"Schubiz Aktuell, April 2004" (PDF-Datei, 1374 KB
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Sommer — Experiment<br />
springkrautarme Lahnufer<br />
Das Schulbiologiezentrum<br />
Biedenkopf<br />
plant für den Sommer<br />
2004, 30. Juni<br />
bis Mit-<br />
te Juli, an ausgewählten<br />
Uferflächen<br />
und angrenzenden<br />
Auenwiesen die Bestände<br />
der Neusiedlerpflanzen,<br />
so genannte<br />
Neophyten,<br />
zu verringern, die<br />
die einheimischen<br />
Lebensgemeinschaften<br />
der Aue zuneh-<br />
Ich bin ein Springkraut,<br />
reißt mich hier ´raus!<br />
Neu angelegter Lahnarm in Biedenkopf, Foto: G. Kraft, September 2003<br />
mend verdrängen.<br />
Schülerinnen und<br />
Schüler der Biedenkopfer<br />
Schulen sind<br />
aufgerufen, sich an<br />
der Aktion zu beteiligen.<br />
Klassen- oder<br />
Biologielehrer(innen)<br />
können ihre Lerngruppen<br />
bis zum 1.<br />
Juni 2004 am Biologiezentrum<br />
für eine<br />
stundenweise Mithilfe<br />
an dieser Naturschutzmaßnahmeanmelden.<br />
Zur inhaltli-<br />
Frühjahr 2004<br />
chen Vorbereitung<br />
erhalten Sie Unterrichtsmaterial<br />
oder<br />
auch Beratungen zur<br />
Planung von Aktionen<br />
außerhalb Biedenkopfs.<br />
Kontaktadressen:<br />
• Telefon:<br />
06461/951850<br />
• Fax:<br />
06461-951852<br />
• E-Mail: sbb@<br />
schubiz.marburgbiedenkopf.de<br />
Vom Himalaja<br />
an die Lahn<br />
„Neusiedler“ der Lahnauen<br />
Wer im Sommer mit offenen Augen an<br />
der Lahn und ihren Nebenflüssen entlang<br />
geht, hat sicher schon eine dekorative<br />
Pflanze mit rosaroten Blüten<br />
entdeckt, die dichte Bestände am<br />
Ufer bildet. Es handelt sich um das<br />
Drüsige oder Indische Springkraut<br />
(Impatiens glandulifera), eine bei<br />
uns nicht heimische Pflanzenart.<br />
Die Pflanzenfülle bildet einen geschlossenen<br />
Ufersaum, was aus der<br />
Sicht des Naturschutzes negativ zu<br />
bewerten ist.<br />
Wollen Sie das Drüsige Spring-<br />
kraut näher kennen lernen? Dann<br />
lesen Sie auf Seite 3 weiter!<br />
Themen in dieser<br />
Ausgabe:<br />
• Vom Himalaja an die<br />
Lahn (S.. 1)<br />
• Aktionsaufruf spring-<br />
krautarme<br />
Lahnufer (S. 1)<br />
• Informationen zum<br />
Drüsigen Springkraut<br />
(S. 3)<br />
• Angebote des Schul-<br />
biologiezentrums (S. 2)<br />
• Projektbeete im Jahr<br />
2004 (S. 4)<br />
<strong>April</strong> 2004<br />
Jahrgang 1<br />
Nr. 1<br />
• Impressum (S. 4)
Lahnauen sind Brutplätze seltener Vogelarten<br />
Flussuferläufer, Eisvogel, Wasseramsel lassen sich am Lahnufer beobachten.<br />
Einige seltene Vogelarten, wie<br />
der Flussuferläufer, bevorzugen<br />
zur Brut locker bewachsene<br />
bis gebüschreiche Schotterbänke,<br />
also ähnliche Umweltbedingungen<br />
wie das Drüsige Springkraut.<br />
Der Flussuferläufer ist in den<br />
vergangenen Jahren regelmäßig<br />
zur Brutzeit in den Lahnauen beobachtet<br />
worden. Ein Brutnachweis<br />
