Nachrichten und Buchbesprechungen. - Bergischer ...
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<strong>Nachrichten</strong><br />
Mitgliederversammlung 2000 des Bergischen<br />
Geschichtsvereins, Abteilung<br />
Wuppertal<br />
Die Mitgliederversammlung der Abteilung<br />
Wuppertal des BGV fand in diesem Jahr am 2.<br />
März 2000 statt. Diese Versammlungen folgen<br />
alle einem bewährten Schema, <strong>und</strong> so begann<br />
auch die diesjährige Versammlung mit dem<br />
Bericht des Vorsitzenden, an dessen Anfang<br />
immer die Verlesung der im vergangenen Jahr<br />
verstorbenen Mitglieder steht. 1999 verlor unsere<br />
Abteilung durch den Tod Heinrich Beuermann,<br />
Hans Eckstaedt, Petra Elbers, Werner<br />
Heyer, Ilse Holtvoeth, Ruth Kleinkauf, Ruth<br />
Klophaus, Gert Lücken, Heinz Ravens, Martin<br />
Rebensburg, Otto Roche, Dr. Friedrich-Karl<br />
Römer, Anny Schneider, Karl-Heinz Schutte,<br />
Hans-Ludwig Slupina, Erika Strauch, Wolfgang<br />
Vonhoff, Ilse Walraven, Dr. Richard<br />
Weskott, Guido Wolff <strong>und</strong> Günter Würdemann.<br />
Zu Ehren der Toten erhob sich die Versammlung<br />
von den Plätzen. Der Bergische Geschichtsverein<br />
wird seinen Toten, von denen<br />
die meisten ihm jahrzehntelang angehört haben,<br />
ein ehrendes Andenken bewahren.<br />
Der Vorsitzende trug dann den allgemeinen<br />
Rechenschaftsbericht vor. Die Abteilung Wuppertal<br />
umfaßte am Berichtstag 876 Mitglieder.<br />
Diese Zahl liegt seit Jahren knapp unter 900<br />
Mitgliedern. Erfreulich ist, daß die Abteilung<br />
im vergangenen Jahr viele Jubilare hatte, die –<br />
wie seit einiger Zeit bei uns üblich – mit einem<br />
kleinen Geschenk für ihre Treue geehrt werden.<br />
40 Jahre Mitglied ist in unserer Abteilung<br />
Ilse Decker, 25jährige Mitgliedschaft erreichten<br />
die Mitglieder Heiner Adamsen, Reim<strong>und</strong><br />
Bach, Ilse Bechmann, Helene Bergmann, Ursula<br />
Bucklem<strong>und</strong>, Prof. Dr. Volker Deutsch,<br />
Peter Dickmann, Johannes Dinnebier, Hans<br />
Edelhoff, Günter Ernst, Detlev Flossbach, Hildegard<br />
Giertz, Edelgard Goeke-Valentin, Elsbeth<br />
Heinze, Ruth Jonas, Rolf Kampschulte,<br />
Ruth Keppeler, Reinhard Kerlen, Ulrich Klein,<br />
Klara Kleine-Döpke, Paul Krauss, Rudolf Krügelstein,<br />
Peter Leibenguth-Nordmann, Änne<br />
Leithaus, Joachim Lörzer, Kurt H. Lotz, Eugen<br />
Luckey, Manfred Lück, Heinz Lütsch, Michael<br />
Marx, Ruth Meyer-Kahrweg, Siegfried Piller,<br />
Ulrich Püngel, Dr. Hartmut Sander, Emilie<br />
Schmidt, Johannes Schmidt, Werner Schmitz,<br />
Frank von Schroeder, Gudrun Stengel, Manfred<br />
Thomas, Peter Trabitzsch, Anneliese Trachte,<br />
Bertha Vogel, Peter Voogt <strong>und</strong> Werner A. Zimmermann.<br />
Diese große Zahl von insgesamt 45<br />
Jubilaren mit 25jähriger Mitgliedschaft, die alle<br />
im Jahre 1975 in unseren Verein eintraten,<br />
hängt zusammen mit der Mobilisierung der<br />
Wuppertaler Bürgerschaft für die Belange der<br />
Denkmalpflege <strong>und</strong> des Denkmalschutzes, ein<br />
Anliegen, das vom Bergischen Geschichtsverein<br />
<strong>und</strong> seinem damaligen Vorsitzenden Dr.<br />
Michael Metschies engagiert vertreten wurde.<br />
Der Vorstand <strong>und</strong> Beirat der Abteilung<br />
Wuppertal kam 1999 viermal zu Sitzungen zusammen,<br />
er traf sich daneben zweimal zu Arbeitsessen,<br />
die von jedem Teilnehmer selbst<br />
bezahlt wurden. Das Vortragsprogramm, zusammengestellt<br />
von Frau Meyer-Kahrweg,<br />
umfaßte erneut sieben Vorträge. Das Fahrtenprogramm<br />
konnte 1999 ausgeweitet werden, es<br />
liegt in der Verantwortung von Frau Dr. Lekebusch<br />
<strong>und</strong> Herrn Esser. Der Vorsitzende dankte<br />
den für die unterschiedlichen Programmteile<br />
Verantwortlichen sehr herzlich für ihre Arbeit.<br />
Er kündigte an, daß mit dem Jahr 2000 die Organisation<br />
der Vorträge von den Herren PD.<br />
Dr. Wolfgang Heinrichs <strong>und</strong> Dr. Jürgen Müller-Späth<br />
wahrgenommen werde. Frau Meyer-<br />
Kahrweg, die diesen Teil jahrzehntelang betreut<br />
hat <strong>und</strong> um Entbindung von ihrem Amt<br />
gebeten hatte, wurde auf Vorschlag des Vorsitzenden<br />
zum Ehrenmitglied unserer Abteilung<br />
ernannt.<br />
Die Vertretung des BGV in den zuständigen<br />
Ratsausschüssen des Rates der Stadt Wuppertal<br />
erfolgt durch Hans Joachim de Bruyn-<br />
Ouboter. Auch ihm sprach der Vorsitzende den<br />
Dank der Abteilung aus. Joachim de Bruyn-<br />
Ouboter berichtete kurz über seine Arbeit, vor<br />
allem den Stand der Bemühungen um die<br />
Schwebebahn. Er wies hin auf die gute Zusam-<br />
157
menarbeit des BGV mit dem Rheinischen Verein<br />
für Denkmalpflege <strong>und</strong> Landschaftsschutz,<br />
mit der Bürgerinitiative zur Unterschutzstellung<br />
der Schwebebahn (Metschies/Goebel)<br />
<strong>und</strong> mit den Bergischen Museumsbahnen. Auf<br />
die Frage eines Mitglieds nach der Zusammenarbeit<br />
der historischen Forschung im Bereich<br />
Berg <strong>und</strong> Mark wurde berichtet von den Aufsätzen<br />
<strong>und</strong> Beiträgen des ehemaligen Leiters<br />
des Museums Haus Martfeld (Schwelm), Gerd<br />
Helbeck <strong>und</strong> über die Planung für einen „Tag<br />
der Bergischen Geschichte„, der 2001 stattfinden<br />
<strong>und</strong> die benachbarten Territorien Berg <strong>und</strong><br />
Mark zum Thema haben wird.<br />
An Publikationen veröffentlichte die Abteilung<br />
Wuppertal 1999 den 8. Jahrgang ihrer<br />
Zeitschrift „Geschichte im Wuppertal“, dieses<br />
Mal ein besonders umfangreiches Heft von<br />
156 Seiten.<br />
Rückschau auf die Vorträge von 1999/2000<br />
Unsere Vorträge finden – wenn nichts dazwischen<br />
kommt – immer am ersten Donnerstag<br />
der Monate Februar, März, April, Mai sowie<br />
im September, Oktober <strong>und</strong> November um<br />
19.00 Uhr in der Zentralbibliothek in Wuppertal-Elberfeld,<br />
Kolpingstraße 8, statt.<br />
Am 2. September 1999, sprach Herr Prof.<br />
Dr. Volkmar Wittmütz zum Thema „Johann<br />
Friedrich Wilberg, 1766–1846, ein Pädagoge<br />
von Rang“.<br />
Willberg, geboren am 5. November 1766 in<br />
Ziesar, Krs. Jerichow/Sachsen, aufgewachsen<br />
in ärmlichen Verhältnissen, lernte in jungen<br />
Jahren Friedrich Eberhard von Rochow <strong>und</strong><br />
seine Volksschule in Reckahn kennen. Hier<br />
wurden die Kinder ohne Schläge <strong>und</strong> Strafen<br />
erzogen; in ihnen sollte das Gute geweckt <strong>und</strong><br />
gefördert werden. 1802 wurde Wilberg, der inzwischen<br />
den Lehrerberuf gewählt hatte, von<br />
Elberfelder Kaufleuten nach hier gerufen <strong>und</strong><br />
unterrichtete bis 1838 nicht nur Kinder, sondern<br />
auch junge Kollegen im Geiste Rochows.<br />
Er war Schulinspektor der Stadt, organisierte<br />
das Armenwesen neu <strong>und</strong> gab zahlreiche<br />
