Uhrenwissen-kompakt Nr.1 - Fachwissen mechanische Uhren
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Lieber <strong>Uhren</strong>freund!<br />
Sicher kennen Sie das auch: Sie wollen Ihr Wissen über <strong>mechanische</strong> <strong>Uhren</strong><br />
erweitern, finden aber nicht oft die Zeit, sich durch dicke <strong>Uhren</strong>bücher zu wälzen.<br />
Ich habe über Jahre historische <strong>Uhren</strong>bücher zusammengetragen und sehr viel Geld<br />
dafür ausgegeben.<br />
Viele davon habe ich mühsam digitalisiert und in kleine Abschnitte unterteilt, um Sie<br />
vielen Lesern in PDF-Form zugänglich zu machen.<br />
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Fohnsdorf, Dezember 2011<br />
© 2011, Christian Stolz<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
Christian Stolz<br />
Zweck dieses kleinen eBooks ist es, Wissen über <strong>mechanische</strong> <strong>Uhren</strong> zu verbreiten.<br />
Sie haben daher von mir ausdrücklich die Erlaubnis, es an interessierte<br />
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Haftungsausschluss: Die Inhalte dieser Publikation wurden sorgfältig recherchiert, dennoch kann<br />
keine Garantie übernommen werden. Eine Haftung des Autors für Personen-, Sach- und<br />
Vermögensschäden und für alle Folgen von Irrtümern, mit denen das vorliegende Werk behaftet sein<br />
könnte, ist ausgeschlossen. Wenn Sie nach dem Wissen historischer Bücher arbeiten<br />
wollen, überprüfen Sie vorher unbedingt, ob keine Gefahr besteht! Finden Sie z.B. eine<br />
Anleitung über das früher übliche Feuervergolden mit Quecksilber machen Sie das auf keinen Fall. Sie<br />
würden sich vergiften!<br />
Kontakt: christian.stolz@gmx.at
Entwicklungsgeschichte der <strong>Uhren</strong> (Ausführungen von 1905)<br />
In den ältesten Zeiten benutzte man zur Zeitbestimmung senkrecht aufgestellte<br />
Stäbe, Gnomone, deren Schattenlänge oder Schattenrichtung die Tageszeit<br />
erkennen ließ. Aus diesen Sonnenzeigern (Sonnenweisern, Stundensteinen)<br />
entstanden die Sonnenuhren, die wesentlich genauere Zeitangaben ermöglichten<br />
und bis zum 15. Jahrh. fast die einzigen öffentlichen <strong>Uhren</strong> waren.<br />
1. Ägyptische Wasseruhr.<br />
Als Erfinder der Sonnenuhren wird, allerdings wohl mit Unrecht, der Babylonier<br />
Berosus (600 v. Chr.) genannt, der die Kenntnis des Sonnenweisers nach<br />
Griechenland brachte. Dort machten sich namentlich Thales, Anaximandros und<br />
Eudoxos um die Verbesserung und Verallgemeinerung der Sonnenuhren verdient.<br />
Rom erhielt erst die erste Sonnenuhr um 260 v. Chr., und nach Deutschland soll sie<br />
Peuerbach (um 1450) gebracht haben. Neben den Sonnenuhren wurden schon sehr<br />
früh, namentlich als Hausuhren, Wasseruhren benutzt. Fig. 1 zeigt eine Wasseruhr,<br />
wie sie um 300 v. Chr. in Ägypten gebräuchlich war. Durch das Rohr h fließt Wasser<br />
in den Trichter a; dieser ist aber durch einen eingetauchten massiven Kegel b fast<br />
ganz erfüllt, so daß das Wasser aus dem Trichter a nur tropfenweise in den Zylinder<br />
c abfließen kann. Die Höhe der Wassersäule und damit die abgelaufene Zeit wird<br />
durch den Schwimmer e angezeigt, der seine Bewegung auf das Räderwerk g
überträgt und an einem Zifferblatt die Tagesstunde angibt. Je nachdem der Kegel b<br />
mehr oder weniger in den Trichter a eingetaucht wurde, lief das Wasser langsamer<br />
oder rascher ab, und es konnte auf diese Weise der Ablauf der Uhr mit der<br />
jeweiligen Tageslänge in Einklang gebracht werden. Platon führte die Wasseruhr<br />
(Klepsydra) in Griechenland und Scipio Nasica um 157 v. Chr. in Rom ein. Im Orient<br />
waren Wasseruhren sehr verbreitet, und 807 schenkte Harun al Raschid eine sehr<br />
kunstvoll gearbeitete Wasseruhr mit Schlagwerk und beweglichen Figuren an Karl d.<br />
Gr. Auch Sanduhren sowie Öluhren, bei denen der Verbrauch des Öles einer Lampe<br />
die Zeit anzeigte (Fig. 2), wurden vielfach benutzt.<br />
2. Öluhr<br />
Die Erfindung der Räder- und Gewichtsuhren wird dem Mönche Gerbert, dem<br />
spätern Papst Silvester II. (947-1003), zugeschrieben, auch soll er mit diesen bereits<br />
Schlagwerke mit Glocken verbunden haben. Im 13. Jahrh. begann man auf den<br />
Türmen von Kirchen und Schlössern Räderuhren aufzustellen, die alle mit der<br />
Spindelhemmung ausgerüstet waren. Eines der vollkommensten solcher alten<br />
Uhrwerke ist die von Heinrich von Wick 1370 auf dem Schlossturm in Paris<br />
aufgestellte Turmuhr (Fig. 3), die als Wunderwerk galt. Ende des 15. Jahrh. traten<br />
Räderuhren auch als Hausuhren auf und wurden bei astronomischen<br />
Beobachtungen benutzt; so von Walter in Nürnberg und Tycho Brahe auf seiner<br />
Uranienburg.