steht noch aus, aber es<br />
Halbtagesangebote<br />
Ökorallye: Erkunden der Umweltlernorte<br />
(Wetterstation,<br />
Garten, Weideniglu, Teich, Insektennistplätze,<br />
u. a. )<br />
Nachtwanderung: je nach Jahreszeit<br />
auch mit Fledermausbeobachtungen<br />
Schulteich: Erkundungen des<br />
Lebensraums Gewässer<br />
Boden und Kompost: Recycling in<br />
der Natur, Laubstreu, Kompost<br />
Seite 2<br />
Unsere weiteren Angebote<br />
könnten teilweise Bruten in der<br />
zur Verminderung des Springkrauts<br />
am besten geeigneten<br />
Zeit, Juni und Juli, vorkommen.<br />
Auch Wasseramseln und Eisvögel<br />
kommen im Lahnuferbereich vor,<br />
deren Brut bereits im März beginnt.<br />
Das Vorhaben, Neophytenbestände<br />
zu vermindern,<br />
sollte nicht zur Gefährdung<br />
der erfolgreichen<br />
Brut seltener oder empfind-<br />
Langfristige Projekte<br />
HESSNET: chemische und<br />
biologische Untersuchungen<br />
an Fließgewässern, EDV -<br />
gestützter Ergebnisaustausch<br />
Ozon: Indikatorpflanzen für<br />
Ozon, Ozonmessstation<br />
Schulgartenarbeit: Färberpflanzen,<br />
Heil- und Küchenkräuter,<br />
evtl. weitere Angebote<br />
GLOBE Phänologischer Garten:<br />
Ablesen der natürlichen Jahreszeiten <br />
licher Vogelarten führen.<br />
Wir wählen in Abstimmung mit<br />
Naturschutzbehörden und Naturschutzverbänden<br />
nur Flächen<br />
zur Neophytenverminderung<br />
aus, die frei von Brutplätzen<br />
sind.<br />
Flussuferläufer, G. Dittert 2004<br />
Verleih und Vergabe:<br />
Geräte: Binokulare und Mikroskope,<br />
Geräte für Luft-, Wasser- und<br />
Bodenuntersuchungen, u. a.<br />
Umweltbibliothek: 3000 Titel<br />
Artenschutzkoffer des WWF<br />
Material zur umweltfreundlichen<br />
Schultasche<br />
Regenwurmbeobachtungskasten<br />
Lebende Tiere: Einzeller Blepharisma<br />
japonica, Kompostwürmer,<br />
Stab- und Gespenstschrecken (je<br />
nach Verfügbarkeit)<br />
Pflanzen: z. B. Tabak auf Vorbestellung<br />
Wildbienenbeobachtungskasten:<br />
zum Selbstkostenpreis<br />
Für Lehrkräfte:<br />
Bereitstellung von Unterrichtshilfen<br />
Beratung:<br />
z. B. Schädlingsdiagnose<br />
Schulteich, Foto: G. Kraft, 2003<br />
2004 - Jg, 1 - Ausgabe 1
Warum wird diese attraktive Pflanze zum Problem?<br />
Die dauerhafte, standortgemäße<br />
Ufervegetation aus Röhricht und<br />
Staudenfluren wird durch das<br />
einjährige Springkraut beschattet<br />
und verdrängt. Viele Insektenarten<br />
sind in ihrer Nahrungssuche<br />
auf einheimische Pflanzenarten<br />
spezialisiert, Neophyten<br />
bieten für diese Insekten keinen<br />
Nahrungsersatz. Eine Verarmung<br />
der Tier– und Pflanzenarten der<br />
Auenlandschaft ist die Folge der<br />
Ausbreitung der Neusiedlerpflanze.<br />
Im Herbst brechen zudem die<br />
Stängel des Springkrauts ab und<br />
hinterlassen offene Flächen, die<br />
bei Hochwasser von Erosion bedroht<br />
sind.<br />
Woher kommt das Springkraut?<br />