158<br />
Der Bericht unseres Schatzmeisters Herrn<br />
Dr. Wicht konnte kurz gehalten werden. Die finanzielle<br />
Lage des Vereins war zufriedenstellend,<br />
die finanziellen Verpflichtungen konnten<br />
aus den Mitgliedsbeiträgen des Vereins <strong>und</strong> aus<br />
dem zurückgegangenen Spendenaufkommen<br />
bezahlt werden. Die erheblichen Zuschüsse, die<br />
an den Hauptverein gehen, konnten ihm überwiesen<br />
werden. Frau Weidenbach <strong>und</strong> Herr Dr.<br />
Paetzold hatten die Kassenführung geprüft, sie<br />
hatten keine Bedenken, der Versammlung die<br />
Entlastung des Vorstandes zu empfehlen. Die<br />
Versammlung folgte dieser Empfehlung.<br />
Die Schwebebahn war in dieser Jahresversammlung<br />
kein Thema mehr, die Erneuerung<br />
schreitet voran <strong>und</strong> die Bevölkerung hat sich<br />
von dem Bemühen der Baufirmen überzeugt,<br />
die neue Schwebebahn so zu errichten, wie die<br />
alte ausgesehen hat. V.W.<br />
Schriften heraus. 1839 zog er nach Bonn, wo<br />
er am 17. Dezember 1846 starb. In Elberfeld<br />
erinnert nicht nur die Wilbergstraße (zw. Hofkamp<br />
<strong>und</strong> Wülfingstraße) an ihn, sondern auch<br />
sein Denkmal auf der Höhe der Hardt.<br />
Am 7. Oktober 1999 folgte ein Lichtbilder-<br />
Vortrag von Frau Dr. Beate Battenfeld mit<br />
dem Titel „Aus Ton geformt <strong>und</strong> gebrannt –<br />
die Entwicklung der Ziegelindustrie in<br />
Wuppertal“. In zahlreichen Bildern wurde erläutert,<br />
wie sich die Ziegelherstellung von der<br />
Ausformung per Hand bis zur industriellen<br />
Herstellung wandelte. Ebenso wurde an die<br />
verschiedensten Ziegeleien des Bergischen<br />
Landes <strong>und</strong> auch einige aus dem Wuppertal erinnert.<br />
Wer sich noch genauer informieren<br />
möchte, dem empfehlen wir das Buch von Beate<br />
Battenfeld „Die Ziegelindustrie im Bergischen<br />
Land“, hg. vom Bergischen Geschichtsverein,<br />
Abteilung Solingen, Solingen 1998<br />
(Beiträge der Forschungsstelle für Architekturgeschichte<br />
<strong>und</strong> Denkmalpflege der Bergischen<br />
Universität - Gesamthochschule Wuppertal,<br />
Band 10).
Die Vorträge des Jahres 1999 endeten am 4.<br />
November mit dem Beitrag von Herrn Prof.<br />
Dr. Klaus Goebel, dessen Titel „Drei St<strong>und</strong>en<br />
hinter Berlin – Heinrich Wolfgang Seidel<br />
– ein Portrait des Autors in Briefen <strong>und</strong><br />
Geschichten“ lautete. Heinrich Wolfgang Seidel<br />
(1876–1945) war Pfarrer in Berlin <strong>und</strong><br />
Eberswalde. Er schrieb Romane, Novellen <strong>und</strong><br />
Erzählungen sowie theologische Essays <strong>und</strong><br />
blieb doch immer im Schatten seines Vaters<br />
Heinrich (Leberecht Hühnchen) <strong>und</strong> seiner<br />
Ehefrau Ina (Das Wunschkind, Lennacker).<br />
Aber gerade in seinen Briefen legt er Zeugnis<br />
ab vom Alltag eines Vikars in einer kleinen<br />
brandenburgischen Dorfgemeinde. So entstand<br />
ein historisches Dokument aus der Kaiserzeit,<br />
das sich zu lesen lohnt. Es ist mit dem Titel<br />
„Drei St<strong>und</strong>en hinter Berlin. Briefe aus dem<br />
Vikariat“ – Hg. Klaus Goebel – im Inselverlag<br />
als Taschenburg Nr. 2158 erschienen.<br />
Die Veranstaltungen im ersten Halbjahr<br />
2000 sollten am 3. Februar mit einem Vortrag<br />
über den bekannten Architekten Emil Fahrenkamp<br />
beginnen. Aber wegen einer Erkrankung<br />
des Referenten mußte das Thema verschoben<br />
werden <strong>und</strong> wird nun am 5. Oktober 2000<br />
nachgeholt. Stattdessen sprach Herr Prof. Dr.<br />
Volkmar Wittmütz „Zur Konfessionalisierung<br />
im Bergischen Land“. Im Zuge der Reformation<br />
mußten sich die bis dahin katholischen<br />
Gemeinden entscheiden, „was glauben<br />
wir jetzt?“ Dabei ging es nicht nur darum, bleiben<br />
wir katholisch oder werden wir Anhänger<br />
von Luther, tauschen also ein Dogma gegen eine<br />
neue Lehre, sondern die Gemeinden mußten<br />
sich entscheiden, welche Kirchenordnung geben<br />
wir uns, wer wird unser Prediger sein,<br />
kann der ehemals katholische Priester sein<br />
Amt in modifizierter Form weiter ausüben?<br />
Welche Richtlinien weist uns die Bibel? Ist<br />
Calvin auf dem rechten Weg? Es kam zu langwierigen<br />
Entscheidungsprozessen, die noch<br />
heute ihren Niederschlag finden in den unterschiedlichen<br />
Ausrichtungen des Protestantismus<br />
im Bergischen Land. Untersuchungen zu<br />
diesem Thema finden Interessierte in Band 136<br />
der Schriftenreihe des Vereins der Rheinischen<br />
Kirchengeschichte: „Drei Konfessionen in ei-<br />
ner Region, Beiträge zur Geschichte der Konfessionalisierung<br />
im Herzogtum Berg vom 16.<br />
bis zum 18. Jahrh<strong>und</strong>ert,“ (Hg. Burkhard Dietz<br />
<strong>und</strong> Stefan Ehrenpreis).<br />
Am 2. März 2000 hielt Herr Hans Joachim<br />
de Bruyn-Ouboter einen Lichtbildervortrag<br />
über „Die Geschichte des Döppersbergs: Von<br />
der Wiese am Rande Elberfelds zu Wuppertals<br />
,Neuer Stadtmitte‘“. In eindrucksvollen<br />
<strong>und</strong> z.T. unbekannten Bildern wurde die Entwicklung<br />
von der ehemaligen Bleicherwiese<br />
am Brausenwerth zum heutigen Verkehrsknotenpunkt<br />
Döppersberg geschildert. Wir sahen<br />
die erste hölzerne Brücke als Verbindung zwischen<br />
der Alten Freiheit <strong>und</strong> dem höher gelegenen<br />
Südufer der Wupper, auf dem später der<br />
erste Bahnhof thronte. Eine imposante Badeanstalt<br />
folgte, ebenso das Stadttheater, <strong>und</strong> auf<br />
dem Brausenwerther Platz befand sich das<br />
Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Der Zweite Weltkrieg<br />
hat das alles weggefegt, bis auf den<br />
Bahnhof <strong>und</strong> das Direktionsgebäude der Bergisch-Märkischen<br />
Eisenbahn. Das Vakuum<br />
wurde nach dem Motto „Platz da für den Autoverkehr“<br />
durch breite Straßen zerteilt <strong>und</strong> mit<br />
einem Busbahnhof bestückt, der trotz der praktischen<br />
Nähe zu den Einkaufszentren heute<br />
vielen ein Dorn im Auge ist. Was aber kommt<br />
danach? Herr de Bruyn-Ouboter zeichnete ein<br />
Zukunftsbild, das manchem gewöhnungsbedürftig<br />
sein wird. Der Höhenunterschied zwischen<br />
Innenstadt <strong>und</strong> Bahnhofsgelände muß<br />
wiederum überbrückt werden, der Busbahnhof<br />
soll über dem Bahnhof der Eisenbahn sozusagen<br />
als zweite Etage angesiedelt werden <strong>und</strong><br />
bedarf dazu einer mächtigen Rampe. Neue Gebäude<br />
werden den Bahnhofsvorplatz säumen<br />
<strong>und</strong> ein hoher Büroturm wird anstelle des ehemaligen<br />
Kaiserhofs die Besucher der Stadt<br />
empfangen. Nach den Visionen der Planer<br />
wird sich Elberfeld weltstädtisch geben – warten<br />
wir’s ab.<br />
Am 6. April 2000 sprach Herr Prof. Dr.<br />
Gerhard E. Sollbach über das Thema „Heimat<br />
