Publi kationen - Hochschule für bildende Künste Hamburg
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Serie : Off Spaces / OffGalerien in<br />
<strong>Hamburg</strong><br />
Lerchen_feld stellt regelmäßig Off-<br />
Spaces und Off-Galerien in <strong>Hamburg</strong><br />
vor, zu deren Initiatorinnen, OrganisatorInnen<br />
und ausstellenden KünstlerInnen<br />
häufig Studierende und Absolventen der<br />
HFBK gehören.<br />
WCWGallery<br />
»Polski Pivo Bar (Grube) Cadillac<br />
(Fifi), 18« – die rätselhafte Aufschrift<br />
des Neonschildes über der Bar nebenan<br />
sah früher mehr nach Kunst aus als der<br />
schlichte Namenszug der WCW-Gallery.<br />
Vor Kurzem hat sich die Schankwirtschaft<br />
mit authentischer Halbwelt-Aura<br />
die etwas verständlichere Bezeichnung<br />
»Türkisch-bulgarischer Kulturverein«<br />
gegeben, doch die WCW-Gallery wirkt<br />
in ihrer Wilhelmsburger Nachbarschaft<br />
noch immer wie ein gerade gelandetes<br />
Raumschiff. Im Frühsommer 2007<br />
taten sich sich die HFBK-Studenten und<br />
-Absolventen Björn Beneditz, Oliver<br />
Bulas und Daniel Megerle sowie die beiden<br />
Nicht-Künstler Martin Blumenthal,<br />
der bei einer Kunstversicherung<br />
arbeitet, und Jan-Peter Heusermann,<br />
Mitarbeiter einer Filmproduktionsfirma,<br />
zusammen, um nach günstigen<br />
Arbeits- und Ausstellungsräumen zu<br />
suchen. Wilhelmsburg erschien besonders<br />
geeignet, weil in dem »strukturschwach«<br />
genannten Gebiet jenseits<br />
der Elbe die Mieten noch erschwinglich<br />
sind, das Stadtzentrum dennoch nah und<br />
der Anteil studentischer Bevölkerung<br />
hoch ist.<br />
Bis alle Entscheidungen getroffen,<br />
die gröbsten Renovierungsarbeiten<br />
abgeschlossen und in der Mokrystraße 5<br />
im Frühjahr 2008 die erste Ausstellung<br />
stattfinden konnte, verging noch fast<br />
ein Jahr – schließlich finanzierten die<br />
WCW-Betreiber alles selbst. Aus der<br />
Ladenwohnung wurden ein Ausstellungsraum<br />
und je ein Atelier <strong>für</strong> die drei<br />
Kunstschaffenden. Vom Erscheinungsbild<br />
her hat sich das »WCW«, dessen<br />
Buchstabenfolge bewusst sinn- und<br />
zweckfrei erfunden ist, schon immer<br />
von Off-Klischees abgesetzt : Die Wände<br />
werden nach jeder Ausstellung geweißt,<br />
an der Galerie-Bar gibt es gepflegte<br />
Getränke in großer Auswahl und niemals<br />
Rotwein im Weißweinglas. Dennoch<br />
entzieht sich der Projektraum nicht<br />
den Gegebenheiten des Stadtteils – das<br />
wäre gar nicht möglich. Im Keller, der<br />
potenziell als Ausstellungsraum nutzbar<br />
wäre, übernachten Unbekannte auf<br />
Sperrmüllmatratzen, Einbrüche sorgen<br />
<strong>für</strong> einen ständigen Schwund von Werk-<br />
zeug und Arbeitsmaterialien, und an der<br />
Fassade prangen stets frische Tags der<br />
aktuell tonangebenden Jugendgang. Den<br />
durch die Präsenz der Internationalen<br />
Bauausstellung IBA <strong>Hamburg</strong> entfachten<br />
Diskurs um Gentrifizierung und Stadtentwicklung<br />
greift die WCW-Gallery<br />
dennoch nicht aus einer Betroffenheitshaltung,<br />
sondern als globales Phänomen<br />
auf. Um sich von den Räumen unabhängig<br />
zu machen, ging das WCW-Team im<br />
vergangenen Herbst auf Reisen. »From a<br />
distance« hieß die Ausstellungstournee<br />
nach Berlin, London und Travemünde,<br />
das Schaufenster der Wilhelmsburger<br />
Ausstellungsräume war während dieser<br />
Zeit zugemauert. Die internationalen<br />
29 Lerchen_feld 05 _Projekte, Ausstellungen und Auszeichnungen<br />
a<br />
c<br />
Künstlerinnen und Künstler, die bisher<br />
in der Galerie ausstellten, stammen aus<br />
dem Umfeld der Betreiber, der Fokus des<br />
Programms liegt auf minimalistischen<br />
und konzeptuellen Positionen. Malerei-<br />
und Gruppenausstellungen sind<br />
nicht ausgeschlossen, allerdings unter<br />
den räumlichen Bedingungen schwer<br />
zu realisieren. Im Mai stellt Jennifer<br />
Bennett im WCW aus, es folgen Präsentationen<br />
von Jochen Schmith (alias<br />
Carola Wagenplast, Peter Hoppe und<br />
Peter Steckroth), Anna Möller und des<br />
Niederländers Willem Oorebeek. In den<br />
Aktivitäten der WCW-Gallery lässt sich<br />
das Motiv erkennen, einen Kontrast zur<br />
Realität und ihren Zwängen zu formulieren<br />
– und das mit wenigen Mitteln.<br />
a<br />
Und bisher ganz ohne finanzielle Unterstützung<br />
von außen, was maximale<br />
Unabhängigkeit garantiert. Wie es<br />
weitergeht, wird sich herauskristallisieren,<br />
so lief es bisher auch. Oder anders<br />
gesagt : »Es geht nicht darum, was das<br />
WCW ist, sondern, was es sein könnte«<br />
(Björn Beneditz).<br />
15. Mai bis 6. Juni,<br />
Eröffnung 15. Mai, 19 Uhr<br />
Rückgriff auf die neue Sachlichkeit<br />
Jennifer Bennett<br />
WCW-Gallery, Mokrystraße 5,<br />
<strong>Hamburg</strong><br />
www.wcw-gallery.com<br />
a WCW Gallery, Eröffnung<br />
der Ausstellung »Der Ort als<br />
Abstand«, Mareike Bernien,<br />
Kerstin Schroedinger u. a.,<br />
März 2010; Foto: Marco<br />
Schwensfeger