rer und<br />
oft auch als Unruhestifter. Hängt dies mit unterschiedlichen<br />
Reifegra<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Controllings zusammen<br />
o<strong>de</strong>r ist dies „branchenspezifisch“?<br />
Dr. Weise: Die Rollen <strong>de</strong>s Controllings unterschei<strong>de</strong>n<br />
sich in öffentlichen Verwaltungen<br />
nicht von <strong>de</strong>nen in einem Unternehmen. Die<br />
Wahrnehmung <strong>de</strong>s Controllers hängt im Wesentlichen<br />
vom Steuerungsmo<strong>de</strong>ll ab. Sicherlich<br />
gibt es in Non-Profit-Organisationen an<strong>de</strong>re<br />
Ziele, aber Kosten- und Wirtschaftlichkeit<br />
spielen auch und gera<strong>de</strong> jetzt eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Rolle in öffentlichen Unternehmen.<br />
Biel: … und wie ist es mit „<strong>de</strong>m Verän<strong>de</strong>rer“ …<br />
Dr. Weise: Ja, neben <strong>de</strong>m Fachexperten, <strong>de</strong>m<br />
kritischen ökonomischen Gewissen, <strong>de</strong>m Motor<br />
stetiger Leistungssteigerung sowie <strong>de</strong>m Berater,<br />
gefällt mir <strong>de</strong>r Begriff „Verän<strong>de</strong>rer“<br />
sehr gut. Controller sind rastlos, wollen immer<br />
weiter. Stillstand heißt Rückschritt. Das Interesse<br />
muss stets sein, die Organisation voranzubringen.<br />
Transparenz und ambitionierte Ziele<br />
führen nicht unbedingt zu Begeisterung bei Managern,<br />
aber was zählt, ist das Ergebnis. Je höher<br />
<strong>de</strong>r Reifegrad einer Organisation ist, <strong>de</strong>sto<br />
professioneller geht sie mit Transparenz, Zielen<br />
und Führungsverantwortung um. Ebenso verän<strong>de</strong>rt<br />
sich die Bezeichnung für <strong>de</strong>n Controller.<br />
Zu Beginn <strong>de</strong>r Reform zunächst als Datenknecht<br />
belächelt, hat sich <strong>de</strong>r Controller in <strong>de</strong>r<br />
BA zum akzeptierten Gesprächspartner und<br />
Berater von Führungskräften entwickelt.<br />
Biel: Bei <strong>de</strong>r Vorarbeit für dieses Interview kam<br />
in Gesprächen sowohl mit Leistungsempfängern<br />
als auch mit Mitarbeiter Ihres Hauses ein<br />
Aspekt zur Geltung, <strong>de</strong>r vermutlich grundsätzliche<br />
Be<strong>de</strong>utung für die öffentliche Verwaltung<br />
Erfolg lässt<br />
sich planen.<br />
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8<br />
Interview: Innovationen im Controlling <strong>de</strong>s öffentlichen Bereichs<br />
hat. Offenbar herrscht gegenüber betriebswirtschaftlichen<br />
Ansätzen vielfach ein diffuses<br />
Misstrauen, als wür<strong>de</strong>n diese im Wi<strong>de</strong>rspruch<br />
zu <strong>de</strong>n eigentlichen sozialen und humanitären<br />
Zielen <strong>de</strong>r Organisation stehen. Nicht wenige<br />
fürchten um die Anliegen und Probleme <strong>de</strong>r anvertrauten<br />
Menschen, als könne Steuerung immer<br />
nur wirtschaftlichen Zielen dienen. Wie<br />
geht die Führung Ihres Hauses mit diesem<br />
Empfin<strong>de</strong>n um?<br />
Biel: Ich nehme diese Empfindungen sowohl<br />
bei Kun<strong>de</strong>n als auch eigenen Mitarbeitern sehr<br />
ernst. Dabei sehe ich mich in höchster Verantwortung,<br />
diesen vermeintlichen Wi<strong>de</strong>rspruch<br />
aufzuklären. Denn wir haben ein ausgewogenes<br />
Zielsystem, in <strong>de</strong>m bei<strong>de</strong> Elemente<br />
aufgehen – wir hatten ja bereits darüber gesprochen,<br />
dass wir Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit<br />
miteinan<strong>de</strong>r verbin<strong>de</strong>n.<br />
Biel: Können Sie diese Feststellung im Einzelnen<br />
ausführen, näher bestimmen und unseren<br />
Leserinnen und Lesern <strong>de</strong>utlich machen?<br />
Dr. Weise: Ich gebe Ihnen gerne ein Beispiel:<br />
Wenn wir sagen, wir wollen wirkungsorientiert<br />
und wirtschaftlich arbeiten, dann verlangen<br />
wir im Bereich <strong>de</strong>r beruflichen För<strong>de</strong>rung<br />
für je<strong>de</strong>n eingesetzten Cent auch eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Wirkung, also eine Re-Integration<br />
in <strong>de</strong>n ersten Arbeitsmarkt. Dadurch amortisieren<br />
sich durch eingenommene Beiträge und<br />
Steuern die Ausgaben wie<strong>de</strong>r. Dieses Prinzip,<br />
mit begrenzten Mitteln eine maximale Wirkung<br />
zu erzielen, konterkariert das Fürsorgeprinzip<br />
aber doch in keiner Weise. Wie wäre es um die<br />
Erwerbs- und Lebensbiografie <strong>de</strong>r Menschen<br />
bestellt, wenn wir diesen Wirkungsgedanken<br />
nicht verinnerlicht hätten? Sollen wir Kun<strong>de</strong>n<br />
von Maßnahme zu Maßnahme schicken, anstatt<br />
ihnen durch nachhaltige Beschäftigung<br />
das Wertgefühl zurückzugeben? Und damit geben<br />
wir <strong>de</strong>n Menschen innerhalb <strong>de</strong>r Versichertengemeinschaft<br />
automatisch ein gewisses<br />
„Pay back” <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s, welches sie uns zu<br />
treuen Hän<strong>de</strong>n gegeben haben.<br />
Biel: Was be<strong>de</strong>utet dies nun für Ihre Führungskräfte?<br />
Dr. Weise: Meine Führungskräfte sind aufgefor<strong>de</strong>rt,<br />
diese Wertschöpfungskette un-<br />
seres Zielsystems gegenüber <strong>de</strong>n Kolleginnen<br />
und Kollegen zu übersetzen. Das Versicherungsprinzip<br />
„für <strong>de</strong>n Einzelnen Gutes, für alle<br />
das Beste“ schließt nicht aus, dass wir für je<strong>de</strong>n<br />
einzelnen Kun<strong>de</strong>n eine auf ihn angepasste<br />
Integrationsstrategie entwerfen und ihn stets<br />
für ihn adäquat „therapieren“. Was das Ausmaß<br />
unserer Controllingprozesse betrifft, gebe ich<br />
aber zu, dass das Pen<strong>de</strong>l nach Einführung<br />
eines durch <strong>de</strong>zentrale Entscheidungskompetenz<br />
und Führen über Ziele gekennzeichneten<br />
Controlling- und Steuerungssystems phasenweise<br />
etwas zu weit ausgeschlagen ist. Komplexe<br />
Unternehmungen wie die Bun<strong>de</strong>sagentur<br />
unterliegen stets <strong>de</strong>r latenten Gefahr <strong>de</strong>r Übersteuerung.<br />
Wir haben diese Gefahr erkannt und<br />
innerhalb <strong>de</strong>r Organisation sehr kontrovers diskutiert.<br />
Viele Dinge haben wir seit<strong>de</strong>m wie<strong>de</strong>r<br />
zurückgebaut.<br />
Biel: Wir haben bereits die große Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r kontinuierlichen Verän<strong>de</strong>rung herausgestellt.<br />
Verän<strong>de</strong>rung ist ein ganzheitlicher, ständig<br />
laufen<strong>de</strong>r Prozess, <strong>de</strong>r meistens schwierig<br />
und mühsam ist. Verän<strong>de</strong>rungen lassen sich<br />
gestalten über Organisation, Metho<strong>de</strong>n und Instrumente.<br />
Es gibt aber auch die Menschen mit<br />
ihren Einstellungen und Verhalten und oft auch<br />
mit ihren Befürchtungen. Worauf kommt es Ihnen<br />
beson<strong>de</strong>rs an? Wenn Sie diese Faktoren<br />
unter <strong>de</strong>m Aspekt <strong>de</strong>r möglichen Beeinflussbarkeit<br />
einerseits und <strong>de</strong>r Wirksamkeit dieser<br />
Beeinflussung an<strong>de</strong>rseits betrachten, zu welchen<br />
Schlüssen gelangen Sie? Welche Erfahrungen<br />
mussten Sie machen?<br />
Dr. Weise: Die BA hat in <strong>de</strong>n letzten Jahren einiges<br />
erreicht. Das zeigt sich an <strong>de</strong>n quantitativen<br />
Ergebnissen. Grundlage dafür waren<br />
selbstverständlich – um im MOVE-Bild (MOVE<br />
= Metho<strong>de</strong>n, Organisation, Verhalten und Einstellungen)<br />
zu bleiben – Verän<strong>de</strong>rungen in Metho<strong>de</strong>n<br />
und Organisation. Handwerklich sind<br />
wir da schon sehr weit. Wir konnten im Krisenjahr<br />
2009 sehr schnell umsteuern und zum<br />
Beispiel Kurzarbeitergeld schnell und unbürokratisch<br />
auszahlen.<br />
Die Än<strong>de</strong>rung von Verhalten und Einstellungen<br />
hingegen ist ein langwieriger Prozess. Hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenskultur bewegen wir uns<br />
noch in einem Spannungsfeld von Zentralismus<br />
und <strong>de</strong>zentraler Verantwortung.<br />
Um Letztere zu stärken, muss vor Ort die Bereitschaft<br />
zur Übernahme von Verantwortung<br />
bestehen. Die Zentrale muss aber auch auf sich<br />
selbst blicken und Handlungsspielräume in <strong>de</strong>n<br />
Arbeitsagenturen vor Ort ermöglichen und zulassen.<br />
Im En<strong>de</strong>ffekt müssen wir seitens <strong>de</strong>r Zentrale<br />
mit gutem Beispiel vorangehen und die Leute<br />
mitnehmen und überzeugen. Nur so können<br />
Verhalten und Einstellung beeinflusst wer<strong>de</strong>n,<br />
und nur wenn das gelingt, arbeiten wir nachhaltig.<br />
Es bestätigt sich einmal mehr, was Deyhle<br />
uns bereits vor vielen Jahren vermittelt hat:<br />
Controllerarbeit ist zur einen Hälfte Sachorientierung<br />
und zur an<strong>de</strong>ren Hälfte Verhaltensorientierung.<br />
Biel: Verän<strong>de</strong>rer und Reformer, und so verstehen<br />
Sie sich sicher, müssen neue, innovative<br />
Wege gehen. Dabei kann man ins Kreuzfeuer<br />
<strong>de</strong>r Kritik und in die gesteigerte Aufmerksamkeit<br />
geraten. „Unterwegs im rechtlichen Graubereich“<br />
hieß es stellenweise im letzten Jahr<br />
mit Bezug auf Vergütungen und Arbeitsverträge.<br />
„Gutsherr von Nürnberg“ hat Sie einmal ein<br />
kritischer Kommentator genannt. Was be<strong>de</strong>utet<br />
es für Ihre Arbeit, mit Ein- und Umgrenzungen<br />
umgehen zu müssen?<br />
Dr. Weise: Für <strong>de</strong>n öffentlichen Bereich gelten<br />
sicherlich an<strong>de</strong>re Spielräume als in <strong>de</strong>r Privatwirtschaft.<br />
Aber die Spielräume, die wir haben,<br />
möchten wir ausnutzen, natürlich im rechtlichen<br />
Rahmen. Sie sprachen das Beispiel <strong>de</strong>r<br />
Vergütung und Arbeitsverträge an: Wenn Sie<br />
Führungskräfte haben wollen, die Verantwortung<br />
ähnlich wie in <strong>de</strong>r Privatwirtschaft übernehmen,<br />
müssen Sie diese Bereitschaft angemessen<br />
vergüten. Das haben wir getan. Die<br />
Ein- und Ausgrenzungen, die Sie ansprechen,<br />
betrachte ich nicht als Belastung, son<strong>de</strong>rn als<br />
zusätzlichen Ansporn, kreative Lösungen zu<br />
entwickeln.<br />
Biel: Auf <strong>de</strong>m 35. Congress <strong>de</strong>r Controller haben<br />
Sie einen vielbeachteten Vortrag gehalten.<br />
In Ihrem Schlusswort haben Sie hervorgehoben,<br />
die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Controllings wer<strong>de</strong> im<br />
Verän<strong>de</strong>rungsprozess wachsen, und mit be<strong>de</strong>utungsschweren<br />
Worten haben Sie Ihren<br />
Vortrag been<strong>de</strong>t: „Hierbei will die BA nicht nur<br />
die eigene Entwicklung vorantreiben, son<strong>de</strong>rn
für <strong>de</strong>n gesamten öffentlichen Sektor eine Vorreiterrolle<br />
übernehmen“. Haben Sie eine Vision,<br />
einen Zukunftsentwurf mo<strong>de</strong>rner Führung und<br />
Steuerung öffentlicher Verwaltungen? War die<br />
Übernahme <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>r neuen Bun<strong>de</strong>swehr-Strukturkommission<br />
nur ein erster Schritt<br />
<strong>de</strong>s Know-how-Transfers, wie man Ihr Thema<br />
<strong>de</strong>r „effiziente Staat” praktisch verwirklicht<br />
o<strong>de</strong>r anwen<strong>de</strong>t?<br />
Dr. Weise: Die BA hat in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />
sehr viel erreicht. Wir wollen gemeinsam mit an<strong>de</strong>ren<br />
öffentlichen Unternehmen in unserem Arbeitskreis<br />
Metho<strong>de</strong>n und Strategien entwickeln,<br />
wie die Entwicklung auch bei an<strong>de</strong>ren forciert<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Wir haben viele gute Beispiele<br />
selbst erlebt und bringen unsere Erfahrung aus<br />
sieben Jahren Reform gerne mit ein.<br />
Biel: … und Ihre Vision …<br />
Dr. Weise: Meine Vision ist, dass im Sinne<br />
<strong>de</strong>s Steuerzahlers alle öffentlichen Unternehmen<br />
und Ministerien über umfassen<strong>de</strong><br />
Transparenz nach Wirkung und Wirtschaftlichkeit<br />
und mit einer guten, vertrauensvollen<br />
Führungskultur gesteuert<br />
wer<strong>de</strong>n. Daher habe ich auch gerne in die<br />
Bun<strong>de</strong>swehr-Strukturkommission meine Erfahrungen<br />
eingebracht. Es war sicher ein<br />
Know-how-Transfer, <strong>de</strong>r für weitere öffentliche<br />
Bereiche wünschenswert ist.<br />
Biel: Bitte erlauben Sie zum Schluss noch eine<br />
persönliche Frage. Bei <strong>de</strong>r Vorbereitung auf<br />
dieses Interview war von <strong>de</strong>n Gesprächspartnern<br />
recht häufig zu hören, dass Ihr Han<strong>de</strong>ln<br />
INTERVIEW<br />
und Ihre Einschätzung von Situationen inmitten<br />
<strong>de</strong>s politischen und öffentlichen Minenfel<strong>de</strong>s<br />
als betont gelassen, sachlich und nüchtern<br />
wahrgenommen wird. Da Controllerinnen und<br />
Controller auch immer wie<strong>de</strong>r in Spannungssituationen<br />
stehen, die Frage, können Sie unseren<br />
Kolleginnen und Kollegen einige Hinweise<br />
und Tipps vermitteln?<br />
Dr. Weise: Grundsätzlich habe ich <strong>de</strong>n Controller<br />
– sowohl aus meiner eigenen Erfahrung<br />
in <strong>de</strong>r Controllerfunktion als auch auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite als Führungskraft – stets als objektiven<br />
Dienstleister verstan<strong>de</strong>n, als Lotsen, <strong>de</strong>r<br />
im Rahmen seiner Transparenzverantwortung<br />
die Dinge diskussionsfähig machen muss.<br />
Seine Empfehlungen muss er stets als kritisches<br />
unternehmerisches Gewissen im Interesse<br />
<strong>de</strong>r gesamten Unternehmung und nicht<br />
aus <strong>de</strong>m Druck einzelner Situationen unterbreiten.<br />
Wer mit diesem Bewusstsein han<strong>de</strong>lt,<br />
<strong>de</strong>r wird <strong>de</strong>m Druck standhalten. Wer sich aktionistisch<br />
leiten lässt, ist mittelfristig nicht<br />
glaubhaft und wird langfristig scheitern.<br />
Biel: Vor <strong>de</strong>m Hintergrund Ihrer reichen Erfahrung:<br />
Halten Sie <strong>de</strong>n immer wie<strong>de</strong>r in die Diskussion<br />
kommen<strong>de</strong>n Vorschlags eines „Politikcontrollings”<br />
für einen interessanten Ansatz?<br />
Dr. Weise: Was das „politische Minenfeld”<br />
betrifft: Am En<strong>de</strong> setzen sich in einer Demokratie<br />
die Mehrheiten durch. Und bis dahin müssen<br />
wir im Prozess <strong>de</strong>r Meinungsbildung gelassen<br />
bleiben, als neutraler Dienstleister für alle Teile<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft unter <strong>de</strong>n gegebenen gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen unsere Leistungen<br />
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Dipl.-BW Alfred Biel, Fachjournalist (DFJS) und Leiten<strong>de</strong>r<br />
Fachredakteur <strong>de</strong>s Internationalen Controller<br />
Vereins (ICV) eV im Gespräch mit Andreas Reimann<br />
und Thomas Hillek, bei<strong>de</strong> Partner im Bereich Advisory<br />
(Performance & Technology) bei KPMG Deutschland.<br />
CM Juli / August 2011<br />
erbringen. Und wo man uns fragt, wer<strong>de</strong>n wir<br />
die Politik auch gerne beraten. Die Politik trifft<br />
die Entscheidungen, gibt die Richtung vor. Controller<br />
können und sollten einen Beitrag leisten,<br />
wenn es um die Bewertung von Fragen <strong>de</strong>r<br />
richtigen Umsetzung geht.<br />
Biel: Üblicherweise folgt in dieser Interview-<br />
Reihe eine Zusammenfassung. Ich möchte<br />
dieses Mal einen Aspekt herausstellen, <strong>de</strong>r mir<br />
bei <strong>de</strong>r langen Beobachtung Ihrer Arbeit und<br />
auch Ihrer Person sehr bewusst gewor<strong>de</strong>n ist<br />
und in <strong>de</strong>r Theorie eingehend behan<strong>de</strong>lt wird.<br />
Personen prägen eine Rolle. So wird die Tätigkeit<br />
gera<strong>de</strong> eines Top-Mangers nicht nur<br />
durch die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Organisation getrieben.<br />
Der Manager ist auch durch seinen eigenen<br />
persönlichen, fachlichen, sozialen Hintergrund<br />
geprägt, mit entsprechen<strong>de</strong>n Auswirkungen<br />
auf sein Rollenverständnis. Wer sich<br />
näher mit Ihnen beschäftigt, bemerkt, wie<br />
ethische und christliche Grundlagen Ihr Han<strong>de</strong>ln<br />
positiv beeinflussen. Zu<strong>de</strong>m kann ein Manager<br />
auch darauf hinwirken, Strukturen und<br />
Prozesse innerhalb <strong>de</strong>r Organisation und somit<br />
auch die an ihn gestellten Anfor<strong>de</strong>rungen zu<br />
verän<strong>de</strong>rn. Dafür geben Sie durch Ihr Wirken<br />
ein überzeugen<strong>de</strong>s Beispiel.<br />
Auch im Namen von Herausgeber und Reaktion<br />
und insbeson<strong>de</strong>re unserer Leserinnen und Leser<br />
einen herzlichen Dank, dass Sie sich bereitwillig,<br />
kooperativ und konstruktiv allen Fragen<br />
gestellt haben. Ihnen und auch Ihrem Mitarbeiter,<br />
Herrn Hammersen, Dank und Respekt für<br />
die ausgesprochen angenehme Vorbereitung<br />
und Abwicklung dieses Interviews.<br />
9
10<br />
Strategieerarbeitung in mittelständischen Unternehmen<br />
Strategieerarbeitung in mittelständischen<br />
Unternehmen<br />
von Markus Kottbauer<br />
In Gesprächen mit Führungskräften in meinen<br />
Seminaren o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Strategieentwicklungs-<br />
Projekten erfahre ich immer wie<strong>de</strong>r das Gleiche:<br />
Die Manager machen sich sehr wohl<br />
konkrete Gedanken darüber, wohin das Unternehmen<br />
steuern soll, sie entwickeln Strategien.<br />
Nur ist es lei<strong>de</strong>r oft so:<br />
· es ziehen nicht alle an einem Strang o<strong>de</strong>r<br />
· es wird zwar überlegt, aber nichts finalisiert,<br />
die endgültige Entscheidung bleibt aus o<strong>de</strong>r<br />
· die Strategie wird nur sehr zögerlich umgesetzt;<br />
bevor sich eine Wirkung einstellt, wird<br />
schon wie<strong>de</strong>r die Richtung geän<strong>de</strong>rt.<br />
Diese Schil<strong>de</strong>rungen passen zu <strong>de</strong>r viel zitierten<br />
Aussage von Prof. Robert Kaplan und David<br />
Norton, <strong>de</strong>n Erfin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Balanced Scorecard:<br />
„Es mangelt <strong>de</strong>n Unternehmen nicht an Strategien,<br />
es mangelt ihnen an <strong>de</strong>r operativen Umsetzung“<br />
(Kaplan, Norton, 2004).<br />
Benötigt ein Mittelständler<br />
eine systematische Strategieentwicklung?<br />
Als Resümee einer Studie zur Strategieentwicklung<br />
in 115 mittelständischen Unternehmen<br />
zieht Kai Jannek (Jannek, 2008), Senior<br />
Foresight Consultant in einem Beratungsunternehmen<br />
für strategische Zukunftsfragen, folgen<strong>de</strong><br />
Schlüsse:<br />
„Ich wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Mittelständlern nicht empfehlen,<br />
mehr Zukunftsarbeit zu leisten als<br />
sie dies ohnehin schon tun. Ihre Arbeit muss<br />
jedoch stärker systematisiert wer<strong>de</strong>n, es bedarf<br />
einer stärkeren Bün<strong>de</strong>lung und einer entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Verwertung <strong>de</strong>r Informationen.“<br />
„Innovative Unternehmen suchen genauso stark<br />
nach Neuerungen wie weniger innovative, werfen<br />
jedoch einen weiteren Blick über eigene<br />
Grenzen in an<strong>de</strong>re Branchen hinaus“, meint<br />
Jannek.<br />
Wie weit soll <strong>de</strong>r Blick über das<br />
eigene Unternehmen hinausgehen?<br />
Mit <strong>de</strong>m „Strategischen Dreieck” (siehe Abbildung<br />
1) von Ohmae kann dies sehr einfach<br />
beschrieben wer<strong>de</strong>n. Da ist das Unternehmen<br />
selbst, mit all <strong>de</strong>n Stärken und Schwächen, mit<br />
<strong>de</strong>m Auftrag, <strong>de</strong>n Problemstellungen und Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Es<br />
reicht natürlich nicht aus, nur das eigene Unternehmen<br />
zu betrachten, es ist klar, <strong>de</strong>r Kun-<br />
Abb. 1: Das Strategische Dreieck
Abb. 2: Das Strategische Dreieck ergänzt um die Umfeldanalyse (PESTE)<br />
<strong>de</strong> muss im Mittelpunkt stehen und die Einflüsse<br />
eines sich verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Marktes sollten<br />
rechtzeitig berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Auch ist <strong>de</strong>r<br />
Einfluss <strong>de</strong>r Wettbewerber auf diesen Märkten,<br />
die um die gleichen Kun<strong>de</strong>n werben, in Betracht<br />
zu ziehen.<br />
Das ist so logisch, dass man sich kaum vorstellen<br />
kann, dass irgendjemand dies nicht macht.<br />
Trotz<strong>de</strong>m bekomme ich Situationen beschrieben,<br />
die es mir dann doch verständlich machen,<br />
warum man nicht strategisch arbeitet. Der Vorstand<br />
eines Maschinenbauers und Automobilzulieferers<br />
hat mir erst kürzlich geschil<strong>de</strong>rt:<br />
Abb. 3: In <strong>de</strong>n Szenariotrichter fl ießen die erarbeiteten Optionen ein<br />
„Herr Dr. Kottbauer, wir haben eine so starke<br />
Nachfrage, wir sind ausschließlich damit beschäftigt,<br />
die operativen Probleme <strong>de</strong>s Wachstums<br />
zu bewältigen. Wir haben Lieferengpässe<br />
und wenn wir die Kun<strong>de</strong>n zu lange warten lassen,<br />
springen diese ab, so etwas spricht sich rum.”<br />
In solchen Momenten inne zu halten und zu<br />
überlegen, ob <strong>de</strong>nn das operativ erzwungene<br />
Wachstum auch tatsächlich strategisch gewollt<br />
ist, fällt schwer – das ist verständlich. Aber, ab<br />
<strong>de</strong>m Zeitpunkt, wo auch investiert wer<strong>de</strong>n<br />
muss, um das Wachstum zu bewältigen, ist es<br />
CM Juli / August 2011<br />
trotz allem sehr wichtig, die Langfristwirkung<br />
zu reflektieren; auch wenn es zugegebenermaßen<br />
schwer fällt, die Zeit zu fin<strong>de</strong>n. Es könnte ja<br />
z. B. sein, dass ein Kun<strong>de</strong> Ihr Unternehmen<br />
durch ein großes Wachstum und in Folge große<br />
Investitionen bewusst in eine Abhängigkeit<br />
bringen möchte. Zukünftig kann dieser dann<br />
leichter Einfluss auf <strong>de</strong>n Preis nehmen, <strong>de</strong>nn<br />
Sie wollen ja sicherlich weiter Ihre jetzt so große<br />
Struktur auslasten, o<strong>de</strong>r?<br />
Abgesehen von <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Marktbegleitern<br />
ist auch das Umfeld noch zu berücksichtigen.<br />
Mit <strong>de</strong>n Anfangsbuchstaben PEST(E),<br />
o<strong>de</strong>r manchmal auch als STEP abgekürzt, fällt<br />
es leichter, keinen <strong>de</strong>r Einflüsse zu vergessen<br />
(siehe Abbildung 2).<br />
P steht dabei für die politischen Einflüsse<br />
und die daraus resultieren<strong>de</strong>n Sicherheiten<br />
bzw. Unsicherheiten <strong>de</strong>s Rechtssystems. Man<br />
<strong>de</strong>nkt da sofort an Län<strong>de</strong>r wie die Elfenbeinküste<br />
als Hauptlieferant <strong>de</strong>s Rohstoffs Kakao o<strong>de</strong>r<br />
daran, wie es sich <strong>de</strong>nn wohl in Ägypten weiterentwickeln<br />
wird mit einer neuen Regierung.<br />
So weit braucht <strong>de</strong>r Blick dabei aber erst gar<br />
nicht zu schweifen. Auch in Deutschland kann<br />
eine große Einflussnahme passieren. In einem<br />
Unternehmen, das Solarparks projektiert und<br />
diese als Generalunternehmer aufbaut und an-<br />
11
12<br />
Strategieerarbeitung in mittelständischen Unternehmen<br />
Abb. 4: Schritte <strong>de</strong>r Strategieentwicklung nach Kottbauer, Zywietz 2011<br />
schließend vermarktet, haben wir während <strong>de</strong>r<br />
Strategieerarbeitung im Januar 2011 <strong>de</strong>n Einfluss<br />
<strong>de</strong>r Regierung spüren müssen – die Einspeisevergütung<br />
wird wohl gekürzt. Das hat<br />
natürlich gravieren<strong>de</strong> Auswirkungen auf die<br />
dargestellten Amortisationsberechnungen in<br />
<strong>de</strong>n Businessplänen. Da ist es gut, wenn solche<br />
möglichen Än<strong>de</strong>rungen zuvor schon mal<br />
bedacht wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Das (E) steht für Ecological, damit sind ökologische<br />
Aspekte gemeint. Das positive Image<br />
von erneuerbaren Energien hilft da z. B. O<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r zuvor zitierte Automobilzulieferer hat die<br />
positiven Auswirkungen <strong>de</strong>s schon wie<strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Wirtschaftsaufschwungs gespürt,<br />
das steckt im E für Economic.<br />
Autor<br />
An technologische Entwicklungen (T) wird in<br />
<strong>de</strong>n Unternehmen am ehesten gedacht, hat Jannek<br />
in seiner Studie festgestellt (Jannek, 2008).<br />
Der Einfluss <strong>de</strong>r Gesellschaft bzw. <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />
wird wie<strong>de</strong>r größer, berichten die Unternehmer,<br />
das Interesse <strong>de</strong>r Bürger an fairem Unternehmertum<br />
ist wie<strong>de</strong>r präsent. Zusätzlich hat<br />
sich durch neue Medien und Organisationen<br />
wahrscheinlich auch die Macht und somit Beeinflussbarkeit<br />
dieser Stakehol<strong>de</strong>rgruppe erhöht.<br />
Aus diesen Einfl üssen ergibt sich<br />
ein ganzer Trichter voller Optionen<br />
Aus diesen vielen möglichen Varianten <strong>de</strong>r zukünftigen<br />
Entwicklungen ergibt sich ein soge-<br />
Dr. Markus Kottbauer<br />
studierte Physik an <strong>de</strong>r TU Wien. Er sammelte als Mitglied <strong>de</strong>r Geschäftsleitung<br />
eines Forschungsunternehmens Erfahrung im Strategischen<br />
Controlling und war mehrere Jahre als Berater tätig. Seit<br />
2002 ist er Trainer, seit 2006 Partner <strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie, wo er<br />
für die Themenbereiche Strategie und Management verantwortlich<br />
ist und das Ausbildungsprogramm für Führungskräfte „WIKO-Wissen<br />
kompakt für Nicht-Controller” entwickelt hat.<br />
E-Mail: m.kottbauer@<strong>controller</strong>aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
nannter Optionenraum (vgl. Abbildung 3). Um<br />
einschätzen zu können, welche davon wahrscheinlich<br />
und welche unwahrscheinlich sind,<br />
bedarf es Analysen unter Zuhilfenahme strategischer<br />
Werkzeuge. Bei <strong>de</strong>r Ist-Analyse im Unternehmen<br />
ist eines <strong>de</strong>r wichtigsten Werkzeuge<br />
die Portfolio-Analyse (z. B. das Vier-Fel<strong>de</strong>r-<br />
Portfolio nach Boston Consulting Group, siehe<br />
„Das Boston Consulting Strategie Buch”,<br />
2000). Dabei soll herausgefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, in<br />
welchem Lebenszyklusabschnitt ein bestehen<strong>de</strong>s<br />
Produkt o<strong>de</strong>r eine existieren<strong>de</strong> Dienstleistung<br />
steht und was noch erwartet wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Solche Portfolioanalysen können auch auf<br />
Strategische Geschäftsfel<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r auf Produkte<br />
in <strong>de</strong>r Entwicklungspipeline angewandt wer<strong>de</strong>n.<br />
In Abbildung 4 ist die Vorgehensweise mit <strong>de</strong>n<br />
wichtigen Fragestellungen zusammengefasst.<br />
Nach einer solchen systematischen und gründlichen<br />
Analyse fällt es leichter, wahrscheinliche<br />
von unwahrscheinlichen Ausprägungen<br />
im Optionenraum zu unterschei<strong>de</strong>n,<br />
dadurch verringert sich die Anzahl <strong>de</strong>r<br />
möglichen Szenarien. Sie müssen sich zu diesem<br />
Zeitpunkt auch nicht fixieren auf ein bestimmtes<br />
End-Szenario, <strong>de</strong>nn wir alle wissen,
die Zukunft bringt immer noch weitere Entwicklungen.<br />
Einen gewollten Weg sollen Sie beschreiten,<br />
und da wird es immer noch weitere<br />
(vielleicht noch nicht absehbare) Abzweigungen<br />
geben. Vielleicht müssen Sie auch erst eine<br />
neue Abzweigung schaffen – die Zukunft also<br />
bewusst gestalten.<br />
Sieht man, welche Analysen nötig sind, um letztendlich<br />
zu einem bewusst gewählten Szenario<br />
zu kommen, ist offensichtlich, dass ein größeres<br />
Team daran arbeiten soll und die wichtigen Entscheidungsträger<br />
dabei sein müssen. Klären wir<br />
zuerst die Frage, von wem ein solches Strategieentwicklungsprojekt<br />
ausgehen soll.<br />
Am Anfang steht <strong>de</strong>r Wille es<br />
zu tun! Aber wessen Wille ist<br />
entschei<strong>de</strong>nd?<br />
Sieht <strong>de</strong>r Chef keinen Bedarf, sich für Strategieentwicklung<br />
Zeit zu nehmen, ist es besser,<br />
erst gar nicht zu beginnen. Jedoch, wer ist<br />
Chef? Will <strong>de</strong>r Eigentümer, aber <strong>de</strong>r Geschäftsführer<br />
(o<strong>de</strong>r Vorstand) nicht – dann machen Sie<br />
es trotz<strong>de</strong>m. Als Eigentümer können Sie<br />
schließlich sagen, was zu tun ist. Will <strong>de</strong>r Geschäftsführer<br />
(o<strong>de</strong>r Vorstand) und <strong>de</strong>r Eigentümer<br />
nicht – dann machen Sie es sowieso. Es ist<br />
Abb. 5: Typischer Projektablauf nach Kottbauer, Zywietz 2011<br />
schließlich Ihre Pflicht als Manager, das Unternehmen<br />
gut zu steuern.<br />
Will die Unternehmensspitze nicht, die zweite<br />
Ebene aber schon, ist es kritisch. Wird eine<br />
Strategie ohne Chef ausgearbeitet, ist die Gefahr<br />
groß, dass man manch relevante Information<br />
nicht kennt, o<strong>de</strong>r beim ersten größeren operativen<br />
Aufwand <strong>de</strong>r Chef alle Ressourcen kürzt<br />
bzw. die Strategieumsetzung nicht unterstützt<br />
o<strong>de</strong>r gar blockiert. Dann ist <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n sehr<br />
groß, Demotivation breitet sich in Folge aus. Da<br />
bräuchte es sehr hartnäckige Mitarbeiter in <strong>de</strong>r<br />
zweiten Ebene, die dann trotz<strong>de</strong>m erfolgreich<br />
die Strategie umsetzen. In <strong>de</strong>r Regel kommt<br />
zwar mit <strong>de</strong>m Erfolg auch die Zustimmung und<br />
<strong>de</strong>r Chef „hat es dann eigentlich auch schon immer<br />
gewusst, dass es genau so gemacht wer<strong>de</strong>n<br />
muss”. Kommt <strong>de</strong>r Erfolg aber nicht, hatten<br />
Sie in <strong>de</strong>r zweiten Ebene viel Arbeit, erhalten<br />
wenig Ansehen und <strong>de</strong>r Chef hat es auch schon<br />
immer gewusst, dass daraus nichts wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Lässt man sich das so durch <strong>de</strong>n Kopf gehen,<br />
versteht man vielleicht so manchen Chef<br />
besser, <strong>de</strong>r ungern Entscheidungen trifft.<br />
Klar, Chefs haben Angst die falsche Entscheidung<br />
zu treffen. ABER – Aufruf an alle<br />
Chefs dieser Welt: Nichts kostet <strong>de</strong>m Unternehmen<br />
mehr, als keine o<strong>de</strong>r nur zögerliche Ent-<br />
CM Juli / August 2011<br />
scheidungen zu treffen. Wahrscheinlich ist es<br />
gar nicht immer nötig, genau DIE richtige Entscheidung<br />
zu fin<strong>de</strong>n, es gibt nämlich immer<br />
mehrere richtige Entscheidungen. Wichtig ist<br />
nur, dass <strong>de</strong>r Weg, <strong>de</strong>n man wählt, auch zielstrebig,<br />
umsichtig und gemeinsam gegangen<br />
wird. Das GEMEINSAME wird dann schon dafür<br />
sorgen, dass es <strong>de</strong>r richtige Weg ist. Und da<br />
kommen wir schon zur Besetzung <strong>de</strong>s Strategieentwicklungsteams.<br />
Das Strategieteam soll alle<br />
wichtigen Unternehmensbereiche<br />
ab<strong>de</strong>cken<br />
Bin<strong>de</strong>n Sie Mitarbeiter aus allen für das Unternehmen<br />
wichtigen Bereichen in <strong>de</strong>n<br />
Strategie-Prozess mit ein (Vertrieb, Marketing,<br />
Produktion, Einkauf, Entwicklung, Controlling<br />
etc.). Nur so stellen Sie sicher, dass<br />
· alle relevanten „Fähigkeiten“ und Informationen<br />
an Bord sind und<br />
· die Strategie umsetzbar ist bzw. umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n will.<br />
Sofern möglich, versuchen Sie Mitarbeiter einzubin<strong>de</strong>n,<br />
die sich freiwillig für die Erarbeitung<br />
<strong>de</strong>r Strategie zur Verfügung stellen. Stellen Sie<br />
13
14<br />
Strategieerarbeitung in mittelständischen Unternehmen<br />
Abb. 6: Projektorganisation für die Strategieerarbeitung<br />
sicher, dass die beteiligten Mitarbeiter zumin<strong>de</strong>st<br />
teilweise offiziell vom Tagesgeschäft freigestellt<br />
sind. Wählen Sie <strong>de</strong>n Teilnehmerkreis<br />
nicht zu klein, bei 12 Personen können zum<br />
Beispiel schon drei Gruppen gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />
die gleichzeitig mit verschie<strong>de</strong>nen Werkzeugen<br />
o<strong>de</strong>r an verschie<strong>de</strong>nen Themen arbeiten.<br />
Bei einem kleineren Kreis (unter acht Personen)<br />
ist ansonsten die „kritische Masse“ für Gruppenarbeit<br />
unterschritten und <strong>de</strong>r Chef kann immer<br />
noch sagen: „Wir brauchen doch keine<br />
Gruppen bil<strong>de</strong>n, wir können doch alles gemeinsam<br />
erarbeiten”. Lei<strong>de</strong>r heißt das dann oft, dass<br />
<strong>de</strong>r Chef alles bestimmt und das Team nicht die<br />
Möglichkeit hat, seine Meinungen bzw. auch Erfahrungen<br />
einzubringen. Manchmal ist es aber<br />
auch so, dass die Chefs vor <strong>de</strong>n Mitarbeitern<br />
gerettet wer<strong>de</strong>n müssen. Für das Unternehmen<br />
sehr wichtige Mitarbeiter können genauso auch<br />
einem vielleicht nicht so trittsicheren Eigentümer<br />
sehr dominant entgegentreten. Auch da ist<br />
die Gruppenbildung hilfreich, weil die Dominanz<br />
dann nur in einer Gruppe auftreten kann und<br />
sich somit etwas entschärft.<br />
Der gesamte Projektablauf <strong>de</strong>r<br />
Strategieerarbeitung benötigt<br />
2 bis 3 Monate<br />
Da aus <strong>de</strong>r Strategie die operative Planung abgeleitet<br />
wird, soll die Strategieerarbeitung da-<br />
vor abgeschlossen sein. Entspricht das Geschäftsjahr<br />
<strong>de</strong>m Kalen<strong>de</strong>rjahr, ist Ostern ein<br />
guter Zeitpunkt. Wird ein solcher Strategieentwicklungsprozess<br />
das erste Mal durchlaufen,<br />
ist die Unterstützung eines erfahrenen externen<br />
neutralen Mo<strong>de</strong>rators sehr hilfreich. In<br />
Abbildung 5 ist ein typischer Ablauf, ein Echtfall,<br />
dargestellt. Hat man sich im Unternehmen<br />
erst Mal geeinigt, dass ein solcher Prozess<br />
durchlaufen wer<strong>de</strong>n soll, ist <strong>de</strong>r Auftakt ein<br />
Vorbereitungsmeeting zum gegenseitigen<br />
Kennenlernen, zur Besprechung <strong>de</strong>r Vorgehensweise<br />
und vor allem zur Absteckung <strong>de</strong>r<br />
Zielsetzung. Von vornherein soll klargestellt<br />
sein, dass am En<strong>de</strong> Entscheidungen zu treffen<br />
sind, die gemeinsam im Team erarbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Dazu ist eine offene Kultur nötig, die beteiligten<br />
Mitarbeiter sollen, ja müssen sogar, offen<br />
aussprechen (dürfen), was jeweils ihre Gedanken,<br />
Sorgen, Vorstellungen bzw. Einschätzungen<br />
sind. Das Kick-off Meeting ist <strong>de</strong>r offizielle<br />
Startschuss im Unternehmen. Das gesamte<br />
Team soll daran teilnehmen.<br />
Im gezeigten Beispiel (Abbildung 5) wur<strong>de</strong> das<br />
Kick-off Meeting genutzt, um gleichzeitig allen<br />
Teilnehmern die Vorgehensweise und die wichtigsten<br />
Strategieinstrumente näher zu bringen.<br />
Nach <strong>de</strong>m Kick-off Meeting sollen die Fragestellungen<br />
aus a) <strong>de</strong>r Markt- und Kun<strong>de</strong>nanalyse,<br />
aus b) <strong>de</strong>r Wettbewerbs- und Umfeldanalyse<br />
und c) <strong>de</strong>r Unternehmensanalyse, so wie in<br />
Abbildung 4 dargestellt, bearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Das klingt sehr arbeitsintensiv, ist es auch,<br />
wenn dies gründlich und vollständig passiert.<br />
Kann bzw. will man nur wenig Zeit investieren,<br />
kann man die einzelnen in Abbildung 4 genannten<br />
Punkte mit <strong>de</strong>m bereits vorhan<strong>de</strong>nen Wissen<br />
abarbeiten. Meine Erfahrung aus Projekten<br />
in ganz unterschiedlichen Unternehmen ist,<br />
dass oft schon viele dieser Fragestellungen in<br />
<strong>de</strong>r Vergangenheit bearbeitet wur<strong>de</strong>n und die<br />
Informationen dazu mit relativ wenig Aufwand<br />
zur Verfügung gestellt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Beim Kick-off Meeting wird bekannt gegeben,<br />
wer in welcher Gruppe welche Themen bis<br />
zum eigentlichen Strategieworkshop bearbeiten<br />
soll. In Abbildung 6 ist eine typische Projektorganisation<br />
dargestellt. Die Größe <strong>de</strong>s<br />
Teams hängt natürlich auch von <strong>de</strong>r Größe <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens ab. Zwischen <strong>de</strong>m Kick-off<br />
Meeting und einer Strategieklausur soll genügend<br />
Zeit sein, um die noch fehlen<strong>de</strong>n Informationen<br />
beschaffen und dokumentieren zu<br />
können. Damit auch tatsächlich etwas gemacht<br />
wird, sollen die Teams bereits beim<br />
Kick-off Meeting in <strong>de</strong>r Gruppe festlegen, wer<br />
welche Informationen bereits hat, wer welche<br />
Informationen beschafft und dokumentiert.<br />
Um die Verbindlichkeit zu erhöhen, wird dies<br />
zum Abschluss <strong>de</strong>s Kick-off Meetings bekannt<br />
gemacht. In <strong>de</strong>n Wochen bis zur Strategieklausur<br />
koordiniert dann <strong>de</strong>r Projektleiter die<br />
Arbeit <strong>de</strong>r 3 Teams.
Die Strategieklausur sorgt<br />
für Meinungsaustausch und<br />
Konkretisierung<br />
Zunächst einmal ist wichtig, dass Sie die operative<br />
Erarbeitung <strong>de</strong>r Strategie aus <strong>de</strong>m Tagesgeschäft<br />
herauslösen, nur so kann eine kreative<br />
Atmosphäre entstehen, in <strong>de</strong>r Meinungen<br />
offen kommuniziert wer<strong>de</strong>n. Suchen Sie sich<br />
ein schönes Ambiente, in <strong>de</strong>m Sie ungestört<br />
und frei vom operativen Geschäft arbeiten können.<br />
Schaffen Sie eine offene und freundliche<br />
Atmos phäre, in <strong>de</strong>r die Beiträge aller Teilnehmer<br />
wohlwollend diskutiert bzw. respektiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Vermei<strong>de</strong>n Sie bei einer Strategie-Diskussion<br />
unbedingt Hierarchie, beson<strong>de</strong>rs das Top-Management<br />
sollte sich „zurücknehmen“ und die<br />
Teilnehmer als ein Team von „Gleichgestellten“<br />
betrachten. Bereiten Sie die Strategie-Klausur<br />
sehr gut vor, und halten Sie sich an Ihren<br />
Zeitplan (vgl. Abbildung 7). Bestimmen Sie vor<br />
<strong>de</strong>r Strategie-Klausur einen unabhängigen,<br />
neutralen Mo<strong>de</strong>rator. Wenn Sie diesen nicht<br />
innerhalb Ihres Unternehmens haben, leisten<br />
Sie sich einen externen Mo<strong>de</strong>rations-Experten.<br />
Dem Mo<strong>de</strong>rator kommt bei <strong>de</strong>r Strategie-Klausur<br />
eine ganz beson<strong>de</strong>re Rolle zu. Er sollte vor<br />
Abb. 7: Ablauf eines Strategieworkshops<br />
allem versuchen, eine neutrale Rolle einzunehmen<br />
und zwischen verschie<strong>de</strong>nen Meinungen<br />
zu vermitteln. Der Mo<strong>de</strong>rator sollte sich strikt<br />
an die vorher festgelegten Abläufe halten, eine<br />
wichtige Rolle ist die <strong>de</strong>s „Time-Keepers”. Es<br />
empfiehlt sich als Mo<strong>de</strong>rator, viel mit <strong>de</strong>r<br />
„Brainwriting”-Metho<strong>de</strong> zu arbeiten. Die Teilnehmer<br />
schreiben dabei I<strong>de</strong>en o<strong>de</strong>r Meinungen<br />
parallel auf Karten, die an eine Metaplanwand<br />
geheftet wer<strong>de</strong>n. Die Auswertung und Zuordnung<br />
von Karten erfolgt dann in <strong>de</strong>r Gruppe.<br />
Das Verfahren nimmt Hemmungen, offen seine<br />
Meinung kund zu tun, und spart durch paralleles<br />
Arbeiten viel Zeit.<br />
Es empfiehlt sich eine „Offene-Punkte-Liste<br />
o<strong>de</strong>r einen Themenspeicher” zu führen, so<br />
gehen keine I<strong>de</strong>en verloren, die gera<strong>de</strong> nicht in<br />
die Diskussion passen. Der Mo<strong>de</strong>rator sollte<br />
eine von allen Teilnehmern akzeptierte Person<br />
sein, <strong>de</strong>shalb einigen Sie sich unbedingt schon<br />
vor <strong>de</strong>r Klausur, wer die Rolle übernehmen wird!<br />
Das wichtigste Ziel <strong>de</strong>s Workshops ist die<br />
I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>r erfolgsversprechendsten<br />
Strategischen Option und die Operationalisierung<br />
und somit Konkretisierung <strong>de</strong>r Strategie<br />
(vgl. Abbildung 8). Die vorbereiteten Analysen<br />
sollen dazu im Workshop in Gruppen mit Hilfe<br />
CM Juli / August 2011<br />
von Strategischen Werkzeugen bearbeitet und<br />
diskutiert wer<strong>de</strong>n. Dabei können die „5 Forces<br />
nach M. Porter“ (Porter, 2000), eine „Portfolioanalyse“<br />
und die „Potenzialanalyse“ sowie<br />
die „SWOT-Analyse“ hilfreich sein. Mit Hilfe<br />
dieser Werkzeuge lassen sich Strategien bzw.<br />
Teilstrategien und letztendlich Maßnahmen<br />
bestimmen.<br />
Die gewählte Option soll sodann in einem Strategischen<br />
Konzept festgehalten und konkretisiert<br />
wer<strong>de</strong>n, das Strategische Formular<br />
(Deyhle, Kottbauer, Pascher, 2010) kann dabei<br />
große Hilfe leisten. Schon während <strong>de</strong>s Workshops<br />
soll eine quantitative Schnellbewertung<br />
<strong>de</strong>r Umsetzbarkeit <strong>de</strong>r Strategie mit<br />
<strong>de</strong>m Controlling-Triptychon stattfin<strong>de</strong>n (vgl. Abbildung<br />
9). Dabei wird grob das jeweilige Strategische<br />
Potenzial in <strong>de</strong>r Ergebnis- und Finanzwirkung<br />
eingeschätzt. Wenn sich z. B. durch eine<br />
Markterweiterung <strong>de</strong>r Absatz um 30 % erhöht,<br />
dann ergibt sich das Potenzial von 30 % mehr<br />
Umsatz und auch 30 % mehr Rohstoffbedarf,<br />
das wie<strong>de</strong>rum müsste sich in besseren Einkaufskonditionen<br />
(Skaleneffekte) und schnelleren<br />
Produktionszeiten (Skalen- und Lerneffekte)<br />
auswirken. Diese wirken wie<strong>de</strong>rum auf<br />
<strong>de</strong>n Gewinn, haben aber auch eine Auswirkung<br />
auf <strong>de</strong>n Cash Flow.<br />
15
16<br />
Strategieerarbeitung in mittelständischen Unternehmen<br />
Abb. 8: Ziel <strong>de</strong>s Strategieworkshops ist es, aus <strong>de</strong>n vorbereiteten Analysen im Team eine gemeinsam gewollte Zieloption zu erarbeiten<br />
Die Auswirkungen sollen schon einmal grob<br />
eingeschätzt wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn erst dann lässt<br />
sich sagen, ob <strong>de</strong>nn die Strategie mit <strong>de</strong>n gesetzten<br />
Zielen tatsächlich umsetzbar ist. Am<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 2. Workshoptages sollte dies<br />
abgeschlossen sein. Ist man erst einmal so<br />
weit gekommen, hat man auch eine Erholung<br />
verdient. Man hat bereits sehr viel gearbeitet,<br />
oft auch vielleicht sogar heftig Meinungen untereinan<strong>de</strong>r<br />
ausgetauscht, vielleicht sind Einzelne<br />
Kompromisse eingegangen, die noch<br />
vor <strong>de</strong>m Workshop un<strong>de</strong>nkbar gewesen wä-<br />
ren. Es ist dann die Zeit gekommen, sich wie<strong>de</strong>r<br />
zu vertragen, zu versöhnen, vielleicht alles<br />
Mal aus einem an<strong>de</strong>ren Blickwinkel zu sehen<br />
und da tut ein Teamevent ganz gut.<br />
Nach einem solchen „Erhol-Abend” folgt am<br />
letzten Workshoptag noch die wichtige Finalisierung.<br />
Am dritten Tag müssen die Maßnahmen eventuell<br />
noch priorisiert wer<strong>de</strong>n, um sich auf das<br />
zu konzentrieren, was man auch tatsächlich<br />
umsetzen kann. Denn klar ist, dass je<strong>de</strong>r<br />
Abb. 9: Der Strategische Planungsprozess im Überblick nach Kottbauer, Zywietz, 20011<br />
Workshop-Teilnehmer nach diesem Workshop<br />
zusätzliche Arbeit erhält – wie viel Zusätzliches<br />
verträgt man aber? In <strong>de</strong>r Regel nicht<br />
zu viel. Um die Motivation aufrecht zu erhalten<br />
ist es dann eben wichtig, nur so viel festzulegen,<br />
was auch tatsächlich bewältigt wer<strong>de</strong>n<br />
kann.<br />
Die Maßnahmen sollen am letzten Tag in<br />
einem Dokument verbindlich festgehalten<br />
wer<strong>de</strong>n, mit Zielen und Zeitpunkten versehen<br />
sein – und das Allerwichtigste: ein Verantwortlicher<br />
muss <strong>de</strong>finiert sein.
Nach <strong>de</strong>m Strategieworkshop<br />
erfolgt die Bewertung im<br />
operativen Businessplan und die<br />
Strategieimplementierung<br />
Wie in Abbildung 5 gezeigt, wird nach <strong>de</strong>m<br />
Workshop eventuell noch eine Nacharbeit,<br />
eine Konkretisierung von manchen Maßnahmen<br />
und Projekten von Nöten sein. Hat<br />
man alle Kosten, Projektdurchlaufzeiten, Personalmaßnahmen<br />
dann noch einmal verifiziert<br />
bzw. ergänzt, kann <strong>de</strong>r operative Businessplan<br />
vervollständigt wer<strong>de</strong>n. Erst jetzt liegt die Planung<br />
genau genug vor, um zu wissen, ob die<br />
gesetzten Ziele erreicht wer<strong>de</strong>n können. In<br />
einem Entscheidungstreffen soll die jetzt noch<br />
mal überprüfte Strategie dann verabschie<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Der letzte noch sehr wichtige Schritt ist die<br />
Kommunikation an die Belegschaft. Diejenigen,<br />
die die Strategie umzusetzen haben, sollen<br />
diese auch verstehen, die Grün<strong>de</strong> dahinter kennen<br />
und auch eine Unterstützung bei <strong>de</strong>r Um-<br />
setzung erhalten. Die operative Planung kann<br />
nun erfolgen. Eventuell mag es sinnvoll sein, die<br />
Strategischen Ziele auch in die persönlichen<br />
Ziele <strong>de</strong>r Mitarbeiter o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st in die <strong>de</strong>r<br />
Führungskräfte mit einfließen zu lassen. Die<br />
Umsetzung <strong>de</strong>r Strategie soll dann in einem<br />
laufen<strong>de</strong>n Strategie-Umsetzungs-Controlling-<br />
Prozess beobachtet und bei Bedarf angepasst<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Literatur<br />
sie lieben zahlen...<br />
prevero liebt zahlen...<br />
...wir lieben zahlen!<br />
Michael Porter, Wettbewerbsvorteile, Campus<br />
Verlag 2000, 6. Aufl.<br />
Kaplan, Robert S., Norton David P., „Strategy<br />
Maps”, Schäffer-Poeschel-Verlag Stuttgart<br />
2004<br />
Das Boston Consulting Strategie Buch, Ed.<br />
Bolko v. Oettinger, Econ-Verlag, 7. Auflage<br />
2000.<br />
Kottbauer M., Zywietz T., Unterlagen <strong>de</strong>s<br />
Fachseminars „Strategieentwicklung“ bei <strong>de</strong>r<br />
Controller Aka<strong>de</strong>mie, Gauting, 2011<br />
teilen sie mit uns<br />
die lei<strong>de</strong>nschaft für zahlen.<br />
CM Juli / August 2011<br />
Drucker, Peter F., The Essential Drucker: The<br />
Best of Sixty Years of Drucker’s Writings on<br />
Management.<br />
Deyhle A., Kottbauer M., Pascher P., „Manager<br />
und Controllling“, VCW, Freiburg, Wörthsee,<br />
2010<br />
Jannek K., Burmeister K., „CORPORATE FO-<br />
RESIGHT IM MITTELSTAND – Zentrale Ergebnisse<br />
und nächste Schritte“, Beitrag in „Zukunftsforschung<br />
und Zukunftsgestaltung“,<br />
Reinhold Popp, Elmar Schüll, 2008<br />
Lieben Sie zahlen auch auf Ihrem Smartphone<br />
Einfach QR-Co<strong>de</strong> scannen und mehr ent<strong>de</strong>cken<br />
17
18<br />
Green Crontrolling als (neue) Aufgabe für <strong>de</strong>n Controller?<br />
Green Controlling als (neue)<br />
Aufgabe für <strong>de</strong>n Controller?<br />
von Johannes Isensee und Uwe Michel<br />
Die Auffassung <strong>de</strong>s betrieblichen Umweltschutzes<br />
als Pflichtaufgabe und Kostenfaktor<br />
gilt als überholt. Unternehmen haben nahezu<br />
branchenübergreifend die Wettbewerbsrelevanz<br />
eines grünen Unternehmens erkannt<br />
und richten ihre Unternehmensaktivtäten sowie<br />
Produkte und Leistungen beson<strong>de</strong>rs umweltgerecht<br />
aus.<br />
Die grüne Ausrichtung von Unternehmen<br />
und <strong>de</strong>ren Auswirkung<br />
auf das Controlling<br />
Das Umweltmanagement wird damit zu einer<br />
strategischen Aufgabe, die für alle Funktionen<br />
im Unternehmen von Be<strong>de</strong>utung ist und darüber<br />
hinaus auch unternehmensübergreifend<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n muss. Die Frage nach <strong>de</strong>r<br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n ökologischen<br />
Ausrichtung <strong>de</strong>r Unternehmen, für das Controlling<br />
in Form <strong>de</strong>s sog. „Greenings”, war <strong>de</strong>r<br />
Kern <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>enwerkstatt <strong>de</strong>s Internationalen<br />
Controller Vereins (ICV) im<br />
Jahr 2010.<br />
Der vorliegen<strong>de</strong> Beitrag fasst Teile <strong>de</strong>r Ergebnisse<br />
einer von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>enwerkstatt im September<br />
2010 durchgeführten Studie unter ICV-Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
zusammen. Ziel <strong>de</strong>r Studie war die Bewertung<br />
<strong>de</strong>r Relevanz <strong>de</strong>s Greenings aus Sicht<br />
<strong>de</strong>r Controller, die Analyse <strong>de</strong>s Stands eines<br />
Green Controllings in <strong>de</strong>r Praxis und die I<strong>de</strong>ntifikation<br />
<strong>de</strong>r daraus resultieren<strong>de</strong>n künftigen<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen. An <strong>de</strong>r Studie haben sich<br />
insgesamt 295 ICV-Mitglie<strong>de</strong>r beteiligt.<br />
Hohes Bewusstsein <strong>de</strong>r Controller<br />
für grüne Themen<br />
Die Befragung zeigt, dass die ICV-Mitglie<strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>r aktuellen Diskussion um das „Greening“<br />
eine fortwähren<strong>de</strong> Entwicklung sehen, die<br />
neue Herausfor<strong>de</strong>rungen für das Controlling<br />
mit sich bringt. So erkennen Controller in <strong>de</strong>r<br />
Unterstützung <strong>de</strong>s Greenings eine eigene aktive<br />
Rolle. Controller sollten die ökologische<br />
Ausrichtung <strong>de</strong>r Unternehmen, sofern bereits<br />
angestoßen, methodisch und instrumentell unterstützen,<br />
o<strong>de</strong>r das Thema, sofern hierin<br />
Chancen und Risiken zur Erreichung <strong>de</strong>r Unternehmensziele<br />
liegen, aktiv einbringen und vorantreiben.<br />
Ökologische und ökonomische Zusammenhänge<br />
sind hierzu durch das Controlling<br />
vor <strong>de</strong>m Hintergrund sich schnell än<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r<br />
externer Bedingungen laufend zu<br />
hinterfragen und transparent darzu stellen.<br />
Was sind Aufgaben eines Green<br />
Controllings?<br />
Konkrete Auswirkungen besitzt die strategische<br />
Be<strong>de</strong>utung auf die Controllerarbeit in Form von<br />
Controllingaufgaben, die sich aus <strong>de</strong>n internen<br />
ökologischen Zielsetzungen und / o<strong>de</strong>r externen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Stakehol<strong>de</strong>r eines Unternehmens<br />
ergeben.<br />
Abbildung 1 fasst die meistgenannten, aus<br />
<strong>de</strong>r strategischen Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Greenings<br />
abgeleiteten grünen Controllingaufgaben zusammen.<br />
Die wichtigste Aufgabe besteht<br />
<strong>de</strong>mzufolge darin, die Wirtschaftlichkeit<br />
ökologischer Strategien nachzuweisen, <strong>de</strong>ren<br />
Zielerreichung zu monitoren und mit<br />
Hilfe von <strong>de</strong>n „richtigen“ Kennzahlen einen<br />
transparenten und objektiven Umgang mit<br />
grünen Themen zu ermöglichen. Hierfür sind<br />
sowohl Überzeugungs- und Sensibilisierungsarbeit<br />
zu leisten als auch eine Anpassung <strong>de</strong>r<br />
Controllinginstrumente und -abläufe vorzunehmen.<br />
In <strong>de</strong>r Gänze betrachtet, machen die<br />
Antworten <strong>de</strong>utlich, dass es sich bei einem<br />
grünen Controlling im Kern weniger um neue<br />
Aufgaben han<strong>de</strong>lt, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Controller vor<br />
<strong>de</strong>r Herausfor<strong>de</strong>rung steht, seine Kernaufgaben<br />
auf ein neues grünes Themenfeld<br />
zu übertragen.<br />
Für die künftige organisatorische Verankerung<br />
eines Green Controllings mit <strong>de</strong>n zuvor beschriebenen<br />
Aufgaben bestehen generell zwei<br />
Möglichkeiten: Einerseits kann eine Integration<br />
ökologischer Inhalte und Kennzahlen in<br />
das Unternehmenscontrolling stattfin<strong>de</strong>n<br />
und an<strong>de</strong>rerseits kann sich ein Green Controlling<br />
beim Umweltmanagement entwickeln,<br />
welches diese Aufgaben mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
losgelöst vom Unternehmenscontrolling wahrnimmt.<br />
Mit einer Mehrheit von ca. 60 % gehen die Befragten<br />
überwiegend von einer künftigen Integration<br />
<strong>de</strong>r grünen Themen in das Unternehmenscontrolling<br />
aus, um so ökonomische und<br />
ökologische Informationen gemeinsam analysieren<br />
und berichten und so eine ganzheitliche<br />
Entscheidungsunterstützung gewährleisten zu
können. Die übrigen 40 % sehen die Verantwortung<br />
eines Green Controllings eher beim<br />
Umweltmanagement. Mit zunehmen<strong>de</strong>r strategischer<br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Greenings auf Unternehmensebene<br />
überwiegt hierbei stärker die<br />
Meinung zur integrierten Wahrnehmung durch<br />
das Unternehmenscontrolling.<br />
Lediglich 21 <strong>de</strong>r 295 befragten Unternehmen<br />
geben aber weiterhin an, bereits über einen<br />
Handlungsplan für <strong>de</strong>n Umgang mit grünen<br />
Themen aus Sicht <strong>de</strong>s Controllings zu verfügen.<br />
Die Schritte zu einer Integration ökologischer<br />
Informationen in Form einer Art „Green Controlling<br />
Agenda“ sind <strong>de</strong>mzufolge weitestgehend<br />
unbekannt; einfache Hilfestellungen, Anleitungen<br />
und Standards sind erwünscht.<br />
Green Controlling nimmt mit<br />
strategischer Be<strong>de</strong>utung zu<br />
Die Studie basierte auf <strong>de</strong>r Annahme, dass sich<br />
<strong>de</strong>r Ausbaustand eines Green Controllings mit<br />
<strong>de</strong>m Ausmaß <strong>de</strong>r strategischen Be<strong>de</strong>utung<br />
ökologischer Ziele unterschei<strong>de</strong>t. Erst wenn<br />
grüne Themen ernsthaft in <strong>de</strong>r Unternehmensführung<br />
verankert sind, so die Überlegung,<br />
wer<strong>de</strong>n ökologische und ökonomische Zusammenhänge<br />
für die Unternehmenssteuerung re-<br />
Abb. 1: Grüne Controllingaufgaben<br />
levant, in<strong>de</strong>m zum Beispiel Synergien sowie<br />
Zielkonflikte erkannt, ausbalanciert und gesteuert<br />
wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Der Ausbaustand eines Green Controllings wur<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>r Befragung aus <strong>de</strong>n Dimensionen Integration<br />
ökologischer Aspekte in die Controllingprozesse<br />
und Abbildung ökologischer Informationen<br />
in Controllinginstrumenten betrachtet.<br />
Um die Wirkung <strong>de</strong>r strategischen Be<strong>de</strong>utung<br />
auf die Entwicklung eines grünen Controllings<br />
zu untersuchen, konnten vier grüne Strategietypen<br />
unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n:<br />
1. Unternehmen mit <strong>de</strong>r Strategie „Ganzheitlich<br />
grüne Strategie” weisen die höchste<br />
und inhaltlich weitreichendste strategische<br />
Be<strong>de</strong>utung ökologischer Ziele auf.<br />
2. Die Strategie „Grüne Produkte und Lösungen”<br />
ist überdurchschnittlich stark auf<br />
die Entwicklung und das Angebot von grünen<br />
Leistungen ausgerichtet und damit eher<br />
marktorientiert.<br />
3. Unternehmen <strong>de</strong>s Strategietyps „Abwarten<strong>de</strong><br />
Strategie” weisen intern zwar ein<br />
hohes Bewusstsein für grüne Chancen und<br />
Risiken auf, aufgrund nur einer geringeren<br />
externen Einflussnahme ist die strategische<br />
CM Juli / August 2011<br />
Be<strong>de</strong>utung aber eher unterdurchschnittlich<br />
stark ausgeprägt.<br />
4. Die Strategie „Green Compliance” weist<br />
die geringste strategische Be<strong>de</strong>utung auf<br />
und ist auf die Einhaltung <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen ausgerichtet.<br />
Abbildung 2 zeigt die Entwicklungsunterschie<strong>de</strong><br />
eines grünen Controllings exemplarisch<br />
für die Perspektive Integration ökologischer Aspekte<br />
in die Controllingprozesse. Die hier dargestellten<br />
Prozesse entstammen <strong>de</strong>m Controlling-Prozessmo<strong>de</strong>ll<br />
<strong>de</strong>r International Group<br />
of Controlling (IGC). Grüne Aspekte wer<strong>de</strong>n in<br />
Controllingprozessen insgesamt <strong>de</strong>mzufolge<br />
nur auf einem geringen bis maximal mittleren<br />
Ausmaß berücksichtigt. Vergleichsweise stark<br />
fließen grüne Aspekte bereist in Planungs-, Reporting-<br />
und Risikomanagementprozesse ein.<br />
Die Unterscheidung <strong>de</strong>r Ausprägungen für die<br />
vier Strategietypen lässt gleichzeitig <strong>de</strong>n Einfluss<br />
<strong>de</strong>r strategischen Be<strong>de</strong>utung auf das grüne<br />
Controlling erkennen.<br />
Die Unternehmen mit einer ausgeprägten grünen<br />
Strategie setzen sich auch mehr mit ökologischen<br />
Inhalten im Controlling auseinan<strong>de</strong>r.<br />
Der rechte Teil <strong>de</strong>r Abbildung zeigt, dass diese<br />
Unternehmen auch eine größere Wichtigkeit<br />
19
20<br />
Green Crontrolling als (neue) Aufgabe für <strong>de</strong>n Controller?<br />
Abb. 2: Bisheriges Ausmaß <strong>de</strong>r Prozessintegration / Künftiger Bedarf<br />
einer künftigen weitergehen<strong>de</strong>n Integration<br />
empfin<strong>de</strong>n.<br />
Zusammenfassung und künftige<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
Die Ergebnisse <strong>de</strong>r Befragung bestätigen die<br />
Relevanz <strong>de</strong>s Greenings für das Controlling. Zusammenfassend<br />
muss es <strong>de</strong>n Controllern bei<br />
strategischer Be<strong>de</strong>utung ökologischer Zielsetzungen<br />
durch ein „begrüntes“ Unternehmenscontrolling<br />
gelingen, ökologische Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
im Unternehmen greifbar zu ma-<br />
Autoren<br />
chen, eine Fokussierung zu ermöglichen und<br />
die strategische sowie operative Relevanz<br />
für <strong>de</strong>n Unternehmenserfolg darzustellen.<br />
Eine solche Relevanzbewertung sollte sich sowohl<br />
an <strong>de</strong>r Einflussnahme von externen und<br />
internen Stakehol<strong>de</strong>rn orientierten, gleichzeitig<br />
aber auch die unternehmensspezifische Abwägung<br />
zu Chancen und Risiken einschließen.<br />
Hierfür wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Controllingpraxis insbeson<strong>de</strong>re<br />
geeignete Kennzahlen und Metho<strong>de</strong>n<br />
benötigt, um grüne Mess- und Bewertungsprobleme<br />
zu lösen. In <strong>de</strong>r Messung<br />
liegt die wohl größte Herausfor<strong>de</strong>rung, es be-<br />
Dipl.-Kfm. techn. Johannes Isensee<br />
ist Prokurist bei IPRI gGmbH, Stuttgart, und Koordinator <strong>de</strong>r<br />
I<strong>de</strong>enwerkstatt im Internationalen Controller Verein.<br />
E-Mail: jisensee@ipri-institute.com<br />
Dr. Uwe Michel<br />
ist Senior Partner bei Horváth & Partners Management Consultants<br />
und Leiter <strong>de</strong>s Competence Center Finanzen und Controlling,<br />
Stuttgart. Des Weiteren leitet er die I<strong>de</strong>enwerkstatt im ICV.<br />
darf aus instrumenteller Sicht einfacher „Einstiegslösungen“<br />
in Form von geeigneten Kennzahlensets<br />
sowie Handlungsleitfä<strong>de</strong>n, um grüne<br />
Themen erfassen zu können. Hierbei wur<strong>de</strong><br />
vielfach auf Probleme in <strong>de</strong>n IT-Systemen hingewiesen,<br />
die eine effiziente und systematische<br />
Datenanalyse und -auswertung ermöglichen<br />
sollen.<br />
Neben „handwerklichen“ Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
wer<strong>de</strong>n insbeson<strong>de</strong>re auch Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
in <strong>de</strong>r Zusammenarbeit zwischen Controllern<br />
und Verantwortlichen <strong>de</strong>s Umweltmanagements<br />
beschrieben. Die synergetische Kooperation<br />
wird häufig durch unterschiedliche Verständnisse,<br />
abweichen<strong>de</strong> Zielsetzungen und<br />
unklare interne Regelungen zu Kompetenzen,<br />
Rollenverteilungen und Aufgabenbereichen erschwert.<br />
Den vollständigen Ergebnisbericht <strong>de</strong>r Studie<br />
fin<strong>de</strong>n Sie unter www.<strong>controller</strong>wissen.<strong>de</strong>,<br />
dort klicken Sie bitte auf <strong>de</strong>n CM live-Button.