adé – Die Kinderlandverschickung im<br />
Zweiten Weltkrieg“. Durch den „Führerbefehl“<br />
wurde am 27.9.1940 die Evakuierung<br />
159
von Kindern aus den luftkriegsgefährdeten<br />
Städten angeordnet. Was amtlich „(Erweiterte)<br />
Kinderlandverschickung“ (KLV) hieß, entwickelte<br />
sich im Verlauf des Krieges zur bisher<br />
größten Binnenwanderung in der Geschichte.<br />
Der Vortrag schilderte Ziele, Organisation,<br />
Verlauf <strong>und</strong> Realität dieser Kriegserfahrung einer<br />
ganzen Kinder- <strong>und</strong> Jugendgeneration. Dabei<br />
stellte sich heraus, daß anfänglich viele<br />
Mütter mit ihren Kindern die Verschickung<br />
aufs Land sehr wohl auch als angenehme Erfahrung<br />
schätzen lernten, denn längst nicht jeder<br />
konnte sich zu damaliger Zeit einen Sommerurlaub<br />
leisten. Doch mit fortschreitendem<br />
Krieg <strong>und</strong> mit rigoroserer Durchführung der<br />
Bestimmungen kam es zu Zwangsmaßnahmen,<br />
die für die Kinder nicht immer als positiv empf<strong>und</strong>en<br />
werden konnten. Jedoch auch dabei<br />
gab es Unterschiede: Ganze Schulen wurden z.<br />
B. nach Thüringen verschickt <strong>und</strong> die Kinder<br />
bei dortigen Familien untergebracht, während<br />
der Klassenverband ein Stück Heimat bildete.<br />
Anders war es bei Kindern, die einzeln <strong>und</strong><br />
z.T. viel zu jung <strong>und</strong> nur mit einer „Paketkarte“<br />
um den Hals auf die Reise geschickt wurden,<br />
manchmal mit unbekanntem <strong>und</strong> meist bäuerlichem<br />
Ziel, das ihnen schon von der Sprache<br />
her fremd war. Außerdem konnten Sechs- <strong>und</strong><br />
Siebenjährige noch nicht schreiben <strong>und</strong> sich<br />
mit ihren Eltern selbständig in Verbindung setzen.<br />
Kinder, die in Gruppen verschickt <strong>und</strong> in<br />
Lagern untergebracht wurden, hatten sicher<br />
weniger Heimweh als einzelne, dafür aber waren<br />
sie z.T. unmerklicher parteipolitischer Indoktrination<br />
ausgesetzt. Außerdem war die<br />
Verschickung aus Gründen der Sicherheit<br />
manchmal ein Trugschluß, besonders wenn die<br />
Kinder gegen Ende des Krieges nicht mehr<br />
rechtzeitig in die Heimat zurückgeführt werden<br />
konnten. All diesen Fragen müßte noch intensiver<br />
nachgegangen werden, <strong>und</strong> es wäre<br />
160<br />
gut, wenn in Bezug auf Wuppertal das ganze<br />
Thema einmal aufgearbeitet werden könnte,<br />
bevor die letzten Zeitzeugen nicht mehr zur<br />
Verfügung stehen. Herr Prof. Sollbach hat diese<br />
Untersuchung für den Raum Hagen beispielgebend<br />
durchgeführt <strong>und</strong> in einer dortigen<br />
Ausstellung präsentiert.<br />
Den Abschluß der Vortragsreihe im ersten<br />
Halbjahr 2000 bildete der Bericht von Herrn<br />
Dr.-Ing. Joachim Renner über die „Wasserwirtschaft<br />
im Bergischen Land – Rückblick<br />
<strong>und</strong> Vorschau“. Herr Dr. Renner sprach als<br />
Leiter des Geschäftsbereichs Technik im Wupperverband<br />
<strong>und</strong> machte die Zuhörer mit den<br />
Aufgaben <strong>und</strong> Zielen dieses Verbandes bekannt.<br />
Gegründet wurde er 1930 für das Niederschlagsgebiet<br />
der Wupper mit der Aufgabe,<br />
für Verwaltung, Unterhaltung <strong>und</strong> Reinhaltung<br />
des gesamten Wasserschatzes der Wupper <strong>und</strong><br />
ihrer Nebenflüsse zu sorgen. Darüber hinaus<br />
sorgt der Wupperverband für die Trinkwasserbereitstellung,<br />
die Abwasserreinigung <strong>und</strong> gewährleistet<br />
die optimale Nutzung der Wasservorräte<br />
für den Menschen <strong>und</strong> die Umwelt bei<br />
vertretbaren Kosten. Zu den Mitgliedern<br />
gehören Städte <strong>und</strong> Gemeinden, Kreise, Wasserversorgungsunternehmen<br />
sowie Gewerbe<br />
<strong>und</strong> Industrie. Die Talsperren, die dem Wupperverband<br />
gehören, sind die Wuppertalsperre,<br />
die Bever-, Lingese-, Brucher <strong>und</strong> die winzige<br />
Schevelinger Talsperre. Seit 1985 gehört auch<br />
die große Dhünn-Talsperre dazu (Bauzeit<br />
1975–85, Vollstau seit April 1987). Bei einer<br />
Exkursion mit Frau Dr. Lekebusch am 13. Juli<br />
2000 konnten sich unsere Mitglieder von den<br />
gewaltigen Ausmaßen dieser Sperre vor Ort<br />
überzeugen <strong>und</strong> auch einen Gang bis fast zum<br />
Boden der Sperre wagen.<br />
Ruth Meyer-Kahrweg
Dr. Michael Metschies 1939–2000<br />
Am 4. Juli erlag, erst sechzigjährig,<br />
Dr. Michael Metschies einer unheilbaren<br />
Krebserkrankung. Unsere Abteilung Wuppertal<br />
des BGV <strong>und</strong> der Gesamtverein verlieren<br />
mit ihm ein hochverdientes Mitglied. Von 1973<br />
bis 1993 war er Vorsitzender der Abteilung<br />
Wuppertal, die in seiner Epoche von ca. 420<br />
auf über 860 Mitglieder wuchs. Der Schwerpunkt<br />
seiner erfolgreichen Vereinsarbeit war<br />
die Denkmalpflege. Mehr als 25 Jahre wirkte<br />
er auch als Beauftragter des BGV-Gesamtvereins<br />
für Denk mal- <strong>und</strong> Stadtbildpflege.<br />
Michael Metschies wurde am 26. November<br />
1939 in Magdeburg geboren. Sein Vater<br />
war Provinzialbaurat <strong>und</strong> nach dem Krieg<br />
Oberbaurat <strong>und</strong> Dozent an den Ingenieurbauschulen<br />
in Koblenz <strong>und</strong> Wuppertal. Das<br />
Kriegsende erlebte die Familie in Merseburg.<br />
1947 gelang ihr die Flucht in den Westen, zuerst<br />
nach Uelzen, von dort ging es weiter über<br />
Moers <strong>und</strong> Koblenz nach Wuppertal, wo Michael<br />
Metschies eine zweite Heimat fand, die er<br />
nicht nur liebte, sondern die er auch erforschte.<br />
1959 legte er das Abitur ab <strong>und</strong> studierte<br />
anschließend an den Universitäten Köln <strong>und</strong><br />
Aix-en-Provence, kurze Zeit auch in Oviedo<br />
<strong>und</strong> Santander in Spanien, Romanistik <strong>und</strong> Geschichte.<br />
Nach der Ersten Staatsprüfung promovierte<br />
er in Köln mit einer Dissertation über<br />
den französischen Moralisten Michel de Montaigne.<br />
Seit 1966 war er Lehrer am Röntgen-<br />
Gymnasium in Lennep, zuerst als Studienreferendar,<br />
danach bis zu seinem Tode als Gym -<br />
nasiallehrer. Seinem jahrelangen Einsatz für<br />
das denkmalgeschützte Schulgebäude verdankt<br />
das Gymnasium die Beseitigung der entstellenden<br />
Bausünden der Nachkriegszeit. 1991<br />
gab er eine Festschrift zur Geschichte des Lenneper<br />
Gymnasiums heraus, deren zentraler Teil<br />
die exakte Erforschung der Baugeschichte <strong>und</strong><br />
Architekturform des Schulgebäudes ist. Dieser<br />
Aufsatz zeigt die Qualitäten, die alle von Metschies<br />
verfaßten <strong>und</strong> herausgegebenen Schriftwerke<br />
auszeichnen: wissenschaftliche Präzision,<br />
verb<strong>und</strong>en mit sprachlicher Verständlich-<br />
Dr. Michael Metschies (1939–2000), 1985, Foto:<br />
Privatbesitz<br />
