RRessourcen-Management Mineralwasser
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84<br />
Ressourcen-<strong>Management</strong><br />
<strong>Mineralwasser</strong> Karl-Heinz Köppen, Wasser und Boden GmbH<br />
Schutz im Hinblick auf Oberflächeneinflüsse und<br />
Erdwärmesonden<br />
Teil I – Grundlagen<br />
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) führt<br />
807 Quellen in seiner Liste der in Deutschland amtlich anerkannten und von<br />
dort stammenden Mineralwässer auf (Stand 08.09.2008).<br />
Gemäß der Begriffsbestimmung der Mineral-<br />
und Tafelwasserverordnung ist natürliches<br />
<strong>Mineralwasser</strong> Wasser, das folgende<br />
besondere Anforderungen erfüllt:<br />
1. „Es hat seinen Ursprung in unterirdischen,<br />
vor Verunreinigungen geschützten<br />
Wasservorkommen und<br />
wird aus einer oder mehreren natürlichen<br />
oder künstlich erschlossenen<br />
Quellen gewonnen“; d. h. es ist<br />
Grundwasser mit guten bis sehr guten<br />
Deckschichten aus einer Quell- oder<br />
Brunnenfassung<br />
2. „Es ist von ursprünglicher Reinheit<br />
und gekennzeichnet durch seinen Gehalt<br />
an Mineralien, Spurenelementen<br />
oder sonstigen Bestandteilen und gegebenenfalls<br />
durch bestimmte, insbesondere<br />
ernährungsphysiologische<br />
Wirkungen“; d. h. es ist Grundwasser<br />
ohne anthropogene Verunreinigungen,<br />
aber mit einer ausgeprägten<br />
charakteristischen Hydrochemie<br />
3. „Seine Zusammensetzung, seine Temperatur<br />
und seine übrigen wesentlichen<br />
Merkmale bleiben im Rahmen<br />
natürlicher Schwankungen konstant;<br />
durch Schwankungen in der Schüttung<br />
werden sie nicht verändert;“ d. h.<br />
es ist Grundwasser aus stabilen hydrogeologischen<br />
Verhältnissen<br />
Einen Vortrag zu dem Thema Ressourcen-<strong>Management</strong><br />
<strong>Mineralwasser</strong> hat<br />
Karl-Heinz Köppen beim Brunnenfachgespräch<br />
2008 gehalten.<br />
Tatsache ist, dass <strong>Mineralwasser</strong> am natürlichen<br />
Wasserhaushalt teilnimmt.<br />
Unabhängig von einer zeitlichen Komponente<br />
ist es als Niederschlag auf die<br />
Erdoberfläche gefallen und über eine<br />
Passage der obersten Bodenhorizonte in<br />
den tieferen Untergrund gelangt. Hier<br />
hat durch Reaktionen mit dem umgebenden<br />
Gestein und möglichen Gasen<br />
aus dem Erdinneren der Reifungsprozess<br />
zum <strong>Mineralwasser</strong> stattgefunden.<br />
Die Verwaltungsvorschrift über die Anerkennung<br />
und Nutzungsgenehmigung<br />
von natürlichem <strong>Mineralwasser</strong> konkretisiert<br />
die Begriffsbestimmung dahingehend,<br />
dass die „Angaben zur Beschaffenheit<br />
des natürlichen <strong>Mineralwasser</strong>s<br />
nicht erkennen lassen dürfen, dass mit<br />
anthropogenen Verunreinigungen (z. B.<br />
durch Mülldepots, Bergbau, Landwirtschaft)<br />
gerechnet werden muss“. Diese<br />
Aussage bildet den Ansatzpunkt für ein<br />
Ressourcen-<strong>Management</strong> <strong>Mineralwasser</strong>.<br />
Es geht über die Grenzen des Betriebes<br />
hinaus und ergänzt die betrieblichen<br />
Maßnahmen der Produktsicherheit (Abfülltechnik)<br />
sowie der technischen<br />
Quell- bzw. Brunnensicherheit (Brunnenbau/-management).<br />
Entstehungsgebiet eines<br />
<strong>Mineralwasser</strong>s<br />
Als Ausgangspunkt steht die Kernfrage -<br />
Wo ist das Entstehungsgebiet eines <strong>Mineralwasser</strong>s?<br />