Business Partner<br />
von Jürgen Weber<br />
Vor fast zwanzig Jahren hat <strong>de</strong>r aka<strong>de</strong>misch<br />
hoch <strong>de</strong>korierte, wohl scharfzüngigste <strong>de</strong>utsche<br />
BWL-Professor, Dieter Schnei<strong>de</strong>r, sehr<br />
kritisch über Controller geurteilt: „Ein Gespenst<br />
geht um in <strong>de</strong>n Führungsetagen <strong>de</strong>r Unternehmungen<br />
– das Gespenst <strong>de</strong>s Controlling. ... [Der<br />
Controller wird] mit <strong>de</strong>m erfolgreichen dynamischen<br />
Unternehmer schlechthin gleichgesetzt.<br />
... [Der Controller vereint] zusätzlich die Eigenschaften<br />
eines vorzüglichen Aufsichtsratsvorsitzen<strong>de</strong>n<br />
und Unternehmensberaters mit<br />
<strong>de</strong>nen eines Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n. Von diesem<br />
unterschei<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Controller ... nur dadurch,<br />
dass er keine Ergebnisverantwortung<br />
trägt. Solche Vorankündigungen wecken die<br />
Frage: Warum greifen Controller nach einer <strong>de</strong>rartigen<br />
Selbstbeweihräucherung zum Supermann,<br />
wenn sie innerlich überzeugt sind, Controller<br />
können etwas Nützliches in einer Unternehmenshierarchie<br />
leisten?“ (Schnei<strong>de</strong>r 1991,<br />
S. 765).<br />
Vor zwanzig Jahren hatte sich das Controlling<br />
in <strong>de</strong>r Praxis stark ausgebreitet. Es begann<br />
langsam auch in kleinere Unternehmen und die<br />
öffentliche Verwaltung vorzudringen. Die<br />
grundlegen<strong>de</strong>n Diskussionen über die Aufgaben<br />
und Rollen <strong>de</strong>r Controller waren geführt,<br />
auch wenn noch kein so breiter Konsens gegeben<br />
war, wie er heute vorliegt.<br />
Das, was Dieter Schnei<strong>de</strong>r störte bzw. das, was<br />
er nicht verstan<strong>de</strong>n hat, ist auch heute noch erklärungsbedürftig.<br />
Controller haben zwar einen<br />
festen Aufgabenkern, <strong>de</strong>n sie spezifisch<br />
wahrnehmen – etwa die Produktion von (internen)<br />
Ergebnisinformationen o<strong>de</strong>r das Management<br />
<strong>de</strong>r Budgetierung. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite<br />
mischen sie sich aber „gewerbsmäßig“ in<br />
das Führungsgeschäft <strong>de</strong>r Manager ein. Sie<br />
sind Sachwalter <strong>de</strong>r „Finanz-Perspektive“, sorgen<br />
dafür, dass sich unternehmerisches Han-<br />
<strong>de</strong>ln rechnet, verhin<strong>de</strong>rn, dass gegen das Primat<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftlichkeit – aus welchen Grün<strong>de</strong>n<br />
auch immer – verstoßen wird. Controller müssen<br />
dafür die Manager und das Führungsgeschäft<br />
verstehen. Sie müssen wissen, wie Manager<br />
zu Entscheidungen kommen. Sie müssen<br />
wissen, wie das Geschäft <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
funktioniert, das die Manager leiten. Sie müssen<br />
sich in Manager hineinversetzen, um die richtigen<br />
Ratschläge geben zu können. Und sie<br />
müssen auch – an<strong>de</strong>rs als dies Dieter Schnei<strong>de</strong>r<br />
vor 20 Jahren angenommen hat – Mitverantwortung<br />
übernehmen. Dies ist heute auch beim<br />
CFO so. Er geht – wie unsere Forschung an <strong>de</strong>r<br />
WHU zeigt – bei Ergebnisproblemen <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
sogar eher als <strong>de</strong>r CEO!<br />
Dieses komplexe Aufgabenfeld und die damit<br />
verbun<strong>de</strong>nen Rollenerwartungen <strong>de</strong>s<br />
Managements an die Controller wer<strong>de</strong>n<br />
heute zumeist unter <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>s „Business<br />
Partners“ zusammengefasst. Manager<br />
wollen Controller in dieser Rolle sehen, weil sie<br />
chronisch überlastet sind und die Hilfe dringend<br />
brauchen. Controller schrecken vor <strong>de</strong>r Übernahme<br />
<strong>de</strong>r Rolle zuweilen noch zurück, weil sie<br />
– selbstre<strong>de</strong>nd – sehr anspruchsvoll ist. Das<br />
Thema „eierlegen<strong>de</strong> Wollmilchsau“ kommt<br />
heute weniger als Vorwurf einer „Anmaßung<br />
von Wissen und Können” von <strong>de</strong>n Managern,<br />
als vielmehr von <strong>de</strong>n Controllern selbst, die erheblichen<br />
Respekt vor <strong>de</strong>n gestiegenen Anfor-<br />
Autor<br />
CM Juli / August 2011<br />
<strong>de</strong>rungen haben. Können Controller <strong>de</strong>n Business<br />
Partner wirklich ausfüllen?<br />
Die selbstbewusste Antwort lautet: Warum eigentlich<br />
nicht? Blicken wir in an<strong>de</strong>re Funktionen<br />
im Unternehmen, so sehen wir exakt dieselbe<br />
Entwicklung: Auch die Aufgabenfel<strong>de</strong>r<br />
z. B. eines Beschaffungs- und eines Vertriebsmanagers<br />
sind viel breiter und anspruchsvoller<br />
gewor<strong>de</strong>n. Bei Lieferanten geht es nicht allein<br />
mehr um möglichst niedrige Beschaffungskosten,<br />
son<strong>de</strong>rn häufig um ihre Einbindung als<br />
strategische Ressource <strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Auch <strong>de</strong>r Vertriebsmanager ist längst nicht<br />
mehr auf die Schnittstelle zwischen <strong>de</strong>m eigenen<br />
Unternehmen und <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n beschränkt,<br />
son<strong>de</strong>rn muss ebenso die Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n<br />
im Blick haben und eng mit Produktion und Beschaffung<br />
zusammenarbeiten. Spezialistenwissen<br />
ist jeweils kombiniert mit einer General<br />
Management-Perspektive – warum soll es da<br />
Controllern an<strong>de</strong>rs gehen? Und noch ein letzter<br />
Vergleich: Früher reichte es Beckenbauer, ein<br />
glänzen<strong>de</strong>r Libero zu sein – heute wird ein<br />
Weltklassestürmer nicht mehr aufgestellt,<br />
wenn er nicht auch ständig Verteidigungsaufgaben<br />
übernimmt. Es gibt kein „entwe<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r“<br />
mehr, son<strong>de</strong>rn ein „sowohl als auch“. Controller<br />
sollten <strong>de</strong>shalb nicht zögerlich sein, die<br />
Rolle <strong>de</strong>s Business Partners zu übernehmen.<br />
Es ist eine ganz logische Entwicklung.<br />
Und: Wer zu spät kommt ...<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Weber<br />
ist Direktor <strong>de</strong>s Instituts für Management und Controlling (IMC)<br />
<strong>de</strong>r WHU-Otto-Beisheim-Hochschule, Burgplatz 2, D-56179 Valendar;<br />
www.whu.edu/controlling. Er ist zu<strong>de</strong>m Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />
Kuratoriums <strong>de</strong>s Internationalen Controller Vereins (ICV).<br />
E-Mail: juergen.weber@whu.edu<br />
21
22<br />
Das Instrument <strong>de</strong>r Mitarbeiterbefragung<br />
Das Instrument <strong>de</strong>r Mitarbeiterbefragung<br />
von Frank Lelke und Andreas Ollech<br />
Ein wesentlicher Faktor für <strong>de</strong>n Erfolg eines Unternehmens<br />
sind seine Mitarbeiter. Dieser Erfolg<br />
fußt auf Qualifikation und Fähigkeiten, die<br />
weitestgehend objektiv eruiert wer<strong>de</strong>n können<br />
(Zeugnisse, Zertifikate, Lebensläufe etc.). Klassische<br />
Instrumente wie das Mitarbeitergespräch,<br />
Vorgesetztenbeurteilung und Management<br />
by Objectives (Führung durch Zielvereinbarung)<br />
liefern ergänzen<strong>de</strong> Indikatoren.<br />
Wesentlich mehr Informationen können mit<br />
Hilfe von Mitarbeiterbefragungen gemessen<br />
wer<strong>de</strong>n. Sie sind mittlerweile integraler Bestandteil<br />
einer erfolgreichen Personalarbeit.<br />
Sie dienen in erster Linie dazu, qualitative<br />
Aspekte wie Motivation, Arbeitszufrie<strong>de</strong>nheit,<br />
aber auch Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft<br />
zu messen. Des Weiteren dienen<br />
Mitarbeiterbefragungen vor allem als Informationsgrundlage<br />
für die Unternehmensführung,<br />
insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>m Personalmanagement, um<br />
Ursachen für Ergebnisse und Meinungen zu<br />
laufen<strong>de</strong>n und abgeschlossenen Maßnahmen<br />
zu eruieren. Außer<strong>de</strong>m eigenen sich Befragungen,<br />
die Mitarbeiter in Verän<strong>de</strong>rungsprozesse<br />
zu integrieren. Insbeson<strong>de</strong>re durch die<br />
Maßnahmenableitung aus <strong>de</strong>n Befragungsergebnissen<br />
und <strong>de</strong>m anschließen<strong>de</strong>n Nachfeldprozess<br />
wird sichergestellt, dass <strong>de</strong>m Feedback<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter zeitnah Maßnahmen zur<br />
Umsetzung folgen.<br />
Die Befragung ist ein Instrument <strong>de</strong>r empirischen<br />
Sozialforschung zur Datenerhebung. Je<br />
nach Art <strong>de</strong>r Durchführung ist zwischen mündlicher<br />
Befragung, schriftlicher Befragung und<br />
Telefoninterview zu differenzieren (vgl. ausführlich<br />
in [ScHiEs1995], S. 297 ff.). Abbildung 1<br />
zeigt alternative Formen <strong>de</strong>r Mitarbeiterbefragung<br />
im Überblick.<br />
Als Instrument <strong>de</strong>r empirischen Sozialforschung<br />
muss die Mitarbeiterbefragung in <strong>de</strong>r<br />
Regel weit verbreiteten Gütekriterien entsprechen;<br />
dazu zählen die Objektivität, die Validität,<br />
die Reliabilität sowie die Repräsentativität.<br />
Die Objektivität beschreibt die Unabhängigkeit<br />
<strong>de</strong>r Testergebnisse von subjektiven Einflüssen,<br />
z. B. im Hinblick auf die durchführen<strong>de</strong>n<br />
Personen, die Auswertung <strong>de</strong>r Daten und die<br />
Interpretation <strong>de</strong>r Informationen. Das Kriterium<br />
<strong>de</strong>r Validität beantwortet die Frage, ob das gemessen<br />
wird, was gemessen wer<strong>de</strong>n soll. Die<br />
Reliabilität schließlich bezeichnet die Messgenauigkeit<br />
bzw. Zuverlässigkeit eines Verfahrens,<br />
also die Genauigkeit, mit <strong>de</strong>r eine Skala<br />
ein Merkmal misst. Das Kriterium <strong>de</strong>r Repräsentativität<br />
wird im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r<br />
Grundgesamtheit (Stichprobenumfang) von Befragungen<br />
thematisiert.<br />
Neben <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen aus Sicht <strong>de</strong>r empirischen<br />
Sozialforschung sind zur Durchführung<br />
einer erfolgreichen Mitarbeiterbefragung unternehmensspezifische<br />
Treiber zu berücksichtigen.<br />
Die in Abbildung 2 vorgenommene<br />
Klassifizierung in Primär- und Sekundärtreiber<br />
einer Befragung erhebt nicht <strong>de</strong>n Anspruch auf<br />
Gültigkeit und Ganzheitlichkeit; vielmehr spiegelt<br />
die Darstellung die Erfahrungen <strong>de</strong>r Autoren<br />
wie<strong>de</strong>r.<br />
Unterstützung durch das Management<br />
Die Grundlage einer erfolgreichen Befragung<br />
setzt das uneingeschränkte Commitment <strong>de</strong>s<br />
Managements voraus. Durch offenes und permanentes<br />
Kommunizieren <strong>de</strong>r Mitarbeiterbefragung<br />
(im Folgen<strong>de</strong>n MB genannt) gewinnen<br />
Mitarbeiter zunehmend Vertrauen und erken-<br />
nen die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit <strong>de</strong>r<br />
MB. Wenn sich die Mitarbeiter nicht mit <strong>de</strong>m<br />
Unternehmen bzw. ihren Führungskräften i<strong>de</strong>ntifizieren,<br />
ist die Bereitschaft, ihr Wissen weiterzugeben,<br />
eher gering.<br />
Das Commitment ist insbeson<strong>de</strong>re in Zeiten von<br />
Wirtschaftskrisen, Restrukturierung, Desinvestitionen<br />
etc. von zentraler Be<strong>de</strong>utung. Ferner ist<br />
es wichtig, dass das Management die mit <strong>de</strong>r<br />
MB einhergehen<strong>de</strong>n Maßnahmen und Investitionen<br />
freigibt.<br />
Exakte Defi nition von Zielen, Zielgruppen<br />
und Inhalten<br />
Die Inhalte <strong>de</strong>r MB müssen stringent aus <strong>de</strong>r<br />
Strategie, respektive <strong>de</strong>n strategischen Zielen<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens abgeleitet sein. Führungsqualität,<br />
Führungsgrundsätze, Motivations- und<br />
Zufrie<strong>de</strong>nheitsaspekte, Innovation und Flexibilität<br />
haben ohne Bezug zur Strategie keinen<br />
nachvollziehbaren Nutzen.<br />
Des Weiteren ist zu klären, welche Zielgruppe/n<br />
befragt wer<strong>de</strong>n sollen; han<strong>de</strong>lt es sich um eine<br />
Vollbefragung aller Mitarbeiter weltweit, o<strong>de</strong>r<br />
sollen bestimmte Mitarbeitergruppen wie Leiten<strong>de</strong><br />
Angestellte, Außertarifliche Mitarbeiter<br />
o<strong>de</strong>r Leiharbeitnehmer vollumfänglich o<strong>de</strong>r<br />
durch Stichproben befragt wer<strong>de</strong>n. Es ist somit<br />
nicht zwingend sinnvoll und notwendig, stets<br />
alle Mitarbeiter <strong>de</strong>s Unternehmens zu befragen.<br />
Prozessmanagement<br />
Die frühzeitige Einbeziehung <strong>de</strong>r Fachbereiche,<br />
Arbeitnehmervertreter und aller Mitarbeiter in
<strong>de</strong>n Entwicklungsprozess hat zwei positive Effekte:<br />
Einerseits wird das Gesamtvorhaben MB<br />
von Beginn an bearbeitet und vorangetrieben.<br />
An<strong>de</strong>rerseits gewinnen Mitarbeiter zunehmend<br />
Vertrauen in die Zielsetzung <strong>de</strong>r MB. Mitarbeiter,<br />
die we<strong>de</strong>r Entwicklung, Funktion noch Zielsetzung<br />
nachvollziehen können bzw. verstehen,<br />
reduzieren ihre Bereitschaft zur Mitarbeit.<br />
Transparenz<br />
Der Transparenzaspekt beinhaltet zwei Sichten.<br />
Zum einen sind die Mitarbeiter regelmäßig über<br />
Fortschritt und Ergebnisse <strong>de</strong>r MB zu informieren.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren sind sie darüber in Kenntnis<br />
zu setzen, welche Maßnahmen initiiert und umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Fehlen<strong>de</strong> Transparenz führt in<br />
er Regel auch zu mangeln<strong>de</strong>r Akzeptanz, nach<br />
<strong>de</strong>m Motto “das bringt doch eh nichts / passiert<br />
doch eh nichts”.<br />
Anonymität<br />
Angst und Misstrauen wer<strong>de</strong>n i. d. R. durch unzureichen<strong>de</strong><br />
Anonymität erzielt. Sowohl in<br />
Schriftform als auch durch Onlinebefragungen<br />
stellen sich Mitarbeiter die Frage, inwieweit bei<br />
<strong>de</strong>r Auswertung personenbezogene Daten<br />
analysiert wer<strong>de</strong>n können. Deshalb ist sicherzustellen,<br />
dass die Mitarbeiter stets zwischen<br />
<strong>de</strong>r Fragebogen-Schriftform und <strong>de</strong>r Onlinebefragung<br />
selbst entschei<strong>de</strong>n können. Darüber<br />
hinaus sind die Auswertungsmöglichkeiten bei<br />
kleineren Organisationseinheiten zu begrenzen.<br />
Möglichkeit 1: Bei einer Organisationseinheit<br />
mit weniger als 10 Mitarbeitern fin<strong>de</strong>n keine Ergebnisauswertungen<br />
statt.<br />
Möglichkeit 2: In je<strong>de</strong>r Organisationseinheit ist<br />
sicherzustellen, dass <strong>de</strong>r Personenbezug nicht<br />
durch Mitarbeiterstatus, Alter und / o<strong>de</strong>r Betriebszugehörigkeit<br />
hergestellt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Möglichkeit 3: Die Auswertung <strong>de</strong>r Daten erfolgt<br />
durch einen unternehmensexternen Dienstleister.<br />
Externer Dienstleister<br />
Eine zusätzliche Anonymität bzw. Sicherheit<br />
kann durch Einsatz eines externen Dienstleis -<br />
Abb. 1: Alternative Formen von Mitarbeiterbefragungen ({DoLa06}, S. 7)<br />
Abb. 2: Betriebliche Erfolgstreiber einer Befragung<br />
CM Juli / August 2011<br />
23
24<br />
Das Instrument <strong>de</strong>r Mitarbeiterbefragung<br />
ters zur Datensammlung, Datenauswertung<br />
und Datenaufbereitung erreicht wer<strong>de</strong>n. Die<br />
Fragebögen wer<strong>de</strong>n direkt vom Dienstleister<br />
versandt und laufen bei diesem wie<strong>de</strong>r zusammen.<br />
Der Einsatz eines externen Dienstleisters<br />
sollte nicht primär ökonomisch bewertet wer<strong>de</strong>n.<br />
Ziel ist es, die Anonymität sicherzustellen,<br />
das Vertrauen <strong>de</strong>r Mitarbeiter zu gewinnen und<br />
somit die Teilnahmequote zu steigern.<br />
Praktikabler Fragebogen<br />
Sowohl die Schriftform als auch die Onlinevariante<br />
<strong>de</strong>s Fragebogens erfor<strong>de</strong>rn ein Höchstmaß<br />
an Praktikabilität. Das be<strong>de</strong>utet, <strong>de</strong>r Fragebogen<br />
muss anwen<strong>de</strong>rfreundlich gestaltet<br />
und mit vertretbarem Aufwand zu beantworten<br />
sein. Die Anwen<strong>de</strong>rfreundlichkeit richtet<br />
Autoren<br />
sich nach <strong>de</strong>r Verständlichkeit <strong>de</strong>r gestellten<br />
Fragen und <strong>de</strong>r jeweiligen Antwortmöglichkeiten.<br />
Art und Umfang <strong>de</strong>s Fragebogens sowie<br />
Art und Anzahl <strong>de</strong>r gestellten Fragen bestimmen<br />
letztlich die Praktikabilität aus Anwen<strong>de</strong>rsicht.<br />
Zu beachten ist, dass <strong>de</strong>r Fragebogen<br />
eine gesun<strong>de</strong> Mischung aus offenen<br />
und geschlossenen Fragen sowie Hybridfragen<br />
enthält. Während <strong>de</strong>r Befragte bei offenen<br />
Fragen selbst die Beantwortung mit eigenen<br />
Worten vornimmt, muss sich <strong>de</strong>r Befragte bei<br />
geschlossenen Fragen zwischen Antwortalternativen<br />
entschei<strong>de</strong>n. Hybridfragen kombinieren<br />
offene und geschlossene Antwortmuster<br />
miteinan<strong>de</strong>r.<br />
Hinsichtlich <strong>de</strong>r Frage- und Antwortformulierung<br />
empfiehlt die Literatur Faustregeln, die<br />
eingehalten wer<strong>de</strong>n sollten (vgl. [ScHiEs 1995],<br />
S. 313):<br />
· Verwendung einfacher bzw. gebräuchlicher<br />
Worte / Fachausdrücke<br />
· Formulierung kurzer Fragen<br />
· Konkrete Formulierungen<br />
· Vermeidung von Suggestivfragen<br />
· Formulierung neutraler und wertfreier Fragen<br />
· Vermeidung doppelter Negationen<br />
· …<br />
Offene Kommunikation <strong>de</strong>r Ergebnisse<br />
Neben einer offenen Kommunikation vor und<br />
während <strong>de</strong>r MB ist es essentiell, die Ergeb-<br />
Dr. Frank Lelke<br />
ist Referent im Bereich Human Resources <strong>de</strong>r Evonik Degussa<br />
GmbH in Essen. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit <strong>de</strong>n<br />
HR-Themen Prozessmanagement, Organisation und Controlling.<br />
E-Mail: frank.lelke@evonik.com<br />
Dipl.-Kfm. (Studienrat) Andreas Ollech<br />
ist Lehrer am Paul-Spiegel-Berufkolleg in Dorsten. Er beschäftigt<br />
sich seit mehreren Jahren in verschie<strong>de</strong>nen Funktionen mit <strong>de</strong>n<br />
Themen eLearning, Dienstleistungsmanagement und Kennzahlen<br />
im Bildungsbereich. Zuvor war er mehrere Jahre Lehrer und Betriebsrat<br />
bei <strong>de</strong>r RAG Bildung Berufskolleg GmbH, einer Tochter <strong>de</strong>r<br />
RAG Bildung.<br />
E-Mail: andreas.ollech@web.<strong>de</strong><br />
nisse klar und <strong>de</strong>utlich zu kommunizieren. Das<br />
Thema Führungsqualität ist ein Beispiel dafür,<br />
warum Ergebnisse bzw. Teile <strong>de</strong>r Ergebnisse<br />
nicht bzw. nur unzureichend veröffentlicht<br />
wer<strong>de</strong>n. Der Grund ist, dass Ergebnisse letztlich<br />
auf namentlich zu benennen<strong>de</strong> Führungskräfte<br />
zurückgeführt wer<strong>de</strong>n (müssen), was<br />
„politisch“ oftmals als unangenehm betrachtet<br />
wird.<br />
Darüber hinaus ist es von zentraler Be<strong>de</strong>utung,<br />
dass <strong>de</strong>r Vorgesetzte über die Ergebnisse seines<br />
Bereiches zeitnah und umfassend informiert<br />
sowie nachvollziehbare Maßnahmen ableitet.<br />
Zeitpunkt <strong>de</strong>r Mitarbeiterbefragung<br />
Grundsätzlich wer<strong>de</strong>n die Befragungen zu<br />
einem bestimmten Zeitpunkt durchgeführt – in<br />
vielen Fällen zu Jahresbeginn o<strong>de</strong>r Jahresen<strong>de</strong>.<br />
Wichtiger als die Jahreszeit ist, dass Befragungen<br />
nicht in einen Zeitraum fallen, <strong>de</strong>r etwa<br />
durch Restrukturierungsvorhaben geprägt ist.<br />
In solchen Situationen neigen viele Mitarbeiter<br />
dazu, Fragen mit weitaus weniger Objektivität<br />
zu beantworten.<br />
Einbindung in ganzheitliches Controlling<br />
Die Ergebnisse <strong>de</strong>r Befragung sind in ein ganzheitliches<br />
Controlling zu überführen. Analog<br />
<strong>de</strong>m Scorecard-Ansatz sind – organisationsspezifisch<br />
– konkrete Maßnahmen abzuleiten,<br />
Prozessverantwortliche zu benennen, Zeitpunkte<br />
für die Umsetzung <strong>de</strong>r Maßnahmen und<br />
Zielwerte zu <strong>de</strong>finieren.<br />
Des Weiteren soll eine Vergleichbarkeit mit vorherigen<br />
(Vorperio<strong>de</strong>n) und kommen<strong>de</strong>n Befragungen<br />
im Sinne eines Benchmarking möglich<br />
sein, um die aus <strong>de</strong>n durchgeführten Maßnahmen<br />
erzielten Verbesserungen / Verschlechterungen<br />
sichtbar zu machen. Zu<strong>de</strong>m sind die Ursachen<br />
für eingetretene Verbesserungen / Verschlechterungen<br />
zu eruieren.<br />
Abstimmung mit <strong>de</strong>m Betriebsrat<br />
Aus arbeitsrechtlicher Sicht ergibt sich zwar lediglich<br />
ein Informationsrecht <strong>de</strong>s Betriebsrates,<br />
sofern die Befragung anonym durchgeführt<br />
wird; gemäß § 80 Absatz 2 BetrVG) ist <strong>de</strong>r Betriebsrat<br />
rechtzeitig und umfassend zu informieren<br />
(„Unterrichtungspflicht”). Dennoch o<strong>de</strong>r<br />
gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb ist aus taktischer Sicht darauf<br />
zu achten, dass <strong>de</strong>r Betriebsrat <strong>de</strong>r Befragung<br />
zustimmt und im I<strong>de</strong>alfall sogar aktiv mitwirkt.<br />
Dies erzeugt einen so genannten Push-Effekt<br />
auf Unternehmensseite, in<strong>de</strong>m die Akzeptanz<br />
für die Befragung erhöht wird.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r Unterrichtungspflicht liegt<br />
Rechtzeitigkeit vor, wenn Än<strong>de</strong>rungs- und Ergänzungswünsche<br />
<strong>de</strong>s Betriebsrats berücksichtigt<br />
wer<strong>de</strong>n können. Umfassendheit be<strong>de</strong>utet,<br />
dass <strong>de</strong>m Betriebsrat alle erfor<strong>de</strong>rlichen<br />
Unterlagen zur Verfügung gestellt wer<strong>de</strong>n, um<br />
seine Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.
Schwierigkeiten<br />
Trotz aller Relevanz und Notwendigkeit ist die<br />
MB mit zahlreichen Schwierigkeiten behaftet,<br />
die in vielen Unternehmen weiterhin Bestand<br />
haben.<br />
Das Controlling <strong>de</strong>r Nachfeldprozesse gehört zu<br />
<strong>de</strong>n wichtigsten Bestandteilen <strong>de</strong>r MB. Es han<strong>de</strong>lt<br />
sich um einen Muss-Prozess, <strong>de</strong>r zur Legitimation<br />
<strong>de</strong>r Befragung beiträgt; Maßnahmen,<br />
die gar nicht o<strong>de</strong>r nur optional umgesetzt wer<strong>de</strong>n,<br />
führen i. d. R. dazu, dass die Akzeptanz<br />
und das Vertrauen in die MB <strong>de</strong>utlich sinkt.<br />
Die Mitarbeiter müssen die abgeleiteten<br />
Maßnahmen nachvollziehen können. Nachvollziehbar<br />
sind diese insbeson<strong>de</strong>re dann, wenn<br />
Mitarbeiter aktiv in die Maßnahmenableitung<br />
und -umsetzung einbezogen wer<strong>de</strong>n. Analog<br />
<strong>de</strong>m strategischen Herunterbrechen von Zielen<br />
(Kaskadierung) wer<strong>de</strong>n Maßnahmen auf oberster<br />
Managementebene systematisch durch <strong>de</strong>zentrale<br />
Maßnahmen ergänzt, die Vorgesetzte<br />
und Mitarbeiter gemeinsam <strong>de</strong>finieren.<br />
Jenem Vorgehen wird aus praktischer Sicht oftmals<br />
entgegengehalten, es sei zu kosten- und<br />
zeitintensiv. Diese Betrachtung allein ergibt nur<br />
bedingt Sinn; gemeinsam abgeleitete und abgestimmte<br />
Maßnahmen führen zu einer zielgerichteten,<br />
verbindlichen Realisierung und somit<br />
zu einer signifikanten Verbesserung.<br />
Viele Befragungen sind dadurch gekennzeichnet,<br />
dass sie jährlich o<strong>de</strong>r zweijährlich durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n. Allen Befragungsrhythmen gemeinsam<br />
ist, dass sie lediglich eine Zeitpunktbetrachtung<br />
darstellen und somit die Einschätzungen<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt messen. Die Ergebnisse lassen sich<br />
allerdings nur bedingt nutzen, da die jeweiligen<br />
Ursachen auf vergangenen Ereignissen und Erfahrungen<br />
basieren.<br />
Die Schwierigkeit kann am Beispiel <strong>de</strong>s Commitment<br />
In<strong>de</strong>x ver<strong>de</strong>utlicht wer<strong>de</strong>n: Zu Jahresbeginn<br />
wur<strong>de</strong> einem Mitarbeiter <strong>de</strong>r Antrag auf<br />
eine Weiterbildungsmaßnahme abgelehnt, zu<br />
Beginn <strong>de</strong>s 2. Quartals begann ein konzernweites<br />
Kostensenkungsprogramm, und kurz vor<br />
Beginn <strong>de</strong>r Befragung im 3. Quartal wer<strong>de</strong>n die<br />
Mitarbeiter vom Vorgesetzten zum Essen ein-<br />
Abb. 3: Beispiel einer MAB Controlling-Scorecard<br />
gela<strong>de</strong>n, um ein offenes Feedbackgespräch zu<br />
führen. Schwierig ist zu eruieren, welchen<br />
Einfluss je<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r drei skizzierten Ereignisse<br />
auf die Beantwortung <strong>de</strong>r Frage zum<br />
Commitment hat.<br />
Grundsätzlich wer<strong>de</strong>n Befragungen in Form<br />
von Voll- o<strong>de</strong>r Teilerhebungen durchgeführt.<br />
Bei Vollerhebungen wer<strong>de</strong>n alle Mitarbeiter <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens befragt, während Teilbefragungen<br />
bestimmte Mitarbeitergruppen fokussieren<br />
und im paritätischen Stichprobenumfang<br />
befragen. Trotz<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n Befragungen<br />
– ähnlich Erhebungen von Fernsehsen<strong>de</strong>rn zur<br />
Meinungsumfrage o<strong>de</strong>r im Rahmen von Wahlen<br />
– unreflektiert als repräsentativ <strong>de</strong>klariert.<br />
Ein Grund ist sicherlich, dass dieses Gütesiegel<br />
<strong>de</strong>n Eindruck von Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit<br />
und Verallgemeinerungsfähigkeit erweckt<br />
([LiKa02], S. 227). Im allgemeinen Sprachgebrauch<br />
liegt Repräsentativität dann vor, wenn<br />
die Stichprobe in bestimmten Merkmalen eine<br />
ähnliche Struktur aufweist wie die Grundgesamtheit.<br />
Der Repräsentativität liegt we<strong>de</strong>r ein theoretisches<br />
noch mathematisches Mo<strong>de</strong>ll zugrun<strong>de</strong>,<br />
um kleiner o<strong>de</strong>r größere Repräsentativitäten<br />
Abb. 4: Problemfel<strong>de</strong>r in Mitarbeiterbefragungen<br />
CM Juli / August 2011<br />
zu fundieren. Daher ist dieses Kriterium kein<br />
brauchbares Konzept ([LiKa02], S. 227 - 238).<br />
Egal, ob Befragungen in Schriftform und /<br />
o<strong>de</strong>r Online erfolgen: Auf Mitarbeiterseite<br />
bleibt stets ein signifikanter Misstrauensgrad.<br />
Dieser entsteht durch persönliche Erfahrungen<br />
im privaten und unternehmerischen Umfeld,<br />
durch unternehmerischen Umgang mit Befragungen<br />
in <strong>de</strong>r Vergangenheit usw. In Zeiten <strong>de</strong>r<br />
Globalisierung und hoher Diskontinuitäten<br />
(Strategie, Aufbauorganisation, Personalia etc.)<br />
wird es nach Ansicht <strong>de</strong>r Autoren nahezu unmöglich<br />
sein, sämtliche Misstrauenstatbestän<strong>de</strong><br />
auszuräumen.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re in großen Unternehmen mit hoher<br />
Komplexität, sowohl in <strong>de</strong>r Aufbau- als auch<br />
in <strong>de</strong>r Ablauforganisation, kann Misstrauen nur<br />
durch Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und<br />
Han<strong>de</strong>ln reduziert wer<strong>de</strong>n.<br />
Neuere Ansätze: Informationsmärkte<br />
Informationsmärkte stammen aus <strong>de</strong>m Finanz-<br />
und Kapitalmarkt. Bei einem Informationsmarkt<br />
25
26<br />
Das Instrument <strong>de</strong>r Mitarbeiterbefragung<br />
Abb. 5: Workforce Seismograph ({Gexi10})<br />
han<strong>de</strong>lt es sich um eine virtuelle elektronische<br />
Plattform, auf <strong>de</strong>r virtuelle Aktien, die <strong>de</strong>n Ausgang<br />
zukünftiger Ereignisse repräsentieren, gehan<strong>de</strong>lt<br />
wer<strong>de</strong>n können ([Souk07], S. 6).<br />
Ein Informationsmarkt macht die Erwartungen<br />
bezüglich zukünftiger Marktzustän<strong>de</strong> in Form<br />
von virtuellen Aktien quantifizierbar und dadurch<br />
han<strong>de</strong>lbar. Die Funktionsweise von Informationsmärkten<br />
lässt sich mit <strong>de</strong>r Hayek-Hypothese<br />
begrün<strong>de</strong>n. Der Nobelpreisträger von Hayek<br />
postulierte, dass <strong>de</strong>r Marktmechanismus<br />
die effizienteste Möglichkeit zur Aggregation<br />
von verteilen Informationen ist. Im I<strong>de</strong>alzustand<br />
können die Teilnehmer allein anhand <strong>de</strong>r Preissignale<br />
ihre Anlageentscheidungen (Kauf o<strong>de</strong>r<br />
Nicht-Kauf einer bestimmten Stückzahl) treffen<br />
([Souk07], S. 7)<br />
Die Teilnehmer an einem Informationsmarkt<br />
leiten aus ihren individuellen Erwartungen bezüglich<br />
<strong>de</strong>s Ausgangs <strong>de</strong>s zukünftigen Marktzustands<br />
eine individuelle Erwartung über <strong>de</strong>n<br />
Wert <strong>de</strong>r virtuellen Aktie nach <strong>de</strong>m Eintritt<br />
<strong>de</strong>s entsprechen<strong>de</strong>n Ereignisses ab. Durch<br />
diese interaktive Kauf- und Verkaufsentscheidungen<br />
fließen alle verfügbaren Informationen<br />
in <strong>de</strong>n Aktienpreis. Liegt <strong>de</strong>r aktuelle<br />
Aktienpreis beispielsweise unter <strong>de</strong>n Erwartungen<br />
eines Teilnehmers, wür<strong>de</strong> er die virtuelle<br />
Aktie kaufen, um so einen für ihn (erwarteten)<br />
Gewinn zu realisieren und umgekehrt<br />
bei einer aus seiner Sicht (erwarteten) Überbewertung<br />
verkaufen. Der Wert einer virtuellen<br />
Aktie hängt damit von <strong>de</strong>m erwarteten<br />
Wert <strong>de</strong>s zukünftigen Marktzustands ab<br />
([Souk07], S. 7).<br />
Informationsmärkte sind daher beson<strong>de</strong>rs<br />
geeignet, um verstecktes Wissen aufzuspüren<br />
und positive wie negative Entwicklungen<br />
präzise vorherzusagen.<br />
Das Beratungsunternehmen Gexid hat mit <strong>de</strong>m<br />
so genannten Workforce Seismographen eine<br />
IT-technische Lösung zur Umsetzung von Informationsmärkten<br />
in verschie<strong>de</strong>nen betriebswirtschaftlichen<br />
Fachbereichen wie Marketing,<br />
Produktion & Absatz sowie Mitarbeiterfeedback<br />
entwickelt. Von Wittener Universitäts-Absolventen<br />
2006 gegrün<strong>de</strong>t, hat Gexid mit diesem<br />
IT-Instrument eine Hilfe zur fundierten Entscheidungsunterstützung<br />
für Unternehmen<br />
geschaffen.<br />
Der Workforce Seismograph (s. Abbildung 5)<br />
ermöglicht ein direktes Feedback von räumlich<br />
und organisatorisch verteilten Mitarbeitern in<br />
Echtzeit. Hierdurch können die Auswirkungen<br />
von Entscheidungen <strong>de</strong>s Managements sofort<br />
und spezifisch ermittelt wer<strong>de</strong>n. Durch die regelmäßige<br />
Beschäftigung <strong>de</strong>r Teilnehmer mit<br />
wichtigen Unternehmenszahlen steigert er sogar<br />
das Interesse <strong>de</strong>r Mitarbeiter für das Unternehmen<br />
([Gexi10]).<br />
Ein solcher Ansatz kann die zuvor skizzierte<br />
Schwäche „Zeitpunkt <strong>de</strong>r Befragung“ weitestgehend<br />
optimieren. Mit einem Informationsmarkt-basierten<br />
Ansatz wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich vali<strong>de</strong>re<br />
Ergebnisse in MB erzielt als bisher. Sicherlich<br />
kann durch diesen eher „spielerischen“ Ansatz<br />
auch die Akzeptanz <strong>de</strong>r Mitarbeiter für die<br />
MB erhöht wer<strong>de</strong>n.<br />
Zusammenfassung<br />
Es ist zu konstatieren, dass <strong>de</strong>r Ansatz zur Nutzung<br />
von Informationsmärkten einen wertvollen<br />
Beitrag zur Optimierung betrieblicher MB<br />
liefert.<br />
Eine aktuelle Studie von Hewitt und Kienbaum<br />
belegt zu<strong>de</strong>m, dass Mitarbeiterbefragungen in<br />
<strong>de</strong>r betrieblichen Praxis vermehrt als Messinstrument<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n ([HeKi08]): Befragungen<br />
wer<strong>de</strong>n nicht nur regelmäßiger und in<br />
kürzeren Abstän<strong>de</strong>n durchgeführt, son<strong>de</strong>rn<br />
sind immer häufiger mit an<strong>de</strong>ren strategischen<br />
Steuerungsinstrumenten wie beispielsweise<br />
<strong>de</strong>m Zielvereinbarungsprozess o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m HR-<br />
Controlling verknüpft. Ferner ist immer häufiger<br />
die Unternehmensleitung Auftraggeber <strong>de</strong>r Befragung.<br />
Literatur<br />
[DoLa06] Domsch, M.; Ladwig, D.: Handbuch<br />
Mitarbeiterbefragung, 2. vollst. überarb. Aufl.,<br />
Springer Verlag, Berlin; Hei<strong>de</strong>lberg: 2006<br />
[Gexi10] Gexid GmbH, Download v.<br />
26.08.2010, www.gexid.com/ WorkforceSeismograph.html,<br />
Grettstadt: 2010<br />
[LiKa02] von <strong>de</strong>r Lippe, P. M.; Kladroba, A.:<br />
Repräsentativität von Stichproben, Zeitschrift<br />
für Marketing, Verlagsgruppe Han<strong>de</strong>lsblatt,<br />
Düsseldorf: 2002<br />
[ScHiEs1995] Schnell, R.; Hill, P. B.; Esser, E.:<br />
Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r empirischen Sozialforschung, 5.,<br />
völlig überarb. und erw. Aufl., Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag,<br />
München: 1995<br />
[Schü08] Schüssler, B.: Mitarbeiterbefragung<br />
- Die Trends 2008, Hewitt / Kienbaum-Studie,<br />
Schweiz: 2009<br />
[Souk07] Soukhoroukova,A.: Produktinnovation<br />
mit Informationsmärkten; Inaugural-Dissertation,<br />
Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät,<br />
Universität Passau, Passau: 2007
Anzeige<br />
Beruf UND Studium?<br />
Interview mit Mag. (FH) Sabine Laner, M.A., Business-Managerin<br />
in <strong>de</strong>r Unterberger Beteiligungs GmbH Kufstein, Absolventin <strong>de</strong>s<br />
Master-Studiengangs Krisen- & Sanierungsmanagement an <strong>de</strong>r<br />
FH Kufstein Tirol<br />
Was erwarteten Sie sich vom Studium<br />
Krisen- & Sanierungsmanagement für Ihr<br />
Berufsleben?<br />
Für mich persönlich war eine Sensibilisierung<br />
sowie Auslegung von Haftungsthemen<br />
sehr wichtig. Juristische Fragen ergeben<br />
sich im Berufsleben ständig. Alleine schon<br />
bei <strong>de</strong>r Übernahme eines Geschäftsführerpostens<br />
sollte man wissen, welche<br />
Haftungen auf einen zukommen können und<br />
welchen Spielraum man sich leisten kann.<br />
Was war für Sie ein absolutes Highlight<br />
o<strong>de</strong>r ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Lernschritt im<br />
Studium?<br />
Die Erweiterung <strong>de</strong>s eigenen Wissenshorizontes<br />
durch Experten, die mit bei<strong>de</strong>n<br />
Beinen in <strong>de</strong>r Realität stehen und von <strong>de</strong>n<br />
alltäglichen Situationen erzählen können.<br />
Welche/r Lektor/in o<strong>de</strong>r welcher Inhalt<br />
hat Sie im Studium bisher am meisten<br />
beeindruckt?<br />
Jene Lektoren, die in <strong>de</strong>r Privatwirtschaft<br />
Studieren an <strong>de</strong>r FH Kufstein Tirol:<br />
- Kein Numerus Clausus<br />
- Studiengebühr 363 € pro Semester<br />
gearbeitet haben, sind für mich immer wie<strong>de</strong>r<br />
eine beson<strong>de</strong>rs interessante Lernquelle,<br />
da sie die Möglichkeit haben, Theorie und<br />
Praxis zu vernetzen.<br />
Wie haben Sie das persönliche Verhältnis<br />
zu Ihren Kommilitonen/innen erlebt?<br />
Sehr herzlich. Da wir eine sehr kleine<br />
Studieren<strong>de</strong>n-Gruppe waren, hat sich<br />
ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
entwickelt.<br />
Haben Sie sich an <strong>de</strong>r FH Kufstein wohl<br />
gefühlt?<br />
Ich habe mich sehr wohl gefühlt und komme<br />
auch immer wie<strong>de</strong>r sehr gerne in das Haus<br />
<strong>de</strong>r FH Kufstein zurück.<br />
Wie bewerten Sie dieses Studium an <strong>de</strong>r<br />
Fachhochschule Kufstein – was ist positiv<br />
und was könnte noch besser wer<strong>de</strong>n?<br />
Für mich war es ein sehr angenehmer Studiengang<br />
und ich kann ihn nur weiterempfehlen.<br />
Es ist auch eine Herausfor<strong>de</strong>rung,<br />
„Die FH Kufstein Tirol bietet mit <strong>de</strong>m<br />
Master-Studiengang Krisen- & Sanierungsmanagement,<br />
zukünftig Unternehmensrestrukturierung<br />
& -sanierung, eine interdisziplinäre<br />
Managementausbildung, die Knowhow<br />
zur Unternehmensrestrukturierung mit<br />
rechtlichen Aspekten verbin<strong>de</strong>t. Dabei wird<br />
insbeson<strong>de</strong>re auf leistungs- und finanzwirtschaftliche<br />
Sanierungsinstrumente ein-<br />
- Intensive persönliche Betreuung<br />
- Betreuter Auslandsaufenthalt<br />
Fachhochschule Kufstein Tirol Bildungs GmbH<br />
UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES<br />
Andreas Hofer-Straße 7, A-6330 Kufstein<br />
Tel: +43 5372 718 19, Fax: +43 5372 718 19-104<br />
info@fh-kufstein.ac.at, www.fh-kufstein.ac.at<br />
da einem die eigenen Grenzen aufgezeigt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Was halten Sie von <strong>de</strong>r Organisationsform<br />
<strong>de</strong>s Studiengangs?<br />
Die Organisationsform ist flach und auch<br />
sehr passend für die FH Kufstein. Auch <strong>de</strong>r<br />
je<strong>de</strong>rzeitige Zugang zu <strong>de</strong>n Lektoren ist<br />
äußerst positiv zu bewerten.<br />
Welchen Tipp wür<strong>de</strong>n Sie <strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n<br />
von Krisen- & Sanierungsmanagement<br />
bzw. <strong>de</strong>ssen Nachfolgestudium<br />
Unternehmensrestrukturierung & -sanierung<br />
geben?<br />
Bevor ein Studium eingegangen wird,<br />
sollten sich die Studieren<strong>de</strong>n darüber<br />
bewusst sein, dass die Studienjahre kein<br />
Honiglecken sind und Familie o<strong>de</strong>r auch<br />
Freun<strong>de</strong> zu kurz kommen wer<strong>de</strong>n. Die Balance<br />
zwischen Studium und Beruf zu fin<strong>de</strong>n<br />
verlangt schon Einiges ab.<br />
gegangen. Problemlösungskompetenzen<br />
und grundlegen<strong>de</strong>s Fachwissen in <strong>de</strong>n<br />
Bereichen Krisenmanagement und Unternehmenssanierung<br />
sind weitere Inhalte<br />
dieses Studiengangs. Absolventinnen und<br />
Absolventen sind in <strong>de</strong>r Lage, Instrumente<br />
zur Früherkennung und Vermeidung von<br />
Unternehmenskrisen einzusetzen.“<br />
Prof. (FH) Dr. Wolfgang Klose, Studiengangsleiter
28<br />
Systematische Auswahl von IT-Lösungen zur Planung<br />
Systematische Auswahl von<br />
IT-Lösungen zur Planung – Teil 1 –<br />
von Bernd Koschitzki, Claudia Maron, Karsten Oehler, Peter Schentler, Matthias Schmitt,<br />
Steffen Sindl, Markus Steiner und Helmut Willmann<br />
Effiziente Planung ist ohne IT-Unterstützung<br />
kaum <strong>de</strong>nkbar, eine mo<strong>de</strong>rne Budgetierung<br />
benötigt mo<strong>de</strong>rne Verfahren <strong>de</strong>r Informationsunterstützung.<br />
Das muss keine neue<br />
Software sein, schließlich gibt es seit Jahren<br />
etablierte, gute Lösungen. Allerdings ist es gera<strong>de</strong><br />
die Vielfältigkeit einer möglichen Unterstützung,<br />
die <strong>de</strong>n Unternehmen das Leben bei<br />
<strong>de</strong>r Auswahl schwer macht. Das Angebot<br />
reicht von <strong>de</strong>r einfachen Tabellenkalkulation<br />
bis zur hoch spezialisierten Planungssoftware.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>s ICV-Facharbeitskreises Mo<strong>de</strong>rne<br />
Budgetierung (www.<strong>controller</strong>verein.<strong>de</strong>) hat<br />
sich die Arbeitsgruppe IT <strong>de</strong>r Aufgabe gestellt,<br />
Empfehlungen für eine effektive Softwareunterstützung<br />
zu erarbeiten. Dabei ist schnell <strong>de</strong>utlich<br />
gewor<strong>de</strong>n, dass es die optimale Lösung<br />
nicht gibt und auch nicht geben kann. Die<br />
individuellen Ausprägungen <strong>de</strong>r Umfeldfaktoren<br />
<strong>de</strong>s auswählen<strong>de</strong>n Unternehmens haben einen<br />
erheblichen Einfluss auf das „geeignete” System.<br />
Zu nennen seien hier exemplarisch Umfelddynamik,<br />
Branche, Unternehmensgröße<br />
und noch einige mehr, die wir im Verlauf <strong>de</strong>s<br />
Beitrages erläutern. Insofern haben sich unsere<br />
Aktivitäten nicht nur darauf beschränkt, einen<br />
(weiteren) Anfor<strong>de</strong>rungskatalog zu entwickeln<br />
und diesen auf die verfügbaren Produktklassen<br />
anzuwen<strong>de</strong>n. Wir wer<strong>de</strong>n vielmehr die Umfeldfaktoren<br />
für eine Priorisierung <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
verwen<strong>de</strong>n. Da dies aber nur exemplarisch<br />
erfolgen kann, ist in einer konkreten Auswahlsituation<br />
die Be<strong>de</strong>utung je<strong>de</strong>s Kriteriums<br />
im Hinblick auf die individuellen Umfeldfaktoren<br />
<strong>de</strong>s (softwareauswählen<strong>de</strong>n) Unternehmens zu<br />
hinterfragen.<br />
Wir sehen Vorteile darin, dass nicht mehr hun<strong>de</strong>rte<br />
von Fragen aus standardisierten Beraterfragebögen<br />
beantwortet wer<strong>de</strong>n müssen, son<strong>de</strong>rn<br />
dass man sich auf die wesentlichen Er-<br />
folgsfaktoren bei <strong>de</strong>r Systemauswahl beschränken<br />
kann. Nach diesem Assessment<br />
sollte das auszuwählen<strong>de</strong> Unternehmen<br />
eine bessere Vorstellung über sein benötigtes<br />
Planungssystem haben und damit auch<br />
zielgerichteter in einen Auswahlprozess<br />
gehen.<br />
Das Auswahlverfahren<br />
Es existieren umfassen<strong>de</strong> Anfor<strong>de</strong>rungskataloge,<br />
die häufig bei <strong>de</strong>r Softwareauswahl zum<br />
Einsatz kommen. Hier wer<strong>de</strong>n Seiten von allgemeinen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen gewälzt, ohne die individuellen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen genau zu berücksichtigen.<br />
Dieses kostet auf bei<strong>de</strong>n Seiten, Käufer und<br />
Verkäufer, unnötige Ressourcen. Hier wollen wir<br />
ansetzen. Wir empfehlen, in einer Vorphase die<br />
Umfeldfaktoren zu analysieren, um Schwerpunkte<br />
bei <strong>de</strong>r Auswahl setzen zu können.
Dazu legen wir folgen<strong>de</strong>n Prozess zugrun<strong>de</strong><br />
(s. Abbildung 1):<br />
1. Festlegung <strong>de</strong>r strategischen Ziele bzw. <strong>de</strong>s<br />
strategischen Nutzens, die nach Einführung<br />
einer mo<strong>de</strong>rnen Unternehmensplanung erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n sollen.<br />
2. Festlegung bzw. Konkretisierung <strong>de</strong>r Organisations-<br />
und IT-Ziele. Wenn eine generelle<br />
Outsourcing-Strategie bzw. SaaS-Strategie<br />
verfolgt wird, sieht die spätere Lösung <strong>de</strong>utlich<br />
an<strong>de</strong>rs aus, als bei einer eher konservativen<br />
Ausrichtung.<br />
3. Klärung <strong>de</strong>r grundsätzlichen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
anhand von Umfeldfaktoren. Es sind auch<br />
<strong>de</strong>shalb so vielfältige Werkzeuge am Markt,<br />
weil die Planungsaufgabe in <strong>de</strong>n Unternehmen<br />
sehr unterschiedlich wahrgenommen<br />
wird.<br />
4. I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>r aktuellen Problempunkte<br />
und Formulierung <strong>de</strong>r Gestaltungsziele. Typische<br />
Gestaltungsziele können Beschleunigung,<br />
Transparenz o<strong>de</strong>r höhere Datenqualität<br />
sein.<br />
5. Auswahl <strong>de</strong>r geeigneten Werkzeug-Kategorie<br />
aufgrund <strong>de</strong>r Schwerpunkte.<br />
6. Betrachtung verschie<strong>de</strong>ner Anbieter innerhalb<br />
dieser Werkzeugklasse. Hier wird üblicherweise<br />
zwischen einer sogenannten<br />
Long- und einer Shortlist unterschie<strong>de</strong>n. Im<br />
ersten Schritt schaut man sich 4 bis 5 Produkte<br />
an. Hierbei sollte man sich auf die<br />
wesentlichen Faktoren (z. B. die Top 5) fokussieren.<br />
Anschließend geht man dann mit<br />
2 o<strong>de</strong>r 3 Anbietern (die Shortlist) in eine Detailbetrachtung,<br />
wobei häufig ein ausführlicher<br />
Workshop durchgeführt wird.<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an die IT-Unterstützung<br />
Die fachlich-organisatorischen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung sind bereits umfassend<br />
beschrieben wor<strong>de</strong>n (siehe ICV-Facharbeitskreis<br />
„Mo<strong>de</strong>rne Budgetierung“ 2009).<br />
Ankerpunkt sind die Ebenen Gestaltungsempfehlungen<br />
und Fundamente (s. Abbildung 2).<br />
Abb. 1: Auswahlprozess<br />
Die Diskussion um die geeignete Informationssystemunterstützung<br />
bezieht sich primär auf<br />
<strong>de</strong>n Bereich Gestaltungsempfehlungen. Dementsprechend<br />
sind auch die Faktoren „Einfachheit“,<br />
„Flexibilität“ und „Integration“ für die Beurteilung<br />
von Softwaresystemen von hoher Be<strong>de</strong>utung.<br />
Unser Faktorenkatalog orientiert sich<br />
am beschriebenen Rahmen. Wir unterschie<strong>de</strong>n<br />
allerdings in Erweiterung zum bestehen<strong>de</strong>n<br />
Rahmen zwischen Konfigurations- und Anpassungsflexibilität.<br />
Konfigurationsflexibilität<br />
bezieht sich auf die erstmalige Einrichtung <strong>de</strong>r<br />
Lösung, während sich die Anpassungsflexibilität<br />
auf Än<strong>de</strong>rungen im laufen<strong>de</strong>n Beitrieb erstreckt.<br />
Diese Unterscheidung ist wichtig, da eine hohe<br />
Konfigurationsflexibilität häufig mit einer geringeren<br />
Anpassungsflexibilität verbun<strong>de</strong>n ist.<br />
Zunächst ist <strong>de</strong>r Freiraum, <strong>de</strong>n Tabellenkalkulationen<br />
bieten, nur wenig beschränkt. Über so<br />
genannte Add-In-Komponenten können Datenbanken,<br />
Simulationswerkzeuge, Risikoverteilungen<br />
und vieles mehr eingebun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Ist das System jedoch erst einmal im Einsatz,<br />
Abb. 2: Dimensionen <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung<br />
än<strong>de</strong>rt sich die Situation grundlegend. Die Auswirkungen<br />
von Än<strong>de</strong>rungen sind dann kaum<br />
noch abzuschätzen. Während die Konfigurationsflexibilität<br />
von Tabellenkalkulationssystemen<br />
wohl praktisch uneingeschränkt ist, sind Än<strong>de</strong>rungen<br />
zur Laufzeit aufgrund <strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong>n<br />
Strukturierungsmöglichkeiten äußerst riskant.<br />
Eine Übersicht über die Kriterien gibt Abbildung 3.<br />
Werkzeugklassen<br />
CM Juli / August 2011<br />
Nachfolgend fin<strong>de</strong>t sich eine kurze Beschreibung<br />
<strong>de</strong>r Software-Klassen, die wir anhand typischer<br />
Vertreter analysiert haben:<br />
· Tabellenkalkulation: Die Tabellenkalkulation<br />
dürfte das am häufigsten eingesetzte<br />
Werkzeug im Controlling sein. In diesem Produktsegment<br />
dominiert seit Jahren Microsoft<br />
Excel. An<strong>de</strong>re Anbieter (z. B. IBM mit Symphony)<br />
o<strong>de</strong>r OpenSource-Lösungen wie<br />
OpenOffice gewinnen allerdings zunehmend<br />
an Be<strong>de</strong>utung.<br />
29
30<br />
Systematische Auswahl von IT-Lösungen zur Planung<br />
Abb. 3: Kriterien für die Softwareauswahl<br />
· OLAP-Systeme: Diese fokussieren sehr<br />
stark auf die mehrdimensionale Datenhaltung<br />
und sind in <strong>de</strong>r Regel in die Tabellenkalkulation<br />
integriert. Verbreitete Produkte sind<br />
unter an<strong>de</strong>rem Oracle (Hyperion) Essbase,<br />
IBM Cognos TM1, Infor ALEA und Jedox<br />
Palo. Einige Produkte wie beispielsweise IBM<br />
Cognos TM1 bieten bereits <strong>de</strong>utlich mehr als<br />
die pure analytische Datenspeicherung an.<br />
So wird exemplarisch eine Workflow-Unterstützung<br />
bei <strong>de</strong>r Datenerfassung angeboten<br />
· Spezifische Planungssysteme: Wir unterschei<strong>de</strong>n<br />
zwischen spezifischen und generischen<br />
Planungssystemen. Als spezifische<br />
Planungssysteme wer<strong>de</strong>n Lösungen bezeichnet,<br />
die das Kerngebiet <strong>de</strong>s rechnungswesenorientierten<br />
Controllings (u. a. Erfolgs-,<br />
Bilanz- und Finanzplanung, Kostenplanung)<br />
adressieren und hier bereits einen<br />
mehr o<strong>de</strong>r weniger vor<strong>de</strong>finierten Rahmen<br />
vorgeben. Verbreitete Systeme sind Corporate<br />
Planner o<strong>de</strong>r Professional Planner.<br />
· Generische Planungssysteme: Diese unterstützen<br />
alle Arten <strong>de</strong>r Planung und <strong>de</strong>finieren<br />
<strong>de</strong>utlich weniger in Bezug auf Planungsverfahren<br />
vor. Typische Anbieter sind<br />
SAP BO BPC, Oracle (Hyperion) Planning<br />
o<strong>de</strong>r IBM Cognos Planning.<br />
· Klassische ERP-Lösung: In <strong>de</strong>m ERP-integrierten<br />
Ansatz und mit <strong>de</strong>m Einbezug einer<br />
Ergebnisplanung lassen sich umfassen<strong>de</strong><br />
Planungslösungen umsetzen. Es wer<strong>de</strong>n<br />
zum Teil sehr ausgefeilte Planungsfunktionalitäten<br />
bereitgestellt. Verbreitete Produkte<br />
sind SAP ERP, INFOR LN und Microsoft Dynamics<br />
NAV.<br />
· ERP mit <strong>de</strong>dizierter Planungsfunktionalität:<br />
Einige ERP-Produkte sind stark controllingorientiert.<br />
In diesem Rahmen wer<strong>de</strong>n<br />
Funktionalitäten aus <strong>de</strong>m Istbereich direkt für<br />
Planungsfunktionen genutzt. So kann beispielsweise<br />
auf Basis <strong>de</strong>r Lohnrechnung eine<br />
sehr <strong>de</strong>taillierte Personalkostenplanung und<br />
auf Basis <strong>de</strong>r Anlagenbuchhaltung die Investitionsplanung<br />
inklusive Abschreibungsplanung<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Plan-Istvergleiche fin<strong>de</strong>n<br />
dann direkt im ERP-System statt. Ein Beispiel<br />
dafür ist das CSS-Produkt eGecko.<br />
· Tabellenkalkulationserweiterungen mit<br />
enger ERP-Anbindung: Um die Nachteile<br />
einer relativ starren Eingabefunktionalität<br />
eines ERP-Systems abzumil<strong>de</strong>rn, sind Ergänzungswerkzeuge<br />
entwickelt wor<strong>de</strong>n, die<br />
unter Verzicht einer eigenen Stammdatenhaltung<br />
Daten aus ERP übernehmen und<br />
eine Planung in <strong>de</strong>r Tabellenkalkulation ermöglichen.<br />
Nach Abschluss <strong>de</strong>r Eingaben<br />
wer<strong>de</strong>n die Daten zurück in das ERP-System<br />
übertragen. Anbieter dieser Werkzeugklasse<br />
ist beispielsweise die Firma Kern AG mit <strong>de</strong>m<br />
System OPO.<br />
· DW-basierte Planung: Obwohl Data-Warehouses<br />
ursprünglich als nichtschreibend<br />
ausgelegt waren, eignen sie sich aufgrund<br />
ihrer Speicher- und Verdichtungsmöglichkeiten<br />
zur Planung. Dies haben einige Anbieter<br />
genutzt und das Data Warehouse um Planungsfunktionalitäten<br />
angereichert. So wird<br />
das Data Warehouse um Workflow, Maskengenerator<br />
und Datenmanipulationsfunktionen<br />
erweitert.<br />
Einschätzung <strong>de</strong>r Werkzeugklassen<br />
Zum Abschluss <strong>de</strong>s ersten Teils wollen wir die<br />
Werkzeugklassen in Bezug auf <strong>de</strong>n dargestellten<br />
Fragebogen noch etwas <strong>de</strong>taillierter be-
trachten. In <strong>de</strong>r Arbeitsgruppe existiert hierzu<br />
umfangreiche Dokumentation. Die hier aufgeführten<br />
Bereiche spiegeln nur eine Zusammenfassung<br />
auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r wesentlichen Empfehlungen<br />
wi<strong>de</strong>r.<br />
Tabellenkalkulationen<br />
Die Tabellenkalkulation ist sicher die in <strong>de</strong>r<br />
Budgetierung am häufigsten eingesetzte<br />
Werkzeugklasse. Doch ist das nur eine bequeme<br />
Lösung, die durchgeführt wird, weil die<br />
Programme ohnehin vorhan<strong>de</strong>n sind, o<strong>de</strong>r<br />
eignen sich Tabellenkalkulationsprogramme<br />
tatsächlich in beson<strong>de</strong>rer Weise für die Budgetierung?<br />
Tabellenkalkulationsprogramme spielen ihre<br />
Stärken beson<strong>de</strong>rs hinsichtlich <strong>de</strong>r Konfigurationsflexibilität<br />
aus. Flexible Planungszeiträume<br />
wie beim Rolling Forecast, komplexe Datenstrukturen<br />
o<strong>de</strong>r auch unterschiedlichste Datenanalysen<br />
lassen sich in Programmen wie MS<br />
Excel problemlos, wenn auch unter teilweise erheblichem<br />
Zeitaufwand, einrichten. Lei<strong>de</strong>r sind<br />
die Programme bei weitem nicht so flexibel,<br />
wenn es um nachträgliche Anpassungen <strong>de</strong>r<br />
Datenmo<strong>de</strong>lle geht. Beson<strong>de</strong>rs in einem dynamischen<br />
Umfeld wird es sehr mühsam, Än<strong>de</strong>rungen<br />
in Produktportfolio o<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nstrukturen<br />
regelmäßig „nachzuziehen”.<br />
Bezüglich Integration und Einfachheit gibt es<br />
bei Tabellenkalkulationsprogrammen Licht und<br />
Schatten. Aufgrund <strong>de</strong>r hohen Konfigurationsflexibilität<br />
lassen sich mit entsprechen<strong>de</strong>m Aufwand<br />
durchaus hoch integrierte Planungsmo<strong>de</strong>lle<br />
abbil<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>nen z. B. die Teilplanungen<br />
einzelner Funktionsbereiche o<strong>de</strong>r auch Projektplanungen<br />
integriert wer<strong>de</strong>n. Allerdings lässt<br />
die Einfachheit <strong>de</strong>r Handhabung solch komplexer<br />
Systeme sowohl für Planer als auch für<br />
Planungsverantwortliche sehr zu wünschen<br />
übrig, ganz zu schweigen von <strong>de</strong>r mit wachsen<strong>de</strong>r<br />
Komplexität exponentiell abnehmen<strong>de</strong>n<br />
Performanz.<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass<br />
<strong>de</strong>r Einsatz von Tabellenkalkulationsprogrammen<br />
in <strong>de</strong>r Budgetierung nur in gewissen Konstellationen<br />
bezüglich <strong>de</strong>r oben beschriebenen<br />
Umfeldfaktoren zu empfehlen ist: Während ein<br />
Einsatz in kleineren Unternehmen in einem wenig<br />
dynamischen Umfeld sinnvoll ist, stoßen<br />
Tabellenkalkulationsprogramme bei zunehmen<strong>de</strong>r<br />
Datenmenge bzw. zunehmen<strong>de</strong>n<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an Anpassungsflexibilität<br />
und Einfachheit schnell an ihre<br />
Grenzen.<br />
Klassische ERP-Lösung<br />
Die Entscheidung, ein umfassen<strong>de</strong>s ERP-System<br />
wie SAP als führen<strong>de</strong>s Werkzeug für die<br />
Planung einzusetzen, hat <strong>de</strong>n großen Vorteil,<br />
dass alle Standard-Funktionalitäten, die für die<br />
operativen Prozesse zur Verfügung stehen, genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n können. Diese müssen nicht redundant<br />
in einem separaten Planungswerkzeug<br />
aufgebaut wer<strong>de</strong>n. Dies erspart<br />
viel Zeit und Aufwand, und zu<strong>de</strong>m müssen die<br />
Governance-, Risk- und Compliance-Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
nicht neu überprüft wer<strong>de</strong>n.<br />
Alle vorhan<strong>de</strong>nen Berichte, Ist-Informationen,<br />
Stammdaten und komplexe Leistungsbeziehungen<br />
(Kostenstellen / Kostenstellenhierarchie,<br />
Projekte, Kostenarten, Produkte / Produkthierarchie,<br />
Verrechnungen etc.) können<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n. Somit ermöglicht das ERP die<br />
Planung bis zur untersten Detaillierungsebene.<br />
Auch die Nutzung <strong>de</strong>s vorhan<strong>de</strong>nen Berechtigungskonzeptes<br />
erspart viel Zeit und sichert<br />
die Daten vor unberechtigtem Zugriff.<br />
Für die Konzernplanung können gesellschaftsübergreifen<strong>de</strong>,<br />
komplexe Beziehungen validiert<br />
und konsolidiert wer<strong>de</strong>n. Somit ist die<br />
Binnenumsatzeliminierung (bei Sen<strong>de</strong>r-Empfänger-Beziehungen)<br />
kein Problem. Auch die<br />
Integration von Teilplanungen (Personal, Investitionen,<br />
Kosten etc.) und verschie<strong>de</strong>nen Planungsmo<strong>de</strong>llen<br />
(z. B. rollieren<strong>de</strong> Planung,<br />
Forecast) wird mit Hilfe einer Versionsverwaltung<br />
unterstützt und sorgt für die notwendige<br />
Datenkonsistenz.<br />
Der große Nachteil von ERP-Systemen<br />
liegt häufig bei <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Adressatenorientierung.<br />
Die Erfassung <strong>de</strong>r Planungsergebnisse<br />
ist nicht für Führungskräfte geeignet<br />
und muss durch die Controller über verschie<strong>de</strong>ne<br />
Planungstransaktionen schrittweise erfolgen.<br />
Die Planungsmasken sind relativ starr<br />
CM Juli / August 2011<br />
und können nur mit viel Aufwand angepasst<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Datenstrukturen und Dimensionstabellen<br />
sind vorgegeben und können<br />
nicht einfach verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Dadurch kann<br />
<strong>de</strong>r Planungsverantwortliche nicht flexibel auf<br />
strukturelle Verän<strong>de</strong>rungen reagieren. Bei Unternehmen,<br />
die sehr dynamisch interne Strukturen<br />
verän<strong>de</strong>rn, stellt dies eine große Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
dar.<br />
Eine Integration <strong>de</strong>r strategischen Planung wird<br />
nur rudimentär unterstützt. Die Stärken in <strong>de</strong>r<br />
Konzernplanung (Konsolidierung) können nur<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>n legalen Einheiten ein<br />
internationales, standardisiertes ERP-System<br />
zur Verfügung steht. Die Praxis zeigt jedoch,<br />
dass die technischen Voraussetzungen oft nicht<br />
vorhan<strong>de</strong>n sind.<br />
Tabellenkalkulationserweiterungen mit<br />
enger ERP-Anbindung<br />
Bei diesem Lösungsansatz behält das ERP-<br />
Sys tem seine führen<strong>de</strong> Rolle. Die Kombination<br />
mit Excel ermöglicht die Nutzung aller Vorteile<br />
<strong>de</strong>r ERP-Werkzeugklasse und <strong>de</strong>r Werkzeugklasse<br />
Tabellenkalkulation. Die fehlen<strong>de</strong> Adressatenorientierung<br />
bei ERP-Systemen wird mit<br />
<strong>de</strong>r Excel-Integration mehr als kompensiert und<br />
führt zu einer Lösung, die <strong>de</strong>n Kriterien einer<br />
mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung an vielen Stellen entspricht:<br />
· Planungsmasken zur Erfassung <strong>de</strong>r Daten<br />
können eigenverantwortlich durch die Controller<br />
gestaltet und mit Excel-Makros intelligent<br />
unterstützt wer<strong>de</strong>n. Der verantwortliche<br />
Manager kann über eine vertraute Struktur<br />
alle notwendigen und gegenseitig abhängigen<br />
Planungsinformationen (Mitarbeiter /<br />
Personalkosten, Investitionen / AfA etc.) eintragen.<br />
Dies ermöglicht eine Integration aller<br />
Teilplanungen und zusätzlich wird die maßnahmenorientierte<br />
Projektplanung unterstützt.<br />
· Der Manager (Planer) hat das Ergebnis seiner<br />
Planung immer im Blick und kann verschie<strong>de</strong>ne<br />
Szenarien durchspielen, Stun<strong>de</strong>nsätze<br />
simulieren und das finale Ergebnis an<br />
das System übergeben. Dies kann offline<br />
o<strong>de</strong>r online (innerhalb SAP) erfolgen.<br />
31
32<br />
Systematische Auswahl von IT-Lösungen zur Planung<br />
· Ist-Daten (Historie) o<strong>de</strong>r Ergebnisse aus<br />
<strong>de</strong>r strategischen Planung können automatisch<br />
in das Planungstemplate integriert<br />
wer<strong>de</strong>n. Auch qualitative Informationen<br />
(Textfel<strong>de</strong>r) wer<strong>de</strong>n erfasst, dokumentiert<br />
und über Planungstabellen mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />
quantifizierten Informationen<br />
verknüpft.<br />
· Bottom-up erstellte Planungsergebnisse<br />
können auf allen Führungsebenen (z. B. Kostenstellenhierarchie)<br />
sofort und mit <strong>de</strong>r notwendigen<br />
Datenkonsistenz und eliminiertem<br />
Binnenumsatz (bei Sekundärkosten) zur Verfügung<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
· Eine integrierte Statusverwaltung zeigt zu je<strong>de</strong>r<br />
Zeit <strong>de</strong>n Fortschritt <strong>de</strong>s Planungsprozesses.<br />
Über Ampelfunktionen <strong>de</strong>r Planungsobjekte<br />
(z. B. Kostenstellen, Projekte)<br />
kann zentral <strong>de</strong>r Status (z. B. Planungstem-<br />
Autoren<br />
Bernd Koschitzki<br />
plate gelesen, Planung übergeben bzw. freigegeben)<br />
verfolgt wer<strong>de</strong>n.<br />
Da das ERP-System führend bleibt, wer<strong>de</strong>n die<br />
Nachteile hinsichtlich Datenstrukturen, Dimensionen<br />
und fehlen<strong>de</strong>r Flexibilität bei dynamischen<br />
Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r internen Strukturen<br />
nicht wesentlich verbessert. Der volle<br />
Nutzen einer integrierten Konzernplanung<br />
kann auch hier nur bei einer völligen Harmonisierung<br />
und Standardisierung <strong>de</strong>s<br />
ERP-Systems ausgeschöpft wer<strong>de</strong>n. Dies ist<br />
aber aktuell in <strong>de</strong>r Praxis eher ein theoretisches<br />
Mo<strong>de</strong>ll, wird jedoch in <strong>de</strong>r Zukunft bei Konzernstrukturen<br />
von zunehmen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung sein.<br />
ERP mit <strong>de</strong>dizierter Planungsfunktionalität<br />
Durch Nutzung einer einheitlichen Oberfläche<br />
für die operative Transaktionsverarbeitung<br />
ist Geschäftsführer bei CSS GmbH Dres<strong>de</strong>n.<br />
Claudia Maron<br />
ist Leiterin Unternehmensplanung bei DATEV eg.<br />
Dr. Karsten Oehler<br />
ist Leiter Fachvertriebsberatung BA bei IBM Deutschland GmbH.<br />
Dr. Peter Schentler<br />
ist Managing Consultant im Competence Center Controlling &<br />
Finanzen bei Horváth & Partners Management Consultants in<br />
Wien.<br />
und das Planungssystem sind ERP-gestützte<br />
Lösungen sehr komfortabel zu bedienen und<br />
<strong>de</strong>r Einarbeitungsaufwand für die Planung<br />
wird reduziert. Die Oberfläche ist mittels<br />
Masken<strong>de</strong>signer userspezifisch konfigurierbar.<br />
Planungszeiträume sind in <strong>de</strong>r Regel frei<br />
<strong>de</strong>finierbar und auch rollierend möglich.<br />
Die Mehrzahl <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen ERP-Lösungen<br />
ist wahlweise als Rich-Client o<strong>de</strong>r als Weblösung<br />
verfügbar. Wenn ein Workflowsystem im<br />
ERP vorhan<strong>de</strong>n ist, besteht zu<strong>de</strong>m eine starke<br />
Prozessunterstützung. Standardplanungsmo<strong>de</strong>lle<br />
sind vorhan<strong>de</strong>n und orientieren sich an<br />
Ist-Auswertungen. Die Planung verschie<strong>de</strong>ner<br />
Dimensionen ist möglich, aber nicht so<br />
komfortabel wie im OLAP-Bereich.<br />
Durch die direkte Verbindung von Ist- und<br />
Plandaten und Nutzung gleicher Logik können<br />
Analysen einfach individuell eingerichtet<br />
und versandt wer<strong>de</strong>n. Überall ist ein Drill-down<br />
bis auf die Ursprungsbelege möglich. Das Reporting<br />
ist mittels Report<strong>de</strong>signer frei gestaltbar.<br />
Die Datenstrukturen sind im Rahmen <strong>de</strong>r Vorgaben<br />
<strong>de</strong>s Ist-Systems frei <strong>de</strong>finierbar. Über<br />
alle Dimensionen gibt es mehrere Hierarchien.<br />
Auf Basis <strong>de</strong>r Ist-Details ist auch in <strong>de</strong>r Planung<br />
je<strong>de</strong>r Detailierungsgrad möglich. Grundlegen<strong>de</strong><br />
Planungsmetho<strong>de</strong> ist Bottom-up. Top-down<br />
wird nicht in gleicher Weise unterstützt wie<br />
durch OLAP-Lösungen.<br />
Es gibt nur ein Berechtigungssystem für Planung<br />
und Ist. Berechtigungen können sowohl<br />
auf Fel<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Masken wie auch auf Datensatzebene<br />
vergeben wer<strong>de</strong>n. Die Rechtevergabe<br />
erfolgt durch einfache Zuordnung von Rollen.<br />
Die Integration von strategischer und operativer<br />
Planung und die Unterstützung verschie<strong>de</strong>ner<br />
Planungsarten (auch Liquiditätsplanung,<br />
Projekte, Personal, Investitionen, Absatz<br />
und Gemeinkosten) nebeneinan<strong>de</strong>r sind sehr<br />
gut gelöst. Sofern auch das Personalwesen<br />
zum ERP gehört, ist eine direkte Verbindung zu<br />
Zielvereinbarungen, Personalrating und<br />
Lohnabrechnung möglich. Unstrukturierte Daten<br />
wie Dokumente etc. wer<strong>de</strong>n im Zusammenspiel<br />
mit eigenem o<strong>de</strong>r frem<strong>de</strong>m Dokumentenmanagementsystem<br />
integriert. Kommentare<br />
wer<strong>de</strong>n mit User und Zeitstempel direkt im System<br />
hinterlegt.