Die ersten Taschenuhren soll um 1500 der Nürnberger Schlosser Peter Henlein<br />
hergestellt haben, die unter der Bezeichnung »Nürnberger Eier« bald weite<br />
Verbreitung fanden.<br />
3. Turmuhr auf dem Parser Schlossturm. Erbaut 1370 von Heinrich von Wick.<br />
Die <strong>Uhren</strong> werden nach der Art des Regulators in zwei Gruppen getrennt: a)<br />
Pendeluhren, bei denen das schwingende Pendel den Taktgeber bildet. Hierher<br />
gehören fest aufgestellte <strong>Uhren</strong>, die astronomischen Präzisionsuhren, Turmuhren<br />
und Wanduhren; b) Unruhuhren, bei denen eine Spiralfeder mit Schwungrad,<br />
Unruhe oder Balance genannt, den Regulator bildet. Unruhuhren sind alle<br />
transportabeln <strong>Uhren</strong>, Taschenuhren und Chronometer (Seeuhren). Nach der Art<br />
ihrer Verwendung unterscheidet man auch Taschen- oder Sackuhren, Chronometer<br />
oder Seeuhren, astronomische Pendeluhren, <strong>Uhren</strong> für Hausgebrauch (Stutzuhren,<br />
Wanduhren, Dielenuhren, Reiseuhren etc.) und Turmuhren oder öffentliche <strong>Uhren</strong>.<br />
Außerdem finden Uhrwerke Verwendung bei vielen Kontroll- und Messvorrichtungen,<br />
so bei den Wächter- und Arbeiterkontrolluhren, bei den Taxametern der Droschken,<br />
den Fernsprechzeitmessern, Geschwindigkeitsmessern, Elektrizitätszählern u. dgl.<br />
I. Pendeluhren. Die Triebkraft der Pendeluhren bildet ein an einer Schnur,<br />
Darmsaite oder Kette befestigtes Gewicht A (Fig. 4 und 5). Die Schnur ist mit ihrem<br />
Ende an eine Walze B befestigt und wird bei Drehung der Walzenachse mit einem<br />
auf den Zapfen a aufgesteckten Schlüssel auf die Walze aufgewickelt.<br />
Durch den Zug des Gewichts wird nun die Walze gedreht, und diese Drehung<br />
überträgt sich durch das auf die Walzenachse aufgesetzte Zahnrad C (Walzenrad)<br />
auf die andern Getriebe des Laufwerks derart, dass immer ein Zahnrad in ein<br />
Triebrad eingreift und dieses das an seiner Achse aufgesetzte Rad mitführt. So greift<br />
das Walzenrad C in das Trieb D ein, welches das Rad E mitnimmt; dieses greift in<br />
das Trieb F des Rades G, letzteres in das Trieb H des Rades K und endlich K in das
Trieb L des letzten Rades M; das Steigrad, Hemmungs- oder Gangrad heißt. Bei<br />
Verwendung von Sekundenpendeln dreht es sich in einer Minute einmal herum, auf<br />
seiner Achse sitzt dann der Sekundenzeiger der Uhr; es wird daher auch<br />
Sekundenrad genannt. Das Rad K dreht sich in einer Stunde einmal herum und wird<br />
Minutenrad genannt, weil seine Achse den Minutenzeiger bewegt. Die Räder E und<br />
G heißen Zwischen, Mittel- oder Beisetzräder. Ihre Zahl wechselt; in den<br />
astronomischen Präzisionsuhren ist gewöhnlich nur ein solches Rad vorhanden.<br />
Beim Ablaufen des Gewichtes A würde das beschriebene Laufwerk allein eine<br />
schnelle und beschleunigte Drehung erfahren, um aber diese zu verlangsamen und<br />
gleichförmig zu gestalten, dient die mit dem Regulator als Taktgeber in Verbindung<br />
stehende Hemmung. Diese besteht aus dem Anker N, der das Steigrad M umfasst<br />
und mit den rechtwinkligen Biegungen seiner beiden Arme, den Paletten oder<br />
Hebungen, in die Zähne des Steigrades eingreift und die Bewegung desselben<br />
hemmt.<br />
4. Schematische Darstellung einer Pendeluhr.
Die Flächen der Ankerpaletten sind nun geneigt und so ausgebildet, dass, wenn der<br />
Anker mit dem Pendel hin und her schwingt, sie abwechselnd in die Steigradzähne<br />
hineingreifen und wieder heraustreten, wobei die Zähne an den schrägen Paletten<br />
einhergleiten und jedes Mal beim Durchgang des Ankers durch die senkrechte Lage<br />
eine Drehung des Steigrades um einen Zahn eintritt. Die regelmäßige Bewegung<br />
des Ankers N wird durch die Schwingung des Regulators, des Pendels P, erzielt,<br />
das ganz frei an einer Stelle des Uhrgehäuses aufgehangen ist und nur durch die<br />
Führungsstange T und die Gabel U mit der Achse O des Ankers in Verbindung steht.<br />
Da die Schwingungen des Pendels isochron, d.h. von gleicher Dauer sind, so wird<br />
auch die oszillierende Bewegung des Ankers isochron sein und das Durchschlüpfen<br />
eines Steigradzahnes immer nach gleichen Zeiten eintreten und damit der Ablauf<br />
des ganzen Uhrwerkes gleichmäßig erfolgen. Damit das Pendel in Bewegung bleibt<br />
und durch Luftwiderstand und Reibung nicht zum Stillstand kommt, erhält es durch<br />
die Hemmung immer einen neuen Antrieb. Jedes Mal, wenn das Steigrad von der<br />
Ankerpalette frei wird und um einen Zahn weiterspringt, fällt ein andrer Zahn mit<br />
einer gewissen Kraft auf die andre Ankerpalette und erteilt so dem Pendel einen<br />
neuen Antrieb, Impuls. Das ganze Uhrwerk ist zwischen zwei Messingplatten Q und<br />
R, Platinen, aufgestellt, in denen die Achsen sämtlicher Räder und Triebe gelagert<br />
sind, und die durch Zwischenstücke, Pfeiler, in gehörigem Abstand voneinander<br />
gehalten werden. Vor der Vorderplatine ist das Zifferblatt befestigt, aus dessen Mitte<br />
die Achse des Minutenrades herausragt; auf diese ist der Minutenzeiger aufgesetzt,<br />