keit <strong>und</strong> visueller Anschaulichkeit. Den zweiten<br />
Band der Schulgeschichte, der bis 1999<br />
weiterführt, vollendete er im Herbst 1999, bereits<br />
vom Krankenbett aus.<br />
In Lennep erwarb sich Metschies große<br />
Verdienste um die Bewahrung <strong>und</strong> denkmalgerechte<br />
Sanierung der Altstadt, er war der<br />
„Denkmalpapst von Lennep“. Wichtig für seinen<br />
Kampf um Erhaltung <strong>und</strong> Restaurierung<br />
war seine Mitarbeit in Vereinen <strong>und</strong> Gremien;<br />
so wurde er Leiter des Ausschusses für Stadtbildpflege<br />
im Verkehrsverein Lennep <strong>und</strong> Beauftragter<br />
für Denkmalpflege der Arbeitsgemeinschaft<br />
Remscheider Bürgervereine. Darüber<br />
hinaus gründete er zusammen mit Egon<br />
Viebahn den Verein „Altstadtfre<strong>und</strong>e Lennep“,<br />
der bald über 900 Mitglieder zählte.<br />
Den größten Teil seiner ehrenamtlichen Arbeit<br />
widmete Metschies unserem Verein. Er<br />
war im März 1970 Mitglied geworden <strong>und</strong> engagierte<br />
sich dann vor allem in der Denkmalpflege.<br />
In jenen unruhigen 70er Jahren, in de-<br />
161
nen die Politiker <strong>und</strong> Architekten „verkehrsgerecht“<br />
bauen <strong>und</strong> Historisches planieren wollten,<br />
wurde Metschies zu einem der kompetentesten<br />
Streiter für die Erhaltung alter Gebäude.<br />
Er stand allen Abteilungen des BGV mit Rat<br />
<strong>und</strong> Tat, mit Gutachten, Vorträgen <strong>und</strong> allen<br />
möglichen anderen Aktivitäten zur Seite, um<br />
zu retten, was zu retten war. Nachdem Karl-<br />
Hans Schmidt, der damalige Vorsitzende der<br />
Abteilung Wuppertal, am 20. August 1973 sein<br />
Amt aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen niederlegte,<br />
übernahm Metschies den Vorsitz in Wuppertal,<br />
zunächst kommissarisch, seit 1974 auch<br />
von der Mitgliederversammlung gewählt.<br />
Hier nun entfaltete Metschies seine ganze<br />
Kreativität, um der abriß- <strong>und</strong> neuerungswütigen<br />
Stadtplanung entgegenzutreten. Die beiden<br />
wichtigen Ausstellungen „Wuppertal wiederentdeckt“<br />
(1975) <strong>und</strong> „Wuppertal wiederentdeckt.<br />
Zehn Jahre danach“ (1986), veranstaltet<br />
vom BGV Abteilung Wuppertal zusammen<br />
mit dem Kunst- <strong>und</strong> Museumsverein, waren<br />
die äußeren Höhepunkte seiner Arbeit. Als<br />
Lohn für seine Mühe konnte Metschies einen<br />
Preis des B<strong>und</strong>es deutscher Architekten in<br />
Köln in Empfang nehmen<br />
Aber Metschies mußte in diesem Kampf<br />
um alte Gebäude auch Niederlagen hinnehmen.<br />
Die Adler-Brauerei, das Odin-Theater,<br />
das Schornstein-Haus, das Restaurant Barmer<br />
Talsperre <strong>und</strong> andere Gebäude wurden oft<br />
unnötig abgerissen. Das „Europäische Denkmalschutzjahr<br />
1975“ wurde zum Punkt des gesellschaftlichen<br />
Umdenkens, auch einer verän-<br />
162<br />
derten ästhetischen Auffassung über alte Gebäude,<br />
an der Metschies ganz entscheidend<br />
mitgearbeitet hat. Und so konnte danach manches<br />
gefährdete Gebäude gerettet werden, etwa<br />
die Haspel-Häuser, die Villa Amalia, das Hofeshaus<br />
am Klingelholl, die Villa Seyd oder die<br />
Cleffsche Mühle.<br />
Ungemein umfangreich war die Arbeit, die<br />
Metschies in Publikationen des BGV steckte.<br />
Während seiner Zeit als Vorsitzender veröffentlichte<br />
die Wuppertaler Abteilung 28<br />
Bücher, darunter zehn Bände in der von ihm<br />
gegründeten Reihe „Beiträge zur Denkmal<strong>und</strong><br />
Stadtbildpflege des Wuppertals“. 1977 gab<br />
er die erste Postkartenmappe „Wuppertal. 12<br />
Ansichten einer Stadt“ heraus, es wurden<br />
schließlich 11 Serien mit jeweils 12 Postkarten.<br />
Für seine Arbeit erhielt Metschies zahlreiche<br />
Preise <strong>und</strong> Ehrungen, so das „Albert-Steeger-Stipendium“<br />
des Landschaftsverbandes,<br />
die „Silberne Halbkugel“ des Deutschen Nationalkomitees<br />
für Denkmalschutz, 1988 die<br />
Crecelius-Medaille des Bergischen Geschichtsvereins,<br />
schließlich noch den Rheinlandtaler.<br />
Metschies hatte noch Großes vor, unter anderem<br />
eine Habilitation an der Bergischen<br />
Universität. Die Vorarbeiten dazu waren weit<br />
gediehen. Aber der Tod nahm ihm die Feder<br />
aus der Hand. Der Bergische Geschichtsverein<br />
hat eine seiner großen Persönlichkeiten verloren.<br />
Hans Joachim de Bruyn-Ouboter
<strong>Buchbesprechungen</strong><br />
Alfred Lambeck: Bergisches Land. Leben<br />
in den 50er Jahren, Gudensberg-Gleichen:<br />
Wartberg Verlag, 1999, 64 S., zahlr.<br />
schwarz-weiß Abb., 29,80 DM<br />
Die 50er Jahre sind „in“. Dem trägt vorliegender<br />
Bildband Rechnung, der Fotos dieser<br />
Zeit in bunter Folge bietet. Sie zeigen das städtische<br />
<strong>und</strong> ländliche Leben gleichermaßen. Die<br />
Fotos aus den Großstädten lassen das Ausmaß<br />
der Kriegszerstörungen noch erahnen. Die abgebildeten<br />
Menschen sind jedoch wieder optimistisch<br />
gestimmt. Die Vergangenheit ist ja<br />
mit Erfolg „verdrängt“. Der Wiederaufbau<br />
steht im Vordergr<strong>und</strong>, wie die vielen Gerüste,<br />
Straßen- <strong>und</strong> Brückenneubauten zeigen. Freizeit<br />
spielt noch eine geringe Rolle <strong>und</strong> beschränkt<br />
sich auf den Familienausflug im<br />
„Sonntagsstaat“ in die nähere Umgebung mit<br />
der Kahnpartie als Höhepunkt. Die meisten<br />
Fotos sind dank der vielen Menschen, die in<br />
die Kamera blicken, bemerkenswert lebendig.<br />
Nostalgie breitet sich beim Blättern in diesem<br />
Bildband aus. Wer erinnert sich nicht gern<br />
an seinen ersten Anzug von „Müller-Wipperfürth“?<br />
Nicht nur diese Kleiderfabrik ist inzwischen<br />
Geschichte. Schade eigentlich nur, daß<br />
wir von dem Autor <strong>und</strong> Fotographen sowie von<br />
den Kriterien für die Auswahl <strong>und</strong> Anordnung<br />
der Fotos so gut wie nichts erfahren.<br />
U.E.<br />
Klaus Goebel/Andreas Knorr (Hrsg.):<br />
Kirchen <strong>und</strong> Gottesdienststätten in Wuppertal,<br />
Bd. 1: Kirchen <strong>und</strong> Gottesdienststätten<br />
in Elberfeld, Düsseldorf: Selbstverlag der<br />
Evangelischen Kirche im Rheinland, 1999,<br />
225 S., 180 Abb.<br />
Die 1986 gegründete Arbeitsgemeinschaft<br />
für Wuppertaler Kirchengeschichte legt als beeindruckendes<br />
Ergebnis ihrer langjährigen<br />
Bemühungen, die wichtigsten Daten aller<br />
kirchlichen Bauten in der Stadt zu erfassen, als<br />
ersten von drei geplanten Bänden ein Inventar<br />
der 75 Kirchen <strong>und</strong> Gottesdienststätten in Elberfeld<br />
vor. Bei der Abfassung der Artikel, die<br />
zum größten Teil von den Herausgebern recherchiert<br />
<strong>und</strong> geschrieben worden sind, hat<br />
sich schnell herausgestellt, daß in vielen Fällen<br />
wider Erwarten z. B. die Daten der Gr<strong>und</strong>steinlegung<br />