Das grundlegen<strong>de</strong> Problem dieser Lösungen<br />
ergibt sich direkt aus <strong>de</strong>m Vorteil <strong>de</strong>r Integration.<br />
Wenn man es nutzen möchte, wer<strong>de</strong>n<br />
die Vorteile nur wirksam, sofern das komplette<br />
ERP-System ausgetauscht wird. Im<br />
Gegensatz zu an<strong>de</strong>ren Lösungen, die sich in die<br />
bestehen<strong>de</strong> IT-Umgebung einfügen, sind die<br />
entstehen<strong>de</strong>n Kosten und <strong>de</strong>r organisatorische<br />
Aufwand <strong>de</strong>shalb unverhältnismäßig hoch.<br />
Datawarehouse-basierte Planung<br />
Datawarehouse-Lösungen zeichnen sich in <strong>de</strong>r<br />
Regel durch eine hohe Skalierbarkeit aus. Dies<br />
ist einleuchtend, <strong>de</strong>nn Data-Warehouse-Anwendungen<br />
können große Datenmengen<br />
effizient speichern. Somit sind insbeson<strong>de</strong>re<br />
große Unternehmen in <strong>de</strong>r Lage, einen umfassen<strong>de</strong>n<br />
Planungsprozess zu unterstützen.<br />
DW-basierte Lösungen sind meist zentralistisch<br />
aufgebaut. Damit ist eine übergreifen<strong>de</strong> Steuerung<br />
möglich und eine Workflowunterstützung<br />
in <strong>de</strong>r Regel gegeben. Allerdings führt <strong>de</strong>r konsequente<br />
Zentralismus erfahrungsgemäß dazu,<br />
dass solche Lösungen nur bei einer hohen<br />
Standardisierbarkeit <strong>de</strong>r Planungsmetho<strong>de</strong>n<br />
zum Einsatz kommen können. Häufig bleiben<br />
dabei aber individuelle Anfor<strong>de</strong>rungen auf <strong>de</strong>r<br />
Strecke.<br />
Gängige Planungskomfortfunktionen wie beispielsweise<br />
eine automatische Werteverteilung<br />
o<strong>de</strong>r eine Vorbelegung lassen sich realisieren,<br />
müssen aber relativ aufwändig konfiguriert<br />
wer<strong>de</strong>n. Hierzu stehen Planungssprachen<br />
zur Verfügung, die konventionellen<br />
Programmiersprachen ähneln und spezifische<br />
Funktionen wie Kopieren o<strong>de</strong>r Justieren bereitstellen.<br />
Die Konfiguration lässt in <strong>de</strong>r Regel viele<br />
Freiräume. Über diverse Zusatzwerkzeuge<br />
lassen sich individuelle Planungsanfor<strong>de</strong>rungen<br />
ab<strong>de</strong>cken. Allerdings führt ein zu hoher Bereichsindividualismus<br />
auch zu einer hohen<br />
Komplexität, was sich negativ auf spätere mögliche<br />
Anpassungen auswirkt.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>s Planungsprozesses ist es von<br />
Vorteil, dass Ist-Belege für die Analyse zur Verfügung<br />
stehen, wenn sie in das Data Warehouse<br />
eingestellt wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Eine enge Integration zwischen einzelnen Teilplanungen<br />
ist aufgrund <strong>de</strong>r komplexen Mo<strong>de</strong>llierung<br />
von Treiberbeziehungen nur schwer<br />
möglich. Bis zu einer geringen Umfeldkomplexität<br />
ist eine Integration noch realisierbar, dies<br />
fin<strong>de</strong>t aber seine Grenzen in einer eventuell notwendigen<br />
Echtzeitberechnung.<br />
Komplexe Planungsmo<strong>de</strong>lle für Simulationen<br />
sind weniger zu empfehlen. Zum einen<br />
ist die Mo<strong>de</strong>llierung recht „vielschichtig” und<br />
zum an<strong>de</strong>ren müssen in <strong>de</strong>r Regel mehrere Kalkulationsprogramme<br />
hintereinan<strong>de</strong>r ausgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n, was einer Echtzeitsimulation entgegensteht.<br />
OLAP-basierte Planung<br />
Teilweise sind OLAP-basierte Systeme im Bezug<br />
auf Planungskomfort mittlerweile sehr leis-<br />
Autoren<br />
Dr. Matthias Schmitt<br />
Markus Steiner<br />
tungsfähig, so dass die Grenze zu <strong>de</strong>n generischen<br />
Planungssystemen mehr und mehr<br />
verschwin<strong>de</strong>t. So stehen häufig „out of the box“<br />
automatische Verteilungs- und Kopierfunktionen<br />
zur Verfügung.<br />
Auch Workflow-Komponenten sind gelegentlich<br />
bei OLAP-Werkzeugen anzutreffen, aber nicht<br />
alle OLAP-Datenbanken unterstützen einen<br />
Workflow. Allerdings sind erfahrene Berater in<br />
<strong>de</strong>r Lage, dies mit <strong>de</strong>n durch die Anwendung<br />
bereitgestellten Funktionen wie Regel-Engine,<br />
flexible Eingabemasken usw. umzusetzen.<br />
Eine große Stärke von OLAP-basierten<br />
Planungssystemen ist die gute individuelle<br />
Abbildung von Treiberabhängigkeiten.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re wenn es hier um komplexere<br />
Abhängigkeiten geht, die nach Möglichkeit<br />
auch noch zur Echtzeit aufgelöst wer<strong>de</strong>n, kann<br />
OLAP seine Stärken in <strong>de</strong>r schnellen Berechnung<br />
ausspielen.<br />
ist freiberuflicher Unternehmensberater und beschäftigt sich<br />
mit Controlling-Themen aller Art.<br />
Steffen Sindl<br />
ist Inhaber <strong>de</strong>r Firma Sindl Controllingsysteme.<br />
ist Berater bei Detecon AG, Schweiz.<br />
Helmut Willmann<br />
ist bei Sick AG, CU Controlling-Services.<br />
CM Juli / August 2011<br />
33
34<br />
Systematische Auswahl von IT-Lösungen zur Planung<br />
Zwar ist die Konfigurationsflexibilität ausgesprochen<br />
hoch, da auf generischen Würfelstrukturen<br />
geplant wird, aber bei <strong>de</strong>r Anpassungsflexibilität<br />
sind einige Einschränkungen zu<br />
beachten. So besteht beispielsweise keine automatische<br />
Verknüpfung zwischen Elementen<br />
und Kalkulationsscript. Löscht o<strong>de</strong>r än<strong>de</strong>rt man<br />
etwa ein Dimensionselement, ist nicht sichergestellt,<br />
dass die Kalkulation anschließend<br />
noch korrekt arbeitet. Bei einem komplexen<br />
Würfelgefüge kann dies unter Umstän<strong>de</strong>n zu<br />
Integritätsproblemen führen.<br />
Eine enge Integration wird durch die mögliche<br />
Echtzeitverknüpfung erreicht. So lassen sich<br />
auch komplexe Planungssysteme gut integrieren.<br />
Eine weitere Stärke liegt im Aufbau komplexer<br />
Simulationsmo<strong>de</strong>lle. Je stärker die<br />
Echtzeitkalkulation ausgeprägt ist, <strong>de</strong>sto<br />
leichter lassen sich umfassen<strong>de</strong> Simulationsmo<strong>de</strong>lle<br />
aufbauen. Einige Anbieter unterstützen<br />
dies durch weitere spezielle Funktionen<br />
wie lokale Simulationsvarianten.<br />
Spezifi sche Planungssysteme<br />
Spezifische Planungssysteme punkten vor<br />
allem beim Prinzip Einfachheit. Durch vor<strong>de</strong>finierte<br />
Eingabestrukturen wer<strong>de</strong>n die Eingabeanfor<strong>de</strong>rungen<br />
<strong>de</strong>r Planer einfach und wirtschaftlich<br />
unterstützt. Auch ist <strong>de</strong>r Bereich Reporting<br />
und Analyse bereits betriebswirtschaftlich<br />
vorgedacht, so dass hier direkt einsetzbare<br />
Instrumente zur Verfügung stehen, die noch individualisierbar<br />
bzw. erweiterbar sind. Die Programme<br />
sind zumeist intuitiv bedienbar, <strong>de</strong>r<br />
Komfort für die Planer ist hoch und <strong>de</strong>r für die<br />
Bedienung <strong>de</strong>r Systeme notwendige Schulungsaufwand<br />
oftmals im Vergleich zu an<strong>de</strong>ren<br />
Systemklassen <strong>de</strong>utlich geringer.<br />
Im Prinzip Flexibilität gibt es bei spezifischen<br />
Planungssystemen Einschränkungen, da z. B.<br />
die Oberflächen <strong>de</strong>r Programme <strong>de</strong>finiert und<br />
die Eingabemasken im Wesentlichen nicht än<strong>de</strong>rbar<br />
sind. Durch inzwischen in dieser Systemklasse<br />
verbreitete Excel-Add-ins kann<br />
dieser Nachteil aber umgangen wer<strong>de</strong>n, da<br />
(von) <strong>de</strong>n Planen<strong>de</strong>n hier flexibel Eingabemasken<br />
erstellt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Im Prinzip Integration ist die inhaltliche Konsistenz<br />
<strong>de</strong>r oftmals vor<strong>de</strong>finierten Mo<strong>de</strong>lle zur Er-<br />
stellung einer integrierten Ergebnis-, Finanz-<br />
und Bilanzplanung ein großes Plus dieser Lösungen.<br />
Sollen diese Mo<strong>de</strong>lle aber in sich weiter<br />
<strong>de</strong>tailliert o<strong>de</strong>r weiter „unterbaut“ wer<strong>de</strong>n,<br />
stößt man unter Umstän<strong>de</strong>n an Grenzen.<br />
Die Integration von strategischer und operativer<br />
Planung ist oft nur in Ansätzen realisiert.<br />
Auch wird eine Konzernplanung nur bei<br />
<strong>de</strong>n darauf spezialisierten Anbietern umfassend<br />
unterstützt, während bei vielen Anbietern Konsolidierungsbedürfnisse<br />
nur mit größerem Aufwand<br />
umgesetzt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Die Integration mit an<strong>de</strong>ren IT-Systemen ist<br />
oft nur mit größerem Programmieraufwand<br />
möglich, wobei die durch Assistenten gestützten<br />
Importwerkzeuge hier inzwischen<br />
eine sehr gute Qualität haben. Verbindungen<br />
zu Anreizsystemen sind in <strong>de</strong>r Regel nicht vorgesehen.<br />
Spezifische Planungssysteme lösen bei<br />
kleineren und mittleren Unternehmen oft<br />
Excel-Planungslösungen ab und bieten hier<br />
aufgrund <strong>de</strong>r gut strukturierten und weitestgehend<br />
vor<strong>de</strong>finierten betriebswirtschaftlichen<br />
Intelligenz einen <strong>de</strong>utlichen Mehrwert.<br />
Bei großen Unternehmen stoßen diese Lösungen<br />
bei zu großer Komplexität ggf. an ihre<br />
Grenzen.<br />
Generische Planungssysteme<br />
Generische Planungssysteme unterstützen die<br />
Eingabe in <strong>de</strong>r Regel komfortabel. Die Masken<br />
können leicht angepasst wer<strong>de</strong>n. Auch <strong>de</strong>r Benutzerkomfort<br />
im Bezug auf die top-down und<br />
bottom-up-Planung ist allgemein hoch. So ist<br />
die Eingabe auf allen Ebenen möglich. Zahlreiche<br />
Verteilungsfunktionen stehen zur Verfügung,<br />
ohne dass zusätzlich programmiert o<strong>de</strong>r<br />
konfiguriert wer<strong>de</strong>n muss. Individuelle Planungssichten<br />
für spezifische Fragestellungen<br />
können leicht implementiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Beson<strong>de</strong>rheit dieser Systeme ist, dass<br />
gleichermaßen Konfigurations- und Anpassungsflexibilität<br />
hoch sind. So lassen sich in<br />
<strong>de</strong>r Regel Systementscheidungen nachträglich<br />
relativ problemlos revidieren. Dies fin<strong>de</strong>t jedoch<br />
meistens seine Grenze in <strong>de</strong>r organisatorischen<br />
Machbarkeit.<br />
Eine Workflow-Unterstützung wird gewöhnlich<br />
geboten. Damit können auch komplexere Planungsprozesse<br />
unterstützt wer<strong>de</strong>n.<br />
Betriebswirtschaftliche Inhalte wer<strong>de</strong>n häufig<br />
über Vorlagen bereitgestellt. Diese sind zwar<br />
nicht so bewährt wie eine programmierte Vor<strong>de</strong>finition<br />
(z. B. die Logik <strong>de</strong>r integrierten Erfolgs-<br />
und Finanzplanung), können aber leichter<br />
angepasst wer<strong>de</strong>n. Dies ist insbeson<strong>de</strong>re für<br />
Unternehmen interessant, die bereits über einen<br />
hohen Reifegrad verfügen.<br />
Die Mo<strong>de</strong>llierungsbandbreite ist hoch, so<br />
dass beliebige Teilplanungen im System abgebil<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n können. Komplexe Mo<strong>de</strong>llierungsanfor<strong>de</strong>rungen<br />
können unter Umstän<strong>de</strong>n<br />
aufwändiger zu implementieren sein.<br />
Zusammenfassung<br />
In diesem ersten Beitrag haben wir mit <strong>de</strong>r Diskussion<br />
eines Anfor<strong>de</strong>rungskatalogs und einer<br />
groben Marktbetrachtung die Grundlagen für<br />
eine qualifizierte Auswahl geschaffen. Im zweiten<br />
Teil, im September- / Oktober-CM, wer<strong>de</strong>n<br />
wir wesentliche Umfeldfaktoren vorstellen und<br />
die Wirkungen auf <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungskatalog<br />
skizzieren, um eine individuelle Priorisierung<br />
<strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen zu ermöglichen.<br />
Literatur<br />
ICV-Facharbeitskreis „Mo<strong>de</strong>rne Budgetierung”<br />
(Hrsg.): Der Controlling-Berater, Band 3, Freiburg<br />
im Breisgau 2009<br />
Teil 2 folgt im September- / Oktober-CM
CoPlanner Software & Consulting GmbH · Tel. +43/316/383238-0 · E-Mail: info@coplanner.com<br />
PLANNER<br />
INTELLIGENTES CONTROLLING<br />
HINTER<br />
JEDEM<br />
PLAN<br />
STECKT<br />
EIN<br />
KLUGES<br />
SYSTEM<br />
VERLÄSSLICHE STRUKTUR UND INDIVIDUELLER FREIRAUM: MASSGEFERTIGTE BI-LÖSUNGEN FÜR ERFOLGREICHE UNTERNEHMEN.<br />
WWW.COPLANNER.COM
36<br />
Die planerische Behandlung von Leerkosten<br />
Die planerische Behandlung von Leerkosten<br />
Beispielhaft dargestellt an <strong>de</strong>n Fertigungslohnkosten bei<br />
Unterbeschäftigung<br />
Stefan Tönnissen<br />
Im Zuge <strong>de</strong>r Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
sind die <strong>de</strong>utschen Lohnstückkosten<br />
sprunghaft angestiegen. Grund ist <strong>de</strong>r Versuch<br />
vieler Betriebe, durch Kurzarbeit und <strong>de</strong>n<br />
Abbau von Arbeitszeitkonten ihre Mitarbeiter<br />
trotz Auftragsflaute zu halten. Das drückt die<br />
Produktivität und steigert die Kosten. 1<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r jährlich durchzuführen<strong>de</strong>n Kostenplanung<br />
wer<strong>de</strong>n für einen bestimmten Planungszeitraum<br />
die über Kostenstellen verrechneten<br />
Kostenarten in Form von Plankosten<br />
vorgegeben. 2 Für <strong>de</strong>n Kostenartenbereich Fertigungslöhne<br />
ergibt sich z. B. in <strong>de</strong>r Nutzfahrzeugbranche<br />
die Beson<strong>de</strong>rheit, dass aufgrund<br />
<strong>de</strong>r guten Auftragslagen <strong>de</strong>r vergangenen Geschäftsjahre<br />
Kapazitäten eingekauft wur<strong>de</strong>n,<br />
die in <strong>de</strong>r jetzt vorhan<strong>de</strong>nen „Auftragsflaute“<br />
nicht entsprechend ihrer Bestimmung als Fertigungseinzelkosten<br />
benötigt wer<strong>de</strong>n. Diese<br />
Differenz <strong>de</strong>r eingekauften Kapazität zu <strong>de</strong>r<br />
benötigten Kapazität wird als Leerkosten bezeichnet.<br />
3<br />
Dieser Beitrag beleuchtet die Behandlung von<br />
Leerkosten im Rahmen <strong>de</strong>r Planung <strong>de</strong>r<br />
Fertigungskosten in Zeiten <strong>de</strong>r Unterbeschäftigung.<br />
Es wird auf Bewertungsfragen<br />
bei Herstellungskosten eingegangen, als auch<br />
ein Ausblick auf mögliche Än<strong>de</strong>rungen durch das<br />
Bilanzrechtsmo<strong>de</strong>rnisierungsgesetz gegeben.<br />
Neben einer Abgrenzung <strong>de</strong>r Begriffe Herstellungskosten<br />
und Herstellkosten wer<strong>de</strong>n nachfolgend<br />
die Begriffe Unterbeschäftigung als<br />
auch Leerkosten kurz erläutert. Im Anschluß<br />
wird auf die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Planung <strong>de</strong>r Einzellohnkosten<br />
sowie die Än<strong>de</strong>rungen auf die<br />
Herstellungskosten durch das BilMoG eingegangen.<br />
Der Herstellungskostenbegriff<br />
Die Herstellungskosten sind ein bilanzieller Begriff<br />
<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>ls- und Steuerrechts und Maßstab<br />
für die Bewertung von Vermögensgegen-<br />
stän<strong>de</strong>n, die ganz o<strong>de</strong>r teilweise im eigenen<br />
Betrieb erstellt wor<strong>de</strong>n sind. 4 Herstellkosten ist<br />
ein Begriff <strong>de</strong>r Kostenrechnung für durch die<br />
Herstellung eines Gutes entstan<strong>de</strong>nen Kosten. 5<br />
Herstellkosten dienen <strong>de</strong>r internen Bewertung<br />
von selbsterstellten Vermögensgegenstän<strong>de</strong>n<br />
und umfassen in <strong>de</strong>r Regel die Summe aus Fertigungseinzel-<br />
und Fertigungsgemeinkosten<br />
sowie Materialeinzel- und Materialgemeinkosten<br />
(vgl. Abbildung 1).<br />
„Die Herstellungskosten dienen <strong>de</strong>r Bewertung<br />
von selbst erstellten Erzeugnissen im<br />
Vorratsvermögen (Umlaufvermögen) eines Industriebetriebes.”<br />
6 Sie fin<strong>de</strong>n immer dann Anwendung,<br />
wenn es um die Bewertung von<br />
Vermögensgegenstän<strong>de</strong>n geht, die von <strong>de</strong>m<br />
bilanzieren<strong>de</strong>n Unternehmen selbst hergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n. 7<br />
Die Herstellungskosten eines Nutzfahrzeuges<br />
o<strong>de</strong>r Aufliegers setzen sich klassischerweise<br />
wie folgt zusammen:
Materialkosten<br />
+ Fertigungskosten<br />
+ Son<strong>de</strong>rkosten <strong>de</strong>r Fertigung<br />
--------------------------------------------<br />
= Herstellungskosten<br />
Diese Herstellungskosten sind <strong>de</strong>r Wertmaßstab<br />
für alle vom Unternehmen selbst hergestellten<br />
Vermögensgegenstän<strong>de</strong>. 8 Das Han<strong>de</strong>lsgesetzbuch<br />
<strong>de</strong>finiert in § 255 Abs. 2 Satz 1<br />
und 2 HGB 9 : „Herstellungskosten sind die Aufwendungen,<br />
die durch <strong>de</strong>n Verbrauch von Gütern<br />
und die Inanspruchnahme von Diensten für<br />
die Herstellung eines Vermögensgegenstands,<br />
seine Erweiterung o<strong>de</strong>r für eine über seinen ursprünglichen<br />
Zustand hinausgehen<strong>de</strong> wesentliche<br />
Verbesserung entstehen. Dazu gehören<br />
die Materialkosten, die Fertigungskosten und<br />
die Son<strong>de</strong>rkosten <strong>de</strong>r Fertigung.”<br />
Im Sinnzusammenhang mit § 255 Abs. 2 Satz<br />
3 HGB bil<strong>de</strong>n die Einzelkosten die Untergrenze<br />
<strong>de</strong>r han<strong>de</strong>lsrechtlichen Herstellungskosten.<br />
Denn im § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB 10 heißt es:<br />
„Bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>r Herstellungskosten<br />
dürfen auch angemessene Teile <strong>de</strong>r notwendigen<br />
Materialgemeinkosten, <strong>de</strong>r notwendigen<br />
Fertigungsgemeinkosten und <strong>de</strong>s Wertverzehrs<br />
<strong>de</strong>s Anlagevermögens, soweit er durch die Fertigung<br />
veranlasst ist, eingerechnet wer<strong>de</strong>n.”<br />
Diese im Gesetz vorhan<strong>de</strong>ne Formulierung<br />
macht <strong>de</strong>utlich, daß <strong>de</strong>r Gesetzgeber in § 255<br />
Abs. 2 Satz 2 HGB mit Materialkosten nur die<br />
Materialeinzelkosten und mit Fertigungskosten<br />
nur die Fertigungseinzelkosten gemeint hat. 11<br />
„Die Fertigungseinzelkosten umfassen im wesentlichen<br />
die Löhne und Lohnnebenkosten, die<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r Produktion anfallen.” 12<br />
Aufgrund <strong>de</strong>r nachhaltig wirken<strong>de</strong>n Wirtschaftskrise<br />
in <strong>de</strong>r Nutzfahrzeugbranche und<br />
<strong>de</strong>r hohen Absatzrückgänge haben sich hohe<br />
Unterbeschäftigungen gebil<strong>de</strong>t, die zu massiven<br />
Kapazitätsunterauslastungen führen. Das<br />
Han<strong>de</strong>lsblatt schreibt im April 2009, dass<br />
die Bestellungen nach schweren Lastwagen<br />
um 80 % unter <strong>de</strong>m Niveau <strong>de</strong>s Vorjahresmonats<br />
liegen. Dieselbe Zeitung berichtet<br />
im November 2009 von einer Halbierung<br />
<strong>de</strong>s Absatzes bei schweren Nutzfahrzeugen im<br />
Oktober. Im Fertigungslohnbereich sind als Folge<br />
ein großer Anteil <strong>de</strong>r Fertigungslöhne nicht<br />
Abb. 1: Differenzierung <strong>de</strong>r Bewertungssichten<br />
mehr direkt als Einzelkosten einem Fahrzeug<br />
o<strong>de</strong>r Kostenträger zurechenbar, son<strong>de</strong>rn zeigen<br />
<strong>de</strong>n Charakter von Fertigungsgemeinkosten.<br />
Diese Gemeinkosten verteilen sich bei niedriger<br />
Beschäftigung nur auf eine geringe Produktionsmenge,<br />
so dass bei Unterbeschäftigung<br />
hergestellte Vermögensgegenstän<strong>de</strong> mit einem<br />
höheren Betrag an anteiligen Gemeinkosten<br />
belastet wür<strong>de</strong>n als ein gleichartiger Vermögensgegenstand,<br />
<strong>de</strong>r bei Vollbeschäftigung<br />
produziert wird. 13<br />
Der Begriff <strong>de</strong>r Unterbeschäftigung<br />
Mit <strong>de</strong>m Begriff Unterbeschäftigung beschreibt<br />
die International Labour Organisation das<br />
partielle Fehlen von Arbeit. 14 Bezogen auf die<br />
geringen Produktionszahlen ist Unterbeschäftigung<br />
allgemein die Beschäftigung, die die vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Kapazitäten nicht genügend ausnutzt<br />
bzw. die unter <strong>de</strong>r Durchschnittsbeschäftigung<br />
liegt. 15<br />
Individuell nach Unternehmen festzulegen ist<br />
vorab, ob bei einer Betrachtung <strong>de</strong>r normalen<br />
Abb. 2: Nutz- und Leerkostenanalyse<br />
CM Juli / August 2011<br />
Kapazität die technischen o<strong>de</strong>r personellen Fertigungskapazitäten<br />
– unter Beachtung <strong>de</strong>r branchentypischen<br />
Beschäftigungsschwankungen –<br />
zu berücksichtigen sind.” 16<br />
„Fraglich ist, ab welcher Auslastung <strong>de</strong>r Kapazität<br />
Unterbeschäftigung vorliegt und somit<br />
Leerkosten entstehen, die aus <strong>de</strong>n Herstellungskosten<br />
herauszurechnen sind.” 17<br />
Weiterhin fraglich ist, welche Kapazitätsauslastung<br />
die Normalbeschäftigung darstellt, wenn<br />
in guten Jahren mit zwei o<strong>de</strong>r sogar drei<br />
Schichten produziert wur<strong>de</strong>. Baetge schlägt<br />
vor, die Normalbeschäftigung nicht als exakt<br />
bestimmbaren Punkt, son<strong>de</strong>rn als Intervall zugrun<strong>de</strong><br />
zu legen. „Als Untergrenze <strong>de</strong>s Intervalls<br />
wird eine tatsächliche Beschäftigung von<br />
70 % <strong>de</strong>r normalerweise erreichbaren maximalen<br />
Beschäftigung(Kapazität) angenommen. 18<br />
Der Begriff <strong>de</strong>r Leerkosten<br />
Leerkosten sind die Kosten, die sich aus <strong>de</strong>r<br />
durch die Differenz <strong>de</strong>r eingekauften Kapazität<br />
einer Arbeitskraft und <strong>de</strong>r benötigten Kapazität<br />
37
38<br />
Die planerische Behandlung von Leerkosten<br />
Abb. 3: Fertigungslohnkosten<br />
verursachten Kosten ergeben. Während man<br />
die Kosten für die im Produktionsprozess tatsächlich<br />
benötigten Faktoreinheiten Nutzkosten<br />
nennt. 19 Heno versteht unter Leerkosten die auf<br />
die Kapazitätsunterauslastung entfallen<strong>de</strong>n<br />
Fixkosten und führt die Herausrechnung <strong>de</strong>r<br />
Leerkosten wie folgt durch: 20<br />
Nutzkosten = (Fixkosten / Produktionsmenge) *<br />
tatsächlicher Produktionsmenge<br />
Die Leerkosten sind <strong>de</strong>r Teil <strong>de</strong>r Fixkosten, <strong>de</strong>r<br />
durch die tatsächlich beanspruchte Kapazität<br />
im Verhältnis zur geplanten Kapazität nicht genutzt<br />
wird. Die Leerkosten wer<strong>de</strong>n dann durch<br />
die Subtraktion <strong>de</strong>r Nutzkosten von <strong>de</strong>n Fixkosten<br />
ermittelt. „Unter Leerkosten versteht man<br />
<strong>de</strong>njenigen Fixkostenanteil, <strong>de</strong>r durch die Istbeschäftigung<br />
im Verhältnis zur maximal möglichen<br />
(bzw. normal genutzten) Kapazität nicht<br />
ausgenutzt wird.” 21 Nach E. Gutenberg gestaltet<br />
sich eine Nutz- und Leerkostenanalyse wie<br />
in Abbildung 2 dargestellt:<br />
Die Leerkosten stimmen bei einer Beschäftigung<br />
von Null mit <strong>de</strong>n Fixkosten überein und<br />
nehmen mit zunehmen<strong>de</strong>r Beschäftigung linear<br />
ab. An <strong>de</strong>r Kapazitätsgrenze B max sind die Leerkosten<br />
gleich Null. 22 Die fixen Herstellungskosten<br />
sind im Zeitraum ihrer Entstehung „realisierte<br />
Verluste“, die erst durch die Deckungsbeiträge<br />
abgesetzter Erzeugnisse in realisierte<br />
Gewinne umgewan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Eine Aktivierung<br />
fixer Herstellungskosten ist daher als Verstoß<br />
gegen das Realisationsprinzip aufzufassen.<br />
23<br />
Abb. 4: Kontext <strong>de</strong>r Planung<br />
Aus <strong>de</strong>n Begriffen „notwendig” und „angemessen”<br />
in § 255 HGB ergibt sich, dass nur ein Teil<br />
<strong>de</strong>r Gemeinkosten verrechnet wer<strong>de</strong>n darf, <strong>de</strong>r<br />
auf die genutzte Kapazität entfällt (Nutzkosten),<br />
während <strong>de</strong>r Rest, die sogenannten Leerkosten,<br />
nicht in die Herstellungskosten einbezogen<br />
wer<strong>de</strong>n darf. 24 Die Eliminierung von Leerkosten<br />
aus <strong>de</strong>n Herstellungskosten sollte auch mit<br />
<strong>de</strong>m Grundsatz <strong>de</strong>r Wirtschaftlichkeit vereinbar<br />
sein. Deshalb sollte zur Ermittlung <strong>de</strong>r Leerkosten<br />
die Normalbeschäftigung zugrun<strong>de</strong> gelegt<br />
wer<strong>de</strong>n, und zwar als Intervall. Die Untergrenze<br />
<strong>de</strong>s Intervalls sollte 70 % <strong>de</strong>r normalerweise erreichbaren<br />
maximalen Beschäftigung (Kapazität)<br />
sein. 25<br />
Die Planung <strong>de</strong>r Einzellohnkosten<br />
Als Einzellohnkosten wer<strong>de</strong>n die Kosten für Arbeitsleistungen<br />
bezeichnet, die sich direkt bestimmten<br />
betrieblichen Erzeugnissen o<strong>de</strong>r Aufträgen<br />
zuordnen lassen. 26 Die Planung <strong>de</strong>r Einzellohnkosten<br />
hat die Aufgabe, für je<strong>de</strong> Erzeugnisart<br />
<strong>de</strong>n erfor<strong>de</strong>rlichen Zeitbedarf pro Einheit<br />
zu planen und mit geplanten Lohnsätzen zu bewerten.<br />
27 Die geplanten Einzellohnkosten pro<br />
Erzeugniseinheit dienen zur Lohnkostenkontrolle<br />
und gehen in die Fertigungskosten <strong>de</strong>r Plankalkulation<br />
ein. 28<br />
In <strong>de</strong>r Kostenträgerrechnung (Kalkulation) wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>n einzelnen Kostenträgern die auf sie<br />
entfallen<strong>de</strong>n Kosten zugerechnet. 29 Im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r Vorkalkulation sind die notwendigen Fertigungsstun<strong>de</strong>n<br />
pro Kostenträger festzulegen<br />
und mit einem Lohnsatz zu bewerten. Die geplante<br />
Anzahl <strong>de</strong>r Fertigungsstun<strong>de</strong>n wird beispielhaft<br />
in einem Arbeitsplan in SAP eingegeben.<br />
Der notwendige Lohnsatz zur Bewertung<br />
wird als Tarif in SAP hinterlegt.<br />
Der direkte Bereich befin<strong>de</strong>t sich im Zentrum<br />
<strong>de</strong>r Fertigung und zeichnet sich durch einen direkten<br />
Bezug zu einem Kostenträger / Fahrzeug<br />
aus. Im Fertigungslohnbereich kann somit eine<br />
Fertigungsstun<strong>de</strong> genau einem Kostenträger<br />
zugeordnet wer<strong>de</strong>n. Die ungenutzten Stun<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong>n ohne Bezug zu einem Fahrzeug<br />
wer<strong>de</strong>n dann als Leerkosten bezeichnet, wenn<br />
es sich nicht bereits per se um Gemeinkosten<br />
han<strong>de</strong>lt, beispielsweise als Logistiker, <strong>de</strong>r Rohstoffe<br />
und Halbfabrikate an die Linie liefert.<br />
„Fertigungslöhne sind Einzelkosten und stehen<br />
in direktem Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Leistungserstellung.<br />
Sie lassen sich auftragsweise erfassen,<br />
sind somit <strong>de</strong>n Kostenträgern direkt zurechenbar.<br />
30<br />
Für die Planung ist relevant, in welchem Kontext<br />
sie sich gera<strong>de</strong> befin<strong>de</strong>t. Auf <strong>de</strong>r einen Seite<br />
wer<strong>de</strong>n die Fertigungslohneinzelkosten für die<br />
Kostenträgerrechnung (Kalkulation) geplant, auf<br />
<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite müssen die fertig produzierten<br />
Fahrzeuge als Vorrat für Han<strong>de</strong>ls- und<br />
Steuerbilanz bewertet wer<strong>de</strong>n (vgl. Abbildung 4).<br />
Die notwendige Berücksichtigung von Leerkosten<br />
betrifft primär die Vorratsbewertung nach<br />
Han<strong>de</strong>ls- und Steuerrecht. In <strong>de</strong>r internen Kostenträgerrechnung<br />
ist eine Berücksichtigung<br />
von Leerkosten aus betriebswirtschaftlicher<br />
Sicht sinnvoll und notwendig, es besteht jedoch<br />
kein Zwang durch das Han<strong>de</strong>lsgesetz. In <strong>de</strong>r<br />
betrieblichen Übung wird die differenzierte Betrachtung<br />
von Leerkosten bei Vorratsbewertung<br />
o<strong>de</strong>r Kalkulation nicht immer Sinn machen, da<br />
<strong>de</strong>r Mehraufwand für die Datenpflege <strong>de</strong>n Nutzen<br />
oft nicht rechtfertigt.<br />
Än<strong>de</strong>rungen durch BilMoG<br />
„Herstellungskosten umfassen künftig gemäß<br />
Bilanzrechtsmo<strong>de</strong>rnisierungsgesetz (BilMoG)<br />
zwingend die Einzelkosten, angemessene Teile<br />
<strong>de</strong>r Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie<br />
<strong>de</strong>n Werteverzehr <strong>de</strong>s Anlagevermögens,
soweit dieser durch die Fertigung veranlasst<br />
wur<strong>de</strong>“. 31 Die Wertuntergrenze wird damit <strong>de</strong>utlich<br />
erhöht. 32<br />
Durch <strong>de</strong>n Begriff „angemessen“ in § 255 Abs.<br />
2 HGB sind <strong>de</strong>r betriebsfrem<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r außergewöhnliche<br />
Werteverzehr in § 255 Abs. 2 Satz<br />
3 HGB auszuschließen, also z. B. Abschreibungen<br />
in Katastrophen o<strong>de</strong>r die Kosten stillliegen<strong>de</strong>r<br />
Produktionsanlagen. 33<br />
Der neue § 255 Abs. 2 HGB: (2) Herstellungskosten<br />
sind die Aufwendungen, die durch <strong>de</strong>n<br />
Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme<br />
von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands,<br />
seine Erweiterung o<strong>de</strong>r<br />
für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehen<strong>de</strong><br />
wesentliche Verbesserung entstehen.<br />
Dazu gehören die Materialkosten, die<br />
Fertigungskosten und die Son<strong>de</strong>rkosten <strong>de</strong>r<br />
Fertigung sowie angemessene Teile <strong>de</strong>r Materialgemeinkosten,<br />
<strong>de</strong>r Fertigungsgemeinkosten<br />
und <strong>de</strong>s Werteverzehrs <strong>de</strong>s Anlagevermögens,<br />
soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist.<br />
Bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>r Herstellungskosten<br />
dürfen angemessene Teile <strong>de</strong>r Kosten <strong>de</strong>r allgemeinen<br />
Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen<br />
für soziale Einrichtungen <strong>de</strong>s Betriebs,<br />
für freiwillige soziale Leistungen und für<br />
die betriebliche Altersversorgung einbezogen<br />
wer<strong>de</strong>n, soweit diese auf <strong>de</strong>n Zeitraum <strong>de</strong>r Herstellung<br />
entfallen. Forschungs- und Vertriebskosten<br />
dürfen nicht einbezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
Mit <strong>de</strong>n neuen Bewertungsmaßstäben in § 255<br />
HGB erfolgt eine Anpassung an die steuerliche<br />
Herstellungskostenuntergrenze. 34 Im Hintergrund<br />
steht eine Annäherung an die produktionsbezogene<br />
Vollkostenrechnung nach IFRS. 35<br />
Die Abbildung 5 stellt eine Ableitung <strong>de</strong>r Wertunter-<br />
und Wertobergrenze nach BilMoG dar. 36<br />
Die neue Herstellungskostenuntergrenze ist<br />
nach Art. 66 Abs. 3 Satz 3 EGHGB nur prospektiv<br />
auf Herstellungsvorgänge anzuwen<strong>de</strong>n,<br />
die nach <strong>de</strong>m 31.12.2009 beginnen. 37<br />
Zusammenfassung<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r Planung und Festlegung von<br />
Fertigungskosten ist in Zeiten <strong>de</strong>r Unterbe-<br />
Abb. 5: Wertunter- und Wertobergrenze<br />
schäftigung das Phänomen Leerkosten zu berücksichtigen.<br />
Diese entstehen, wenn die benötigten<br />
Kapazitäten in <strong>de</strong>r Fertigung niedriger<br />
sind als die vorhan<strong>de</strong>nen Kapazitäten. Doch<br />
wann liegt eine Unterbeschäftigung vor und wie<br />
ist die Kapazitätsauslastung <strong>de</strong>r Normalbeschäftigung?<br />
Baetge schlägt zur Lösung dieses<br />
Problems keinen festen Punkt, son<strong>de</strong>rn ein Intervall<br />
vor.<br />
Leerkosten dürfen aus han<strong>de</strong>lsrechtlicher Sicht<br />
nicht in die Herstellungskosten für die externe<br />
Bewertung einbezogen wer<strong>de</strong>n. Für die interne<br />
Kalkulation (Kostenträgerrechnung) gilt dieser<br />
Ausschluß per se nicht. In <strong>de</strong>n Unternehmen ist<br />
die Entscheidung zu treffen, ob die Berechnung<br />
<strong>de</strong>r Herstellkosten <strong>de</strong>n Herstellungskosten mit<br />
Berücksichtigung von Leerkosten zu folgen hat,<br />
o<strong>de</strong>r ob die Herstellkosten eine eigene Berechnungsgrundlage<br />
bil<strong>de</strong>n.<br />
Es bleibt offen, ob die Wirtschaftskrise und die<br />
sich daraus ergebene Unterbeschäftigung zu<br />
einem neuen Maß für die Normalbeschäftigung<br />
wird. Diese wird dann zu einer neuen Beurteilung<br />
und Berücksichtigung <strong>de</strong>r Behandlung von<br />
Leerkosten führen.<br />
Autor<br />
Literaturverzeichnis<br />
CM Juli / August 2011<br />
BDU (Hrsg.): Controlling – Ein Instrument zur<br />
ergebnisorientierten Unternehmenssteuerung<br />
und langfristigen Existenzsicherung, Erich<br />
Schmidt Verlag, Berlin 2000.<br />
Wöhe: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre<br />
Baetge: Bilanzen<br />
Riebel, P: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung,<br />
Wiesba<strong>de</strong>n 1994.<br />
Coenenberg: Kostenrechnung und Kostenanalyse<br />
Reichmann, T.: Controlling mit Kennzahlen<br />
und Managementberichten<br />
Olfert: Kostenrechnung<br />
Der Betrieb vom 28.11.2003, Die Angemessenheit<br />
<strong>de</strong>r Material- und Fertigungsgemeinkosten<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r Herstellungskosten, Heft<br />
48, Seite 2557 - 2559<br />
IDW Stellungnahme: Aktivierung von Herstellungskosten<br />
(IDW ERS HFA 31) vom 9.9.2009<br />
Kilger, W.: Flexible Plankostenrechnung und<br />
Deckungsbeitragsrechnung<br />
Heno, R.: Jahresabschluß nach Han<strong>de</strong>lsrecht<br />
FAZ vom 1. Dezember 2009, 28,50 Euro für<br />
eine Stun<strong>de</strong> Arbeit, Ausgabe Nr. 279, Seite 12<br />
Dipl.-Wirtschaftsinf. (FH) Stefan Tönnissen, MBA<br />
ist Beteiligungs<strong>controller</strong> bei <strong>de</strong>r Schmitz Cargobull AG in<br />
Horstmar. Er beschäftigt sich mit <strong>de</strong>r Weiterentwicklung<br />
<strong>de</strong>r Controllingsysteme und Planungskonzepte.<br />
39
40<br />
Die planerische Behandlung von Leerkosten<br />
Horváth & Partner: Das Controllingkonzept –<br />
Der Weg zu einem wirkungsvollen Controllingsystem,<br />
4. Auflage 2000, dtv.<br />
Han<strong>de</strong>lsblatt vom 7.4.2009: Käufer für <strong>de</strong>utsche<br />
Lastwagen sind weg.<br />
Han<strong>de</strong>lsblatt vom 25.11.2009: Brummi-Absatz<br />
sinkt und sinkt.<br />
Küting, K.-H.; Die Ermittlung <strong>de</strong>r Herstellungskosten<br />
nach <strong>de</strong>n Än<strong>de</strong>rungen durch das Bilanzrechtsmo<strong>de</strong>rnisierungsgesetz;<br />
in Steuern und<br />
Bilanzen, Seite 419ff. Ausgabe 11 vom<br />
13.6.2008.<br />
Fußnoten<br />
1 Vgl. FAZ vom 1. Dezember 2009, Nr. 279,<br />
Seite 12: „28,50 Euro für eine Stun<strong>de</strong> Arbeit“.<br />
2 Vgl. W. Kilger: Flexible Plankostenrechnung<br />
und Deckungsbeitragsrechnung, Seite 245.<br />
3 Vgl. Wöhe: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre,<br />
Seite 602.<br />
4 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, 12. Auflage,<br />
Seite 2405.<br />
5 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, 12. Auflage,<br />
Seite 2405.<br />
6 Heno: Jahresabschluß nach Han<strong>de</strong>lsrecht, 24Vgl. Baetge, Bilanzen, Seite 222.<br />
Seite 134.<br />
25Vgl. Baetge, Bilanzen, Seite 222.<br />
7 Vgl. Küting, in StuB 11 aus 2008, Seite 420. 26Vgl. Kilger: Flexible Plankostenrechnung und<br />
8 Vgl. Baetge: Bilanzen, Seite 219.<br />
Deckungsbeitragsrechnung, Seite 266.<br />
9 Gesetzesstand vor BilMoG.<br />
27Vgl. Kilger: Flexible Plankostenrechnung und<br />
10Gesetzesstand vor BilMoG.<br />
Deckungsbeitragsrechnung, Seite 266.<br />
11Vgl. Baetge, Bilanzen, Seite 220.<br />
28Vgl. Kilger: Flexible Plankostenrechnung und<br />
12Baetge, Bilanzen, Seite 220.<br />
Deckungsbeitragsrechnung, Seite 266.<br />
13Vgl. Baetge, Bilanzen, Seite 222.<br />
29Vgl. Däumler/Grabe: Kostenrechnung 1, Seite<br />
14Vgl. Wikipedia, Begriff „Unterbeschäftigung“. 301.<br />
15Vgl. Wirtschaftslexikon24.net, Begriff „Unter- 30Vgl. Olfert, Kostenrechnung, Seite 54.<br />
beschäftigung“.<br />
31Rödl & Partner, Mandantenbrief, Ausgabe De-<br />
16Rödl & Partner, Mandantenbrief Ausgabe Dezember 2009, Seite 12.<br />
zember 2009, Seite 12/13.<br />
32Vgl. Küting, K.-H.; in StuB 11 aus 2008, Seite<br />
17Baetge, Bilanzen, Seite 222.<br />
420.<br />
18Vgl. Baetge, Bilanzen, Seite 222.<br />
33Vgl. Baetge, Bilanzen, Seite 222.<br />
19Vgl. Wöhe, Einführung in die Betriebswirt- 34Vgl. Rödl & Partner, Mandantenbrief, Ausgabe<br />
schaftslehre, Seite 602.<br />
Dezember 2009, Seite 12<br />
20Vgl. Heno: Jahresabschluß nach Han<strong>de</strong>ls- 35Vgl. Petersen, K.: HGB – Umstellung auf das<br />
recht, Seite 145.<br />
neue <strong>de</strong>utsche Bilanzrecht, in: Der Betrieb vom<br />
21Reichmann: Controlling mit Kennzahlen und 11.09.2009, Heft 37, Beilage 6, Seite 4.<br />
Managementberichten, Seite 278.<br />
36Vgl. Küting, K.-H.; in StuB 11 aus 2008, Seite<br />
22Vgl. Kilger: Flexible Plankostenrechnung und 426.<br />
Deckungsbeitragsrechnung, Seite 579.<br />
37Vgl. Petersen, K.: HGB – Umstellung auf das<br />
23Vgl. Kilger: Flexible Plankostenrechnung und neue <strong>de</strong>utsche Bilanzrecht, in: Der Betrieb vom<br />
Deckungsbeitragsrechnung, Seite 725. 11.09.2009, Heft 37, Beilage 6, Seite 4.<br />
Verlagsteam am Controller Congress 2011<br />
in München – VCW und <strong>Haufe</strong>-Lexware<br />
v.l.n.r.<br />
Silvia Fröhlich – Verlag für ControllingWissen<br />
(VCW); Controller Magazin<br />
(CM): Abo-Betreuung,<br />
Susanne Eiselmayer – VCW; CM:<br />
Gestaltung u. Redaktion<br />
Andreas Meya – Vorstand VCW u.<br />
Bereichsleiter Produktmanagement<br />
bei <strong>Haufe</strong>-Lexware (HL)<br />
Dr. Klaus Eiselmayer – Vorstand<br />
VCW u. Trainer <strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie<br />
(CA)<br />
Gundula Wagenbrenner – VCW;<br />
CM: Redaktion u. Lektorat; CA / ICV<br />
Dominik Kuhn – Marketing HL<br />
Günther Lehmann – Chefredakteur<br />
Controlling HL<br />
Kathrin Sauer – Anzeigenverkauf<br />
Controller Magazin
Der Firmenkun<strong>de</strong>nkredit aus Sicht <strong>de</strong>r Bank<br />
und <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
Der Preis <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s<br />
von Jens Hielscher und Fabian Walther<br />
Der folgen<strong>de</strong> Artikel beschäftigt sich mit <strong>de</strong>n<br />
provokanten Fragen:<br />
· Blackbox-Konditionierung, was steckt dahinter?<br />
Kennen Sie die Kalkulationsmethodik Ihrer<br />
Bank? Fühlen Sie sich karitativ beschenkt<br />
o<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>n Tisch gezogen?<br />
· Ist <strong>de</strong>nn Rating alles? Welche Möglichkeiten<br />
hat ein Unternehmen, die Kondition zu beeinflussen?<br />
Investieren Sie in die Planstelle eines Relationship-Managers<br />
zur Bespaßung Ihres Kun<strong>de</strong>nberaters,<br />
o<strong>de</strong>r lieber in eine Sicherheiten-Datenbank?<br />
Ausgangssituation<br />
Die FW GmbH ist ein Mittelständler im produzieren<strong>de</strong>n<br />
Gewerbe. Schrauben und Kugellager<br />
sind seine Spezialität. Für die Finanzierung einer<br />
neuen Schraubendrehmaschine benötigt die FW<br />
GmbH ein Darlehen über 10 Mio. Euro – möglichst<br />
mit einer Festzinsbindung von 5 Jahren.<br />
Für die Schraubendrehmaschinen existiert<br />
ein liqui<strong>de</strong>r Sekundärmarkt, was diese auch als<br />
Kreditsicherheit attraktiv macht. Liqui<strong>de</strong> ist ein<br />
Markt, wenn es möglich ist, zeitnah <strong>de</strong>n Wert<br />
eines Gegenstan<strong>de</strong>s zu erlösen. Auf einem Primärmarkt<br />
wer<strong>de</strong>n Neuwaren, an einem Sekundärmarkt<br />
gebrauchte Waren gehan<strong>de</strong>lt. Die FW<br />
GmbH verbin<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>r JH Bank eine langjährige<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehung, mit einer einwandfreien<br />
Kontoführung und bereits erfolgreich getilgten<br />
Darlehen (bei<strong>de</strong>s fließt ins interne Rating <strong>de</strong>r JH<br />
Bank mit ein, doch dazu später mehr).<br />
Natürlich mag die JH Bank nicht Schuld an einer<br />
Kreditklemme sein, doch machen wir uns<br />
nichts vor, die Krise hat auch ihr zugesetzt, und<br />
sie achtet nun verstärkt darauf, im Kun<strong>de</strong>ngeschäft<br />
auch Geld zu verdienen.<br />
Wie kommt die JH Bank nun zur Kun<strong>de</strong>nkondition?<br />
DIE BANKSICHT<br />
Die Deckungsbeitragsrechnung<br />
Es existiert je nach Bankengruppe eine Vielzahl<br />
von DB-Rechnungen. Wir nehmen nun das fiktive,<br />
aber in <strong>de</strong>r Praxis gängige Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r JH Bank:<br />
Margenbeitrag = DB 1<br />
+ Provisionsbeitrag = DB 2<br />
- Risikoprämie für das Adressenausfall -<br />
ri siko = DB 3<br />
- Risikoprämie für das Liquiditätsrisiko =<br />
DB 4<br />
- Optionsprämie = DB 5<br />
- Standardstückkosten = DB 6<br />
- EK-Kosten = DB 7<br />
= Ertragsanspruch = DB 8<br />
Der Margenbeitrag<br />
Die JH Bank steuert ihr Kun<strong>de</strong>ngeschäft barwertig.<br />
Beispiel einer Barwertkalkulation: (die<br />
Zinszahlung ist jährlich nachträglich, endfällige<br />
Tilgung, <strong>de</strong>r Nominalzins beträgt 5 %, abgezinst<br />
wird mit <strong>de</strong>r Swap-Kurve)<br />
EXKURS Bewertungskurven:<br />
Die Swap-Kurve ist eine Marktkurve, zu <strong>de</strong>r<br />
Swaps bei market-makern (i. d. R Großbanken)<br />
abgeschlossen wer<strong>de</strong>n können wer<strong>de</strong>n. Swaps<br />
sind Zinstauschgeschäfte, wobei <strong>de</strong>r 1-Jahressatz<br />
standardmäßig gegen <strong>de</strong>n 3-Monats-Euribor<br />
und die 2-10 Jahressätze gegen <strong>de</strong>n 6-Mo-<br />
CM Juli / August 2011<br />
nats-Euribor getauscht wer<strong>de</strong>n. Der Swapsatz<br />
ist <strong>de</strong>r Satz, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Festzinszahler zahlt, bzw.<br />
<strong>de</strong>r Festzinsempfänger erhält, wobei dieser am<br />
Markt sich durch die Geld-Brief-Spanne unterschei<strong>de</strong>t.<br />
Da bei einem Swapgeschäft „nur“<br />
Zinszahlungen getauscht wer<strong>de</strong>n (durch Ausgleichszahlungen)<br />
und kein Kapital <strong>de</strong>n Besitzer<br />
wechselt, ist die daraus resultieren<strong>de</strong> Kurve nahezu<br />
frei von an<strong>de</strong>ren Marktpreisrisiken (Adressenausfall,<br />
Liquidität, ...) wodurch sie sich als<br />
Kalkulationsgrundlage anbietet.<br />
Die Pfandbrief-Kurve ist eine Marktkurve, zu<br />
<strong>de</strong>r Pfandbriefe gehan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n / wer<strong>de</strong>n<br />
könnten. Hier fließt Liquidität; wobei durch die<br />
Deckung <strong>de</strong>r Pfandbriefe mit einer Deckungsmasse,<br />
diese weitgehend frei von Adressenausfallrisiken<br />
(hier das Risiko <strong>de</strong>s Ausfalls <strong>de</strong>s<br />
Emittenten) angenommen wer<strong>de</strong>n kann, wie in<br />
Abbildung 1 dargestellt. Der Barwert dieses<br />
Darlehens beträgt also bei Abschluss 1.027 T€.<br />
Die Ermittlung erfolgt durch strukturkongruente<br />
Refinanzierung, d. h. theoretische Mittelbeschaffung<br />
am Kapitalmarkt, um <strong>de</strong>n cashflow<br />
glattzustellen. (In <strong>de</strong>r Praxis geschieht dies aggregiert<br />
mit mehreren Geschäften).<br />
Bei <strong>de</strong>m Beispiel reicht die JH Bank heute<br />
10.000.000,– € aus und erhält diese in fünf<br />
Jahren zurück. Dafür bekommt sie je<strong>de</strong>s Jahr<br />
500.000,– € an Zins. Dies ermöglicht ihr eine<br />
Mittelaufnahme am Kapitalmarkt in Höhe von<br />
10.500.000,– € / (1,028) = 10.214.008 €.<br />
Im vierten Jahr erhält die JH Bank 500.000,– €<br />
Zinsen, muss aber aus ihrer Kapitalaufnahme<br />
„nur” 285.992 € an Zins zahlen. Dies ermöglicht<br />
<strong>de</strong>r JH Bank die Mittelaufnahme in Höhe<br />
von, 208.747 €, die sie nach vier Jahren tilgt.<br />
41
42<br />
Der Firmenkun<strong>de</strong>nkredit aus Sicht <strong>de</strong>r Bank und <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
Abb. 1: Strukturkongruente Refi nanzierung<br />
Nach<strong>de</strong>m nun die Mittelaufnahmen für drei,<br />
zwei und ein Jahr berechnet wer<strong>de</strong>n, ergibt sich<br />
ein Vorteil gegenüber <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nkondition,<br />
also einem Bruttomargenbarwert in Höhe von<br />
1.027.172 €.<br />
Der Provisionsbeitrag<br />
Für Geschäfte, die durch externe Vermittler zustan<strong>de</strong><br />
kommen, muss die JH Bank eine Provision<br />
entrichten, die sie an <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n kalkulatorisch<br />
durchreicht. Das vorliegen<strong>de</strong> Geschäft<br />
wird durch <strong>de</strong>n Firmenkun<strong>de</strong>nberater <strong>de</strong>r JH<br />
Bank direkt durchgeführt. Die Bank erhält bzw.<br />
zahlt keine Provision.<br />
Die Risikoprämie<br />
Die Risikoprämie für das Adressenausfallrisiko<br />
setzt sich zusammen aus einer Prämie zur Ab<strong>de</strong>ckung<br />
<strong>de</strong>s erwarteten Verlustes und einer<br />
Abb. 2: Beispiel für quantitative Kennzahlen<br />
Prämie, die als Ergebnisanspruch aus <strong>de</strong>r Übernahme<br />
<strong>de</strong>s unerwarteten Verlustes (<strong>de</strong>r Abweichung<br />
vom erwarteten Verlust) interpretiert<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Die Prämie für <strong>de</strong>n erwarteten<br />
Verlust kann auch als Kosten interpretiert<br />
wer<strong>de</strong>n, da diese zu Beginn <strong>de</strong>s Geschäftes<br />
kalkuliert wird und bekannt ist. Die Prämie für<br />
<strong>de</strong>n unerwarteten Verlust kann auch als fairer<br />
Verzinsungsanspruch auf das zu unterlegen<strong>de</strong><br />
Eigenkapital interpretiert wer<strong>de</strong>n, da unerwartete<br />
Verluste nicht von <strong>de</strong>r Prämie <strong>de</strong>s erwarteten<br />
Verlustes abge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn<br />
durch das Eigenkapital zu <strong>de</strong>cken sind.<br />
Risikoprämie / Erwarteter Verlust<br />
(expected loss)<br />
EL = PD * LGD<br />
LGD = EAD * SEV<br />
SEV = 1 - RR<br />
expected loss = probability of <strong>de</strong>fault * loss given<br />
<strong>de</strong>fault<br />
loss given <strong>de</strong>fault = exposure at <strong>de</strong>fault * severity<br />
severity = 1– recovery rate<br />
Risikoprämie = Ausfallwahrscheinlichkeit * Verlust<br />
bei Ausfall<br />
Verlust bei Ausfall = Inanspruchnahme bei<br />
Ausfall (Kreditäquivalent) * Verlustquote<br />
Verlustquote = 1– Rückflussquote<br />
Die Ausfallwahrscheinlichkeit ist abhängig von<br />
<strong>de</strong>r Laufzeit <strong>de</strong>s Kredites und vom Rating <strong>de</strong>r FW<br />
GmbH. Die Rückflussquote schätzt die JH Bank<br />
aus Erfahrungswerten <strong>de</strong>r JH Bankengruppe.<br />
Rating<br />
Die JH Bank unterteilt ihr Kun<strong>de</strong>nkreditgeschäft<br />
in verschie<strong>de</strong>ne Segmente: Sie hat Privatkun<strong>de</strong>n,<br />
Firmenkun<strong>de</strong>n, Banken, <strong>de</strong>n staatlichen<br />
Sektor und Spezialfinanzierungen. Bei Firmenkun<strong>de</strong>n<br />
teilt sie die Sektoren auf in Dienstleistung,<br />
Han<strong>de</strong>l und Produktion. Die Firmenkun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n darüber hinaus bzgl. ihres Jahresumsatzes<br />
segmentiert. Die FW GmbH wird mit<br />
einem Jahresumsatz von 376 Mio. € zum oberen<br />
Mittelstand <strong>de</strong>s Sektors Produktion gezählt.<br />
Je nach Segment und Sektor unterschei<strong>de</strong>n<br />
sich die Mo<strong>de</strong>lle (Gewichtung und Wirkung <strong>de</strong>r<br />
Kennzahlen), die zur Ermittlung <strong>de</strong>s internen<br />
Ratings führen.<br />
Qualitative Kennzahlen:<br />
An dieser Stelle beurteilt <strong>de</strong>r Firmenkun<strong>de</strong>nbetreuer<br />
anhand standardisierter Fragebögen die<br />
Situation <strong>de</strong>s Unternehmens. Businessplan,<br />
Nachfolgeregelung, Mehrjahresplanung, Risikomanagement,<br />
Berichtswesen, etc. Auf diesen
Teilaspekt geht das Whitepaper „Bankrating<br />
2010“ <strong>de</strong>s ICV ein. Darin wer<strong>de</strong>n die positiven<br />
Aspekte eines professionellen relationship management<br />
gegenüber <strong>de</strong>m Bankansprechpartner<br />
hervorgehoben, wobei klar sein sollte, dass zum<br />
Beispiel ein professionelles Risikomanagement<br />
nicht nur „für die Bank“ zu betreiben ist.<br />
Die FW GmbH muss neben Jahres- und Zwischenabschlüssen<br />
regelmäßig auch diverse Finanzkennzahlen<br />
<strong>de</strong>r JH Bank berichten (dazu<br />
später mehr). Dies berücksichtigt die Kennzahlen<br />
in ihrem internen Rating-System, in das<br />
auch Daten aus <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Kontoführung mit<br />
hineinlaufen. Aus diesem Mo<strong>de</strong>ll ermittelt die JH<br />
Bank das Rating <strong>de</strong>r FW GmbH, welches eine<br />
bestimmte Ausfallrate für ein Jahr generiert.<br />
Verschie<strong>de</strong>ne Banken haben verschie<strong>de</strong>n Ratingsysteme<br />
und -skalen (siehe Abbildung 3).<br />
Ein Rating gibt die Ausfallwahrscheinlichkeit<br />
für ein Jahr an. Der Kredit <strong>de</strong>r FW GmbH<br />
läuft jedoch fünf Jahre. Deshalb wird mit Hilfe einer<br />
sog. Migrationsmatrix ermittelt, wie hoch die<br />
Wahrscheinlichkeit ist, dass <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> sein Rating<br />
verbessert, das gleiche Rating behält, o<strong>de</strong>r<br />
es sich verschlechtert. In <strong>de</strong>r Migrationsmatrix<br />
wer<strong>de</strong>n alle Ratingklassen berücksichtigt. Multipliziert<br />
man diese Matrix mit sich selbst, erhält<br />
man die kumulierten und (nach Abzug <strong>de</strong>r jeweiligen<br />
Vorjahre) marginalen Mehrjahresausfallwahrscheinlichkeiten.<br />
In <strong>de</strong>r Regel erfährt die JH Bank erst von Zahlungsschwierigkeiten<br />
seines Kun<strong>de</strong>n, wenn die<br />
Zinszahlung und ggf. die Tilgung ansteht. Somit<br />
unterschei<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>n einzelnen Jahren die<br />
Höhe <strong>de</strong>s möglichen Ausfalls. Die Höhe <strong>de</strong>s<br />
möglichen Ausfalls ist abhängig von <strong>de</strong>r vereinbarten<br />
Zahlungsstruktur und somit für die einzelnen<br />
Jahre innerhalb <strong>de</strong>r Laufzeit unterschiedlich,<br />
wie in Abbildung 5 dargestellt:<br />
· Ausfallzeitpunkt im 1. Jahr, cf 1 – 5 sind im<br />
Risiko<br />
· Ausfallzeitpunkt im 2. Jahr, cf 2 – 5 sind im<br />
Risiko<br />
· ...<br />
· Ausfallzeitpunkt im 5. Jahr, cf 5 ist im Risiko<br />
Die Summe aus <strong>de</strong>m Barwert <strong>de</strong>s Kredites und<br />
<strong>de</strong>m Nominalbetrag entsprechen <strong>de</strong>m Risiko<br />
zum Ausfallzeitpunkt t1: 11.027.172 €.<br />
Abb. 3: Ratingsysteme und -skalen<br />
Für das 2. Jahr beträgt das Risiko: [11.027.172<br />
./. (500.000,-- * 0,99010)] = 10.532.123 €<br />
Für das 3. Jahr beträgt das Risiko: 10.048.467 €<br />
Für das 4. Jahr beträgt das Risiko: 9.579.448 €<br />
Für das 5. Jahr beträgt das Risiko: 9.127.325 €<br />
Annahme: Die marginalen Ausfallwahrscheinlichkeiten<br />
sind: in Jahr 1 – 0,5 %, in Jahr 2 –<br />
0,8 %, in Jahr 3 – 1,1 %, in Jahr 4 – 1,4 %, in<br />
Jahr 5 – 1,6 %. Von <strong>de</strong>m Konditionsbeitragsbarwert<br />
i. H. v. 1.027.172 € müssen alleine<br />
530.075 € für die Risikoprämie abgezogen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Diese kann durch das Stellen einer Sicherheit<br />
reduziert wer<strong>de</strong>n. Dabei wer<strong>de</strong>n Abschreibungssatz,<br />
Abwicklungsdauer, Abwicklungskosten<br />
(fix/ variabel) und Rückflussquote <strong>de</strong>r<br />
Sicherheit berücksichtigt. Für je<strong>de</strong>n Ausfallzeitpunkt<br />
lässt sich nun ein Restwert <strong>de</strong>r Sicherheit<br />
ermitteln, <strong>de</strong>r das Risiko reduziert. Und somit<br />
die Risikoprämie verringert. Dies stellt aller-<br />
Abb. 4: 1-Jahres Migrationsmatrix<br />
CM Juli / August 2011<br />
dings ausschließlich <strong>de</strong>n erwarteten Verlust<br />
(expected loss) <strong>de</strong>s Kredites dar. Darüber hinaus<br />
kalkuliert die JH Bank noch <strong>de</strong>n unerwarteten<br />
Verlust.<br />
Die Risikoprämie / unerwarteter<br />
Verlust (unexpected loss)<br />
Der unerwartete Verlust wird bei <strong>de</strong>r JH Bank<br />
mittels einer Monte-Carlo-Simulation (Ziehung<br />
von Zufallszahlen) als (Credit) Value at Risk kalkuliert.<br />
Dabei wer<strong>de</strong>n Zufallszahlen gezogen,<br />
die zu einer für das Adressenausfallrisiko typischen<br />
rechtsschiefen Verteilung führen.<br />
Schließlich stehen <strong>de</strong>m Risiko <strong>de</strong>s Ausfalls keine<br />
zusätzlichen Ertragschancen gegenüber.<br />
(Vgl. Abbildung 7; blau: Normal / Gauß-Verteilung,<br />
rot: rechtsschiefe Verteilung. Bei rechtsschiefen<br />
(o<strong>de</strong>r linkssteilen) Verteilungen sind<br />
Werte, die kleiner sind als <strong>de</strong>r Mittelwert, häufiger<br />
zu beobachten.)<br />
43
44<br />
Der Firmenkun<strong>de</strong>nkredit aus Sicht <strong>de</strong>r Bank und <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
Abb. 5: Jährliche Ausfallshöhe<br />
Unterschiedliche Bankengruppen haben unterschiedliche<br />
Vorgehensweisen, da grundsätzlich<br />
zu prüfen ist, ob eine Kun<strong>de</strong>nkondition vom bestehen<strong>de</strong>n<br />
Kreditportfolio <strong>de</strong>r Bank abhängen<br />
sollte. Auch kann die Bank über Kreditpooling-<br />
o<strong>de</strong>r innovative Fondslösungen ihre Risiken<br />
weiter diversifizieren (dazu mehr unter Limitsysteme).<br />
Die JH Bankengruppe <strong>de</strong>finiert die Adressenausfallrisikoprämie<br />
(AAP) wie folgt:<br />
· AAP = erwarteter Verlust + unerwarteter<br />
Verlust = erwarteter Verlust + W-Faktor x<br />
erwarteter Verlust<br />
· W-Faktor = unerwarteter Verlust / erwarteter<br />
Verlust<br />
· (Erklärung „W“-Faktor: dieser Begriff ist frei<br />
gewählt, da er in <strong>de</strong>r Praxis unterschiedlich<br />
bezeichnet wird, z. B. als Q-Faktor o<strong>de</strong>r capital<br />
mulitplier)<br />
Die JH Bank kalkuliert über alle Kredite mit<br />
einem W-Faktor von 1,5, obwohl das Ergebnis<br />
aus <strong>de</strong>r Monte-Carlo-Simulation einen Ist-W-<br />
Faktor in Höhe von 2,145 ermittelt. Hintergrund<br />
sind die strategischen Maßnahmen <strong>de</strong>r JH<br />
Bank, die zum einen nicht die Kun<strong>de</strong>n für die<br />
Zusammensetzung ihres Kreditportfolio „bestrafen“<br />
möchte und im Falle <strong>de</strong>s Kredites sich<br />
für eine innovative Fondslösung entschie<strong>de</strong>n<br />
hat, bei <strong>de</strong>r sie einen Teil <strong>de</strong>s Kredites an <strong>de</strong>n<br />
Fonds weiterreicht. Die Gesamtrisikokosten für<br />
<strong>de</strong>n Kredit betragen also AAP = 530.075 € +<br />
1,5 * 530.075 € = 1.325.189 €; damit übersteigt<br />
die Risikoprämie <strong>de</strong>n Barwert <strong>de</strong>s Kredites,<br />
es ergibt sich eine Unter<strong>de</strong>ckung in Höhe<br />
von 298.016 €.<br />
Sicherheiten<br />
Analog zur Berechnung <strong>de</strong>s cashflows<br />
<strong>de</strong>s Kredites kann auch <strong>de</strong>r cashflow<br />
einer Sicherheit, in diesem Falle <strong>de</strong>r<br />
Maschine, kalkuliert und mittels einer<br />
engen Sicherungszweckerklärung<br />
<strong>de</strong>m Kredit zugeordnet wer<strong>de</strong>n. Das<br />
be<strong>de</strong>utet, zu je<strong>de</strong>m möglichen Ausfallzeitpunkt<br />
wird <strong>de</strong>r Restwert <strong>de</strong>r Sicherheit<br />
vom Barwert subtrahiert.<br />
Folgen<strong>de</strong> Annahmen sind in Abbildung<br />
8 enthalten: Wert <strong>de</strong>r Maschine bei<br />
Erwerb 10.000.000,– €; Wert nach<br />
Erwerb (gebraucht): 7.000.000,– €;<br />
Nutzungdauer <strong>de</strong>r Maschine 10 Jahre; Kosten<br />
<strong>de</strong>r Verwertung: 1.000.000,– €<br />
Nach Berücksichtigung <strong>de</strong>r Maschine als Sicherheit<br />
beträgt die AAP = 339.075 + 1,5 x<br />
339.075 = 847.689 €. Somit ergibt sich nach<br />
Abzug <strong>de</strong>r Risikoprämie ein positiver Wert in<br />
Höhe von 179.484.<br />
Darüber hinaus existieren aufgrund <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbeziehung<br />
noch Sicherungen als Grundschul<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>s Fabrikgelän<strong>de</strong>s, die <strong>de</strong>r JH Bank<br />
dank einer weiten Sicherungszweckerklärung<br />
zur Verfügung stehen. Nach Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r Sicherheiten (Annahme) ergibt sich ein Barwert<br />
in Höhe von 750.000 EUR.<br />
Liquiditätsrisiko<br />
Vor allem im Nachgang <strong>de</strong>r Finanzmarktkrise<br />
trat das Liquiditätsrisiko in <strong>de</strong>n Fokus <strong>de</strong>r Bankenaufsicht<br />
und <strong>de</strong>r Banksteuerung. Das Zinsän<strong>de</strong>rungsrisiko<br />
wird durch Abzinsung <strong>de</strong>s<br />
Zinsbindungscashflows mit <strong>de</strong>r nahezu Adressen-<br />
und Liquiditätsrisiko-freien Swap-Kurve<br />
bewertet. Das Ergebnis ist <strong>de</strong>r obige Konditionsbeitragsbarwert.<br />
Abb. 6: Risikoprämie nach Rating<br />
Für die Liquiditätsrisikoprämie hat die JH<br />
Bank sich eine ausgefeilte Systematik überlegt:<br />
Das Liquiditätsrisiko kalkuliert sie durch Einordnung<br />
ihrer Bilanzpositionen nach Liquidierbarkeit<br />
und Kalkulation mit Aufschlägen auf die<br />
Swap-Kurve. Dabei nutzt sie die Spreaddifferenz<br />
zwischen Pfandbrief-Kurve und Swap-<br />
Kurve als Schätzer für <strong>de</strong>n Liquiditäts-Spread.<br />
Alle negativen Spreadfälle, seltene Fälle in <strong>de</strong>nen<br />
die Pfandbriefkurve an einigen Stützstellen<br />
unterhalb <strong>de</strong>r Swap-Kurve notierte, wer<strong>de</strong>n genullt.<br />
Sie suggerieren eine Überrendite durch<br />
<strong>de</strong>n Markt, die durch die Bank nicht zu realisieren<br />
ist. („There is no free lunch on the market”).<br />
Dann wird <strong>de</strong>r Kapitalbindungs-cashflow <strong>de</strong>s<br />
Darlehens, <strong>de</strong>r in diesem Falle mit <strong>de</strong>m Festzinsbindungs-cashflow<br />
übereinstimmt, mit <strong>de</strong>r<br />
ermittelten Spreaddifferenz abgezinst. Somit<br />
erhält die JH Bank eine Liquiditätsprämie.<br />
Optionsprämie<br />
We<strong>de</strong>r die JH Bank, noch die FW GmbH haben<br />
beson<strong>de</strong>re Rechte (Son<strong>de</strong>rtilgung, Zinsanpassung,<br />
...) bzgl. <strong>de</strong>s Darlehens. Somit entfällt die<br />
Berechnung einer Optionsprämie (einer impliziten<br />
Option – embed<strong>de</strong>d <strong>de</strong>rivative) für das Geschäft.<br />
Risikoneutraler Barwert<br />
Obige Schritte wer<strong>de</strong>n nochmals zusammengefasst:<br />
Aktivgeschäft:<br />
Bruttomargenbarwert (Swapkurve)<br />
- Adressenausfallprämie<br />
- Liquiditätsprämie<br />
+/- Optionsprämie<br />
= Risikoneutraler Margenbarwert<br />
Die Risikoprämien (theoretisch) ergeben <strong>de</strong>n<br />
Wert, <strong>de</strong>n die Bank zahlen muss, damit ein<br />
Dritter die Risiken übernimmt.
Abb. 7: Rechtsschiefe Verteilung<br />
Standardstückkosten<br />
Je nach Art <strong>de</strong>r Finanzierung sind auch die<br />
Kos ten unterschiedlich. Grundsätzlich lässt sich<br />
sagen:<br />
· ein Standardgeschäft (System <strong>de</strong>r Bank) ist<br />
günstiger als ein spezielles Geschäft (das beinhaltet<br />
auch die Art <strong>de</strong>r Besicherung)<br />
· Einfache Geschäfte (Kun<strong>de</strong>ngeschäft) sind<br />
günstiger als komplexe Geschäfte (das beinhaltet<br />
auch die Art <strong>de</strong>r Besicherung).<br />
Die Ermittlung <strong>de</strong>r Standardstückkosten berücksichtigt<br />
in erster Linie die Personal- und<br />
Personalnebenkosten. Dabei sind einmal sowohl<br />
Erstellkosten als auch die Pflegekosten<br />
<strong>de</strong>s Kredites während <strong>de</strong>r Laufzeit zu berücksichtigen.<br />
Neben <strong>de</strong>r Berücksichtigung in <strong>de</strong>r<br />
DB-Rechnung kann eine Erhebung <strong>de</strong>r Standardstückkosten<br />
auch Grundlage einer makeor-buy-Entscheidung<br />
(Nutzung von Outsourcing<br />
durch eine externe „Kreditfabrik“), vor<br />
allem im Standardkun<strong>de</strong>ngeschäft, sein. Anhand<br />
<strong>de</strong>r Ist-Kosten, die allerdings periodisch<br />
auftreten, können die Produktivität gemessen<br />
bzw. die Standardstückkosten validiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Eigenkapital-Kosten<br />
Die Kosten <strong>de</strong>r Liquidität hatte die JH Bank bereits<br />
aus einer Spreaddifferenz kalkuliert. Aus<br />
regulatorischen Grün<strong>de</strong>n muss die JH Bank <strong>de</strong>n<br />
Kredit anteilig mit Eigenkapital unterlegen, unter<br />
Berücksichtigung von Kosten für aufsichtsrechtlich<br />
notwendiges Eigenkapital nach Risikoaktiva<br />
(SolvV) und Kosten <strong>de</strong>r Sicherungseinrichtungen<br />
(nach Bankengruppe und / o<strong>de</strong>r<br />
bun<strong>de</strong>sweiter Fonds).<br />
Um die Kosten nicht mehrfach anzurechnen,<br />
kalkuliert die JH Bank an dieser Stelle nur <strong>de</strong>n<br />
Abb. 8: Risikoprämien nach Sicherheiten<br />
Betrag, um <strong>de</strong>n die EK-Kosten die zuvor ermittelten<br />
Liquiditätskosten übersteigen, in ihre Deckungsbeitragsrechnung.<br />
Da dies nicht <strong>de</strong>r Fall<br />
ist, betragen ihre EK-Kosten 0,– €.<br />
Ertragsanspruch<br />
Je nach Steuerungswunsch / Geschäftspolitik<br />
kann <strong>de</strong>r Ertragsanspruch gering (wenn in<br />
einem Kun<strong>de</strong>nsegment hoher Wettbewerb<br />
herrscht und / o<strong>de</strong>r in dieses Segment durch<br />
Quersubventionierung wachsen soll) o<strong>de</strong>r eben<br />
hoch sein. Eine Rolle spielen dabei auch die Limite<br />
(siehe folgend) und die Bilanzstrukturpolitik.<br />
Diese kann auch durch externe Faktoren,<br />
wie aufsichtsrechtliche Än<strong>de</strong>rungen, <strong>de</strong>terminiert<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Außer<strong>de</strong>m ist <strong>de</strong>r Anspruch abhängig von <strong>de</strong>r<br />
Höhe <strong>de</strong>r Risiken eines Segmentes und ob<br />
dieses die Soll Ergebnisse (Soll-RoRaC / return<br />
on risk adjusted capital) erreicht. Darüber hinaus<br />
kann <strong>de</strong>r Deckungsbeitrag <strong>de</strong>r kompletten<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehung berücksichtigt wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>r z. B. eine Son<strong>de</strong>rkondition rechtfertigt,<br />
wenn weitere Geschäfte für einen ausreichen<strong>de</strong>n<br />
Ertrag sorgen.<br />
Konditionierung Deckungsbeitrag<br />
vs. Markt<br />
Neben <strong>de</strong>r Berücksichtigung <strong>de</strong>r Deckungsbeitragsrechnung,<br />
die einen Anhaltspunkt liefert,<br />
fließen in die Konditionsgestaltung noch Wettbewerbsinformationen.<br />
Bei <strong>de</strong>r Konditionierung<br />
ist darüber hinaus zu berücksichtigen, ob man<br />
sich mit <strong>de</strong>r berechneten Kondition „aus <strong>de</strong>m<br />
Markt preist“ (<strong>de</strong>r Wettbewerb ist günstiger)<br />
o<strong>de</strong>r ob nicht bei aktueller Marktlage „mehr<br />
Marge“ durchzusetzen ist. Diese Einflussfaktoren<br />
wer<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Markt (Angebot und<br />
Nachfrage) gesteuert. Während noch vor einiger<br />
Zeit von einer „Kreditklemme“ die Re<strong>de</strong><br />
war, ist zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Erstellung dieses Artikels<br />
eher ein „Margenverfall“ zu beobachten.<br />
In Hinblick auf künftige strengere Regulierung<br />
ergeben sich aktuell „günstige” Gelegenheiten<br />
zum Aufbau von Liquidität für Unternehmen.<br />
Auch eine Einschätzung, wie sich wirtschaftliche<br />
Probleme auf das betroffene Kun<strong>de</strong>nsegment<br />
auswirken können, wird erwogen.<br />
DIE UNTERNEHMENSSICHT<br />
Informationspfl ichten<br />
Die JH Bank hat natürlich ein Interesse dran,<br />
bei Geschäftsvorfällen, die die Sicherheiten betreffen,<br />
informiert zu wer<strong>de</strong>n. Dies gilt insbeson<strong>de</strong>re<br />
dann, wenn die FW GmbH die Sicherheit<br />
veräußern will. Hier möchte die JH Bank 10<br />
Bankarbeitstage vorher informiert wer<strong>de</strong>n und<br />
behält sich das Recht, dieser Veräußerung zu<br />
wi<strong>de</strong>rsprechen o<strong>de</strong>r eine Son<strong>de</strong>rtilgung zu verlangen.<br />
Des Weiteren möchte die JH Bank auch<br />
über <strong>de</strong>n normalen Geschäftsverlauf informiert<br />
wer<strong>de</strong>n; dieser Punkt wird unter Berichtspflichten<br />
zusammengefasst<br />
Berichtspfl ichten<br />
CM Juli / August 2011<br />
Eine Grundlage für das Rating und <strong>de</strong>r damit<br />
verbun<strong>de</strong>nen Risikoprämie bil<strong>de</strong>n die wirtschaftliche<br />
Lage und die Einschätzung <strong>de</strong>r Zukunft<br />
<strong>de</strong>r FW GmbH. Da sich die wirtschaftliche<br />
Lage eines Unternehmens in einem Zeitraum<br />
45
46<br />
Der Firmenkun<strong>de</strong>nkredit aus Sicht <strong>de</strong>r Bank und <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
von einem Jahr, sogar von wenigen Monaten,<br />
wesentlich än<strong>de</strong>rn kann, möchte die JH Bank<br />
natürlich über die Laufzeit <strong>de</strong>s Kreditvertrages<br />
hinweg ständig über die Situation <strong>de</strong>r FW<br />
GmbH informiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Jahresabschluss<br />
Die JH Bank wünscht daher von <strong>de</strong>r FW GmbH<br />
einen testierten Jahresabschluss. Darüber hinaus<br />
schreibt die JH Bank vor, dass dieses Testat<br />
von einer <strong>de</strong>r vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
erteilt wer<strong>de</strong>n muss. Aufgrund<br />
<strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>s Unternehmens, insbeson<strong>de</strong>re<br />
<strong>de</strong>s Zahlenmaterials <strong>de</strong>r Finanzbuchhaltung,<br />
stellt <strong>de</strong>r Jahresabschluss eine sehr vali<strong>de</strong> Information<br />
dar. Auch eine Prüfung <strong>de</strong>r zukünftigen<br />
Entwicklung anhand einer qualitativen Analyse<br />
<strong>de</strong>s Lageberichts ist darin enthalten. Des Weiteren<br />
erfährt die JH Bank, ob die FW GmbH<br />
vielleicht außerbilanzielle Geschäfte / Verpflichtungen<br />
(zum Beispiel: Leasing, Derivate und<br />
Garantien) eingegangen ist.<br />
Quartalsbericht<br />
Wie bereits erwähnt kann ein Unternehmen gezwungen<br />
sein, sein Geschäftsmo<strong>de</strong>ll innerhalb<br />
weniger Monate zu än<strong>de</strong>rn, schlimmstenfalls<br />
kann es zu einem Ausfall <strong>de</strong>s Kredits für die JH<br />
Bank kommen. Aus diesem Grund erwartet die<br />
JH Bank, von <strong>de</strong>r FW GmbH über die Quartalsergebnisse<br />
informiert zu wer<strong>de</strong>n. Diese unterjährige<br />
Bankberichterstattung umfasst laut<br />
Kreditvertrag eine Bilanz, eine Gewinn- und<br />
Verlustrechung und eine Kapitalflussrechnung.<br />
Des Weiteren sind die wesentlichen Punkte <strong>de</strong>s<br />
Geschäftsverlaufes <strong>de</strong>r FW GmbH zu erläutern<br />
und auf Soll-Ist-Abweichungen ist einzugehen.<br />
Abschließend beinhaltet <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r FW GmbH<br />
zu erstellen<strong>de</strong> Bankbericht die Ermittlung <strong>de</strong>r<br />
Finanzkennzahlen (siehe unten).<br />
Mehrjahresplanung<br />
Um die zukünftigen Erwartungen <strong>de</strong>r FW GmbH<br />
beurteilen zu können, möchte die JH Bank einmal<br />
jährlich eine Planung <strong>de</strong>r nächsten drei Geschäftsjahre<br />
spätestens einen Monat vor Geschäftsjahresbeginn<br />
erhalten. Inhatlich ist diese<br />
zunächst am Quartalsbericht orientiert. Zusätz-<br />
lich umfasst die Planung auch eine Investitionsplanung<br />
über <strong>de</strong>n Zeithorizont. Die FW GmbH<br />
muss zur besseren Beurteilung durch die JH<br />
Bank die Prämissen <strong>de</strong>r operativen Planung beschreiben.<br />
Des Weiteren ist eine Stellungnahme<br />
zu strategischen o<strong>de</strong>r außeror<strong>de</strong>ntlichen<br />
Maßnahmen vorzunehmen.<br />
Alle Informationen <strong>de</strong>r Berichterstattung <strong>de</strong>r FW<br />
GmbH analysiert die JH Bank anhand eines<br />
standardisieren Schemas. Dies ermöglicht ihr,<br />
(neben <strong>de</strong>n Kontoinformationen <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n)<br />
eine Überprüfung <strong>de</strong>r Bonität und <strong>de</strong>s Ratings<br />
regelmäßig vorzunehmen. Dieses Vorgehen ist<br />
nicht nur betriebswirtschaftlich sinnvoll, son<strong>de</strong>rn<br />
auch aufsichtsrechtlich erfor<strong>de</strong>rlich (regelmäßige<br />
Überprüfung <strong>de</strong>r wirtschaftliche Situation<br />
<strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n). Ziel ist es, das Zahlenmaterial so<br />
zu <strong>de</strong>uten, dass frühzeitig Risiken erkannt und<br />
ggf. entsprechen<strong>de</strong> Maßnahmen getroffen wer<strong>de</strong>n,<br />
um diesen entgegenzutreten.<br />
Finanzkennzahlen<br />
Die FW GmbH verpflichtet sich, für die Laufzeit<br />
<strong>de</strong>s Kreditvertrags und bis zur vollständigen Tilgung<br />
zu <strong>de</strong>n jeweils genannten Stichtagen folgen<strong>de</strong><br />
nachstehend <strong>de</strong>finierte Finanzkennzahlen<br />
einzuhalten.<br />
Die Finanzkennzahlen sind zum Abschluss<br />
eines Jahres und je<strong>de</strong>n Quartals von <strong>de</strong>r FW<br />
GmbH zu ermitteln und in Form eines von <strong>de</strong>r<br />
Geschäftsleitung abzugeben<strong>de</strong>n Compliance<br />
Certificate, welches vom Wirtschaftsprüfer zu<br />
bestätigen ist, einzureichen.<br />
Der Verschuldungsgrad gibt das Verhältnis zwischen<br />
Netto-Finanzverschuldung und generiertem<br />
EBITDA aus. Der Verschuldungsgrad<br />
gilt als Indikator für die Anzahl <strong>de</strong>r notwendigen<br />
Tilgungsjahre.<br />
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten<br />
+ An<strong>de</strong>re zinstragen<strong>de</strong> Verbindlichkeiten<br />
(zum Beispiel: Gesellschafterdarlehn,<br />
Finanzleasing, Factoring, Forfaitierung)<br />
- Liqui<strong>de</strong> Mittel (frei verfügbaren Kasse<br />
und Bankguthaben)<br />
= Netto-Finanzverschuldung<br />
Netto-Finanzverschuldung / EBITDA = Verschuldungsgrad<br />
Hierbei gilt, dass das EBITDA aus <strong>de</strong>r or<strong>de</strong>ntliche<br />
Geschäftstätigkeit, also vor Son<strong>de</strong>reffekten<br />
– außeror<strong>de</strong>ntliche Erträge / Aufwendungen,<br />
Buchverluste/-gewinne aus Veräußerung von<br />
Vermögensgegenstän<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Hedging außerhalb<br />
gewöhnlicher Geschäftsbetriebe – Verwendung<br />
fin<strong>de</strong>t. Der EBITDA wird um außerbetriebliche<br />
Ergebnisse korrigiert (zum Beispiel: neutrale,<br />
außeror<strong>de</strong>ntliche o<strong>de</strong>r perio<strong>de</strong>nfrem<strong>de</strong><br />
Ergebnisse).<br />
Die Eigenkapitalquote drückt <strong>de</strong>n Anteil <strong>de</strong>s<br />
Eigenkapitals an <strong>de</strong>r Bilanzsumme aus.<br />
Gezeichnetes Kapital<br />
+ Kapitalrücklagen<br />
+ Gewinnrücklagen<br />
+/- Bilanzergebnis<br />
+/- Ausgleichsposten (zum Beispiel für<br />
Währungen)<br />
- Vorgesehene Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>/ Ausschüttung<br />
(wird ggf. erst später durch die Gesellschafter<br />
beschlossen)<br />
+ Son<strong>de</strong>rposten mit Rücklageanteil (50 %)<br />
+ Nachrangige Gesellschafterdarlehen<br />
= Eigenkapital<br />
Bilanzsumme gemäß Jahresabschluss<br />
+ Haftungsverhältnisse gemäß § 251 HGB<br />
+ Rückkaufverpflichtungen aus Rahmenverträgen<br />
für Finanzgeschäfte<br />
= Bereinigte Bilanzsumme<br />
Eigenkapital / bereinigte Bilanzsumme = Eigenkapitalquote<br />
Der Zins<strong>de</strong>ckungsgrad ermittelt das Verhältnis<br />
zwischen EBITDA und <strong>de</strong>n Zinsaufwendungen.<br />
EBITDA / Liquiditätswirksamer Zinsaufwand =<br />
Zins<strong>de</strong>ckungsgrad<br />
Unter <strong>de</strong>m liquiditätswirksamen Zinsaufwand<br />
wer<strong>de</strong>n alle Zinszahlungen und zusätzlich Avalprovisionen<br />
verstan<strong>de</strong>n. Für das zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong><br />
EBITDA gelten die gleich Bedingungen<br />
wie bereits unter <strong>de</strong>r Finanzkennzahl Verschuldungsgrad<br />
<strong>de</strong>finiert. Der Schul<strong>de</strong>ndienst<strong>de</strong>ckungsgrad<br />
gibt an, ob ein Unternehmen aus<br />
<strong>de</strong>n frei verfügbarem cashflow die Zinsen und<br />
Tilgungen <strong>de</strong>r aufgenommenen Kredite bedienen<br />
kann.