dessen Ende sich über die Peripherie des Zifferblattes bewegt.<br />
5. Räderwerk einer Pendeluhr.
Auf der Steigradachse sitzt der Sekundenzeiger und beschreibt einen kleinen<br />
exzentrischen Kreis. Die Bewegung des Stundenzeigers erfolgt durch ein<br />
besonderes Zeigerwerk oder Vorgelege, das gewöhnlich zwischen Vorderplatine und<br />
Zifferblatt angeordnet ist und die Bewegung der Welle des Minutenrades auf die<br />
Achse des Stundenzeigers entsprechend verlangsamt überträgt, so dass dieser<br />
entweder in 12 oder 24 Stunden einen vollen Umkreis beschreibt. Gewöhnlich wird<br />
der Stundenzeiger, ebenso wie der Minutenzeiger, auch in der Mitte des Zifferblattes<br />
angeordnet und nur etwas kleiner gehalten; in diesem Falle wird die Achse des<br />
Stundenzeigers, das Stundenrohr, lose über die Minutenachse geschoben. Bei<br />
astronomischen Pendeluhren ist der Stundenzeiger meist ebenso wie der<br />
Sekundenzeiger exzentrisch auf dem Zifferblatt aufgesetzt (Fig. 16 und 17). Die<br />
Gangzeit der Pendeluhr ist abhängig von der Länge der Schnur und den für das<br />
Gewicht zur Verfügung stehenden Fallraum. Ist letzterer für eine bestimmte Gangzeit<br />
zu klein, so führt man die Schnur über eine frei hängende Rolle, befestigt das freie<br />
Ende an einem Haken und hängt nun das Gewicht an die Achse der Rolle. Die<br />
Dauer der Fallzeit und die sich abwickelnde Schnurlänge wird dadurch verdoppelt,<br />
doch ist auch dann die Größe des Gewichts zu verdoppeln. Bei großen <strong>Uhren</strong> hängt<br />
man auch das Gewicht an einen Flaschenzug. Um beim Aufziehen, d.h. beim<br />
Aufwickeln der Schnur auf die Walze, keine Rückwärtsdrehung des Räderwerks der<br />
Uhr eintreten zu lassen, ist das Walzenrad C nicht direkt fest mit der Walze B<br />
verbunden, sondern durch ein sogen. Gesperre. Auf der Walzenachse sitzt fest das<br />
Sperrad s (Fig. 5), auf dem Walzenrade der Sperrkegel x, der um eine Schraube<br />
leicht beweglich ist und durch die Sperrfeder y in die Zähne des Sperrades<br />
eingedrückt wird.<br />
6. Gegengesperre bei Pendeluhren.
Wird die Uhr aufgezogen, so dreht sich die Walze in der Pfeilrichtung und nimmt das<br />
Sperrad mit, das Walzenrad bleibt aber stehen, da die Zähne des Sperrades den<br />
Sperrkegel abheben und unter ihm weiter gleiten. Beginnt jedoch das Gewicht A<br />
wieder zu fallen, so dreht sich die Walze in entgegengesetzter Richtung und der<br />
Sperrkegel drückt jetzt gegen einen Zahn des Sperrades und bringt damit eine<br />
Verbindung und gemeinsame Drehung von Walze und Walzenrad hervor. Damit die<br />
Uhr während des Aufziehens auch regelmäßig weitergeht und eine Kraft auf das<br />
Pendel einwirkt, wird bei bessern <strong>Uhren</strong> ein Gegengesperre (Fig. 6) angewandt.<br />
7. Waaguhr mit Spindelgang.<br />
Bei diesem ist, außer dem auf der Walzenachse sitzenden kleinen Sperrad S mit der<br />
Sperrklinke x und der Sperrfeder y, noch ein größeres Sperrad V vorhanden, dessen<br />
Zähne die entgegengesetzte Richtung haben, mit der Sperrklinke z, die an der<br />
Uhrplatine angeschraubt ist. Eine starke Feder ss' drückt gegen zwei Stifte, s im<br />
großen Sperrad V, s' im Walzenrad C; ist die Uhr im Gang, so wird diese Feder,<br />
entsprechend dem Zug des Gewichts, zusammengedrückt und das Walzenrad C mit<br />
den Sperrädern V und S und der Walzenachse in Verbindung gesetzt. Beim<br />
Aufziehen des Gewichtes hört der Zug des Gewichtes auf die Feder ss' auf, sie ist<br />
also bestrebt, sich auszudehnen; da aber die Sperrklinke z das Sperrad V hindert,<br />
sich nach rechts zu drehen, so drückt die Feder gegen den Stift s' auf dem<br />
Walzenrad und treibt dieses und damit das ganze Uhrwerk weiter, ersetzt also den<br />
fehlenden Gewichtszug. Die Kraft der Feder reicht für die kurze Zeit des Aufziehens
aus. Bei Turmuhren greift ein schwerer Hebel, Riegel und Schließer, beim Aufziehen<br />
in das Walzenrad direkt ein und erhält durch sein Gewicht das Räderwerk im Gang.<br />
8. Grahamscher Ankergang.<br />
Bei den Hemmungen unterscheidet man vier Gruppen: rückfallende, ruhende und<br />
freie Hemmungen und Hemmungen mit konstanter Kraft. Bei den rückfallenden<br />
Hemmungen macht das Steigrad in einem gewissen Zeitpunkt ihrer Wirkung eine<br />
kleine rückgängige Bewegung; hierher gehört der Spindelgang. Bei den ruhenden<br />
Hemmungen steht das Steigrad still und erfährt nur im Augenblick des Stoßes eine<br />