oder Einweihung, der Text der ersten<br />
Predigt, die Namen der Architekten <strong>und</strong> örtlichen<br />
Baumeister bzw. Details der Innenausstattungen<br />
wegen der schlechten Quellenlage<br />
keineswegs einfach zu ermitteln gewesen sind.<br />
Relativ gut sind dagegen offenbar in den Kirchen<br />
die Unterlagen über die Glocken <strong>und</strong> die<br />
Orgeln verwahrt worden; letztere hat bereits<br />
1980 Joachim Dorfmüller für einen großen<br />
Teil der Wuppertaler Kirchen ausgewertet <strong>und</strong><br />
publiziert.<br />
Die einzelnen Artikel dieses wichtigen<br />
Handbuches beantworten aber auch die Fragen<br />
nach dem Baustil, der Turmarchitektur, den für<br />
die Innenausstattung verantwortlichen Künstlern<br />
<strong>und</strong> Handwerkern, der Zahl der Sitzplätze<br />
<strong>und</strong> den wichtigsten Daten aus der Geschichte<br />
der jeweiligen Kirche (Zerstörung, Abbruch,<br />
Aufgabe, Wiederaufbau <strong>und</strong> Wiedereinweihung).<br />
Die vorangestellten Angaben zum Gemeinde-<br />
<strong>und</strong> Kirchennamen sowie zur Adresse<br />
<strong>und</strong> die Literaturhinweise am Ende r<strong>und</strong>en alle<br />
Artikel ab. Wesentlicher Bestandteil dieser<br />
empfehlenswerten Veröffentlichung sind die<br />
180 Abbildungen, viele davon in Farbe, die unterstreichen,<br />
daß Kirchengeschichte selbstverständlich<br />
einen wichtiger Bestandteil der allgemeinen<br />
Geschichte <strong>und</strong> natürlich auch der Architektur-,<br />
der Kunst-, der Kultur- <strong>und</strong> der<br />
Mentalitätsgeschichte jeder Stadt darstellt.<br />
Auch aus diesem Gr<strong>und</strong> ist es wünschenswert,<br />
daß dieser erste Band möglichst bald seine<br />
Fortsetzungen findet.<br />
U.E.<br />
Niederländisch-reformierte Gemeinde<br />
zu Elberfeld 1847–1997. Hrsg. von Klaus van<br />
Bürck <strong>und</strong> Heinrich Lüchtenborg, Wuppertal:<br />
foedus-verlag Jörg Schmidt, 2000, 360 S.,<br />
zahlr. Abb., 40.- DM, ISBN 3–932735–41–2.<br />
163
Zwischen dem 30. März <strong>und</strong> 28. April 1997<br />
feierte die Niederländisch-reformierte Gemeinde<br />
– im folgenden NRG abgekürzt – mit<br />
Predigten, Vorträgen, einer geistlichen Abendmusik<br />
<strong>und</strong> einer historischen Ausstellung ihr<br />
150jähriges Bestehen. Die nun vorliegende<br />
Festschrift gibt einen umfassenden Überblick<br />
über eine kleine, sich selbst tragende Gemeinde<br />
mitten in Wuppertal, von der viele Einwohner<br />
der Stadt höchstens wissen, daß ihr Friedhof an<br />
der Katernberger Straße in seiner Art einzig ist.<br />
Auf jedem Grab liegt dort eine einheitlich gestaltete<br />
Platte, die lediglich Namen <strong>und</strong> Lebensdaten<br />
des Verstorbenen verzeichnet, mit einem<br />
kleinen Rosenstock am Kopfende.<br />
Im „historischen“ Teil des Jubiläumsbandes<br />
legt zunächst Peter Merx dar, wie es nach<br />
Einführung der rheinisch-westfälischen Kirchenordnung<br />
mit ihrer neuen Agende 1835 zur<br />
Spaltung in der reformierten Gemeinde Elberfeld<br />
unter Führung vor allem der Brüder Carl<br />
<strong>und</strong> Daniel von der Heydt <strong>und</strong> der Gründung<br />
der NRG mit Hermann Friedrich Kohlbrügge<br />
als erstem Pastor kommt. Peter Merx‘ Ausführungen,<br />
die mit einem Exkurs zur Geschichte<br />
der Gesangbücher der NRG <strong>und</strong> der<br />
1858 gegründeten selbständigen lutherischen<br />
St. Petri-Gemeinde enden, überschneiden sich<br />
in den Fakten mit Wolfgang E. Heinrichs‘<br />
Festvortrag „Die Anfänge der Niederländischreformierten<br />
Gemeinde <strong>und</strong> ihr soziales Engagement“<br />
von 1997. Allerdings legt der Festredner<br />
sehr viel stärker das Gewicht auf die Herausarbeitung<br />
des gesamtgesellschaftlichen<br />
Umbruchs dieser Jahre <strong>und</strong> seine sozialen Herausforderungen<br />
sowie auf die innere Gemeindeverfassung.<br />
Für besonders bemerkenswert<br />
halte ich die Darlegungen des Verfassers zur<br />
Frage, inwieweit das in der NRG praktizierte<br />
Diakoniesystem Modellcharakter für das 1853<br />
eingeführte „Elberfelder System“ der Armenpflege<br />
gehabt hat. Weshalb Peter Merx in seinem<br />
anschließenden Beitrag über die erste Kirche<br />
der NRG in der Deweerthstraße – wenn<br />
auch nicht konsequent – von Gemeine (statt<br />
Gemeinde) spricht <strong>und</strong> unreflektiert den alliierten<br />
Luftangriff auf Elberfeld vom 24./25.<br />
Juni 1943 als „Terrorangriff“ bezeichnet,<br />
bleibt wohl ausschließlich sein Geheimnis.<br />
164<br />
Hier hätten die Herausgeber durchaus korrigierend<br />
eingreifen können, nicht zuletzt um dem<br />
Aufkommen von Vorurteilen gegenüber der<br />
NRG vorzubeugen.<br />
In einem weiteren „historischen“ Abschnitt<br />
der Festschrift stellen verschiedene Autoren,<br />
zum Teil in Form von persönlichen Erinnerungen,<br />
die „Diener am Wort“ von Hermann Friedrich<br />
Kohlbrügge bis Otto Bückmann, der von<br />
1939 bis 1964 als Pastor amtiert, vor. Zum ersten<br />
Mal erfährt in diesem Zusammenhang<br />
auch Daniel von der Heydts Schwiegersohn<br />
Adolph Zahn (1834–1900), dessen Wahl zum<br />
zweiten Gemeindepastor 1876 fast zur Spaltung<br />
der NRG geführt hat, eine Würdigung.<br />
Den „historischen“ Teil beschließen Darlegungen<br />
von Peter Merx zum Psalmengesang <strong>und</strong> –<br />
warum eigentlich nochmals ? – zu den Gesangbüchern<br />
der NRG. Interessant <strong>und</strong> sicherlich<br />
noch weiterer Nachforschungen wert sind<br />
schließlich die Beiträge eines unbekannten<br />
Verfassers <strong>und</strong> von Jan Pokorny´ über die Beziehungen<br />
zur tschechischen reformierten Kirche,<br />
die Hermann Friedrich Kohlbrügge bereits<br />
1864 besucht hat.<br />
Den zweiten Hauptteil des Sammelbandes<br />
– <strong>und</strong> schon deshalb ist es sinnvoll gewesen,<br />
den Jubiläumsband nicht unter Zeitdruck zum<br />
eigentlichen Festtermin fertigzustellen, sondern<br />
auch die Jubiläumsveranstaltungen in<br />
Wort <strong>und</strong> Bild mit zu dokumentieren – bilden<br />
die Festpredigten von Peter Bukowski, Hermann<br />
Schaefer, Gerhard Boeddinghaus, Ernst<br />
Peter Langen, Heinrich Baarlink <strong>und</strong> Milan<br />
Opocensky´ sowie die unter dem Titel „Ermutigungen<br />
<strong>und</strong> Herausforderungen“ zusammengefaßten<br />
Vorträge <strong>und</strong> Gedanken zum reformierten<br />
Selbstverständnis von Heinrich Baarlink,<br />
Walter Herrenbrück, Milan Opocensky´<br />
<strong>und</strong> Jörg Schmidt. Eine von Willi Simon zusammengestellte<br />
Zeittafel sowie eine Pastoren<strong>und</strong><br />
Kirchmeisterliste r<strong>und</strong>en den Band ab.<br />
U. E.<br />
Klaus Goebel (Hg.): Oberbergische Geschichte.<br />
Vom Westfälischen Frieden zum<br />
Ende der Monarchie. Bd. 2. Wiehl 1998, 299<br />
S., zahlr. Abb.