Liquiditätswirksamer Zinsaufwand<br />
- Liquiditätswirksamer Zinsertrag<br />
+ Sämtliche Tilgungen<br />
+ Zahlungen auf Avale, Kapitalanteil<br />
Finanzleasing<br />
= Schul<strong>de</strong>ndienst <strong>de</strong>r Finanzverschuldung<br />
Der Cashflow ist die Summe aller Mittelzu-<br />
o<strong>de</strong>r Abflüsse aus <strong>de</strong>m laufen<strong>de</strong>n Ergebnis einer<br />
Perio<strong>de</strong> sowie aller weiteren Zuflüsse aus<br />
<strong>de</strong>m Working Capital (For<strong>de</strong>rungen, Verbindlichkeiten,<br />
Vorräte) <strong>de</strong>r gleichen Perio<strong>de</strong>.<br />
Hier weichen die Definitionen <strong>de</strong>s cashflows<br />
zwischen Unternehmen und Bank ab. In <strong>de</strong>r Begriffswelt<br />
eines Unternehmens wer<strong>de</strong>n alle Zu-<br />
und Abflüsse einer Perio<strong>de</strong> (üblicherweise ein<br />
Jahr) losgelöst von ihrem genauen Entstehungszeitpunkt<br />
aggregiert. Auch entfällt die<br />
Betrachtungsweise über das Jahresen<strong>de</strong> hinaus.<br />
Limite <strong>de</strong>r Finanzkennzahlen<br />
Die gefor<strong>de</strong>rten Finanzkennzahlen sind nicht<br />
nur in ihrer Höhe <strong>de</strong>r Bank zu mel<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn<br />
dürfen bestimmte Limite nicht übersteigen.<br />
Die se Limite wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Bank vorgegeben,<br />
die Normwerte aus Branchenvergleichen <strong>de</strong>finiert,<br />
d. h. für ein Telekommunikationsunternehmen<br />
gelten an<strong>de</strong>re Limite als für ein metallverarbeiten<strong>de</strong>s<br />
Unternehmen.<br />
Aus diesem Branchenvergleich, <strong>de</strong>n die JH<br />
Bank aus <strong>de</strong>n Erfahrungswerten <strong>de</strong>r JH Bankengruppe<br />
bezieht, leiten sich die einzuhalten<strong>de</strong>n<br />
Limite ab. Natürlich berücksichtigen die<br />
Experten <strong>de</strong>r JH Bankengruppe das wirtschaftliche<br />
Umfeld und die Ertragskraft <strong>de</strong>r FW<br />
GmbH.<br />
An dieser Stelle schließt sich <strong>de</strong>r Kreis zum Rating<br />
<strong>de</strong>r FW GmbH, das unter an<strong>de</strong>rem von <strong>de</strong>r<br />
Ertragskraft <strong>de</strong>s Unternehmens abhängt. Ein<br />
Übersteigen <strong>de</strong>r Limite kann verschie<strong>de</strong>ne Auswirkungen<br />
nach sich ziehen. Im besten Fall wird<br />
ein durch die Verschlechterung <strong>de</strong>r Ertragskraft<br />
induziertes downrating durch eine Konditionserhöhung<br />
(höhere Risikoprämie) o<strong>de</strong>r eine Sicherheitenerhöhung<br />
kompensiert. Im schlimmsten<br />
Fall wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kredit fällig gestellt und ggf.<br />
die Sicherheiten verwertet.<br />
Fazit<br />
Während die bisherigen Optimierungsansätze<br />
für die Refinanzierung von Unternehmen sich<br />
auf interne Abläufe (Planung, Berichtswesen,<br />
Risikomanagement) fokussierten, um dadurch<br />
eine bessere Ratingnote zu erhalten, scheint<br />
doch <strong>de</strong>r Blick in die Kalkulationswelt <strong>de</strong>s Finanzierungsgebers<br />
(<strong>de</strong>r Bank) lohnenswert.<br />
Das Unternehmensrating ist nicht nur von qualitativen,<br />
son<strong>de</strong>rn auch von quantitativen Kennzahlen<br />
und <strong>de</strong>m W-Faktor (dieser Begriff ist frei<br />
gewählt, da er in <strong>de</strong>r Praxis unterschiedlich bezeichnet<br />
wird) und vor allem von <strong>de</strong>n gestellten<br />
Sicherheiten abhängig, da das Risiko auf das<br />
Exposure, <strong>de</strong>n unbesicherten Teil, kalkuliert<br />
Autoren<br />
Dipl.-Kfm. Fabian Walther<br />
arbeitet für die ALBA Group plc. & Co. KG und ist Mitglied im<br />
Leitungsteam <strong>de</strong>s AK Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg <strong>de</strong>s Internationalen<br />
Controller Verein (ICV).<br />
wird. Ein professionelles Sicherheiten-Management<br />
ist <strong>de</strong>shalb nicht zu vernachlässigen.<br />
Es sollte abgewogen wer<strong>de</strong>n, ab wann<br />
bei einem Relationship-Management zur Bank<br />
<strong>de</strong>r Grenznutzen erreicht wird. Denn <strong>de</strong>r Firmenkun<strong>de</strong>nberater<br />
„verkauft“ das Risiko an<br />
das bankeigene Treasury. Je transparenter das<br />
Risiko <strong>de</strong>s Unternehmens dargestellt wird,<br />
<strong>de</strong>sto fairer ist die Bewertung. Aber mehr als<br />
eine faire Bewertung ist auch durch einen noch<br />
so intensiven und aufwendigen Kontakt zum<br />
Kun<strong>de</strong>nbrater nicht erreichbar.<br />
Gelingt es <strong>de</strong>m Unternehmen, die Marktdaten<br />
nachzuvollziehen, die die Bank zur Risikoallokation<br />
nutzt, kann es direkt seine eigene Bonität<br />
auch ohne Nennung <strong>de</strong>s Ratings durch die<br />
Bank ableiten und unterschiedliche Finanzie-<br />
CM Juli / August 2011<br />
rungsangebote von Banken o<strong>de</strong>r Kapitalmarktemission<br />
vergleichen.<br />
Gera<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>m Hintergrund neuer rechtlicher<br />
Normen (zum Beispiel § 489 BGB) ist es lohnenswert<br />
abzuwägen, ob bei einer gewünschten<br />
langfristigen Refinanzierung einem Festzinsdarlehen<br />
<strong>de</strong>r Vorzug gegeben wer<strong>de</strong>n soll.<br />
Die Vorteile eines variabel verzinslichen, an einen<br />
Referenzzins gekoppelten Darlehens mit<br />
Zinssicherungsinstrument könnten überwiegen,<br />
da bei sog. Roll-over-Darlehen <strong>de</strong>m Kreditnehmer<br />
nach En<strong>de</strong> je<strong>de</strong>r „Festzinsbindung”,<br />
also bei einer Referenzierung an <strong>de</strong>n 3-Monats-Euribor,<br />
ein gesetzliches Kündigungsrecht<br />
zusteht.<br />
Jens Hielscher<br />
ist im Marktpreisrisikomanagement und -controlling bei <strong>de</strong>m<br />
Deutschen Sparkassen- und Giroverband, Berlin, tätig.<br />
Der Inhalt <strong>de</strong>s Artikels gibt nicht die Fachkonzepte <strong>de</strong>r Sparkassen-Finanzgruppe<br />
wie<strong>de</strong>r. Er ist viel mehr eine allgemeine methodische<br />
Darstellung anhand eines fiktiven Beispiels.<br />
Sollte die momentane Adressenrisikoprämie,<br />
aufgrund <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Lage, hoch sein,<br />
aber absehbar sein, dass sich diese verbessern<br />
kann, könnte zukünftig das Darlehen getilgt<br />
und durch eines mit geringerer Bonitätsprämie<br />
ersetzt wer<strong>de</strong>n. Auch kann es nützlich sein, <strong>de</strong>n<br />
zur Sicherung <strong>de</strong>s Zinssatzes eingegangenen<br />
Swap vorzeitig aufzulösen, um einen neuen abzuschließen<br />
und dadurch <strong>de</strong>n Gewinn in <strong>de</strong>r<br />
GuV zu steuern (Aufwands- o<strong>de</strong>r Ertragsverschiebung<br />
in <strong>de</strong>r Laufzeit).<br />
47
48<br />
Finanz-Controlling: Strategische und operative Steuerung <strong>de</strong>r Liquidität<br />
Finanz-Controlling: Strategische und operative<br />
Steuerung <strong>de</strong>r Liquidität<br />
von Christoph Munck und Peter Schentler<br />
Die strategische und operative Planung, Steuerung<br />
und Kontrolle <strong>de</strong>r Finanzmittel ist eine<br />
eminent wichtige Aufgabe <strong>de</strong>r Unternehmensführung,<br />
die einer spezifischen Unterstützung<br />
durch das (Finanz-) Controlling bedarf. Das Finanz-Controlling<br />
hat zum Ziel, das Finanz-Management<br />
bei <strong>de</strong>r Aufrechterhaltung und Optimierung<br />
<strong>de</strong>s finanziellen Gleichgewichts<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens unter Berücksichtigung<br />
übergeordneter Rentabilitäts-, Flexibilitäts- und<br />
Risikoziele zu unterstützen.<br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Finanz-Controllings<br />
<strong>de</strong>utlich gestiegen<br />
In ausreichen<strong>de</strong>m Maße vorhan<strong>de</strong>ne Finanzmittel<br />
sind eine wesentliche Voraussetzung für<br />
alle unternehmerischen Tätigkeiten. Während<br />
in <strong>de</strong>r Vergangenheit in vielen Unternehmen<br />
Rentabilitäts- und Wachstumsziele im Vor<strong>de</strong>rgrund<br />
stan<strong>de</strong>n und die Liquidität oft nur als<br />
„notwendiges Übel“ betrachtet wur<strong>de</strong>, hat<br />
in jüngerer Zeit das strategische und operative<br />
Liquiditätsmanagement (wie<strong>de</strong>r) zunehmend<br />
an Be<strong>de</strong>utung gewonnen. Vielen Unternehmen<br />
wur<strong>de</strong> bewusst, dass die ausreichen<strong>de</strong> Verfügbarkeit<br />
von Finanzmitteln nicht als gegeben an-<br />
genommen wer<strong>de</strong>n kann, da sich die Rahmenbedingungen<br />
und Anfor<strong>de</strong>rungen für die Finanzierung<br />
in und seit <strong>de</strong>r Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
zum Teil <strong>de</strong>utlich verschlechtert<br />
haben.<br />
Darüber hinaus haben die zur Umsetzung anstehen<strong>de</strong><br />
Verschärfung <strong>de</strong>r Eigenkapitalrichtlinien<br />
(Basel III) für Banken sowie <strong>de</strong>r Fokus auf<br />
cash-orientierte Kennzahlen im externen Reporting<br />
(z. B. Operating Free Cash Flow) zu einer<br />
höheren Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Liquiditätssicht in<br />
Unternehmen geführt.<br />
Strategische und operative Aufgaben<br />
<strong>de</strong>s Finanz-Controllings<br />
Die Aufgaben <strong>de</strong>s Finanz-Controllings können<br />
aus <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Einleitung genannten Ziel –<br />
analog zu <strong>de</strong>n Aufgaben <strong>de</strong>s Unternehmens-<br />
Controllings – abgeleitet wer<strong>de</strong>n. Es umfasst<br />
strategische und operative Aufgaben im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r Planung, Steuerung und Kontrolle von<br />
Finanzmitteln 1 :<br />
· Koordinative Unterstützung bei <strong>de</strong>r finanziellen<br />
Planung und Kontrolle. Diese<br />
Aufgabe umfasst sowohl die periodische als<br />
auch die fallweise (z. B. Investitionsprojekte)<br />
Unterstützung. Sie bezieht sich sowohl auf<br />
die operative als auch auf die strategische<br />
Planung.<br />
· Sicherstellung <strong>de</strong>r finanziellen Informationsversorgung.<br />
Hier geht es um die Informationsversorgung<br />
<strong>de</strong>r Unternehmensführung<br />
bezüglich <strong>de</strong>r Liquiditätssicherung, <strong>de</strong>r<br />
finanziellen Bewertung <strong>de</strong>r Unternehmensprozesse<br />
sowie <strong>de</strong>r Abstimmung <strong>de</strong>s Liquiditätsziels<br />
mit <strong>de</strong>m Ergebnisziel.<br />
· Finanzielle Beratung bei Son<strong>de</strong>rfragen.<br />
Auch bei fallweise auftreten<strong>de</strong>n Spezialthemen<br />
wie einer Unternehmensakquisition<br />
muss das Finanz-Controlling unterstützen.<br />
· Aufbau und Weiterentwicklung <strong>de</strong>s Finanz-Controlling-Systems.<br />
Hierzu gehören<br />
alle Themen betreffend die Aufgaben,<br />
Prozesse, Organisation, Instrumente sowie<br />
IT-Unterstützung <strong>de</strong>s Finanz-Controllings.<br />
Strategische und operative Instrumente<br />
<strong>de</strong>s Finanz-Controllings<br />
Im Rahmen einer Studie haben 114 Verantwortliche<br />
aus <strong>de</strong>n Bereichen Finanzen, Controlling
und Rechnungswesen <strong>de</strong>n aktuellen Anwendungsstand<br />
und die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Finanz-<br />
Controllings in ihren Unternehmen bewertet.<br />
Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, wer<strong>de</strong>n die<br />
untersuchten Instrumente ten<strong>de</strong>nziell ähnlich in<br />
<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung eingeschätzt, wobei einzig die<br />
kurzfristige Finanzplanung als wichtiger erachtet<br />
wird. Hinsichtlich <strong>de</strong>r Handlungspotenziale<br />
ist ersichtlich, dass insbeson<strong>de</strong>re das finanzielle<br />
Risiko-Controlling, Working Capital-Controlling<br />
und die langfristige Finanzplanung einen<br />
geringen Umsetzungsgrad gegenüber <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung<br />
aufweisen.<br />
Darüber hinaus lassen sich folgen<strong>de</strong> Kernaussagen<br />
aus <strong>de</strong>r Studie ableiten: 3<br />
· Die Aufgabe <strong>de</strong>s Finanz-Controllings besteht<br />
in <strong>de</strong>n befragten Unternehmen überwiegend<br />
im Reporting finanzrelevanter Informationen.<br />
Eine Lücke zwischen Be<strong>de</strong>utung und<br />
Anwendungsstand zeigt sich bei <strong>de</strong>r Beratung<br />
bei finanziellen Entscheidungen.<br />
· Liquiditätsorientierte Kennzahlen fin<strong>de</strong>n<br />
im externen und internen Reporting flächen<strong>de</strong>ckend<br />
Verwendung. Eine Verankerung <strong>de</strong>r<br />
Kennzahlen in <strong>de</strong>n Zielvereinbarungen fin<strong>de</strong>t<br />
hingegen nur selten statt.<br />
· Die befragten Unternehmen messen einer<br />
gemeinsamen Datenbasis für Controlling<br />
und Treasury sowie einer zentralen IT-Infrastruktur<br />
eine sehr hohe Be<strong>de</strong>utung bei. Die<br />
Umsetzung ist jedoch nur in wenigen Unternehmen<br />
erfolgt. Als wesentliches Zukunftsthema<br />
im Finanz-Controlling wird unter <strong>de</strong>n<br />
Autoren<br />
Dr. Peter Schentler<br />
ist Managing Consultant im Competence Center Controlling &<br />
Finanzen bei Horváth & Partners Management Consultants in<br />
Wien.<br />
Abb. 1: Instrumente <strong>de</strong>s Finanz-Controllings 2<br />
Teilnehmern daher die Prozess- und Systemintegration<br />
gesehen.<br />
Finanz-Controlling<br />
In <strong>de</strong>r Wissenschaft spiegelt sich die gestiegene<br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Finanz-Controllings in<br />
zahlreichen Veröffentlichungen wi<strong>de</strong>r. Folgt<br />
man <strong>de</strong>r Literatur, ist das Finanz-Controlling als<br />
eigenständiges Arbeitsgebiet in Theorie und<br />
Praxis anerkannt. In <strong>de</strong>r Praxis stellt die effektive<br />
und effiziente Gestaltung ihres Finanz-Controllings<br />
jedoch viele Unternehmen vor große<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen. Auch wenn Begriffe wie<br />
„Financial Supply Chain Management“ o<strong>de</strong>r<br />
„Working Capital Management“ zunehmend<br />
diskutiert wer<strong>de</strong>n, sehen sich Unternehmen<br />
häufig mit <strong>de</strong>r Problematik konfrontiert, dass<br />
nur wenige praxisrelevante Lösungsansätze<br />
bestehen. Auch konzeptionelle Weiterentwicklungen<br />
<strong>de</strong>s Finanz-Controllings sind bislang nur<br />
Christoph Munck<br />
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Competence Center Controlling<br />
und Performance Measurement am Strascheg Institute<br />
for Innovation and Entrepreneurship (SIIE) <strong>de</strong>r EBS Business<br />
School in Oestrich-Winkel.<br />
in Ansätzen bezüglich ihrer Praxistauglichkeit<br />
diskutiert wor<strong>de</strong>n.<br />
Band 15 <strong>de</strong>s Controlling-Beraters, <strong>de</strong>r im<br />
Juni 2011 erschienen ist, greift dieses Manko<br />
auf und stellt das in <strong>de</strong>r Praxis zunehmend<br />
wichtige Thema in <strong>de</strong>n Mittelpunkt. Die Herausgeber<br />
Prof. Dr. Ronald Gleich, Prof. Dr. Dr.<br />
h.c. mult. Péter Horváth und Dr. Uwe Michel<br />
zeigen – unterstützt von zahlreichen Autoren<br />
aus Praxis und Wissenschaft – pragmatische<br />
Handlungsempfehlungen auf und beschreiben<br />
unterschiedliche Aspekte, innovative Praxislösungen<br />
und Ansätze zur Verankerung <strong>de</strong>s Finanz-Controllings<br />
in <strong>de</strong>r Unternehmensorganisation.<br />
Fußnoten<br />
CM Juli / August 2011<br />
1 Ausführlich zu diesem Thema <strong>de</strong>r Beitrag Aufgaben<br />
und Organisation <strong>de</strong>s Finanz-Controllings<br />
von Horváth im Controlling-Berater Band 15.<br />
2 Bewertung mit 4 o<strong>de</strong>r 5 auf einer Fünfer-Skala<br />
3 Ausführlich zu diesem Thema <strong>de</strong>r Beitrag von<br />
Müller / Schentler / Koch im Controlling-Berater<br />
Band 15.<br />
49
50<br />
Bewertung von Geschäftsbereichen mit Pensionszusagen<br />
Bewertung von Geschäftsbereichen mit Pensionszusagen<br />
mittels Economic Value Ad<strong>de</strong>d (EVA)<br />
von Ralf Kesten<br />
Die Kennzahl EVA wird in <strong>de</strong>r (börsennotierten)<br />
Praxis mehrheitlich im Rahmen <strong>de</strong>s sog. Wertorientierten<br />
Controlling verwen<strong>de</strong>t: Ein positiver<br />
EVA einer einzelnen Abrechnungsperio<strong>de</strong><br />
gilt als Indikator für eine Wertsteigerung aus<br />
Sicht <strong>de</strong>r Eigentümer. Han<strong>de</strong>lt es sich um eine<br />
börsennotierte AG, wird eine positive Wirkung<br />
auf <strong>de</strong>n Aktienkurs vermutet. Eine Berechnung<br />
von EVA ist aus Sicht <strong>de</strong>r angestellten Manager<br />
umso dringen<strong>de</strong>r, falls ein Kursanstieg an <strong>de</strong>r<br />
Börse unterbleibt, man gegenüber <strong>de</strong>n Eigentümern<br />
aber wertorientiertes Han<strong>de</strong>ln nachweisen<br />
möchte. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund<br />
empfehlen Beratungsfirmen das Einbauen<br />
sog. Conversions in die EVA-Berechnung.<br />
Conversions sind m. E. in letzter Konsequenz<br />
Rechentricks, mit <strong>de</strong>nen man EVA-Folgen im<br />
Zeitablauf beeinflussen kann, ohne dass sich<br />
die Free Cash Flows im Unternehmen verän<strong>de</strong>rn<br />
müssen. Im Klartext: Obwohl man kein zusätzliches<br />
Geld verdient, wird EVA durch eine<br />
Conversion unmittelbar verbessert. Es liegt auf<br />
<strong>de</strong>r Hand, dass <strong>de</strong>rartige „cashneutrale“<br />
Conversions niemals Unternehmenswerte<br />
verän<strong>de</strong>rn können, wenn sich Firmeninvestoren<br />
bei <strong>de</strong>r Wertfrage ausschließlich an<br />
künftigen finanziellen Genüssen orientieren.<br />
Aber zum Tricksen vor sachunkundigen Sharehol<strong>de</strong>rn<br />
mag es reichen. Denn wie es bspw. im<br />
Geschäftsbericht <strong>de</strong>r Siemens AG zu lesen ist,<br />
koppelt man einen erheblichen Teil <strong>de</strong>r Managementvergütung<br />
an diese Kennzahl, die<br />
Siemens „Geschäftswertbeitrag” nennt.<br />
Eine weitere beliebte Position im Rechnungswesen<br />
stellen Pensionsrückstellungen dar.<br />
Nach Ansicht mancher Experten berauschen<br />
sich Manager gerne an <strong>de</strong>n enormen Innenfinanzierungseffekten,<br />
die diese Position eröffne<br />
und gleichzeitig die Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nwünsche von<br />
Aktionären wirksam bremse. Dies mag und<br />
wird auch zeitweise stimmen. Was meistens<br />
übersehen wird: Mit Pensionszusagen wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong> facto künftige Auszahlungsverpflichtungen<br />
geschaffen. Irgendwann ist also<br />
Zahltag.<br />
In einer eigenfinanzierten Firma ist die finale<br />
Auswirkung sofort erkennbar: Die Eigentümer<br />
wer<strong>de</strong>n im Rahmen ihres „Beteiligungslebenszyklus“<br />
diese Pensionen durch Ausschüttungsreduktion<br />
bezahlen müssen. Entwe<strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>r Anspar- bzw. Ansammlungsphase, falls<br />
man Gel<strong>de</strong>r für die pensionsberechtigten Mitarbeiter<br />
(irgendwie) anhortet, o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Phase<br />
<strong>de</strong>r Pensionszahlungen, falls man zur Bedienung<br />
auf keinen entsprechen<strong>de</strong>n Vermögensfonds<br />
zurückgreifen kann und daher operativ<br />
erzielte Cash Flows an ehemalige Mitarbeiter<br />
(und nicht an die Eigentümer) weiterleiten<br />
muss.<br />
Freilich wer<strong>de</strong>n sachkundige Investoren auch<br />
dies in ihrem Kalkül einpreisen. Der vorliegen<strong>de</strong><br />
Beitrag versucht, die Verzahnung von Pensionszusagen<br />
mit <strong>de</strong>m Residualgewinnmo<strong>de</strong>ll<br />
EVA darzustellen und die Bedingungen <strong>de</strong>r<br />
sog. Barwertkompatibilität unter Nutzung eines<br />
Fallbeispiels herauszuarbeiten. Das Ziel ist,<br />
„richtig“ mit Pensionszusagen im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
EVA-Methodik zu rechnen. Um dieses Ziel zu<br />
erreichen, wollen wir uns zunächst die Grundi<strong>de</strong>e<br />
einer Firmenbewertung auf Basis von diskontierten<br />
Free Cash Flows in Erinnerung rufen
und anschließend auf die EVA-Methodik übertragen.<br />
Berechnung von Geschäftsbereichswerten<br />
mit <strong>de</strong>r dynamischen<br />
Investitionsrechnung als<br />
„theoretisches I<strong>de</strong>al”<br />
Unternehmens(bereichs)werte wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r<br />
Regel mit sog. Discounted Cash Flow (DCF)-<br />
Verfahren bestimmt, bei <strong>de</strong>nen künftige erwartete<br />
Cash Flows (CF) aus Sicht risikoaverser Investoren<br />
mit einem risikoadjustierten Kalkulationszinssatz<br />
k auf <strong>de</strong>n Betrachtungszeitpunkt<br />
t=0 abgezinst wer<strong>de</strong>n. Nehmen wir vereinfacht<br />
ein komplett eigenfinanziertes Unternehmen<br />
an, folgt für <strong>de</strong>n Unternehmenswert (UW 0 ) allgemein:<br />
Die Cash Flows in (1) sind dann sämtliche Zahlungen<br />
an die Eigentümer <strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Der Kalkulationszinssatz enthält aufgrund <strong>de</strong>r<br />
Risikoaversion <strong>de</strong>r Eigentümer einen Risikozuschlag<br />
auf <strong>de</strong>r Grundlage eines risikofreien Basiszinssatzes<br />
(bspw. bestimmt mittels CAPM).<br />
Der Planungshorizont T beschreibt das „Gesichtsfeld“<br />
von Investoren und ist nicht zwingend<br />
mit <strong>de</strong>r Lebensdauer einer Firma i<strong>de</strong>ntisch.<br />
In vielen Fällen kann von <strong>de</strong>r Annahme einer<br />
ewigen Unternehmensfortführung ausgegangen<br />
wer<strong>de</strong>n. Dies rechtfertigt die Zerlegung<br />
<strong>de</strong>r Wertermittlung nach (1) in eine Detail- sowie<br />
in eine Globalplanungsphase (sog. Zwei-<br />
Phasen-Mo<strong>de</strong>ll):<br />
(2)<br />
Die Globalplanungsphase ( )<br />
geht vielfach von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e<br />
eines „eingeschwungenen Zustan<strong>de</strong>s“ aus und<br />
legt einen „normalisierten erwarteten Cash<br />
Flow“ ( CF T+1ff. ) fest, <strong>de</strong>r annahmegemäß bis in<br />
die Unendlichkeit im Durchschnitt immer wie<strong>de</strong>r<br />
generiert und pro Perio<strong>de</strong> um einen konstanten<br />
Wachstumsfaktor (1+w) erhöht wird.<br />
Lässt man die sich ergeben<strong>de</strong> geometrische<br />
Reihe gegen unendlich streben, erhält man <strong>de</strong>n<br />
Wertanteil <strong>de</strong>r Globalplanungsphase, zunächst<br />
bezogen auf <strong>de</strong>n Startpunkt <strong>de</strong>s ewigen Rentenzeitraumes<br />
( ). Daher ist noch<br />
auf <strong>de</strong>n Betrachtungszeitpunkt t=0 abzuzinsen<br />
{ ( 1+k ) -T }. Im Einzelfall kann diese Phase am<br />
gesamten Unternehmenswert einen Anteil von<br />
über 100 % ausmachen, was insb. bei sog.<br />
Start-up-Firmen <strong>de</strong>r Fall ist, die in <strong>de</strong>r Detailplanungsphase<br />
noch keine positiven Cash<br />
Flows generieren. Beson<strong>de</strong>re Vorsicht gilt <strong>de</strong>m<br />
Festlegen von w, da hier beson<strong>de</strong>rs große<br />
Wertmanipulationen möglich sind – und dies<br />
bei weitgehend fehlen<strong>de</strong>r Nachprüfbarkeit.<br />
Nimmt man an, dass sich eine Firma in einem<br />
stabil-stagnieren<strong>de</strong>n Marktumfeld bewegt bzw.<br />
keine stichhaltigen Grün<strong>de</strong> für unendliches Anwachsen<br />
nachhaltiger Cash Flows vorliegen,<br />
sollte man auf einen Wachstumsfaktor verzichten<br />
(w=0).<br />
In <strong>de</strong>r Abbildung 2 wird mit k=10 % und w=0<br />
eine Bewertung für eine eigenfinanzierte Business<br />
Unit nach (2) ver<strong>de</strong>utlicht, wobei die Beispieldaten<br />
aus <strong>de</strong>r Cash Flow-Rechnung <strong>de</strong>r<br />
Abbildung 1 entnommen wur<strong>de</strong>n.<br />
In Abbildung 1 wird davon ausgegangen, dass<br />
diese interne Unit Teil eines Konzerns ist und<br />
bewertet wer<strong>de</strong>n soll. Es wird die bei internationalen<br />
Unternehmensbewertungen typische<br />
Annahme einer Vollausschüttung unterstellt.<br />
Die Unit wird als eigenständige Rechtseinheit<br />
interpretiert und gilt als 100 % eigenfinanziert. 1<br />
Als Ertragssteuersatz wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit realistische<br />
30 % auf Unternehmensebene unterstellt.<br />
Weitere steuerliche Wirkungen (insb. Einkommensteuer<br />
bei <strong>de</strong>n Eigentümern) wer<strong>de</strong>n<br />
vereinfacht nicht betrachtet.<br />
Da die Annahme <strong>de</strong>r Eigenfinanzierung gilt,<br />
kann <strong>de</strong>r Zinssatz nur eine Prämie für das operative<br />
Geschäftsrisiko dieser Unit enthalten,<br />
<strong>de</strong>m sich die Eigenkapitalgeber (bewusst) aussetzen.<br />
Die Cash Flows ab t=4 ff. wur<strong>de</strong>n mit<br />
<strong>de</strong>r einfachen ewigen Rentenformel diskontiert<br />
(Mo<strong>de</strong>ll ohne „ewiges Wachstum”). Stellt<br />
man sich gedanklich in <strong>de</strong>n Zeitpunkt t=3, so<br />
folgt für <strong>de</strong>n Unternehmenswert zu diesem<br />
Zeitpunkt: 4.410/0,1 = 44.100,– GE. Im aktuellen<br />
Bewertungszeitpunkt (t=0) beträgt die<br />
CM Juli / August 2011<br />
Summe aller künftigen Zahlungsfolgen<br />
42.987,60 GE und stellt <strong>de</strong>n gesuchten<br />
Unitwert dar. Im Zeitablauf ergeben sich die<br />
weiteren in Abbildung 2 wie<strong>de</strong>rgegebenen<br />
Werte, in<strong>de</strong>m stets nur die künftigen Zahlungen<br />
in die Bewertung einbezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
In <strong>de</strong>r Praxis hat sich die laufen<strong>de</strong> Performancekontrolle<br />
auf <strong>de</strong>r Ebene von cashbasierten<br />
Unternehmenswertberechnungen nicht mehrheitlich<br />
durchgesetzt. U.a. <strong>de</strong>shalb, weil diese<br />
sehr aufwendig und nicht direkt mit <strong>de</strong>m operativen<br />
Tagesgeschäft verankert sind, um das<br />
operative Management ggf. von <strong>de</strong>r Notwendigkeit<br />
neuer Zielvorgaben zu überzeugen.<br />
Operative Unternehmenssteuerung mittels<br />
DCF-Methodik gilt in <strong>de</strong>r Praxis vielfach als<br />
zu abstrakt, was sicher auch am Einsatz von<br />
Finanzmathematik und <strong>de</strong>r Verwendung von<br />
Ein- und Auszahlungen liegen dürfte.<br />
Es ist daher festzustellen, dass die Praxis<br />
mehrheitlich eine periodische Wertverän<strong>de</strong>rung<br />
zu messen versucht, die sich eng an vertrautes<br />
Zahlenmaterial <strong>de</strong>r G+V (Erträge und Aufwendungen)<br />
anlehnt. Möglicherweise ist das bevorzugte<br />
Denken in G+V-Daten auch eine Folge einer<br />
teils didaktisch verfehlten aka<strong>de</strong>mischen<br />
Ausbildung. So lernt <strong>de</strong>r angehen<strong>de</strong> Betriebswirt<br />
bzw. Kaufmann in seinen ersten Semestern<br />
zunächst das Erkennen von und Rechnen<br />
mit Erfolgsgrößen. Erst dann wird versucht, die<br />
Zahlungssicht stärker zu betonen, insb. in Veranstaltungen<br />
zum Corporate Finance.<br />
Economic Value Ad<strong>de</strong>d (EVA) zur<br />
laufen<strong>de</strong>n Performancemessung<br />
und Bewertung von Geschäftsbereichen<br />
als „praxisgerechtes<br />
Konzept”<br />
Die gemeinsame theoretische Wurzel <strong>de</strong>s<br />
EVA-Ansatzes stellt das sog. Preinreich/Lücke-Theorem<br />
dar. Preinreich und Lücke haben<br />
unabhängig voneinan<strong>de</strong>r und zeitversetzt Residualgewinne<br />
(„Betriebsergebnisse unter Einbeziehung<br />
von Opportunitätskosten“) formuliert,<br />
<strong>de</strong>ren Diskontierung über die Nutzungsdauer<br />
alternativ zu einem rein zahlungsorientierten<br />
Ansatz zu i<strong>de</strong>ntischen Kapitalwerten für ein Investitionsobjekt<br />
führt (vgl. Lücke, W. Ausgleichsfunktion<br />
1987, S. 369 - 375; Lücke, W.<br />
51
52<br />
Bewertung von Geschäftsbereichen mit Pensionszusagen<br />
Abb. 1: Beispiel für eine eigenfi nanzierte Unit ohne Pensionszusagen<br />
Investitionslexikon 1991, S.264; Lücke, W. Investitionsrechnung<br />
1955, S.310 - 324; Preinreich,<br />
G.A.D. Valuation 1937, S.209 - 226).<br />
Der Residualgewinn ergibt sich prinzipiell aus<br />
Erfolgsgrößen einer Gewinn- und Verlustrechnung,<br />
allerdings vor Zinsen aber nach Steuern<br />
unter <strong>de</strong>r Fiktion <strong>de</strong>r Eigenfinanzierung ( NO-<br />
PAT t ), korrigiert um eine kalkulatorische Verzinsung<br />
<strong>de</strong>s investierten Kapitals zum Perio<strong>de</strong>nanfang<br />
bzw. zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Vorjahres ( k · CE t-1 ).<br />
Die Analogie zum internen Betriebsergebnis in<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Kostenrechnungstradition ist offensichtlich:<br />
Einem Erfolg aus <strong>de</strong>m operativen<br />
Abb. 2: Unitwerte mit erwarteten Cash Flows im Zeitablauf<br />
Kerngeschäft wird eine „Einkommenshür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Gesamtkapitalgeber” gegenübergestellt. Ein<br />
positiver Residualgewinn einer Perio<strong>de</strong> leistet<br />
<strong>de</strong>mnach einen <strong>de</strong>n Kapitalwert erhöhen<strong>de</strong>n<br />
Beitrag, weshalb Residualgewinnberechnungen<br />
für eine laufen<strong>de</strong> Performancemessung in <strong>de</strong>r<br />
Bewertungs- als auch in <strong>de</strong>r Controllingpraxis<br />
als prä<strong>de</strong>stiniert gelten.<br />
Damit Residualgewinnberechnungen zu gleichen<br />
Ergebnissen wie ein Rechnen auf Basis<br />
von Zahlungsfolgen gelangen, müssen stets die<br />
Voraussetzungen <strong>de</strong>s Preinreich/Lücke-Theorems<br />
erfüllt sein: Neben <strong>de</strong>r Verwendung i<strong>de</strong>n-<br />
tischer Kalkulationszinssätze stellt die Einhaltung<br />
<strong>de</strong>r sog. Barwertkompatibilität (auch<br />
Kongruenz- o<strong>de</strong>r Clean Surplus-Prinzip) die<br />
wichtigste zu erfüllen<strong>de</strong> Bedingung dar. Für <strong>de</strong>n<br />
Economic Value Ad<strong>de</strong>d (EVA) ist die Barwertkompatibilität<br />
nun zu ver<strong>de</strong>utlichen, wobei von<br />
diversen Anpassungen (sog. Conversions) abgesehen<br />
wird. Formal ist EVA wie folgt <strong>de</strong>finiert:<br />
(3) EVA t = NOPAT t – k · CE t-1<br />
Wie Gleichung (3) zeigt, greift das EVA-Konzept<br />
analog (1) bzw. (2) auf risikoadjustierte Zinssätze<br />
zurück. Diskontierte EVA-Folgen führen bei
korrekter Umsetzung unter Hinzunahme <strong>de</strong>r<br />
zum jeweiligen Bewertungszeitpunkt gegebenen<br />
Vermögensbestandswerte CE 0 (vorstellbar<br />
als Bilanzsumme bzw. investiertes Kapital)<br />
zum selben Unternehmenswert wie eine DCF-<br />
Berechnung nach (2):<br />
Dies ver<strong>de</strong>utlicht Abbildung 3 anhand <strong>de</strong>r oben<br />
vorgestellten Beispieldaten, wobei die Diskontierung<br />
ebenfalls mit 10 % erfolgt und ab t=4 ff.<br />
die ewige Rente unterstellt ist. Ein Vergleich mit<br />
Abbildung 2 zeigt, dass in je<strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> i<strong>de</strong>ntische<br />
Unternehmenswerte erzielt wer<strong>de</strong>n; offensichtlich<br />
ist die sog. Barwertkompatibilität<br />
eingehalten wor<strong>de</strong>n. Dies gilt es nun exakter<br />
herauszuarbeiten.<br />
Barwertkompatibilität im Rahmen<br />
einer Geschäftsbereichsbewertung<br />
Zur Herleitung <strong>de</strong>r Barwertkompatibilität empfiehlt<br />
es sich, im Restwertzeitraum zu beginnen:<br />
In Abbildung 1 liegt das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Detailplanungszeitraums<br />
in t=T=3. Zu diesem Zeitpunkt<br />
müssen die Unternehmenswerte auf Basis<br />
einer DCF-Berechnung (analog Abbildung 2)<br />
mit <strong>de</strong>r einer kongruenten Residualgewinnrechnung<br />
(analog Abbildung 3) übereinstimmen, da<br />
ein „eingeschwungener Zustand“ ab t=4 ff. unterstellt<br />
wird. Damit die Unternehmenswerte zu<br />
Beginn <strong>de</strong>r Restwertphase (t=T) übereinstimmen,<br />
ist eine I<strong>de</strong>ntität von Free Cash Flow<br />
(CF) und Net Operating Profits (NOPAT) ab<br />
t=T+1 zu for<strong>de</strong>rn. Für <strong>de</strong>n Unternehmenswert<br />
in t=T muss für <strong>de</strong>n DCF-Ansatz (linke Seite)<br />
bzw. für <strong>de</strong>n EVA-Ansatz (rechte Seite) gelten:<br />
Abb. 3: Mit <strong>de</strong>m Residualgewinn EVA lassen sich DCF-basiert Unitwerte generieren<br />
Auf <strong>de</strong>r rechten Seite von (5) wird EVA ab t=4<br />
ff. mit <strong>de</strong>r ewigen Rentenformel ohne Wachstum<br />
(w=0) diskontiert. Das Ergebnis stellt zunächst<br />
einen Kapitalwert (Net Present Value) in<br />
t=T dar. Um zum Unternehmenswert (Present<br />
Value) zu gelangen, ist <strong>de</strong>r Vermögensbestand<br />
zu addieren. Damit sowohl die linke als auch die<br />
rechte Seite zum gleichen Unternehmenswert<br />
zu Beginn <strong>de</strong>r Restwertphase führen, muss ab<br />
t=4 ff. offensichtlich gelten:<br />
(6) CF = NOPAT (Barwertkompatibilität<br />
im Restwertzeitraum)<br />
Wie man an (5) zu<strong>de</strong>m erkennt, kommt es für<br />
die Unternehmenswerthöhe überhaupt nicht<br />
auf <strong>de</strong>n Bestandswert von CE T an; allein das<br />
künftige operative Ergebnis vor Zinsen ist wertbil<strong>de</strong>nd.<br />
Und da dies laut (6) <strong>de</strong>m Free Cash<br />
Flow (hier: Flow To Equity) entsprechen muss,<br />
ist am En<strong>de</strong> <strong>de</strong> facto nur dieser allein entschei<strong>de</strong>nd.<br />
Insofern wird <strong>de</strong>r „ewige Unitwert“ lediglich<br />
auf <strong>de</strong>n diskontierten „ewige Renten-EVA“<br />
und <strong>de</strong>m investierten Kapital in t=T optisch verteilt.<br />
Neben <strong>de</strong>r Kompatibilität im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Restwertphase muss das Kongruenzprinzip<br />
auch in <strong>de</strong>n Perio<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Detailplanungsphase<br />
gelten. Hierzu kann man bspw. gedanklich von<br />
t=T (im Beispiel t=3) nach t=T-1 (im Beispiel<br />
t=2) zurückschreiten und fragen, wann ein<br />
DCF- und EVA-Ansatz gleiche Unternehmenswerte<br />
per t=T-1 generieren (vgl. Gleichung (7)).<br />
CM Juli / August 2011<br />
Auf <strong>de</strong>r linken Seite von (7) ist <strong>de</strong>r DCF-Ansatz<br />
wie<strong>de</strong>rgegeben. Die rechte Seite zeigt,<br />
dass künftige EVAs diskontiert wer<strong>de</strong>n und<br />
stets zu je<strong>de</strong>m Bewertungszeitpunkt <strong>de</strong>r dann<br />
gelten<strong>de</strong> Vermögensbestand zu addieren ist.<br />
Der Ausdruck (UW T – CE T ) stellt die diskontierte<br />
EVA-Folge für <strong>de</strong>n ewigen Restwertzeitraum<br />
( ) dar, was sich in Glei-<br />
chung (5) nochmals ablesen lässt. Vereinfacht<br />
man die in (7) wie<strong>de</strong>rgegebene „I<strong>de</strong>ntitätsbedingung“,<br />
erhält man letztlich:<br />
Gleichung (8) könnte man als perio<strong>de</strong>nbezogene<br />
Kompatibilitätsbedingung für <strong>de</strong>n Detailplanungszeitraum<br />
interpretieren. Die Richtigkeit<br />
von (8) kann man sich bspw. klarmachen, in<strong>de</strong>m<br />
man im betrachteten Jahr T alle Cash<br />
Flow- und NOPAT-Daten gleich Null setzt – mit<br />
Ausnahme <strong>de</strong>r Investitionsauszahlungen sowie<br />
<strong>de</strong>r Abschreibungen in T. Stellt man (8) dann<br />
nach CE T um, wird <strong>de</strong>r Vermögensbestand,<br />
ausgehend vom Bestandswert zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
Vorjahres ( CE T-1 ), um Investitionsauszahlungen<br />
erhöht ( - CF T ) und um Abschreibungen ( NO-<br />
PAT T = - Af A T ) reduziert, was eine übliche Abbildung<br />
dieser Sachlage im Rechnungswesen<br />
darstellt. Wer<strong>de</strong>n alle Perio<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Detailplanungszeitraums<br />
aufsummiert, lautet die Barwertkompatibilität<br />
für diese erste Phase:<br />
siehe nächste Seite – Gleichung 9<br />
53
54<br />
Bewertung von Geschäftsbereichen mit Pensionszusagen<br />
(Kompatibilität in <strong>de</strong>r Detailplanungsphase)<br />
Betrachten wir das Fallbeispiel und vergleichen<br />
die Daten aus Abbildung 2 und Abbildung 3: Im<br />
Restwertzeitraum t=4 ff. entsprechen sich als<br />
Folge von (5) bzw. (6) „ewiges“ NOPAT und<br />
„ewiger“ Free Cash Flow. In t=T=3 sind die Unternehmenswerte<br />
i<strong>de</strong>ntisch. Auf dieser Annahme<br />
basiert die in (7) wie<strong>de</strong>rgegebene I<strong>de</strong>ntitätsfor<strong>de</strong>rung<br />
für <strong>de</strong>n Detailplanungszeitraum,<br />
aus <strong>de</strong>r dann die Barwertkompatibilität in (9)<br />
abgeleitet wur<strong>de</strong>. Setzt man für t=1 bis t=3 die<br />
relevanten Beispieldaten in Gleichung (9) ein,<br />
zeigt sich, dass das Kongruenzprinzip eingehalten<br />
ist: Die Summe <strong>de</strong>r Free Cash Flows laut<br />
Abbildung 2 beträgt 16.380,– (linke Seite von<br />
Abb. 4: Fallbeispiel mit Pensionszusage<br />
(9)). Auf <strong>de</strong>r rechten Seite von (9) lautet die<br />
Summe <strong>de</strong>r NOPATs 17.780,–. Davon ist die<br />
Summe <strong>de</strong>r Vermögensbestandsän<strong>de</strong>rungen<br />
zu subtrahieren (-1.400,–), was zusammen<br />
zum gleichen Wert wie auf <strong>de</strong>r linken Seite führt<br />
und in Abbildung 3 nachgerechnet wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Das EVA-Konzept lässt sich also kompatibel<br />
zum DCF-basierten Risikozuschlagsmo<strong>de</strong>ll<br />
gestalten. Gilt dies auch, wenn wir Pensionszusagen<br />
zu berücksichtigen haben?<br />
Barwertkompatibilität im Residualgewinnkonzept<br />
EVA für eine<br />
Pensionszusage<br />
Wir bleiben gedanklich im Fallbeispiel bzw.<br />
im Zwei-Phasen-Mo<strong>de</strong>ll und stellen uns vor,<br />
dass ein Mitarbeiter bzw. eine homogene Mit-<br />
arbeitergruppe in t=0 eine Pensionszusage erhält,<br />
die in t=1 zum erstmaligen Buchen einer<br />
Pensionsrückstellung (bspw. „Sozialaufwand<br />
bzw. Zuführung Pensionsrückstellung an Pensionsrückstellung“)<br />
führt. Die ersten Pensionszahlungen<br />
fin<strong>de</strong>n ab t=3 statt. Da ab t=4 ff. <strong>de</strong>r<br />
„ewig eingeschwungene Zustand“ gedacht<br />
wird, muss entsprechend <strong>de</strong>r Barwertkompatibilitätsbedingung<br />
für <strong>de</strong>n Globalprognosezeitraum<br />
die Annahme „Sozialaufwand gleich Sozialauszahlungen“<br />
bzw. „Zuführung Pensionsrückstellungen<br />
gleich Pensionszahlungen“ gelten.<br />
Abbildung 4 zeigt die gleiche Businessunit<br />
nun unter Integration von Pensionen.<br />
Wie man <strong>de</strong>r Cash Flow-Rechnung in Abbildung<br />
4 entnehmen kann, sind die Steuerzahlungen<br />
in allen Perio<strong>de</strong>n gegenüber <strong>de</strong>n Beispieldaten<br />
aus Abbildung 1 gesunken: Die Sozi-
Abb. 5: Gesunkene Unternehmenswerte mittels DCF-Methodik aufgrund Pensionszusagen<br />
alaufwendungen (Zuführung Pensionsrückstellung)<br />
kürzen die Steuerbemessungsgrundlage<br />
(hier aufgrund <strong>de</strong>r Eigenfinanzierung i<strong>de</strong>ntisch<br />
mit <strong>de</strong>r Zwischenerfolgsgröße EBIT) und führen<br />
c.p. zu einem positiven Wertbeitrag aus Sicht<br />
<strong>de</strong>r Sharehol<strong>de</strong>r in Höhe von „Unternehmenssteuersatz<br />
mal Sozialaufwand“ pro Perio<strong>de</strong>. Allerdings<br />
fin<strong>de</strong>n ab t=3 Pensionszahlungen an<br />
ehemalige Mitarbeiter statt, die im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
sog. Vollausschüttungshypothese unmittelbar<br />
die Flow To Equity (Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n) kürzen. Insgesamt<br />
sinken damit die möglichen Zahlungen<br />
an die Eigentümer. Unter sonst unverän<strong>de</strong>rten<br />
Bedingungen sinkt <strong>de</strong>r Unitwert aus Sicht <strong>de</strong>r<br />
Eigentümer zwangsläufig, wie auch Abbildung<br />
5 dokumentiert.<br />
Als nächsten Schritt fragen wir uns, was Pensionszusagen<br />
ihrem Wesen nach eigentlich<br />
sind: Es han<strong>de</strong>lt sich um künftige Auszahlungsversprechen<br />
an Mitarbeiter, die von<br />
<strong>de</strong>r Firma zu zahlen sind und damit stets allein<br />
die Reinvermögensposition <strong>de</strong>r Eigenkapitalgeber<br />
beeinträchtigen. An<strong>de</strong>rs als übliche Finanzschul<strong>de</strong>n<br />
(wie bspw. eine Anleihe) sind Pensionszusagen<br />
nicht übertragbar bzw. nicht an<br />
Kapitalmärkten han<strong>de</strong>lbare Objekte. Daher<br />
kann ein privater Geldgeber auch keine Kapitalsubstitution<br />
durchführen, wie dies zwischen<br />
normaler Fremd- und Eigenfinanzierung bei Kapitalgesellschaften<br />
möglich ist (und sich dabei<br />
ggf. Tax Shield-Effekte erzielen lassen).<br />
Pensionsrückstellungen sind damit stets finanzielle<br />
Lasten <strong>de</strong>r Eigentümer und min<strong>de</strong>rn<br />
damit ihren Present bzw. Sharehol<strong>de</strong>r<br />
Value. Interessant ist nun, dass die Belastung<br />
Abb. 6: Unternehmenswerte mittels EVA-Konzept in einer Unit mit Pensionszusagen<br />
<strong>de</strong>s Reinvermögens entsprechend <strong>de</strong>m Imparitäts-<br />
und Erfolgsperiodisierungsprinzips <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen und internationalen Rechnungslegung<br />
über einen Passivtausch bereits in <strong>de</strong>r<br />
sog. Ansammlungs- o<strong>de</strong>r Ansparphase auszuweisen<br />
ist. Wie hierbei buchungstechnisch im<br />
Einzelnen vorzugehen ist, ist für die Wertfrage<br />
<strong>de</strong>r Unit unerheblich, so dass wir von bereits (irgendwie)<br />
berechneten Zuführungsbeträgen<br />
und Pensionszahlungshöhen ausgehen. An<strong>de</strong>rs<br />
gesagt: Die Kalkulation einer Rückstellung beeinflusst<br />
nicht die Barwertkompatibilität aus Investorensicht<br />
(zur Kalkulation von Pensionsrückstellungen<br />
vgl. näher Kesten, R. Unternehmensfinanzierung<br />
2008, S. 37 - 47).<br />
Damit eine EVA-Bewertung zu gleichen Resultaten<br />
wie in Abbildung 5 gelangt, muss auf die<br />
Kompatibilitätsbedingung in Gleichung (6) und<br />
(9) zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n. Wie man in Abbildung<br />
6 ab t= 4ff. erkennt, stimmen gemäß (6)<br />
<strong>de</strong>r nachhaltige Free Cash Flow mit <strong>de</strong>m nachhaltigen<br />
NOPAT (4.270,–) überein. Wer<strong>de</strong>n die<br />
Zinskosten auf Basis <strong>de</strong>r Bilanzsumme per t=3<br />
subtrahiert, erhält man ein EVA von vorläufig<br />
3.630,–. Wür<strong>de</strong>n wir diesen Wert mit <strong>de</strong>r ewigen<br />
Rentenformel auf t=3 diskontieren, erhalten<br />
wir 36.300,–. Addieren wir die Bilanzsumme<br />
in t=3 aus Abbildung 1 (6.400,–) erhalten<br />
wir 42.700,– als Unitwert per t=3. Dies passt<br />
zum Wert in Abbildung 5. Allerdings zeigt Abbildung<br />
6, dass etwas an<strong>de</strong>rs gerechnet wur<strong>de</strong>.<br />
Freilich wer<strong>de</strong>n offensichtlich barwertkompatible<br />
Resultate in allen Perio<strong>de</strong>n erzielt.<br />
Auffallend in Abbildung 6 ist das Stornieren von<br />
Zinskosten auf Basis <strong>de</strong>s Rückstellungsbe-<br />
CM Juli / August 2011<br />
stan<strong>de</strong>s (PR) sowie die abschließen<strong>de</strong> Subtraktion<br />
von PR von <strong>de</strong>r jeweiligen Bilanzsumme einer<br />
Perio<strong>de</strong>. Damit haben wir zwei markante<br />
Verän<strong>de</strong>rungen gegenüber <strong>de</strong>r Vorgehensweise<br />
aus Abb. 3. Wir können diese Modifikation besser<br />
verstehen, wenn wir die Differenzbeträge<br />
aus <strong>de</strong>r Geschäftsbereichsplanung „mit versus<br />
ohne Pensionszusage“ bestimmen und analysieren.<br />
So zeigt Abbildung 7 die Abweichungen<br />
in <strong>de</strong>r integrierten Jahresabschlussplanung.<br />
Es ist auffällig, dass<br />
· durch die Pensionszusage die Aktivseite<br />
nicht verän<strong>de</strong>rt wird,<br />
· wir <strong>de</strong>n Eigenkapitalbestand in <strong>de</strong>r Bilanz<br />
durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Rückstellung substituieren,<br />
· es dank <strong>de</strong>r Zuführungsbuchungen zu Steuerreduktionen<br />
kommt, die aufgrund <strong>de</strong>r Vollausschüttungsannahme<br />
die Flow To Equity<br />
erhöhen,<br />
· aber durch die Pensionszahlungen eine dauerhafte<br />
Reduktion <strong>de</strong>r Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n unvermeidbar<br />
ist.<br />
Abbildung 8 zeigt auf Basis diskontierter Free<br />
Cash Flows die Wertreduktion, die die Eigentümer<br />
dank Pensionszusage erlei<strong>de</strong>n, falls man<br />
<strong>de</strong>n „pensionsfreien Zustand“ aufgeben wür<strong>de</strong>.<br />
Wertet man Abbildung 8 aus, gilt mit <strong>de</strong>n Annahmen<br />
im Fallbeispiel allgemein für <strong>de</strong>n Wertbeitrag<br />
von Pensionsrückstellungen in t=0<br />
( WPR 0 ):<br />
siehe nächste Seite – Gleichung 10<br />
55
56<br />
Bewertung von Geschäftsbereichen mit Pensionszusagen<br />
Abb. 7: Effekte im Jahresabschluss durch zusätzliche Gewährung von Pensionszusagen<br />
In (10) haben wir zunächst für <strong>de</strong>n bis t=T gelten<strong>de</strong>n<br />
Detailplanungszeitraum<br />
· die diskontierten Zahlungserhöhungen für<br />
die Eigentümer dank Steuerersparnisse<br />
( ) sowie<br />
· die auf t=0 abgezinsten Zahlungsreduktionen<br />
aufgrund <strong>de</strong>r einsetzen<strong>de</strong>n Pensionszahlungen<br />
( ) an ehemalige<br />
Mitarbeiter.<br />
Abschließend folgt <strong>de</strong>r Term für <strong>de</strong>n „ewigen<br />
Rentenzeitraum“ ( ),<br />
in<strong>de</strong>m sich annahmegemäß<br />
Rückstellungszuführungen und Pensi-<br />
onszahlungen entsprechen ( PZ T+1ff. = ZPR T+1ff. )<br />
und damit ein „Bestandsgleichgewicht“ vorliegt.<br />
Einsetzen <strong>de</strong>r Beispieldaten führt in t=0<br />
analog zu Abbildung 8 zu einem negativen<br />
Wertbeitrag aus Sicht <strong>de</strong>r Eigentümer von rund<br />
796,54 GE. Dies bestätigt nochmals Abbildung 9.<br />
Autor<br />
Zu gleichen Ergebnissen gelangt man mittels<br />
Abbildung 10, in <strong>de</strong>r die EVA-Methodik eingesetzt<br />
wird. Offensichtlich wird <strong>de</strong>r in (10) dargestellte<br />
Wertbeitrag von Pensionsrückstellungen<br />
auch hier erreicht. Wir testen dies für <strong>de</strong>n Detailplanungszeitraum<br />
bis t=T=3 durch die Kompatibilitätsbedingung<br />
(9): In Abbildung 9 sind<br />
die Cash Flow-Än<strong>de</strong>rungen bis t=3 zusammen<br />
(+180+120-10=) +290,- GE. Betrachten wir<br />
Prof. Dr. Ralf Kesten<br />
lehrt seit 2002 an <strong>de</strong>r NORDAKADEMIE und verantwortet die<br />
Fachgebiete „Rechnungswesen und Controlling”. Davor war er<br />
mehrere Jahre in einem DAX-Konzern für praktische Unternehmensbewertung<br />
und laufen<strong>de</strong> Performancekontrollen von Geschäftsbereichen<br />
zuständig. Sein beson<strong>de</strong>res Interesse gilt<br />
Konzepten <strong>de</strong>s wertorientierten Controlling sowie <strong>de</strong>r Unternehmensbewertung.
die Verän<strong>de</strong>rungen von NOPAT in Abb. 10, erhalten<br />
wir bis t=3 (-420-280-210=) -910,- GE.<br />
Um diesen negativen Wert auf letztlich +290,–<br />
GE anzuheben, muss die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s investierten<br />
Kapital abnehmen, um unter Beachtung<br />
<strong>de</strong>r in (9) dargestellten Vorzeichen die negative<br />
NOPAT-Folge zu steigern. Für <strong>de</strong>n hinteren Teil<br />
von (9) rechnen wir:<br />
Dass wir so rechnen müssen, sei am Fallbeispiel<br />
in t=1 ver<strong>de</strong>utlicht:<br />
Wir betrachten die erstmalige Rückstellungszuführung<br />
(in t=1 in Höhe von 600,– GE). Da es in<br />
t=1 noch zu keiner Pensionszahlung kommt,<br />
verän<strong>de</strong>rt sich <strong>de</strong>r Free Cash Flow nur dank <strong>de</strong>r<br />
„Weniger-Zahlung“ an Steuern (in t=1 um<br />
+180,– GE). Dann darf sich auch die rechte<br />
Seite von (9) nur um +180,-- än<strong>de</strong>rn. Allerdings<br />
bewirkt die Zuführungsbuchung einen NOPAT-<br />
Rückgang um 420,– GE. Die Barwertkompatibilität<br />
verlangt dann eine Abnahme von Capital<br />
Employed ( CE t - CE t-1 ). Wie man in Abbildung 7<br />
erkennt, entspricht dies <strong>de</strong>r Reduktion <strong>de</strong>s Eigenkapitalbestan<strong>de</strong>s.<br />
Diese stellt zugleich die<br />
Zunahme <strong>de</strong>r Rückstellung von t=0 nach t=1<br />
dar (+600,–): Rückstellungen sind damit „vorweggenommene<br />
Vermögensmin<strong>de</strong>rungen“, die<br />
von <strong>de</strong>r Bilanz- bzw. Aktivsumme zu subtrahieren<br />
sind, um mit <strong>de</strong>m EVA-Ansatz übereinstim-<br />
Abb. 9: Wertbeitrag Pensionsrückstellung auf Basis von Formel (10)<br />
men<strong>de</strong> Bewertungsergebnisse wie mit diskontierten<br />
Cash Flows zu erzielen. Die in Abbildung<br />
10 berechnete Wertreduktion aus Sicht <strong>de</strong>r Eigentümer<br />
zeigt, wie hoch die „vorweggenommene<br />
Vermögensmin<strong>de</strong>rung“ ausfällt. Sie ist<br />
gedanklich aufgeteilt auf <strong>de</strong>n Rückstellungsbestand<br />
sowie auf <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>r diskontieren EVA-<br />
Verän<strong>de</strong>rungen in einer Perio<strong>de</strong>. Letztlich sind<br />
es aber auch hier wie<strong>de</strong>r die Zahlungsverän<strong>de</strong>rungen<br />
(vgl. Abbildung 9), die sich als wertbestimmend<br />
erweisen.<br />
Aus Abbildung 10 folgt auch, dass Rückstellungen<br />
nicht als investiertes Kapital betrachtet<br />
wer<strong>de</strong>n dürfen, auf die noch Zinskosten aus<br />
Sicht <strong>de</strong>r Sharehol<strong>de</strong>r zu berechnen sind. Denn<br />
ihre Bildung ist nicht die Folge einer Außenfinanzierung.<br />
Sie sind vielmehr ein Versprechen<br />
an ehemalige Mitarbeiter, ihnen Firmenvermögen<br />
zu überlassen. Folglich stellt die gesamte<br />
Bilanzsumme nicht die relevante Verzinsungsbasis<br />
für Investoren dar. Insofern lassen sich<br />
Rückstellungen in Analogie zur Kostenrechnung<br />
auch als „Abzugskapital“ klassifizieren. Didaktisch<br />
ergänzend lässt sich argumentieren, dass<br />
durch die Zuführungsbuchung, die einen Zinsanteil<br />
enthält, bereits die Entlohnung dieser beson<strong>de</strong>ren<br />
Fremdkapitalposition stattgefun<strong>de</strong>n<br />
Abb. 10: Unternehmenswertreduktion durch Pensionszusagen berechnet mittels EVA-Methodik<br />
hat. Allerdings ist diese Argumentation nicht<br />
zwingend geboten; sie stellt nur eine didaktische<br />
Hilfserklärung dar und ist im Kern sogar<br />
sachlich falsch.<br />
Bei unserer Berechnung <strong>de</strong>s Wertbeitrages von<br />
Pensionsrückstellungen mag man <strong>de</strong>n Ansatz<br />
<strong>de</strong>s risikoadjustierten Zinssatzes bemängeln. In<br />
<strong>de</strong>r Tat ist es naheliegend, die Zahlungsverän<strong>de</strong>rungen<br />
aus Abbildung 9 (und damit auch<br />
analog die EVA-Methodik) mit einem risikolosen<br />
Basiszinssatz (bspw. Umlaufrendite mün<strong>de</strong>lsicherer<br />
Staatsanleihen) abzuzinsen. Denn<br />
sowohl die Pensionszahlungen als auch die induzierten<br />
Steuervorteile können als quasi-sicher<br />
eingestuft wer<strong>de</strong>n. Dies hätte zur Folge,<br />
dass sich <strong>de</strong>r Wertbeitrag noch negativer darstellen<br />
wür<strong>de</strong>.<br />
Zusammenfassung<br />
CM Juli / August 2011<br />
Das Residualgewinnkonzept „EVA“ kann für<br />
Zwecke <strong>de</strong>r Unternehmensbewertung sowie zur<br />
laufen<strong>de</strong>n Performancekontrolle dieser Werte<br />
grundsätzlich genutzt wer<strong>de</strong>n, sofern sie barwertkompatibel<br />
gestaltet sind und richtig interpretiert<br />
wer<strong>de</strong>n können. Die Bedingungen für<br />
die so wichtige Barwertkompatibilität im Rahmen<br />
eines Zwei-Phasen-Bewertungsmo<strong>de</strong>lls<br />
mit einfacher Gewinnsteuer auf Unternehmensebene<br />
wur<strong>de</strong>n aufgezeigt und in einem inte-<br />
57
58<br />
Bewertung von Geschäftsbereichen mit Pensionszusagen<br />
grierten Fallbeispiel erläutert. In einem nächsten<br />
Schritt wur<strong>de</strong> die Abbildung von Pensionszusagen<br />
betrachtet. Der Wertbeitrag von Pensionen<br />
ließ sich auf <strong>de</strong>r Basis von Free Cash<br />
Flows problemlos ermitteln, in<strong>de</strong>m die künftigen<br />
Zahlungsverän<strong>de</strong>rungen, die allein dank<br />
<strong>de</strong>r Pensionsversprechen im Geschäftsbereich<br />
ausgelöst wer<strong>de</strong>n, bestimmt und diskontiert<br />
wur<strong>de</strong>n. Da diese Zahlungen als sicher eingestuft<br />
wer<strong>de</strong>n dürfen, hätte man theoretisch korrekt<br />
mit risikofreien Basiszinssätzen diskontieren<br />
müssen. Hierauf wur<strong>de</strong> verzichtet. Die abgeleiteten<br />
Kompatibilitätsbedingungen zur Umsetzung<br />
<strong>de</strong>s Residualgewinnmo<strong>de</strong>lls haben<br />
abschließend gezeigt, dass Pensionsrückstellungen<br />
nicht als investiertes Kapital interpretiert<br />
wer<strong>de</strong>n dürfen. Sie stellen lediglich<br />
künftige Vermögensmin<strong>de</strong>rungen zu<br />
Lasten <strong>de</strong>r Eigentümer dar, die in keinem direkten<br />
Zusammenhang zur Bewertung <strong>de</strong>s<br />
operativen Kerngeschäftes stehen. Insofern ist<br />
es plausibel, sie im Rahmen <strong>de</strong>r EVA-Methodik<br />
aus <strong>de</strong>r zinstragen<strong>de</strong>n Bilanzsumme heraus zu<br />
rechnen, wie es die Bedingungen zur Barwertkompatibilität<br />
erfor<strong>de</strong>rn.<br />
Literaturhinweise<br />
Kesten, R. Grundlagen <strong>de</strong>r Unternehmensfinanzierung,<br />
Chemnitz 2008<br />
Kesten, R. Investitionsrechnung in Fällen und<br />
Lösungen, Herne 2010<br />
Lücke, W. Die Ausgleichsfunktion <strong>de</strong>r kalkulatorischen<br />
Zinsen in <strong>de</strong>r Investitionsrechnung.<br />
In: WISU, 16. Jg. (1987), S.369 - 375<br />
Lücke, W. Investitionslexikon, 2. Aufl., München<br />
1991<br />
Lücke, W. Investitionsrechnung auf <strong>de</strong>r<br />
Grundlage von Ausgaben o<strong>de</strong>r Kosten? In: Zeit-<br />
schrift für han<strong>de</strong>lswissenschaftliche Forschung,<br />
7. Jg. (1955), S.310 - 324<br />
Preinreich, G.A.D. Valuation and Amortization.<br />
In: The Accounting Review, 12. Jg. (1937),<br />
S.209 - 226<br />
Fußnoten<br />
Controller Congress 2011<br />
Montagabend beim Biergarten<br />
1 Diese Annahme macht weitere Überlegungen<br />
zur Konstruktion <strong>de</strong>s Kalkulationszinssatzes<br />
(Rechnen mit gewogenen Gesamtkapitalkostensätzen<br />
o<strong>de</strong>r lediglich Eigenkapitalkostensatz)<br />
sowie zum konkreten Bewertungsverfahren<br />
(WACC- o<strong>de</strong>r APV-Ansatz) überflüssig, da<br />
Einflüsse aus <strong>de</strong>r Verschuldung ausgeklammert<br />
bleiben.<br />
v.l.n.r.: Carmen Zillmer (ICV), Gundula Wagenbrenner (VCW und CA), Nga Le (CA), Sieglin<strong>de</strong> Wiesmann (CA), Sandra Wukonigg (CA), Susanne<br />
Eiselmayer (VCW) und Doris Pascher (CA)
Stand <strong>de</strong>s Benchmarking in Deutschland<br />
von Matthias Schmie<strong>de</strong>r<br />
Der Begriff „Benchmark”, meint wörtlich<br />
Mess- und Bezugspunkt bei Höhen- und<br />
Richtungsvergleichswerten. Ein zentraler Punkt<br />
für Benchmarking sind die richtigen Bezugspunkte,<br />
mit <strong>de</strong>nen die eigenen Vergleichsobjekte<br />
verglichen wer<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>m Benchmarking<br />
im ursprünglichen Sinn, also die Analyse<br />
von Best-in-Class-Unternehmen, gewinnt<br />
gemäß unserer und an<strong>de</strong>rer Studien vor allem<br />
das metrische Benchmarking immer mehr<br />
an Be<strong>de</strong>utung. Ein Instrument, das sich laut einer<br />
Studie <strong>de</strong>s Beratungsunternehmens Bain &<br />
Company als das meistgenutzte Managementtool<br />
etabliert hat, wenn Unternehmen ihren<br />
Erfolg ausbauen und langfristig sichern<br />
wollen, ist das systematisch Benchmarking.<br />
Unter <strong>de</strong>r Leitung von Prof. Matthias Schmie<strong>de</strong>r,<br />
vom Institut für Produktion an <strong>de</strong>r Fachhochschule<br />
Köln, wur<strong>de</strong> in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m<br />
Benchmarking Center Europe im August 2010<br />
eine Untersuchung zum Stand <strong>de</strong>s Benchmarking<br />
in Deutschland durchgeführt. In einer repräsentativen<br />
Befragung wur<strong>de</strong>n die <strong>de</strong>utschen<br />
Unternehmen zu ihren Benchmarkingaktivitäten<br />
und -plänen befragt. (Die komplette Studie<br />
fin<strong>de</strong>n Sie als Downloadangebot auf<br />
www.<strong>controller</strong>magazin.<strong>de</strong>.)<br />
Autor<br />
Knapp zwei Drittel <strong>de</strong>r Unternehmen in<br />
Deutschland haben bereits Benchmarking<br />
durchgeführt, knapp die Hälfte davon mehrfach.<br />
Weitere 12 % planen, zukünftig Benchmarking<br />
durchzuführen. Nur Prozessoptimierung<br />
und strategische Planung wer<strong>de</strong>n von<br />
Abb. 1: Best Practice<br />
mehr <strong>de</strong>utschen Unternehmen genutzt. Dabei<br />
verfügt ein Sechstel <strong>de</strong>r Unternehmen über<br />
mehr als fünf Jahre Erfahrung in Benchmarking,<br />
knapp ein Drittel <strong>de</strong>r Unternehmen zwischen<br />
drei und fünf Jahren und ein Drittel über<br />
ein bis zwei Jahre Erfahrung im Benchmarking.<br />
Deutsche Unternehmen verfolgen vor allem das<br />
Ziel Kostensenkung (91 %), Effizienzsteigerung<br />
(80 %), Qualitätsverbesserung (51 %), Erzielung<br />
von Wettbewerbsvorteilen (38 %),<br />
Zeiteinsparung (31 %) und Kapazitätsoptimierung<br />
(29 %).<br />
Prof. Dr. Matthias Schmie<strong>de</strong>r<br />
ist Leiter <strong>de</strong>s Benchmarking Center Europe (BCE) am INeKO, Institut<br />
an <strong>de</strong>r Universität zu Köln. Im Hauptberuf lehrt er Unternehmensführung<br />
und Controlling am Institut für Produktion an<br />
<strong>de</strong>r FH-Köln. Davor war er über eine Deka<strong>de</strong> kaufm. Geschäftsführer<br />
von mittelständischen Unternehmen.<br />
E-Mail: m.schmie<strong>de</strong>r@bmc-eu.<strong>de</strong><br />
Benchmarkingprojekte haben in <strong>de</strong>r Regel<br />
kurze Projektlaufzeiten und dauern bei <strong>de</strong>r<br />
Hälfte <strong>de</strong>r Unternehmen weniger als zwei Monate,<br />
bei einem weiteren Drittel lediglich drei<br />
bis vier Monate. Der Aufwand für die Unternehmen<br />
beträgt bei mehr als <strong>de</strong>r Hälfte <strong>de</strong>r<br />
Befragten weniger als 30 Personentage.<br />
Die meisten Unternehmen konnten mit Benchmarking<br />
<strong>de</strong>n Materialverbrauch reduzieren,<br />
die Prozess- und Produktqualität verbessern<br />
sowie die Prozess- und Durchlaufzeit verkürzen.<br />
Am geringsten war die Verbesserung bei<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nzufrie<strong>de</strong>nheit.<br />
Abb. 2: Kennzahlenbenchmarking<br />
CM Juli / August 2011<br />
In Zukunft stehen vor allem die Benchmarking-<br />
Bereiche Verwaltung, Prozess und Marketing<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund. Die zukünftigen Benchmarking-Ziele<br />
sind – wie bisher – vornehmlich Effizienzsteigerung<br />
und Kostensenkung.<br />
59
60<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Projekten<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Projekten<br />
Über Kennzahlen in Forschung und Praxis<br />
von Volker Bilgram und Gregor Jawecki<br />
Traditionellerweise zeichneten sich Innovationsführer<br />
durch herausragen<strong>de</strong> interne Forschungs-<br />
und Entwicklungsabteilungen wie<br />
beispielsweise die AT&T Bell Labs aus (Chesbrough<br />
2006). Die Maxime lautete „Picking a<br />
man of genius, giving him money, and leaving<br />
him alone” (Conant 2002).<br />
Erfolgsmessung im Innovationsmanagement<br />
2.0<br />
Seit <strong>de</strong>r Jahrtausendwen<strong>de</strong> jedoch haben Unternehmen<br />
wie 3M (Lilien et al. 2002), Lego<br />
(Moon/Sproull 2001), BMW (Jawecki et al.<br />
2010) o<strong>de</strong>r Ducati (Sawhney et al. 2005) ihre<br />
Innovationsstrategie radikal geän<strong>de</strong>rt, in<strong>de</strong>m<br />
sie ihre Innovationsprozesse für externe<br />
Stakehol<strong>de</strong>r geöffnet haben. Unter <strong>de</strong>m Begriff<br />
‘Open Innovation’ haben mit <strong>de</strong>m Einzug<br />
von Social-Media-Applikationen insbeson<strong>de</strong>re<br />
online-basierte sogenannte ‘outsi<strong>de</strong>-in’-<br />
Ansätze an Popularität gewonnen. Ansätze wie<br />
I<strong>de</strong>enwettbewerbe (Piller/Walcher 2006),<br />
Mass Customization (Franke/Piller 2004)<br />
o<strong>de</strong>r Broadcasting-Plattformen (Lakhani<br />
2006) wer<strong>de</strong>n eingesetzt, um in unterschiedlichen<br />
Phasen <strong>de</strong>r Wertschöpfung zusammen<br />
mit externen Individuen zu kollaborieren und so<br />
die ‘Weisheit <strong>de</strong>r Masse’ zu nutzen.<br />
Diese neue Ausrichtung von Unternehmen auf<br />
Open-Innovation-Ansätze in <strong>de</strong>r Produktentwicklung<br />
hat laut Chesbrough (2005) folglich<br />
auch weitreichen<strong>de</strong> Konsequenzen auf die<br />
Kennzahlen und Messgrößen für die Erfolgsmessung<br />
und das Controlling von Innovationsprojekten.<br />
Unternehmen sind bestrebt, Nutzen<br />
und Kosten ihrer Open-Innovation-Initiativen<br />
messbar zu machen, um sie mit herkömmlichen<br />
Innovationsprojekten vergleichen<br />
und ein ganzheitliches Controlling gewährleisten<br />
zu können. Basierend auf einer umfassen<strong>de</strong>n<br />
wissenschaftlichen Strömung hat die<br />
ganzheitliche und stark strategisch ausgerichtete<br />
Erfolgsmessung („Performance Measurement“),<br />
wie z. B. die Balanced Scorecard (Kaplan/Norton<br />
1992) o<strong>de</strong>r die SMART Pyramid<br />
(Lynch/Cross 1991), Eingang in die Managementpraxis<br />
gefun<strong>de</strong>n.<br />
Auch für das Innovationscontrolling (Bösch<br />
2007) und die Erfolgsmessung für R&D (Kerssens-van<br />
Drongelen et al. 2000) bestehen<br />
zahlreiche Ansätze und Frameworks. Die Entwicklung<br />
geeigneter Verfahren für ein Controlling<br />
von Open-Innovation-Aktivitäten steckt<br />
hingegen noch in <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rschuhen. Erste<br />
vereinzelte Ansätze wie zum Beispiel die Open<br />
Innovation Scorecard von Hilgers und Piller<br />
(2009) o<strong>de</strong>r die I<strong>de</strong>encommunity Scorecard<br />
von Blohm et al. (2011) zeigen interessante<br />
Vorschläge zur Erfolgsmessung in diesem Bereich<br />
auf.<br />
Das Ziel <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Beitrags ist es, einen<br />
Überblick über <strong>de</strong>n aktuellen Stand <strong>de</strong>r Open-<br />
Innovation-Erfolgsmessung sowohl in Theorie<br />
als auch in <strong>de</strong>r Praxis zu geben. Aufgrund <strong>de</strong>r<br />
Vielzahl an unterschiedlichen Open-Innovation-<br />
Metho<strong>de</strong>n und -Instrumenten wird im Folgen<strong>de</strong>n<br />
ein Querschnitt an Open-Innovation-Projekten in
unterschiedlichen Phasen <strong>de</strong>s Innovationsprozesses<br />
näher beleuchtet. Zunächst wer<strong>de</strong>n basierend<br />
auf einer Literaturrecherche Beispiele<br />
zur Erfolgsmessung von Open-Innovation-Projekten<br />
in <strong>de</strong>r Wissenschaft vorgestellt. Dabei<br />
wer<strong>de</strong>n unterschiedliche Vorgehensweisen<br />
sichtbar, u.a. bei <strong>de</strong>r Erfolgsmessung von I<strong>de</strong>enwettbewerben<br />
bei SAP, Lead-User-Projekten<br />
bei 3M, <strong>de</strong>r ‘Broadcasting’ Plattform Innocentive<br />
und von Mass Customization in verschie<strong>de</strong>nen<br />
Branchen. Im Anschluss daran wird die<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Initiativen<br />
in <strong>de</strong>r Praxis am Beispiel eines Online-I<strong>de</strong>enwettbewerbs<br />
<strong>de</strong>r BMW Group vorgestellt.<br />
Neben <strong>de</strong>m konkreten Innovationsergebnis soll<br />
die Aufmerksamkeit auch auf Community- und<br />
Kommunikationseffekte gelenkt wer<strong>de</strong>n, die<br />
bislang häufig nur als Nebenprodukte <strong>de</strong>s I<strong>de</strong>enoutputs<br />
betrachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Projekten<br />
in <strong>de</strong>r Wissenschaft<br />
Aufgrund <strong>de</strong>s jungen Phänomens Open-Innovation<br />
existieren nur wenige Beispiele, in <strong>de</strong>nen<br />
<strong>de</strong>r Erfolg konkreter Open-Innovation-Projekte<br />
gemessen wird. Im Folgen<strong>de</strong>n wird die Erfolgsmessung<br />
von vier unterschiedlichen Open-Innovation-Ansätzen<br />
vorgestellt, die an verschie<strong>de</strong>nen<br />
Stellen <strong>de</strong>s Innovationsprozesses eingesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n (vgl. Abbildung 1).<br />
I<strong>de</strong>enwettbewerb<br />
I<strong>de</strong>enwettbewerbe wer<strong>de</strong>n überwiegend im<br />
„Fuzzy Front End” <strong>de</strong>s Innovationsprozesses<br />
durchgeführt, um die Kreativität und das Wissen<br />
<strong>de</strong>r Massen zu nutzen. Durch die Entwicklung<br />
<strong>de</strong>s Internets und Social Media hat dieses<br />
Innovationsinstrument weiter Auftrieb bekommen.<br />
Basierend auf <strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>s „Crowdsourcings”<br />
wird dabei eine bestimmte Aufgabenstellung<br />
an eine große Masse an Individuen<br />
kommuniziert und eine Belohnung für die<br />
beste(n) I<strong>de</strong>e(n) ausgelobt (Piller/Walcher<br />
2006).<br />
Anhand <strong>de</strong>s SAPiens I<strong>de</strong>enwettbewerbs von<br />
SAP entwickelten Blohm et al. (2011) eine I<strong>de</strong>encommunity-Scorecard,<br />
um <strong>de</strong>n Erfolg von<br />
I<strong>de</strong>enwettbewerben darzustellen und vergleichbar<br />
zu machen.<br />
Die Scorecard von Blohm et al. (2011) basiert<br />
dabei auf <strong>de</strong>r weit verbreiteten Balanced Scorecard<br />
(Kaplan/Norton 1992), die vor allem Einsatz<br />
bei <strong>de</strong>r strategischen unternehmensweiten<br />
Erfolgsmessung fin<strong>de</strong>t. Die vier Dimensionen<br />
<strong>de</strong>r Scorecard umfassen <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n<br />
Innovationsprozess, das interne Lernen <strong>de</strong>r<br />
Organisation sowie die finanzielle Perspektive.<br />
Während sich die Kun<strong>de</strong>nperspektive insbeson<strong>de</strong>re<br />
mit Kennzahlen <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>encommunity<br />
beschäftigt (z. B. die Größe und Aktivität <strong>de</strong>r<br />
Community), bezieht sich die Innovationsdimension<br />
auf <strong>de</strong>n eigentlichen Output von I<strong>de</strong>enwettbewerben<br />
– die I<strong>de</strong>en selbst (z. B. Quantität<br />
und Qualität sowie die spätere Umsetzung).<br />
In <strong>de</strong>r unternehmensinternen Dimension Lernen<br />
wird u.a. auf einen oft verkannten Nutzenwert<br />
von I<strong>de</strong>enwettbewerben hingewiesen.<br />
Wer<strong>de</strong>n I<strong>de</strong>en von <strong>de</strong>n Teilnehmer eines I<strong>de</strong>enwettbewerbs<br />
eingereicht und bewertet, kommt<br />
es zum Dialog zwischen <strong>de</strong>n Individuen, <strong>de</strong>r Erkenntnisse<br />
über zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong> Bedürfnisse<br />
und Wünsche sichtbar wer<strong>de</strong>n lässt. In <strong>de</strong>r finanziellen<br />
Dimension weist die Scorecard vor<br />
allem Kosten für die Implementierung <strong>de</strong>r Online-Plattform<br />
und für das Community Management<br />
aus.<br />
Lead-User-Metho<strong>de</strong><br />
Die Lead-User-Metho<strong>de</strong> ist ein Open-Innovation-Ansatz,<br />
bei <strong>de</strong>m Unternehmen Anwen<strong>de</strong>r mit<br />
beson<strong>de</strong>ren Charakteristika hinsichtlich Fortschrittlichkeit,<br />
Motivation und Qualifikation<br />
in die Entwicklung von disruptiven Innovationen<br />
einbin<strong>de</strong>n. Der ausschlaggeben<strong>de</strong> Vorteil<br />
dieser Metho<strong>de</strong> ist dabei in <strong>de</strong>r Fähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Lead User zu sehen, sich dank ihrer Fortschrittlichkeit<br />
von <strong>de</strong>r gegenwärtigen Situation<br />
lösen zu können. Lead User sind mit Bedürfnis-<br />
und Problemkonstellationen vertraut, mit <strong>de</strong>nen<br />
sich die breite Masse <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n erst in Zukunft<br />
konfrontiert sehen wird. Durch ihre beson<strong>de</strong>ren<br />
Eigenschaften sind Lead User in <strong>de</strong>r<br />
Lage, zu radikal neuen Lösungsansätzen für<br />
eine <strong>de</strong>finierte Aufgabenstellung zu gelangen.<br />
Lilien et al. (2002) führten eine umfassen<strong>de</strong><br />
Studie zu verschie<strong>de</strong>nen Innovationsprojekten<br />
bei 3M durch. Im Rahmen eines natürlichen Ex-<br />
CM Juli / August 2011<br />
periments wur<strong>de</strong>n Daten von insgesamt 47 Innovationsprojekten<br />
im Zeitraum zwischen 1950<br />
und 2000 erhoben. Dabei wur<strong>de</strong>n ‘traditionelle’<br />
Innovationsprojekte mit Projekten, in <strong>de</strong>nen die<br />
Lead-User-Metho<strong>de</strong> angewandt wur<strong>de</strong>, systematisch<br />
verglichen.<br />
Die Studie zeigte, dass I<strong>de</strong>en, die aus Lead-<br />
User-Projekten hervorgingen, ein 8-fach höheres<br />
Umsatzpotenzial im Vergleich zu<br />
I<strong>de</strong>en aus konventionellen Innovationsprojekten<br />
aufweisen. Je<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Lead-User-I<strong>de</strong>en<br />
bil<strong>de</strong>te zu<strong>de</strong>m die Basis einer neuen Produktlinie<br />
bei 3M. Die Studie ist insbeson<strong>de</strong>re auch<br />
<strong>de</strong>shalb bemerkenswert, weil sie <strong>de</strong>n schwer<br />
fassbaren Erfolg einer konkreten Open-Innovation-Metho<strong>de</strong><br />
mit <strong>de</strong>r finanziellen Kennzahl <strong>de</strong>s<br />
Umsatzes misst und mit traditionellen Innovationsprojekten<br />
vergleicht. Aus ROI-Perspektive<br />
unterstreicht die Erfolgsmessung das Potenzial<br />
<strong>de</strong>s Lead-User-Ansatzes und rechtfertigt die<br />
höheren Kosten eines Lead-User-Projekts.<br />
Broadcasting-Plattformen<br />
Auf sogenannten Broadcasting-Plattformen<br />
wer<strong>de</strong>n von einem ‘Seeker’-Unternehmen<br />
Problem- bzw. Fragestellungen gestellt, die von<br />
einem Netzwerk an Individuen außerhalb <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens gelöst wer<strong>de</strong>n sollen. Die ‘lokale’<br />
Suche nach Lösungen innerhalb eines Unternehmens<br />
ist häufig von einer gewissen Befangenheit<br />
und <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>ranwendung von bereits<br />
vorhan<strong>de</strong>nem Wissen geprägt. Durch die<br />