Dieses entspricht dem Interessengebiet<br />
des Betriebes. Es ist durch<br />
das Ressourcen-<strong>Management</strong> abzudecken<br />
und zu betreuen.<br />
Um das Entstehungsgebiet eines <strong>Mineralwasser</strong>s<br />
einzugrenzen, sind je nach<br />
regionalen Verhältnissen zahlreiche<br />
Hilfsmethoden und Kriterien heranzuziehen<br />
und in unterschiedlichen Kombinationen<br />
anzuwenden. Hier sind beispielhaft<br />
die Morphologie, Hydrologie,<br />
Geologie/Hydrogeologie, Hydrochemie<br />
und Isotopenchemie zu nennen.<br />
Eine fachtechnische Ableitung des Entstehungsgebietes<br />
beginnt im jeweiligen<br />
Abfüllbetrieb. Hier existiert die Fassung<br />
mit ihren standortbezogenen hydrogeologischen<br />
Eckdaten. Über die Unterlagen<br />
zur amtlichen Anerkennung des <strong>Mineralwasser</strong>s<br />
erfolgte die hydrochemische<br />
Charakterisierung, auch des unterirdischen<br />
Einzugsgebietes des <strong>Mineralwasser</strong>s.<br />
Die Nutzungsgenehmigung erforderte<br />
erste Angaben zur Geologie und<br />
Hydrogeologie des Vorkommens. Eine<br />
Konkretisierung dieser meist allgemein<br />
gehaltenen Beschreibungen ist aus dem<br />
Betrieb mittels der Auswertung von<br />
Wasserständen, Förderdaten und chemischen<br />
Analysen (Quellmanagement)<br />
möglich. Nach der Recherche aus dem<br />
firmeneigenen Datenbeständen erfolgt<br />
der nächste Schritt einer Regionalisierung<br />
mittels amtlicher geologischer Karten,<br />
Unterlagen von Universitäten,<br />
Bohrarchiven der geologischen Dienste<br />
der Länder, Klimadaten u.a.<br />
Die Kombination all dieser Informationen<br />
führt zu einer geologisch-hydrogeologisch<br />
begründeten Modellvorstellung<br />
des Einzugsgebietes (siehe Abb. 1). Über<br />
die Beschaffenheit der Erdoberfläche<br />
DER MINERALBRUNNEN 3/2009
Abb. 1: Modell eines Einzugsgebietes<br />
(Morphologie/ Oberirdisches Einzugsgebiet)<br />
wird durch den geologischen Aufbau<br />
eines Gebietes und dessen hydrogeologische<br />
Beschaffenheit ein unterirdisches<br />
Einzugsgebiet identifiziert und<br />
mittels einer Wasserhaushaltsbilanz der<br />
Zusammenhang mit der Nutzung des<br />
Vorkommens und dem natürlichen Wasserhaushalt<br />
hergestellt. Der Abgleich der<br />
Geo-Hydrochemie der vorkommenden<br />
Gesteine mit der Charakteristik des <strong>Mineralwasser</strong>s<br />
runden das Bild ab. Isotopenchemische<br />
Untersuchungen liefern<br />
Hinweise auf die Verweildauer im Untergrund.<br />
Schutzgebiete<br />
Mit der Eingrenzung des Entstehungsgebietes<br />
von <strong>Mineralwasser</strong> ist das Interessengebiet<br />
des Unternehmens identifiziert<br />
und die Grundlage für ein Ressourcen-<strong>Management</strong><br />
<strong>Mineralwasser</strong> geschaffen.<br />
Liegt eine Anerkennung als Heilwasser<br />
vor, kann auf dieser Grundlage eine Abgrenzung<br />
eines Heilquellenschutzgebietes<br />
im öffentlichen Interesse erfolgen.<br />
In Rheinland-Pfalz bildet es die Grundlage<br />
für die Abgrenzung eines <strong>Mineralwasser</strong>gewinnungsgebietes.<br />
Hierdurch<br />
werden seitens der Landesbehörden die<br />
Tatsachen, dass <strong>Mineralwasser</strong> standortgebunden<br />
vorkommt und die Entnahme<br />
wasserrechtlich genehmigt ist, gewürdigt.<br />
Besonders die in der amtlichen Anerkennung<br />
des <strong>Mineralwasser</strong>s berück-<br />
sichtigte ursprüngliche Reinheit soll<br />
durch die Prävention vor anthropogenen<br />