Bewegung, so beim Grahamschen Ankergang.<br />
9. Stiftengang.
Bei den freien Hemmungen vollziehen sich die Schwingungen des Regulators ganz<br />
frei vom Hemmungsrad, und nur im Augenblick des Anstoßes wird eine kurze<br />
Verbindung hergestellt. Die Hemmungen mit konstanter Kraft sind ebenfalls freie<br />
Hemmungen, doch ist bei ihnen der Impuls, den das Pendel erfährt, vom Uhrwerk<br />
unabhängig und immer von gleicher Größe. Die älteste Hemmung ist der<br />
Spindelgang, der in Verbindung mit einem Horizontalpendel, der Wage, in den<br />
ersten großen Turmuhren angewandt wurde. Fig. 7 zeigt eine solche Waaguhr mit<br />
Spindelgang. Die Wage ist der horizontal liegende Stab w, der um eine senkrechte<br />
Achse vor und zurück schwingt. Die Achse hat zwei zueinander senkrechte Ansätze,<br />
Flügel oder Lappen, p und q, die abwechselnd in die Zähne des Steigrades oder<br />
Kronrades k eingreifen, und bei der Umkehr der Bewegung einen Zahn<br />
durchschlüpfen lassen. Die Schwingungen der Wage erfolgen schneller oder<br />
langsamer, je nachdem man die Gewichte an dem Wagearm näher heran oder<br />
weiter ab anhängt. Die Waguhren haben lange Zeit den bescheidenen Ansprüchen,<br />
die man an sie stellte, genügt; 1872 ist auf dem Doverkastell eine eiserne Waguhr,<br />
die 1348 in der Schweiz hergestellt war, ihres Dienstes enthoben worden. Mit der<br />
Waguhr begann im 16. Jahrh. auch die Schwarzwälder <strong>Uhren</strong>industrie; auch waren<br />
die <strong>Uhren</strong>, mit denen Kaiser Karl V. sich bei St. Just einsiedlerisch beschäftigte,<br />
Waguhren. Die wichtigste und meist gebrauchte Hemmung für Pendeluhren ist die<br />
ruhende Ankerhemmung, die 1680 von Clement angegeben und von Graham (1673-<br />
1751) wesentlich verbessert wurde, nach dem sie auch als Grahamgang bezeichnet<br />
wird. Die Wirkungsweise ist schon oben besprochen; die genaue Konstruktion ist<br />
aus Fig. 8 ersichtlich, wo die Hälfte des Steigrades und der Anker nebst Paletten<br />
abgebildet ist. Derselbe umfasst 61/2 Zähne des Steigrades. Die Ankerpaletten<br />
macht man aus ganz hartem Stahl oder aus Edelsteinen, Rubin, Saphir od. dgl. Dem<br />
Ankergang ähnlich ist der von Vulliamy erfundene Stiftengang (Fig. 9), der in ältern<br />
<strong>Uhren</strong> häufig angewandt wurde.<br />
10. und 11. Riefersche Pendelhemmung.
Die beiden Arme des Ankers liegen ganz seitlich über dem am weitesten rechts<br />
liegenden Punkte des Steigrades, wodurch der Druck der Paletten auf das Steigrad<br />
immer in derselben Richtung wirkt. Auf dem Steigrade sind an Stelle der Zähne<br />
senkrecht zu seiner Ebene halbzylindrische Stäbe eingesetzt, zwischen die sich die<br />
Paletten des scherenförmig ausgebildeten Ankers schieben. Eine freie Hemmung ist<br />
Rieflers Pendelhemmung (Fig. 10 und 11). Riefler benutzt die Biegung der<br />
Aufhängungsfeder des Pendels, um den Impuls auf den Pendel auszuüben, und<br />
lässt die Aufhängungsfeder bei jedem Durchgang des Pendels durch die Ruhelage<br />
etwas spannen. Dies geschieht dadurch, dass der Anker S S' durch seine als<br />
Schneide ausgeführte Achse P P mit der Brücke M M fest verbunden ist, an der die<br />
Aufhängefeder i i k befestigt ist.<br />
12. Erste Pendeluhr von Christian Huygens 1656.<br />
Letztere wird nun bei jedem Durchschwung durch die Mitte, einmal nach links,<br />
einmal nach rechts, um einen kleinen Betrag gebogen und angespannt. Das<br />
Steigrad S ist ein Doppelrad und besteht aus einem Hebungsrad und einem etwas<br />
größeren Ruherad. Bei dieser Anordnung schwingt also das Pendel vollkommen frei<br />
und unabhängig. Diese Hemmung hat in astronomischen <strong>Uhren</strong> der neuern Zeit<br />
vielfach Verwendung gefunden. Eine ähnliche freie Hemmung ist von Straßer<br />
angegeben.