Öffnung nach außen und <strong>de</strong>m ‘Broadcasting’<br />
<strong>de</strong>r Problemstellung an ein Netzwerk von oft<br />
mehreren Tausend möglichen ‘Solvern’ wird<br />
das Problem von je<strong>de</strong>m externen Individuum mit<br />
an<strong>de</strong>ren lokalen Informationen angegangen.<br />
InnoCentive ist <strong>de</strong>r Betreiber einer Broadcasting-Plattform<br />
und <strong>de</strong>r dazugehörigen Experten-<br />
Community und kann als ‘Knowledge Broker’<br />
bzw. ‘Intermediär’ bezeichnet wer<strong>de</strong>n. In einer<br />
Untersuchung <strong>de</strong>r InnoCentive-Plattform stellt<br />
Lakhani (2006) fest, dass 29,5 % von 166 Problemen,<br />
die zuvor im Unternehmen ungelöst<br />
blieben, durch Individuen außerhalb <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
für ein Entgelt von durchschnittlich<br />
30.000$ gelöst wer<strong>de</strong>n konnten. In <strong>de</strong>r überwiegen<strong>de</strong>n<br />
Zahl <strong>de</strong>r Fälle wur<strong>de</strong>n die Lösungen<br />
nicht erst von <strong>de</strong>n sogenannten ‘Solvern’ ent-<br />
61
62<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Projekten<br />
Abb. 1: Ausgewählte Studien zur Open-Innovation-Erfolgsmessung<br />
wickelt, son<strong>de</strong>rn lagen bereits in einem analogen<br />
Feld vor und wur<strong>de</strong>n lediglich auf die konkrete<br />
Problemstellung angewandt. Konservativ<br />
gerechnet ergab die Studie, dass Unternehmen<br />
im Durchschnitt 20.000$ sparen im Vergleich<br />
zu einer Anstellung <strong>de</strong>s ‘Solvers’ für <strong>de</strong>n für die<br />
Problemlösung notwendigen Zeitraum. Im Falle<br />
von Broadcasting-Plattformen ist die Erfolgsmessung<br />
aufgrund <strong>de</strong>r relativ ein<strong>de</strong>utigen Feststellung<br />
und Einschätzung <strong>de</strong>r Leistung als<br />
Messgröße vergleichsweise einfach – eine Lösung<br />
wird entwe<strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Mass Customization<br />
Der Mass-Customization-Ansatz ermöglicht es<br />
Konsumenten, eigene individuell ausgestaltete<br />
Produkte im Rahmen eines vorgegebenen Lösungsraums<br />
zu konfigurieren, die dann vom<br />
Unternehmen hergestellt und ausgeliefert wer<strong>de</strong>n<br />
(Franke/Piller 2004). Produkte sollen beim<br />
Mass-Customization-Ansatz die individuellen<br />
Bedürfnisse <strong>de</strong>s Konsumenten besser befriedigen<br />
und dabei ähnlich effizient und<br />
kostengünstig wie unter <strong>de</strong>n Bedingungen<br />
klassischer Massenproduktion realisierbar<br />
sein. Franke/Piller (2004) und Franke et al.<br />
(2010) machten die Wertschöpfung durch<br />
Mass Customization mit Hilfe <strong>de</strong>r Zahlungsbe-<br />
reitschaft von Konsumenten messbar. Sie<br />
zeigten anhand von Experimenten, dass für individualisierte<br />
Armbanduhren, Handys, T-Shirts<br />
und Schals Preisaufschläge von mehr als 100 %<br />
möglich sind.<br />
Die Zahlungsbereitschaft als Messgröße vereint<br />
dabei die Konsumenten- und Unternehmensperspektive,<br />
da sich <strong>de</strong>r Nutzen dieser individuellen<br />
Produktkonfiguration für <strong>de</strong>n Konsumenten<br />
auch gleichzeitig in einer höheren Zahlungsbereitschaft<br />
nie<strong>de</strong>rschlägt. Die höhere<br />
Zahlungsbereitschaft wird unter an<strong>de</strong>rem mit<br />
<strong>de</strong>r wahrgenommenen Einzigartigkeit, aber<br />
auch <strong>de</strong>m hedonischen Wert <strong>de</strong>r Tätigkeit an<br />
sich erklärt (Franke et al. 2010). Mass Customization<br />
ist insofern ein Ausnahmefall, als es Konsumenten<br />
unmittelbar an <strong>de</strong>r Schnittstelle zur<br />
Kommerzialisierung eines Produkts einbin<strong>de</strong>t.<br />
An<strong>de</strong>rs als bei vielen an<strong>de</strong>ren Open-Innovation-<br />
Ansätzen in <strong>de</strong>n frühen Phasen <strong>de</strong>r Produktentwicklung<br />
ist so <strong>de</strong>r kausale Zusammenhang<br />
zwischen <strong>de</strong>m Mass-Customization-Vorgang<br />
und <strong>de</strong>m erzielten Preisaufschlag ein<strong>de</strong>utig.<br />
Zusammengefasst kann festgestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass die Messung <strong>de</strong>s Erfolgs von Open-Innovation-Projekten<br />
in verschie<strong>de</strong>nen Phasen <strong>de</strong>s<br />
Innovationsprozesses in <strong>de</strong>r Wissenschaft über<br />
ganz unterschiedliche Herangehensweisen ge-<br />
löst wird (vgl. Abbildung 1). Während im Fall<br />
<strong>de</strong>s SAP-I<strong>de</strong>enwettbewerbs eine mehrdimensionale<br />
Scorecard herangezogen wird, wird zur<br />
Erfolgsmessung <strong>de</strong>r Lead-User-Metho<strong>de</strong> bei<br />
3M u.a. <strong>de</strong>r erzielte bzw. prognostizierte Umsatz<br />
mit <strong>de</strong>m traditioneller Innovationsmetho<strong>de</strong>n<br />
verglichen. Lakhani (2006) zieht die Erfolgsquote<br />
bei <strong>de</strong>r Lösung von Problemen auf<br />
<strong>de</strong>r Plattform InnoCentive heran und vergleicht<br />
die entstan<strong>de</strong>nen Kosten mit internen Personalkosten.<br />
Der Erfolg von Mass Customization wird<br />
hingegen an <strong>de</strong>r zusätzlichen Zahlungsbereitschaft<br />
von Konsumenten in Folge <strong>de</strong>r Individualisierungsmöglichkeit<br />
gemessen.<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Projekten<br />
in <strong>de</strong>r Praxis<br />
Neben <strong>de</strong>n Vorgehensweisen in <strong>de</strong>r Wissenschaft<br />
soll im Folgen<strong>de</strong>n die Erfolgsmessung in<br />
<strong>de</strong>r Praxis anhand eines I<strong>de</strong>enwettbewerbs <strong>de</strong>r<br />
BMW Group vorgestellt wer<strong>de</strong>n (Jawecki et al.<br />
2010).<br />
BMW Group Interior I<strong>de</strong>a Contest<br />
Ziel <strong>de</strong>s I<strong>de</strong>enwettbewerbs 1 war die Generierung<br />
neuer I<strong>de</strong>en zum Thema Individualisie-
Abb. 2: Startseite und Konfi gurator <strong>de</strong>s I<strong>de</strong>enwettbewerbs <strong>de</strong>r BMW Group<br />
rung <strong>de</strong>s Automobil-Innenraums. Im Rahmen<br />
<strong>de</strong>s Wettbewerbs wur<strong>de</strong>n automobil- und<br />
<strong>de</strong>sign-begeisterte Konsumenten aufgefor<strong>de</strong>rt,<br />
ihre I<strong>de</strong>en hinsichtlich Verbesserungen<br />
<strong>de</strong>s Auto-Interieurs mit <strong>de</strong>m Unternehmen zu<br />
teilen. Der Wettbewerb war für je<strong>de</strong>rmann<br />
nach einer kurzen Registrierung zugänglich<br />
und erstreckte sich über einen Zeitraum von<br />
acht Wochen. Im Sinne von „Open Innovation“<br />
– einer möglichst transparenten und gleichberichtigten<br />
Zusammenarbeit zwischen <strong>de</strong>m Unternehmen<br />
und Konsumenten – waren eingereichte<br />
I<strong>de</strong>en für alle registrierten Teilnehmer<br />
sichtbar und konnten kommentiert sowie bewertet<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
I<strong>de</strong>en konnten nicht nur in verbaler Form und<br />
mittels eigener Visualisierungen eingereicht<br />
wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn auch mittels eines Konfigurators<br />
zur Gestaltung „eigener” Innenraum<strong>de</strong>signs<br />
(vgl. Abbildung 2). Der Konfigurator<br />
zielte auf eine spielerische Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>r Aufgabenstellung ab und för<strong>de</strong>rte insbeson<strong>de</strong>re<br />
die intrinsische Motivation <strong>de</strong>r Besucher.<br />
Unter allen Teilnehmern wur<strong>de</strong>n nicht-monetäre<br />
themenbezogene Preise verlost, so z. B.<br />
ein „BMW Weekend Activity Package”.<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n sollen die wesentlichen Erfolgsdimensionen<br />
<strong>de</strong>s Wettbewerbs dargestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Erfolgsmessung ist hierbei an die bereits<br />
vorgestellte Scorecard von Blohm et al.<br />
(2011) angelehnt. Sie wur<strong>de</strong> dahingehend modifiziert,<br />
dass sie vor allem eine output-orien-<br />
tierte Sichtweise einnimmt und Inputfaktoren<br />
ausklammert, die aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Geheimhaltung<br />
nicht genannt wer<strong>de</strong>n (z. B. die Kosten <strong>de</strong>r<br />
Plattform). Eine weitere Anpassung <strong>de</strong>r ursprünglichen<br />
Scorecard wur<strong>de</strong> vorgenommen,<br />
in<strong>de</strong>m die Dimensionen Kun<strong>de</strong> und Innovation<br />
um Kennzahlen aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r Kommunikation<br />
ergänzt wur<strong>de</strong>n.<br />
Diese Modifikation erscheint insbeson<strong>de</strong>re bei<br />
Crowdsourcing Initiativen starker, emotionaler<br />
Marken wie BMW sinnvoll, bei <strong>de</strong>nen tausen<strong>de</strong><br />
Teilnehmer sich intensiv mit „High-Involvement-Produkten”<br />
wie Autos beschäftigen,<br />
I<strong>de</strong>en einreichen, miteinan<strong>de</strong>r kommunizieren<br />
und in ihren sozialen Netzwerken über Mundpropaganda<br />
„Buzz“ kreieren.<br />
Autoren<br />
Die Scorecard umfasst somit Kennzahlen, die<br />
<strong>de</strong>n drei wesentlichen Output-Dimensionen<br />
eines I<strong>de</strong>enwettbewerbs zurechenbar sind – Innovation,<br />
Community und Kommunikation. Ein<br />
Überblick über die Kennzahlen <strong>de</strong>s Interior I<strong>de</strong>a<br />
Contests <strong>de</strong>r BMW Group fin<strong>de</strong>t sich in Abbildung<br />
2. Diese sollen im Folgen<strong>de</strong>n näher erläutert<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Innovation<br />
Die Innovationsdimension versucht vor allem,<br />
<strong>de</strong>n I<strong>de</strong>enoutput als zentralen Untersuchungsgegenstand<br />
mit Kennzahlen wie <strong>de</strong>r absoluten<br />
Anzahl <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>en o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r durchschnittlichen<br />
Anzahl <strong>de</strong>r Teilnehmerkommentare<br />
Volker Bilgram<br />
studiert an <strong>de</strong>r Universität Erlangen-Nürnberg International<br />
Business Law. Bei HYVE betreut er Co-Creation-Projekte in <strong>de</strong>n<br />
frühen Phasen <strong>de</strong>r Neuproduktentwicklung u. a. für Kun<strong>de</strong>n wie<br />
Beiersdorf (Nivea). Aktuell forscht er an <strong>de</strong>r RWTH Aachen im<br />
Bereich <strong>de</strong>r Erfolgsmessung von Co-Creation und Open Innovation.<br />
Dr. Gregor Jawecki<br />
ist Teamleiter im Bereich Innovation Resarch <strong>de</strong>r HYVE AG und<br />
betreut u. a. Kun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Automobil-, Sport -und Food-Branche.<br />
Im Rahmen seiner Promotion beschäftigt er sich mit innovativen<br />
Online Communities und insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>n Motiven <strong>de</strong>r<br />
Konsumenten für die Teilnahme an Open-Innovation-Projekten.<br />
CM Juli / August 2011<br />
63
64<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Projekten<br />
Abb. 3: Messgrößen zur Erfolgsmessung <strong>de</strong>s BMW Group „Interior I<strong>de</strong>a Contest”<br />
pro I<strong>de</strong>e messbar zu machen. Neben diesen<br />
zentralen Messgrößen ist die Güte <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>en<br />
sowohl durch eine Experten-Jury als auch<br />
durch die Evaluierungen <strong>de</strong>r Teilnehmer auf <strong>de</strong>r<br />
Plattform selbst zu bestimmen. 2 Zu<strong>de</strong>m können<br />
die Kommentare und Verbesserungsvorschläge<br />
an<strong>de</strong>rer Teilnehmer zu einer I<strong>de</strong>e analysiert<br />
wer<strong>de</strong>n und somit weitere Erkenntnisse zu beson<strong>de</strong>rs<br />
intensiv diskutierten Themenfel<strong>de</strong>rn<br />
sowie Trends ermöglichen.<br />
Community<br />
Die Community-Dimension fokussiert die Teilnehmer<br />
eines I<strong>de</strong>enwettbewerbs. Bei <strong>de</strong>r<br />
Durchführung eines I<strong>de</strong>enwettbewerbs fin<strong>de</strong>n<br />
sich Individuen mit ähnlich gelagerten Interessen<br />
zusammen und tauschen sich zu <strong>de</strong>r vorgegebenen<br />
Thematik <strong>de</strong>r Innovationsaufgabe aus.<br />
Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten <strong>de</strong>r Teilnehmer<br />
und <strong>de</strong>r Kommunikation zwischen diesen<br />
entsteht eine virtuelle Community, die auch für<br />
weitere Innovations- und Marketingprojekte genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n kann und <strong>de</strong>shalb von hohem<br />
Wert für Unternehmen ist. Sowohl die Größe als<br />
auch die Aktivität zahlen dabei auf <strong>de</strong>n Wert ei-<br />
ner Community ein. Die Größe <strong>de</strong>r Community<br />
wird zuvor<strong>de</strong>rst anhand <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r registrierten<br />
Teilnehmer gemessen. Um die Aktivität<br />
und das innovative Potenzial <strong>de</strong>r Community<br />
sichtbar zu machen, können weiterhin die Anzahl<br />
<strong>de</strong>r I<strong>de</strong>en herangezogen wer<strong>de</strong>n, die im<br />
Durchschnitt von einem Teilnehmer eingereicht<br />
wur<strong>de</strong>n. Neben diesen Kennzahlen seien<br />
zu<strong>de</strong>m die I<strong>de</strong>engeberquote (32 % <strong>de</strong>r Teilnehmer<br />
an <strong>de</strong>m I<strong>de</strong>enwettbewerb <strong>de</strong>r BMW<br />
Group haben min<strong>de</strong>stens eine I<strong>de</strong>e eingereicht)<br />
o<strong>de</strong>r die Anzahl <strong>de</strong>r Aktionen pro Besuch<br />
eines Teilnehmers hervorgehoben.<br />
Kommunikation<br />
I<strong>de</strong>enwettbewerbe ziehen meist eine große<br />
Zahl von Individuen an, sie sind über Internet-<br />
Suchmaschinen gut auffindbar und in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />
prominent platziert. Die Teilnehmer<br />
sind oftmals Endkonsumenten, hochinvolvierte<br />
„Brand Evangelists” o<strong>de</strong>r Multiplikatoren,<br />
weswegen die Kontaktpunkte zu diesen<br />
Personen in einem positiven Umfeld enorme Effekte<br />
auf die Markenwahrnehmung und das<br />
Image <strong>de</strong>s Unternehmens haben können. I<strong>de</strong>-<br />
enwettbewerbe sind <strong>de</strong>shalb stets auch als interaktive<br />
bidirektionale Kommunikationskampagnen<br />
zu verstehen. Der Erfolg eines I<strong>de</strong>enwettbewerbs<br />
spiegelt sich <strong>de</strong>shalb nicht zuletzt<br />
auch im Kommunikationswert <strong>de</strong>r Initiative<br />
wi<strong>de</strong>r.<br />
Für die Messung <strong>de</strong>s Kommunikationswertes<br />
<strong>de</strong>s I<strong>de</strong>enwettbewerbs wer<strong>de</strong>n zwei verschie<strong>de</strong>ne<br />
Aspekte betrachtet. Zum Einen wird im<br />
Sinne einer Medienresonanzanalyse <strong>de</strong>r Umfang<br />
<strong>de</strong>r initiierten sowie unabhängigen Berichterstattung<br />
zu einem I<strong>de</strong>enwettbewerb in<br />
verschie<strong>de</strong>nen Medien analysiert. Hierzu wird<br />
bspw. die Berichterstattung zum I<strong>de</strong>enwettbewerb<br />
anhand von Quantität, Qualität (positive<br />
o<strong>de</strong>r negative Tonalität) und Autorität<br />
<strong>de</strong>s Berichterstatters im Social Web dokumentiert.<br />
So för<strong>de</strong>rt Google Blogsearch z. B. für die<br />
sehr konkrete Suchanfrage BMW AND “Interior<br />
I<strong>de</strong>a Contest” über 70 Blogresultate zutage.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren ist die Kommunikationswirkung<br />
auf die Teilnehmer <strong>de</strong>s I<strong>de</strong>enwettbewerbs beträchtlich.<br />
Die durchschnittliche Verweildauer<br />
<strong>de</strong>r Teilnehmer auf <strong>de</strong>r Plattform sowie die<br />
Wie<strong>de</strong>rkehrrate wer<strong>de</strong>n dabei als Indikator für<br />
das „Involvement” <strong>de</strong>r Teilnehmer und damit<br />
<strong>de</strong>ren Bindung an die Marke herangezogen.<br />
Über 8 Minuten durchschnittliche Verweildauer<br />
und eine überdurchschnittliche Wie<strong>de</strong>rkehrrate<br />
von Teilnehmern geben einen Eindruck,<br />
welches Kommunikationspotenzial <strong>de</strong>r<br />
BMW-Group-I<strong>de</strong>enwettbewerb entfalten konnte.<br />
Die Anzahl <strong>de</strong>r Visits und <strong>de</strong>r dabei generierten<br />
Page Impressions können, wie aus<br />
<strong>de</strong>r Planung von Online-Marketingkampagnen<br />
und <strong>de</strong>r Analyse von Websites bekannt, als<br />
‘Währung’ für <strong>de</strong>n Kommunikationswert <strong>de</strong>s<br />
I<strong>de</strong>enwettbewerbs dienen. Neben <strong>de</strong>n bloßen<br />
Kontaktpunkten mit <strong>de</strong>n Teilnehmern zahlt<br />
auch die Verweildauer auf <strong>de</strong>n Erfolg <strong>de</strong>s I<strong>de</strong>enwettbewerbs<br />
aus Kommunikationssicht ein,<br />
da <strong>de</strong>r Teilnehmer sich intensiv mit <strong>de</strong>m Unternehmen,<br />
einem Produkt o<strong>de</strong>r einer Marke auseinan<strong>de</strong>rsetzt.<br />
Zusammenfassung und<br />
Implikationen<br />
Für mehr und mehr Unternehmen ist Open Innovation<br />
ein wichtiger Bestandteil mo<strong>de</strong>r-
nen Innovationsmanagements gewor<strong>de</strong>n.<br />
Unternehmen sind zunehmend bestrebt, Nutzen<br />
und Kosten dieser Initiativen messbar zu<br />
machen, um sie mit herkömmlichen Innovationsprojekten<br />
vergleichen und ein ganzheitliches<br />
Controlling aller Innovationsaktivitäten<br />
gewährleisten zu können.<br />
Der vorliegen<strong>de</strong> Beitrag zeigt Fundamente <strong>de</strong>r<br />
Erfolgsmessung von Open-Innovation-Ansätzen<br />
in <strong>de</strong>r Wissenschaft sowie <strong>de</strong>r Praxis auf.<br />
Vergleiche mit traditionellen Innovationsmanagement<br />
Ansätzen dienen aktuell vor allem in<br />
<strong>de</strong>r wissenschaftlichen Literatur <strong>de</strong>r Rechtfertigung<br />
<strong>de</strong>r Öffnung von Innovationsprozessen.<br />
Unternehmen verwen<strong>de</strong>n Kennzahlen <strong>de</strong>r Erfolgsmessung<br />
vereinzelt auch, um ein Benchmarking<br />
verschie<strong>de</strong>ner Open-Innovation-Projekte<br />
untereinan<strong>de</strong>r zu gewährleisten und damit<br />
die Effektivität und Effizienz dieser Ansätze zu<br />
dokumentieren. Durch einen Vergleich mit bisherigen<br />
Projekten kann zu<strong>de</strong>m frühzeitig Steuerungsbedarf<br />
aufgezeigt und das Projektmanagement<br />
unterstützt wer<strong>de</strong>n.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re wur<strong>de</strong> die Erfolgsmessung im<br />
Rahmen von I<strong>de</strong>enwettbewerben anhand eines<br />
Praxisbeispiels beleuchtet. Die Anwendung <strong>de</strong>r<br />
von Blohm et al. (2011) entwickelten I<strong>de</strong>encommunity-Scorecard<br />
ver<strong>de</strong>utlicht, dass dieser<br />
Ansatz <strong>de</strong>r Erfolgsmessung in ähnlicher Form<br />
auch von an<strong>de</strong>ren Unternehmen wie <strong>de</strong>r BMW<br />
Group in <strong>de</strong>r Praxis eingesetzt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Neben <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Wertdimensionen Innovation<br />
und Community beleuchtet <strong>de</strong>r Beitrag jedoch<br />
auch, dass <strong>de</strong>r Wert einer Open-Innovation-Initiative<br />
um die Betrachtung <strong>de</strong>r Dimension Kommunikation<br />
ergänzt wer<strong>de</strong>n sollte.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re bei web- und community-basierten<br />
I<strong>de</strong>enwettbewerben, die sich – wenn auch<br />
nicht aktiv vom Unternehmen forciert – innerhalb<br />
kurzer Zeit viral über das Internet verbreiten,<br />
ist es naheliegend, die Erfolgsmessung<br />
nicht nur auf das eigentliche Innovationsergebnis<br />
zu beschränken. Die Berücksichtigung<br />
von weiteren Erfolgsdimensionen bietet<br />
Potenzial für eine proaktive Adressierung<br />
von Community- und Kommunikationseffekten,<br />
die bislang häufig nur als Nebenprodukte<br />
<strong>de</strong>s eigentlichen Innovationsergebnisses<br />
betrachtet und in <strong>de</strong>r Durchführung <strong>de</strong>s I<strong>de</strong>enwettbewerbs<br />
nicht gezielt unterstützt wer<strong>de</strong>n.<br />
Nicht zuletzt kann durch die Erweiterung <strong>de</strong>r<br />
Erfolgskennzahlen um diese Außenperspektive<br />
auch in an<strong>de</strong>ren Unternehmensbereichen,<br />
wie z. B. Marketing, PR o<strong>de</strong>r Human<br />
Ressources, Bewusstsein geschaffen wer<strong>de</strong>n,<br />
dass Open-Innovation-Initiativen nicht ausschliesslich<br />
<strong>de</strong>r Neuproduktentwicklung vorbehalten<br />
sind.<br />
Stärker kommunikationsorientierte Co-Creation-Initiativen<br />
wie die DEWmocracy-Kampagne<br />
3 ver<strong>de</strong>utlichen <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>r Kommunikationsdimension<br />
auf beeindrucken<strong>de</strong> Weise. Im<br />
Jahr 2010 aktivierte das Unternehmen Pepsi-<br />
Co bereits zum zweiten Mal Konsumenten,<br />
um gemeinsam mit ihnen eine neue Variante<br />
<strong>de</strong>s „Mountain Dew”-Softdrinks zu entwickeln.<br />
Hierbei wur<strong>de</strong>n unter an<strong>de</strong>rem die Produktparameter<br />
Name, Geschmack, Verpackung<br />
etc. im Kollektiv erarbeitet. Neben <strong>de</strong>r<br />
Lösungsfindung in einem relativ eingeschränkten<br />
Lösungsraum ver<strong>de</strong>utlichen aber<br />
auch die lange Dauer <strong>de</strong>r Kampagne sowie die<br />
aufwendige „Inszenierung”, dass seitens <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens vorrangig Kommunikationseffekte<br />
wie die Stärkung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbeziehung,<br />
<strong>de</strong>r PR und <strong>de</strong>s viralen Marketings verfolgt<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
Literatur<br />
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19(4): 4 - 17.<br />
Fußnoten<br />
CM Juli / August 2011<br />
1 interior-i<strong>de</strong>acontest.bmwgroup-cocreationlab.com<br />
2 Die von einer Experten-Jury ausgewählten Gewinner-I<strong>de</strong>en<br />
können unter interior-i<strong>de</strong>acontest.<br />
bmwgroup-cocreationlab.com/jury-prizes-contest/winners<br />
eingesehen wer<strong>de</strong>n.<br />
3 www.<strong>de</strong>wmocracymediahub.com/in<strong>de</strong>x.html<br />
65
66<br />
Renditekiller Komplexität<br />
Renditekiller Komplexität<br />
Vielfalt einfach – NICHT Einfalt vielfach<br />
von Josef Wüpping<br />
Wenn Märkte und Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Technologieunternehmen<br />
durch zunehmen<strong>de</strong> Produktdifferenzierung<br />
immer anspruchsvoller wer<strong>de</strong>n,<br />
wenn zu<strong>de</strong>m Innovation und Technologiewan<strong>de</strong>l<br />
die Vielfalt treibt, dann müssen Unternehmen<br />
die resultieren<strong>de</strong> Komplexität strategisch<br />
managen. Nur operativ und situativ zu entschei<strong>de</strong>n,<br />
treibt bei hoher Unschärfe Kosten<br />
und Wildwuchs.<br />
Zunächst ein paar Grundlagen<br />
zu <strong>de</strong>n Begriffen Komplexität,<br />
Differenzierung und Wertdisziplin:<br />
Komplexität bezeichnet allgemein die Eigenschaft<br />
eines Systems, dass sein Gesamtverhalten<br />
nicht beschrieben wer<strong>de</strong>n kann, selbst<br />
wenn man vollständige Informationen über<br />
seine Einzelkomponenten und ihre Wechselwirkungen<br />
besitzt. Die Komplexität eines Systems<br />
steigt mit <strong>de</strong>r Anzahl an Elementen, <strong>de</strong>r<br />
Anzahl an Verknüpfungen zwischen diesen<br />
Elementen sowie <strong>de</strong>r Funktionalität dieser<br />
Verknüpfungen.<br />
Hierzu Andrew Smart: “Mit Wissen kann man<br />
komplizierte Aufgaben lösen, aber nur mit Können<br />
kann man komplexe Aufgaben lösen. Z. B.<br />
ist die Logistik einer Fußballmannschaft kompliziert,<br />
aber mit Wissen über die Zusammenhänge<br />
lösbar. Die Durchführung <strong>de</strong>s Spiels selbst<br />
ist komplex (da hochdynamisch) und mit theoretischem<br />
Wissen über das Fußballspiel nicht lösbar.<br />
Dafür muss man es können.” Verkürzt: Die<br />
Theorie erklärt es, die Praxis tut es.<br />
Der Klassiker „The Discipline of Market Lea<strong>de</strong>rs”<br />
beschreibt 3 Wege zur Marktführerschaft:<br />
„Produktführerschaft“, „operative Stärke“<br />
o<strong>de</strong>r „Kun<strong>de</strong>nnähe“. Treacy und Wiersema<br />
beschreiben dabei 3 Wertdisziplinen: Je<strong>de</strong> Firma<br />
muss eine dieser Wertdisziplinen auswählen<br />
und in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren 2 Min<strong>de</strong>ststandards erfüllen.<br />
Auf Technologieunternehmen übertragen<br />
lassen sich diese wie folgt beschreiben:<br />
· Produktführerschaft: Sehr stark in Innovation<br />
und Marketing <strong>de</strong>r Marke. Firma operiert<br />
in dynamischen Märkten. Der Fokus liegt auf<br />
Entwicklung, Innovation, Design, Produkteinführungszeit,<br />
hohen Gewinnmargen in einem<br />
kurzen Zeitrahmen.<br />
· Operative Stärke: Operative Exzellenz<br />
durch das Ermöglichen einer angemessenen<br />
Qualität zu einem niedrigen Preis. Der Fokus<br />
liegt auf Effizienz, rationalisierten Tätigkeiten,<br />
Supply Chain Management. Skaleneffekte<br />
sind wichtig, Son<strong>de</strong>rlösungen und<br />
„Firlefanz“ sind störend und sollen vermie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n. Stark begrenzte Variation im<br />
Produktsortiment.<br />
· Kun<strong>de</strong>nnähe: Das Unternehmen stellt seine<br />
Produkte / Dienstleistungen als kun<strong>de</strong>nindividuelle<br />
Lösung für individuelle Kun<strong>de</strong>n /<br />
Segmente her. Große Variationen im Produktsortiment<br />
durch Konfiguration bis hin<br />
zu Kun<strong>de</strong>nson<strong>de</strong>rlösungen. Liefern, was
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> will, Zuverlässigkeit, Qualität,<br />
Kun<strong>de</strong>nnähe.<br />
Ähnlich sind die Strategien Porters: Kostenführerschaft,<br />
Differenzierung, Fokus. Jedoch<br />
gibt es einen Unterschied, <strong>de</strong>nn entsprechend<br />
<strong>de</strong>m Wertdisziplinen-Mo<strong>de</strong>ll kann keine<br />
Disziplin vernachlässigt wer<strong>de</strong>n. Schwellenniveaus<br />
in <strong>de</strong>n 2 Disziplinen, die nicht gewählt<br />
wer<strong>de</strong>n, müssen beibehalten wer<strong>de</strong>n. Laut Porter<br />
laufen dieses Mo<strong>de</strong>ll befolgen<strong>de</strong> Firmen Gefahr,<br />
„in <strong>de</strong>r Mitte festzustecken”.<br />
Wir <strong>de</strong>nken, dass die Mo<strong>de</strong>lle auch sehr gut nebeneinan<strong>de</strong>r<br />
funktionieren und auf Produktbereiche<br />
kombiniert angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können,<br />
vorausgesetzt, ein Unternehmen richtet sich<br />
konsequent durch Fokussierung und Segmentierung<br />
darauf aus. Dabei ist es erfor<strong>de</strong>rlich, die<br />
entstehen<strong>de</strong> Komplexität konsequent und<br />
durchgängig entlang <strong>de</strong>r Unternehmensorganisationen<br />
Kun<strong>de</strong>n-, Entwicklungs- und Wertschöpfungsprozess<br />
zu managen.<br />
Unternehmen sind heute in <strong>de</strong>r Lage, durch intelligente,<br />
durchgängige und automatisierte<br />
Konfigurationstechniken (Produkt und Prozess)<br />
innovative, kun<strong>de</strong>nspezifische Lösungen zu<br />
Preisen eines Standardproduktes anbieten zu<br />
können; und generieren dabei enorme Zuwachsraten.<br />
Innovation, Kostenführung, schnelle<br />
Lieferzeiten und Premiumpreise bei Kun<strong>de</strong>nnähe<br />
sind dabei kein Wi<strong>de</strong>rspruch mehr. Diese<br />
Unternehmen zeigen i. d. R. auch Benchmarks<br />
im Komplexitätsradar (siehe Abbildung 1) auf<br />
und sind Wettbewerbern oft um Jahre voraus,<br />
<strong>de</strong>nn Implementierung und Wirksamkeit greifen<br />
beson<strong>de</strong>rs stark in Prozessen <strong>de</strong>r Wertschöpfung<br />
bei <strong>de</strong>r Einführung gut strukturierter neuer<br />
Hauptumsatzträger.<br />
Weitere Beispiele sind erfolgreiche Transformationen<br />
von Maschinenbauern zu Anlagenanbietern<br />
o<strong>de</strong>r von Katalog- und Komponentenherstellern<br />
zu Systemlieferanten.<br />
Diese Unternehmen haben es gelernt, die zunehmen<strong>de</strong><br />
Komplexität zu nutzen und <strong>de</strong>n<br />
Kun<strong>de</strong>n dadurch gezielt einen Mehrwert zu<br />
bieten. Sie bil<strong>de</strong>n die wachsen<strong>de</strong> Komplexität<br />
im Unternehmen erfolgreich ab, o<strong>de</strong>r sie nutzen<br />
ein intuitives und erfahrungswissensbasier-<br />
tes Vorgehen, um Komplexität in „gut” und<br />
„schlecht” zu unterschei<strong>de</strong>n, also in Wert stiften<strong>de</strong><br />
und vernichten<strong>de</strong>.<br />
Dem Kun<strong>de</strong>n Mehrwert bieten<br />
„Wert stiftend” wäre eine Produktvariante von<br />
Unternehmen A, die durch intelligente Produktarchitekturen<br />
und auf <strong>de</strong>n Markt und Wertschöpfungsprozess<br />
abgestimmte Produktstrukturen<br />
ohne Zusatzaufwand konfiguriert wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Diese Variante schafft einen Mehrwert<br />
für einen bestimmten Kun<strong>de</strong>n und generiert<br />
we<strong>de</strong>r zusätzlichen Einmalaufwand noch erhöhten<br />
Wertschöpfungsaufwand. „Verschwendung“<br />
wäre dieselbe Variante aus Sicht von Unternehmen<br />
B, wenn sie in <strong>de</strong>r Architektur und<br />
Kombinatorik <strong>de</strong>r Module nicht ermöglicht wird<br />
und zusätzlichen Aufwand in Entwicklung, Konstruktion,<br />
Beschaffung, Fertigung und Kommissionierung<br />
sowie in Logistik und Montage<br />
verursacht. Bei gleichem Kun<strong>de</strong>nnutzen treibt<br />
Unternehmen B einen ungleich höheren Aufwand,<br />
schafft aber keinen zusätzlichen Kun<strong>de</strong>nnutzen<br />
im Vergleich zu Unternehmen A und<br />
hat damit einen <strong>de</strong>utlichen Wettbewerbsnachteil<br />
an<strong>de</strong>rweitig auszugleichen.<br />
Komplexität wird bei vielen Unternehmen bei<br />
weitem nicht mehr negativ gesehen, son<strong>de</strong>rn<br />
z. T. sogar gezielt eingesetzt. Dabei wer<strong>de</strong>n<br />
komplexe Geschäftsmo<strong>de</strong>lle (Produkt-Prozess-Systeme)<br />
entwickelt, die Wettbewerbsvorteile<br />
von bis zu einigen Jahren ermöglichen.<br />
Derartige Geschäftsmo<strong>de</strong>lle<br />
Abb. 1: Bestandsaufnahme: Radar Komplexitätsmanagement<br />
CM Juli / August 2011<br />
sind nicht leicht zu kopieren und schützen<br />
zu<strong>de</strong>m vor Piraterie.<br />
Doch letztlich bleibt die Frage, welcher Mehraufwand<br />
steht welchem Mehrnutzen gegenüber,<br />
wie weit kann bei Unsicherheit vorgedacht<br />
wer<strong>de</strong>n, und wo lohnen sich die Anstrengungen<br />
zur Umsetzung solcher variantenfähiger Geschäftsmo<strong>de</strong>lle?<br />
Wann treibt Differenzierung<br />
und Produktwertsteigerung Kosten und Komplexität<br />
so sehr in die Höhe, dass diese we<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>m Unternehmen noch <strong>de</strong>m Markt zuträglich<br />
sind?<br />
Seit etwa 20 Jahren wird hier intensiv geforscht.<br />
Doch die Ergebnisse an Hochschulen<br />
sind alles an<strong>de</strong>re als zufrie<strong>de</strong>nstellend. Dissertationen<br />
und Veröffentlichungen beschreiben<br />
die Zusammenhänge ähnlich wie vor 10 o<strong>de</strong>r<br />
20 Jahren – nur mit teilweise neuen Fachbegriffen.<br />
Das Thema wird mehr und mehr zur<br />
Top-Management-Aufgabe und von verschie<strong>de</strong>nen<br />
Industrieunternehmen erfolgreich angegangen.<br />
Es gibt heute z. B. <strong>de</strong>n Komplexitätsmanager,<br />
<strong>de</strong>n Leiter Standardisierung, die Variantenbewertungskommission,<br />
<strong>de</strong>n Variantenmanager,<br />
das Produktmanagement, die Produktprogrammplanung,<br />
die Standardisierungsabteilung,<br />
<strong>de</strong>n Bereich Master Design etc., und alles<br />
direkt unterhalb <strong>de</strong>r ersten Führungsebene.<br />
Wie sollte sich ein Unternehmen z. B. im Maschinenbau<br />
entwickeln, um sich Differenzie-<br />
67
68<br />
Renditekiller Komplexität<br />
Abb. 2: Strategische Handlungsfel<strong>de</strong>r und Gestaltungsansätze im Kontext Komplexitätsmanagement<br />
rung und Komplexität pragmatisch zu stellen?<br />
Es gibt keine methodisch i<strong>de</strong>ntischen Ansätze,<br />
<strong>de</strong>nnoch lassen sich große Gemeinsamkeiten<br />
erfolgreicher Unternehmen erkennen. Im Folgen<strong>de</strong>n<br />
umreißen wir die gemeinsamen<br />
Metho<strong>de</strong>n führen<strong>de</strong>r Unternehmen und die<br />
wichtigsten 5 Handlungsfel<strong>de</strong>r:<br />
1. Strategische Verankerung auf Top-Ebene<br />
2. Ausreichen<strong>de</strong> Transparenz<br />
3. Verbindliche Produkt-Markt-Strategien<br />
4. Leistungsstarke konfigurierbare Produktsysteme<br />
5. Konsequente Wertschöpfungssicht durch<br />
Produkt-Prozess-Engineering.<br />
1. Strategische Verankerung auf<br />
Top-Ebene<br />
Betrachten Sie Differenzierung und Komplexität,<br />
verknüpfen Sie die Produktsicht mit <strong>de</strong>r<br />
Prozess- und Wertschöpfungssicht. Wo wirkt<br />
Vielfalt zum Markt Nutzen stiftend, wo treiben<br />
Varianten die innerbetriebliche Komplexität<br />
überproportional? Lohnen sich alle<br />
län<strong>de</strong>rspezifischen Varianten für ein Randprodukt?<br />
Welche Steuerungssysteme bieten wir<br />
neben z. B. Siemens und Rockwell noch an?<br />
Welche Alleinstellungsmerkmale können wir<br />
durch weitere Varianten generieren? Wo ist<br />
Komplexität ein Kostentreiber, stört <strong>de</strong>n Ablauf<br />
in bestehen<strong>de</strong>n Prozessen?<br />
Strategisch gesehen gilt es, hohe Marktvarianz<br />
(Scope) und innerbetriebliche Skaleneffekte<br />
(Scale) auszubalancieren (vgl. Abbil-<br />
dung 2), z. B. durch einen Komplexitätsmanager.<br />
Die I<strong>de</strong>e: Ein Regulativ zur durch Wildwuchs<br />
überbor<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Komplexität zu schaffen<br />
und einen Filter zu kreieren, <strong>de</strong>r funktionsbereichsneutral<br />
in Entscheidungsprozessen die<br />
Konsequenzen von zusätzlichen Varianten aufzeigt.<br />
Das Komplexitätsmanagement ist dabei ganzheitlich<br />
und strategisch ausgerichtet und bezweckt<br />
keine einseitige Komplexitätsreduzierung;<br />
es soll die Maximierung <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nnutzens<br />
zu betriebswirtschaftlichen Vorteilen aufzeigen;<br />
Entscheidungsprozesse sollen plausibel<br />
und belastbar wer<strong>de</strong>n. Komplexität, die <strong>de</strong>r<br />
Markt nicht benötigt, soll konsequent vermie<strong>de</strong>n<br />
bzw. reduziert wer<strong>de</strong>n.<br />
2. Ausreichen<strong>de</strong> Transparenz<br />
Eine wichtige Voraussetzung für effektives Varianten-<br />
und Komplexitätsmanagement sind<br />
Transparenz von Nutzen und Aufwand und ein<br />
praktikables, verursachungsgerechtes Bewertungsverfahren.<br />
Die klassische Deckungsbeitragsrechnung<br />
reicht nicht aus, da<br />
sie stark die Umsatzsicht favorisiert und die variantenabhängigen<br />
Komplexitätstreiber meist<br />
gar nicht erfasst. Die Mängel <strong>de</strong>r traditionellen<br />
Kostenrechnung liegen in<br />
· zu groben Zuschlagssätzen<br />
· Verrechnung <strong>de</strong>r fixen Gemeinkosten pauschal<br />
über alle Produkte auf Einzelkostenbasis<br />
· fehlen<strong>de</strong>m strategischen Bezug für langfristige<br />
Entscheidungen<br />
· fehlen<strong>de</strong>n Aussagegenauigkeiten in früher<br />
Entwicklungsphase<br />
· fehlen<strong>de</strong>r Szenarienbildung.<br />
Die Notwendigkeit <strong>de</strong>r Weiterentwicklung <strong>de</strong>r<br />
Kostenrechnungssysteme ergibt sich durch ein<br />
seit Jahren starkes Anwachsen <strong>de</strong>r Gemeinkostenanteile.<br />
Es wird hervorgerufen durch die zunehmen<strong>de</strong><br />
Varianz <strong>de</strong>r Produktprogramme und<br />
<strong>de</strong>r steigen<strong>de</strong>n Teilevielfalt.<br />
Aus strategischen Überlegungen sollen alle<br />
Kos ten verursachungsgerecht auf die Produkte<br />
verteilt und über die Preise ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n<br />
(vgl. Abbildung 3). Zur Variantenbewertung eignet<br />
sich z. B. die vereinfachte Form <strong>de</strong>r Prozesskostenrechnung:<br />
Eine Variation <strong>de</strong>r<br />
Bezugsgrößenkalkulation, bei <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Gemeinkosten<br />
verschie<strong>de</strong>ne Prozesse zugeordnet<br />
wer<strong>de</strong>n. Hier erfolgt zu großen Teilen die Verrechnung<br />
fixer Gemeinkosten, weshalb man<br />
aufgrund <strong>de</strong>r Verrechnung fixer Kostenbestandteile<br />
die Prozesskostenrechnung auch als mo<strong>de</strong>rnes<br />
Vollkostenrechnungssystem bezeichnet.<br />
Zu <strong>de</strong>taillierte Prozesskostenmo<strong>de</strong>lle zeigen<br />
aber nicht immer die gewünschte Wirkung. Zu<br />
aufwändig und zu theoretisch sind diese Mo<strong>de</strong>lle<br />
in vielen Unternehmen eingeführt wor<strong>de</strong>n.<br />
Voraussetzung für einen effektiven Umgang ist<br />
es, pragmatisch Erfahrungswissen und Unsicherheit<br />
in die bestehen<strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>lle und Metho<strong>de</strong>n<br />
zu integrieren. Schritte sind:<br />
· I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>r variantenrelevanten Teilprozesse<br />
· Zuordnung von Gemeinkosten je Kostenstelle<br />
zu <strong>de</strong>n Teilprozessen<br />
· Ermittlung und Klassifizierung <strong>de</strong>r Teilprozesse<br />
in leistungsmengeninduzierte und<br />
-neutrale Prozesse<br />
· Ermittlung <strong>de</strong>r Prozesskostensätze<br />
· Zusammenfassung <strong>de</strong>r Kosten <strong>de</strong>r Teilprozesse<br />
<strong>de</strong>r Kostenstellen, Zuordnung zu <strong>de</strong>n<br />
Hauptprozessen<br />
· Kosten <strong>de</strong>r Hauptprozesse wer<strong>de</strong>n auf Produkte<br />
/ Varianten verrechnet.<br />
Wichtiger als zu spät eingesetzte und zu präzise<br />
Prozesskostenmo<strong>de</strong>lle sind jedoch Deltakostenmo<strong>de</strong>lle<br />
in <strong>de</strong>r frühen Entwicklung. Hier<br />
muss mit hoher Unschärfe zwischen Szenarien
Abb. 3: Ansatz für die Variantenkostenbewertung: Gemeinkostenschlüsselung<br />
entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, ohne alle <strong>de</strong>taillierten Kostenbestandteile<br />
zu kennen. Hier sind viele Unternehmen<br />
nach wie vor schwach ausgestattet, da<br />
sie in <strong>de</strong>r Entwicklung zu spät, aber dann präzise<br />
erkennen, dass die Zielkosten nicht erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n und mehrere kosten- und zeitintensive<br />
Iterationsschleifen gefahren wer<strong>de</strong>n. Potenziale<br />
stehen dann meistens auf Power-Point-Folien<br />
und kommen in <strong>de</strong>r Gewinn- und Verlustrechnung<br />
nicht an. Frühere Aussagen mit Unschärfe<br />
zu akzeptieren (Entwicklungsbegleiten<strong>de</strong> Kalkulation)<br />
ist weitaus besser, als späte und <strong>de</strong>taillierte<br />
Erkenntnisse, mit vorliegen<strong>de</strong>n Zeichnungen,<br />
Stücklisten und Arbeitsplänen über zu<br />
hohe Produktkosten hinzunehmen.<br />
3. Verbindliche Produkt-Markt-<br />
Strategien<br />
Prüfen Sie, welche Produkte und Varianten zur<br />
Wertschöpfung bzw. Kun<strong>de</strong>nbindung beitragen,<br />
welche Kun<strong>de</strong>nsegmente werthaltig sind. So<br />
stärken Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit und bauen<br />
Komplexität ab. Möglicherweise lassen sich<br />
Angebotspalette und Vertriebsmaßnahmen<br />
wertorientierter aufeinan<strong>de</strong>r abgestimmt<br />
optimieren. Im Einzelnen sollte Preisfindungssystematik<br />
nicht kostengetrieben, son<strong>de</strong>rn aus<br />
Kun<strong>de</strong>nwertsicht erfolgen, also merkmalsbasiert.<br />
Zur Orientierung sollten die tatsächlichen<br />
und verursachungsgerechten Variantenkosten<br />
herangezogen wer<strong>de</strong>n; zur Vermeidung fortlaufen<strong>de</strong>r<br />
Quersubventionierung sind gezielt Verbesserung<br />
<strong>de</strong>r Margen anzusteuern.<br />
In erfolgreichen Unternehmen wird zu Beginn<br />
einer Produktentwicklung eine intensivere<br />
Marktanalyse betrieben. Folgen<strong>de</strong> Fragen wer<strong>de</strong>n<br />
z. B. gestellt: „Wer ist die Zielgruppe?”,<br />
„Was will <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>?”, „Was bietet die Konkurrenz?“,<br />
„Wo gibt es bei uns neue I<strong>de</strong>en?”, „Welche<br />
neuen Technologien o<strong>de</strong>r Werkstoffe können<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n?“, „Welche Marktpreise<br />
können erzielt wer<strong>de</strong>n für Basisprodukte, Optionen<br />
und Ausstattungspakete?“ Daraus folgen<br />
die Vorgaben für die nachfolgen<strong>de</strong>n Schritte bis<br />
hin zum Lastenheft.<br />
Ist das Lastenheft erstellt, wer<strong>de</strong>n innerhalb<br />
<strong>de</strong>r Entwicklungsabteilungen die technischen<br />
Möglichkeiten <strong>de</strong>r Realisierung zunächst auf<br />
funktionaler Ebene untersucht. Es wer<strong>de</strong>n Produktfunktionen<br />
neutral formuliert und nach<br />
<strong>de</strong>n geeigneten technischen Lösungsprinzipien<br />
gesucht. So entsteht schrittweise ein referenzierbares<br />
Pflichtenheft. Im Falle von Divergenzen<br />
zwischen Lasten- und Pflichtenheft<br />
müssen diese abgeglichen wer<strong>de</strong>n, bevor mit<br />
<strong>de</strong>r Produktentwicklung begonnen wird.<br />
Den Vertrieb dabei frühzeitig und verbindlich<br />
in <strong>de</strong>n Entwicklungsprozess einzubeziehen<br />
ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für<br />
CM Juli / August 2011<br />
optimale Produkt-Markt-Strategien. Alle möglichen<br />
Vertriebsausprägungen zu berücksichtigen<br />
und die Zielkosten um 20 bis 30 % senken<br />
zu wollen, ist zwar wünschenswert, aber nicht<br />
immer umsetzbar.<br />
Eine frühe und wohlüberlegte Produktstrategie<br />
samt <strong>de</strong>m Entwicklungsprozess vorgelagerte<br />
Produktplanung hat bei vielen Firmen erhebliche<br />
Verbesserungen gebracht. Auch sind gestufte<br />
Produktpakete von preiswerten Basismaschinen<br />
ausgehend (just enough-Konzept)<br />
oft ein probates Mittel, Komplexität zu reduzieren<br />
und Wie<strong>de</strong>rholeffekte systematisch zu<br />
generieren. Störend sind unscharfe Vorgaben<br />
und nachträgliche Än<strong>de</strong>rungen o<strong>de</strong>r spät in <strong>de</strong>n<br />
Entwicklungsprozess einfließen<strong>de</strong> Programmerweiterungen.<br />
Das frühe und systematische Auf<strong>de</strong>cken und<br />
Entschärfen von Kostenfallen zwischen Vertrieb<br />
(Lastenheft) und Entwicklung (Pflichtenheft)<br />
gewinnt hier an Be<strong>de</strong>utung. Typische Kostenfallen<br />
sind ineffizient ausgelegte Funktionsstrukturen,<br />
falsche Spezifikationen und Overengineering,<br />
unstimmige Design- o<strong>de</strong>r Materialkonzepte<br />
sowie Komponenten, <strong>de</strong>ren Funktionalität<br />
gar nicht o<strong>de</strong>r nur teilweise ausgenutzt<br />
wird. Frühes Strukturieren per Conjoint-Analyse<br />
nach Spezifikationsmerkmalen und Kosten<br />
bil<strong>de</strong>t daher die Grundlage <strong>de</strong>s Komplexitätsmanagement.<br />
69
70<br />
Renditekiller Komplexität<br />
Abb. 4: Produktarchitektur: Mit <strong>de</strong>utlich weniger Modulen und Baugruppen kann ein Drittel mehr Marktvarianz generiert wer<strong>de</strong>n<br />
4. Konfi gurierbare Produktsysteme<br />
Ein Produktsystem ist ein nach Markt- und<br />
Wertschöpfungssicht fragmentiertes und strukturiertes<br />
Produkt-Programm, in einer Architektur<br />
und Produktstruktur systematisch und<br />
ganzheitlich aufgebaut. Metho<strong>de</strong>n:<br />
· Produktprogramm und Typisierungsformen<br />
nach Scope und Scale<br />
· Architektur <strong>de</strong>s Produktprogramms bzw. <strong>de</strong>r<br />
Plattform<br />
· Modularität nach Funktionen und mechatronischen<br />
Ansätzen<br />
· Standardisierungs-, Bün<strong>de</strong>lungs- und Gleichteilestrategie<br />
· Produktordnungssystematik und Lösungsräume<br />
samt Konfiguration und Parametrisierung.<br />
Wichtig ist ein tiefes Verständnis <strong>de</strong>s Unterschieds<br />
zwischen Modularisierung und<br />
Standardisierung in allen Konsequenzen zur<br />
Erreichung <strong>de</strong>r Kostensenkungsziele. Modulare<br />
Produktstrukturen wirken i. d. R. positiv auf<br />
Prozesskosten, aber teils negativ auf Einzelkosten.<br />
Der positive Effekt auf Einzelkosten wird nur<br />
durch Skaleneffekte <strong>de</strong>r Standardisierung erreicht,<br />
die in <strong>de</strong>r Umsetzung durch geschickt<br />
gewählte Modularitäten und geeignete, auf<br />
Wertschöpfung und Beschaffung abgestimmte<br />
Produktstrukturen zu realisieren sind. Späte<br />
Kun<strong>de</strong>nkopplung und späte Variantenentstehung<br />
sind dabei nur die Basics.<br />
Für eine zielgerichtete Modularisierung hat sich<br />
eine in 7 Stufen differenzierte Vorgehensweise<br />
als zweckmäßig erwiesen. Es wer<strong>de</strong>n funktionale<br />
Aspekte als auch mögliche mechatronische<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen eines Moduls beleuchtet,<br />
wie gleichermaßen die Wertschöpfungsanfor<strong>de</strong>rungen.<br />
Mechatronische Systeme können<br />
somit in Funktionsgruppen unterteilt wer<strong>de</strong>n,<br />
die meist Regelkreise bil<strong>de</strong>n und aus Modulen<br />
mit mechanisch-elektrischen Bauelementen,<br />
Sensorik zur Erfassung von Messgrößen <strong>de</strong>s<br />
Systemzustan<strong>de</strong>s, Aktorik zur Regelung und<br />
Steuerung sowie Informatik zur Informationsverarbeitung<br />
bestehen.<br />
In verschie<strong>de</strong>nen Projekten konnte eine Reduzierung<br />
<strong>de</strong>r Teilevielfalt von 30 % bei <strong>de</strong>r<br />
Überarbeitung bestehen<strong>de</strong>r Maschinen, bis fast<br />
70 % bei kompletten Neuentwicklungen, erzielt<br />
Autor<br />
wer<strong>de</strong>n – ohne Einschränkung <strong>de</strong>s Produktprogramms.<br />
Es sollte auch geprüft wer<strong>de</strong>n, inwieweit<br />
sich Geschäftsprozesse, Produkte und Vertriebsstrukturen<br />
vereinfachen und standardisieren<br />
lassen. Z. B. erlaubt die Modularisierung<br />
von Produkten, zur kosteneffizienteren<br />
Erfüllung individueller Kun<strong>de</strong>nanfor<strong>de</strong>rungen<br />
Skalen- und Qualitätsvorteile einer Standardisierung<br />
mit gesteigerter Produktvarianz zu<br />
verknüpfen.<br />
Oft gelingt es, mit reduzierter interner Varianz<br />
eine steigen<strong>de</strong> externe Marktvielfalt zu generieren<br />
sowie die Produktkosten um 20 bis 30 % zu<br />
senken.<br />
Im Vertrieb wer<strong>de</strong>n die Mitarbeiter durch<br />
Anreizsysteme angehalten, verstärkt auf<br />
vorgedachte Ausstattungspakete zu fokussieren,<br />
die im Vorfeld in <strong>de</strong>r Produktentwicklung<br />
mit <strong>de</strong>m Vertriebsbereich abge-<br />
Dr. Josef Wüpping<br />
ist Geschäftsführer <strong>de</strong>r Dr. Wüpping Consulting GmbH in<br />
Bochum.<br />
E-Mail: info@wuepping.com
stimmt wur<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n vermehrt Konfigurationssysteme<br />
Standard, durch <strong>de</strong>ren<br />
Kombinatorik bestehen<strong>de</strong>r Module kun<strong>de</strong>nindividuelle<br />
Produkte schnell geliefert wer<strong>de</strong>n<br />
können. Diese vorgedachten Lösungsräume<br />
sind „ohne Mehraufwand“ vertriebsfähig, da<br />
lediglich die Kombination vorgedachter und<br />
standardisierter Module eine Vertriebsvariante<br />
erzeugt.<br />
Konsequente Prozess- und Wertschöpfungssicht<br />
durch Produkt-<br />
Prozess-Engineering<br />
Erfolgreiche Unternehmen gehen zu niedrigen<br />
Preisen individueller auf Kun<strong>de</strong>nwünsche<br />
ein. Es gelingt ihnen eher, mit neuen Metho<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Produkt-Prozess-Optimierung das<br />
Spannungsfeld zwischen spezifischen Kun<strong>de</strong>nausführungen<br />
auf <strong>de</strong>r einen und ausreichen<strong>de</strong>r<br />
Wie<strong>de</strong>rholhäufigkeit <strong>de</strong>r Wertschöpfungsprozesse<br />
auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite zu beherrschen.<br />
Eine modulare Beschaffung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Einsatz<br />
von Taktmontagen und Kanban-Systemen dienen<br />
ebenfalls <strong>de</strong>m Komplexitätsabbau in <strong>de</strong>r<br />
Wertschöpfung. Hierzu müssen die Produktstrukturen<br />
auf die Wertschöpfungsketten<br />
hin ausgerichtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Wür<strong>de</strong>n ohne Gegenmaßnahmen Produkte nur<br />
noch mit Losgröße 1 produziert, entstün<strong>de</strong>n<br />
Mehraufwand in <strong>de</strong>r Konstruktion, zusätzliche<br />
Kosten im Einkauf infolge Min<strong>de</strong>rmengen o<strong>de</strong>r<br />
erstmaliger Beschaffungsvorgänge, zusätzliche<br />
Arbeiten in Arbeitsvorbereitung und Ferti-<br />
gung durch neue Fertigungsschritte mit einmaligen<br />
Rüstkosten und über Jahre hinaus die<br />
notwendige Vorhaltung von Ersatzteilen. In<br />
letzter Konsequenz steigen dann alle 7 Verschwendungsfaktoren<br />
wie Wartezeiten,<br />
Überproduktion, unnötige Bewegungen<br />
und Transporte, nicht erfor<strong>de</strong>rliche Bestän<strong>de</strong>,<br />
Produktfehler und Produktions<strong>de</strong>fekte<br />
sowie zusätzliche Flächenbedarfe<br />
<strong>de</strong>utlich an.<br />
Lean-Metho<strong>de</strong>n helfen dann nur noch bedingt,<br />
<strong>de</strong>nn die Komplexität, die sich vermei<strong>de</strong>n ließe,<br />
wäre <strong>de</strong>r größte Einspareffekt, weit größer als<br />
die effizienteste Beherrschung <strong>de</strong>r Vielfalt in<br />
Produktion, Beschaffung und Logistik.<br />
Weiterhin wer<strong>de</strong>n vertriebliche Funktionssichten<br />
(Merkmale, Ausprägungen) und<br />
physische Wertschöpfungsbetrachtungen<br />
(Produktaufbau mit Schnittstellen) aufeinan<strong>de</strong>r<br />
abgestimmt. Durch <strong>de</strong>n integrierten<br />
Ansatz „Produkt und Prozess“ schaffen sie<br />
hierdurch die Voraussetzungen, gleichermaßen<br />
Angebots- und Auftragsabwicklungsprozesse<br />
durch Konfigurationstechniken zu automatisieren.<br />
Sind die Produktstrukturen geklärt und mit<br />
Auswahl- und Beziehungswissen verknüpft, so<br />
bietet sich die Auswahl und Einführung eines<br />
Produktkonfigurators an. Die Infrastruktur für<br />
einen durchgängig automatisierten Prozess<br />
kann bestehen aus einem Konfigurator, integriert<br />
in einem ERP-System (z. B. SAP), o<strong>de</strong>r<br />
einem aus etwa 20 Anbietern ausgewählten<br />
Front-End-Konfigurationssystem.<br />
Fazit und Ausblick<br />
Zusammenfassend ist es wichtig, dass die<br />
Komplexitätssteuerung ein Prozess im Tagesgeschäft<br />
wird. Hierbei müssen nicht unbedingt<br />
neue Stellen und Organisationseinheiten<br />
geschaffen wer<strong>de</strong>n. Disziplin, Kennzahlen und<br />
die Verankerung von Entscheidungs- und Freigabeprozessen,<br />
ggf. gekoppelt zu bestehen<strong>de</strong>n<br />
Meilensteinen in <strong>de</strong>r Produktentwicklung o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Produktpflege, wirken Wun<strong>de</strong>r, wenn sie<br />
über einen längeren Zeitraum durchgehalten<br />
wer<strong>de</strong>n. Potenziale, die hier gehoben wer<strong>de</strong>n<br />
können, sind erheblich, allerdings han<strong>de</strong>lt es<br />
sich meistens um keine tief hängen<strong>de</strong>n Früchte,<br />
wer<strong>de</strong>n die Metho<strong>de</strong>n doch i. d. R. erst bei Neuprodukten<br />
richtig eingesetzt. Wer diese Themen<br />
weitestgehend ignoriert, wird dauerhaft Wettbewerbsnachteile<br />
an<strong>de</strong>rweitig ausgleichen müssen.<br />
Ein konsequent angegangenes Komplexitätsmanagement<br />
kann zu einer sehr effektiven<br />
Leis tungssteigerung eines Unternehmens beitragen,<br />
da dadurch alle Prozesse und Abläufe<br />
verschlankt wer<strong>de</strong>n können. Es erhöht die<br />
Schlagkraft, steigert <strong>de</strong>n Anteil wertschöpfen<strong>de</strong>r<br />
Tätigkeiten, reduziert Verschwendung<br />
und liefert damit einen nachhaltigen Beitrag<br />
zur Profitabilität eines Unternehmens.<br />
Mittelfristige Verbesserungen <strong>de</strong>r Unternehmensrenditen<br />
von 3 bis 7 % je nach Produkt-<br />
und Wertschöpfungscharakteristik sind erreichbar.<br />
Hierbei wer<strong>de</strong>n insbeson<strong>de</strong>re die Gemeinkostenbereiche<br />
in <strong>de</strong>n Kostenstrukturen<br />
verbessert. Durch verbesserte Preisstellungssystematiken<br />
lässt sich <strong>de</strong>r EBIT weiter<br />
verbessern.<br />
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CM Juli / August 2011<br />
71
72<br />
Erfolgsmessung von Kampagnen<br />
Erfolgsmessung von Kampagnen<br />
Unerwünschte Effekte schnell aufspüren<br />
von Katharina Moltz<br />
Unterstützt durch spezielle Systeme lassen sich<br />
komplexe Direktmarketing-Kampagnen<br />
heute zielsicher und effizient durchführen. Doch<br />
die Messung <strong>de</strong>s Erfolgs bleibt tückisch und<br />
wird von diesen Systemen häufig nicht hinreichend<br />
unterstützt. Isoliert betrachtet erscheint<br />
das Ergebnis mancher Kampagnen in einem<br />
positiven Licht – obwohl bei Betrachtung eines<br />
integrierten Maßes wie <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>numsatz<br />
das Gegenteil <strong>de</strong>r Fall ist. In diesem Artikel wird<br />
die Problematik <strong>de</strong>r Kampagnenerfolgsmessung<br />
am Beispiel <strong>de</strong>s Telekommunikationsanbieters<br />
O2 beschrieben und ein Konzept für ein<br />
stichhaltiges Kampagnenfinanzreporting vorgestellt.<br />
Um eine Vielzahl von Produkten und Services<br />
gezielt zu bewerben, nutzt das Unternehmen<br />
O2 die vollen Möglichkeiten seiner Datenbestän<strong>de</strong>:<br />
Analysen von anonymisierten Nutzungsdaten<br />
über Kun<strong>de</strong>nverhalten und<br />
-vorlieben sind die Grundlage für das individu-<br />
Abb. 1: Klassische Kampagnenerfolgsmessung<br />
elle I<strong>de</strong>ntifizieren und Umsetzen von Up- und<br />
Cross-Selling-Potenzialen. Zahlreiche Informationen,<br />
die aus <strong>de</strong>n Datenbestän<strong>de</strong>n zusammengesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n, fließen in Scoring-Funktionen<br />
ein, welche die Affinitäten <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n<br />
bezüglich dieser Kampagne prognostizieren.<br />
Solche Kun<strong>de</strong>ninformationen können sowohl<br />
Nutzungsdaten als auch Vertragsmerkmale<br />
und Kun<strong>de</strong>nstammdaten o<strong>de</strong>r Geomerkmale<br />
sein. Nur Kun<strong>de</strong>n mit höchster Affinität für <strong>de</strong>n<br />
zu bewerben<strong>de</strong>n Aspekt wer<strong>de</strong>n schließlich<br />
von <strong>de</strong>r Kampagne kontaktiert.<br />
Kun<strong>de</strong>ninformationen dürfen natürlich nur verwen<strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Verarbeitung<br />
seiner Daten und <strong>de</strong>m Kontakt im Vorfeld<br />
entwe<strong>de</strong>r bei Vertragsabschluss o<strong>de</strong>r später, in<br />
Abstimmung mit <strong>de</strong>m Customer Service, explizit<br />
zugestimmt hat. Ein Beispiel aus <strong>de</strong>r Praxis:<br />
Nutzt etwa ein Kun<strong>de</strong> <strong>de</strong>n unternehmenseigenen<br />
Music Shop im Internet zum La<strong>de</strong>n<br />
von Musik, kann man ihm auch Klingeltöne<br />
o<strong>de</strong>r Datendownloads für das Handy anbieten.<br />
Dieser Kun<strong>de</strong> hat bereits eine gewisse Affinität<br />
für Daten- und Musikservices gezeigt.<br />
Deshalb ist die Chance auf einen erfolgreichen<br />
Abschluss größer, als sie es bei einem zufällig<br />
selektierten Kun<strong>de</strong>n wäre.<br />
In <strong>de</strong>r Praxis laufen mehrere hun<strong>de</strong>rt dieser<br />
Kampagnen gleichzeitig ab. Die bisher eingesetzten<br />
Metho<strong>de</strong>n zur Erfolgsmessung, die in<br />
<strong>de</strong>r Regel nur isolierte Kampagnenergebnisse –<br />
wie die Anzahl gela<strong>de</strong>ner Klingeltöne – betrachten,<br />
greifen hier zu kurz. Die weite Verbreitung<br />
dieser Metho<strong>de</strong> ist jedoch nicht nur durch technische<br />
Schwierigkeiten, son<strong>de</strong>rn vor allem auch<br />
durch organisatorische Grün<strong>de</strong> bedingt: Produkte<br />
und Dienste in Großunternehmen wer<strong>de</strong>n<br />
von zugehörigen Produktmanagern verantwortet.<br />
Diese beauftragen nach Bedarf und Möglichkeit<br />
die im Bereich Customer Relationship<br />
Management (CRM) verankerten Kampagnenmanager<br />
mit <strong>de</strong>r Durchführung einer Kampagne<br />
und <strong>de</strong>r Messung <strong>de</strong>s Ergebnisses. Dabei <strong>de</strong>finiert<br />
<strong>de</strong>r Produktmanager von vornherein,<br />
was als Erfolg und was als Misserfolg <strong>de</strong>r<br />
Kampagne zu werten ist. Der Produktmanager<br />
wählt das Maß <strong>de</strong>s Erfolgs auf <strong>de</strong>r Basis positiv<br />
zählbarer, im Data Warehouse nachvollziehbarer<br />
Ereignisse, von <strong>de</strong>nen je<strong>de</strong>s einzelne<br />
zur persönlichen Zielerfüllung <strong>de</strong>s Produktmanagers<br />
beiträgt. Beispiele sind etwa gebuchte<br />
Tarifoptionen, gela<strong>de</strong>ne Spiele o<strong>de</strong>r<br />
zusätzlich verschickte SMS. Der Erfolg <strong>de</strong>r<br />
Kampagne wird bei dieser Messmetho<strong>de</strong> am
Abb. 2: Reaktionsunabhänige Kampagnenerfolgsmessung<br />
Verhältnis Reagierer zu Nichtreagierern festgemacht<br />
(vgl. Abbildung 1). Um künftige Kampagnenerfolge<br />
zu erhöhen, wer<strong>de</strong>n hier Business-<br />
Intelligence-Metho<strong>de</strong>n eingesetzt, um <strong>de</strong>n Anteil<br />
an Reagierern zu optimieren.<br />
Mit <strong>de</strong>r bloßen Differenzierung nach Reagierern<br />
und Nichtreagieren hinsichtlich <strong>de</strong>r Partikularinteressen<br />
<strong>de</strong>s Produktmanagements wird das<br />
Unternehmensinteresse unter Umstän<strong>de</strong>n außer<br />
Acht gelassen. Dass die oben geschil<strong>de</strong>rte<br />
Vorgehensweise in einer komplexen Umgebung<br />
mit parallel laufen<strong>de</strong>n Kampagnen durch einen<br />
Substitutionseffekt zwischen <strong>de</strong>n beworbenen<br />
(und nicht beworbenen) Produkten zu falschen<br />
Schlussfolgerungen hinsichtlich <strong>de</strong>s Unternehmensinteresses<br />
führen kann, wird an folgen<strong>de</strong>m<br />
Beispiel <strong>de</strong>utlich: Wechselt ein Kun<strong>de</strong><br />
aufgrund einer erfolgreichen Kampagne<br />
zum Beispiel in einen Tarif mit günstigeren<br />
Sprachminuten, wird dieser Kun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />
Folge weniger SMS-Nachrichten verschicken<br />
als vorher, da er bei gleichem Kommunikationsbedarf<br />
einen Kommunikationskanal<br />
durch einen an<strong>de</strong>ren ersetzt.<br />
Eine Steigerung seiner Sprachminuten im Gegenwert<br />
von zwei Euro kann für das Unternehmen<br />
gleichzeitig einen Einbruch von zwei Euro<br />
bei <strong>de</strong>n Datendiensten (SMS) be<strong>de</strong>uten. Hierfür<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Begriff Kannibalisierung geprägt.<br />
Ein ähnlicher Effekt tritt auf, wenn das Unternehmen<br />
einen Kun<strong>de</strong>n sowohl mit Festnetz- als<br />
auch Mobiltelefonanschluss versorgt. Auch hier<br />
kann die Steigerung <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>s einen<br />
Services die Nutzung <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren negativ beeinflussen,<br />
was mit <strong>de</strong>r herkömmlichen Kampagnenerfolgsmessung<br />
nicht sichtbar ist.<br />
Im Laufe <strong>de</strong>r Implementierung eines umfassen<strong>de</strong>n<br />
finanziellen Kampagnenreportings lässt<br />
sich ein weiterer Nachteil <strong>de</strong>r oben beschriebenen<br />
Metho<strong>de</strong> feststellen: Für über 1.000 im<br />
Jahr versandte Massenkampagnen und 50<br />
kun<strong>de</strong>nindividuell automatisch gesteuerte<br />
Kampagnen muss eine finanzielle Bewertung<br />
<strong>de</strong>r unterschiedlichen Erfolgsereignisse stattfin<strong>de</strong>n,<br />
was zum einen gigantische Aufwän<strong>de</strong><br />
erfor<strong>de</strong>rt und zum an<strong>de</strong>ren sämtliche Interaktionen<br />
zwischen verschie<strong>de</strong>nen Kampagnen vernachlässigt.<br />
Teile analysieren und neu<br />
ausmessen<br />
O2 nutzt das volle Potenzial von Business Intelligence<br />
und analytischem CRM, um unerwünschte<br />
Effekte und Interferenzen im Kampagnenmanagement<br />
aufzuspüren und ihnen<br />
entgegenzusteuern. Um <strong>de</strong>n tatsächlichen Erfolg<br />
einer Kampagne in Bezug auf <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>numsatz<br />
bewerten zu können, ist ein Paradigmenwechsel<br />
hin zu einer von <strong>de</strong>n Kampagnenzielen<br />
unabhängigen Metho<strong>de</strong> notwendig, <strong>de</strong>r<br />
die oft subtilen Kannibalisierungseffekte zwi-<br />
CM Juli / August 2011<br />
schen verschie<strong>de</strong>nen Produkten und Kampagnen<br />
auf<strong>de</strong>ckt. Dabei stehen zwei Aspekte im<br />
Zentrum:<br />
1. Keine Unterscheidung zwischen Reagierern<br />
und Nichtreagierern<br />
Die scharfe Abgrenzung zwischen Reagierern,<br />
also Kun<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>nen das Kampagnenziel erreicht<br />
wur<strong>de</strong>, und Nichtreagierern ist willkürlich<br />
und kann nur einen kleinen Teil <strong>de</strong>r tatsächlichen<br />
Reaktionen auf die Kampagne erfassen.<br />
Alle Kun<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>n Kampagnenkontakt erhalten,<br />
können nicht nicht-reagieren. Auch die<br />
Entscheidung, das in <strong>de</strong>r Kampagne beworbene<br />
Produkt nicht zu kaufen, ist eine<br />
Reaktion. Die Reaktion, wie sie vom Produktmanagement<br />
<strong>de</strong>finiert ist, enthält sowohl<br />
eine sachliche als auch eine zeitliche Begrenzung.<br />
So wer<strong>de</strong>n auch Kun<strong>de</strong>n, die das Produkt<br />
zum Beispiel einen Tag nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>de</strong>finierten<br />
Betrachtungszeitraums gekauft haben,<br />
klassisch als Nichtreagierer gewertet.<br />
Als Basis für die Bewertung <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n mit<br />
Kampagnenkontakt (Kontaktgruppe) wird nun<br />
die Kontrollgruppe verwen<strong>de</strong>t, die bei je<strong>de</strong>r<br />
Kampagne aus Kun<strong>de</strong>n besteht, die nach <strong>de</strong>n<br />
gleichen Kriterien wie die Kun<strong>de</strong>n mit Kontakt<br />
selektiert wur<strong>de</strong>n, jedoch direkt vor <strong>de</strong>m Kampagnenversand<br />
zufällig ausgewählt wur<strong>de</strong>n und<br />
<strong>de</strong>n Kampagnenkontakt nicht erhalten.<br />
73
74<br />
Erfolgsmessung von Kampagnen<br />
2. Der Umsatz <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n als Grundlage<br />
<strong>de</strong>r Bewertung<br />
Da zählbare Ereignisse nur für die Reagierer<br />
existieren und <strong>de</strong>r finanzielle Wert eines Reagierers<br />
in <strong>de</strong>n meisten Fällen nur schwer zu beziffern<br />
ist, muss <strong>de</strong>r Fokus <strong>de</strong>r Betrachtung<br />
direkt auf <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>numsatz liegen, da<br />
dieser für alle Produktgruppen messbar ist. Das<br />
ist zugleich notwendig wie nützlich, weil letztlich<br />
die Summe aller Kun<strong>de</strong>numsätze <strong>de</strong>n auf<br />
die Kun<strong>de</strong>n bezogenen Gesamtumsatz <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
ausmacht. Als Grundlage für die<br />
Analyse wer<strong>de</strong>n Produktumsätze mit bekannten,<br />
spezifischen Deckungsbeiträgen benutzt.<br />
Aufbauend darauf wur<strong>de</strong> eine Lösung entwickelt,<br />
die mithilfe von statistischen Metho<strong>de</strong>n<br />
unter Verwendung unabhängiger Kontrollgruppen<br />
<strong>de</strong>zidiert feststellen kann, ob eine<br />
Kampagne die avisierte Umsatzsteigerung verursacht<br />
hat. Diese Metho<strong>de</strong>n umfassen unter<br />
an<strong>de</strong>rem eine Ausreißerbereinigung und eine<br />
Autor<br />
Bewertung <strong>de</strong>r Signifikanz <strong>de</strong>r berechneten<br />
Umsatzsteigerung. Darüber hinaus erlauben sie<br />
zum einen die Berücksichtigung von Ad-hoc-<br />
Kampagnen und kontinuierlichen Kampagnen<br />
o<strong>de</strong>r Kampagnenprogrammen, zum an<strong>de</strong>ren<br />
die Messung weiterer für <strong>de</strong>n Kampagnen<strong>de</strong>ckungsbeitrag<br />
relevanter Komponenten. Die<br />
Kun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Kontrollgruppe erfüllen dieselben<br />
Selektionskriterien wie die Kun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r<br />
Kontaktgruppe, an die sich die Kampagne richtet,<br />
wer<strong>de</strong>n aber während <strong>de</strong>r Kampagne nicht<br />
kontaktiert. Sie dienen als Vergleich, da sie<br />
nicht durch die Kampagne beeinflusst wor<strong>de</strong>n<br />
sind.<br />
Mit diesem Konzept lassen sich externe Einflüsse<br />
(wie Teilnahmen an an<strong>de</strong>ren Kampag -<br />
nen) aus <strong>de</strong>m Ergebnis <strong>de</strong>r betrachteten Kampagne<br />
herausrechnen, auch wenn einzelne<br />
Kampagnenteilnehmer gleichzeitig durch verschie<strong>de</strong>ne<br />
an<strong>de</strong>re Kampagnen kontaktiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Externe Einflüsse wer<strong>de</strong>n im statis tischen<br />
Mittel immer im gleichen Maße sowohl auf die<br />
Kontakt- als auch auf die Kontrollgruppe zutreffen.<br />
Damit lässt sich ein gemessener Unterschied<br />
zwischen Kontakt- und Kontrollgruppe<br />
notwendigerweise immer auf die aktuelle Kampagne<br />
zurückführen. Die Kampagnenergebnisse<br />
wer<strong>de</strong>n automatisch an die Kam pagnen-<br />
und Produktverantwortlichen berichtet. Der<br />
Nutzwert dieser Systematik ist für Marketiers<br />
ein ausgewiesener Umsatzeffekt je<br />
Kontakt, <strong>de</strong>r außer einer statistischen Unschärfe,<br />
die zum Beispiel durch ein Konfi<strong>de</strong>nzintervall<br />
bei festgelegtem Signifikanzniveau<br />
ausweisbar wäre, belegt ist.<br />
Ein statistisches Maß zur Ausweisung <strong>de</strong>r Genauigkeit<br />
<strong>de</strong>r Aussagen ist <strong>de</strong>shalb sinnvoll, da<br />
hier zwar mit tatsächlichen Umsatzdaten gerechnet<br />
wird, <strong>de</strong>r jeweilige Vergleich zwischen<br />
Katharina Moltz<br />
ist Consultant bei b.telligent GmbH & Co, München, im Bereich<br />
Competence Center Analytics.<br />
E-Mail: crm.solutions@b.telligent.com<br />
Kontakt- und Kontrollgruppe aber <strong>de</strong>nnoch ein<br />
Mo<strong>de</strong>ll ist. Es kann nämlich auf Einzelkun<strong>de</strong>nbasis<br />
nie gesagt wer<strong>de</strong>n, ob ein Kontrollgruppenkun<strong>de</strong>,<br />
wenn er <strong>de</strong>nn kontaktiert wor<strong>de</strong>n<br />
wäre, einen bestimmten verän<strong>de</strong>rten Umsatz<br />
erbracht hätte. Über die gesamte Gruppe kann<br />
jedoch ein durchschnittlicher Wert angegeben<br />
wer<strong>de</strong>n. In diesem Fall wer<strong>de</strong>n bei O2 für die<br />
Bewertung eines Kampagnenkontaktes<br />
(o<strong>de</strong>r einer Kontaktgruppenteilnahme) eines<br />
Kun<strong>de</strong>n im Nachhinein <strong>de</strong>ssen Umsatzdaten<br />
aus einem Siebenmonatsintervall<br />
(drei Monate vor <strong>de</strong>m Kontakt, <strong>de</strong>r Kontaktmonat<br />
und drei Monate danach) zur Berechnung<br />
<strong>de</strong>r Kampagneneffekte hinzugezogen. In an<strong>de</strong>ren<br />
Geschäftsfel<strong>de</strong>rn variieren natürlich die<br />
Metho<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>numsatz zu berech-<br />
nen. Auch die Modalität <strong>de</strong>s Vergleichs zwischen<br />
Kontakt- und Kontrollgruppe ist variabel.<br />
Der Kern <strong>de</strong>r neuen Methodik ist von <strong>de</strong>r Berechnung<br />
<strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>numsatzes unabhängig:<br />
Messung <strong>de</strong>s Kampagnenerfolgs bei allen<br />
Kampagnenteilnehmern, Ablösung von abstrakten<br />
Erfolgskriterien, Umsatz als eine vergleichbare<br />
Messgröße für alle Kampagnen,<br />
kausal nachvollziehbarer Effekt durch unabhängige<br />
Kontrollgruppen. Aus dieser Betrachtung<br />
ergeben sich interessante Rückschlüsse für die<br />
künftige Kampagnenoptimierung.<br />
Mit dieser Methodik lassen sich beson<strong>de</strong>rs erfolgreiche,<br />
aber auch weniger effektive Kampagnen<br />
i<strong>de</strong>ntifizieren und neue I<strong>de</strong>en für Kampagnen<br />
und Zielgruppenselektionen generieren.<br />
Die anfänglich skeptischen Produktmanager<br />
haben sich schnell mit <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong> angefreun<strong>de</strong>t.<br />
Beson<strong>de</strong>rs attraktiv aus ihrer Sicht ist,<br />
dass positive Umsatzeffekte, die vorher übersehen<br />
wor<strong>de</strong>n wären, weil sie zu spät o<strong>de</strong>r auf unvorhergesehenen<br />
Kanälen realisiert wer<strong>de</strong>n,<br />
ebenfalls <strong>de</strong>m Kampagnenerfolg zugeschrieben<br />
wer<strong>de</strong>n können. Diese Effekte können in<br />
<strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>n berichteten Umsatzverlust durch<br />
Kannibalisierungseffekte mehr als ausgleichen.<br />
Fazit<br />
Die Methodik schafft Transparenz und steigert<br />
die Vergleichbarkeit von Kampagnen. Dadurch<br />
können zwar auch unangenehme Wahrheiten<br />
ans Licht gebracht wer<strong>de</strong>n, zum Beispiel durch<br />
<strong>de</strong>n Übergang vom reinen Zählen positiver Ereignisse<br />
zum Ausweisen von Umsatzeffekten,<br />
die im Einzelfall auch negativ ausfallen können.<br />
Für das Unternehmen ist die Umstellung auf ein<br />
<strong>de</strong>rartiges Kampagnenerfolgsreporting ein<br />
sehr sinnvoller Schritt. Diese Methodik erfor<strong>de</strong>rt<br />
eine Implementierung auf Basis <strong>de</strong>r unternehmenseigenen<br />
Daten- und Prozessstruktur.<br />
Bei <strong>de</strong>r Definition zukünftiger Kampagnen kann<br />
das Direktmarketing zusätzlich zur Umsetzung<br />
strategischer Ziele auch hinsichtlich umfassen<strong>de</strong>r<br />
finanzieller Aspekte besser planen. Dadurch<br />
können Agentur- und Kanalkosten für<br />
suboptimale Kampagnen vermie<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r profitable<br />
Kampagnen einer größeren Kun<strong>de</strong>ngruppe<br />
zugänglich gemacht wer<strong>de</strong>n.