Das Drüsige Springkraut wächst<br />
im westlichen Himalaja in Höhenlagen<br />
zwischen 1800 m und 3000<br />
m in feuchten Nadelwäldern und<br />
auf Lichtungen. 1839 wurde die<br />
Art in England als Gartenpflanze<br />
eingeführt und später in anderen<br />
europäischen Ländern kultiviert.<br />
Imker sorgten für die weitere<br />
Verbreitung dieser Bienentrachtpflanze.<br />
Mit Kies-, Erdmaterial<br />
und über Fließgewässer wurden<br />
Wieso vermehrt sich das Springkraut so erfolgreich?<br />
Das Nektarangebot der großen<br />
Blüten ist für einige Bienenarten<br />
und einzelne Hummelarten, der<br />
Erdhummel z. B., so attraktiv,<br />
dass eine fast vollständige Bestäubung<br />
gewährleistet ist. Die<br />
einjährige Pflanze produziert<br />
etwa 2000 – 4000 Samen, die<br />
Samen unbeabsichtigt verschleppt.<br />
In den letzten Jahrzehnten<br />
hat das Springkraut heimische<br />
Uferbereiche erobert<br />
und dringt entlang der Flüsse weiter<br />
vor. Im Gegensatz zum ursprünglichen<br />
Verbreitungsgebiet<br />
ist das Springkraut bei uns eine<br />
ausgesprochene Auenpflanze, die<br />
bei ausreichender Bodenfeuchte<br />
auch auf vegetationsfreie, gestörte<br />
Standorte übergreift.<br />
etwa 6 Jahre keimfähig bleiben.<br />
Bei Berührung platzen die unter<br />
Spannung stehenden reifen<br />
Fruchtkapseln auf und schleudern<br />
die Samen 6 – 7 m weit weg. Die<br />
Samen sinken im Wasser ab und<br />
werden bei Hochwasser wieder<br />
am Ufer abgelagert. Im Winter<br />
Wie kann man die Verbreitung einschränken?<br />
Eine vollständige Ausrottung ist<br />
leider nicht möglich. Grundlage<br />
für eine Reduzierung der Pflanzen<br />
sind zunächst die Bestandserfassung<br />
und die -kartierung.<br />
Vor allem Kleinbestände und Einzelpflanzen<br />
am Oberlauf von<br />
Fließgewässern, in Feuchtgebieten<br />
und auf Schuttplätzen sollten<br />
kontrolliert werden. Die Samenbildung<br />
muss verhindert werden.<br />
<strong>Schubiz</strong> <strong>Aktuell</strong> - Frühjahr 2004<br />
Ein Herbizideinsatz an Gewässern<br />
ist ökologisch problematisch. Mechanische<br />
Maßnahmen wie Mahd<br />
und Mulchen oder das Ausreißen<br />
mit der Hand sind daher zu empfehlen.<br />
Da das Springkraut erst im<br />
Hochsommer voll entwickelt ist,<br />
ist der richtige Zeitpunkt für Bekämpfungsmaßnahmen<br />
zu Beginn<br />
der Blütezeit Ende Juni bis Anfang<br />
Juli.<br />
Aber nicht nur das Springkraut<br />
ist als Problem - Neophyt anzusehen.<br />
Die Herkulesstaude, der<br />
Riesenknöterich oder die Topinambur<br />
wirken in ähnlicher Weise<br />
auf die angestammten Lebensgemeinschaften<br />
ein.<br />
Lesen Sie mehr dazu auf unseren<br />
Internetseiten!<br />
Drüsiges Springkraut, G. Dittert 2004<br />
sterben die Pflanzen ab. Auf den<br />
vegetationsfreien Flächen keimen<br />
die Samen im Frühjahr aus<br />
und können bei guter Wasser-<br />
und Nährstoffversorgung bis<br />