Stoffen oder deren Eintrag geschützt<br />
werden; hier wird in erster Linie<br />
eine Gefahr in unkontrollierten Bohrtätigkeiten<br />
gesehen.<br />
Oberflächeneinflüsse<br />
Durch die Einbindung in den natürlichen<br />
Wasserhaushalt können sich Oberflächeneinflüsse<br />
negativ auf die ursprüngliche<br />
Reinheit des <strong>Mineralwasser</strong>s<br />
auswirken. Innerhalb eines Entstehungsgebietes<br />
sind neben dem potenziellen<br />
Eintrag aus der Atmosphäre drei<br />
Formen von Gefahrenquellen zu nennen.<br />
Dies sind<br />
◆ Flächenhafte (diffuse) Gefahrenquellen<br />
(Nutzung)<br />
◆ Linienförmige Gefahrenquellen (Infrastruktur)<br />
◆ Punktförmige Gefahrenquellen<br />
Exemplarisch werden diesen in Abbildung<br />
2 Einzelgefährdungen zugeordnet,<br />
die in nahezu jedem Einzugsgebiet vorkommen.<br />
Im Rahmen eines Ressourcen-<strong>Management</strong>s<br />
<strong>Mineralwasser</strong> gilt es diese Gefahrenquellen<br />
zu erfassen und hinsichtlich<br />
ihres realen Gefahrenpotenzials unter<br />
Beachtung einer zeitlichen Komponente<br />
Abb. 2: Gefahrenquellen für <strong>Mineralwasser</strong>vorkommen<br />
zu beurteilen. Bei der Erfassung ist neben<br />
der Kenntnis des eigenen Umfeldes<br />
vor allem die Erfragung und Auswertung<br />
der bereits bei den zuständigen Behörden<br />
vorliegenden Informationen<br />
hilfreich.<br />
Beispiel: Oberflächennahe<br />
Geothermie<br />
Eine Erschließung der oberflächennahen<br />
Geothermie ist aktuell eine regenerative<br />
Energieform für Hausneubauer. Aufgrund<br />
der Tatsache, dass sie durch Bohrungen<br />
häufig in unterschiedlicher Tiefe<br />
in den Untergrund eingreifen, stellen sie<br />
im Bildungs- und Nahbereich von <strong>Mineralwasser</strong>gewinnungen<br />
eine deutliche<br />
Gefährdung für das Vorkommen als<br />
punktförmige Gefahrenquelle dar.<br />
Wieso eine Gefahrenquelle? Diese Frage<br />
beantwortet sich aus der praktischen<br />
Umsetzung der Bohrarbeiten. Häufig<br />
wird die Bohrung durch nicht qualifizierte<br />
Firmen abgeteuft. Die Bohrung<br />
wird als „Loch“ im Untergrund zum<br />
Ausbau als Erdwärmesonde erstellt. Dabei<br />
werden häufig weder die Erkenntnisse<br />
des Bodenaufbaus (Geologie) noch<br />
unterschiedliche Grundwasserstockwerke<br />
(Hydrogeologie) berücksichtigt. Beides<br />
kann zu einer fehlenden bzw. mangelhaften<br />
Dichtung des Ringraumes und<br />
dadurch zu verbesserten vertikalen<br />
Wegsamkeiten führen, die den Eintrag<br />
von schädlichen Stoffen begünstigen.<br />
DER MINERALBRUNNEN 3/2009 85
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Daneben steht die z. T. noch gebräuchliche<br />
Verwendung von wassergefährdenden<br />
Betriebs- bzw. Füllstoffen.<br />
Durch einen engen Behördenkontakt<br />
sollte im Rahmen eines Ressourcen-<strong>Management</strong>s<br />
<strong>Mineralwasser</strong> die Beteiligung<br />
(Anhörung eines <strong>Mineralwasser</strong>betriebes)<br />
bei Genehmigungsverfahren<br />
für Erdwärmesonden erreicht werden.<br />
Alle Erdwärmebohrungen sind nach dem<br />
Lagerstättengesetz beim jeweiligen Geologischen<br />
Landesamt bzw. Geologischen<br />
Dienst anzeigepflichtig. Weiterhin stellen<br />
Erdwärmebohrungen unbefugte Eingriffe<br />
gemäß § 35 WHG (2) dar und sind deshalb<br />
in zahlreichen Bundesländern anzeigepflichtig.<br />
Bei Entnahme von Wasser<br />
und Wiedereinleitung stellen sie außerdem<br />