Landesteile, die keine überregionale Bedeutung<br />
erlangt haben, fristen oft – trotz guter<br />
Quellenlage – ein von der Geschichtswissenschaft<br />
wenig beachtetes Schattendasein. Mit<br />
dem zweiten Band – der erste steht noch aus –<br />
beginnt der Herausgeber Klaus Goebel eine<br />
Reihe, welche die Geschichte des Obergischen<br />
Landes von Anbeginn bis in die Gegenwart beleuchten<br />
soll <strong>und</strong> bietet damit erstmals eine<br />
Gesamtdarstellung für die Epoche von 1648<br />
bis 1918 für diese fast vergessene Region. In<br />
drei Aufsätzen, die die 270 Jahre chronologisch<br />
aufarbeiten, gehen die Historiker Gert<br />
Fischer, Volkmar Wittmütz <strong>und</strong> Dieter Lück,<br />
politischen, gesellschaftlichen, konfessionellen<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlichen Entwicklungssträngen<br />
im Oberbergischen nach.<br />
Betrachtet wird das Gebiet, das von Wupper<br />
<strong>und</strong> Sieg begrenzt wird <strong>und</strong> das zu dem<br />
ehemaligen Herzogtum Berg gehörte – bis auf<br />
die beiden selbständigen Herrschaften Homburg<br />
<strong>und</strong> Gimborn-Neustadt, die aber wegen<br />
der heutigen Zugehörigkeit zu dem Oberbergischen<br />
Kreis in die Darstellung einbezogen<br />
wurden. Nach dem kurzfristigen Anschluss an<br />
das Großherzogtum Berg erhielt die Region<br />
1815 mit der Eingliederung in den preußischen<br />
Staat ihre heutige kommunale Einheit.<br />
So nimmt auch in den ersten beiden Aufsätzen<br />
die Analyse der kommunalen Ordnungen <strong>und</strong><br />
der sich verändernden Verwaltungsgremien einen<br />
zentralen Platz ein. Einige historische<br />
Karten veranschaulichen diese Zusammenhänge.<br />
Allerdings wird mancher Leser einen<br />
aktuellen Plan des heutigen Oberbergischen<br />
Kreises als Orientierungsmöglichkeit vermissen.<br />
Die erste Phase der Darstellung setzt mit<br />
dem herausragenden Ereignis des Westfälischen<br />
Friedens 1648 ein <strong>und</strong> endet mit dem<br />
Wiener Kongress <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
nach-napoleonischen Neuordnung. Gert Fischer<br />
berichtet von den inneren Strukturen des<br />
frühmodernen Staates, der Ämterverwaltung,<br />
geht auf die Entwicklung der Schulbildung<br />
nach dem 30jährigen Krieg ein <strong>und</strong> wartet u.a.<br />
mit neuen Ergebnissen zu dem so häufig beschriebenen<br />
Ereignis von 1813, dem Aufstand<br />
der „Knüppelrussen“, auf.<br />
Die folgende Epoche unter der preußischen<br />
Regierung bis 1860 behandelt Volkmar Wittmütz,<br />
der außer der Verwaltungsentwicklung<br />
schwerpunktmäßig auch die Revolution von<br />
1848 analysiert, wobei in den einzelnen Orten<br />
das Spektrum der aufständischen Stimmung<br />
von revolutionär rebellisch bis gesetzeskonform<br />
reichte.<br />
Neben der kommunalen Entwicklung zieht<br />
sich auch die Frage nach den wirtschaftlichen<br />
Faktoren wie ein roter Faden durch alle drei<br />
Aufsätze. Bedingt durch die ungünstigen klimatischen<br />
Bedingungen, die schlechten Böden<br />
in diesem Gebiet sowie durch die Realteilung,<br />
die keiner Familie mehr ein Auskommen auf<br />
dem ererbten Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden sicherte, waren<br />
die Menschen in der vorwiegend agrarorientierten<br />
Region schon früh gezwungen, mit gewerblichem<br />
Nebenerwerb die geringen Einkünfte<br />
aufzubessern. Die Eisenindustrie <strong>und</strong><br />
der Bergbau waren die Industriezweige, die<br />
sich aufgr<strong>und</strong> von Bodenvorkommen anboten<br />
<strong>und</strong> die aber in dem Maße an Bedeutung verloren,<br />
wie sich die Textilindustrie ausbreitete.<br />
Mit der verbesserten Infrastruktur entwickelten<br />
die rasch wachsenden Wupperstädte – Barmen<br />
<strong>und</strong> Elberfeld – eine Sogwirkung, die sich sowohl<br />
in Arbeitsaufträgen für die Region niederschlug,<br />
als auch zu einer sukzessiven Zuwanderung<br />
in die industrielle Metropole führte.<br />
Die in dem weiteren Themenkanon behandelte<br />
Schulfrage bestätigt auch für das Oberbergische<br />
die Forschungsergebnisse zur Konfessionalisierung:<br />
Im Zuge der Reformation<br />
wurde das Schulwesen selbst in ländlichen Gegenden<br />
erfolgreich ausgebaut. In einigen Orten<br />
im Oberbergischen entwickelten sich im 18.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert vorrangig von evangelischen Gemeinden<br />
gegründete Schulen, die Vorbildcharakter<br />
besaßen. Eine erfolgversprechende<br />
Schulbildung galt als wichtiges Element zur<br />
Festigung des Glaubens.<br />
Doch trotz Schulbildung <strong>und</strong> trotz veränderter<br />
Wirtschaftsfaktoren blieb als Konstante<br />
eine von den Autoren betonte trostlose <strong>und</strong><br />
hoffnungslose Armut weiter Kreise der Bevölkerung<br />
erhalten. Die typische Proletarierkrankheit,<br />
die Tuberkulose, stellte bis in das 20 Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
eine permanente Bedrohung dar. Die-<br />
165
ter Lück aktualisiert die schon vorgelegten Ergebnisse<br />
für die Zeit von 1860 bis 1918 <strong>und</strong><br />
beschäftigt sich in dem Zusammenhang ausführlich<br />
mit dem Armenwesen.<br />
Das Verdienst dieses ansprechenden Buches<br />
mit zahlreichen Abbildungen, Fotos <strong>und</strong><br />
hochwertiger Wiedergabe von Dokumenten ist<br />
nicht nur die detaillierte Darstellung der Strukturen<br />
<strong>und</strong> Entwicklungen in der Region selber,<br />
sondern auch die anschauliche Beschreibung<br />
der Auswirkungen überregionaler politischer<br />
Ereignisse auf dieses Gebiet. Dass die Verfasser<br />
dabei bisher weitgehend unbekanntes<br />
Quellenmaterial verwendet haben, lässt sich<br />
unschwer aus der Fülle der akribisch verarbeiteten<br />
Fakten erkennen; dass auf einen Nachweis<br />
der Dokumente in Form von Fußnoten<br />
verzichtet wurde, mag mit der möglicherweise<br />
besseren Lesbarkeit zusammenhängen. Dem<br />
Interessierten bleiben die summarischen Quellenangaben<br />
der F<strong>und</strong>orte <strong>und</strong> die ausführlichen<br />
Literaturlisten als Anhang an die jeweiligen<br />
Aufsätze.<br />
Ein solches Buch mit einer derartigen Fülle<br />
an Informationen <strong>und</strong> dem zeitlichen Rahmen<br />
von 270 Jahren ist eigentlich geeignet, als<br />
Handbuch für die Geschichte dieses geographischen<br />
Raumes zu dienen. Doch eine solche<br />
Funktion wird erschwert, da leider ein Register<br />
fehlt.<br />
Sigrid Lekebusch<br />
Valentina Maria Stefanski: Zwangsarbeit<br />
in Leverkusen. Polnische Jugendliche<br />
im I.G. Farbenwerk. Fibre Verlag Osnabrück,<br />
2000, 585 S., zahlr. Abb., Dokumente <strong>und</strong> Faltkarte<br />
(Luftaufnahme des I.G.-Werks Leverkusen).<br />
Mit Ulrich Herberts gründlicher Arbeit<br />
über Fremdarbeiter im Dritten Reich (1985)<br />
<strong>und</strong> den langen, oft quälenden Verhandlungen<br />
über materielle Entschädigung früherer<br />