Schon vor Erfindung der Pendeluhr benutzten die Astronomen die<br />
Pendelschwingungen, um die Dauer einer Erscheinung zu bestimmen; als Regulator<br />
für <strong>Uhren</strong> wurde das Pendel erst 1656 von Huggens verwandt, der deshalb als<br />
Erfinder der Pendeluhr gilt. Fig. 12 zeigt seine erste Pendeluhr. Er ließ das Steigrad<br />
horizontal laufen, und dieses warf die Lappen der horizontal liegenden Spindel hin<br />
und her. An dem Ende der Spindel hing das Pendel herab. Von großer Bedeutung ist<br />
die Aufhängung des Pendels. Huygens hing es an einem seidenen Faden, der beim<br />
Schwingen auf beiden Seiten gegen zykloidisch gekrümmte Bleche sich anlegte, um<br />
auf diese Weise die großen Schwingungen, die bei der Spindelhemmung erforderlich<br />
sind, isochron zu machen. Jetzt benutzt man bei der Ankerhemmung nur kleine<br />
Schwingungen und hängt das Pendel an zwei dünnen Stahlfedern i i (Fig. 4 u. 11)<br />
auf, deren Ebene senkrecht zur Schwingungsebene des Pendels steht. Das einfache<br />
Pendel besteht aus einem Holz- oder Metallstab (Pendelstab), der an seinem Ende<br />
ein schweres, meist linsenförmiges Metallstück (Pendellinse) trägt (Fig. 4). Die<br />
Schwingungsdauer t eines Pendels ist nach der Formel: t = Trve/g abhängig von der<br />
Pendellänge 1, der Entfernung des Schwerpunkts des ganzen Pendels vom<br />
Drehungspunkt (vgl. Pendel). Man kann die Schwingungsdauer daher verkürzen<br />
oder vergrößern, je nachdem man die Pendellänge kleiner oder größer macht, was<br />
durch ein Hinauf- oder Hinunterschrauben der Pendellinse bewirkt wird, in kleinem<br />
Betrag auch dadurch, dass man auf einem in der Mitte des Pendels angebrachten<br />
kleinen Teller Gewichte auflegt oder fortnimmt, wodurch der Schwerpunkt dem<br />
Aufhängungspunkt genähert oder von ihm entfernt wird. Ein Pendel, das Sekunden<br />
schwingt, ein Sekundenpendel, hat eine Länge von ungefähr 1 m, doch ist die<br />
genaue Länge an den verschiedenen Punkten der Erdoberfläche verschieden, da<br />
diese nach der obigen Formel von der Größe der Schwerkraft, der Beschleunigung<br />
g, abhängt. Am Äquator ist die Schwerkraft am kleinsten, dort beträgt die Länge des<br />
Sekundenpendels 991,03 mm, nach den Polen hin nimmt sie zu bis auf 996,10 mm,<br />
in Berlin beträgt sie 994,26 mm, und jede Änderung von 1 mm in der Pendellänge<br />
bringt eine tägliche Gangänderung von 43 Sekunden hervor. Da mit der Änderung<br />
der Temperatur auch die Länge des Pendelstabes eines einfachen Pendels sich<br />
ändert, so ist die Schwingungsdauer eines solchen Pendels sehr veränderlich, und<br />
daher können für bessere Pendeluhren, bei denen eine große Gleichförmigkeit des<br />
Ganges gefordert wird, einfache Pendel nicht verwandt werden. Wo man solche<br />
noch benutzt, macht man den Pendelstab aus trockenem und ganz mit Öl<br />
getränktem Holze, dessen Ausdehnung mit zunehmender Temperatur nur gering ist.<br />
Von dem Einfluß wechselnder Temperatur unabhängig ist nur die Pendellänge der<br />
Kompensationspendel, die unter Verbindung verschiedenartigen Materials so<br />
konstruiert sind, daß die mit dem Temperaturwechsel eintretenden<br />
Längenänderungen der verschiedenen Materialien sich gegenseitig aufheben,<br />
>kompensieren
ist. Bei zunehmender Temperatur dehnt sich nun die stählerne Pendelstange nach<br />
unten, das Quecksilber aber nach oben aus, so dass die Entfernung der<br />
Schwerpunkte vom Drehungspunkt ungeändert bleibt.<br />
13. Rostpendel.<br />
Bei Rieflers Quecksilberpendel (Fig. 14) ist die Pendelstange ein Stahlrohr, das<br />
entsprechend dem Ausdehnungskoeffizienten desselben bei zu einer bestimmen<br />
Höhe, etwa zwei Drittel der Länge, mit Quecksilber gefüllt und dann hermetisch<br />
verschlossen worden ist. Dieses Pendel hat sich sehr bewährt. Durch Guillaumes<br />
Entdeckung, dass eine Legierung von 35,7 Proz. Nickel und 64,3 Proz. Stahl den<br />
außerordentlich geringen Ausdehnungskoeffizienten 0,0000877 besitzt, der zwölfmal<br />
kleiner als derjenige des Stahles ist, wurde es möglich, Uhrpendel aus Nickelstahl<br />
herzustellen, die ohne irgendwelche Kompensation für Temperatur für praktische<br />
Zwecke keine wesentlichere Änderungen ihrer Schwingungszeit erfahren. Für<br />
wissenschaftliche Zwecke werden sie jedoch mit einer Kompensationsvorrichtung<br />
versehen. Bei Rieflers Nickelstahlpendel (Fig. 15) ist S die Pendelstange aus<br />
Nickelstahl, L die Pendellinse, die in ihrer Mitte bei A aufliegt. M ist die<br />
Regulierschraube. Auf M ruhen zwei übereinander gestellte, auf die Pendelstange S<br />
geschobene Kompensationsröhren C und C 1 , die aus Stoffen von sehr<br />
verschiedener Wärmeausdehnung hergestellt sind, so C aus Messing und C 1 aus
Stahl. Da eine geringe Änderung im Nickelgehalt der Pendelstange bereits sehr<br />
erhebliche Änderungen des Ausdehnungskoeffizienten desselben zur Folge hat, so<br />
ist es nötig, die Kompensationswirkung des Pendels verändern zu können, was<br />
durch Übereinandersetzen zweier Kompensationskörper von verschiedener<br />
Ausdehnung erreicht werden kann.<br />
14. Rieflers<br />
Quecksilberpendel.<br />
Ein ähnliches Nickelstahlpendel ist in neuester Zeit von Straßer konstruiert worden.<br />
Außer von der Temperatur wird aber die Schwingungsdauer eines Pendels auch<br />
durch die veränderliche Dichte der umgebenden Luft beeinflusst; eine Zunahme des<br />
Luftdrucks um 1 mm Quecksilberdruck verlangsamt den Gang einer<br />
Sekundenpendeluhr im Mittel um etwa 0,015 Sekunde täglich. Um diesen Einfluss<br />
auszuschalten, hat man das Pendel mit Luftdruckkompensationen (auch<br />
Barometerkompensationen genannt) versehen. An der Pendelstange wird nach<br />
Robinson und Krüger ein kleines Heberbarometer, bez. Manometer, befestigt,<br />
wodurch bewirkt wird, dass bei steigendem Luftdruck eine kleine Quecksilbermenge<br />
gehoben wird u. dadurch der Schwerpunkt des ganzen Pendels dem<br />
Aufhängungspunkt näher rückt.<br />
15. Rieflers Nickelstahlpendel
Hierdurch wird der Gang der Uhr beschleunigt und die Verlangsamung des Pendels<br />
durch die Luftdruckänderung wieder aufgehoben. Riefler führt eine<br />
Luftdruckkompensation mit einem am Pendel angebrachten Dosenaneroidbarometer<br />
aus, das in ähnlicher Weise wirkt. Fig. 16 zeigt diese Luftdruckkompensation in<br />
Verbindung mit einer astronomischen Uhr mit Nickelstahlpendel.<br />
16. Astronomische Uhr mit Rieflers Nickelstahlpendel u.<br />
Luftdruckkompensation.