Aufbau einer Kostenträgerrechnung<br />
auf Basis <strong>de</strong>s Prozessmo<strong>de</strong>lls<br />
Am Beispiel <strong>de</strong>r HIL GmbH<br />
von Frank Höning, Dirk Ol<strong>de</strong>rdissen und Oliver Rösch<br />
Die „HIL Heeresinstandsetzungslogistik<br />
GmbH” (nachfolgend HIL) ist eine im Februar<br />
2005 gegrün<strong>de</strong>te Public-Private-Partnership,<br />
mit <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sministerium <strong>de</strong>r Verteidigung<br />
sowie einer Industrieholding – bestehend<br />
aus <strong>de</strong>n Industriewerken Saar, Rheinmetall<br />
Landsysteme und Krauss-Maffei Wegmann –<br />
als Gesellschafter. Zweck <strong>de</strong>r Gesellschaft ist<br />
die Planung, Steuerung und Durchführung von<br />
Materialerhaltungsaufgaben (Wartung und<br />
Instandsetzung) für gepanzerte Waffensysteme<br />
und Geräte <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr.<br />
Die bei <strong>de</strong>r Materialerhaltung anfallen<strong>de</strong>n<br />
Aufgaben – kleinere Fristenarbeiten und Reparaturen<br />
sowie eine Komplettzerlegung im<br />
Rahmen einer Werksinstandsetzung – wer<strong>de</strong>n<br />
in drei Werken, acht Nie<strong>de</strong>rlassungen<br />
und in über fünfzig Stützpunkten mit insgesamt<br />
etwa 2300 Mitarbeiter erbracht. In viele<br />
dieser Arbeiten wer<strong>de</strong>n auch Externe – Partner<br />
<strong>de</strong>r Industrieholding wie auch Dritte – einbezogen.<br />
Zwingen<strong>de</strong> Vorgabe ist es, eine tägliche<br />
Geräteverfügbarkeit für <strong>de</strong>n militärischen<br />
Einsatz von min<strong>de</strong>stens 70 Prozent<br />
sicherzustellen.<br />
Festgehalten wur<strong>de</strong> die Zusammenarbeit in<br />
einem umfassen<strong>de</strong>n Leistungsvertrag, welcher<br />
neben <strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>r zu erbringen<strong>de</strong>n<br />
Leistungen, Vorgaben zur Kalkulation (z. B.<br />
Instandsetzungsstun<strong>de</strong>n je Materialplanungsnummer)<br />
sowie zum Reporting <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />
Instandsetzung anfallen<strong>de</strong>n Kosten auch die<br />
Implementierung eines integrierten Informationssystems<br />
enthält. Die Gesellschafter waren<br />
sich einig, dass es als Voraussetzung für die<br />
Umsetzung <strong>de</strong>r Vertragsinhalte ein einfaches<br />
unternehmensweites Prozessmo<strong>de</strong>ll mit<br />
klaren Rollen und Verantwortlichkeiten<br />
brauchte, welches auch die externen Leistungserbringer<br />
einbezog. Denn je einfacher<br />
und transparenter die Geschäftsabläufe, <strong>de</strong>sto<br />
einfacher ist die Konzeption einer aussagekräftigen<br />
Kostenträgerrechnung sowie die nachfolgen<strong>de</strong><br />
ERP-Einführung.<br />
Die Fallstudie illustriert, wie es HIL gelungen ist,<br />
(1) die Wertschöpfung mittels einfacher und<br />
transparenter Geschäftsprozesse zu strukturieren<br />
sowie (2) auf <strong>de</strong>ssen Basis eine Kostenträgerrechnung<br />
unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r vertraglichen<br />
Reportingvorgaben zu <strong>de</strong>finieren.<br />
Notwendigkeit eines<br />
unternehmensweit einheitlichen<br />
Prozessmo<strong>de</strong>lls<br />
Um rasch mit <strong>de</strong>r Konzeption einer aussagekräftigen<br />
Kostenträgerrechnung zu beginnen,<br />
versuchte ursprünglich das Projektteam Überlegungen<br />
aus <strong>de</strong>r Gründungsphase 2004 zu<br />
nutzen. Dazu gehörte auch ein Prozessmo<strong>de</strong>ll,<br />
welches allerdings in <strong>de</strong>r Praxis nie validiert<br />
wur<strong>de</strong>. So stellte sich während <strong>de</strong>r weiteren<br />
Detaillierung und ersten Geschäftsfallsimulationen<br />
heraus, dass das ursprüngliche Prozessmo<strong>de</strong>ll<br />
zu viele unklare Verantwortlichkeiten<br />
und Redundanzen zwischen<br />
<strong>de</strong>n Organisationseinheiten enthielt. Zu<strong>de</strong>m<br />
sorgten lange Prozessketten mit fehlen<strong>de</strong>r<br />
Rückkopplung für zahlreiche komplexe<br />
Schnittstellen, die zu unnötigem Abstim-<br />
CM Juli / August 2011<br />
mungs- und Koordinationsaufwand im Tagesgeschäft<br />
geführt hätten. Auch die Berücksichtigung<br />
und Integration <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Instandsetzung<br />
möglichen Leistungserbringer spielte bei<br />
<strong>de</strong>r Prozessmo<strong>de</strong>llierung keine beson<strong>de</strong>re<br />
Rolle.<br />
Doch gera<strong>de</strong> diesen Aspekten muss im Prozessmo<strong>de</strong>ll<br />
beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit geschenkt<br />
wer<strong>de</strong>n. So stehen HIL für kleinere<br />
Reparaturen und Fristen in <strong>de</strong>r Flächenorganisation<br />
(MES 2/3) 1 sowie für die Komplettzerlegung<br />
im Rahmen einer Werksinstandsetzung<br />
(MES 4) unterschiedliche Leistungserbringer<br />
zur Verfügung, wobei zuerst die vom Bund bereitgestellten<br />
Leistungserbringer auszulasten<br />
sind (nicht budgetrelevant). Reichen diese Kapazitäten<br />
nicht aus, wer<strong>de</strong>n Instandsetzungsaufträge<br />
auch an die Industrie vergeben (Budget-relevant)<br />
(siehe Abbildung 1).<br />
Es brauchte also ein Prozessmo<strong>de</strong>ll mit einfachen<br />
Wertflüssen für alle Leistungserbringer,<br />
um <strong>de</strong>m vertraglich <strong>de</strong>finierten Nachweis <strong>de</strong>r<br />
während <strong>de</strong>r Instandsetzung angefallenen Kosten<br />
nachzukommen. Auf Basis dieser Erkenntnisse<br />
traf die Geschäftsleitung <strong>de</strong>r HIL im Juni<br />
2006 die Entscheidung, ein neues Prozessmo<strong>de</strong>ll<br />
zu entwerfen. Dieses sollte<br />
(1) modular mit klar abgegrenzten Verantwortungsbereichen<br />
aufgebaut sein,<br />
(2) eine ein<strong>de</strong>utige Zuordnung <strong>de</strong>r Prozessressourcen<br />
sowie Aufgaben und Kompetenzen<br />
erlauben,<br />
(3) einer logisch abgeleiteten Schnittstellenarchitektur<br />
nach <strong>de</strong>m „Auftraggeber-Auftragnehmerprinzip“<br />
folgen und<br />
75
76<br />
Aufbau einer Kostenträgerrechnung auf Basis <strong>de</strong>s Prozessmo<strong>de</strong>lls<br />
Abb. 1: Leistungserbringerübersicht<br />
(4) die Integration bzw. Abbildung verschie<strong>de</strong>ner<br />
Leistungserbringer erlauben.<br />
Einheitliches und einfaches Prozessmo<strong>de</strong>ll<br />
über mehrere Zyklen<br />
Die Basis <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llierung bil<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nprozess<br />
mit unterschiedlichen Zeithorizonten<br />
und die Strukturierung <strong>de</strong>s Leistungsangebotes<br />
<strong>de</strong>r HIL. Die sich daraus ergeben<strong>de</strong>n<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen bedingten eine Unterscheidung<br />
<strong>de</strong>r Leistungserbringung in vier verschie<strong>de</strong>ne<br />
Geschäftszyklen:<br />
(1)“Strategische Unternehmens- & Produkt-<br />
Entwicklung / Innovation”,<br />
Abb. 2: Geschäftsbeziehungszyklus und Leistungsstrukturierung<br />
(2) „Jahresplanung”,<br />
(3) „rollieren<strong>de</strong> Monatsplanung” und<br />
(4) „Ausführung”, wobei insbeson<strong>de</strong>re die Zyklen<br />
zwei bis vier für <strong>de</strong>n Entwurf <strong>de</strong>r Prozesslandschaft<br />
bzw. die Strukturierung <strong>de</strong>r Leistungserbringung<br />
entschei<strong>de</strong>nd waren. Diese<br />
Zyklen bauen aufeinan<strong>de</strong>r auf und konkretisieren<br />
die Leistungserstellung schrittweise bis ins<br />
Tagesgeschäft (siehe Abbildung 2).<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r Jahresplanung wird zunächst<br />
<strong>de</strong>r Instandsetzungsbedarf <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n mit<br />
<strong>de</strong>n Instandsetzungskapazitäten <strong>de</strong>r internen<br />
und externen Leistungserbringer sowie mit<br />
<strong>de</strong>m vorhan<strong>de</strong>nen Budget in Einklang gebracht<br />
und ein abgestimmter Jahresplan mit<br />
Stückzahlen pro Gerätetyp auf Monatsbasis für<br />
die Anlieferung <strong>de</strong>r Geräte verabschie<strong>de</strong>t. Dieser<br />
Plan wird unter Berücksichtigung aktueller<br />
Informationen aus laufen<strong>de</strong>n Aufträgen (Arbeitsstand,<br />
Ressourcenbelastung etc.) in <strong>de</strong>r<br />
rollieren<strong>de</strong>n Monatsplanung fortgeschrieben<br />
und auf Wochenbasis weiter konkretisiert. Im<br />
Ausführungszyklus erfolgt dann die Beplanung<br />
<strong>de</strong>r aktuellen Aufträge bis auf Arbeitsplatzebene.<br />
Um dieses zyklische Vorgehen prozessual abzubil<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>finierte das Projektteam unter Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r Vorgaben <strong>de</strong>r Geschäftsleitung<br />
ein Prozessmo<strong>de</strong>ll, welches für alle Zyklen<br />
gültig ist und wenige, aber transparente<br />
sowie durchgängige Prozesse enthielt. Die<br />
Schnittstellen zwischen <strong>de</strong>n Prozessen sind<br />
ein<strong>de</strong>utig und basieren auf einfachen Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen<br />
– genauso<br />
wie jene zu <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n bzw. Lieferanten<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens.<br />
Insgesamt besteht das Prozessmo<strong>de</strong>ll aus fünf<br />
horizontalen Prozesskaska<strong>de</strong>n, wobei je<strong>de</strong>r<br />
Prozesskaska<strong>de</strong> eine klare Rolle in <strong>de</strong>r Leistungserstellung<br />
mit ein<strong>de</strong>utigen Verantwortlichkeiten<br />
zugeordnet ist (siehe Abbildung 3).
Abb. 3: Prozessmo<strong>de</strong>ll HIL GmbH (vereinfachte Darstellung)<br />
Die erste Prozesskaska<strong>de</strong> (Kun<strong>de</strong>nmanagement)<br />
ist die konkrete Leistungsvereinbarung<br />
und ist für die Ermittlung und Terminierung<br />
<strong>de</strong>s Instandsetzungsbedarfs (Fristen,<br />
restliche Bedarfe) sowie für die Sicherstellung<br />
<strong>de</strong>r Geräteverfügbarkeit verantwortlich. Das<br />
Leistungsmanagement – die zweite Kaska<strong>de</strong><br />
– besitzt einen Überblick über das Kapazitätsangebot<br />
<strong>de</strong>r internen (HIL Werke, Fläche) sowie<br />
<strong>de</strong>r externen Leistungserbringer (Unterauftragnehmer<br />
o<strong>de</strong>r UAN) und ist für die<br />
Zuteilung <strong>de</strong>r Wartungs- und Instandsetzungsaufträge<br />
auf die Leistungserbringer zuständig.<br />
Die dritte Kaska<strong>de</strong> übernimmt die Wartung und<br />
Instandsetzung <strong>de</strong>r Geräte bzw. Systeme, die<br />
Durchführung <strong>de</strong>r Qualitätskontrolle sowie die<br />
Rückführung <strong>de</strong>r gewarteten bzw. instand gesetzten<br />
Systeme zum Kun<strong>de</strong>n. Gleiches gilt für<br />
die vierte Kaska<strong>de</strong>, welche sich aber ausschließlich<br />
um die Baugruppeninstandsetzung<br />
inkl. Qualitätskontrolle sowie Rückführung <strong>de</strong>r<br />
gewarteten bzw. instand gesetzten Baugruppen<br />
verantwortlich zeichnet.<br />
Bei <strong>de</strong>r dritten und vierten Kaska<strong>de</strong> kommen<br />
<strong>de</strong>r modulare Aufbau <strong>de</strong>s Prozessmo<strong>de</strong>lls so-<br />
wie die klaren Leistungsbeziehungen zum<br />
Tragen, die eine einfache Integration und Abbildung<br />
sämtlicher Leistungserbringer erlauben.<br />
Ange<strong>de</strong>utet ist diese Einbindung durch die Segmentierung<br />
<strong>de</strong>r dritten und vierten Prozesskaska<strong>de</strong>.<br />
Die Ansteuerung <strong>de</strong>r jeweiligen Prozesskaska<strong>de</strong><br />
übernimmt das Leistungsmanagement.<br />
Die fünfte Kaska<strong>de</strong> ist für die Beschaffung<br />
von Material bzw. die Beistellung von<br />
Ersatzteilen durch das BMVg verantwortlich<br />
(siehe Abbildung 3).<br />
Vertragliche Anfor<strong>de</strong>rungen an<br />
das Berichtsmo<strong>de</strong>ll<br />
Auf Basis dieses einfachen Prozessmo<strong>de</strong>lls<br />
musste nun ein aussagekräftiges Berichtsmo<strong>de</strong>ll<br />
unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r vertraglichen<br />
Vorgaben entworfen wer<strong>de</strong>n. In diesen ist beispielsweise<br />
festgehalten, für welche Gerätetypen<br />
in welcher Stückzahl die Materialverantwortung<br />
zu übernehmen ist. Je Gerätetyp ist im<br />
Leistungsvertrag ein Stun<strong>de</strong>nwert hinterlegt,<br />
<strong>de</strong>ssen Wert <strong>de</strong>n angenommenen Instandhaltungsaufwand<br />
im Jahresdurchschnitt vorgibt.<br />
Aus <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Geräte und <strong>de</strong>m vereinbarten<br />
Bedarf an Instandsetzungsaufwand in<br />
CM Juli / August 2011<br />
Stun<strong>de</strong>n errechnet sich letztlich <strong>de</strong>r logistische<br />
Bedarf bzw. SOLL-Aufwand.<br />
Zur Ver<strong>de</strong>utlichung: Hätte HIL eine Geräteanzahl<br />
von 100 Geräten für eine bestimmte Planungsnummer<br />
mit einem durchschnittlichen Instandhaltungsaufwand<br />
von 50 Stun<strong>de</strong>n übernommen,<br />
so wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r SOLL-Aufwand für die Instandsetzung<br />
bei 5000 Stun<strong>de</strong>n liegen.<br />
Aufgabe von HIL war es nun, diesen vertraglich<br />
vorgegebenen SOLL-Aufwand unter Vorgabe<br />
<strong>de</strong>r Geräteverfügbarkeit und unter Einhaltung<br />
<strong>de</strong>s zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n Budgets nicht zu<br />
überschreiten.<br />
Der Instandsetzungsauftrag als<br />
Kostenträger<br />
Für die Messung <strong>de</strong>r Zielerreichung war es nun<br />
erfor<strong>de</strong>rlich, die IST-Werte (Kosten und zeitlicher<br />
Aufwand <strong>de</strong>r einzelnen durchgeführten<br />
Instandsetzungsmaßnahmen) aus aktuellen<br />
und bereits abgeschlossenen Instandhaltungsaufträgen<br />
zu ermitteln. Dazu bediente sich HIL<br />
<strong>de</strong>r Kostenträgerrechnung. Diese beschreibt,<br />
welche betrieblichen Produkte o<strong>de</strong>r Leistungen<br />
77
78<br />
Aufbau einer Kostenträgerrechnung auf Basis <strong>de</strong>s Prozessmo<strong>de</strong>lls<br />
(Kostenträger) die angefallenen Kosten verursacht<br />
haben, und rechnet sie diesen zu.<br />
Als Kostenträger bei HIL dienten die Instandsetzungsaufträge<br />
<strong>de</strong>r jeweiligen Leistungserbringer,<br />
die für die Instandsetzung <strong>de</strong>r über 6000<br />
Einzelgeräte (vom Kampfpanzer Leopard über<br />
geschützte Fahrzeuge bis hin zur Faltfestbrücke)<br />
zur Verfügung stehen (vgl. Abbildung 1).<br />
Ziel war es, sämtliche während <strong>de</strong>r Instandhaltung<br />
<strong>de</strong>r Geräte anfallen<strong>de</strong>n Kosten<br />
und Zeiten auf die Aufträge zu verrechnen,<br />
um ein realistisches Bild <strong>de</strong>r IST-Situation<br />
zu erhalten. Die Kostenträgerrechnung musste<br />
dabei so konzipiert wer<strong>de</strong>n, dass die Erhebung<br />
<strong>de</strong>r Kosten und Zeiten über alle internen und<br />
externen Leistungserbringer gleichartig ablief,<br />
um aussagekräftige Werte <strong>de</strong>n SOLL-Zahlen<br />
gegenüberstellen zu können.<br />
Bei <strong>de</strong>r Umsetzung half <strong>de</strong>r modulare Aufbau<br />
<strong>de</strong>s Prozessmo<strong>de</strong>lls mit seiner logisch abgeleiteten<br />
Schnittstellenarchitektur nach <strong>de</strong>m „Auftraggeber-Auftragnehmerprinzip”.<br />
Den autonom<br />
und klar voneinan<strong>de</strong>r abgegrenzten Prozesskaska<strong>de</strong>n<br />
liessen sich alle notwendigen<br />
Ressourcen (wie z. B. Personal, Betriebsmittel,<br />
Anlagen, Infrastruktur, Standorte) und Informa-<br />
Autoren<br />
Dirk Ol<strong>de</strong>rdissen<br />
ist Diplom Ökonom mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Er<br />
betreut als Leiter Controlling und IT die ERP-Software-Einführung<br />
bei HIL GmbH auf Basis eines Prozessmo<strong>de</strong>lls. Zuvor war<br />
er als Leiter Controlling und IT bei ThyssenKrupp und im Produktionscontrolling<br />
<strong>de</strong>r Teekanne GmbH.<br />
E-Mail: dirk.ol<strong>de</strong>rdissen@hilgmbh.<strong>de</strong><br />
tionen zuordnen, die für die Auftragserstellung<br />
erfor<strong>de</strong>rlich sind. Dadurch konnten <strong>de</strong>n Instandsetzungsaufträgen<br />
die innerhalb <strong>de</strong>r Prozesskaska<strong>de</strong><br />
anfallen<strong>de</strong>n Kosten und Zeiten<br />
ein<strong>de</strong>utig zugewiesen wer<strong>de</strong>n. Denn je<strong>de</strong>r Teilprozess<br />
innerhalb einer Kaska<strong>de</strong> führt im Instandsetzungsablauf<br />
zu Ressourcenverbräuchen,<br />
wie etwa Maschinenzeiten, Arbeitskraftstun<strong>de</strong>n<br />
und Materialverbräuche, die auf <strong>de</strong>n<br />
Kostenträger geschrieben wer<strong>de</strong>n.<br />
Damit sorgte das Prozessmo<strong>de</strong>ll nicht nur für<br />
eine durchgängige Verantwortung für <strong>de</strong>n Geschäftsfall<br />
(System- o<strong>de</strong>r Baugruppeninstandsetzung),<br />
son<strong>de</strong>rn ermöglichte auch eine transparente<br />
Erhebung <strong>de</strong>r anfallen<strong>de</strong>n Kosten und<br />
Zeiten. Aufwendige Verrechnungen zwischen<br />
System- und Baugruppeninstandsetzung entfielen.<br />
Diese Transparenz ermöglichte zu<strong>de</strong>m<br />
eine Vergleichbarkeit zwischen <strong>de</strong>n Leistungsträgern.<br />
Beispielsweise war HIL in <strong>de</strong>r Lage, die<br />
Instandsetzungsleistungen <strong>de</strong>r internen Leistungserbringer<br />
zu vergleichen, aber auch ein<br />
Vergleich mit <strong>de</strong>n externern Leistungserbringern<br />
war mittels <strong>de</strong>s neuen Mo<strong>de</strong>lls möglich.<br />
Derartige Vergleiche erhöhten nicht nur die Motivation<br />
bei <strong>de</strong>n Leistungserbringern, son<strong>de</strong>rn<br />
lieferten auch Ansatzpunkte für Verbesserungen.<br />
Dr. Frank Höning<br />
hat langjährige Erfahrung als Unternehmensberater in <strong>de</strong>r Neuausrichtung<br />
von Unternehmen. Sein Schwerpunkt liegt auf <strong>de</strong>m<br />
Entwurf strategiegerechter Prozess- und Organisationsmo<strong>de</strong>lle.<br />
Er promovierte an <strong>de</strong>r Universität St. Gallen. Heute leitet er die<br />
Practice „Geschäftsmo<strong>de</strong>lle” bei Gronova AG.<br />
E-Mail: frank.hoening@gronova.com<br />
Dipl. WiIng. Oliver Rösch<br />
hat langjährige Erfahrung als Unternehmensberater in <strong>de</strong>r Erstellung<br />
und Durchführung von Wirtschaftlichkeitsnachweisen.<br />
Er konzpierte und implementierte die Kostenträgerrechnung in<br />
<strong>de</strong>r HIL GmbH.<br />
Ein Bericht für <strong>de</strong>n schnellen<br />
Überblick<br />
Um sich nun einen schnellen Überblick über die<br />
aktuelle Aufwandssituation im Vergleich zu <strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>r Jahresplanung ermittelten Werten und<br />
zum vertraglich vereinbarten Budget zu erhalten,<br />
wur<strong>de</strong> ein Bericht konzipiert, <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong><br />
Informationen schnell und übersichtlich<br />
darstellt. Dieser zeigt <strong>de</strong>n SOLL-, PLAN- und<br />
IST-Aufwand je Gerätetyp (Planungsnummer),<br />
aufgeteilt in die drei Bereiche MES2/3, MES 4<br />
und Baugruppen (BG) (siehe Abbildung 4).<br />
Während <strong>de</strong>r IST-Aufwand je Planungsnummer<br />
mittels Kostenträgerrechnung von aktuellen<br />
o<strong>de</strong>r abgeschlossenen Instandsetzungsaufträgen<br />
stammt, wer<strong>de</strong>n die Planzahlen durch<br />
das Kun<strong>de</strong>nmanagement im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Jahresplanung ermittelt. Dazu nimmt das<br />
Kun<strong>de</strong>nmanagement <strong>de</strong>n mutmaßlichen Instandsetzungsbedarf<br />
<strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n je konkretes<br />
Gerät sowie die Zeitpunkte, zu <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong><br />
das Gerät in die Instandsetzung geben kann,<br />
auf. Dieser Bedarf wird durch das Leistungsmanagement<br />
unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Budgets sowie Kapazitäten auf die<br />
Leistungserbringer verteilt und die sich daraus<br />
ergeben<strong>de</strong>n Plankosten wer<strong>de</strong>n ermittelt. In Abstimmung<br />
mit <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>nmanagement wer<strong>de</strong>n<br />
etwaige Än<strong>de</strong>rungen an <strong>de</strong>r Planung vorgenommen<br />
und an <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n kommuniziert.<br />
Um beim monatlichen Reporting die Entwicklung<br />
innerhalb <strong>de</strong>r Planungsnummern <strong>de</strong>utlich<br />
zu machen, wur<strong>de</strong> die Abfrage als kumulierter<br />
Wert vom Jahresbeginn bis zum Abfragedatum<br />
erstellt. Dieser rollieren<strong>de</strong> Monatsplan dient <strong>de</strong>r<br />
Verfolgung <strong>de</strong>s Budgets und muss stets im Abgleich<br />
mit <strong>de</strong>m Fertigungsplan angepasst wer<strong>de</strong>n.<br />
Dies erlaubt eine permanente Verfolgung<br />
<strong>de</strong>r Budgeterreichung & -erfüllung sowie die<br />
Auf<strong>de</strong>ckung möglicher Ansatzpunkte für Verbesserungen<br />
<strong>de</strong>s Instandsetzungsablaufs.<br />
Ein<strong>de</strong>utige I<strong>de</strong>ntifi zierung von<br />
Abweichungen<br />
Die mittels Kostenträgerrechnung im Ausführungszyklus<br />
und einfachem Bericht erreichte<br />
Transparenz hilft nicht nur bei <strong>de</strong>r schnellen<br />
I<strong>de</strong>ntifizierung von Abweichungen, son<strong>de</strong>rn
auch bei <strong>de</strong>r gezielten Einleitung von Gegenmaßnahmen,<br />
um das vertraglich vorgegebene<br />
SOLL zu erfüllen. Wer<strong>de</strong>n Abweichungen<br />
zwischen PLAN und IST festgestellt<br />
– wie beispielsweise in Abbildung 4 bei MES4<br />
– lässt sich schnell die verantwortliche Prozesskaska<strong>de</strong><br />
i<strong>de</strong>ntifizieren, bei <strong>de</strong>r Schwierigkeiten<br />
während <strong>de</strong>r Instandsetzung aufgetreten<br />
sind, die letztlich zu Terminverzögerungen<br />
bzw. zur Nichterfüllung <strong>de</strong>r Planvorgabe geführt<br />
haben.<br />
Wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rartige Probleme registriert, wird mit<br />
<strong>de</strong>n (Prozess-) Verantwortlichen aus <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n-<br />
und Leistungsmanagement sowie <strong>de</strong>m verantwortlichen<br />
Leistungserbringer eine Lösung<br />
für das Problem erarbeitet. Dieser einfache<br />
Rückkopplungsprozess setzt bei allen beteiligten<br />
Personen einen Lerneffekt in Gang. Durch die<br />
Analyse <strong>de</strong>r Abweichungen und <strong>de</strong>n daraus<br />
resultieren<strong>de</strong>n Maßnahmen wer<strong>de</strong>n nicht<br />
nur schrittweise Verbesserungen in <strong>de</strong>n<br />
operativen Instandsetzungsabläufen vorangetrieben,<br />
son<strong>de</strong>rn auch das Zusammenspiel<br />
von Planung und Ausführung verbessert.<br />
Diese einfache Interaktion von Berichts-<br />
und Prozessmo<strong>de</strong>ll versetzt HIL heute in die<br />
Lage, die eigene Leistungserstellung stetig zu<br />
verbessern und dadurch das vorgegebene Unternehmensziel<br />
– die tägliche Geräteverfügbarkeit<br />
von 70 Prozent – sicherzustellen.<br />
Erkenntnisse sowie Erfahrungen<br />
während und nach <strong>de</strong>r Implementierung<br />
<strong>de</strong>r Kostenträgerrechnung<br />
Als wesentliche Erkenntnisse <strong>de</strong>s Fallbeispiels<br />
lassen sich festhalten:<br />
� Je einfacher und transparenter die Geschäftsabläufe,<br />
<strong>de</strong>sto einfacher ist die<br />
Konzeption und Implementierung einer<br />
aussagekräftigen Kostenträgerrechnung:<br />
Mittels <strong>de</strong>r klar voneinan<strong>de</strong>r abgegrenzten<br />
Prozesskaska<strong>de</strong>n konnten <strong>de</strong>n Instandhaltungsaufträgen<br />
als Kostenträger<br />
neben <strong>de</strong>n anfallen<strong>de</strong>n Kosten auch die benötigten<br />
Instandsetzungszeiten klar zugewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n. Dies galt nicht nur im Rahmen<br />
<strong>de</strong>r konzeptionellen Arbeit, son<strong>de</strong>rn<br />
auch für die Umsetzung sowie <strong>de</strong>n späteren<br />
Datenabgriff im SAP-System.<br />
� Ein methodisches Vorgehen<br />
bil<strong>de</strong>t die Konstante<br />
im Wan<strong>de</strong>l: Der<br />
Aufbau <strong>de</strong>s Prozess-<br />
sowie Berichtsmo<strong>de</strong>lls<br />
war für alle Beteiligten<br />
<strong>de</strong>s jungen Unternehmens<br />
ein großer Kraftakt.<br />
Doch durch eine<br />
klare, zeitliche und logische<br />
Strukturierung<br />
<strong>de</strong>s Transformationsprozesses<br />
in (1) die Definition<br />
<strong>de</strong>s Prozessmo<strong>de</strong>lls, (2) <strong>de</strong>n Aufbau<br />
<strong>de</strong>r Kostenträgerrechnung und (3) einer anschließen<strong>de</strong>n<br />
Umsetzung aller Überlegungen<br />
in SAP konnten die Vorgaben <strong>de</strong>s<br />
Leistungsvertrages erfolgreich umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Abb. 4: Berichtslayout<br />
� Ein erkennbarer Nutzen ist für die Mitarbeiterunterstützung<br />
entschei<strong>de</strong>nd: Die<br />
bei je<strong>de</strong>r Transformation vorhan<strong>de</strong>nen Ängste<br />
und Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> konnten durch das Aufzeigen<br />
von Vorteilen und Nutzen <strong>de</strong>r neuen<br />
Lösung in Unterstützung umgewan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Folge waren bspw. intensive Diskussionen<br />
über die Konzeption <strong>de</strong>s Kostenträgers<br />
und <strong>de</strong>n Datenabgriff im Prozessmo<strong>de</strong>ll.<br />
Durch diese gemeinsamen Diskussionen<br />
wuchsen die Mitarbeiter zusammen<br />
und trieben <strong>de</strong>n Aufbau <strong>de</strong>s jungen Unternehmens<br />
weiter voran.<br />
� Eine aussagekräftige Kostenträgerrechnung<br />
verbessert die Entscheidungsgrundlage wesentlich:<br />
Durch die mittels Kostenträgerrechnung<br />
erreichte Transparenz konnten<br />
bspw. diejenigen Produkte aufge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n,<br />
die <strong>de</strong>n geplanten Instandsetzungsbedarf<br />
überschreiten. Für diese „Problemprodukte“<br />
konnten anschließend gezielte Maßnahmen<br />
für Effizienzsteigerungen <strong>de</strong>finiert<br />
o<strong>de</strong>r – sofern dies nicht möglich war – eine<br />
vertragliche Kalkulationsanpassung angestossen<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Qualität <strong>de</strong>r Planung<br />
sowie die Prognosefähigkeit <strong>de</strong>r zukünftigen<br />
Instandsetzungsbedarfe wur<strong>de</strong>n auf diese<br />
Weise stetig verbessert.<br />
Die Kostenträgerrechnung nutzte aber auch<br />
<strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n. Ihm lagen nun wesentliche Informationen<br />
über die Life-Cycle-Costs seiner Sys-<br />
teme vor. Diese halfen ihm bspw. bei Entscheidungen<br />
über <strong>de</strong>n weiteren Betrieb bestimmter<br />
Systeme.<br />
Zusammenfassung<br />
Der Beitrag zeigt, wie es HIL gelungen ist, (1)<br />
die Wertschöpfung mittels einfacher und transparenter<br />
Geschäftsprozesse zu strukturieren<br />
sowie (2) auf <strong>de</strong>ssen Basis eine Kostenträgerrechnung<br />
unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r vertraglichen<br />
Reportingvorgaben zu <strong>de</strong>finieren. Dabei<br />
half <strong>de</strong>r modulare Aufbau <strong>de</strong>s Prozessmo<strong>de</strong>lls<br />
mit seinen klaren Auftraggeber-Auftragnehmerbeziehungen.<br />
Durch die klare Abgrenzung<br />
<strong>de</strong>r Prozesskaska<strong>de</strong>n konnten die im Rahmen<br />
einer Instandsetzung anfallen<strong>de</strong>n Kosten<br />
und Zeiten <strong>de</strong>n Kostenträgern ein<strong>de</strong>utig zugeschrieben<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Fußnote<br />
CM Juli / August 2011<br />
Planungsnummer "X" SOLL PLAN IST<br />
Stun<strong>de</strong>n Stun<strong>de</strong>n Stun<strong>de</strong>n<br />
MES 23 500 350 600<br />
HIL Fläche 200<br />
AIB 200<br />
UAN Fläche 200<br />
MES 4 400 700 500<br />
HIL Werke 150 150<br />
UAN 550 350<br />
BG 200 100 180<br />
HIL Werke 40 60<br />
UAN 60 120<br />
Summe 1.100 1.150 1.280<br />
1 HIL unterscheitet grundsätzlich zwei Materialerhaltungsstufen<br />
(MES). Diese MES beschreiben<br />
die Tiefe <strong>de</strong>r Instandsetzung in Bezug auf<br />
Zeitaufwand und notwendige technische Einrichtungen.<br />
Die MES 23 beinhaltet Reparaturen<br />
und Wartungsarbeiten, die mit <strong>de</strong>nen einer Autowerkstatt<br />
vergleichbar sind. Die MES 4 ist<br />
eine Instandsetzungstiefe, die in <strong>de</strong>r Regel die<br />
technischen Einrichtungen eines Instandhaltungswerkes<br />
benötigt.<br />
79
80<br />
Corporate Happiness<br />
Corporate Happiness<br />
Wie die positive Psychologie und Hirnforschung auf <strong>de</strong>m Weg zu<br />
mehr Rendite ihr Controlling verän<strong>de</strong>rt<br />
von Oliver Haas und Norbert Heigl<br />
Gera<strong>de</strong> in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
sind die Unternehmer beson<strong>de</strong>rs auf <strong>de</strong>r<br />
Suche nach zusätzlichen Umsatzpotenzialen<br />
bzw. einer Optimierung <strong>de</strong>r Kostenstruktur. Oftmals<br />
stehen in diesen Phasen weniger überzeichnete<br />
Renditefor<strong>de</strong>rungen von Aktionären<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund, gera<strong>de</strong> im Mittelstand geht es<br />
vielmehr um das wirtschaftliche Überleben<br />
bzw. die Bestandssicherung.<br />
Was <strong>de</strong>n meisten Zielsystemen in<br />
Unternehmen fehlt<br />
Wo sich die zusätzliche Rendite in <strong>de</strong>utschen<br />
Unternehmen versteckt<br />
Der nachfolgen<strong>de</strong> Artikel zeigt Möglichkeiten<br />
zur Umsatzerlössteigerung bzw. gleichzeitigen<br />
Kostenreduktion auf.<br />
Die wissenschaftliche Grundlage hierzu sind<br />
neue Erkenntnisse <strong>de</strong>r Gehirnforschung<br />
und <strong>de</strong>r positiven Psychologie, die ein Um<strong>de</strong>nken<br />
von Unternehmern und Mitarbeitern<br />
for<strong>de</strong>rn.<br />
Heuristisch erdachte Managementtechniken<br />
müssen sich <strong>de</strong>m Mensch im Unternehmen<br />
stellen, <strong>de</strong>r sich durch seine Evolution für ein<br />
Leben auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> angepasst hat (vgl. Abbil-<br />
dung 1). Die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Berufsalltags<br />
an <strong>de</strong>n Menschen haben sich in <strong>de</strong>n letzten<br />
Jahrzehnten stark verän<strong>de</strong>rt (starke Hektik,<br />
Multitasking, Fremdbestimmtheit, <strong>de</strong>r gefühlte<br />
Druck, „funktionieren zu müssen” etc.) und sind<br />
weit von <strong>de</strong>m entfernt, für welches Leben sich<br />
<strong>de</strong>r Mensch über Jahrmillionen optimiert hat.<br />
Dieser gefühlte Wi<strong>de</strong>rspruch zwischen Wohlfühlen<br />
und Leistung kann sich in Nie<strong>de</strong>rgeschlagenheit,<br />
Depressionen o<strong>de</strong>r Burn-Outs<br />
äußern, zum Leidwesen von Mitarbeitern und<br />
Stakehol<strong>de</strong>rn.<br />
An dieser Stelle ist beson<strong>de</strong>rs herauszuheben,<br />
dass die Autoren u. a. nicht nur Arbeits- und<br />
Organisationspsychologen sind, die (lediglich)<br />
für mehr Ethik in Unternehmen werben, son<strong>de</strong>rn<br />
Finanzexperten, die Verän<strong>de</strong>rungsprozesse<br />
in Unternehmen als klassische Investitionsrechnungen<br />
begreifen und <strong>de</strong>n Unternehmenswert<br />
in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund <strong>de</strong>r Betrachtung<br />
stellen. Die Ergebnisse <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns müssen<br />
sich also immer auch finanziell lohnen. Zu<strong>de</strong>m<br />
geht es in diesem Artikel nicht darum, zu beobachten,<br />
was nicht richtig läuft, son<strong>de</strong>rn, auf<br />
einer ganz handfesten finanziellen Betrachtungsweise,<br />
echte Handlungsempfehlungen zu<br />
geben.<br />
Abb. 1: Der Mensch optimiert sich im Laufe <strong>de</strong>r Evolution für ein Leben auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Die Managementlehre<br />
kreiert Arbeitsplätze und -abläufe und beklagt dabei fehlen<strong>de</strong> Motivation <strong>de</strong>r Mitarbeiter.<br />
Der Status Quo in Unternehmen: Fehlen<strong>de</strong>s<br />
Engagement <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
Vergleicht man Studien, die die Motivation und<br />
das Engagement <strong>de</strong>r Mitarbeiter in <strong>de</strong>utschen<br />
Unternehmen untersuchen, sind die Ergebnisse<br />
alarmierend. 66 % <strong>de</strong>r Mitarbeiter machen Dienst<br />
nach Vorschrift, weitere 23 % haben sich bereits<br />
innerlich verabschie<strong>de</strong>t (vgl. Abbildung 2).<br />
Wen<strong>de</strong>t man diese Durchschnittsbetrachtung<br />
auf ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern an,<br />
ist das Resultat: sinnlos investierte Personalkosten<br />
von monatlich (!) 80.000 Euro.<br />
Dies sind jedoch nur die direkt sichtbaren, unnötigen<br />
Kosten. Ausgaben für Headhunter, Einarbeitungszeiten<br />
von über 6 Monaten, <strong>de</strong>r Abriss<br />
von bestehen<strong>de</strong>n Mitarbeiter-Kun<strong>de</strong>nbeziehungen<br />
etc. zeigen, dass die wirklichen Kosten<br />
noch weit höher anzusetzen sind.<br />
Noch interessanter als das Ergebnis <strong>de</strong>r Umfrage<br />
sind die Antworten <strong>de</strong>r Mitarbeiter, warum<br />
sie sich so wenig engagieren. Nicht etwa fehlen<strong>de</strong><br />
Vergütung, son<strong>de</strong>rn mangeln<strong>de</strong> Wertschätzung,<br />
sinnlos empfun<strong>de</strong>ne Arbeit und<br />
„nicht als Mensch im Unternehmen gesehen<br />
wer<strong>de</strong>n” sind die Hauptverursacher <strong>de</strong>s geringen<br />
Engagements.<br />
Die meist genannten Grün<strong>de</strong> für die wenig<br />
Engagierten (vgl. Gallup 2010):<br />
· Die Vorgesetzten interessieren sich nicht für<br />
<strong>de</strong>n Mitarbeiter als Mensch.<br />
· Es fehlt an Lob und Anerkennung für gute<br />
Arbeit.<br />
· Ich weiß nicht, was von mir erwartet wird.<br />
· Ich muss Aufgaben erledigen, die mir nicht<br />
liegen.<br />
· Was ich <strong>de</strong>nke, zählt sowieso nicht
Betriebswirtschaftlich sollten diese Erkenntnisse<br />
allemal spannend sein, <strong>de</strong>nn bei <strong>de</strong>n hohen<br />
Potenzialen (nur 11 % <strong>de</strong>r Mitarbeiter sind<br />
voll engagiert!) scheint eine Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r Wünsche <strong>de</strong>r Mitarbeiter (z. B. Wertschätzung)<br />
nicht viel Geld zu kosten.<br />
Warum kommt es aber <strong>de</strong>nnoch zu solchen<br />
Umfrageergebnissen? Was hemmt Unternehmer<br />
und Vorgesetzte daran, eine Unternehmenskultur<br />
zu schaffen, in <strong>de</strong>nen sich ein Großteil<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter voll engagiert? Ist <strong>de</strong>r<br />
Wunsch nach Rendite tatsächlich gegen die<br />
menschlichen Bedürfnisse <strong>de</strong>r Mitarbeiter nach<br />
Wohlfühlen gerichtet?<br />
Wenig Hilfe bei <strong>de</strong>r Suche nach mehr Engagement<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
Das Problem <strong>de</strong>r Mitarbeitermotivation ist wohl<br />
genauso alt wie die Managementliteratur<br />
selbst. Und glaubt man <strong>de</strong>n Aussagen vieler<br />
Unternehmer, wird hier auch Einiges getan.<br />
Vereinzelt mag das auch stimmen. Doch isolierte<br />
Teambuildingmaßnahmen in Hochseilgärten,<br />
<strong>de</strong>r Bau von Fitnessstudios im Unternehmen<br />
o<strong>de</strong>r das Angebot eines Hem<strong>de</strong>nbügelservice<br />
für die eigenen Führungskräfte<br />
polieren nur die Oberfläche <strong>de</strong>r Mitarbeiterzufrie<strong>de</strong>nheit.<br />
Den investierten Kosten in diese<br />
gut gemeinten Maßnahmen steht kaum ein<br />
nachhaltiger Nutzen gegenüber. Der Blick in<br />
die nahe Zukunft zeigt, dass diese Problematik<br />
für die Unternehmen noch ernster wird. Im Vergleich<br />
zur Generation unserer Eltern haben wir<br />
<strong>de</strong>utlich geringere echte finanzielle Existenzängste.<br />
Vielmehr wer<strong>de</strong>n die Sinnhaftigkeit <strong>de</strong>s<br />
eigenen Tuns, <strong>de</strong>r Spaß in <strong>de</strong>r Arbeit und die<br />
Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf zu neuen<br />
Abb. 3: Mitarbeiter im Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Zeit<br />
Abb. 2: Engagement von Mitarbeitern in Deutschland,<br />
vgl. Gallup (2010)<br />
Auswahlkriterien bei <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />
(vgl. Abbildung 3).<br />
Mit an<strong>de</strong>ren Worten: Es wird in <strong>de</strong>n nächsten<br />
Jahren <strong>de</strong>utlich schwieriger, Mitarbeiter mit reinen<br />
Vergütungssystemen zu engagieren. Branchen<br />
mit einem generell schwierigen Arbeitsumfeld<br />
beklagen schon heute einen gravieren<strong>de</strong>n<br />
Mangel an qualifizierten Fachkräften.<br />
Viele Hoteliers klagen beispielsweise über die<br />
geringe Auswahl an gutem Personal. Wer es<br />
sich aussuchen kann, mei<strong>de</strong>t 6-Tagesschichten<br />
und Arbeiten am Wochenen<strong>de</strong>. Noch vor einigen<br />
Jahren akzeptierten Mitarbeiter eine<br />
geringere Lebensqualität durch einen finanziellen<br />
Ausgleich (vgl. Abbildung 3).<br />
Viele Mitarbeiter greifen angesichts steigen<strong>de</strong>r<br />
Depressions- und Burn-Out-Raten verzweifelt<br />
zur Selbsthilfeliteratur, die mit „77 Wegen zum<br />
Glück” o<strong>de</strong>r ähnlichen Rezepten viel verspricht,<br />
aber wenig hält. Der mittlerweile milliar<strong>de</strong>nschwere<br />
Markt <strong>de</strong>r Selbsthilfebewegung<br />
CM Juli / August 2011<br />
zeigt die steigen<strong>de</strong> Suche <strong>de</strong>s Individuums<br />
nach Anerkennung, Wertschätzung und<br />
Sinnhaftigkeit. An dieser verän<strong>de</strong>rten Ausrichtung<br />
wird kein Unternehmen in <strong>de</strong>n nächsten<br />
Jahren vorbei kommen. Unternehmen können<br />
dies als strategische Positionierung frühzeitig<br />
nutzen und sich als attraktiver Arbeitgeber<br />
etablieren.<br />
Die konsequente Orientierung<br />
eines Unternehmens an Corporate<br />
Happiness<br />
Neue Erkenntnisse <strong>de</strong>r positiven Psychologie<br />
und Hirnforschung für <strong>de</strong>n Erfolg von<br />
Unternehmen<br />
Seit Martin Seligmann, <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r<br />
amerikanischen Psychologen, im Jahr 2000<br />
die positive Psychologie ausgerufen hat, hat<br />
sich viel getan. An <strong>de</strong>n Eliteuniversitäten in Harvard,<br />
Pennsylvania etc. sind Lehrstühle gegrün<strong>de</strong>t<br />
und Forschungsgel<strong>de</strong>r in Millionenhöhe investiert<br />
wor<strong>de</strong>n, um auf wissenschaftlicher Basis<br />
zu ergrün<strong>de</strong>n, was <strong>de</strong>n Menschen gesün<strong>de</strong>r,<br />
glücklicher und zugleich kreativer und leistungsstärker<br />
macht. Entschei<strong>de</strong>nd hierbei ist<br />
die Fundierung <strong>de</strong>r Corporate Happiness<br />
durch wissenschaftliche Experimente.<br />
Unser Unterbewusstsein wird in <strong>de</strong>r betriebswirtschaftlichen<br />
Managementlehre viel zu wenig<br />
beachtet, hat jedoch einen weit größeren<br />
Einfluss auf unsere Zufrie<strong>de</strong>nheit und unseren<br />
Leistungswillen als unser Bewusstsein (vgl. Abbildung<br />
4).<br />
Einige Erkenntnisse aus <strong>de</strong>r positiven Psychologie<br />
(vgl. <strong>de</strong>tailliert Haas, 2010).<br />
81
82<br />
Corporate Happiness<br />
Abb. 4: Bewusstsein und Unterbewusstsein von Mitarbeitern<br />
Auf Basis <strong>de</strong>r positiven Psychologie erscheint<br />
die Führung von an<strong>de</strong>ren Mitarbeitern, aber<br />
auch die eigene Führung unter einem neuen<br />
Licht. Bevor wir auf die Auswirkungen auf das<br />
Controlling kommen, hier ein kurzer Einblick in<br />
die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse <strong>de</strong>r<br />
positiven Psychologie:<br />
· Die Wissenschaft zeigt, dass höhere Vergütungs-<br />
und Karrierestufen nur eine zeitlich<br />
kurze Wirkung von wenigen Wochen haben.<br />
Das Engagement von Mitarbeitern kann man<br />
sich also (kaum) mit Gehaltsschecks kaufen.<br />
· Wenn Mitarbeiter ihre eigenen Stärken in <strong>de</strong>r<br />
Arbeit einbringen können, wirkt sich das sehr<br />
positiv nicht nur auf ihre Leistung, son<strong>de</strong>rn<br />
auch auf ihr Wohlbefin<strong>de</strong>n und ihre weitere<br />
Autoren<br />
Karriere aus. Das Selbstbewusstsein und <strong>de</strong>r<br />
Spaß an <strong>de</strong>r Arbeit steigen.<br />
· Gut gemeintes, aber falsch formuliertes Lob<br />
kann unerwünschte Nebenwirkungen haben.<br />
Genauso verhält es sich mit falsch platziertem<br />
Lob (z. B. vor an<strong>de</strong>ren Kollegen, die<br />
nicht so erfolgreich sind).<br />
· Stress führt zu geringer Leistung und gesundheitlichen<br />
Schä<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mitarbeiter.<br />
Stress abbauen hat allerdings nur wenig mit<br />
einer Reduktion <strong>de</strong>r Aufgabenfülle zu tun.<br />
· Durch Multitasking geraten wir in Zeitnot.<br />
· Die erfolgreichsten Teams berichten über die<br />
meisten Fehler, machen aber die wenigsten!<br />
Prof. Dr. Oliver Haas<br />
lehrt an <strong>de</strong>r FH für angewandtes Management in Erding. Als Autor ist<br />
er durch zahlreiche Veröffentlichungen, u. a. zum Controlling in Sportunternehmen,<br />
bekannt. Zu<strong>de</strong>m ist er Geschäftsführer von Dreamteam<br />
Aca<strong>de</strong>my GmbH in München.<br />
E-Mail: haas@corporate.happiness.<strong>de</strong><br />
Prof. Dr. Norbert J. Heigl<br />
lehrt an <strong>de</strong>r FH für angewandtes Management in Erding. Durch<br />
seine langjährige Change-Management-Erfahrung als Arbeitsund<br />
Organisationspsychologe, sowie Pädagoge, ist er mit <strong>de</strong>m<br />
Thema Glück und seine produktiven Effekte sehr vertraut. Er ist<br />
Geschäftsführer von TCD ® GmbH, Privates Institut für Umsetzungsforschung<br />
und Anwendungstraining, Hengersberg.<br />
E-Mail: heigl@corporate.happiness.<strong>de</strong><br />
· Das Gehirn unserer Kun<strong>de</strong>n erinnert sich nur<br />
verzerrt an die Dienstleistung o<strong>de</strong>r Produkteigenschaft.<br />
Wer dies nicht beachtet, investiert<br />
sinnlos in Dienstleistungsqualität.<br />
· Eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Wahrnehmung <strong>de</strong>r eigenen<br />
Arbeitsaufgabe ist möglich und führt<br />
zu mehr Gesundheit, Spaß und Leistung.<br />
· Opportunistisches Verhalten wird unbewusst<br />
in Unternehmen gelernt. Dies führt zu hoch<br />
entwickelten Controllingsystemen, die viel<br />
kosten, aber ins Leere laufen.<br />
Neue Erkenntnisse <strong>de</strong>r positiven Psychologie<br />
und Hirnforschung zweifeln zentrale<br />
Prämissen <strong>de</strong>r Betriebswirtschaft an<br />
Diese Erkenntnisse wer<strong>de</strong>n im Management<br />
aber eher zufällig umgesetzt. Dies hat einerseits<br />
mit ihrer Neuartigkeit zu tun, an<strong>de</strong>rerseits<br />
aber auch mit tief eingeprägten Managementprozessen.<br />
Meist ist das Vorgehen zur Unternehmenszielerreichung<br />
wie folgt. Die Ziele <strong>de</strong>r Stakehol<strong>de</strong>r<br />
wer<strong>de</strong>n hierarchisch in die Unternehmensorganisation<br />
bis auf die Arbeitspakete<br />
eines je<strong>de</strong>n Mitarbeiters heruntergebrochen.<br />
Erst auf Ebene <strong>de</strong>s Arbeitsteams<br />
wer<strong>de</strong>n Engagement und Motivation beachtet,<br />
damit die Mitarbeiter die Tätigkeiten auch erfolgreich<br />
ausführen, die ihnen zugeteilt wor<strong>de</strong>n<br />
sind. In <strong>de</strong>r beschriebenen Phase sind bereits<br />
Ressourcen zugeteilt, Arbeitsabläufe stehen<br />
weitestgehend fest, so dass es enge Schranken<br />
für <strong>de</strong>n Menschen im Unternehmen gibt.<br />
Natürlich hilft diese lineare Zielkaska<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Unternehmensführung,<br />
eine gemeinsame Zielausrichtung<br />
sicherzustellen. Doch sind lineare Zielsysteme<br />
wirklich ein vernünftiges Abbild für ein<br />
Unternehmen? Ist die Umwelt wirklich von linearen<br />
Ursache-Wirkungszusammenhängen geprägt?<br />
Ist nicht alleine <strong>de</strong>r Mensch schon ein<br />
komplexes Zusammenspiel von Organen, Umweltzustän<strong>de</strong>n,<br />
bewussten und unbewussten<br />
Vorgängen?<br />
Wollen wir wirklich sogar das zielgerichtete Zusammenleben<br />
<strong>de</strong>r Menschen im Unternehmen<br />
– je<strong>de</strong>r Mitarbeiter für sich kann schon nicht in
mathematischen Gleichungen beschrieben<br />
wer<strong>de</strong>n – so einfach abbil<strong>de</strong>n? Es sei nur auf<br />
die Medizin verwiesen, die seit Jahrhun<strong>de</strong>rten<br />
versucht, <strong>de</strong>n Menschen gezielt positiv zu beeinflussen.<br />
Bei fast je<strong>de</strong>m Versuch sehen sich<br />
hierbei Ärzte mit <strong>de</strong>r Komplexität <strong>de</strong>s menschlichen<br />
Körper konfrontiert.<br />
Durch das Herunterbrechen von Unternehmenszielen<br />
auf die Mitarbeiter bleibt oft die<br />
Masse <strong>de</strong>r Mitarbeiter „auf <strong>de</strong>r Strecke”,<br />
was sich in geringem Engagement, Fehltagen,<br />
Burn Outs und Depressionen äußert. Viel<br />
schlimmer aber ist, dass sich die Weltbil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Führungskräfte (vgl. Abbildung 5) verstärken<br />
(vgl. hierzu Haas (2010, S. 42 ff)).<br />
Mitarbeiter, die nicht voll engagiert sind, wer<strong>de</strong>n<br />
aus ihrer Nichtberücksichtigung opportunistisch<br />
han<strong>de</strong>ln – als Konsequenz und nicht als<br />
Ursache!<br />
Controllinginstrumente können diesen Opportunismus<br />
zu Tage bringen und versuchen zu<br />
mil<strong>de</strong>rn. Sinnvoller als viel Geld in <strong>de</strong>rartige Instrumente<br />
zu investieren wäre es allerdings,<br />
das Problem bei <strong>de</strong>n Wurzeln zu packen und<br />
die Managementpyrami<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n Kopf zu stellen<br />
(vgl. Abbildung 6) und zusätzlich zu fragen,<br />
wie ein Unternehmen optimal auf die Potenziale<br />
seiner Mitarbeiter zugreifen kann.<br />
Nicht nur je<strong>de</strong>r Mitarbeiter wird dieses ergänzen<strong>de</strong><br />
Vorgehen begrüßen, auch die finanzielle<br />
Lage <strong>de</strong>s Unternehmens wird sich hierdurch<br />
verbessern (vgl. u. a. Gallup (2010)).<br />
Wenn die in Aussicht gestellte Unternehmenswertsteigerung<br />
realisiert wer<strong>de</strong>n soll, muss das<br />
Zielsystem von Unternehmen um Determinanten<br />
von Corporate Happiness ergänzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Corporate Happiness darf aber nicht zufällig<br />
entstehen, son<strong>de</strong>rn muss in <strong>de</strong>r Organisation<br />
gelebt wer<strong>de</strong>n. Daher bedarf es einer konsequenten<br />
Berücksichtigung im Unternehmensalltag,<br />
und muss gemessen und nachverfolgt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Corporate Happiness Scorecard<br />
Corporate Happiness wird auf verschie<strong>de</strong>nen<br />
Ebenen erfasst:<br />
Im Gegensatz zum herkömmlichen Ansatz, die<br />
Ziele <strong>de</strong>r Stakehol<strong>de</strong>r durch die gesamte Organisation<br />
bis auf <strong>de</strong>n Mitarbeiter herunterzubrechen,<br />
fin<strong>de</strong>n sich die Ebenen <strong>de</strong>s Corporate<br />
Happiness Ansatzes in einer umgedrehten Pyrami<strong>de</strong><br />
wie<strong>de</strong>r. Dies spiegelt die zentrale Rolle<br />
<strong>de</strong>s „Einsatzfaktors” Mensch in <strong>de</strong>n meisten<br />
Produktions-, vor allem aber Dienstleistungsprozessen<br />
wie<strong>de</strong>r. Die einzelnen Ebenen wer<strong>de</strong>n<br />
nachfolgend beschrieben.<br />
My Happiness: Die private Situation <strong>de</strong>s Mitarbeiters<br />
und sein persönliches Wohlbefin<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Ebene von My Happiness in<br />
zwei Teilbereichen erfasst. In „Private Happiness”<br />
geht es nicht darum, sich um alle Privatangelegenheiten<br />
<strong>de</strong>s Mitarbeiters zu kümmern,<br />
son<strong>de</strong>rn eher um das Wissen, dass die<br />
Leistung <strong>de</strong>s Mitarbeiters im Unternehmen<br />
<strong>de</strong>utlich erschwert wird, wenn diese Ebene<br />
nicht harmoniert. Das Unternehmen sollte sich<br />
aus Eigeninteresse zumin<strong>de</strong>st für <strong>de</strong>n privaten<br />
Bereich <strong>de</strong>s Mitarbeiters interessieren. Wenn<br />
das Privatleben <strong>de</strong>s Mitarbeiters jedoch mit <strong>de</strong>n<br />
beruflichen Anfor<strong>de</strong>rungen unvereinbar ist, sind<br />
auch hier unternehmensseitig entsprechen<strong>de</strong><br />
Maßnahmen gefragt. In „Job Happiness” geht<br />
es um die Zufrie<strong>de</strong>nheit <strong>de</strong>r ausgeführten Tätigkeit<br />
an sich – noch nicht, wie diese im konkreten<br />
Unternehmen und mit <strong>de</strong>n Arbeitskollegen<br />
ausgelebt wird.<br />
Workplace: Die Arbeitsumgebung <strong>de</strong>s Mitarbeiters,<br />
<strong>de</strong>r Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten,<br />
Abb. 5: Traditionelle Managementlehre<br />
CM Juli / August 2011<br />
seine Aufgaben und Arbeitszeit, all das wirkt<br />
direkt auf das Wohlbefin<strong>de</strong>n und die Leistungsbereitschaft<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter. Viele Determinanten<br />
sind so gestaltbar, dass <strong>de</strong>m Menschen im<br />
Unternehmen Rechnung getragen wird.<br />
Organisation: Die Ausgestaltung <strong>de</strong>s Workplace<br />
muss in <strong>de</strong>r Organisation verankert wer<strong>de</strong>n.<br />
Konkret benannte Verantwortliche müssen<br />
sich um die Erreichung <strong>de</strong>r Corporate Happiness<br />
kümmern. In Leitfä<strong>de</strong>n für Zielvereinbarungsgespräche,<br />
Führungstrainings, Prozesshandbücher<br />
u. v. m. muss die neue Orientierung<br />
gelebt wer<strong>de</strong>n. In diesen Bereich fällt auch<br />
die konsequente Orientierung <strong>de</strong>r Unternehmenskultur<br />
an Corporate Happiness, Einleiten<br />
von Maßnahmen zur Verbesserung sowie<br />
Nachsteuerung. Wird Corporate Happiness<br />
nicht in <strong>de</strong>r Organisation verankert, entsteht sie<br />
lediglich zufällig.<br />
Stakehol<strong>de</strong>r: Das Leitbild und die Mission <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens wer<strong>de</strong>n maßgeblich von seinen<br />
Stakehol<strong>de</strong>rn geprägt, beson<strong>de</strong>rs von <strong>de</strong>n Gesellschaftern<br />
und <strong>de</strong>r Geschäftsführung. Der<br />
generelle, originäre Geschäftszweck sollte ergänzt<br />
wer<strong>de</strong>n um eine generelle Orientierung<br />
an Corporate Happiness.<br />
Nur als Führungsansatz kann ein Unternehmen<br />
die positiven Aspekte <strong>de</strong>r leistungsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n<br />
Happiness genießen, und dazu sollte dies in <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensstrategie grundsätzlich Berücksichtigung<br />
fin<strong>de</strong>n.<br />
83
84<br />
Corporate Happiness<br />
Abb. 6: Organisatorische Ansatzpunkte von Corporate Happiness im Unternehmen<br />
Corporate Happiness wird in mehreren<br />
Dimensionen <strong>de</strong>r positiven Psychologie<br />
erfasst<br />
Alle folgen<strong>de</strong>n Dimensionen wur<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n<br />
Forschungsergebnissen <strong>de</strong>r positiven Psychologie<br />
und Hirnforschung abgeleitet. Sie bieten<br />
eine grobe Einteilung, welche im Unternehmen<br />
auf die spezielle Situation durch Scorecards angepasst<br />
wird (vgl. Abbildung 7).<br />
Unterbewusstsein / Positives Weltbild:<br />
Das Unterbewusstsein trägt einen gewich-<br />
Abb. 7: Dimensionen von Corporate Happiness<br />
tigen Teil für unser Wohlbefin<strong>de</strong>n, für das Entstehen<br />
von Konflikten o<strong>de</strong>r Leistungsverweigerung<br />
bei. In <strong>de</strong>n Managementmetho<strong>de</strong>n<br />
(vgl. Abbildung 5) wird dies allerdings viel zu<br />
wenig beachtet. Die Führungskräfte und alle<br />
an<strong>de</strong>ren Mitarbeiter müssen sich dieser zentralen<br />
und übergreifen<strong>de</strong>n Wirkung bewusst<br />
sein. Werte wie Dankbarkeit, Großzügigkeit,<br />
aber auch Grenzen ziehen zu können, müssen<br />
trainiert wer<strong>de</strong>n. In einer angstfreien Unternehmenskultur,<br />
in <strong>de</strong>r Mitarbeiter wissen und<br />
spüren, was tatsächlich möglich ist, entstehen<br />
Spitzenleistungen.<br />
Sinnhaftigkeit <strong>de</strong>s Tuns: Sich <strong>de</strong>r eigenen<br />
Lebens- und Arbeitsziele bewusst zu sein und<br />
diese zu verfolgen, führt zu einer hohen intrinsischen<br />
Motivation <strong>de</strong>r Mitarbeiter. Wirklich für<br />
ihre eigenen Ziele entschie<strong>de</strong>ne Angestellte<br />
wachsen über sich hinaus.<br />
Eigene Stärken einbringen: Viele Studien<br />
haben gezeigt, dass es sehr leistungsför<strong>de</strong>rnd<br />
ist, seine eigenen Stärken ausleben zu<br />
können und diese auf an<strong>de</strong>re Bereiche im<br />
Unternehmen auszuweiten. Durch Ansätze<br />
wie „Management by exception” allerdings<br />
sind wir gewohnt, unsere Schwächen zu analysieren<br />
und zu beheben. Dies führt nicht unbedingt<br />
zu steigen<strong>de</strong>m Selbstbewusstsein.<br />
Abteilungsübergreifen<strong>de</strong>s, stärkenorientiertes<br />
Teambuilding ist erwiesenermaßen<br />
<strong>de</strong>r bessere Weg.<br />
Spaß haben: Mitarbeiter leisten am meisten,<br />
wenn sie Spaß an <strong>de</strong>r Arbeit haben. Diesen<br />
Spaßfaktor zu integrieren, gehört sowohl zu<br />
<strong>de</strong>n Aufgaben von Führungskräften als auch<br />
<strong>de</strong>ren Mitarbeiter.<br />
Energiemanagement: Probleme lassen sich<br />
eher selten durch reines Nach<strong>de</strong>nken lösen. Ein<br />
hohes Energieniveau <strong>de</strong>r Mitarbeiter ist hierfür<br />
viel entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r. Ernährung, Erholungsphasen,<br />
Lob und Anerkennung sind wichtige Eckpfeiler.<br />
Wertschätzen<strong>de</strong> Partnerschaften: Den wohl<br />
größten Einfluss auf das Wohlempfin<strong>de</strong>n und<br />
die Leistungsbereitschaft hat <strong>de</strong>r gegenseitige<br />
Umgang zu an<strong>de</strong>ren Personen im Unternehmen<br />
bzw. zu Kun<strong>de</strong>n, Lieferanten und an<strong>de</strong>ren Stakehol<strong>de</strong>rn.<br />
Wertschätzen<strong>de</strong> Kommunikation,<br />
<strong>de</strong>r Aufbau geeigneter Trägerfrequenzen sowie<br />
potenzialorientiertes Han<strong>de</strong>ln schaffen eine<br />
vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre, in <strong>de</strong>r aus<br />
Fehlern gelernt wird und keine Angst zu versagen<br />
vorherrscht.<br />
Äußere Faktoren: Vergütungssysteme, Sozialleistungen<br />
sowie Instrumente <strong>de</strong>r Karriereplanung<br />
run<strong>de</strong>n die Corporate Happiness Scorecard<br />
ab.<br />
Die Corporate Happiness Matrix entsteht nun,<br />
wenn auf je<strong>de</strong>r Ebene je<strong>de</strong> Dimension erfasst<br />
wird (siehe Abbildung 8).
Herleitung <strong>de</strong>r Corporate<br />
Happiness Scorecards<br />
In je<strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r Matrix aus Ebenen und Dimensionen<br />
wer<strong>de</strong>n nun die Stärken und Schwächen<br />
<strong>de</strong>s Unternehmens in einem Workshop<br />
aus Führungskräften und ihren Mitarbeitern<br />
evaluiert. Hierbei wird <strong>de</strong>r Fokus darauf gelegt,<br />
welche Fel<strong>de</strong>r für das spezielle Unternehmen<br />
beson<strong>de</strong>rs wichtig zu bearbeiten sind. Nicht nur<br />
das Feld an sich, son<strong>de</strong>rn ein spezifischer Zielzustand<br />
innerhalb <strong>de</strong>s Fel<strong>de</strong>s wird durch sog.<br />
Corporate Happiness Scorecards dokumentiert<br />
(vgl. Abbildung 9).<br />
Die Scorecards kennzeichnen also zu erreichen<strong>de</strong><br />
Zielzustän<strong>de</strong>, die in einem Feld <strong>de</strong>r<br />
Corporate Happiness Scorecard erreicht wer<strong>de</strong>n<br />
sollen. Am Beispiel <strong>de</strong>s Einbringens <strong>de</strong>r eigenen<br />
Stärken von Mitarbeitern soll dies durch<br />
mehrere Scorecards auf unterschiedlichen<br />
Ebenen ver<strong>de</strong>utlicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Corporate Happiness-Maßnahmen<br />
Die Maßnahmen für Corporate Happiness haben<br />
alle weitestgehend einen direkten Bezug zur<br />
Wissenschaft und leiten sich aus überprüften<br />
Experimenten ab. Ihre Wirkung ist also überprüft,<br />
meist direkt aus <strong>de</strong>r positiven Psychologie<br />
abgeleitet, die das Wohlbefin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Menschen<br />
und seine Leistungsfähigkeit untersucht.<br />
Die Maßnahmen wer<strong>de</strong>n einzeln beschrieben<br />
und sind <strong>de</strong>n einzelnen Fel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Corporate<br />
Happiness-Matrix sowie <strong>de</strong>n Scorecards zuge-<br />
Abb. 9: Corporate Happiness Scorecards<br />
Abb. 8: Die Corporate Happiness Matrix<br />
ordnet. Eine Maßnahme kann natürlich auf mehrere<br />
Scorecards gleichzeitig wirken. Die nachfolgen<strong>de</strong>n<br />
Maßnahmen aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r eigenen<br />
Stärken, in Abbildung 10, zeigen dies.<br />
Finanzieller Erfolg durch Corporate Happiness<br />
Der nachhaltige finanzielle Erfolg steht bei Corporate<br />
Happiness im Vor<strong>de</strong>rgrund. Daher wer<strong>de</strong>n<br />
bei allen Maßnahmen die Kosten budgetiert<br />
und überwacht.<br />
Ebenso wer<strong>de</strong>n die Indikatoren <strong>de</strong>r Scorecards<br />
in Erlöse o<strong>de</strong>r Kostenreduktion <strong>de</strong>r operativen<br />
Geschäftstätigkeit überführt. Hierbei wer<strong>de</strong>n<br />
einmalig Effekte von einer laufen<strong>de</strong>n Verbesserung<br />
unterschie<strong>de</strong>n.<br />
Das Profit Center „Corporate Happiness” wird<br />
im Sinne einer Investitionsrechnung bewertet<br />
und fließt in die Prozesse <strong>de</strong>r Unternehmensbudgetierung<br />
mit ein. Hierzu gehören nicht nur<br />
die Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung,<br />
son<strong>de</strong>rn auch auf <strong>de</strong>n Finanzplan<br />
und die Planbilanz (vgl. Haas (2006)). Im Abgleich<br />
mit Istzahlen aus <strong>de</strong>r Finanzbuchhaltung<br />
CM Juli / August 2011<br />
wird auf die finanzielle Zielerreichung geachtet<br />
(vgl. Abbildung 11).<br />
Stetige Verbesserung <strong>de</strong>r Corporate<br />
Happiness und Monitoring<br />
durch Reifegradmo<strong>de</strong>lle<br />
Die Scorecards und Maßnahmen sind <strong>de</strong>r eigentliche<br />
Prozess <strong>de</strong>r Orientierung an Corporate<br />
Happiness. Durch intensives Studium<br />
<strong>de</strong>s Verän<strong>de</strong>rungsprozesses kann das Management<br />
beurteilen, ob das Projekt einem<br />
angemessenen Aufwand-/Nutzenverhältnis<br />
entspricht.<br />
Hierbei können die folgen<strong>de</strong>n Problematiken<br />
auftreten:<br />
(1) Das Management braucht intern einen<br />
kurzen Überblick, ob das Thema Corporate<br />
Happiness gelebt wird. Zu<strong>de</strong>m, muss<br />
es genau wissen, an welcher Stelle es möglicherweise<br />
hakt. Eine intensive Beschäftigung<br />
mit allen Scorecards und Maßnahmen<br />
mag für die jeweilige Abteilung bzw. interne<br />
Einheit absolut nötig sein, doch es muss<br />
auch eine Vogelperspektive geben, damit<br />
85
86<br />
Corporate Happiness<br />
Abb. 10: Corporate Happiness-Maßnahme<br />
aus Vorstandssicht nachgesteuert wer<strong>de</strong>n<br />
kann.<br />
(2) Dezentrale Einheiten sind schwer miteinan<strong>de</strong>r<br />
zu vergleichen, gera<strong>de</strong> dann, wenn<br />
ihre Ausgangssituation erheblich voneinan<strong>de</strong>r<br />
abweicht (an<strong>de</strong>rer Standort, spezifische<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen etc.). Letztlich ist dies<br />
natürlich die generelle Problematik von<br />
Benchmarks.<br />
(3) Der Vergleich <strong>de</strong>r Corporate Happiness<br />
Performance im Vergleich zu an<strong>de</strong>ren Unternehmen<br />
fällt aus <strong>de</strong>m gleichen Grund<br />
wie (2) schwer.<br />
Daher kommen neben <strong>de</strong>n Corporate Happiness<br />
Scorecards und Maßnahmen auch Reifegradmo<strong>de</strong>lle<br />
zum Einsatz (vgl. Abbildung 12).<br />
Je Feld in <strong>de</strong>r Corporate Happiness Matrix beschreiben<br />
sie <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r Organisation mit<br />
unterschiedlichen Stufen – in Anlehnung an<br />
das CMMI (vgl. Kneuper, 2007):<br />
1 = Initial<br />
Die Orientierung an Corporate Happiness ist in<br />
diesem Feld <strong>de</strong>r Corporate Happiness Matrix<br />
zufällig.<br />
2 = Managed<br />
Es gibt für dieses Feld feste Verantwortlichkeiten.<br />
3 = Defined<br />
Die Arbeit an diesem Feld wird mit Hilfe eines<br />
angepassten Standardprozesses durchgeführt<br />
(Scorecard und Maßnahmen).<br />
4 = Quantitatively Managed<br />
Zielgrößen wer<strong>de</strong>n gemessen und dokumentiert<br />
(Indikatoren).<br />
5 = Optimizing<br />
Es fin<strong>de</strong>t eine stetige Optimierung <strong>de</strong>s Prozesses<br />
statt.<br />
Beim Vergleich von Reifegradmo<strong>de</strong>llen geht es<br />
weniger darum, sich nur an <strong>de</strong>n einzelnen Summen<br />
zu orientieren, son<strong>de</strong>rn auch auf einen<br />
Blick die nachfolgen<strong>de</strong>n Schlussfolgerungen<br />
ziehen zu können:<br />
Fel<strong>de</strong>r mit Reifegrad „1”: Welche Fel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Corporate Happiness Matrix haben (noch nicht<br />
einmal) einen Verantwortlichen, entstehen also<br />
mehr o<strong>de</strong>r weniger zufällig?<br />
Achtung: Dies kann natürlich auch gewollt sein.<br />
So kann sich ein Unternehmen, welches Kriegspanzer<br />
herstellt, im Klaren darüber sein, dass<br />
dies einen negativen Einfluss auf die von vielen<br />
Mitarbeitern empfun<strong>de</strong>ne Sinnlosigkeit haben<br />
kann. Es ist das gute Recht <strong>de</strong>r Unternehmer,<br />
dies auch so zu lassen.<br />
Fel<strong>de</strong>r mit Reifegrad „2”: Welche Fel<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Corporate Happiness-Matrix haben zwar<br />
einen Verantwortlichen, aber keinen Prozess<br />
hinterlegt, also keine Strategie, die in Scorecards<br />
und Maßnahmen mün<strong>de</strong>t und die „<strong>de</strong>finiert”<br />
ist. Mit an<strong>de</strong>ren Worten: Warum wird<br />
die Verantwortlichkeit nicht standardisiert<br />
gelebt?<br />
Fel<strong>de</strong>r mit Reifegrad „3”: Welche Fel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Corporate Happiness-Maßnahmen haben zwar<br />
einen Verantwortlichen und einen dazugehörigen<br />
Prozess (Scorecards), aber keine Indikatoren<br />
hinterlegt. Die Richtung ist hier zwar klar,<br />
aber nichts, was erkennen lässt, ob es besser<br />
gewor<strong>de</strong>n ist o<strong>de</strong>r nicht?<br />
Dies kann Managementversagen sein (Messbarkeit<br />
ist essentieller Bestandteil <strong>de</strong>s Managements),<br />
vielleicht ist dieses Feld aber auch<br />
schwer zu messen und es können lediglich Indikatoren<br />
herangezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
Fel<strong>de</strong>r mit Reifegrad „4”: Welche Fel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Corporate Happiness-Maßnahmen haben einen<br />
Verantwortlichen, einen hinterlegten Prozess<br />
(Scorecards) und <strong>de</strong>mentsprechen<strong>de</strong> Indikatoren.<br />
Dennoch fehlt <strong>de</strong>r Ansatz zur stetigen Optimierung.<br />
In bestimmten zeitlichen Rhythmen müssen<br />
hier Faktoren zur stetigen weiteren Orientierung<br />
gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n (z. B. jährliche Überarbeitung<br />
<strong>de</strong>r Scorecards <strong>de</strong>s Fel<strong>de</strong>s, Überprüfung <strong>de</strong>r<br />
Maßnahmen, Erfahrungsaustausch etc.)<br />
Zusammenfassung und Ausblick<br />
Dieser Artikel zeigt, dass Zielsysteme von Unternehmen<br />
angesichts <strong>de</strong>r neuen wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse von positiver Psychologie<br />
und Hirnforschung neu überdacht wer<strong>de</strong>n<br />
müssen.<br />
Viele Studien belegen, dass das Engagement<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter zum Problem gewor<strong>de</strong>n ist und
Abb. 11: Ergebnisrechnung<br />
Abb. 12: Reifegra<strong>de</strong> für Corporate Happiness<br />
das Unternehmen bares Geld kostet. Weniger<br />
sinnlos investierte Personalkosten und die steigen<strong>de</strong><br />
Attraktivität <strong>de</strong>s Unternehmens auf <strong>de</strong>m<br />
Arbeitsmarkt wer<strong>de</strong>n aber auch in Zukunft immer<br />
wichtiger.<br />
Wer die Potenziale <strong>de</strong>s Menschen im Unternehmen<br />
realisieren will, muss sich einerseits<br />
auf wissenschaftlicher Basis Umsetzungsratschläge<br />
holen, an<strong>de</strong>rerseits das Streben nach<br />
Corporate Happiness in <strong>de</strong>r Unternehmensorganisation<br />
verankern.<br />
Hier können mo<strong>de</strong>rne Scorecards und Reifegradmo<strong>de</strong>lle<br />
einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Mehrwert<br />
liefern.<br />
Literaturverzeichnis<br />
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Rich, Why Aren‘t We Happy?, in: American Psychologist,<br />
Nr. 54 (10). S. 821 - 827.<br />
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Positive Psychology – An Introduction in: American<br />
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Balanced Psychology and a Full Life, in: The<br />
Royal Society, Online Ausgabe, August 2004,<br />
S. 1379 - 1381.<br />
87
88<br />
Organisationsentwicklung und Restrukturierung <strong>de</strong>s Controllings<br />
Organisationsentwicklung und Restrukturierung<br />
<strong>de</strong>s Controllings in öffentlichen Verwaltungen<br />
am Beispiel <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe<br />
von Stephan Christopher Abel und Peter Rötzel<br />
In <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe fin<strong>de</strong>t, wie in <strong>de</strong>r<br />
gesamten öffentlichen Verwaltung <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik<br />
Deutschland, das System <strong>de</strong>s kameralistischen<br />
Rechnungswesens Anwendung.<br />
1 Wesensmerkmale dieses Systems sind<br />
unter an<strong>de</strong>rem eine stark zentralisierte sowie<br />
eine ausgabenbezogene – im Gegensatz zu einer<br />
kostenbezogenen – Ressourcensteuerung. 2<br />
Für die absolute Mehrheit <strong>de</strong>r Entscheidungsträger<br />
in <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe be<strong>de</strong>utete<br />
dies, dass eine nach betriebswirtschaftlichen<br />
Kriterien ausgerichtete Entscheidungsfindung<br />
we<strong>de</strong>r notwendig noch möglich<br />
war. Statt<strong>de</strong>ssen stan<strong>de</strong>n Aspekte <strong>de</strong>r politischen<br />
Akzeptanz und militärischen Wirksamkeit<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund. Diese Rahmenbedingungen<br />
haben über Jahrzehnte hinweg das Han<strong>de</strong>ln<br />
<strong>de</strong>r Verantwortlichen und die dazugehörigen<br />
Führungsunterstützungsinstrumente in <strong>de</strong>r<br />
Deutschen Luftwaffe geprägt.<br />
Infolge <strong>de</strong>r Verknappung von Haushaltsmitteln<br />
und <strong>de</strong>s zunehmen<strong>de</strong>n öffentlichen<br />
Druckes, Steuergel<strong>de</strong>r nachweisbar effektiv<br />
und effizient einzusetzen, wur<strong>de</strong>n im Jahre<br />
2002 unter Verteidigungsminister Rudolf<br />
Scharping betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente<br />
und eine entsprechen<strong>de</strong> Controlling-Aufbauorganisation<br />
in die Deutsche Luftwaffe<br />
eingeführt. 3 Nach<strong>de</strong>m das öffentliche Interesse<br />
an <strong>de</strong>r Wirksamkeit <strong>de</strong>r getroffenen<br />
Maßnahmen groß war, wur<strong>de</strong> die Controlling-<br />
Organisation <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe nach<br />
<strong>de</strong>m Zugestehen einer gewissen Einlaufzeit intensiv<br />
überprüft.<br />
Dabei stellte sich heraus, dass die militärischen<br />
Führer die betriebswirtschaftliche Komponente<br />
noch nicht vollständig in ihr Führungshan<strong>de</strong>ln<br />
integriert haben. 4 Es herrscht immer noch<br />
eine ausgabenorientierte Denk- und Verfahrensweise<br />
vor, die betriebswirtschaftliche<br />
Daten und Ansätze nicht ausreichend berücksichtigt.<br />
Die Akzeptanz <strong>de</strong>s Controllings bei<br />
Vorgesetzten und Mitarbeitern ist verbesserungswürdig.<br />
Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen<br />
auf die Arbeitszufrie<strong>de</strong>nheit <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />
Luftwaffe tätigen Controller.<br />
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Einführung<br />
betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente<br />
noch zu wenig zu nachweisbaren Verbesserungen<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftlichkeit führen<br />
konnte. Dadurch steht <strong>de</strong>r Nutzen <strong>de</strong>s Controllings<br />
bislang in einem verbesserungswürdigen<br />
Verhältnis zum dafür betriebenen Aufwand.<br />
Aus diesem Grun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Luftwaffe eine grundsätzliche Neuausrichtung<br />
<strong>de</strong>r Controllingorganisation beschlossen. Dabei<br />
gingen die Initiatoren davon aus, dass diese<br />
Neuausrichtung nicht ohne Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> zu<br />
realisieren sein wür<strong>de</strong>. Für diese Annahme
Abb. 1: Kriterien <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung zur Differntialdiagnose zwischen Organisationsentwicklung und Organisationsplanung 8<br />
sprachen neben langjähriger persönlicher Erfahrung<br />
mit <strong>de</strong>r Einführung und <strong>de</strong>m Wirken<br />
<strong>de</strong>s Controllings in <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe<br />
auch aus grundsätzlicher Sicht die Ergebnisse<br />
einer Metaanalyse von Damanpour (1991), in<br />
<strong>de</strong>r nachgewiesen wer<strong>de</strong>n konnte, dass sich<br />
zunehmen<strong>de</strong> Formalisierung und Zentralisierung<br />
negativ auf die Innovativität auswirken.<br />
Schäfer (2005) drückt dies wie folgt aus: „Die<br />
Verän<strong>de</strong>rungsresistenz von Verwaltungen ist<br />
das Ergebnis einer jahrzehntelangen Standardisierung<br />
<strong>de</strong>r Verhaltensmuster <strong>de</strong>r Beschäftigten.”<br />
5<br />
Noch vor <strong>de</strong>r Frage nach <strong>de</strong>n fachbezogenen<br />
Eckpfeilern <strong>de</strong>r Neuausrichtung stand <strong>de</strong>shalb<br />
die Überlegung, wie diese umfassen<strong>de</strong> Reorganisation<br />
methodisch so auf <strong>de</strong>n Weg zu bringen<br />
und zu begleiten ist, dass mit einer umfassen<strong>de</strong>n<br />
Akzeptanz aller Betroffenen gerechnet<br />
wer<strong>de</strong>n konnte.<br />
Königsweg Organisationsentwicklung<br />
Dabei fiel aus folgen<strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n die Wahl auf<br />
das Konzept <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung (vgl.<br />
Abbildung 1) mit ihren Kernaspekten geplante,<br />
offene und zielgerichtete Kommunikation, umfassen<strong>de</strong><br />
Partizipation, Promotorenmanagement,<br />
systemisches Denken und Vorgehen sowie<br />
Prozessorientierung. 6<br />
Während übliche Formen <strong>de</strong>r Management-<br />
Entwicklung nach einem fest vorgegebenen<br />
Lehrplan, punktuell und kurz befristet, ablaufen<br />
und bei <strong>de</strong>r traditionellen Organisationsplanung<br />
Eingriffe von oben nach Entscheidungen <strong>de</strong>s<br />
Managements erfolgen, setzt die Organisationsentwicklung<br />
auf intensive offene Kommunikation,<br />
direkte Mitwirkung und Partnerschaft. 7<br />
Unter Rückgriff auf das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Situationswahrnehmungen<br />
als Bedingung innovationsbezogener<br />
Verhaltensweisen von Gebert (1987),<br />
das von Krause (2004) empirisch bestätigt<br />
wur<strong>de</strong>, ist es zur Vermeidung von Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>n<br />
gegen Verän<strong>de</strong>rungen erfor<strong>de</strong>rlich, dass die<br />
betroffenen Mitarbeiter die aktuelle Situation<br />
als verän<strong>de</strong>rungsbedürftig und zugleich<br />
als verän<strong>de</strong>rungsfähig bewerten.<br />
Eben dies erreicht die Organisationsentwicklung<br />
– in höherem Maße als an<strong>de</strong>re Reorganisationskonzepte<br />
– durch Information und Partizipation.<br />
Hinzu kommt, dass die in <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe<br />
etablierte Organisationskultur, die Innere<br />
Führung, auf einem Menschenbild basiert, das<br />
<strong>de</strong>m Menschenbild <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung<br />
sehr ähnlich ist. 9<br />
Auch hinsichtlich <strong>de</strong>r Zielsetzungen von Organisationsentwicklung<br />
und Innerer Führung gibt es<br />
Gemeinsamkeiten, wie von <strong>de</strong>r Recke (1984)<br />
feststellt: „Organisationsentwicklung möchte<br />
ein besseres Zusammenspiel von Individuum<br />
und Organisation erreichen. Diese Vorgabe ent-<br />
CM Juli / August 2011<br />
spricht auch <strong>de</strong>n Zielvorstellungen <strong>de</strong>r Konzeption<br />
Innere Führung.” 10<br />
So kann <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe grundsätzlich<br />
eine hohe OE-Reife attestiert wer<strong>de</strong>n und es erschien<br />
insgesamt die Folgerung zulässig, dass<br />
<strong>de</strong>r Ansatz <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung für die<br />
Neuausrichtung <strong>de</strong>s Controllings in <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Luftwaffe das Mittel <strong>de</strong>r Wahl darstellt.<br />
Wesenszüge <strong>de</strong>r Neuausrichtung<br />
<strong>de</strong>s Controllings in <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Luftwaffe nach OE-Kriterien<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n soll nunmehr aufgezeigt wer<strong>de</strong>n,<br />
wie die dargestellten Kernaspekte <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung<br />
bei <strong>de</strong>r Neuausrichtung <strong>de</strong>s<br />
Controllings in <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe „mit<br />
Leben gefüllt” wur<strong>de</strong>n.<br />
1. Geplante, offene und zielgerichtete Kommunikation<br />
„Information und Kommunikation ist immer<br />
auch ein erster Schritt <strong>de</strong>r Einbindung von Mitarbeitern<br />
in Verän<strong>de</strong>rungsprojekte.” 11<br />
Die umfassen<strong>de</strong> Information aller von <strong>de</strong>r<br />
Verän<strong>de</strong>rung Betroffenen ist conditio sine<br />
qua non („unabdingbare Voraussetzung”) für<br />
<strong>de</strong>ren Fähigkeit zur Mitwirkung. Des Weiteren<br />
ist sie Voraussetzung für <strong>de</strong>ren Bewertung <strong>de</strong>r<br />
89
90<br />
Organisationsentwicklung und Restrukturierung <strong>de</strong>s Controllings<br />
Situation als verän<strong>de</strong>rungsbedürftig, was – wie<br />
dargelegt – von entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung für<br />
<strong>de</strong>n Umgang mit Wi<strong>de</strong>rstand ist.<br />
Vorhan<strong>de</strong>ne Ergebnisse müssen konsequent<br />
genutzt o<strong>de</strong>r – falls noch nicht vorhan<strong>de</strong>n – unter<br />
Anwendung quantitativer und qualitativer<br />
sozialwissenschaftlicher Metho<strong>de</strong>n erhoben<br />
wer<strong>de</strong>n. Dabei ist die Kommunikation <strong>de</strong>r Ergebnisse<br />
von entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung für die<br />
Teilhabe <strong>de</strong>r Mitarbeiter am Verän<strong>de</strong>rungsprozess.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r Neuausrichtung <strong>de</strong>s Controllings<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe wur<strong>de</strong> als kommunikative<br />
Basis <strong>de</strong>r eigene Auftritt <strong>de</strong>s<br />
Controllings im Luftwaffen-Intranet genutzt.<br />
Dort wur<strong>de</strong>n zunächst alle bislang vorliegen<strong>de</strong>n<br />
Überprüfungsergebnisse <strong>de</strong>s Sozialwissenschaftlichen<br />
Instituts <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr<br />
und <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srechnungshofes – soweit zulässig<br />
– zugänglich gemacht.<br />
Ebenso wur<strong>de</strong>n die Ergebnisse <strong>de</strong>r Analyse dieser<br />
Überprüfungen sowie die Ableitung <strong>de</strong>r<br />
neuen Controlling-Philosophie, <strong>de</strong>r die Neuausrichtung<br />
folgt, veröffentlicht. Weiterhin wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r nach Kriterien <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung<br />
gestaltet Ansatz <strong>de</strong>r partizipativen<br />
Neuausrichtung <strong>de</strong>s Controllings dort erklärt,<br />
um <strong>de</strong>n Mitarbeitern zu ver<strong>de</strong>utlichen, dass sie<br />
Situationskontrolle besitzen.<br />
Der Zeitpunkt <strong>de</strong>r Veröffentlichung war mit entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Vorträgen auf verschie<strong>de</strong>nen Controller-Tagungen<br />
in <strong>de</strong>r Luftwaffe abgestimmt.<br />
Autoren<br />
2. Umfassen<strong>de</strong> Partizipation<br />
Die Partizipation wur<strong>de</strong> in einem Survey-<br />
Feedback-Ansatz durch Mitarbeiterbefragungen<br />
(MAB) und Workshops, die unmittelbar<br />
auf die erste MAB folgten, sichergestellt. 12<br />
Die MAB, die selbst bereits eine Intervention<br />
darstellt, bil<strong>de</strong>te dabei das Bin<strong>de</strong>glied zwischen<br />
<strong>de</strong>r Problemanalyse und <strong>de</strong>m Beginn <strong>de</strong>r Neuausrichtung.<br />
13 Sie sollte ein glaubhaftes Signal<br />
setzen, dass die Neuausrichtung auf partizipativem<br />
Wege erfolgen wird, dadurch Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong><br />
abbauen und die Controller auf allen Ebenen zur<br />
Mitwirkung motivieren. Gleichzeitig sollte durch<br />
die MAB eine Nullmessung <strong>de</strong>r Arbeitszufrie<strong>de</strong>nheit<br />
und Aufwand-Nutzen-Perzeption<br />
<strong>de</strong>r Controller als Basis für die spätere Evaluation<br />
<strong>de</strong>r Neuausrichtung erfolgen. Schließlich<br />
sollte die MAB Datenmaterial für statistische<br />
Analysen liefern, aus <strong>de</strong>nen Empfehlungen für<br />
die Neuausrichtung abgeleitet wer<strong>de</strong>n konnten.<br />
Die Durchführung <strong>de</strong>r MAB orientierte sich an<br />
<strong>de</strong>m von Jöns (2006) skizzierten Regelkreis einer<br />
MAB als Gesamtprozess. 14<br />
Die Workshops griffen die Ergebnisse aller bislang<br />
vorliegen<strong>de</strong>n Untersuchungen sowie <strong>de</strong>r<br />
MAB auf und bezogen zusätzlich zu <strong>de</strong>n Controllern<br />
auch die Führungskräfte sowie die Leiter<br />
<strong>de</strong>r Stabsgebiete mit ein. So wur<strong>de</strong> nicht nur<br />
ein Abbau von Wi<strong>de</strong>rstand durch Information<br />
und Partizipation, son<strong>de</strong>rn auch die Nutzung<br />
<strong>de</strong>s Expertenwissens aller Ebenen und<br />
Verantwortungsbereiche für die qualitative Verbesserung<br />
<strong>de</strong>r Neuausrichtung erreicht.<br />
Dipl.-BW (FH) Stephan Christopher Abel, M.O.P.<br />
ist Betriebswirt, Organisationspsychologe und externer Doktorand<br />
bei <strong>de</strong>r Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften<br />
<strong>de</strong>r Universität Hohenheim. Von Oktober 2004 bis März 2011<br />
war er Grundsatzreferent für Controlling im Führungsstab <strong>de</strong>r<br />
Luftwaffe beim Bun<strong>de</strong>sministerium <strong>de</strong>r Verteidigung.<br />
Dr. Peter Rötzel<br />
ist Habilitand am Lehrstuhl Controlling an <strong>de</strong>r Universität Stuttgart.<br />
Darüber hinaus ist er Senior Projekt Manager für Controlling-Projekte<br />
in <strong>de</strong>r Luftwaffe und in <strong>de</strong>r Abt. Controlling <strong>de</strong>s<br />
Luftwaffenamtes. Sein Forschungsschwerpunkt liegt im strateg.<br />
Beteiligungs-Controlling, sowie in Industrial Economics und Public<br />
Private Partnerships.<br />
3. Promotorenmanagement<br />
In <strong>de</strong>r einschlägigen Literatur gibt es zahlreiche<br />
Veröffentlichungen zu Rollen und Aufgaben von<br />
Promotoren. Hier wur<strong>de</strong> das Promotorenmo<strong>de</strong>ll<br />
von Hauschildt (1997) zu Grun<strong>de</strong> gelegt,<br />
welches das Promotorenmo<strong>de</strong>ll von Witte<br />
(1973), das Macht- und Fachpromotoren<br />
vorsieht, um die Rolle <strong>de</strong>s Prozesspromotors<br />
erweitert.<br />
Folglich wur<strong>de</strong>n für die Neuausrichtung <strong>de</strong>s<br />
Controllings in <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe nach<br />
sorgfältiger Analyse <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
Schlüsselpersonen für die Übernahme dieser<br />
Rollen i<strong>de</strong>ntifiziert, gewonnen und im weiteren<br />
Verlauf gezielt eingesetzt. Angesichts <strong>de</strong>r verbesserungswürdigen<br />
Akzeptanz <strong>de</strong>s Controllings<br />
in <strong>de</strong>r Linie war die Gewinnung von<br />
Machtpromotoren auf höchster Ebene eine<br />
beson<strong>de</strong>re Herausfor<strong>de</strong>rung und gleichzeitig<br />
ein kritischer Erfolgsfaktor für die Neuausrichtung.<br />
15<br />
4. Systemisches Denken und Vorgehen<br />
Das Controlling stellt ein Subsystem innerhalb<br />
eines komplexen Entscheidungsvorbereitungs-<br />
und Ressourcenmanagementsystems<br />
dar. Voraussetzung für ein systemisches<br />
Vorgehen war es zunächst, vorhan<strong>de</strong>ne Vernetzungen<br />
und Wirkungszusammenhänge aufzuklären.<br />
Dafür war die zu stark simplifizieren<strong>de</strong><br />
Sichtweise „Controller Entschei<strong>de</strong>r“ aufzugeben<br />
und zu erweitern. Hierzu wur<strong>de</strong>n in erster<br />
Linie die <strong>de</strong>n Entschei<strong>de</strong>r ebenfalls beraten<strong>de</strong>n<br />
Stabsgebiete und das zentrale Ressourcenmanagement<br />
einbezogen.<br />
Durch diese Betrachtungsweise konnten Redundanzen<br />
ermittelt und kontraproduktive Nebenwirkungen<br />
i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n. Diese Erkenntnisse<br />
flossen in die Neuausrichtung <strong>de</strong>s<br />
Controllings ein, an <strong>de</strong>r – neben Controllern<br />
und Entschei<strong>de</strong>rn – auch Repräsentanten <strong>de</strong>r<br />
genannten Bereiche beteiligt wur<strong>de</strong>n. So verkörperte<br />
die partizipative Einbindung dieses<br />
Personenkreises im Rahmen <strong>de</strong>r Workshops<br />
gleichzeitig eine Maßnahme <strong>de</strong>s systemischen<br />
Vorgehens, was als Beispiel für die enge Verwobenheit<br />
<strong>de</strong>r Kernaspekte <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung<br />
angesehen wer<strong>de</strong>n kann.