August zu über 2 m hohen Exemplaren<br />
heranwachsen und<br />
dichte Bestände bilden.<br />
Vorkommen anderer problematischer<br />
Neophyten, der Herkulesstauden<br />
z. B., können je nach<br />
Witterungsbedingungen ebenfalls<br />
mit entfernt werden. Herkulesstauden<br />
sollten jedoch<br />
nicht bei Sonnenschein berührt<br />
werden. Kommt Pflanzensaft auf<br />
die Haut, die dann besonnt wird,<br />
entsteht ein Hautschaden, der<br />
einer Verbrennung ähnelt.<br />
Seite 3
Impressum<br />
Schulbiologiezentrum<br />
Biedenkopf<br />
Am Freibad 19<br />
35216 Biedenkopf<br />
Telefon: 06461-951850<br />
Fax: 06461-951852<br />
E-Mail:<br />
sbb@schubiz.marburg-biedenkopf.de<br />
G. Dittert<br />
Neophyten-Ausstellung: Riesenknöterich,<br />
Drüsiges Springkraut,<br />
Goldrute u. a.<br />
Kräuterbeet: Duftpflanzen,<br />
Heil– und Küchenkräuter<br />
Färberpflanzen: Von der Färberpflanze<br />
zum gefärbten Gewebe<br />
Ausgefallene Getreide– und<br />
Körnerarten: Buchweizen,<br />
Amaranth, Hirse, u. a.<br />
Schulgartenarbeit, Foto: G. Kraft, 2003<br />
Das Team<br />
Herausgeber:<br />
Fachdienst Schulbiologiezentrum<br />
Biedenkopf des<br />
Landkreises Marburg-<br />
Biedenkopf<br />
Text, Bild, DTP-Layout:<br />
Gisela Dittert, Gerhard<br />
Kraft, Gabriele Restau,<br />
Antje Schuback<br />
Redaktion:<br />
Gabriele Restau<br />
<strong>April</strong> 2004<br />
Projekt-Beete im Jahr 2004<br />
Kolumbusgarten: Pflanzen der<br />
Neuen Welt wie Kartoffeln,<br />
Tomaten, Paprika, Mais, Tabak,<br />
u. a.<br />
Phänologische Beete (s. o.):<br />
Zaubernuss, Forsythie, Flieder,<br />
Heidekraut, u. a.<br />
Unterrichtsmaterialien zu diesen<br />
Projekt-Beeten erhalten<br />
Sie bei uns ab ca. Mitte Mai<br />
(auch über unsere Internetseiten).<br />
Zur reinen Anschauung<br />
können Sie die Beete auch eigenständig<br />
besuchen. Nutzen<br />
Sie das oben genannte Material<br />
zur Organisation Ihres Unterrichts<br />
oder besuchen Sie die<br />
Gärten auf einem privaten Spa-<br />
ziergang.<br />
Sie finden uns auch im<br />
Internet:<br />
www.schubiz.marburgbiedenkopf.de<br />
Tabakpflanzen als Ozonindikatoren:<br />
Es stehen in diesem<br />
Jahr (ab Mitte Mai) wieder<br />
zahlreiche Sämlinge und Pflanzen<br />
zur<br />
Abgabe<br />
bereit.<br />
Ozonschäden<br />
am<br />
Tabak–<br />
Blatt,<br />
Foto:<br />
G. Kraft,<br />
2002<br />
Literatur:<br />
Fey, J.-M.: Biologie am Bach. Quelle<br />
und Meyer Wiesbaden, 1996.<br />
Ludwig, M. u. a: Neue Tiere und Pflanzen<br />
in der heimischen Natur. BLV München,<br />
2000.<br />
Rückriem, B. u. J. Fey: Das Drüsige<br />
Springkraut erobert die Auen. In: Unterricht<br />
Biologie 203 (19. Jg.),<br />
1995, S. 24-26, 31-32.<br />
Schuldes, H.: Das Indische Springkraut<br />
(Impatiens glandulifera): Biologie,<br />
Verbreitung, Kontrolle. In:<br />
Böcker, R. (Hrsg.): Gebietsfremde<br />
Pflanzenarten. ecomed Landsberg,<br />
1995.