Eine andre Methode, den Gang einer Pendeluhr von dem Einfluss der<br />
Luftdruckschwankungen unabhängig zu machen, besteht darin, dass man die ganze<br />
Uhr in einem luftdicht verschlossenen Gehäuse aufstellt.<br />
17. Rieflers Uhr mit luftdichtem Glasverschluß.<br />
Fig. 17 zeigt eine solche luftdicht aufgestellte Pendeluhr von Riefler. Auf einer<br />
Eisenkonsole E ruht der Ring R, der den untern Glaszylinder C und den Ständer T<br />
des Uhrwerks trägt; überdeckt wird das Werk von der Glasglocke G, die auf dem<br />
untern Glaszylinder aufgeschliffen ist und das ganze Uhrwerk hermetisch abschließt.<br />
Der Aufzug ist entweder ein gewöhnlicher Gewichtsaufzug oder ein elektrischer<br />
Aufzug. Im erstem Fall wird die Aufziehwelle durch den Glaszylinder geführt und mit<br />
einer Stopfbüchse gegen das Eindringen von Luft abgedichtet. Bei den <strong>Uhren</strong> mit<br />
elektrischem Aufzug (die Fig. 17 zeigt) wirkt das Gewicht eines an der<br />
Minutenradwelle angebrachten Hebels, der allmählich herabsinkt und in Intervallen<br />
von 6-8 Minuten auf elektromagnetischem Wege jedes Mal wieder in die Höhe<br />
gehoben wird; die Leitungsdrähte K für den elektrischen Strom gehen luftdicht durch<br />
die Bodenplatte des Glaszylinders.
18. Schnecke und Federhaus einer Taschenuhr.<br />
Die Ablesung der Schwingungsbogen erfolgt durch das Mikroskop M. Das<br />
Schwingungsmaß e ist am Pendelstabe befestigt. Ferner sind unter der Glasglocke<br />
des Zylinders ein Barometer B, ein Thermometer und ein Hygrometer angebracht.<br />
Die Evakuierung des Zylinders geschieht mit einer Luftpumpe L, die an den Hahn J<br />
angesetzt wird.<br />
Außer dem ebenen Pendel wird auch noch das Dreh-(Torsions-) Pendel und das<br />
konische Pendel als Regulator in Uhrwerken benutzt. Das Drehpendel besteht aus<br />
einer schweren kreisförmigen Metallscheibe, die an einem dünnen Draht in ihren<br />
Mittelpunkt aufgehangen ist und um denselben sich dreht.<br />
19. Unruhe.<br />
Die Schwingungen des Pendels vollziehen sich sehr langsam, und daher wird dieses<br />
Pendel bei <strong>Uhren</strong> von langer Gangdauer, sogen. Jahresuhren, die bei einmaligem<br />
Aufzug 400 Tage in Gang bleiben, verwendet. Genaue Gangresultate lassen sich<br />
jedoch mit diesem Pendel nicht erzielen. Das konische Pendel wird fast nur in<br />
Uhrwerken astronomischer Fernrohre (vgl. Äquatorial) als Regulator benutzt. Bei ihm<br />
beschreibt der Pendelkörper einen vollständigen Kreis und der Pendelstab daher<br />
den Mantel eines Kegels.<br />
Um den Ablauf von kleinern Zeiträumen dem Ohre wahrnehmbar zu machen, sind<br />
mit vielen Pendeluhren, namentlich den Turm- und Wanduhren, besondere<br />
Schlagwerke verbunden, die vom eigentlichen Uhrwerk, dem Gehwerk, zu den<br />
betreffenden Zeiten ausgelöst werden und sich nach Abgabe ihrer Signale<br />
selbsttätig wieder sperren. Man unterscheidet Stundenschlagwerke und<br />
Viertelwerke, je nachdem nur die vollen Stunden oder auch die Viertelstunden<br />
angegeben werden. Das Signal erfolgt, indem ein Hammer auf eine Spiralfeder, eine<br />
Glocke oder auf ein abgestimmtes Metallrohr (Gong) schlägt. Damit die Schläge<br />
gleichmäßig aufeinanderfolgen, wird ein Windfang als Geschwindigkeitsregulator<br />
eingeschaltet. Zur Bewegung des Hammers dient das Hebnägelrad, das an seinem<br />
Umfang mit Stiften, Hebnägeln, besetzt ist, die den Hammerhebel erfassen und<br />
wieder abfallen lassen. Bei den Repetieruhren wird durch Zug an einer Schnur oder<br />
Druck auf einen Knopf das Schlagwerk ausgelöst, und wiederholt dann die zuletzt<br />
abgegebenen Schläge. Kuckucks-, Wachtel-, Trompeter-<strong>Uhren</strong> lassen beim<br />
Schlagen zugleich den Kuckucks- oder Wachtelruf oder eine Trompete ertönen.
Bei diesen <strong>Uhren</strong> werden vom Hebnägelrade Blasebälge aufgezogen, die beim<br />
Abfallen des Hebels vom Hebnagel abgestimmten Pfeifen oder Trompeten Luft<br />
zuführen. Bei den Kalenderuhren sind besondere Räderwerke mit dem Uhrwerk<br />
verbunden, die das Datum und den Wochentag auf einem Zifferblatt anzeigen. Über<br />
astronomische Kunstuhren s. Tafel ><strong>Uhren</strong> III
20. Schematische Darstellung des Räderwerks einer Taschenuhr.<br />
Um die Unruhe aber in Bewegung zu erhalten, ist ebenso wie beim Pendel ein<br />
Antrieb erforderlich, der durch das Triebwerk vom Federhaus aus erteilt wird. Die<br />
Anordnung des Räderwerks einer Taschenuhr ist aus Fig. 20 ersichtlich, in der der<br />
Übersichtlichkeit halber die beiden Platina x y und u u' weiter auseinander gerückt<br />
sind und außerdem das Federhaus und die Schnecke fortgelassen ist. A ist die<br />
Triebfeder, deren eines Ende am Säulenfuß u', das andre am Federstift oder der<br />
Federwelle B befestigt ist. Wird die Feder A gespannt, so gerät die Welle Bin<br />
Drehung und überträgt diese mittels des auf ihr sitzenden Sperrades auf das Rad C,<br />
dieses greift in das Trieb D und dreht damit das Rad E, und dies geht so fort von E<br />