einen erlaubnispflichtigen Nutzungstatbestand<br />
nach § 3 Abs. 2 Nr. 2<br />
WHG dar. Über 100 m Bohrtiefe gilt die<br />
Anzeigepflicht nach § 127 BBergG.<br />
Daraus folgt: Geologisches Landesamt<br />
oder Geologischer Dienst, die Untere<br />
Wasserbehörde oder die zuständige<br />
Bergbehörde sollten vor dem Bohrbeginn<br />
von dem Eingriff Kenntnis haben. Die<br />
Kenntnis des eigenen <strong>Mineralwasser</strong>entstehungsgebietes<br />
ermöglicht eine konkrete<br />
Mitwirkung bei der Entscheidung<br />
über eine Zulässigkeit solcher Bohrungen<br />
(Gefahr für das Vorkommen).<br />
Schutz- und Überwachungs -<br />
maßnahmen in <strong>Mineralwasser</strong> -<br />
gewinnungsgebieten<br />
Ein Ressourcen-<strong>Management</strong> <strong>Mineralwasser</strong><br />
ist nur realisierbar mit der Kenntnis<br />
der Herkunft des zu schützenden <strong>Mineralwasser</strong>s<br />
und dessen räumlichen Bezug.<br />
Der nach außen zu tragende Anspruch<br />
auf Schutz bedingt zwingend die Prüfung<br />
der eigenen Anlagen und des eigenen<br />
Betriebes im Hinblick auf <strong>Mineralwasser</strong>schutz.<br />
Durch eine Information der vor Ort zuständigen<br />
und tätigen Behörden über die<br />
Ressource und die erkannten Gefahrenpotenziale<br />
im Einzugsgebiet kann eine<br />
Sensibilisierung erreicht werden, die im<br />
Idealfall in einer Mitwirkung/Beteiligung<br />
bei allen Planungs- und Genehmigungsverfahren<br />
sowie der Einbindung<br />
in Alarmpläne innerhalb des Gebietes<br />
einmündet.<br />
Durch Beobachtung und gegebenenfalls<br />
Kooperation mit Land- und Forstwirtschaft<br />
ist eine standortangepasste,<br />
grundwasserschonende Nutzung anzustreben,<br />
die durch bewusste Düngung<br />
und Einsatz von chemischen Stoffen<br />
eine Langzeitvorsorge darstellt.<br />
Träger von Infrastruktureinheiten (z. B.<br />
DB AG Entkrautung, Stadtwerke Kanalisation,<br />
Straßenverwaltung) sind sich<br />
häufig der Existenz von <strong>Mineralwasser</strong>entstehungsgebieten<br />
nicht bewusst. Nur<br />
Weitere Informationen:<br />
Dr. Karl-Heinz Köppen<br />
c/o Wasser und Boden GmbH<br />
Am Heidepark 6<br />
56154 Boppard-Buchholz<br />
koeppen@wasserundboden.de<br />
in amtlichen Schutzgebieten (z. B. Trinkwasser,<br />
Heilquellen) handelt man entsprechend<br />
vorbeugend, hier führt eine<br />
Information häufig zu einem Wandel des<br />
Bewusstseins.<br />
Die Sensibilisierung der eigenen Mitarbeiter<br />
führt zu einer Überwachung des<br />
Gebietes hinsichtlich Bohrungen (Bohrgeräte).<br />
Die Frage nach der Genehmigung<br />
liegt in ihrem Interesse, aber auch<br />
der geologische Aufschluss von genehmigten<br />
Bohrungen dient ihrem Informationsgewinn<br />
und einer Verbesserung der<br />
Kenntnis des Gebietes.<br />
Ressourcen-<strong>Management</strong> <strong>Mineralwasser</strong><br />
bedeutet nach der Kenntnis des Handlungsraumes<br />
(Einzugsgebietes) in erster<br />
Linie die Schaffung eines Netzwerkes von<br />
Verbindungen in der Region zur Sensibilisierung<br />
von Entscheidungsträgern hinsichtlich<br />
der Gefahren für das standortgebundene<br />
<strong>Mineralwasser</strong>vorkommen zum<br />
Schutz vor Oberflächeneinflüssen und<br />
Erdwärmesonden. Es dient somit dem<br />
langfristigen Schutz des <strong>Mineralwasser</strong>vorkommens<br />
vor anthropogenen Einflüssen,<br />
welche die ursprüngliche Reinheit<br />
gefährden können. ■<br />
DER MINERALBRUNNEN 3/2009