Zwangsarbeit in Deutschland in den letzten<br />
Jahren hat dieses Thema über wissenschaftliche<br />
Beschäftigung hinaus neue Aktualität gewonnen.<br />
Die Anfrage im Internet zum Stichwort<br />
Zwangsarbeit über eine der grossen Such-<br />
166<br />
maschinen zeigt 7.320 Einträge, unter denen<br />
neben aggressiven <strong>und</strong> defensiven, mitunter<br />
auch sehr unsachlichen Kommentaren aller Art<br />
ein erheblicher Anteil ernsthafter Berichte ist.<br />
Einen solchen Bericht aus dem Bergischen<br />
Land legt die Verfasserin, eine jüngere deutsche<br />
Historikerin, die derzeit am Deutschen<br />
Historischen Institut in Warschau arbeitet, hier<br />
vor <strong>und</strong> erläutert gleich eingangs eine Besonderheit<br />
ihrer Arbeit, die in der Tat etwas Neues<br />
in dieser Literatur darstellt. Sie hat nämlich einerseits<br />
gründliche Forschungsarbeit im Archiv<br />
der heutigen Firma Bayer AG in Leverkusen<br />
geleistet <strong>und</strong> andererseits persönliche Interviews<br />
in Polen mit etwa 50 der damals in<br />
Leverkusen Zwangsarbeit leistenden <strong>und</strong> nach<br />
Kriegsende 1945 weitgehend in ihre polnische<br />
Heimat zurückgekehrten Menschen geführt –<br />
mit ihren Worten: »(Hauptaufgabe) ist die Verknüpfung<br />
von Interviewmaterial mit den zeitgenössischen<br />
Quellen (der Sichtweise „von<br />
unten“ mit der „von oben“). Beide Quellengattungen<br />
stehen gleichberechtigt nebeneinander<br />
<strong>und</strong> ermöglichen den Perspektivenwechsel.«<br />
(S. 33). Man kann ihr attestieren, dass es ihr<br />
mit historisch gebotener Kritikfähigkeit gelungen<br />
ist, diese Verknüpfung fruchtbar zu machen.<br />
Bereits in der Einführung in die Methodik<br />
der Arbeit, in das Werk Leverkusen <strong>und</strong> seine<br />
damalige Belegschaft (Teil I) wird deutlich,<br />
dass dem Buch eine außergewöhnlich große<br />
Forschungsleistung eines einzelnen Menschen<br />
zugr<strong>und</strong>eliegt, dem bewusst war, dass ihm<br />
Zeitzeugen nur noch kurze Zeit zur Verfügung<br />
stehen würden. Nicht ohne Bewegung liest<br />
man, welche Gefühlsregungen (auf beiden Seiten)<br />
Gespräche mit den alt gewordenen<br />
Zwangsarbeiterinnen <strong>und</strong> –arbeitern auslösten,<br />
<strong>und</strong> ist dankbar, dass die Verfasserin nicht in<br />
Sentimentalität abrutscht, sondern das Ziel ihrer<br />
Arbeit strikt im Auge behält <strong>und</strong> verständlich,<br />
ausführlich <strong>und</strong> klar beschreibt. Im<br />
Hauptteil (Teil II) werden quellensatt <strong>und</strong> gut<br />
gegliedert folgende Bereiche der damaligen<br />
Zwangsarbeit in Leverkusen behandelt: Wege<br />
nach Leverkusen, am Arbeitsplatz, Gr<strong>und</strong>bedürfnisse:<br />
Wohnung, Nahrung, Kleidung, Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Bewachung <strong>und</strong> Bestrafung, Freizeit,
Überlebensstrategien, Liebe <strong>und</strong> Sexualität,<br />
Die große Flucht <strong>und</strong> kleine Fluchten, Kriegsende:<br />
Schanzarbeiten, Evakuierung, Befreiung.<br />
Im Epilog (Teil III) geht die Verfasserin<br />
dann noch auf das Leben der Leverkusener<br />
polnischen Zwangsarbeiter im Nachkriegsdeutschland<br />
<strong>und</strong> ihre Heimkehr ein <strong>und</strong> fasst<br />
im Schlusskapitel (Leiden <strong>und</strong> Lernen in Leverkusen)<br />
Meinungen <strong>und</strong> Gefühle der Betroffenen<br />
<strong>und</strong> ihre eigenen zusammen.<br />
Der unbefangene deutsche Leser mag zwei<br />
Erkenntnisse aus dieser bemerkenswerten<br />
Studienfahrten 2000<br />
Zwei historische Ausstellungen, die sich<br />
mit rheinischen Herrschern aus dem Hause<br />
Wittelsbach befaßten, standen im Mittelpunkt<br />
der Studienfahrten des Bergischen Geschichtsvereins<br />
Wuppertal im Jahr 2000:<br />
• Lebenslust <strong>und</strong> Frömmigkeit<br />
Kurfürst Carl Theodor (1724–1799)<br />
zwischen Barock <strong>und</strong> Aufklärung<br />
• Der Riss im Himmel<br />
Clemens August (1700–1761)<br />
<strong>und</strong> seine Epoche.<br />
Die große Ausstellung zu Carl Theodor,<br />
dem Herrn der 7 Länder, darunter auch das<br />
Herzogtum Berg, war mit über 1 000 Exponaten<br />
vom Reiss-Museum Mannheim <strong>und</strong> dem<br />
Stadtmuseum Düsseldorf zusammengetragen<br />
worden <strong>und</strong> wurde in beiden Städten gezeigt.<br />
Wir haben die Ausstellung im Rahmen einer<br />
dreitägigen Exkursion in Mannheim besucht.<br />
Auf dem Programm standen auch der Besuch<br />
des wiederaufgebauten Residenzschlosses <strong>und</strong><br />
der Jesuitenkirche in Mannheim, die beide einen<br />
Eindruck von der barocken Pracht am<br />
Hofe Carl Theodors vermittelten. Eingerahmt<br />
wurde der Tag in Mannheim von einem Besuch<br />
in Worms, das in diesem Jahr mit einer kleinen<br />
Arbeit über ein uns örtlich, zeitlich <strong>und</strong> sachlich<br />
immer noch naheliegendes Thema gewinnen:<br />
Zum einen, welche ungeheuere Vielfalt<br />
von Problemen die damalige Zwangsarbeit für<br />
alle, die davon „aktiv“ oder „passiv“ betroffen<br />
waren, geschaffen hat <strong>und</strong> bis heute aufwirft;<br />
<strong>und</strong> zum andern: Mindestens für die große<br />
Gruppe der damals noch jungen Zwangsarbeit<br />
leistenden Menschen ist diese Zeit ein ihr<br />
ganzes Leben mitformendes Element geworden,<br />
dessen sich manche im Alter auch bewußt<br />
sind.<br />
Wolfgang E. Wicht<br />
Ausstellung an Bischof Burchard erinnert, der<br />
vor 1000 Jahren den Gr<strong>und</strong> für den Aufstieg<br />
der Stadt legte, <strong>und</strong> einem Aufenthalt in Mainz,<br />
das in diesem Jahr an Gutenberg erinnert, der<br />
vor ca. 600 Jahren geboren wurde. Unterwegs<br />
lernten wir kleine Kostbarkeiten wie die romanische<br />
Kirche in Bechtheim/Pfalz, das mittelalterliche<br />
Freinsheim <strong>und</strong> die barocke Residenzstadt<br />
Kirchheimbolanden kennen.<br />
Das größte Interesse fand bei den Mitgliedern<br />
die Ausstellung über die Zeit von Clemens<br />
August, so daß wir an zwei Terminen jeweils<br />
mit einem voll besetzten Bus zur Ausstellung<br />
in Schloß Brühl gefahren sind. Die aufwendig<br />
inszenierte Schau bot einen guten<br />
Überblick über die Zeit des Umbruchs am<br />
Ende des Ancien Régime. Hinter die Exponate<br />
trat Schloß Brühl, selbst ein Schaustück ersten<br />
Ranges, zurück, so daß in 2001 eine Fahrt sich<br />
speziell der Architektur der Schlösser Brühl<br />
<strong>und</strong> Falkenlust widmen soll. Eine Entdeckung<br />
war für viele Teilnehmer das kleine Landschloß<br />
Miel (erbaut 1768–71) als Beispiel für<br />
adeliges Wohnen in der damaligen Zeit. Es ist<br />
zu wünschen, daß das Schloss mit dieser Ausstattung<br />
über die Tage der Ausstellung hinweg<br />
als Museum erhalten bleiben kann.<br />
167
Das Jahr 2000 bot noch weitere interessante<br />
Ausstellungen zu geschichtlichen Themen,<br />
die im Rahmen von Exkursionen unter<br />
sachk<strong>und</strong>iger Führung besucht wurden:<br />