auf F, G, G, H, K, L und das Hemmungsrad M.<br />
21. Ankerhemmung in Taschenuhren.
Auf der Achse von D und E sitzt der Minutenzeiger m, dessen Bewegung durch das<br />
Vorgelege P Q R S auf den Stundenzeiger s übertragen wird. Das Rad K wird<br />
Kronrad, das Hemmungsrad M ebenfalls Steigrad genannt. In dieses greifen<br />
abwechselnd die Lappen i' der Spindel ß, die von der Unruhe bald nach der einen,<br />
bald nach der andern Seite gedreht wird. An Stelle der Spindelhemmung ist in den<br />
Taschenuhren auch die Ankerhemmung (Fig. 21) getreten. Der Anker A, vom<br />
Steigrad C angetrieben und dieses wieder hemmend, wirkt als Antriebsarm, der die<br />
Unruhe B antreibt und sie darauf frei ausschwingen lässt, worauf sie beim<br />
Zurückschwingen ihrerseits das Auslösen der Hemmung mittels des >Hebesteines< i<br />
bewirkt, sogleich aber dann nach der andern Seite hinaus geschwenkt<br />
wird.<br />
22. Zylinderhemmung.<br />
Bei der von Tompion 1695 erfundenen Zylinderhemmung (Fig. 22) liegt statt vieler<br />
Zähne nur ein einziger zwischen den beiden Armen des Ankers, der durch die<br />
ausgekehlte Achse der Unruhe gebildet wird. Bei Chronometern wird die<br />
Chronometerhemmung von Earnshaw (Fig. 23) angewandt. Hier wird das Steigrad C<br />
durch die Sperrklinke A bei p gehemmt. Wenn die Unruhe B von ihrem Ausschwung<br />
nach der Pfeilrichtung zurückkehrt, rückt sie mittels des Zähnchens d und der Klinke<br />
D die Sperrung bei p aus; vorher ist aber der Ausschnitt b der Unruhe vor einen<br />
Radzahn getreten, so dass dieser der Unruhe bei einem Vorwärtsschreiten einen<br />
Antrieb erteilt, worauf sein Vorausgänger wieder bei p gesperrt wird; bei dem<br />
Rückschwung der Unruhe gibt die als zarte Feder gebaute Klinke D dem Zähnchen<br />
d nach und lässt es vorüberschlüpfen. Außer diesen Haupttypen der Hemmungen<br />
werden in den tragbaren <strong>Uhren</strong> noch andre verwandt, die mehr oder weniger<br />
Abänderungen der beschriebenen darstellen.
23. Chronometerhemmung von Earnshaw.<br />
Auch die Unruhe ist in ihrer Schwingungsdauer von der Temperatur abhängig, da die<br />
Elastizität der Spiralfeder und damit auch die Schwingung mit zunehmender<br />
Temperatur kleiner wird, und weil außerdem die Dimensionen des Schwungrades<br />
selbst sich vergrößern. Um dies zu kompensieren, wird das Schwungrad der Unruhe<br />
nicht aus einem vollen Ringe gebildet, sondern es wird an den Enden eines<br />
Durchmessers durchschnitten, so dass an Stelle eines Vollkreises zwei Halbkreise<br />
entstehen (Fig. 24); außerdem wird es aus zwei zusammengelöteten Lamellen von<br />
verschiedenem Material (Stahl und Messing) derart hergestellt, dass das Material,<br />
dem der größere Ausdehnungskoeffizient zukommt (Messing), nach außen liegt.<br />
24. Kompensationsunruhe.<br />
Infolgedessen wird sich bei zunehmender Temperatur der Bogen der Unruhe nach<br />
innen krümmen und den wirksamen Halbmesser vermindern; damit werden die<br />
Schwingungen schneller und heben die durch die verminderte Elastizität der<br />
Spiralfeder veranlasste Verlangsamung wieder auf, kompensieren sie. Durch<br />
Vorsetzung der Schrauben o und p lässt sich die Wirkung der Kompensation ändern.