5. Prozessorientierung<br />
Zur Darstellung <strong>de</strong>s Organisationsentwicklungs-<br />
Prozesses gibt es in <strong>de</strong>r einschlägigen Literatur<br />
verschie<strong>de</strong>ne Phasenmo<strong>de</strong>lle. 16 Das nach Comelli<br />
(1985) populärste stellt das Schema von<br />
Lewin mit <strong>de</strong>n Phasen unfreeze => move => refreeze<br />
dar, das von <strong>de</strong>ssen „Theorie <strong>de</strong>s dynamischen<br />
Gleichgewichts” ausgeht. 17 Aufgrund<br />
seiner Ähnlichkeiten zum militärischen Führungsprozess<br />
wur<strong>de</strong> als Bezugsbasis für die<br />
Neuausrichtung <strong>de</strong>s Controllings in <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Luftwaffe das „Phasenmo<strong>de</strong>ll eines Verän<strong>de</strong>rungsprozesses<br />
nach <strong>de</strong>m Organisationsentwicklungs-Konzept“<br />
verwandt, das Comelli<br />
(2006) in Anlehnung an Rush (1973) und Dyer<br />
(1977) entwickelt hat. 18 (vgl. Abbildung 2)<br />
Bei <strong>de</strong>r Neuausrichtung <strong>de</strong>s Controllings war<br />
und ist ganz beson<strong>de</strong>rs darauf zu achten, dass<br />
erst dann mit <strong>de</strong>r Maßnahmenplanung und<br />
-durchführung begonnen wer<strong>de</strong>n darf, wenn<br />
die vorgelagerten Phasen umfassend und vollständig<br />
abgearbeitet wer<strong>de</strong>n konnten. Darüber<br />
hinaus waren bereits zu Beginn <strong>de</strong>s Prozesses<br />
die nötigen Voraussetzungen für die spätere<br />
Evaluation zu schaffen, die einen ganz wesentlichen<br />
Aspekt <strong>de</strong>r Neuausrichtung darstellt und<br />
<strong>de</strong>n Organisationsentwicklungs-Prozess möglicherweise<br />
erneut in Gang setzt.<br />
Resümee und weiterführen<strong>de</strong><br />
Überlegungen<br />
Der Ansatz <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung als<br />
methodisches Leitkonzept für die Neuausrichtung<br />
<strong>de</strong>s Controllings in <strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe<br />
hat sich bewährt. Insbeson<strong>de</strong>re die intensive<br />
Partizipation, das Promotorenmanagement<br />
und das systemische Denken<br />
und Vorgehen haben sich als unverzichtbare<br />
Erfolgsgaranten für tiefgreifen<strong>de</strong> organisationale<br />
Verän<strong>de</strong>rungen erwiesen. Da<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Luftwaffe einerseits grundsätzlich<br />
eine hohe Reife zur Organisationsentwicklung<br />
attestiert wer<strong>de</strong>n kann, an<strong>de</strong>rerseits jedoch<br />
ein Verän<strong>de</strong>rungsmanagement nach Kriterien<br />
<strong>de</strong>r Organisationsentwicklung dort noch<br />
ein Novum darstellt, wird auf <strong>de</strong>m weiteren<br />
Wege <strong>de</strong>r Neuausrichtung noch viel Überzeugungsarbeit<br />
zu leisten sein. Genau diese liegt<br />
im Wesen <strong>de</strong>r Organisationsentwicklung.<br />
Abb. 2: Phasen <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls 19<br />
Literatur<br />
Comelli, G. (1985). Training als Beitrag zur Organisationsentwicklung.<br />
Handbuch <strong>de</strong>r Weiterbildung<br />
für die Praxis in Wirtschaft und Verwaltung.<br />
Band 4. München, Wien: Hanser.<br />
Comelli, G. (2006). Organisationsdiagnose<br />
und -entwicklung. Kurseinheit 1 im Schwerpunkt<br />
Organisationsgestaltung und -entwicklung.<br />
Weiterbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Masterstudiengang Arbeits-<br />
und Organisationspsychologie. Hagen:<br />
FernUniversität in Hagen.<br />
Comelli, G. & Rosenstiel, L. v. (2003). Führung<br />
durch Motivation. Mitarbeiter für Organisationsziele<br />
gewinnen. München: Vahlen.<br />
Gebert, D. (1974). Organisationsentwicklung.<br />
Probleme <strong>de</strong>s geplanten organisatorischen<br />
Wan<strong>de</strong>ls. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz: Kohlhammer.<br />
Gebert, D. (1987). Führung und Innovation.<br />
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung,<br />
39 (10), 941 - 952.<br />
Hauschildt, J. (1997). Innovationsmanagement<br />
(2. Aufl.). München: Vahlen.<br />
Kantner, C. & Richter, G. (2004). Die Ökonomisierung<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr im Meinungsbild<br />
<strong>de</strong>r Soldaten. Ergebnisse <strong>de</strong>r Streitkräftebefragung<br />
2003. Strausberg: Sozialwissenschaftliches<br />
Institut <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr.<br />
Lauterburg, C. (1980). Organisationsentwicklung<br />
– Strategie <strong>de</strong>r Evolution. Managementzeitschrift<br />
io, 1/1980, 1 - 4.<br />
Lewin, K. (1947). Frontiers in group dynamics:<br />
Concept, methods and reality in social science;<br />
social equilibria and social change. Human Relations,<br />
1 (1), 5 - 41.<br />
Portugall, G. (2008).<br />
Controlling und Führungsprozesse<br />
in <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr.<br />
Ergebnisse <strong>de</strong>r Experteninterviews<br />
mit Komman<strong>de</strong>uren<br />
und Dienststellenleitern<br />
2006.<br />
Strausberg: Sozialwissenschaftliches<br />
Institut <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>swehr.<br />
Richter, G. (2007). Die<br />
ökonomische Mo<strong>de</strong>rnisierung<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr.<br />
Sachstand, Konzeptionen<br />
und Perspektiven. Wiesba<strong>de</strong>n:<br />
Verlag für Sozialwissenschaften.<br />
Schäfer, F. (2005). Change Management für<br />
<strong>de</strong>n Öffentlichen Dienst. Hamburg: Murmann.<br />
Schein, E. H. (1965). Organizational psychology.<br />
Englewood Cliffs: Prentice-Hall.<br />
Witte, E. (1973). Organisation für Innovationsentscheidungen.<br />
Das Promotoren-Mo<strong>de</strong>ll. Göttingen:<br />
Schwarz.<br />
Fußnoten<br />
CM Juli / August 2011<br />
1 Vgl. König 2008, S. 3.<br />
2 Vgl. Bre<strong>de</strong> 2005, S. 189.<br />
3 Vgl. Kantner & Richter 2004, S. 7 sowie<br />
Richter 2007.<br />
4 Vgl. Kantner & Richter 2004, S. 59.<br />
5 Schäfer 2005, S. 53.<br />
6 vgl. von Rosenstil & Comelli, 2003; Kaune,<br />
2004; Comelli, 1085.<br />
7 Vgl. Lauterburg 1980, S. 3.<br />
8 Vgl. Comelli 1985, S. 94.<br />
9 Vgl. Biehl 2005, S. 278; von Rosen 2004,<br />
S. 152; Oetting 1993, S. 312.<br />
10Recke 1984, S. 4.<br />
11Kaune 2004. S. 23.<br />
12Vgl. Comelli 2006, S. 32.<br />
13Vgl. Jöns 1997, S. 16f.<br />
14Vgl. Jöns 2006, S. 48.<br />
15Vgl. Hauschildt & Kirchmann 1998;<br />
Hauschildt 1997; Gemün<strong>de</strong>n & Walter 1995;<br />
Hauschildt & Chakrabarti 1988; Witte 1973.<br />
16Vgl. Goerke 1981.<br />
17Vgl. Comelli 1985 S. 97; Lewin 1958,<br />
S. 210f.<br />
18Vgl. Comelli 2006, S. 70; Dyer 1977, S. 46;<br />
Rush 1973, S. 6.<br />
91
92<br />
Controllerrätsel<br />
Dietmar Pascher´s<br />
Controllerrätsel<br />
Die Lösung fin<strong>de</strong>n Sie auf www.<strong>controller</strong>magazin.<strong>de</strong> – CM live.<br />
Dipl.-Ing. Dietmar Pascher<br />
d.pascher@<strong>controller</strong>aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong>
„Online Plus”<br />
Das „gedruckte Literaturforum“ im Controller Magazin, das an dieser<br />
Stelle weiterhin in bekannter Form erscheint, verfügt auch über<br />
einen ergänzen<strong>de</strong>n Online-Service. Bitte schauen Sie mal herein<br />
und mel<strong>de</strong>n sich dort zu Wort. Der Link auf die Einstiegsseite lautet:<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/<strong>controller</strong>wissen/fc<br />
Das Zitat zur vorliegen<strong>de</strong>n Ausgabe: „Lesen ist für <strong>de</strong>n Geist,<br />
was Gymnastik für <strong>de</strong>n Körper ist”.“ (Joseph Addison)<br />
Auf ein Wort<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
liebe Kolleginnen und liebe Kollegen im Controlling!<br />
Ich freue mich sehr, Sie zur vorliegen<strong>de</strong>n „Sommer-Ausgabe“ begrüßen<br />
zu dürfen. Bei <strong>de</strong>r Vorbereitung einer je<strong>de</strong>n neuen Ausgabe<br />
fühle ich mich stets wie ein kleiner Schatzsucher, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r<br />
Suche ist: Welche Neuerscheinungen und Neuauflagen wer<strong>de</strong>n<br />
angeboten und welche davon könnten wie<strong>de</strong>rum für die Leserinnen<br />
und Leser wichtig o<strong>de</strong>r interessant sein?<br />
Hier das Ergebnis zur vorliegen<strong>de</strong>n Ausgabe:<br />
Literarische Schlaglichter – Strategiekonzepte – Viele Controllingthemen<br />
– Business Intelligence & Controlling – Neues zur<br />
BWL – Unternehmenskommunikation und neue Medien – Politik<br />
und Wirtschaft – Persönliche Themen und Kompetenzen – Nachwort<br />
vom Bücherwurm<br />
Allgemeine Hinweise: Die Inhalte dieser Seiten wur<strong>de</strong>n mit großer<br />
Sorgfalt erstellt. Die bibliografischen Daten, insbeson<strong>de</strong>re die<br />
Preisangaben, entsprechen <strong>de</strong>m Kenntnisstand <strong>de</strong>s Rezensenten<br />
zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Manuskripterstellung und beziehen sich auf <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>utschen Buchmarkt. Der Rezensent übernimmt keinerlei Gewähr<br />
für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit o<strong>de</strong>r Qualität<br />
<strong>de</strong>r bereitgestellten Informationen und Hinweise. Auf die – <strong>de</strong>r<br />
weiterführen<strong>de</strong>n Information dienen<strong>de</strong>n – verlinkten Seiten hat <strong>de</strong>r<br />
Rezensent keinen Einfluss. Für <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>r verlinkten Seiten sind<br />
ausschließlich <strong>de</strong>ren Betreiber verantwortlich. Es wird aus Grün<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Lesbarkeit die geschlechtsneutrale bzw. männliche Form<br />
verwandt. Selbstverständlich sind stets sowohl Leserinnen als<br />
auch Leser gemeint. Der Rezensent orientiert sich am Ethik-Ko<strong>de</strong>x<br />
<strong>de</strong>s Deutschen Fachjournalisten Verban<strong>de</strong>s e. V. (DFJV).<br />
Literarische Schlaglichter<br />
CM Juli / August 2011<br />
Daraus folgen die bei<strong>de</strong>n Fixsterne für die richtige Navigation von Unternehmen:<br />
Customer Value statt Sharehol<strong>de</strong>r Value und Konkurrenzfähigkeit<br />
statt Wertsteigerung. – Aus: Malik: Strategie, S. 87.<br />
Im Unternehmensdschungel sind Projektpläne, Budgetdarstellungen und<br />
Fortschrittsberichte unerlässliche Navigationsmittel. Sie sind unser Kompass<br />
und unser Polarstern. – Aus: Wong: Die perfekte Infografik, S. 133.<br />
Wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Management Reporting<br />
ist ein klares betriebswirtschaftliches Steuerungskonzept für das Unternehmen,<br />
in <strong>de</strong>m festgelegt wird, wie die verschie<strong>de</strong>nen Organisationseinheiten<br />
innerhalb <strong>de</strong>s Unternehmens gesteuert wer<strong>de</strong>n. Aus: International<br />
Group of Controlling (Hrsg.): Controlling-Prozessmo<strong>de</strong>ll, S. 34.<br />
Insofern kann <strong>de</strong>r CFO als Institutionalisierung einer mo<strong>de</strong>rn geprägten<br />
Controllingsicht gesehen wer<strong>de</strong>n, die sich in <strong>de</strong>r Unternehmenspraxis<br />
am ehesten unter <strong>de</strong>m Oberbegriff <strong>de</strong>s Value Based Management subsumieren<br />
lässt. – Aus: Becker et al.: Chief Financial Officers (CFO) im Mittelstand,<br />
S. 22.<br />
Die Potentiale <strong>de</strong>r Informationstechnologie liegen dabei nicht mehr primär<br />
in <strong>de</strong>r Sammlung und <strong>de</strong>m Austausch von Daten im Rahmen <strong>de</strong>r Abwicklung<br />
von Geschäftsprozessen, son<strong>de</strong>rn im stärkeren Maße in einer<br />
Professionalisierung <strong>de</strong>r Entscheidungsunterstützung. – Aus: Seufert /<br />
Oehler: Grundlagen Business Intelligence, Band 1, S. 11.<br />
Unternehmen geraten oft gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb in die Krise, weil sich das Controlling<br />
in <strong>de</strong>r Krise befin<strong>de</strong>t. – Aus: Weber et al.: Turnaround, S. 873.<br />
Die internationale Verflechtung <strong>de</strong>r Volkswirtschaften und in <strong>de</strong>ren Folge<br />
die zunehmend globale Orientierung <strong>de</strong>r Unternehmen hat u. a. dazu geführt,<br />
dass sich die bei<strong>de</strong>n ursprünglich ein<strong>de</strong>utig gegeneinan<strong>de</strong>r abgrenzbaren<br />
Entwicklungsrichtungen eines amerikanischen bzw. eines<br />
europäisch-<strong>de</strong>utschen Controlling aufeinan<strong>de</strong>r zu bewegen. – Aus:<br />
Ebert: Praxis <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung, S. 67.<br />
Die Problematik (…) <strong>de</strong>r gedanklichen Trennung zwischen „rechenbaren<br />
und nicht- rechenbaren Effekten“ besteht darin, dass wir die Wirkungszusammenhänge<br />
nicht in ihrer Gesamtheit betrachten. – Aus:<br />
Kesten: Investitionsrechnung in Fällen und Lösungen, S. 20.<br />
Ursprung <strong>de</strong>r Unzufrie<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>m Marketing-Controlling scheinen<br />
die mangeln<strong>de</strong> Messbarkeit <strong>de</strong>s Erfolgs von Marketingmaßnahmen, die<br />
unzureichen<strong>de</strong> Informations- und Datenbasis sowie fehlen<strong>de</strong> Fachkenntnisse<br />
zu sein. – Aus: Klein: Mo<strong>de</strong>rne Controlling-Instrumente für Marketing<br />
und Vertrieb, S. 35.<br />
Literaturforum<br />
93
Literaturforum<br />
94<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Indikatoren mit eher vorlaufen<strong>de</strong>m Charakter, so genannte „leading indicators“,<br />
bzw. nicht-monetäre Steuerungsgrößen zu Märkten, Kun<strong>de</strong>n<br />
und Wachstum wer<strong>de</strong>n insgesamt <strong>de</strong>utlich weniger verwen<strong>de</strong>t. – Aus:<br />
Horváth: Kun<strong>de</strong>n und Markt im Fokus, S. 71 f.<br />
Die Pressearbeit von Unternehmen ist durch das geän<strong>de</strong>rte Medienumfeld<br />
und die Onlinekommunikation komplexer, dialogischer, multimedialer<br />
und zugleich schneller gewor<strong>de</strong>n. – Aus: Immerschitt: Crossmediale<br />
Pressearbeit, S. 5.<br />
Unternehmerisches Han<strong>de</strong>ln steht mit Social Media mehr <strong>de</strong>nn je im Fokus<br />
<strong>de</strong>r Öffentlichkeit. Informationen über das Unternehmen, die nach außen<br />
gelangen, sind immer schwerer zu kontrollieren. – Aus: Hilker: Social<br />
Media, S. 13.<br />
Onlinetexte wer<strong>de</strong>n zumeist unaufmerksam gelesen, weshalb für sie<br />
noch stärker als für Printtexte die For<strong>de</strong>rung nach Verständlichkeit gilt. –<br />
Aus: Bisch: Die professionelle Pressemitteilung, S. 125.<br />
Wer freundlich ist, nutzt sich selber am meisten. – Aus: Däfler: Der<br />
Karriereführerschein, S. 14.<br />
Eigennutzmaximieren<strong>de</strong>s Verhalten kann in unterschiedlichen Ausprägungen<br />
auftreten, wobei Opportunismus die stärkste Form umschreibt.<br />
– Aus: Oehlrich: Betriebswirtschaftslehre, S. 262.<br />
Ein guter Betriebswirt muss die Techniken beherrschen. Sein Horizont<br />
sollte aber darüber hinaus reichen. – Aus: Paul: Praxisorientierte Einführung<br />
in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 598.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re bei Restrukturierungsmaßnahmen und Entlassungen beklagen<br />
viele Unternehmen eine „kollektive Amnesie“. Sie wird durch<br />
eine unbedachte Zerstörung informeller Netzwerke und <strong>de</strong>n Verlust wertvollen<br />
Know-hows einzelner Personen hervorgerufen. – Aus: Dillerup /<br />
Stoi: Unternehmensführung, S. 735.<br />
Der Kampf gegen Hunger (…) ist nicht nur eine ethische und humanitäre<br />
Verpflichtung, son<strong>de</strong>rn auch eine ökonomische, soziale und sicherheitspolitische<br />
Aufgabe <strong>de</strong>r internationalen Gemeinschaft. – Aus: Deutsche<br />
Welthungerhilfe:: Handbuch Welternährung, S. 12.<br />
Besprechungen<br />
In <strong>de</strong>r Diskussion: Strategiekonzepte<br />
Malik, Fredmund<br />
Strategie<br />
Frankfurt: Campus Verlag 2011 – 392 Seiten, € 39,90<br />
Autor und Buch<br />
Prof. Dr. Fredmund Malik ist Bestsellerautor,<br />
Managementwissenschaftler und Unternehmer.<br />
Er zählt zu <strong>de</strong>n führen<strong>de</strong>n Managementexperten<br />
und ist Grün<strong>de</strong>r und Chairman<br />
von Malik Management, St. Gallen.<br />
Dieses Buch vermittelt das Strategiekonzept<br />
auf Basis von „Malik Management System“<br />
und thematisiert Navigieren in <strong>de</strong>r Komplexität<br />
<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Welt. Der Titel erscheint<br />
in <strong>de</strong>r Reihe „Management: Komplexität<br />
meistern“.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Strategie für die Große Transformation 21 – Strategie als Master Control<br />
in <strong>de</strong>n Ganzheitlichen Management Systemen ® – Komplexität meistern<br />
durch zuverlässiges Navigieren in je<strong>de</strong>r Lage – Dem Wan<strong>de</strong>l folgen – Erfolgsfaktoren<br />
für das heutige Geschäft – Dem Wan<strong>de</strong>l voraus sein – Erfolgsfaktoren<br />
für das neue Geschäft – Revolution <strong>de</strong>r Managementmetho<strong>de</strong>n<br />
– Strategiemethodik ohne Grenzen von Zeit und Raum – Anhang<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Mit scharfsinniger Analyse, klarer Sprache, mit großem persönlichen Engagement<br />
und entschie<strong>de</strong>nem Gestaltungswillen legt Malik diesen Band vor.<br />
Das Buch, so <strong>de</strong>r Verfasser, vermittelt das nötige Strategiewissen. In Teil I<br />
geht es um das Warum <strong>de</strong>s in diesem Buch vorgestellten Strategischen<br />
Managements. Die Teile II bis V behan<strong>de</strong>ln das Was und Womit <strong>de</strong>r Strategie.<br />
Deren Hauptinhalte sind die Malik Management Systeme. Im letzten<br />
Teil steht das Wie, also die Methodik <strong>de</strong>s Strategischen Managements, im<br />
Vor<strong>de</strong>rgrund. Die Ausführungen und Vorschläge sind radikal und fundamental.<br />
Malik bringt mit dieser Neuerscheinung umwälzen<strong>de</strong> Managementmetho<strong>de</strong>n<br />
in die Diskussion. Das Buch ist eine kritische Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit Herkömmlichem, es schärft das Bewusstsein für strategische<br />
Fragestellungen. Es macht beispielsweise klar, wie streng strategische von<br />
operativen Aufgaben zu trennen sind und zeigt vielfältige Irrtümer, Fehler<br />
und Probleme auf. Diese Neuerscheinung ist in hohem Maße anregend und<br />
herausfor<strong>de</strong>rnd. Das Buch ist ein nützlicher, wegweisen<strong>de</strong>r Beitrag und belebt<br />
die Diskussion. Es ist aber sicher auch ein Beitrag zur Verbreitung und<br />
Akzentuierung <strong>de</strong>r Malik Managementkonzepte. Der Wissenschaftler pflegt<br />
in manchen Textpassagen einen dozieren<strong>de</strong>n Stil, an an<strong>de</strong>rer Stelle eher<br />
einen Berichtsstil für Praktiker. Das Buch bietet einen hohen Erkenntniswert<br />
und för<strong>de</strong>rt die „Wahrheitssuche“ durch kritisches Hinterfragen. Ein<br />
umsetzungsorientierter Ratgeber ist das Buch nur begrenzt, weil die vollständige<br />
praktische Umsetzung vermutlich <strong>de</strong>r intensiven Unterstützung<br />
durch Mitarbeitern <strong>de</strong>r Malik-Organisation bedarf.<br />
Controlling<br />
Weber, Jürgen / Vater, Hendrik / Schmidt, Walter / Reinhard, Hartmut<br />
(Hrsg.)<br />
Turnaround – Navigation in stürmischen<br />
Zeiten<br />
Weinheim: Wiley-VCH Verlag 2011 – 998 Seiten, Hardcover, € 89,90
Autoren und Buch<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber ist be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r<br />
Controllingwissenschaftler, Dr.<br />
Hendrik Vater ist Vorstand und CFO, Dr.<br />
Walter Schmidt ist selbstständiger Berater<br />
und Vorstandsmitglied im Internationalen<br />
Controller Verein ICV, Prof. Dr. Hartmut<br />
Reinhard lehrt an <strong>de</strong>r Europäischen Hochschule<br />
Köln. Hinter dieser Veröffentlichung<br />
stehen rund 70 Autoren: Berater, Hochschullehrer,<br />
hochrangige Controller und<br />
Top-Manager. Das Werk setzt sich eingehend und vielseitig auseinan<strong>de</strong>r<br />
mit Maßnahmen zur Krisenbewältigung und Auswirkungen auf die Rolle<br />
von CFOs und Controllern.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Controlling und Krise – Maßnahmen zur Krisenbewältigung (Finanzierung<br />
und Working Capital, Kostensenkung und Strategie, Planung und Reporting,<br />
Steuern) – Auswirkungen <strong>de</strong>r Krise auf die Rolle von CFOs und Controllern<br />
(u. a. Controlling im Zeichen <strong>de</strong>r Krise o<strong>de</strong>r Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
und Strategien in <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise)<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Diese Neuerscheinung sucht Antworten auf die Frage, wie sieht ein Controlling<br />
in einem Unternehmen aus, das auf Dauer hoher Volatilität ausgesetzt<br />
ist. Dazu vermittelt <strong>de</strong>r Band empirische Ergebnisse zu <strong>de</strong>n Auswirkungen<br />
<strong>de</strong>r Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Rolle von CFOs und Controllern.<br />
Ein breiter Themenblock befasst sich mit notwendigen, vorausschauen<strong>de</strong>n,<br />
vorbeugen<strong>de</strong>n, flankieren<strong>de</strong>n sowie vertrauensbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
konkreten Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Dabei wer<strong>de</strong>n auch angrenzen<strong>de</strong><br />
Themen behan<strong>de</strong>lt, wie beispielsweise steuerliche Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
in Zeiten <strong>de</strong>r Finanzkrise. Zu<strong>de</strong>m greifen die Autoren Themen<br />
auf, die sich mit <strong>de</strong>m Tätigkeits- und Persönlichkeitsprofil von CFOs und<br />
Controllern ebenso beschäftigten wie mit ihrem Anspruch und ihrer Inanspruchnahme.<br />
Die Autoren gehen von einer verän<strong>de</strong>rten Rahmen- und<br />
Aufgabensituation aus und leiten daraus neue und höhere Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an Controller ab. Die Veröffentlichung lässt sich angesichts <strong>de</strong>s Umfangs<br />
und <strong>de</strong>s breiten Themenspektrums als Handbuch einordnen. Es vermittelt<br />
– angesichts einer sich zunehmend herausbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n komplexen Themenstellung<br />
und neuen Herausfor<strong>de</strong>rung – Zusammenhängen<strong>de</strong>s übersichtlich<br />
und schwerpunktmäßig. Es verbin<strong>de</strong>t die thematische Vielfalt mit<br />
einer Vielgestaltigkeit an Darstellungsformen und Sprachstilen. Das Werk<br />
bietet einerseits sachkundige Orientierungshilfe im aktuellen Verdrängungsprozess<br />
und eignet sich an<strong>de</strong>rerseits zum gezielten Nachschlagen<br />
und Nachlesen.<br />
International Group of Controlling (Hrsg.),<br />
Horváth & Partner (Schriftleitung)<br />
Controlling-Prozessmo<strong>de</strong>ll<br />
Freiburg: <strong>Haufe</strong>-Lexware 2011 – 62 Seiten, € 24,80<br />
Autoren und Buch<br />
Zielsetzung <strong>de</strong>r herausgeben<strong>de</strong>n International Group of Controlling (IGC)<br />
ist die Profilierung <strong>de</strong>s Berufs- und Rollenbil<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Controllers und die<br />
Abstimmung und Weiterentwicklung einer<br />
übereinstimmend getragenen Controllingkonzeption<br />
sowie einer einheitlichen Controllingterminologie.<br />
Die IGC-Arbeitsgruppe<br />
„Controlling-Prozessmo<strong>de</strong>ll” mit Vertretern<br />
aus Industrie und Beratung befasste<br />
sich <strong>de</strong>n Angaben zufolge unter <strong>de</strong>r Leitung<br />
von Dr. Uwe Michel, Senior Partner<br />
und Leiter <strong>de</strong>s Competence Centers „Controlling<br />
und Finanzen” bei Horváth & Partners,<br />
mit <strong>de</strong>r Erarbeitung eines Prozessmo<strong>de</strong>lls<br />
als Leitfa<strong>de</strong>n für die Beschreibung, Gestaltung und Analyse von<br />
Controlling-Prozessen.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Zielsetzung – Controlling-Hauptprozesse – Management von Controlling-<br />
Prozessen – Fazit<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Aufbauend auf <strong>de</strong>n Controlling-Definitionen <strong>de</strong>r IGC ist es das Ziel <strong>de</strong>r<br />
vorliegen<strong>de</strong>n Broschüre, so die Autoren, ein Standard-Controlling-Prozessmo<strong>de</strong>ll<br />
zu formulieren. Die Veröffentlichung beschreibt, welche Prozesse<br />
aus Sicht <strong>de</strong>r IGC-Arbeitsgruppe Controlling konkret ausmachen.<br />
Ausgehend von <strong>de</strong>m Geschäftsprozess „Controlling“ auf <strong>de</strong>r Ebene 1 <strong>de</strong>r<br />
Prozesslandkarte <strong>de</strong>s Unternehmens unterschei<strong>de</strong>t das vorgestellte Mo<strong>de</strong>ll<br />
vier Detaillierungsstufen. Die Ebene 2 umfasst zehn Controlling-<br />
Hauptprozesse, z. B. Strategische Planung, Management-Reporting o<strong>de</strong>r<br />
Betriebswirtschaftliche Beratung und Führung. Für je<strong>de</strong>n Controlling-<br />
Hauptprozess wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Ebene 3 die Teilprozesse formuliert, zum<br />
Hauptprozess Strategische Planung u. a. die Teilprozesse Strategische<br />
Analyse durchführen o<strong>de</strong>r Strategieumsetzung monitoren. Auf eine umfassen<strong>de</strong><br />
Darstellung <strong>de</strong>r Prozessebene 4-Aktivitäten verzichten die Autoren<br />
wegen <strong>de</strong>s zu großen Umfangs. Die Broschüre vermittelt eine prozessorientierte<br />
Strukturierung <strong>de</strong>s Controllings und stärkt Prozessorientierung<br />
und Prozess<strong>de</strong>nken im Controlling. Die Neuerscheinung <strong>de</strong>finiert<br />
Standards im Sinne einer Orientierungsnorm, aber auch als Qualitätsmaßstab.<br />
Darüber eignet sich die Veröffentlichung als „Schablone“ bzw.<br />
als Vorlage, Muster o<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>ll und damit als Gestaltungshilfe.<br />
Klein, Andreas (Hrsg.)<br />
Mo<strong>de</strong>rne Controlling-Instrumente für<br />
Marketing und Vertrieb<br />
Freiburg: <strong>Haufe</strong>-Lexware 2011 – 288 Seiten, € 58, –<br />
CM Juli / August 2011<br />
Autoren und Buch<br />
Der Herausgeber, Prof. Dr. Andreas Klein, ist Professor für Controlling und<br />
International Accounting an <strong>de</strong>r SRH Hochschule sowie Berater und Referent.<br />
Der Sammelband ist das Ergebnis <strong>de</strong>r Mitarbeit von insgesamt 15<br />
Autoren aus Wissenschaft, Beratung und Praxis. Der Titel vermittelt praxisnah<br />
instrumentelle Grundlagen <strong>de</strong>s Marketing- und Vertriebscontrollings<br />
sowie einige themenspezifische Vertiefungen.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Standpunkt (Interview) – Grundlagen u. Konzepte (z. B. Vertriebsplanung)<br />
– Umsetzung u. Praxis (z. B. Kun<strong>de</strong>n<strong>de</strong>ckungsbeitragsrechnung und<br />
95
Literaturforum<br />
96<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Kun<strong>de</strong>npotentiale) – Organisation u. IT<br />
(z. B. Kun<strong>de</strong>nbeziehungsmanagement)<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Das Buch beginnt zum Einstieg und zur<br />
Standortbestimmung mit einem Interview<br />
und <strong>de</strong>n Ergebnissen einer empirischen<br />
Erhebung zum <strong>de</strong>rzeitigen Stand <strong>de</strong>s Marketing-Controllings.<br />
Anschließend beschreiben<br />
die Autoren ausgewählte konzeptionelle<br />
Grundlagen für die Nutzung<br />
und Weiterentwicklung <strong>de</strong>s Marketing-<br />
und Vertriebscontrollings. Das umfangreichste Kapitel stellt aus verschie<strong>de</strong>nen<br />
Perspektiven Umsetzungsbeispiele vor. Der letzte Teil widmet sich<br />
technisch-organisatorischen Hilfen zur Arbeitserleichterung und <strong>de</strong>r Erreichung<br />
<strong>de</strong>r Zielsetzungen in Marketing und Vertrieb. Der Band befasst sich<br />
facettenreich mit <strong>de</strong>r Steuerung und Pflege <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n. Der Kun<strong>de</strong> ist das<br />
Schwerpunktthema <strong>de</strong>r Veröffentlichung. Der Titel geht sowohl auf Effizienz<br />
als auch auf Effektivität von Marketing und Vertrieb ein und bewegt<br />
sich im Spannungsfeld von theoretischen Konzepten und praktischer Realisierung.<br />
Der Band bietet einen Querschnitt aktueller und relevanter Fragen<br />
und Aufgaben zum Marketing- und Vertriebscontrolling und bietet<br />
umrissartig Lösungsansätze. Er ist übersichtlich strukturiert, lesefreundlich<br />
aufbereitet und verständlich geschrieben. Insgesamt <strong>de</strong>finieren die<br />
Autoren Stand und Entwicklung <strong>de</strong>r instrumentellen Controllingunterstützung<br />
für Marketing und Vertrieb, vermitteln diese Themenstellung grundlegend<br />
und unterstützen mit gezielten Umsetzungshinweisen.<br />
Leseprobe unter: www.haufe.<strong>de</strong>/shop<br />
Ebert, Günter<br />
Praxis <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung<br />
München: Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag 2011 – 231 Seiten, € 49,80<br />
Autor und Buch<br />
Der Autor ist nach <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Informationen<br />
Grün<strong>de</strong>r und Leiter <strong>de</strong>s Instituts<br />
für Controlling Prof. Dr. Ebert GmbH in<br />
Nürtingen. Ebert ist durch verschie<strong>de</strong>ne<br />
Veröffentlichungen und als Leiter <strong>de</strong>s<br />
Lehrstuhls <strong>de</strong>r Fachhochschule Nürtingen<br />
bekannt gewor<strong>de</strong>n. Er verarbeitet mit <strong>de</strong>r<br />
vorliegen<strong>de</strong>n Veröffentlichung seine dreißigjährige<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung in Theorie<br />
und Praxis mit Fragestellungen <strong>de</strong>r Unternehmensführung.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Wesen und Entwicklung <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung – Steuerungsmaximen<br />
(Controlling, Developing, Treasuring) – Steuerungssysteme und -instrumente<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Ebert bescheibt im ersten Teil das Entwickeln und Herausbil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerung<br />
aus verschie<strong>de</strong>nen Perspektiven. Der zweite und<br />
maßgeben<strong>de</strong> Teil skizziert die systemisch-ganzheitliche Unternehmens-<br />
steuerung, die bestimmt wird durch die Steuerungsmaxime Controlling,<br />
Developing und Treasuring. Die jeweils prägen<strong>de</strong>n Elemente sind dabei<br />
<strong>de</strong>r Steuerungsprozess, das Steuerungssystem, die Steuerungsperson<br />
und die Steuerungsorganisation. Der dritte Teil enthält eine kompakte<br />
Darstellung von 27 Steuerungssystemen und -instrumenten. Ebert geht<br />
es um die integrierte Verknüpfung und um die gleichzeitige Relaisierung<br />
<strong>de</strong>r drei Steuerungsmaximen. In diesem Verständnis steht Developing für<br />
Entwicklungsorientierung, Controlling für Lernorientierung und Treasuring<br />
für Wertorientierung. In diesem Buch stehen neben methodischen Fragen<br />
Aspekte <strong>de</strong>s Lernens und Verhaltens sowie <strong>de</strong>s mentalen Überbaus und<br />
<strong>de</strong>s systemischen Unterbaus im Vor<strong>de</strong>rgrund. Es ist ein wissenschaftliches<br />
Buch mit starker Erkenntnisorientierung. Ebert legt eine klar umrissene<br />
Grundvorstellung, ein Leitprogramm vor. Der Sprachstil ist aka<strong>de</strong>misch<br />
und für <strong>de</strong>n Leser mit betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen<br />
verständlich geschrieben. Der Nutzwert <strong>de</strong>s Buches liegt darin, dass <strong>de</strong>r<br />
erste Teil vielfältige Hintergrundinformationen vermittelt und <strong>de</strong>r dritte Teil<br />
fundiertes Überblickwissen zu betriebswirtschaftlichen Systemen bietet.<br />
Der Kern <strong>de</strong>s Buches liefert zahlreiche Impulse und schärft die Beurteilungs-<br />
und Gestaltungsfähigkeit.<br />
Leseprobe unter: www.ol<strong>de</strong>nbourg-verlag.<strong>de</strong>/wissenschaftsverlag<br />
Horváth, Péter (Hrsg.)<br />
Kun<strong>de</strong>n und Markt im Fokus<br />
Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag 2010 – 281 Seiten, € 59,95<br />
Autoren und Buch<br />
Der vorliegen<strong>de</strong> Sammelband enthält<br />
Beiträge <strong>de</strong>s Stuttgarter Controller<br />
Forums (SCF) 2010, das unter Leitung<br />
von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Péter Horváth<br />
<strong>de</strong>m Thema „Mit Marketingcontrolling<br />
zum Erfolg“ gewidmet war. Das Buch bietet<br />
Expertenmeinungen aus Wirtschaft<br />
und öffentlicher Verwaltung sowie Best-<br />
Practice-Lösungen im Marketing- und<br />
Vertriebscontrolling.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Erfolgsfaktoren <strong>de</strong>r Vertriebssteuerung – Kun<strong>de</strong>nfokus im Rechnungswesen<br />
– IT-Unterstützung für die Vertriebssteuerung – Kun<strong>de</strong>norientierung:<br />
Der Bürger als Kun<strong>de</strong> – Fel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>norientierung im öffentlichen<br />
Bereich<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Der Tagungsband <strong>de</strong>s 24. Stuttgarter Controller Forums umfasst die<br />
Schriftfassung von Vorträgen einer recht be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Controlling-Veranstaltungsreihe.<br />
Die jährlich neu erscheinen<strong>de</strong>n Kongressbän<strong>de</strong> haben<br />
sich am Buchmarkt etabliert und sind fester Bestandteil <strong>de</strong>r Fachdiskussion.<br />
Die meisten Krisensituationen, so <strong>de</strong>r Herausgeber im Vorwort, sind<br />
weniger kosten-, son<strong>de</strong>rn absatzbedingt. Dieser durch Erfahrungen und<br />
Beobachtungen gewonnen grundlegen<strong>de</strong>n Erkenntnis folgt <strong>de</strong>r Band<br />
nach Struktur und Inhalt. Das Werk besteht aus zwei Abschnitten. Der erste<br />
Abschnitt präsentiert erfolgreiche Praxislösungen aus verschie<strong>de</strong>nen<br />
Unternehmen mit beson<strong>de</strong>rer Betonung <strong>de</strong>r Globalisierung <strong>de</strong>r Märkte.
Der zweite Abschnitt thematisiert die Kun<strong>de</strong>norientierung in öffentlichen<br />
Organisationen. Allen Beiträge liegt die Perspektive zugrun<strong>de</strong>, Unternehmen<br />
vom Markt und vom Kun<strong>de</strong>n her zu steuern.<br />
Leseprobe unter: www.schaeffer-poeschel.<strong>de</strong>/download/inhaltsverzeichnisse/978-3-7910-2992-4.pdf,<br />
www.schaeffer-poeschel.<strong>de</strong>/download/<br />
leseproben/978-3-7910-2992-4.pdf<br />
Kesten, Ralf<br />
Investitionsrechnung in Fällen und Lösungen<br />
Herne: NWB Verlag 2011 – 248 Seiten einschließlich<br />
Online-Version, € 24,80<br />
Autor und Buch<br />
Der Autor ist Professor und Fachgebietsleiter<br />
für Rechnungswesen und Controlling<br />
an <strong>de</strong>r privaten Fachhochschule Nordaka<strong>de</strong>mie<br />
gAG, Elmshorn und u. a. im ICV engagiert.<br />
Ziel und Inhalt <strong>de</strong>s Buches ist,<br />
Fragen <strong>de</strong>r dynamischen Investitionsrechnung<br />
anhand von Praxisfällen zu betrachten<br />
und verständlich zu machen.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einführung – Grundlagen dynamischer Verfahren – Spezielle Fragestellungen<br />
auf Basis dynamischer Verfahren – Berücksichtigung von Unsicherheit<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Mit diesem Lehrbuch, so <strong>de</strong>r Autor, wird <strong>de</strong>m Leser eine Ent<strong>de</strong>ckungsreise<br />
durch die Welt <strong>de</strong>r dynamischen Investitionsrechnung geboten. 60 Fälle<br />
mit ausführlichen Lösungsskizzen vermitteln grundlegen<strong>de</strong> Kenntnisse<br />
und regen an, die Darlegungen näher zu be<strong>de</strong>nken. Die Fälle folgen einer<br />
hohen Praxisorientierung und wer<strong>de</strong>n lebendig, anschaulich und verständlich<br />
auf gesicherter theoretischer Basis vermittelt. Kesten betrachtet<br />
die Investitionsrechnung nach verschie<strong>de</strong>nen Seiten und geht <strong>de</strong>utlich<br />
über das Methodische, Formelhafte und Rechnerische hinaus. Beispielsweise<br />
geht es um einen Vergleich <strong>de</strong>s entscheidungslogischen und<br />
ethischen Rationalprinzips, um Praxisprobleme <strong>de</strong>r Investitionskontrolle<br />
o<strong>de</strong>r um das Steuerparadoxon. Das Buch unterstützt aktiv und wirksam<br />
die Aneignung von grundlegen<strong>de</strong>n Fähigkeiten <strong>de</strong>r Investitionsrechnung.<br />
Darüber hinaus vermittelt es einen fundierten Überblick über wesentliche<br />
Praxisprobleme im Zusammenhang mit Investitionen und Investitionsrechnungen.<br />
Insgesamt ein mo<strong>de</strong>rnes Lehrbuch mit hohem Praxisbezug<br />
und gelungener pädagogisch-didaktischer Ausrichtung.<br />
Leseprobe unter: www.nwb.<strong>de</strong><br />
Becker, Krämer, Staffel, Ulrich<br />
Chief Financial Officers (CFO) im Mittelstand<br />
Stuttgart: Kohlhammer Verlag 2011 – 148 Seiten, € 24,90<br />
Autoren und Buch<br />
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Becker ist Inhaber <strong>de</strong>s Lehrstuhls für Unternehmensführung<br />
und Controlling an <strong>de</strong>r Universität Bamberg und Direktor<br />
<strong>de</strong>s dortigen Deloitte Mittelstandsinstituts. Dipl.-Kffr. Michaela Staffel<br />
und Dipl.-Kfm. Johannes Krämer sind <strong>de</strong>n Angaben zufolge wissenschaftliche<br />
Mitarbeiter <strong>de</strong>r genannten Institution,<br />
Dipl.-Kfm. Patrick Ulrich ist dort<br />
Projektleiter. Grundlage <strong>de</strong>s Buches, so<br />
die Autoren, bil<strong>de</strong>t neben theoretischen<br />
und empirischen Erkenntnissen aus <strong>de</strong>r<br />
Literatur eine persönliche Befragung von<br />
42 CFO mittelständischer Unternehmen<br />
in ganz Deutschland. Die vorliegen<strong>de</strong> Veröffentlichung<br />
untersucht Aufgabengebiete,<br />
Rollenverständnis und organisatorische<br />
Gestaltung.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einführung – Theoretische Grundlagen – Forschungskonzeption – Charakterisierung<br />
<strong>de</strong>r Proban<strong>de</strong>n – Rahmenbedingungen <strong>de</strong>r CFO-Tätigkeit –<br />
Aufgaben, Funktionen und Rollen <strong>de</strong>s CFO – Organisation <strong>de</strong>s CFO-<br />
Bereichs im Mittelstand – Fazit<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> Untersuchung betritt, soweit bekannt, sowohl konzeptionell<br />
als auch theoretisch und empirisch Neuland. Die Autoren vermitteln<br />
umfangreiches empirisches Material, veranschaulichen und ver<strong>de</strong>utlichen<br />
die Ergebnisse und Erkenntnisse mit über 100 Abbildungen. Das Autorenteam<br />
beleuchtet und erläutert die Resultate und zieht zu wichtigen und bemerkenswerten<br />
Feststellungen pointiert Schlussfolgerungen. Der Band<br />
arbeitet heraus, wie sehr <strong>de</strong>r CFO-Bereich auch in mittelständischen Unternehmen<br />
einem fortschreiten<strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l unterliegt. Die Untersuchung<br />
spricht vom „Be<strong>de</strong>utungsgewinn“ mittelständischer CFO. Aber auch davon,<br />
dass <strong>de</strong>r „Be<strong>de</strong>utungsgewinn“ sowohl in <strong>de</strong>r Breite als auch <strong>de</strong>r Tiefe<br />
mit anwachsen<strong>de</strong>n Aufgaben zu „bezahlen“ ist. Den Angaben zufolge<br />
sehen sich mehr als die Hälfte <strong>de</strong>r befragten CFO als „obersten Controller“.<br />
Becker und sein Team sehen <strong>de</strong>n CFO als Institutionalisierung einer<br />
mo<strong>de</strong>rn geprägten Controllingsicht. Der eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Exkurs dient <strong>de</strong>r<br />
theoretischen Vertiefung. Die Autoren bieten eine gut fundierte Bestandsaufnahme<br />
<strong>de</strong>s CFO-Bereichs im Mittelstand, sie bereiten die gewonnenen<br />
Daten und Fakten lesefreundlich auf, <strong>de</strong>uten und interpretierten die Ergebnisse,<br />
zeigen Zusammenhänge auf und skizzieren Entwicklungslinien.<br />
Schulze, Erhard<br />
Statistik<br />
CM Juli / August 2011<br />
München: Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag 2011 – 182 Seiten, € 19,80<br />
Dieses Lehr- und Übungsbuch bietet Übungsaufgaben mit Lösungen sowie<br />
zahlreiche hilfreiche Tipps zu <strong>de</strong>n Themen <strong>de</strong>skriptive Statistik, Kombinatorik<br />
und Wahrscheinlichkeitsrechnung sowie induktive Statistik.<br />
Rund 100 Übungsaufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad<br />
bieten die Möglichkeit, erworbenes Wissen anzuwen<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Kenntnisstand<br />
zu überprüfen. Für alle Aufgaben wer<strong>de</strong>n die einzelnen Arbeitsschritte<br />
zur Lösung aufgezeichnet. Das Buch för<strong>de</strong>rt und trainiert Kenntnisse<br />
<strong>de</strong>r Statistik und macht Lösungswege transparent.<br />
Leseprobe unter: www.ol<strong>de</strong>nbourg-verlag.<strong>de</strong>/wissenschaftsverlag/statistik/9783486702651<br />
97
Literaturforum<br />
98<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Wong, Dona M.<br />
Die perfekte Infografik<br />
München: Redline Verlag 2011 – 156 Seiten, € 19,95<br />
Autorin und Buch<br />
Von 2001 bis 2010 war Wong nach Verlagsangaben<br />
Grafik- und Bildchefin beim<br />
Wall Street Journal. Heute ist sie Strategiechefin<br />
bei <strong>de</strong>r weltweiten Beratungsfirma<br />
Siegel+Gale. Das Buch steht unter <strong>de</strong>r<br />
Fragestellung, wie man Zahlen, Daten,<br />
Fakten richtig präsentiert – und wie nicht.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Grundlagen – Intelligente Grafiken – Gebrauchswissen<br />
– Knifflige Fragen – Legen<br />
Sie Ihren Kurs fest<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Die Autorin möchte mit dieser Veröffentlichung die Grundlagen vermitteln,<br />
um gute und schlechte Schaubil<strong>de</strong>r zu unterschei<strong>de</strong>n. Wong bietet eine<br />
praxisorientierte Unterweisung in <strong>de</strong>r „Grafiksprache“ mit <strong>de</strong>m Ziel gelungener<br />
und wirkungsvoller Grafiken. Das Buch ist ein kompaktes und sehr<br />
lesefreundliches Lehr- und Arbeitsbuch, das zunächst Grundlagenwissen<br />
vermittelt, um dann mit vielen Hinweisen und Tipps anhand einer großen<br />
Zahl von Beispielen <strong>de</strong>n Weg zur „perfekten Grafik“ zu ebnen.<br />
Leseprobe unter: www.redline-verlag.<strong>de</strong> > Titel im Suchfeld eingeben<br />
Business Intelligence & Controlling<br />
„Business Intelligence und Controlling Competence” ist eine neue Reihe,<br />
die gemeinsam vom Institut für Business Intelligence <strong>de</strong>r Steinbeis-Hochschule<br />
Berlin und <strong>de</strong>m Internationalen Controller Verein ICV herausgegeben<br />
wird. Nach Verlagsangaben sollen in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Bän<strong>de</strong>n auf über<br />
50 Seiten innovative BI-Einsatzfel<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r aktuelle Entwicklungen im<br />
Controlling aufgegriffen und behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Gemäß <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n<br />
Informationen sind Autoren dieser Reihe Prof. Dr. Andreas Seufert und Dr.<br />
Karsten Oehler. Seufert lehrt Betriebswirtschaftslehre und Informationsmanagement<br />
im Fachbereich Management und Controlling an <strong>de</strong>r FH<br />
Ludwigshafen und ist Direktor <strong>de</strong>s Instituts für Business Intelligence an<br />
<strong>de</strong>r Steinbeis-Hochschule Berlin sowie Leiter <strong>de</strong>s Arbeitskreises „Business<br />
Intelligence” <strong>de</strong>s Internationalen Controller Vereins. Oehler verantwortet<br />
das Competence Center Office of Finance bei <strong>de</strong>r IBM in Frankfurt<br />
und ist Lehrbeauftragter an <strong>de</strong>r European Business School in Östrich-<br />
Winkel und an <strong>de</strong>r Technischen Universität Darmstadt.<br />
Business Intelligence ist ein „Sammelbegriff für <strong>de</strong>n IT-gestützten Zugriff<br />
auf Informationen sowie die IT-gestützte Analyse und Aufbereitung dieser<br />
Informationen. Ziel dieses Prozesses ist es, aus <strong>de</strong>m im Unternehmen<br />
vorhan<strong>de</strong>nen Wissen neues Wissen zu generieren. Bei diesem neu gewonnen<br />
Wissen soll es sich um relevantes, handlungsorientiertes Wissen<br />
han<strong>de</strong>ln, welches Managemententscheidungen zur Steuerung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
unterstützt“. Aus: Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirt-<br />
schaftslexikon, Stichwort: Business Intelligence, online im Internet:<br />
http://wirtschaftslexikon.gabler.<strong>de</strong>/Archiv/75968/business-intelligencev6.html.<br />
„Ursprünglich eher technologisch getrieben, hat sich heute Business<br />
Intelligence als integrierter Gesamtansatz <strong>de</strong>r IT-basierten Unternehmenssteuerung<br />
etabliert, <strong>de</strong>r in immer stärkerem Maße inhaltlich und<br />
prozessgetrieben ist“, so Gänßlen, Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r Internationaler<br />
Controller Verein, im Vorwort. Mit an<strong>de</strong>ren Worten verknüpft dieser Begriff<br />
Systeme und Anwendungen zur Gewinnung analytischer, führungs-<br />
und entscheidungsrelevanter Daten wie etwa Data Warehousing o<strong>de</strong>r<br />
Data Mining usw.<br />
Zum Zeitpunkt dieses Manuskripts lagen die ersten bei<strong>de</strong> Bän<strong>de</strong> vor.<br />
Seufert, Andreas / Oehler, Karsten<br />
Grundlagen Business Intelligence – Band 1<br />
Stuttgart / Berlin: Steinbeis-Edition 2009, 72 Seiten, € 19,90<br />
Inhalt und Struktur<br />
BI Grundlagen – Der Markt für BI – Traditionelle<br />
Ansätze und Konzepte von BI –<br />
Zukünftige technologische Entwicklungen<br />
von BI – Neuere Einsatzgebiete von BI<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Der 1. Band bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Ausgangspunkt für<br />
die weiteren Bän<strong>de</strong>. Er bil<strong>de</strong>t die Basis,<br />
befasst sich mit Begrifflichem und Grundsätzlichem<br />
und steckt das Themenspektrum<br />
von BI ab. Er weckt Interesse am<br />
Thema und vermittelt elementare Kenntnisse.<br />
Seufert, Andreas / Oehler, Karsten<br />
Business Intelligence und Dynamisierung<br />
<strong>de</strong>r Planung – Band 2<br />
Stuttgart / Berlin: Steinbeis-Edition 2010, 78 Seiten, € 19,90<br />
Inhalt und Struktur<br />
Status Quo und Herausfor<strong>de</strong>rungen im Umfeld <strong>de</strong>r Planung – Dynamisierung<br />
<strong>de</strong>r Planung und IT – Wertbeitrag BO – OLAP-Anwendungsbeispiel<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Dieser Band skizziert die Herausfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Planung an die Controller<br />
und beschreibt das Lösungspotenzial von BI für <strong>de</strong>n Controller. Konzeptionelle<br />
und umsetzungsorientierte Überlegungen ergänzen sich.<br />
Kemper, Hans-Georg / Baars, Henning<br />
Business Intelligence<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Vieweg Verlag 2008 – 134 Seiten, € 19,95<br />
Die Autoren legen ein Arbeits- und Übungsbuch vor. Es umfasst drei Teile:<br />
BI-Glossar, Übungsaufgaben sowie Lösungen und Lösungsskizzen. Das<br />
Buch unterstützt <strong>de</strong>n vertiefen<strong>de</strong>n Einstieg in die Thematik.<br />
Leseprobe unter: www.viewegteubner.<strong>de</strong>/freebook/978-3-8348-0434-1_l.pdf
Interessante Neuerscheinungen zur BWL<br />
Oehlrich, Marcus<br />
Betriebswirtschaftslehre<br />
München: Vahlen Verlag 2010 – 564 Seiten, € 39,80<br />
Die 1. Auflage dieses Titels wur<strong>de</strong> im CM-Literaturforum 06/09 ausführlich<br />
vorgestellt. Inzwischen liegt bereits die 2., überarbeitete Auflage vor.<br />
Das Buch unterschei<strong>de</strong>t sich von herkömmlichen Einführungen in die<br />
BWL. Die einzelnen Funktionen wer<strong>de</strong>n ganzheitlich und integrativ in<br />
einem zusammenhängen<strong>de</strong>n Überblick dargestellt. Dazu bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Erstellungsprozess<br />
eines Business Plans die gemeinsame Grundlage. Hoher<br />
Praxisbezug, zahlreiche Fälle und Beispiel und eine mo<strong>de</strong>rne, betont lesefreundliche<br />
Vermittlung sowie Fragen und Aufgaben mit Lösungen kennzeichnen<br />
das Werk.<br />
Leseprobe unter: www.vahlen.<strong>de</strong>/productview.aspx?product=823727<br />
Paul, Joachim<br />
Praxisorientierte Einführung in die<br />
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Gabler Verlag 2011 – 633 Seiten, € 39,95<br />
Die vorliegen<strong>de</strong> 2., überarbeitete Auflage<br />
2011 unterschei<strong>de</strong>t sich von vielen<br />
herkömmlichen BWL-Einführungen.<br />
Zum einen durch hohe Anwendungsorientierung<br />
und einen <strong>de</strong>utlichen Bezug<br />
zu <strong>de</strong>n tatsächlichen Gegebenheiten in<br />
<strong>de</strong>n Unternehmen. Zum an<strong>de</strong>ren durch<br />
eine erweiterte Betrachtungsweise<br />
durch die parallele, aber auch integrative<br />
Betrachtung <strong>de</strong>r drei Perspektiven<br />
Unternehmensebene, Ebene <strong>de</strong>s Individuums<br />
sowie <strong>de</strong>r Ethik- und Werteebene.<br />
Anhand von zwei durchgängigen Fallstudien und zahlreichen<br />
Beispielen wer<strong>de</strong>n die wichtigsten Theorien, Begriffe und Zusammenhänge<br />
erläutert.<br />
Dillerup, Ralf / Stoi, Roman<br />
Unternehmensführung<br />
München: Vahlen Verlag 2011 – 833 Seiten, € 44,80<br />
Die 2. Auflage 2077 wur<strong>de</strong> im Controller Magazin, 05/2008 näher<br />
vorgestellt. Inzwischen liegt die 3., überarbeitete Auflage 2011 vor.<br />
Das Buch hat sich etabliert. Konzept und Gestaltung erfahren vielfache<br />
Zustimmung. Das Buch vermittelt das weite Spektrum <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensführung in seiner Gesamtheit betont praxisnah und<br />
beson<strong>de</strong>rs benutzerfreundlich. Darüber hinaus setzen die Autoren<br />
inhaltliche Akzente, z. B. bezüglich <strong>de</strong>r Ausrichtung <strong>de</strong>r Unternehmensführung.<br />
Unternehmenskommunikation und<br />
neue Medien<br />
Hilker, Claudia<br />
Social Media für Unternehmer<br />
Wien: Lin<strong>de</strong> Verlag 2010 – 196 Seiten, € 24,90<br />
Autorin und Buch<br />
Claudia Hilker ist Unternehmensberaterin<br />
und Geschäftsführerin von Hilker Consulting<br />
in Düsseldorf. Dieses Buch behan<strong>de</strong>lt<br />
Social Media aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>r Unternehmen<br />
und hinterfragt Voraussetzungen und<br />
Bedingungen eines erfolgreichen Einsatzes.<br />
Nach <strong>de</strong>n Worten <strong>de</strong>r Autorin entstand das<br />
Buch durch eigene Erfahrungen mit Social<br />
Media Projekten und nach umfassen<strong>de</strong>n<br />
Recherchen.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Einleitung – Social Media (SM) Business – SM Netzwerke – SM Strategien<br />
– SM Marketing – SM Relations – Social Networking – SM Recruitment<br />
– SM Recht, SM Monitoring, SM-Ausblick, Anhang (Berater-Checkliste<br />
u. Glossar)<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Social Media ist ein Sammelbegriff für internetbasierte mediale Angebote,<br />
die auf sozialer Interaktion und <strong>de</strong>n technischen Möglichkeiten <strong>de</strong>s<br />
Web 2.0 basieren. Dabei stehen Kommunikation bzw. die Wechselbeziehung<br />
zwischen Personen und Gruppen und <strong>de</strong>r Austausch nutzergenerierter<br />
Inhalte im Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund gewinnen die sozialen<br />
Medien zunehmend für die Unternehmen in vielfacher Hinsicht an<br />
Be<strong>de</strong>utung. Dies ist das Thema <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Veröffentlichung. Hilker<br />
bereitet das facettenreiche und noch relativ neue Thema kenntnisreich<br />
und engagiert auf. Sie nimmt alle grundlegen<strong>de</strong>n Aspekte in <strong>de</strong>n Blick<br />
und widmet allen wesentlichen Teilaspekten kompakte Kapitel. Durch<br />
viele praktische Beispiele und zahlreiche Experten-Interviews gewinnt<br />
das Buch an thematischer Breite und fachlicher Substanz. Zahlreiche Abbildungen<br />
veranschaulichen die Ausführungen, allerdings ist die Lesbarkeit<br />
einiger Abbildungen nicht voll befriedigend. Hilker gelingt es, Be<strong>de</strong>utung<br />
und Nutzen für die Unternehmen zu ver<strong>de</strong>utlichen sowie vielfältige<br />
Hilfen und Hinweise für praktische Unternehmenskommunikation zu vermitteln.<br />
Der Nutzwert: Das Buch kann Erkenntnisse und Überzeugungen<br />
beeinflussen sowie praktische Orientierungshilfe leisten. Chancen und Risiken<br />
wer<strong>de</strong>n ausgewogen dargestellt, jedoch vom unternehmerischen<br />
Standpunkt aus. Mögliche negative Auswirkungen auf die User kommen<br />
hingegen kaum zur Sprache.<br />
Leseprobe unter: www.lin<strong>de</strong>verlag.<strong>de</strong><br />
Immerschitt, Wolfgang<br />
Crossmediale Pressearbeit<br />
CM Juli / August 2011<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: Gabler Verlag 2010 – 198 Seiten, € 39,95 – auch als<br />
eBook erhältlich<br />
99
Literaturforum<br />
100<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
Autor und Buch<br />
Dr. Wolfgang Immerschitt ist laut vorliegen<strong>de</strong>r<br />
Informationen nach journalistischen<br />
Funktionen und einer Tätigkeit<br />
als Pressesprecher heute geschäftsführen<strong>de</strong>r<br />
Gesellschafter <strong>de</strong>r Agentur PLE-<br />
ON Publico und Lektor an <strong>de</strong>r Universität<br />
Salzburg. Diese Neuerscheinung befasst<br />
sich mit <strong>de</strong>r Weiterentwicklung und Optimierung<br />
<strong>de</strong>r Medienarbeit in <strong>de</strong>n Unternehmungen.<br />
Inhalt und Struktur<br />
Die Qual <strong>de</strong>r Mittelwahl in <strong>de</strong>r neuen Medienarbeit – Unternehmenskommunikation<br />
in einer verän<strong>de</strong>rten Medienwelt – Der Globus <strong>de</strong>r<br />
Unternehmenskommunikation – Kulturbruch durch das neue Massenmedium<br />
Internet – Den Wan<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r Unternehmenskommunikation<br />
gestalten.<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Crossmedial heißt die Kommunikation über mehrere inhaltlich, gestalterisch<br />
und redaktionell verknüpfte Kanäle. Der Journalist <strong>de</strong>r Zukunft<br />
beispielsweise arbeitet crossmedial. Dies hat zur Folge, dass Berufsbild<br />
und Arbeitstechniken <strong>de</strong>r „Presseleute“ ebenso neu <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n<br />
müssen wie die Gestaltung und Ausrichtung <strong>de</strong>r Unternehmenskommunikation<br />
<strong>de</strong>n verän<strong>de</strong>rten Gegebenheiten anzupassen ist. Die Pressearbeit<br />
<strong>de</strong>r Unternehmen wird durch das geän<strong>de</strong>rte Medienumfeld<br />
und die neue Onlinekommunikation komplexer, dialogischer, multimedialer<br />
und zugleich schneller, wie <strong>de</strong>r Autor im vorliegen<strong>de</strong>n Buch ver<strong>de</strong>utlicht.<br />
Das Buch ist ein Leitfa<strong>de</strong>n für die multimediale Unternehmenskommunikation<br />
und thematisiert, Unternehmensbotschaften über<br />
klassische und neue Kanäle professionell zu platzieren. Der Band vermittelt<br />
praxisorientierte Grundlagen zur mo<strong>de</strong>rnen Pressearbeit und<br />
bietet durch zahlreiche Beispiele und gezielte Hinweise fundierte Hilfe<br />
und Orientierung. Der Autor schreibt in einem individuellen, persönlichen<br />
Stil in verständlicher und anschaulicher Weise. Ein Begriffsverzeichnis<br />
mit kurzen Erläuterungen sollte in eine spätere Neuauflage<br />
ebenso aufgenommen wer<strong>de</strong>n wie eine geson<strong>de</strong>rte, strukturierte Darstellung<br />
<strong>de</strong>r zahlreichen Links in <strong>de</strong>n Fußnoten, sowie ein Stichwortverzeichnis,<br />
um das nützliche und hilfreiche Buch zu einem dauerhaften<br />
Begleiter mit schnellem und einfachem Zugriff zu machen.<br />
Kirkpatrick, David<br />
Der Facebook-Effekt<br />
München: Carl Hanser Verlag 2011 – 406 Seiten, € 24,90<br />
Autor und Buch<br />
David Kirkpatrick war nach Verlagsangeben viele Jahre Senior Editor<br />
für Internet- und Technologiethemen bei <strong>de</strong>r Zeitschrift „Fortune”. Die<br />
vorliegen<strong>de</strong> Übersetzung aus <strong>de</strong>m Amerikanischen von Karsten Petersen<br />
mit <strong>de</strong>m Untertitel „Hinter <strong>de</strong>n Kulissen <strong>de</strong>s Internet-Giganten“<br />
vermittelt vielfältige Einblicke in das Unternehmen, skizziert Geschäftsmo<strong>de</strong>ll<br />
und Philosophie von Facebook und befasst sich mit <strong>de</strong>n<br />
Folgen dieses Online-Netzwerkes.<br />
Inhalt und Struktur (auszugsweise)<br />
Soziale Netzwerke und das Internet – Investoren<br />
– Ein Unternehmen wächst heran –<br />
Privatsphäre – Geld verdienen – Facebook<br />
und die Welt – Gesellschaftliche Auswirkungen<br />
– Die Zukunft – Nachwort zur <strong>de</strong>utschen<br />
Ausgabe<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Der Autor legt eine gut recherchierte, sorgfältig<br />
und gewissenhaft geschriebene Abhandlung<br />
vor. Kirkpatrick zeichnet Entwicklung<br />
und Stand von Facebook nach und widmet Mark Zuckerberg,<br />
<strong>de</strong>m Facebook-Grün<strong>de</strong>r, hohe Aufmerksamkeit, manchmal auch Bewun<strong>de</strong>rung.<br />
Dieses Manuskript entsteht zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r historischen<br />
Verän<strong>de</strong>rung in Ägypten, die u. a. mit Schlagworten wie „Facebook-Generation“<br />
o<strong>de</strong>r „Facebook-Demokratie“ verbun<strong>de</strong>n ist. Diese Entwicklung<br />
gibt ein beeindrucken<strong>de</strong>s Beispiel über die möglichen Wirkungen<br />
und Ergebnisse <strong>de</strong>r aktiven Nutzung von Facebook und damit <strong>de</strong>s Facebook-Effektes.<br />
Facebook baut auf einer radikalen sozialen Prämisse<br />
auf, dass nämlich eine unvermeidliche und umfassen<strong>de</strong> Transparenz<br />
das mo<strong>de</strong>rne Leben durchdringen wird. Dies ist ein ausgesprochen facettenreiches<br />
Thema, das die vorteilhaften und vielleicht auch umwälzen<strong>de</strong>n<br />
Folgen ebenso umfasst wie viele kritische Aspekte, etwa Datenschutz-<br />
und Persönlichkeitsrechte, Nutzung persönlicher Daten für<br />
Werbezwecke und nicht zuletzt Verlust <strong>de</strong>r Kontrolle über persönliche<br />
Daten. Von dieser doppel<strong>de</strong>utigen und zwiespältigen Konstellation ist in<br />
diesem Buch in vielfacher Weise die Re<strong>de</strong>, wobei <strong>de</strong>r Autor Vorzüge<br />
und Nutzen von Facebook beson<strong>de</strong>rs betont und herausarbeitet. Das<br />
kurze Nachwort zur <strong>de</strong>utschen Ausgabe fängt die <strong>de</strong>utsche Sichtweise<br />
und Befindlichkeit treffend ein. Dieser Teil befasst sich streng beurteilend<br />
und scharf prüfend mit Facebook und ist ten<strong>de</strong>nziell kritischer und<br />
pointierter als <strong>de</strong>r Hauptteil. Das Buch liest sich spannend und sehr anregend.<br />
Lei<strong>de</strong>r verzichtet <strong>de</strong>r Autor auf Abbildungen, wie Grafiken o<strong>de</strong>r<br />
Infokästen mit Zahlen und Daten, zu Lasten <strong>de</strong>r Lesefreundlichkeit. Das<br />
Register weist überwiegend Namen und weniger Sachbegriffe aus, dies<br />
erschwert <strong>de</strong>n Zugriff. Insgesamt ermöglicht das Buch einen tieferen<br />
Zugang zu Facebook und <strong>de</strong>n mit diesem internationalen Online-Netzwerk<br />
verbun<strong>de</strong>nen Auswirkungen – und macht vieles begreifbar und<br />
verständlich.<br />
Leseprobe unter: www.hanser.<strong>de</strong>/Wirtschaft > Titel > Leseproben<br />
Ryborz, Heinz<br />
Kommunikation mit Herz und Verstand<br />
Regensburg: Walhalla Verlag 2010 – 208 Seiten, € 29,00 – auch als<br />
eBook erhältlich, Preis: € 14,99<br />
Autor und Buch<br />
Professor Dr. Heinz Ryborz war nach Verlagsangaben in leiten<strong>de</strong>n Positionen<br />
in <strong>de</strong>r Industrie tätig und trainiert heute Führungskräfte. Der vorliegen<strong>de</strong><br />
Ratgeber befasst sich ganzheitlich mit <strong>de</strong>r Kommunikation – nicht<br />
nur erkenntnis- und verstan<strong>de</strong>smäßig, son<strong>de</strong>rn insbeson<strong>de</strong>re auch gefühlsmäßig.