– im Februar<br />
Residenzstadt Düsseldorf – Das Schloß<br />
Vom Glanz der höfischen Epoche in Düsseldorf<br />
– im März<br />
Kaiser Karl V – Macht <strong>und</strong> Ohnmacht Europas<br />
– im Juli<br />
Quirinus – Tribun, Märtyrer <strong>und</strong> Stadtpatron in<br />
Neuss<br />
– im August<br />
Krönungen – Könige in Aachen – Geschichte<br />
<strong>und</strong> Mythos.<br />
Die Fahrten beschränken sich dabei nicht<br />
auf den Ausstellungsbesuch, sondern es werden<br />
immer noch andere Ziele miteinbezogen.<br />
So haben wir in Aachen neben der Ausstellung<br />
im Rathaussaal auch Dom <strong>und</strong> Domschatzkammer<br />
besichtigt <strong>und</strong> auf der Rückfahrt im<br />
malerischen Kornelimünster Station gemacht.<br />
Über die Ausstellungsbesuche kamen Ziele<br />
in Wuppertal <strong>und</strong> im Bergischen Land nicht zu<br />
kurz. Zwei stadt- <strong>und</strong> architekturgeschichtliche<br />
168<br />
Wanderungen befaßten sich mit Barmen: mit<br />
der Entwicklung der Barmer City – Barmen<br />
Gemarke <strong>und</strong> mit der Wohnbebauung auf dem<br />
Sedansberg. Großen Anklang fand der Besuch<br />
von zwei Elberfelder Backsteinkirchen: der<br />
ehemaligen Lutherkirche, jetzt Kirche der serbisch-orthodoxen<br />
Gemeinde <strong>und</strong> der Kirche<br />
der Baptisten. Vorgestellt wurden nicht nur die<br />
Architektur <strong>und</strong> Geschichte der Gebäude, sondern<br />
auch das Leben der beiden Gemeinden.<br />
Schließlich seien noch zwei Fahrten erwähnt,<br />
bei denen technikgeschichtliche Themen<br />
angesprochen wurden: Besichtigung der<br />
Dhünn-Talsperre <strong>und</strong> der Papierfabrik Alte<br />
Dombach, heute Außenstelle des Rheinischen<br />
Industriemuseums sowie eine Fahrt zu den<br />
Spuren der Fossa Eugeniana, eines nicht vollendeten<br />
Kanals, der im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert Rhein<br />
<strong>und</strong> Maas verbinden sollte.<br />
Die hier nur kurz angeführten Ziele zeigen<br />
die Vielfalt des Fahrtenprogramms, das der Geschichtsverein<br />
jedes Jahr vorlegt. Detaillierte<br />
Einladungen zu den einzelnen Fahrten erhalten<br />
die Mitglieder, die sich diesbezüglich bei dem<br />
Schriftführer des Vereins, Herrn Gerhard Birker,<br />
oder bei den beiden Fahrtenleitern gemeldet<br />
haben.<br />
Gerhard Esser<br />
Titelbild:<br />
Hauptstraße in Wuppertal-Cronenberg mit der reformierten Kirche, ca. 1950. – Cronenberg feierte<br />
vom 16. bis 18. Juni 2000 mit einem großen Stadtteilfest seine urk<strong>und</strong>liche Erwähnung um 1050 <strong>und</strong><br />
die Verleihung des „Sensen-Privilegs“ am 15. Juli 1600.
Druck:<br />
Verlagsdruckerei Schmidt GmbH, 91413 Neustadt an der Aisch<br />
Redaktionsanschrift:<br />
Stadtarchiv Wuppertal,<br />
Friedrich-Engels-Allee 89–91, 42285 Wuppertal-Barmen<br />
Tel. 02 02 / 5 63 66 23, Fax 02 02 / 5 63 80 25<br />
Preis:<br />
DM 15,00 (Bei Zusendung zuzüglich Porto)<br />
Die Mitglieder der Abteilung Wuppertal des Bergischen Geschichtsvereins erhalten die Zeitschrift<br />
„Geschichte im Wuppertal“ kostenlos.<br />
Gedruckt mit Unterstützung des Landschaftsverbandes Rheinland, Köln.<br />
Autorenverzeichnis:<br />
Beyer, Burkhard<br />
Hoeckerstraße 8, 45143 Essen<br />
de Bruyn-Ouboter, Hans Joachim<br />
Heinrich-Janssen-Str. 3, 42289 Wuppertal<br />
Eckardt, Uwe, Dr.<br />
Stadtarchiv Wuppertal, Friedrich-Engels-Allee<br />
89-91, 42285 Wuppertal<br />
Elsner, Peter<br />
Stadtarchiv Wuppertal, Friedrich-Engels-Allee<br />
89-91, 42285 Wuppertal<br />
Esser, Gerhard<br />
Worringer Straße 86, 42119 Wuppertal<br />
Heuter, Christoph, Dr.<br />
Roonstraße 46, 42115 Wuppertal<br />
Knieriem, Michael, Dr.<br />
Historisches Zentrum, Engelsstr. 10,<br />
42283 Wuppertal<br />
Lekebusch, Sigrid, Dr.<br />
Lortzingstraße 11, 42289 Wuppertal<br />
Merx, Peter<br />
Oberstraße 15 a, 42107 Wuppertal<br />
Meyer-Kahrweg, Ruth<br />
Weddigenstraße 51, 42389 Wuppertal<br />
Neubronner, Ernst<br />
Gartenfeldstr. 59, 61350 Bad Homburg<br />
Okroy, Michael, M.A.<br />
Hombüchel 61, 42105 Wuppertal<br />
Schmidt, Helmut<br />
Im Bökel 82, 42369 Wuppertal<br />
Schrader, Ulrike, Dr.<br />
Hombüchel 61, 42105 Wuppertal<br />
Siekmann, Birgit, Dr.<br />
Eschbachstr. 122, 42659 Solingen<br />
Sollbach, Gerhard E., Prof. Dr.<br />
Historisches Institut, Fakultät 5, Emil-Figge-<br />
Straße 50, 44221 Dortm<strong>und</strong><br />
Speer, Florian, Dr.<br />
Alemannenstr. 35, 42105 Wuppertal<br />
Wicht, Wolfgang E., Dr.<br />
Schimmelweg 41, 42329 Wuppertal<br />
Wittmütz, Volkmar, Prof. Dr.<br />
Hopscheider Weg 46, 42555 Velbert<br />
169
170<br />
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Der Abteilung Wuppertal des Bergischen Geschichtsvereins ist es dank glücklicher Umstände<br />
möglich, allen Mitgliedern drei wichtige Veröffentlichungen zur Denkmalpflege<br />
<strong>und</strong> Schulgeschichte unserer Stadt zu besonders günstigen Preisen anzubieten.<br />
Wolfgang Brönner u.a.: Die Villa Amalia in Wuppertal-Elberfeld. Geschichte – Umbau<br />
– Renovierung 1883/1979, Wuppertal, 1981 (= Beiträge zur Denkmal- <strong>und</strong> Stadtbildpflege<br />
des Wuppertals, Bd. 2), 74 S., zahlr. Abb.<br />
Dieser Band ist ein gutes Beispiel dafür, wie ertragreich die Zusammenarbeit von Denkmalpflegern,<br />
Architekten, Historikern <strong>und</strong> Familienforschern sein kann.<br />
Jetzt nur noch: 5,– DM<br />
Volkmar Wittmütz: Schule der Bürger. Die höhere Schule im Wuppertal 1800–1850,<br />
Wuppertal, 1981, 376 S.<br />
„Alles in allem ist Wittmütz‘ Buch meines Wissens jedoch der sehr gelungene Beitrag einer<br />
lokalen Schulgeschichtsschreibung des Bergischen Landes, die den Ursachen der<br />
sozialen Differenzierung des deutschen Schulwesens nachspürt <strong>und</strong> die Entstehung des<br />
dreigliedrigen Klassenschulsystems kritisch betrachtet“.<br />
Manfred Krause in: Romerike Berge<br />
Jetzt nur noch: 5,– DM<br />
Michael Metschies (Hrsg.): Wuppertal wiederentdeckt – zehn Jahre danach. Denkmalschutz<br />
– Denkmalpflege – Stadtgestalt (= Beiträge zur Denkmal- <strong>und</strong> Stadtbildpflege<br />
des Wuppertals, Bd. 5), Wuppertal, 1986, 248 S., zahlr. Abb.<br />
„Die Zahl der Abbildungen …, vor allem die häufigen Bündelungen der Argumente <strong>und</strong><br />
Aspekte in herausgehobenen Blöcken, zudem die vielen Unterkapitel mit anregenden<br />
Überschriften <strong>und</strong> ein Gebäude- <strong>und</strong> Straßenregister machen das Buch nicht nur zu einem<br />
Lesebuch, sondern auch zu einem Nachschlagewerk, das keineswegs nur für Kenner<br />
des Wuppertals bedeutsam sein dürfte, sondern weit über das lokale Beispiel hinausgehende<br />
Anregungen für eine offensive Stadtbildpflege enthält“.<br />
Jürgen Reulecke in: ZBGV<br />
Jetzt nur noch: 10,– DM<br />
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Die Bücher sind nur über die BGV-Geschäftsstelle, Stadtarchiv,<br />
Friedrich-Engels-Allee 89–91, 42285 Wuppertal, Tel. 02 02/5 63-66 23, zu beziehen.