Die Schrauben a a' dienen zur Regulierung der Schwingungsdauer. Bei den<br />
Schiffschronometern, die auf der Reise häufig sehr große Temperaturänderungen<br />
erfahren, genügt die einfache Kompensation nicht zur Erzielung eines<br />
gleichförmigen Ganges, bei diesen werden dann noch besondere Hilfs- oder<br />
Zügelkompensationen an der Unruhe angebracht. In neuerer Zeit verwendet man mit<br />
gutem Erfolge auch Nickelstahl von geringem Ausdehnungskoeffizienten für die<br />
Spiralfeder und die Unruhe. Sollen die <strong>Uhren</strong> gegen magnetische Einflüsse<br />
geschützt sein, so verwendet man Spiralen am Palladium. Zur Regulierung des<br />
Ganges verändert man bei Taschenuhren die Länge der Spiralfedern, hierzu dient<br />
der Rücker, der sich mit einem Arm an den äußersten Umgang der Spiralfeder<br />
anlegt und so den schwingenden Teil begrenzt. Die Stellung des Rückers wird durch<br />
einen Zeiger auf einer über der Unruhe befindlichen Brücke angezeigt. Die beiden<br />
äußersten Stellungen sind gewöhnlich mit A (avance) und R (retard), in englischen<br />
<strong>Uhren</strong> mit F (fast) und S (slow) bezeichnet und zeigen die Richtung an, nach der<br />
man den Rücker drehen muss, um ein Vorgehen, bez. ein Zurückbleiben der Uhr zu<br />
erreichen. Das Gestell der Taschenuhren ist ein sogen. Kloben- oder Brückenwerk<br />
und besteht aus einer Grundplatte mit aufgeschraubten _T-förmig gestalteten Kloben<br />
und _n_-förmigen Brücken oder Stegen. In den Kloben und Stegen einerseits und<br />
der Grundplatte anderseits sind die Zapfenlöcher für die verschiedenen Achsen des<br />
Uhrwerks angebracht; in bessern <strong>Uhren</strong> werden in diese Zapfenlöcher Edelsteine<br />
(Rubine, Saphire) eingesetzt, um die Reibung der Zapfen möglichst zu verringern.<br />
Das Aufziehen der Taschenuhren geschah früher immer mit einem Schlüssel, der<br />
auf den Zapfen des Federhauses, bez. der Schnecke aufgesetzt wurde, und ebenso<br />
wurden die Zeiger durch Aufsetzen des Schlüssels auf die Minutenachse gestellt;<br />
jetzt ist der Schlüsselaufzug jedoch ganz verdrängt durch den Remontoir- oder<br />
Knopfaufzug, der zugleich auch die Zeigerstellung ausführt. Er hat den großen<br />
Vorteil vor dem Schlüsselaufzug, dass das Werk mehr vor dem Eindringen von<br />
Schmutz und Staub geschützt ist.<br />
Die Gehäuse der Taschenuhren bestehen meist aus einem Gehäusereifen (Karrüre)<br />
mit Knopf (Pendant) und Bügel; auf einem Flansch des Reifens wird das Uhrwerk mit<br />
seiner Grundplatte durch Vorreiberschrauben befestigt (Gehäusepassung). Auf der<br />
einen Seite der Reifen ist ein Ring als Fassung für das Uhrglas; auf der andern Seite<br />
ist am Gehäusereifen der innere Staubdeckel (Küvette) befestigt, über die der<br />
eigentliche äußere Uhrdeckel zu liegen kommt. Häufig ist auch noch das Uhrglas mit<br />
einem besondern Deckel (Savonnette) versehen. Bei der >Savonnette ä guichet<<br />
erhält dieser Deckel zur Ablesung des Zifferblattes noch ein kleines Fenster und eine<br />
Stundenteilung.<br />
Auch Taschenuhren werden mit Schlagwerk versehen, meistens aber nur als<br />
Repetieruhren, bei denen man durch Drücken eines Knopfes das Schlagwerk, das<br />
Repetierwerk, auslöst, das durch Schläge auf eine kleine Glocke die letzte volle<br />
Stunde und die seitdem abgelaufenen Viertelstunden anzeigt. Auch mit<br />
Kalenderwerken werden Taschenuhren ausgerüstet, die neben dem Datum, die<br />
Zeitgleichung, die Mondphasen u. dgl. angeben. Im allgemeinen sind diese Beiwerke<br />
aber als Spielereien zu betrachten, welche die Güte der Uhr, d.h. die<br />
Gleichmäßigkeit ihres Ganges, nur beeinträchtigen.
Um kurze Zeitabschnitte genau und bequem nennen und ablesen zu können, ein<br />
Bedürfnis, das außer für wissenschaftliche Zwecke namentlich bei Wettrennen u.<br />
dgl. auftritt, versieht man die Taschenuhren häufig mit Registriereinrichtungen aller<br />
Art und bezeichnet sie dann als Sekundenzähler, Chronoskope (s.d.) oder häufig<br />
fälschlich auch als Chronographen. Meistens sind diese <strong>Uhren</strong> mit einem<br />
springenden großen Zeiger ausgerüstet, der jede fünftel Sekunde weiterspringt.<br />
Gewöhnlich steht der Zeiger auf der Sekunde Null in Ruhe; drückt man beim Beginn<br />
des zu messenden Zeitraumes auf einen Knopf, so wird der Zeiger ausgelöst und<br />
springt nun vorwärts, bis er am Ende des Zeitraumes nach einem zweiten Druck auf<br />
den Knopf arretiert wird. Die Dauer des Zeitraumes kann dann bis auf Fünftel-<br />
Sekunden genau auf dem Zifferblatte abgelesen werden. Drückt man nun zum<br />
drittenmal auf den Knopf, so springt der Zeiger in die Ruhestellung auf Null zurück,<br />
und die Uhr ist zu einer neuen Messung bereit.<br />
Weckeruhren sind <strong>Uhren</strong>, die zu einem bestimmten, jeweilig beliebig<br />
festzusetzenden Zeitpunkt ein lang andauerndes Schallsignal, ein Rasseln oder<br />
Läuten, verursachen, um schlafende Personen zu wecken. Das Werk der<br />
Weckeruhren hat ein besonderes Schlagwerk, das einen Hammer in eine sehr<br />
rasche Hin- und Herbewegung versetzt und so lange erhält, bis das Federtriebwerk,<br />
das jedes Mal vor der Einstellung des Weckers aufgezogen werden muss,<br />
abgelaufen ist oder arretiert wird.<br />
Wächterkontrolluhren nötigen den Wächter, zu regelmäßigen Zeiten seine<br />
Rundgänge zu machen, indem sie jede Abweichung von der Vorschrift erkennbar<br />
machen. Bei der Kontrolluhr von Bürk macht der Wächter mit verschiedenen, an den<br />
einzelnen Stationen in besondern Kästchen eingeschlossenen Schlüsseln auf einem<br />
in der Uhr sich bewegenden Papierstreifen Eindrücke, aus deren Ort in der<br />
Längsrichtung des Streifens auf den Zeitpunkt der Einwirkung, aus deren Ort in der<br />
Breite aber auf die Station geschlossen werden kann, an welcher sie erfolgt.<br />
Versäumt der Wächter eine Station, so fehlt ein derselben entsprechender Punkt auf<br />
dem Streifen.<br />
Die Chronometer oder Seeuhren stellen die genauesten transportabeln Zeitmesser<br />
dar (vgl. Art. >Chronometer
Ich hoffe dieses Produkt konnte ihren Erwartungen entsprechen.<br />
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