Inhalt und Struktur<br />
Kommunikation und Persönlichkeit – Bausteine<br />
<strong>de</strong>r Kommunikation – Kommunikationsblocker<br />
vermei<strong>de</strong>n – Mit Herz kommunizieren<br />
– Einfluss nehmen – Durchsetzungsstarke<br />
Kommunikation – Konflikte<br />
lösen – Verhan<strong>de</strong>ln – Umgang mit<br />
Gefühlen<br />
Einordnung und Einschätzung<br />
Der Band knüpft an die beruflichen und<br />
persönlichen Erfahrungen in konkreten<br />
Kommunikationssituationen an und setzt sich intensiv mit <strong>de</strong>r Kommunikationswirklichkeit<br />
auseinan<strong>de</strong>r. Dem Autor geht es darum, bewusster<br />
zu kommunizieren, das Kommunikationsverhalten bewusst zu steuern<br />
und weniger „automatisch“ ablaufen zu lassen. Im Mittelpunkt steht, die<br />
eigene Haltung und Einstellung sowie vielfältige kommunikative Verhaltensweisen<br />
zu beleuchten und aufzuarbeiten mit <strong>de</strong>m Ziel, sie zu optimieren.<br />
Das Buch ist fast als strukturierte Checkliste aufgebaut und bietet<br />
einen breiten Themenüberblick. Es ist übersichtlich angelegt, die<br />
Ausführungen sind gut überblicken, die wichtigen Hinweise und Kernaussagen<br />
sind leicht zu erfassen. Zahlreiche Beispiele sowie acht<br />
Übungen mit Lösungen steigern <strong>de</strong>n Lesernutzen. Der Autor vermittelt<br />
vielfältige Einblicke in das „Geheimnis erfolgreicher Kommunikation“,<br />
sucht Einsichten zu wecken und Impulse zur praktischen Umsetzung<br />
und Nutzung zu geben. Das Buch ist ein Führer zur erfolgreichen Kommunikation,<br />
<strong>de</strong>n Weg muss <strong>de</strong>r Leser selbst gehen. Insofern ist es auch<br />
ein Arbeitsbuch.<br />
Leseprobe unter: www.walhalla.<strong>de</strong>/static/leseprobe/3443.pdf<br />
Bischl, Katrin<br />
Die professionelle Pressemitteilung<br />
Wiesba<strong>de</strong>n: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011 – 148 Seiten,<br />
€ 19,95<br />
Dr. Katrin Bischl ist <strong>de</strong>n Angaben zufolge Dozentin und Schreibberaterin.<br />
Sie legt einen kompakten Leitfa<strong>de</strong>n für Unternehmen, Institutionen, Verbän<strong>de</strong><br />
und Vereine vor. Dieser Ratgeber für Praktiker vermittelt recht<br />
sachkundig in gut aufgemachter Form die journalistischen Regeln einer<br />
erfolgreichen Pressearbeit.<br />
Politik und Wirtschaft<br />
Zohlnhöfer, Reimut / Reimut, Kathrin<br />
Politik und Wirtschaft<br />
München: Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag 2011 – 162 Seiten, € 24,80<br />
Eine kompakte Einführung zur Vernetzung und Verquickung von Politik<br />
und Wirtschaft aus wissenschaftlicher Sicht mit einem liberalen Grundton.<br />
Das Buch behan<strong>de</strong>lt zunächst die Grundlagen <strong>de</strong>r Politischen Ökono-<br />
mik. Im zweiten und dritten Teil geht das Autorenteam einer doppelten<br />
Fragestellung nach: Wie beeinflusst Politik das wirtschaftliche Leistungsprofil?<br />
Was beeinflusst die Wirtschaftspolitik?<br />
Leseprobe unter: www.ol<strong>de</strong>nbourg-verlag.<strong>de</strong>/wissenschaftsverlag/<br />
Bujard / Cerny / Gutzeit / Weyel<br />
Wirtschaft und Kultur<br />
München: Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag 2011 – 337 Seiten, € 34,80<br />
Dieser Sammelband beleuchtet in 20 Kapiteln das Spannungsfeld zwischen<br />
Wirtschaft und Kultur. Es befasst sich u. a. mit <strong>de</strong>r Finanzpolitik, <strong>de</strong>r<br />
Außenwirtschaftspolitik, <strong>de</strong>r Entwicklungspolitik und <strong>de</strong>r Umweltpolitik.<br />
Das Buch vermittelt Wirtschaft und Kultur als gemeinsames Themenfeld<br />
und eröffnet grundlegen<strong>de</strong> Einsichten.<br />
Leseprobe unter: www.ol<strong>de</strong>nbourg-verlag.<strong>de</strong>/wissenschaftsverlag/<br />
Weingärtner, Trentmann, Deutsche Welthungerhilfe e.V. (Hrsg.)<br />
Handbuch Welternährung<br />
Frankfurt: Campus Verlag 2011 – 241 Seiten, € 24,90 € – auch als<br />
eBook erhältlich<br />
Das Handbuch Welternährung wird herausgegeben<br />
von <strong>de</strong>r Welthungerhilfe in<br />
Kooperation mit <strong>de</strong>r Stiftung fiat panis.<br />
Das Werk setzt sich sachkundig und engagiert<br />
auf <strong>de</strong>r Basis umfangreicher und<br />
vielfältiger Daten und Fakten mit einem<br />
drängen<strong>de</strong>n Problem unserer Zeit auseinan<strong>de</strong>r.<br />
Die Autorinnen sprechen die internationale<br />
Staatengemeinschaft und die<br />
Entwicklungsakteure ebenso an wie die<br />
Konsumenten und Verantwortlichen in <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaft. Eine beeindrucken<strong>de</strong> und berühren<strong>de</strong><br />
Veröffentlichung.<br />
Persönliche Themen und<br />
Kompetenzen<br />
Däfler, Martin-Niels<br />
Der Karriereführerschein<br />
Frankfurt: Campus Verlag 2011 – 207 Seiten, € 17,90<br />
CM Juli / August 2011<br />
Dr. Martin-Niels Däfler, ist <strong>de</strong>m Vernehmen nach als selbstständiger<br />
Kommunikations- und Marketingberater und Trainer sowie als Hochschuldozent<br />
tätig. Er bezeichnet und versteht diese Veröffentlichung als „Karriereverkehrsordnung“.<br />
Der Ratgeber vermittelt nützliche und hilfreiche<br />
Tipps und Hinweise zu grundlegen<strong>de</strong>n Fragen <strong>de</strong>r persönlichen Umgangsformen,<br />
<strong>de</strong>r Arbeitstechniken sowie <strong>de</strong>r schriftlichen und münd-<br />
101
Literaturforum<br />
102<br />
Alfred Biels Literaturforum<br />
lichen Kommunikation – und damit zu allgemeinen Grundlagen und<br />
Voraussetzungen <strong>de</strong>r Karriere neben <strong>de</strong>r Fachkompetenz.<br />
Nachwort vom Bücherwurm:<br />
Lesen durch vier verschie<strong>de</strong>ne<br />
Brillen gesehen<br />
„Lesen nur eine Drei.“ 1 Die PISA-Studie lässt das Lesen regelmäßig in die<br />
öffentliche Aufmerksamkeit treten. Deutschlands Schüler haben sich<br />
beim Lesen etwas verbessert, hieß es En<strong>de</strong> 2010 zu <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r<br />
vierten internationalen Bildungsstudie PISA. Laut OECD erhöhte sich die<br />
Lesekompetenz seit <strong>de</strong>m Jahr 2000 von 484 auf 497 Punkte. Damit lagen<br />
die <strong>de</strong>utschen Schüler im OECD-Mittelfeld. Lesen ist eine unverzichtbare<br />
Kulturtechnik und wesentliche Voraussetzung zur Teilnahme am beruflichen<br />
und gesellschaftlichen Leben, sie ist Teil <strong>de</strong>r Kommunikation.<br />
Daher rückt die Lesefähigkeit immer wie<strong>de</strong>r ins Interesse.<br />
Lesen ist eine vergleichsweise spät sich herausbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Fähigkeit in <strong>de</strong>r<br />
Geschichte <strong>de</strong>r Menschheit. Von Vorformen abgesehen, liegen die Anfänge<br />
<strong>de</strong>s abendländischen Lesens und Schreibens im Alten Orient. In Mesopotamien<br />
wur<strong>de</strong>n vor etwa 7.000 Jahre Zählsteine bzw. symbolische<br />
Tierfiguren zum Lesen verwen<strong>de</strong>t. 2 Lesen ist „verstehen<strong>de</strong>s Wahrnehmen“<br />
von Geschriebenem mittels Augen- o<strong>de</strong>r Tastsinn. 3 Das Lesen lässt<br />
sich unter recht unterschiedlichen Perspektiven betrachten, wie auch die<br />
sehr vielfältigen Forschungsansätze zeigen, beispielsweise Lesephysiologie<br />
o<strong>de</strong>r Lesepsychologie.<br />
Von breiter praktischer Be<strong>de</strong>utung mögen vor allem die nachfolgen<strong>de</strong>n<br />
vier Aspekte sein:<br />
1. Lesen ermöglicht die Aufnahme von Wissen und Informationen.<br />
2. Lesen kann <strong>de</strong>r Unterhaltung o<strong>de</strong>r – wie dieses Literaturforum – <strong>de</strong>r<br />
fachlichen und persönlichen Weiterbildung dienen.<br />
3. Lesen kann darüber hinaus die Entwicklung wesentlicher Fähigkeiten<br />
unterstützen. Beim Lesen wer<strong>de</strong>n nämlich u. a. Urteilsfähigkeit, Fantasie<br />
bzw. bildhaft anschauliches Denken, Sprachgefühl und an<strong>de</strong>re Fähigkeiten<br />
in beson<strong>de</strong>rer Weise herausgebil<strong>de</strong>t und geför<strong>de</strong>rt. 4<br />
4. Ein wichtiger Teilaspekt <strong>de</strong>s Lesens ist das Nach<strong>de</strong>nken. Lesen kann<br />
zu neuen Überlegungen und Betrachtungen führen o<strong>de</strong>r auch zu einem<br />
vergleichen<strong>de</strong>n und prüfen<strong>de</strong>n Denken.<br />
Die bisherigen Aspekte sind rational und folgen nüchternen Überlegungen.<br />
Da dieser Beitrag in einem Wirtschaftsmagazin erscheint, noch<br />
ein kleiner ergänzen<strong>de</strong>r Exkurs. Der weltweiten Initiative zur Alphabetisierung<br />
kommt neben kultureller vor allem wirtschaftliche Be<strong>de</strong>utung zu.<br />
Lei<strong>de</strong>r ist es in vielen Län<strong>de</strong>rn immer noch nicht selbstverständlich, lesen<br />
und schreiben zu können. Nach Angaben <strong>de</strong>r UNESCO sind immer noch<br />
etwa 750 Millionen Menschen Analphabeten. Dabei sind Lesen und<br />
Schreiben entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Fähigkeiten: Sie sind <strong>de</strong>r Schlüssel zum lebenslangen<br />
Lernen. Sie erhöhen die Chance auf Beschäftigung und för<strong>de</strong>rn<br />
die Sicherung <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Existenz. Selbst in unserem Lan<strong>de</strong> gibt<br />
es noch viele Analphabeten, wie die Arbeit <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverban<strong>de</strong>s Alphabetisierung<br />
e. V. zeigt. Lesen kann aber auch sehr emotional sein – und<br />
das kann durchaus auch für „trockene“ Sachbücher gelten. Hierzu ein<br />
praktisches und nachprüfbares Beispiel. Im historischen Lesezelt auf <strong>de</strong>m<br />
Freigelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Frankfurter Buchmesse treffen sich jährlich Autoren und<br />
literaturbegeisterte Hörer. Ein Vorgang, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Regel erhebliche Emotionen<br />
freisetzt. Lesungen, Buchmessen und ähnliche Veranstaltungen<br />
vermitteln nicht nur Inhalte, son<strong>de</strong>rn auch vielfältige Empfindungen.<br />
Sabine Bonewitz von <strong>de</strong>r Stiftung Lesen bringt es auf <strong>de</strong>n Punkt. “Lesen<br />
macht nicht nur Spaß, son<strong>de</strong>rn auch klug.” 5 Dieser Beitrag für Leserinnen<br />
und Leser „in <strong>de</strong>r Wirtschaft“ wäre ohne eine kurze medienwirtschaftliche<br />
Betrachtung unvollständig. Zur Schreib- und Lesekompetenz muss<br />
zunehmend die Medienkompetenz treten. Dabei geht es insbeson<strong>de</strong>re um<br />
die Frage, wie sich die verschie<strong>de</strong>nen Medien auf das Leseverhalten auswirken.<br />
Such- und Selektionsverhalten sind in <strong>de</strong>n digitalen Medien wichtiger<br />
als das Lesen selbst. Es ist oft ein flüchtiges, fragmentarisches, kursorisches<br />
und weniger ein gründliches Lesen. 6 Beim Lesen geht es nicht<br />
zuletzt um <strong>de</strong>n Leser, <strong>de</strong>n die Medienwirtschaft mit ihrer Leseanalyse untersucht.<br />
Dabei stehen im Fokus Leserstruktur, Lesegewohnheiten, Lesedauer,<br />
Lesehäufigkeit, Leseintensität und Lesemuster. Die Ergebnisse <strong>de</strong>r<br />
Leseranalyse liefern wichtige Hinweise für Konzeption und Planung von<br />
Veröffentlichungen, aber auch für <strong>de</strong>n Einsatz <strong>de</strong>r Werbung. 7<br />
Lust auf – mehr – Lesen bekommen?<br />
Bis zum nächsten Mal herzliche Grüße und alles Gute für Ihr Tun<br />
„Ihr Bücherwurm“ Alfred Biel<br />
E-Mail: alfred.biel@gmx.<strong>de</strong><br />
Quellennachweise<br />
1 Stern. <strong>de</strong> am 7.12.2010<br />
2 Der Brockhaus Literatur, 4. Auflage, Wiesba<strong>de</strong>n 2010<br />
3 Metzler Lexikon Literatur, 3. Auflage, Stuttgart 2006<br />
4 Bentele/Brosius/Jarren: Lexikon Kommunikations- und Medienwissenschaft.<br />
Wiesba<strong>de</strong>n 2006<br />
5 Blog <strong>de</strong>r Frankfurter Buchmesse (www.buchmesse.<strong>de</strong>/blog/<strong>de</strong>)<br />
6 Kruse, Otto: Lesen und Schreiben, Konstanz 2010<br />
7 Sjurts, Insa: Gabler Lexikon Medienwirtschaft, 2. Auflage, Wiesba<strong>de</strong>n<br />
2011
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Internationaler<br />
Controller Verein<br />
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Wenn sich die Controller-Community zum<br />
Controller Congress in München trifft, erlebe<br />
ich alljährlich lei<strong>de</strong>nschaftliche Vorträge,<br />
begeisterte Zuhörer, eine Aussaat von Erfolgsrezepturen.<br />
Es keimen die I<strong>de</strong>en –<br />
wachsen sie auch im Alltag?<br />
Schon im ersten Vortrag nehme ich Be<strong>de</strong>utsames<br />
für mich mit: Kriterien, die ein erfolgreicher<br />
Controller erfüllen muss: Geschäftskompetenz,<br />
Metho<strong>de</strong>nkompetenz, Kommuni-<br />
kationskompetenz – wobei diese als<br />
wichtigstes Kriterium i<strong>de</strong>ntifiziert wird. Gleichwohl<br />
wird sie zu wenig vorgefun<strong>de</strong>n. Diese Erkenntnis<br />
kann ich aus unserer langjährigen<br />
Beratertätigkeit nur bestätigen.<br />
Deshalb ist es Teil unserer Aufgabe, diesen<br />
Mangel bewusst zu machen. Kommunikation<br />
ist kein einseitiges Spiel und keine Selbstdarstellung.<br />
Sie muss als ständiger und gleichwertiger<br />
Dialog – sowohl in <strong>de</strong>r Hierarchie<br />
nach oben wie auch nach unten – stattfin<strong>de</strong>n.<br />
Die Botschaften müssen verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Aufzählen von Fakten und die kompetente<br />
Aneinan<strong>de</strong>rreihung von Kennziffern und Zahlen<br />
ist nur ein Teil <strong>de</strong>r Kompetenzen <strong>de</strong>s Controllers.<br />
Es führt im Übrigen zu ungeahnten Erfolgserlebnissen,<br />
wenn sich Controller neben Kenn-<br />
ziffern auch mit <strong>de</strong>r Wertschöpfung sowie <strong>de</strong>n<br />
Mitarbeitern und Leistungsträgern beschäftigen,<br />
die in <strong>de</strong>r Wertschöpfungskette ihre <strong>de</strong>finierten<br />
Rollen haben. Das bestätigen Erfahrungsberichte.<br />
Die Fähigkeit, zur Zielerreichung<br />
<strong>de</strong>n Blick auf diese Seiten zu richten, kann<br />
trainiert wer<strong>de</strong>n. Wer fühlt sich nicht als Held,<br />
wenn z. B. sein neues gehaltvolles Buch fertig<br />
geschrieben ist? Doch wenn es nicht gelesen<br />
wird, gibt es keinen Hel<strong>de</strong>n. Metho<strong>de</strong>nkompetenz<br />
allein hilft da nicht weiter. Nur wenn es<br />
gelingt, durch Kommunikationskompetenz die<br />
Umsetzung wertvoller Erkenntnisse auch tatsächlich<br />
zu erreichen, dann wird Nachhaltigkeit<br />
geschaffen, dann ist „Controlling“ erfüllt.<br />
Man könnte es auch Geschäftskompetenz in<br />
eigener Sache nennen.<br />
Während die Menschen nach <strong>de</strong>m Congress<br />
sich wie<strong>de</strong>r zerstreuten, fand ich mit einem<br />
Teilnehmer eine kurze und anregen<strong>de</strong> Diskussion,<br />
in <strong>de</strong>r wir <strong>de</strong>n Vergleich zu Familienstrukturen<br />
gewagt haben: Das Einzelkind – meistens<br />
in <strong>de</strong>r Rolle eines Einzelkämpfers –<br />
konzentriert sich voll auf sich und seine<br />
Bedürfnisse im Durchsetzungsprozess. Unter<br />
Geschwistern fin<strong>de</strong>t Kommunikation statt,<br />
wenn sich einer durchsetzen o<strong>de</strong>r die Richtung<br />
vorgeben will, und das sind in <strong>de</strong>r Regel keine<br />
Schmusekurse. Also keine Sorge; <strong>de</strong>r Status<br />
<strong>de</strong>s Controllers erfährt keine Schwächung,<br />
Controlling – Zukunft gestalten<br />
Top-Themen<br />
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� 22. Schweizer Controller-Tagung:<br />
6. September in Dättwil/Ba<strong>de</strong>n (CH)<br />
� 12. Internationale Controller Gesundheitstagung:<br />
29. September in Wien<br />
� 11. Controller Meeting Slowenien:<br />
29./30. September in Ljubljana<br />
� 11. Controlling Innovation Berlin<br />
CIB 2011: 15. Oktober<br />
� CiBaltikum: 21. Oktober in<br />
Kaunas (LIT)<br />
� 7. Controlling Advantage Bonn<br />
CAB 2011: 10. November<br />
� 10. Controlling Insights Steyr<br />
CIS 2011: 18. November<br />
� 9. Controlling Competence Stuttgart<br />
CCS 2011: 24. November<br />
� Internat. ICV-Arbeitskreisleiter-Tagung:<br />
26. November in Frankfurt/Main<br />
ICV-Geschäftsstelle<br />
Telefon +49 - 89 - 89 31 34 20<br />
www.<strong>controller</strong>verein.com<br />
eher <strong>de</strong>n „Feinschliff“. Unsere Unternehmen<br />
sind große Familien. Ein bisschen Selbstcontrolling<br />
ist eine lohnenswerte Aufgabe. Und<br />
eine Pflicht.<br />
Rosita Blaha, schreibt <strong>de</strong>n Karriere-Ratgeber<br />
auf <strong>de</strong>r ICV-Website. Die Personalberaterin aus<br />
München ist Mitglied im AK Süd 1.<br />
(Bild: Rosita Blaha – Bildmitte – mit ihrem Standteam<br />
auf <strong>de</strong>m Congress <strong>de</strong>r Controller 2011)<br />
103
104<br />
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Die Controller-Preisträger von <strong>de</strong>r Mc Donald’s Deutschland Inc. eingerahmt vom ICV-Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n, Siegfried Gänßlen (links), und <strong>de</strong>m ICV-Kuratoriums- und Juryvorsitzen<strong>de</strong>n,<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber (rechts).<br />
Der diesjährige ControllerPreis <strong>de</strong>s ICV ist<br />
<strong>de</strong>r McDonald´s Deutschland Inc. für das<br />
Projekt „Initiativencontrolling McCafé“ verliehen<br />
wor<strong>de</strong>n. Die Preisverleihung fand am<br />
16. Mai in München auf <strong>de</strong>m 36. Congress<br />
<strong>de</strong>r Controller vor über 660 Controlling-Experten<br />
und Managern aus <strong>de</strong>m In- und Ausland<br />
statt.<br />
Zum 9. Mal hat <strong>de</strong>r ICV <strong>de</strong>n mit 5.000 EUR dotierten<br />
ControllerPreis für eine mustergültige<br />
Controlling-Lösung vergeben. In <strong>de</strong>m ausgezeichneten<br />
Projekt „Initiativencontrolling McCafé“<br />
hatten die McDonald’s Controlling-Abteilungen<br />
<strong>de</strong>n gesamten Realisierungsprozess von<br />
McCafé seit 2003, also bereits vor <strong>de</strong>m Start<br />
<strong>de</strong>s Markteintritts beginnend, unterstützt und<br />
begleitet.<br />
Der ICV-Vorstand hat <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />
2011 am 15. Mai die Entwicklungsergebnisse<br />
<strong>de</strong>s abgelaufenen Geschäftsjahres vorgestellt<br />
und Ausblicke auf die kommen<strong>de</strong>n<br />
Aufgaben gegeben. Die Präsentation ist auf <strong>de</strong>r<br />
ICV-Website online.<br />
Es berichteten auch <strong>de</strong>r Kuratoriumsvorsitzen<strong>de</strong>,<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Weber, <strong>de</strong>r Regional<strong>de</strong>legierte<br />
West, Martin Herrmann, und<br />
<strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ausschusses für Öffentlich-<br />
Das McCafé-Projektteam von McDonald’s<br />
Deutschland wur<strong>de</strong> mit führungsrelevanten Informationen<br />
unterstützt, auch projektbezogene<br />
Entscheidungen konnten laufend auf Basis <strong>de</strong>r<br />
vom Controlling bereitgestellten Daten getroffen<br />
wer<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>n Controlling-Instrumenten<br />
erwies sich die Kommunikation <strong>de</strong>r Controller<br />
als wesentliches Element <strong>de</strong>s Erfolges: Das<br />
Controlling konnte sicherstellen, dass die Zahlen<br />
von <strong>de</strong>n Empfängern richtig verstan<strong>de</strong>n und<br />
Missverständnisse o<strong>de</strong>r Fehlinterpretationen<br />
vermie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n.<br />
Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n vom McCafé-Team getroffene<br />
Prämissen kritisch hinterfragt. Laufend legte<br />
das Controlling proaktiv fest, ob weitergehen<strong>de</strong><br />
Daten zusätzlich in das Berichtswesen aufgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n sollten, um die jeweiligen Um-<br />
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keitsarbeit, Dr. Herwig R. Friedag. Herzlich<br />
verabschie<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r langjährige Regional<strong>de</strong>legierte<br />
Süd, Walter Meissner. Als ICV-<br />
Rechnungs prüfer wur<strong>de</strong> Manfred Grotheer<br />
gewählt. Der ICV-Vorstand dankt <strong>de</strong>m langjährigen<br />
Rechnungsprüfer, Norbert H. Fiedler, für<br />
seine erfolgreiche Tätigkeit. Die Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />
beschloss eine Erhöhung <strong>de</strong>s<br />
Jahresmitgliedsbeitrages von 135 EUR auf 150<br />
EUR ab 2012.<br />
stän<strong>de</strong> ganzheitlich abzubil<strong>de</strong>n. Der Jury-Vorsitzen<strong>de</strong>,<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber, Vor-<br />
sitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s ICV-Kuratoriums, Otto Beisheim<br />
School of Management, Institut für Management<br />
und Controlling (IMC), Vallendar, erläutert<br />
die Entscheidung so: „Die Kernmerkmale dieses<br />
ausgezeichneten Projekts liegen zum einen in<br />
<strong>de</strong>r Konsequenz, <strong>de</strong>n Aufbau eines Geschäftsfelds<br />
von <strong>de</strong>r ersten I<strong>de</strong>e bis zur erfolgreichen<br />
Implementierung und Weiterentwicklung über<br />
Jahre hinweg zu begleiten und zu unterstützen.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren ist die Entwicklung <strong>de</strong>r Controller<br />
selbst, vom reinen Zahlenlieferanten zum<br />
Business Partner, hervorzuheben. Bei<strong>de</strong>s in<br />
Summe macht das Projekt zu einem würdigen<br />
Gewinner <strong>de</strong>s diesjährigen ControllerPreises.“<br />
Der langjährige Regional<strong>de</strong>legierte Süd, Walter Meissner<br />
(rechts), wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlung herzlich<br />
verabschie<strong>de</strong>t. ICV-Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r Siegfried Gänßlen<br />
dankte für die geleistete ehrenamtliche Arbeit. In seiner<br />
Erwi<strong>de</strong>rung wünschte Meissner u. a. seinem Nachfolger<br />
Rainer Linse viel Erfolg.
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Auf <strong>de</strong>r diesjährigen ICV-Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />
ist Dr. Lukas Rie<strong>de</strong>r aus St. Gallen<br />
als Ehrenmitglied <strong>de</strong>s Internationalen<br />
Controller Vereins ausgezeichnet wor<strong>de</strong>n.<br />
Die Laudatio <strong>de</strong>s Schweizer ICV-Vorstandsmitglieds,<br />
Marcus H. Haegi-Largo, geben<br />
wir hier in Auszügen wie<strong>de</strong>r:<br />
„Nach Studium und Promotion zum Dr. oec.<br />
HSG bil<strong>de</strong>te sich Lukas Rie<strong>de</strong>r zum Diplom<br />
Controller weiter. Nach<strong>de</strong>m er zwei Jahre in <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaftsprüfung tätig war, arbeitete er als<br />
Teilzeit-Controller in verschie<strong>de</strong>nen Unternehmen,<br />
bevor er als Organisationsberater in <strong>de</strong>r IT<br />
tätig wur<strong>de</strong>. Sein weiterer Berufsweg führte ihn<br />
ins Management Zentrum St. Gallen, wo er als<br />
Berater und Dozent für die Schwerpunktbereiche<br />
Controlling, Management Accounting und<br />
MIS tätig war. 1988 schließlich grün<strong>de</strong>te er das<br />
Controller Zentrum St. Gallen, für das er bis<br />
heute tätig ist.<br />
Lukas Rie<strong>de</strong>r hat sich während seiner langen<br />
Laufbahn ganz <strong>de</strong>m Controlling gewidmet, insbeson<strong>de</strong>re<br />
<strong>de</strong>r Kostenrechnung. Ihm verdanken<br />
wir auch neue Kostenbegriffe wie „Schlüpfkosten“<br />
(bei ProKos) und „Bemühungskosten“ (bei<br />
StruKos). O<strong>de</strong>r seine plastisch dargestellten kulinarischen<br />
Vergleiche, wie die Thunfischsauce<br />
(tonatto), die Umlagen, die Transparenz (vitello)<br />
vernichtet. Aber auch seine Seminare sind<br />
Als neuer ICV-Rechnungsprüfer wur<strong>de</strong> Manfred Grotheer<br />
gewählt. Er folgt Norbert H. Fiedler.<br />
spannend und abwechslungsreich: Während<br />
meines Wer<strong>de</strong>gangs hatte ich die Gelegenheit<br />
bei Lukas Rie<strong>de</strong>r „Lego“ zu spielen. Nach je<strong>de</strong>r<br />
Run<strong>de</strong> hat er uns allerdings <strong>de</strong>n Spiegel vorgehalten<br />
und aufgezeigt, wie viel Mehrkosten wir<br />
verursacht und wie viele Ressourcen wir dabei<br />
„verbrannt“ haben. Da wird Legospielen zur<br />
harten Knochenarbeit!<br />
Lukas Rie<strong>de</strong>r ist auch Verfasser verschie<strong>de</strong>ner<br />
Fachbücher und Herausgeber <strong>de</strong>s Controller-<br />
Leitfa<strong>de</strong>ns und war lange Jahre Dozent an <strong>de</strong>r<br />
Universität St. Gallen und ist ein sehr gefragter<br />
Berater für die Umsetzung integrierter Planungs-<br />
und Steuerungssysteme in <strong>de</strong>r Wirtschaft. Nicht<br />
von ungefähr ist Lukas Rie<strong>de</strong>r auch in Verwaltungsräte<br />
(Aufsichtsrat) verschie<strong>de</strong>ner Schweizer<br />
Unternehmen berufen wor<strong>de</strong>n.<br />
Die Meilensteine, welche Lukas Rie<strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n<br />
ICV geleistet hat sind: sein Beitrag zur Gründung<br />
<strong>de</strong>r IGC, <strong>de</strong>ren stellv. Vorsitzen<strong>de</strong>r und<br />
Geschäftsführer er ist; sein Beitrag zur Erstellung<br />
<strong>de</strong>s Controller-Wörterbuches, als Redaktor<br />
und Hauptautor; seine Mitarbeit zur Erstellung<br />
<strong>de</strong>r DIN Spec 1086; Mitautor <strong>de</strong>s Buches Controller<br />
und IFRS; seine internationalen Aktivitäten<br />
mit Dr. Walter Schmidt; die stetige Verteidigung<br />
unseres Controller-Leitbil<strong>de</strong>s und last but<br />
not least: sein Mitwirken für die erfolgreiche<br />
Etablierung <strong>de</strong>s Controlling-Wiki.<br />
Dr. Lukas Rie<strong>de</strong>r, ICV-Ehrenmitglied<br />
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Im Namen <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s und als Vertreter <strong>de</strong>r<br />
Schweiz freue ich mich, dass mit Dr. Lukas Rie<strong>de</strong>r<br />
ein Schweizer Mitglied zum Ehrenmitglied<br />
ernannt wird und danke Lukas Rie<strong>de</strong>r für seinen<br />
Einsatz und seine geleistete Arbeit für <strong>de</strong>n<br />
ICV. – Lukas, herzliche Gratulation!“<br />
Die Ehrung während <strong>de</strong>r ICV-Mitglie<strong>de</strong>rversammlung,<br />
einschließlich <strong>de</strong>r Dankesre<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Geehrten, ist bei Controlling.TV auf <strong>de</strong>r<br />
ICV-Website als Vi<strong>de</strong>o-Podcast online.<br />
Geehrt wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r ICV-Mitglie<strong>de</strong>rversammlung 2011 für ihre 30-jährige Mitgliedschaft im Internationalen Controller Verein<br />
(Bild v.l.n.r.): Siegfried Gänßlen (D), Werner Trattner (A), Ragnar Nilsson (D), Hansruedi Koch (CH).<br />
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106<br />
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Prof. (FH) Dipl. Ing. Dr. Heimo Losbichler aus<br />
Steyr (A), Stellvertreten<strong>de</strong>r Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s ICV, hat <strong>de</strong>n Vorsitz <strong>de</strong>r International<br />
Group of Controlling (IGC) übernommen.<br />
Er folgt Dr. Wolfgang Berger-Vogel, <strong>de</strong>r<br />
dieses Amt seit mehr als zehn Jahren beklei<strong>de</strong>t<br />
hatte. Die IGC ist eine internationale<br />
Interessengemeinschaft auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r<br />
Aus- und Weiterbildung sowie <strong>de</strong>r Forschung<br />
und Entwicklung im Controlling führen<strong>de</strong>r<br />
Institutionen Mittel- und Osteuropas.<br />
Sie hat ihren Sitz in St. Gallen/Schweiz.<br />
Losbichler ist Professor für Controlling an <strong>de</strong>r<br />
FH-Oberösterreich Steyr (A) und Leiter <strong>de</strong>s Studiengangs<br />
„Controlling, Rechnungswesen und<br />
Finanzmanagement“, seine Forschungsschwerpunkte<br />
liegen im Bereich Controlling-<br />
Systeme, Finance Excellence und Performance<br />
Management.<br />
Auf <strong>de</strong>r IGC-Vollversammlung am 6./7. Mai an<br />
<strong>de</strong>r WHU in Vallendar ist Losbichler zum Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />
bestellt wor<strong>de</strong>n. Satzungsgemäß stellt<br />
<strong>de</strong>r ICV <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r 1995 gegrün<strong>de</strong>ten<br />
IGC. Ziel <strong>de</strong>r Gemeinschaft ist die Etablierung<br />
eines international gültigen Controllingstandards.<br />
In <strong>de</strong>n vergangenen Jahren wur<strong>de</strong>n<br />
hier einheitliche Controllingbegriffe <strong>de</strong>finiert<br />
und in die Sprachen <strong>de</strong>r Mitgliedslän<strong>de</strong>r über-<br />
Auf <strong>de</strong>r 4. Internationalen Controlling-Tagung<br />
am 3. Juni in <strong>de</strong>r russischen Ostsee-Enklave<br />
Kaliningrad referierten Spezialisten <strong>de</strong>s Internationalen<br />
Controller Vereins. Matthias von Daacke,<br />
Leiter <strong>de</strong>s ICV-AK Rhein-Neckar, Head of<br />
International Controlling BLANCO GmbH & Co.,<br />
stellte zunächst die ICV-Controlling-Philosophie<br />
vor und widmete sich in einem zweiten Vortrag<br />
<strong>de</strong>m praktischen Controlling in seinem Unternehmen.<br />
Robert Panufnik und Krzysztof Januszek<br />
vom ICV-AK Gdansk (PL) referierten zum<br />
Thema „Production process controlling – support<br />
or ballast for the company?“ Der ICV-Pres-<br />
Die Nachfolge von Dr. Wolfgang Berger-Vogel (rechts) als IGC-Vorsitzen<strong>de</strong>r hat Prof. Dr. Heimo Losbichler angetreten.<br />
setzt, ein Controller-Leitbild und Controlling-<br />
Prozessmo<strong>de</strong>ll entwickelt sowie eine Zertifizierung<br />
als Qualitätsstandard in <strong>de</strong>r Ausbildung<br />
etabliert.<br />
Dem dabei zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Controlling-<br />
mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschsprachigen Län<strong>de</strong>r nähert<br />
sich – auch als Lehre aus <strong>de</strong>r Finanzkrise – das<br />
Controllingverständnis weltweit, auch in <strong>de</strong>n<br />
angelsächsischen Län<strong>de</strong>rn, weiter an.<br />
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severantwortliche Hans-<br />
Peter San<strong>de</strong>r, Mitglied im<br />
FAK Kommunikations-<br />
Controlling, stellte Arbeitsergebnisse<br />
<strong>de</strong>s Fachkreises<br />
vor und informierte die<br />
60 Teilnehmer über die<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s ICV im<br />
vergangenen Jahr.<br />
Aktuell verhan<strong>de</strong>lt die IGC mit <strong>de</strong>n weltweit<br />
größten und international agieren<strong>de</strong>n Controllingorganisationen<br />
aus USA (IMA – Institute of<br />
Management Accountants) und England (CIMA<br />
– Chartered Institute of Management Accountants)<br />
bezüglich einheitlicher International Management<br />
Accounting Stan-dards (IMAS).<br />
ICV-Referenten und Organisatoren <strong>de</strong>r Kaliningra<strong>de</strong>r Controlling-Tagung 2011 (v.l.n.r.):<br />
Robert Panufnik, Krzysztof Januszek (bei<strong>de</strong> AK Gdansk/PL), Galina Usenkova (Präsi<strong>de</strong>ntin<br />
Controller-Club Kaliningrad), Matthias von Daacke (AK-Leiter Rhein-Neckar), Hans-<br />
Peter San<strong>de</strong>r (ICV-Presseverantwortlicher/AK Kommunikations-Controlling), Valentin<br />
Usenkov (Club <strong>de</strong>r Controller Kaliningrad, ICV-Mitglied).
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Wo wir auch hin sehen, in die Presse o<strong>de</strong>r<br />
ins Fernsehen, die Hiobsbotschaften überschlagen<br />
sich. Es wer<strong>de</strong>n in epischer Breite<br />
nach bekannt wer<strong>de</strong>n von Naturkatastrophen,<br />
strafbaren Handlungen, persönlichen<br />
Verfehlungen etc. For<strong>de</strong>rungen gestellt<br />
nach frühen und mehr Informationen zur<br />
Verhin<strong>de</strong>rung solcher Ereignisse. Eines ist<br />
sicher; fehlen<strong>de</strong> Frühwarnsysteme, für z. B.<br />
bevorstehen<strong>de</strong> Naturkatastrophen und<br />
nicht vorhan<strong>de</strong>ne Kontrollsysteme zur Vermögenssicherung<br />
en<strong>de</strong>n in einem Reinfall.<br />
Ob es die Europa-, die Bun<strong>de</strong>s- o<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>spolitik,<br />
die Behör<strong>de</strong>n, Vereine o<strong>de</strong>r Verbän<strong>de</strong>, die<br />
Kirchen o<strong>de</strong>r allgemein die Wirtschaftsunternehmen<br />
betrifft; überall stellen wir fest, dass<br />
erst dann, wenn das Kind in <strong>de</strong>n Brunnen gefallen<br />
ist, Maßnahmen gefor<strong>de</strong>rt und dann vielleicht<br />
auch ergriffen wer<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>rholungsfall<br />
ausschließen sollen. Das ist die<br />
For<strong>de</strong>rung nach Prävention. Und doch wird es<br />
immer wie<strong>de</strong>r Fälle geben, die anscheinend<br />
<strong>de</strong>m Phänomen folgen, dass „man“ aus Fehlern<br />
nicht lernt.<br />
Vermögensverluste in weiter vorne erwähnten<br />
Organisationen durch Unterschlagungen, Diebstahl,<br />
„Schwund“ etc. in x Mrd. EUR Höhe sind<br />
an <strong>de</strong>r Tagesordnung und sollen nachstehend<br />
am Beispiel interner Kontrollsysteme in Wirtschaftsunternehmen<br />
<strong>de</strong>utlich gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
Warum schützen Vorstän<strong>de</strong>, Aufsichtsräte,<br />
Kontrollgremien, Rechnungshöfe, Firmeninhaber<br />
etc. sich nicht vor solchen Risiken durch<br />
Einführung geeigneter Kontrollsysteme? Angst<br />
vor <strong>de</strong>r Wahrheit? Bei <strong>de</strong>r Einführung von internen<br />
Kontrollsystemen wer<strong>de</strong>n Schwächen in<br />
<strong>de</strong>n Prozessen und Defizite bei Mitarbeitern<br />
aufge<strong>de</strong>ckt. Veruntreuungen/Unterschlagungen<br />
treten erfahrungsgemäß immer wie<strong>de</strong>r auf.<br />
Warum ist das so? Weil, einmal an die Wand<br />
gefahren, mit neuen internen Kontrollsystemen<br />
Lücken geschlossen wer<strong>de</strong>n, die aber im Laufe<br />
<strong>de</strong>r Zeit, sei es durch Wachstum o<strong>de</strong>r Ab-/Umbau<br />
von Organisation erneut entstehen und<br />
„i<strong>de</strong>enreichen Mitarbeitern“ die Möglichkeit<br />
bieten, <strong>de</strong>m Unternehmen in die Tasche zu<br />
greifen. Hier wird Prävention als dynamischer<br />
Prozess gefor<strong>de</strong>rt, das heißt, dass einmal installierte<br />
interne Kontrollen permanent überwacht<br />
wer<strong>de</strong>n müssen vor allem dann, wenn im<br />
Rahmen von Projekten Prozesse sich än<strong>de</strong>rn. In<br />
<strong>de</strong>n meisten Fällen wer<strong>de</strong>n im Rahmen von<br />
Hans-Konrad Huyskens (rechts) im Gespräch mit <strong>de</strong>m ICV-<br />
Geschäftsführer Conrad Günther.<br />
Projekten, die Prozessverän<strong>de</strong>rungen vorsehen,<br />
bedauerlicher Weise keine Fragen nach<br />
<strong>de</strong>n Konsequenzen für die internen Kontrollsysteme<br />
gestellt. Das könnte ja u. U. einen geplanten<br />
Personalabbau verhin<strong>de</strong>rn!<br />
Wer<strong>de</strong>n also interne Kontrollsysteme nicht gepflegt,<br />
dann kann nur <strong>de</strong>r „Kommissar Zufall“<br />
entstan<strong>de</strong>ne Vermögensverluste auf<strong>de</strong>cken.<br />
Die Verantwortlichen starren dann fragend sich<br />
an: Wie konnte <strong>de</strong>nn das nur geschehen und<br />
wer hat da versagt und ist verantwortlich? Ja,<br />
weil man in <strong>de</strong>n Projekten die internen Kontrollsysteme<br />
vergessen hat und nur <strong>de</strong>n kurzfristigen<br />
Profit im Auge hatte.<br />
Beson<strong>de</strong>rs in Privatunternehmen hat das persönliche<br />
Vertrauen einen sehr hohen Stellenwert.<br />
Umso größer ist die Enttäuschung, und<br />
darüber war in <strong>de</strong>r letzten Zeit einige Male zu<br />
lesen, wenn solche „Vertrauenspersonen“ in finanzielle<br />
Notstän<strong>de</strong> geraten und ihre Vollmachtstellungen<br />
nutzen, um Finanzmittel <strong>de</strong>m<br />
Unternehmen zu entnehmen. Wer Vollmachten<br />
vergibt muss wissen, welches Risiko damit verbun<strong>de</strong>n<br />
ist. Äußere Umstän<strong>de</strong> wie z. B. Erpressung,<br />
Verschuldung, Sucht etc. können kriminelle<br />
Energien auslösen, die immer erst dann<br />
erkannt wer<strong>de</strong>n, wenn das Kind in <strong>de</strong>n Brunnen<br />
gefallen ist.<br />
Gibt es also automatische Frühwarnsysteme,<br />
um Vermögensverluste zu vermei<strong>de</strong>n? Ja,<br />
wenn interne Kontrollsysteme regelmäßig auf<br />
ihre Wirksamkeit überwacht wer<strong>de</strong>n. Prävention<br />
schützt, darf aber nicht ausarten in eine<br />
Personenüberwachung, son<strong>de</strong>rn muss sachbezogen<br />
bleiben.<br />
Hans-Konrad Huyskens, seit 32 Jahren ICV-<br />
Mitglied; war im Philips-Konzern Controller,<br />
Arbeitsdirektor und Geschäftsführer; die letzten<br />
20 Jahre war er freiberuflicher beraten<strong>de</strong>r<br />
Betriebswirt.<br />
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Eine neue Rubrik „Jetzt mal unter uns…“<br />
stellt prominente Vereinsmitglie<strong>de</strong>r ganz<br />
persönlich vor. Leser können sich ein Bild<br />
machen, in<strong>de</strong>m sie Näheres erfahren über<br />
Wünsche, Freizeitinteressen und sogar die<br />
Schulzeit <strong>de</strong>r Befragten. Den Fragebogen<br />
haben als Erste Rainer Linse, Regional<strong>de</strong>legierter<br />
Süd, Aiste Lörgen, Regional<strong>de</strong>legierte<br />
Baltikum, und Siegfried Gänßlen, ICV-<br />
Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r, mit interessanten<br />
Antworten ausgefüllt. (Mehr unter: „Verein“-<br />
„Mitglie<strong>de</strong>r im Porträt“)<br />
Controlling.TV hat einige neue Vi<strong>de</strong>o-Podcasts<br />
veröffentlicht. Dazu gehören ein Filmbericht<br />
von <strong>de</strong>r Ehrung Dr. Lukas Rie<strong>de</strong>rs als<br />
ICV-Ehrenmitglied, ein Vi<strong>de</strong>o zum Themenabend<br />
„Demografie für Controller“ beim AK<br />
Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg im März sowie ein Interview<br />
mit FIFA-Referee Thorsten Kinhöfer,<br />
Leiter Controlling <strong>de</strong>r Stadtwerke Herne<br />
(Mehr unter: „Controlling.TV“).<br />
Mitte Mai war das ControllingWiki Ziel verstärkter<br />
Spam-Angriffe. Inzwischen sind die<br />
sinnfreien Beiträge entfernt und willkürlich<br />
gelöschte Passagen wie<strong>de</strong>rhergestellt wor<strong>de</strong>n.<br />
Darüber hinaus wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Passwort-<br />
Schutz angehoben, um künftigen Reparaturaufwand<br />
gering zu halten und um die<br />
Arbeit <strong>de</strong>r Autoren zu schützen.<br />
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In <strong>de</strong>n letzten Monaten hat sich <strong>de</strong>r Fachkreis<br />
„Mo<strong>de</strong>rne Budgetierung“ mit <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
<strong>de</strong>r Prinzipien <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung<br />
beschäftigt. Als Ergebnis unserer<br />
Arbeit wur<strong>de</strong> ein neues White Paper erstellt,<br />
das anhand von 12 Praxisbeispielen die<br />
Umsetzung dieser Prinzipien im Unternehmen<br />
sehr gut veranschaulicht.<br />
Um sowohl die wissenschaftliche Qualität als<br />
auch eine exzellente Umsetzung <strong>de</strong>r Prinzipien<br />
<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung zu ge-währleisten,<br />
haben an unserem White Paper sowohl Berater,<br />
Unternehmensvertreter als auch Wissenschaftler<br />
mitgearbeitet. Bei <strong>de</strong>n Praxisbeispielen han<strong>de</strong>lt<br />
es sich um reale Case-Studies von Unternehmen<br />
aus diversen Branchen (Maschinen- und<br />
Anla-genbau, Medienverlag, Mineralölkonzern,<br />
Sanitärspezialist, Sensorenhersteller, Warenhauskette,<br />
etc.).<br />
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Zur Veranschaulichung wird im Folgen<strong>de</strong>n das<br />
Praxisbeispiel zum Prinzip „Detaillierung verringern“<br />
herausgegriffen. Praxisbeispiel anhand<br />
eines Mineralölkonzerns für das Prinzip „Detaillierung<br />
verringern“: Bei <strong>de</strong>m betrachteten Unternehmen<br />
han<strong>de</strong>lt es sich um eine Sparte eines<br />
internationalen Mineralölkonzerns. Hier wur<strong>de</strong>n<br />
sowohl das Budgetjahr als auch die Folgejahre<br />
im Planungstool <strong>de</strong>r Sparte sehr <strong>de</strong>tailliert geplant;<br />
wobei das Budgetjahr dann im ERP-Tool<br />
(SAP R/3) noch einmal <strong>de</strong>tailliert wur<strong>de</strong>. Der<br />
hohe Detaillierungsgrad zog sich durch alle Pla-<br />
nungen; am augenfälligsten jedoch in <strong>de</strong>r Kostenartenplanung.<br />
Die hohe Detaillierung war mit einem hohen<br />
Aufwand für die Erfassung verbun<strong>de</strong>n; je<strong>de</strong>r<br />
Planungsverantwortliche musste 38 Kostenarten<br />
planen. Dieser Aufwand wäre zu rechtfertigen,<br />
wenn ihm ein entsprechen<strong>de</strong>r Steuerungsnutzen<br />
gegenüber steht. Ein solcher<br />
Nutzen wur<strong>de</strong> jedoch nur für das Budgetjahr<br />
gesehen; <strong>de</strong>r Nutzen <strong>de</strong>r hohen Detaillierung<br />
<strong>de</strong>r Folgejahre wur<strong>de</strong> durchweg als ungenügend<br />
betrachtet.<br />
Um zu prüfen, inwiefern die Detaillierung <strong>de</strong>r<br />
Kostenartenplanung ohne Verringerung <strong>de</strong>s<br />
Steuerungsnutzens reduziert wer<strong>de</strong>n kann,<br />
wur<strong>de</strong> eine ABC-Analyse durchgeführt (vgl. Abbildung).<br />
Diese zeigte, dass über 80 % <strong>de</strong>r Kosten<br />
von 8 Kostenarten ausgemacht wur<strong>de</strong>n und<br />
13 Kostenarten 90 % <strong>de</strong>r Plan-Kosten repräsentierten.<br />
Diese Ergebnisse konnten dazu genutzt wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>n Detaillierungsgrad <strong>de</strong>r Kostenartenplanung<br />
<strong>de</strong>utlich zu verringern. In <strong>de</strong>r Mittelfristplanung<br />
wer<strong>de</strong>n jetzt nur noch 13 Kostenarten separat<br />
geplant; die restlichen Kostenarten wur<strong>de</strong>n in<br />
einer Plan-Kostenart „Sonstige“ zusammengefasst.<br />
Damit muss <strong>de</strong>r einzelne Planer statt 38 nur<br />
noch 14 Kostenarten für die Folgejahre <strong>de</strong>s<br />
Budgetjahrs planen. Sofern <strong>de</strong>r Wunsch besteht<br />
die sonstigen Kosten aus Informationsgrün<strong>de</strong>n<br />
in grobe Blöcke aufzuteilen,<br />
können diese auf<br />
Basis von Vergangenheitswerten<br />
(in Prozent)<br />
geplant wer<strong>de</strong>n.<br />
Wie man anhand <strong>de</strong>s<br />
obigen Beispiels gut erkennen<br />
kann, veranschaulichen<br />
die 12 Praxisbeispiele<br />
sehr gut<br />
wie die Prinzipien <strong>de</strong>r<br />
Mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung<br />
im Unternehmen<br />
umgesetzt wer<strong>de</strong>n können. Wichtig dabei ist,<br />
sie auf die spezifischen Anfor<strong>de</strong>rungen und<br />
Rahmenbedingungen <strong>de</strong>s Unternehmens anzupassen.<br />
Eine Online-Version <strong>de</strong>s White Papers<br />
„Praxisbeispiele <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung“<br />
kann auf <strong>de</strong>r ICV-Homepage im Bereich „Controlling-Wissen“<br />
unter „Fachthemen“ heruntergela<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Univ.-Prof. Dr. Ronald Gleich<br />
In <strong>de</strong>r nächsten Zeit wird vom Fachkreis „Mo<strong>de</strong>rne<br />
Budgetierung“ ein Controller Statement<br />
verfasst, das alle Inhalte zusammenfasst. Des<br />
Weiteren wird es noch vier Arbeitspapiere geben.<br />
Es wird ein Papier zu allen Prinzipien <strong>de</strong>r<br />
Mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung quasi als Grundlagenpapier<br />
verfasst. Außer<strong>de</strong>m wird zu <strong>de</strong>n drei Gestaltungsempfehlungen<br />
<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung<br />
je eine Veröffentlichung erscheinen.<br />
Des Weiteren ist ein White Paper <strong>de</strong>r Arbeitsgruppe<br />
IT zum Thema „Bewertung von Planungstools“<br />
in Arbeit, welches ebenfalls in Kürze<br />
erscheinen wird.<br />
Univ.-Prof. Dr. Ronald Gleich, Leiter ICV-<br />
Fachkreis „Mo<strong>de</strong>rne Budgetierung“, Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Institutsleitung Strascheg Institute for<br />
Innovation and Entrepreneurship (SIIE), European<br />
Business School (EBS), International<br />
University Schloß Reichartshausen; Udo Kraus,<br />
Leiter Corporate Controlling & Accouting, Hansgrohe<br />
AG; Dr. Uwe Michel, Senior Partner und<br />
Leiter <strong>de</strong>s Competence Centers Controlling und<br />
Finanzen bei Horváth & Partners.
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Business Intelligence war das Schwerpunktthema<br />
<strong>de</strong>s 49. Treffens <strong>de</strong>s AK West II<br />
im April in Wuppertal. Bei herrlichem Sonnenschein<br />
bot das Treffen neben fachlichem<br />
Austausch Gelegenheit, alte Kontakte aufzufrischen<br />
und neue zu knüpfen. Rund 25<br />
Teilnehmer waren <strong>de</strong>r Einladung von Geschäftsführer<br />
Thomas Ruhs zur K.A.<br />
Schmersal GmbH in Wuppertal gefolgt.<br />
Heinz Schmersal, <strong>de</strong>r Firmengrün<strong>de</strong>r, nahm<br />
sich trotz anstehen<strong>de</strong>r Verpflichtungen in Asien<br />
ebenfalls die Zeit, einige persönliche Worte an<br />
die AK-Teilnehmer zu richten. Die Schmersal<br />
Gruppe ist ein international tätiges Mittelstandsunternehmen<br />
für Sicherheits-, Automatisierungs-<br />
und Aufzugtechnik. Schmersal gehört in<br />
diesem Gebiet zu <strong>de</strong>n Weltmarktführern, ist<br />
einer <strong>de</strong>r „heimlichen Weltmeister“.<br />
Was ist eigentlich „Business Intelligence“?<br />
Dr. Karsten Oehler (IBM Deutschland) gab einen<br />
Überblick und aktuelle Trends zur systematischen<br />
Analyse von Unternehmensdaten: Data<br />
Warehouse versus Open Source Angebote, Systemantwortzeiten,<br />
Cloud Computing, Ansätze<br />
für ERP-, Data Warehouse-, BI-, Analyse-Strate-<br />
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Im ICV wird die Gründung eines neuen<br />
regionalen Arbeitskreises „Westfalen“<br />
vorbereitet. Er richtet sich vorwiegend an<br />
ICV-Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gebiete um Münster,<br />
Bielefeld und Osnabrück, die noch nicht in<br />
einem ICV-Arbeitskreis organisiert sind.<br />
Die Leitung <strong>de</strong>s neuen AK Westfalen wird Christiane<br />
Strathaus, kfm. Leiterin <strong>de</strong>r Fa. PARADOR<br />
in Coesfeld, übernehmen. Ein erstes Kennenlern-<br />
und Auftakttreffen fin<strong>de</strong>t – nach <strong>de</strong>n Planungen<br />
<strong>de</strong>s AK-Initiators, <strong>de</strong>m ICV-Regional<strong>de</strong>legierten<br />
West, Martin Herrmann, und von<br />
Der AK West II bei seinem April-Treffen bei <strong>de</strong>r Firma Schmersal in Wuppertal.<br />
gien und Erfolgsfaktoren bei <strong>de</strong>r Einführung und<br />
Nutzung eines BI-Systems. Danach ging es praxisnah<br />
weiter: Thomas Gössling, kfm. Leiter bei<br />
ARI-Armaturen, und Henrik Schrö<strong>de</strong>r, Controller<br />
bei ARI, referierten über Business Warehouse in<br />
<strong>de</strong>r Produktion. Bei<strong>de</strong> ARI-Referenten stellten<br />
<strong>de</strong>n Weg von <strong>de</strong>r Informationseingabe und -beschaffung<br />
mittels MES- und ERP-System bis hin<br />
zum <strong>de</strong>rzeitigen Fertigungs-Controlling und Berichtswesen<br />
dar. Bei <strong>de</strong>m im Einsatz befindlichen<br />
BI-Tool han<strong>de</strong>lt es sich um eine die Excel-<br />
Anwendungen unterstützen<strong>de</strong> Freeware.<br />
Markus Jüngst, Leiter Controlling bei Schmersal,<br />
stellte das Business Warehouse Projekt für<br />
Vertrieb und Verwaltung vor und präsentierte<br />
die Möglichkeiten am Livesystem. Zahlreiche<br />
Analyse-Möglichkeiten zu Daten aus unterschiedlichen<br />
Län<strong>de</strong>rgesellschaften, flexible und<br />
individuelle Berichtsgestaltung, Berechtigungskonzept,<br />
Praxistests für Systemantwortzeiten<br />
Christiane Strathaus<br />
Christiane Strathaus – voraussichtlich am 6./7.<br />
Oktober 2011 statt.<br />
Interessenten an einer Mitarbeit im AK Westfalen<br />
wen<strong>de</strong>n sich direkt an Christiane Strathaus:<br />
Christiane.Strathaus@Parador.<strong>de</strong><br />
Tel.: 02541/736-282.<br />
bei komplexen Auswertungen und vieles mehr<br />
wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Teilnehmern mit Spannung verfolgt.<br />
Ein Ausflug in das Thema „Report-Gestaltung“<br />
run<strong>de</strong>te <strong>de</strong>n Vortrag ab.<br />
Ralf Lehnert, Leiter <strong>de</strong>s AK West II, dankte allen<br />
Beteiligten: „BI war ein Thema, das für mich im<br />
dichten Nebel lag. Durch die Vorträge hat sich<br />
<strong>de</strong>r Nebel nun verzogen. Von solchen Möglichkeiten<br />
hätten wir damals nur träumen können!“<br />
Da er die Leitung <strong>de</strong>s Arbeitskreises „in jüngere<br />
Hän<strong>de</strong> legen möchte“, wur<strong>de</strong>n zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Veranstaltung Thomas Ruhs als neuer Leiter<br />
und Bernd Voss als sein Stellvertreter einstimmig<br />
nominiert. Mit Spannung erwarten die Mitglie<strong>de</strong>r<br />
das 50. AK Treffen, das gleichzeitig<br />
30-jähriges Jubiläum ist, im Oktober unter<br />
neuer Leitung.<br />
Info: Beate Langkath<br />
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Am 1./2. September fin<strong>de</strong>t bei <strong>de</strong>n Uestra Hannoverschen<br />
Verkehrsbetrieben AG in Hannover<br />
das Gründungstreffen <strong>de</strong>s ICV-Branchen-Arbeitskreises<br />
„Transport & Logistik“ für Controller<br />
aus <strong>de</strong>r Transport- und Logistikdienstleistungswirtschaft<br />
sowie <strong>de</strong>m ÖPNV statt. Im Branchen-<br />
AK sollen Erfahrungen ausgetauscht, regelmäßig<br />
fachlicher Input aus <strong>de</strong>r Theorie für die Controlling-Praxis<br />
nutzbar gemacht, aktuelle Themen<br />
diskutiert und Lösungsansätze erarbeitet, Netzwerke<br />
aufgebaut und gepflegt wer<strong>de</strong>n.<br />
Interessenten setzen sich mit Dr. Christian<br />
Schnei<strong>de</strong>r, Regionalbus Braunschweig GmbH, in<br />
Verbindung: Christian.Schnei<strong>de</strong>r@rbb-bus.<strong>de</strong>.<br />
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Je<strong>de</strong>r Mitarbeiter einer Organisation ist ein Verkäufer,<br />
<strong>de</strong>r seine I<strong>de</strong>en, Vorschläge und Konzepte<br />
an an<strong>de</strong>re Personen innerhalb o<strong>de</strong>r außerhalb<br />
<strong>de</strong>r eigenen Organisation verkauft.<br />
Sogar ein Vorstand o<strong>de</strong>r Geschäftsführer, ja sogar<br />
<strong>de</strong>r Eigentümer eines Unternehmens,<br />
braucht die Zustimmung und aktive Mitwirkung<br />
seiner Führungskräfte und Mitarbeiter, um seine<br />
Strategien erfolgreich umsetzen zu können.<br />
Unabhängig davon, um welche Strategien und<br />
Verbesserungen es sich han<strong>de</strong>lt, müssen drei<br />
wesentliche Fragen beantwortet wer<strong>de</strong>n:<br />
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gehen?<br />
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Oft glauben wir, dass die perfekte Ausarbeitung<br />
einer I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand automatisch verringern<br />
wird. Aber genau diese Annahme führt<br />
dazu, dass wir die Augen gegenüber möglichen<br />
Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>n verschließen und dadurch nicht<br />
vorbereitet sind, wenn diese plötzlich auftreten.<br />
Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> sind Zeichen dafür, dass alte und<br />
neue Paradigmen aufeinan<strong>de</strong>rtreffen: Der ungeschriebene<br />
Orientierungsrahmen für Planungen,<br />
Entscheidungen und die Umsetzung <strong>de</strong>r<br />
Pläne wird berührt. Wer solche Grundsätzlichkeiten<br />
verän<strong>de</strong>rn will, muss zwangsläufig mit<br />
Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>n rechnen.<br />
Die Erfahrung zeigt: Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> (gegen etwas<br />
Neues und <strong>de</strong>ssen Umsetzung) zu ignorieren, zu<br />
unterdrücken o<strong>de</strong>r zu bekämpfen, führt nicht<br />
nur dazu, dass die Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> wachsen. Es<br />
bleiben auf diese Weise auch in erheblichem<br />
Umfang I<strong>de</strong>en und Anregungen zur weiteren<br />
Verbesserung (<strong>de</strong>s Neuen und <strong>de</strong>ssen Umsetzung)<br />
auf <strong>de</strong>r Strecke.<br />
Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> sind sinnvolle und notwendige<br />
Beiträge zu Prozessen <strong>de</strong>r Entwicklung, <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />
und Verbesserung – und müssen<br />
<strong>de</strong>shalb ernst genommen wer<strong>de</strong>n. Sie sind <strong>de</strong>r<br />
Schlüssel, eine Strategie, um neue Paradigmen<br />
zu entwickeln und zu implementieren. Ohne<br />
diese Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> ist ein Verän<strong>de</strong>rungsprozess<br />
nicht möglich.<br />
Es ist daher nicht sinnvoll, die Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> zu<br />
ignorieren, sie zu unterdrücken o<strong>de</strong>r zu bekämpfen,<br />
son<strong>de</strong>rn – ganz im Gegenteil – ist es<br />
notwendig, von ihnen zu erfahren und sie systematisch<br />
aufzuarbeiten, um die in ihnen schlummern<strong>de</strong>n<br />
Potentiale zu erkennen und zu nutzen.<br />
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Schicht 1: Ist das mein Problem?<br />
Je<strong>de</strong>s Mitglied einer Organisation hat seine eigene<br />
Perspektive auf Schwierigkeiten und Zusammenhänge.<br />
Es hat seine Meinung, was<br />
„schief läuft“ und was dagegen getan wer<strong>de</strong>n<br />
sollte. Dabei hat je<strong>de</strong>r meist und in erster Linie<br />
seinen eigenen Bereich im Blick. Die Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
besteht darin, eine Übereinstimmung<br />
hinsichtlich <strong>de</strong>s Problems zu erzielen: ein gemeinsames<br />
Bild <strong>de</strong>r Schwierigkeiten und <strong>de</strong>ren<br />
Ursachen.<br />
Schicht 2: Und das soll unser Problem<br />
lösen?<br />
Nach <strong>de</strong>r Bestandsaufnahme und Ursachenforschung<br />
wird im nächsten Schritt die Richtung<br />
<strong>de</strong>r Lösung erarbeitet, ein Schritt, bei <strong>de</strong>m das<br />
„Für und Wi<strong>de</strong>r“ <strong>de</strong>r vorgeschlagenen Rich-<br />
tung(en) kontrovers erörtert wird. Erfahrungsgemäß<br />
wer<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Diskussion möglicher Lösungswege<br />
erstmals die Paradigmen <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensführung berührt; Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> bei<br />
unorthodox klingen<strong>de</strong>n Vorschlägen sind sehr<br />
wahrscheinlich. Denn: es gibt gute Grün<strong>de</strong> für<br />
die bisher praktizierte Vorgehensweise, also dafür,<br />
dass die Kernursache nicht schon längst<br />
beseitigt wur<strong>de</strong>; eine positive Absicht ist damit<br />
verbun<strong>de</strong>n. Eine wirkliche Problemlösung muss<br />
daher diesen Konflikt aufgreifen, thematisieren<br />
und auflösen.<br />
Schicht 3: Das bringt doch nichts …<br />
Mittels <strong>de</strong>r Sufficient-Cause-Logik wird ein ein<strong>de</strong>utiger<br />
Zusammenhang dargestellt, <strong>de</strong>r aussagt,<br />
dass aus <strong>de</strong>n genannten Ursachen (an<br />
erster Stelle <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ntifizierte Kernkonflikt) ein<strong>de</strong>utig<br />
die genannten Wirkungen folgen. Ausgehend<br />
davon, dass dies eine tatsächliche Abbildung<br />
<strong>de</strong>r Realität ist, muss – wenn an Stelle <strong>de</strong>s<br />
Kernkonfliktes eine an<strong>de</strong>re, neue Ursache in<br />
das System injiziert wird („Injektion“) – diese<br />
dazu führen, dass die aus <strong>de</strong>r ursprünglichen<br />
Ursache folgen<strong>de</strong>n Wirkungen sich ebenfalls<br />
verän<strong>de</strong>rn. Jetzt hat sich <strong>de</strong>r scheinbare Wi<strong>de</strong>rstand<br />
in Zustimmung verwan<strong>de</strong>lt. Es besteht Einigkeit<br />
darin, dass die gefun<strong>de</strong>ne Lösung die<br />
Schwierigkeiten tatsächlich beseitigen und in<br />
positive Ergebnisse umwan<strong>de</strong>ln wird.<br />
Schicht 4: Ja, aber…<br />
Fast je<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rung hat neben ihren positiven<br />
Wirkungen auch unerwünschte Nebenwirkungen.<br />
Wird im Verän<strong>de</strong>rungsprozess <strong>de</strong>r Lösung<br />
auch im Großen und Ganzen zugestimmt,<br />
so können und müssen diese ungünstigen Nebenwirkungen<br />
danach zur Diskussion stehen.<br />
Es sind wie<strong>de</strong>rum „Ja, aber ...“-Argumente, die<br />
<strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand kennzeichnen, und diese müssen<br />
sorgfältig diskutiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Schicht 5: Das schaffen wir nie!<br />
In <strong>de</strong>r fünften Schicht <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> wird die<br />
Realisierung <strong>de</strong>r Lösung diskutiert. Es geht<br />
nicht mehr um das „Was“, es geht nur noch um<br />
das „Wie“, <strong>de</strong>n Modus und die Planung <strong>de</strong>r Umsetzung.<br />
Stolpersteine – zu Recht vermutet o<strong>de</strong>r<br />
„nur“ befürchtet – wer<strong>de</strong>n nun aufgegriffen.<br />
Einwän<strong>de</strong> sind nicht zu bekämpfen, son<strong>de</strong>rn im<br />
Konsens aufzulösen. Teilnehmer, die die I<strong>de</strong>en<br />
und Lösungen anfechten, liefern einen wichtigen<br />
Beitrag zum Prozess. Sorgfältige Diskussion<br />
hilft, die Ergebnisse zu verbessern – und<br />
diese Personen zu Mitstreitern zu machen.<br />
Schicht 6: Trotz allem passiert nichts …<br />
Die sechste Schicht <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstands ist die<br />
fehlen<strong>de</strong> Mitwirkung trotz ausdrücklicher Zustimmung.<br />
Vorausgesetzt, in <strong>de</strong>n vorangegangenen<br />
Schichten ist sorgfältig und systematisch<br />
gearbeitet wor<strong>de</strong>n: Jetzt hilft nur klare Führung<br />
mit <strong>de</strong>m Ziel, die vereinbarte und von allen gewollte<br />
Lösung zu realisieren.<br />
Dies ist ein Exzerpt. Lesen Sie <strong>de</strong>n vollständigen<br />
Artikel auf www.controlling-wiki.com<br />
Ersteinsteller: Uwe Techt, VISTEM GmbH & Co<br />
KG, uwe.techt@vistem.eu
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Der Arbeitskreis Rhein-Main wur<strong>de</strong> am 6.<br />
November 2009 bei BLANCO Küchentechnik,<br />
Arbeitgeber <strong>de</strong>s Arbeitskreisleiters<br />
Matthias von Daacke, gegrün<strong>de</strong>t.<br />
Seither kommen die Arbeitskreismitglie<strong>de</strong>r regelmäßig<br />
zweimal im Jahr zusammen, vor Ort<br />
bei Unternehmen. Neben <strong>de</strong>m Einblick in die<br />
Abläufe und Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s besuchten Unternehmens<br />
stehen <strong>de</strong>r Erfahrungsaustausch,<br />
das Erarbeiten von Lösungsansätzen und die<br />
Beschäftigung mit Entwicklungen im Controlling<br />
im Fokus. Dazu wer<strong>de</strong>n Beiträge aus <strong>de</strong>n eigenen<br />
Reihen und von externen Referenten gehört.<br />
Matthias von Daacke ist seit Anbeginn Arbeitskreisleiter.<br />
Seit 18 Jahren ist er im ICV. Er<br />
war bis Sommer 2002 Leiter <strong>de</strong>s Arbeitskreises<br />
Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg und Mitglied im ICV-Veranstaltungsausschuss.<br />
Dr. Alexandra Schichtel:<br />
Stellvertreten<strong>de</strong> AK-Leiterin<br />
Dr. Alexandra Schichtel<br />
Seine Stellvertreterin ist Dr. Alexandra Schichtel,<br />
Inhaberin <strong>de</strong>s Beratungsunternehmens Change<br />
Compass. Als solche hat sie es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, Führungskräfte bei Verän<strong>de</strong>rungen<br />
in ihren Steuerungsaufgaben zu unterstützen.<br />
Change Management ist ihre Lei<strong>de</strong>nschaft.<br />
Dazu ist sie auch Dozentin, z. B. an <strong>de</strong>r Fachhochschule<br />
Remagen. Sie war bereits als Geschäftsfeldleiterin<br />
Change Management/Organisationsentwicklung<br />
bei <strong>de</strong>r internationalen<br />
Unternehmensberatung IFOK GmbH und als<br />
Kaufmännische Leiterin bzw. als Leiterin Unter-<br />
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1. Nachwuchsprobleme …?<br />
… kennen wir nicht, <strong>de</strong>nn die Rhein-Neckar Region ist<br />
gespickt mit vielen interessanten Unternehmen. Die Begrenzung<br />
unserer Workshop-Treffen auf maximal 20-<br />
25 Teilnehmer (je nach Veranstaltungsort) wirkt dabei<br />
lei<strong>de</strong>r reglementierend. Das be<strong>de</strong>utet aber gleichzeitig<br />
auch einen Anspruch an die Mitglie<strong>de</strong>r im AK, diese<br />
Chance durch aktive Teilnahme zu rechtfertigen.<br />
2. Die größte Stärke meines AK ist …<br />
die Mischung und Stetigkeit <strong>de</strong>r Teilnehmer seit <strong>de</strong>r Gründung. Die Bereitschaft zur Mitarbeit<br />
und Ausrichtung <strong>de</strong>r Treffen als Gastgeber verstärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und eröffnet<br />
immer wie<strong>de</strong>r neue Horizonte durch die Vielschichtigkeit <strong>de</strong>r Branchen und Unternehmen.<br />
Auch bei Vorbereitungstreffen und Stammtischen ist die Sympathie immer spürbar.<br />
3. Was uns <strong>de</strong>rzeit am meisten beschäftigt , ist …<br />
wie wir es schaffen, weiterhin aus je<strong>de</strong>r AK-Sitzung etwas für unsere eigene Praxis mitzunehmen.<br />
4. Wichtigstes Fachthema im Bereich Controlling ist <strong>de</strong>rzeit für uns …<br />
nach <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnen Budgetierung nun das große Thema „Compliance“ mit seinen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an die Controller und neue Aspekte für das Controlling.<br />
5. Arbeitskreisleiter zu sein, fin<strong>de</strong> ich …<br />
eine tolle Chance, weil ich die Möglichkeit habe, die Netzwerk-I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s ICV direkt umzusetzen<br />
und dabei neben fachlichem Austausch viele interessante Menschen kennen zu lernen. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
die hohe Motivation <strong>de</strong>r AK-Mitglie<strong>de</strong>r und die tolle Unterstützung aus <strong>de</strong>m Leitungsteam<br />
geben mir viel zurück. AKRN – eine starke Truppe!<br />
nehmensentwicklung bei <strong>de</strong>n GWV Fachverlagen<br />
(Gabler Verlag, Vieweg u. a.) im Einsatz.<br />
Die Inhaberin eines Magisterabschlusses in<br />
Deutscher Philologie, Jura und Politikwissenschaft<br />
hat mit <strong>de</strong>m Thema „Soziale Konformität“<br />
promoviert. Seit 2004 hat sie darüber<br />
hinaus das Diplom <strong>de</strong>r Controller Aka<strong>de</strong>mie,<br />
Gauting, in <strong>de</strong>r Tasche. Zahlreiche Fortbildungen,<br />
darunter die Ausbildung „Systemische Unternehmensentwicklung“<br />
bei <strong>de</strong>r Beratergruppe<br />
Neuwal<strong>de</strong>gg, schlossen sich an. Seit September<br />
2010 ist ihr vom Harvard Business Manager<br />
empfohlenes Buch „Change Management für<br />
Dummies“ auf <strong>de</strong>m Markt.<br />
Ihren interdisziplinären Sachverstand bringt<br />
Dr. Alexandra Schichtel, die sowohl Sozialwissenschaftlerin<br />
als auch Controllerin ist, in <strong>de</strong>n<br />
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ICV Arbeitskreis Rhein-Neckar ein. Sie will<br />
Verän<strong>de</strong>rungskompetenzen und -bereitschaft<br />
aufbauen, <strong>de</strong>n Controller als Business Partner<br />
etablieren, die Brücke zwischen wirtschaftlicher<br />
und sozialer Entwicklung in einer Organisation<br />
bil<strong>de</strong>n und Change Controlling weiterent wickeln.<br />
An ihrer Aufgabe fasziniert sie die Einzigartigkeit<br />
<strong>de</strong>r Aufgabenstellungen: „Organisationen sind<br />
so individuell wie Menschen. Respekt und<br />
Transparenz sind <strong>de</strong>r Erfolg – gera<strong>de</strong> in schwierigen<br />
Zeiten.“ Eine <strong>de</strong>r schönsten Erfahrungen<br />
bei ihrer Arbeit ist „die Energie, die sich entfaltet,<br />
wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen“.<br />
Sie weiß, dass <strong>de</strong>r konstruktive Umgang<br />
mit Wi<strong>de</strong>rstand und Konfrontationen wichtig ist,<br />
um Innovationen zu för<strong>de</strong>rn.<br />
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� Arbeitskreis Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg<br />
Sommerstammtisch<br />
17.06.2011, 18.00 Uhr<br />
Milchhäuschen am Weißen See<br />
Terrassencafe & Restaurant<br />
Parkstraße 33 a in 13086 Berlin<br />
Telefon 030 927 11 44<br />
www.milchhaeuschen-berlin.<strong>de</strong><br />
3. Knoff-Hoff-Abend<br />
29.06.2011, 18.00 Uhr<br />
Bahntower am Potsdamer Platz<br />
Thema: Powerpoint<br />
von und mit Christina Keindorf und<br />
Katrin Kirsch-Brunkow<br />
49. AK-Sitzung<br />
15.09.2011, 16.00 Uhr, bis 16.09.2011,<br />
17.00 Uhr<br />
Arbeitskreisleiterin Bärbel Kuhn<br />
Baerbel.Kuhn@alba.info<br />
� Arbeitskreis Thüringen<br />
Sommerstammtisch<br />
24.06.2011, 16.00 Uhr in Erfurt<br />
Ab 16.00 Uhr Anreise<br />
17.30 – 19.00 Uhr Individuelle Stadtbe-<br />
sichtigung<br />
19.00 Uhr Eingangsportal <strong>de</strong>s Thüringer<br />
Landgerichts am Domplatz. Fackelführung<br />
durch die Kasematten und Minengänge <strong>de</strong>r<br />
Cita<strong>de</strong>lle Petersberg.<br />
Die Führung fin<strong>de</strong>t ihren Abschluss in einem<br />
urigen Gasthaus.<br />
Arbeitskreisleiter Thomas Gross<br />
icv@gross.or.at<br />
� Arbeitskreis Spanien<br />
Stammtisch<br />
27.06.2011<br />
Hotel Regina, Barcelona<br />
Arbeitskreisleiter Ulrich Müller-Bosom<br />
ulrich.mueller.bosom@gmail.com<br />
Im Hotel Regina in Barcelona fin<strong>de</strong>n<br />
regelmäßig Stammtische <strong>de</strong>s<br />
Arbeitskreises Spanien statt.<br />
� Arbeitskreis Wien<br />
Controllers Extremwan<strong>de</strong>rung<br />
28.06.2011, 8.00 Uhr, bis 29.06.2011,<br />
16.00 Uhr<br />
Schladminger Tauern<br />
Bil<strong>de</strong>r sehen Sie unter www.raffalt.com<br />
Arbeitskreisleiter Günter Pichler<br />
g.pichler@greko.at<br />
� Fachkreis Kommunikations-<br />
Controlling<br />
15. Treffen<br />
07.07.2011, 17 Uhr, bis<br />
08.07.2011, 17 Uhr<br />
Hansgrohe AG, Schiltach<br />
Fachkreisleiter Dr. Reimer Stobbe<br />
rstobbe@munichre.com<br />
� Fachkreis Controlling<br />
und Risikomanagement<br />
10. Sitzung<br />
14.07.2011 bis 15.07.2011<br />
Firma Schleupen, auf Einladung <strong>de</strong>s Vertriebsleiters<br />
Marc Hilgert<br />
Ettlingen/Karlsruhe<br />
Alternativtermin 07./08.07.2011<br />
Fachkreisleiter Prof. Dr. Rainer Kalwait<br />
rainer@kalwait.com<br />
� Fachkreis Controlling und Qualität<br />
25. Fachkreissitzung<br />
17.06.2011, 10.00 Uhr<br />
Köln, Flughafen<br />
26. Fachkreisitzung<br />
09.09.2011, 10.00 Uhr<br />
Köln, Flughafen<br />
Fachkreisleiter Rainer Vieregge<br />
r.vieregge@4egge4you.<strong>de</strong><br />
� Arbeitskreis West III<br />
53. Sitzung<br />
22.09.2011, 15.59 Uhr, bis<br />
23.09.2011, 17.00 Uhr<br />
Ort: wird noch abgestimmt<br />
Themen: Nachhaltigkeit und Controlling,<br />
Supply Chain Management<br />
Arbeitskreisleiter Martin Herrmann<br />
AK-West3@Herrmann-Controlling.<strong>de</strong><br />
Die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Arbeitskreises West III.<br />
� Arbeitskreis Weser-Harz<br />
(Hannover-Göttingen-Pa<strong>de</strong>rborn)<br />
28. AK-Treffen<br />
22./23. September 2011<br />
Ort und Thema wer<strong>de</strong>n noch bekannt gegeben<br />
� Arbeitskreis Zürich-Ostschweiz<br />
Strategiecontrolling: Mission impossible?<br />
Ein paar Punkte auf einer CEO-Powerpoint-<br />
Folie be<strong>de</strong>uten oft Hun<strong>de</strong>rte, wenn nicht Tausen<strong>de</strong><br />
von Maßnahmen, welche auf unterschiedlichen<br />
Unternehmensstufen und von<br />
zahlreichen Verantwortlichen umgesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
müssen. Hierbei <strong>de</strong>n Überblick zu behalten<br />
ist nicht einfach! In einem Workshop, <strong>de</strong>r sich<br />
an die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s AK ZHO wen<strong>de</strong>t, behan<strong>de</strong>ln<br />
wir primär die Herausfor<strong>de</strong>rungen, die sich<br />
bei <strong>de</strong>r effektiven Strategieumsetzung ergeben.<br />
Leitung: Prof. Dr. Marco Passardi<br />
Ort: ZHAW Winterthur<br />
� Branchenarbeitskreis Banken<br />
Arbeitskreissitzung<br />
29.09.2011 bis 30.09.2011 in München<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.<strong>controller</strong>verein.com<br />
> „Arbeitskreise“ > „Terminübersicht“<br />
Artikelbeiträge sen<strong>de</strong>n Sie bitte an Hans-Peter San<strong>de</strong>r (Redaktion), hp.san<strong>de</strong>r@eastwestcom.net
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aus <strong>de</strong>r Praxis für die Praxis