02.03.2013 Aufrufe

Alexander Dominicus – Vorsitzender der Deutschen Turnerschaft ...

Alexander Dominicus – Vorsitzender der Deutschen Turnerschaft ...

Alexander Dominicus – Vorsitzender der Deutschen Turnerschaft ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Wer sich vergegenwärtigt, wie stark die prozentuale Zunahme des weiblichen Geschlechts in<br />

<strong>der</strong> DT in den letzten Jahren geworden ist, <strong>der</strong> kann sich <strong>der</strong> Erkenntnis nicht verschließen,<br />

dass diese Wahl einer Frau ein notwendiger und glücklicher Schritt in <strong>der</strong> Anpassung an die<br />

Zeitverhältnisse gewesen ist.“ Schon 1927 hatte <strong>der</strong> DT-Vorstand eine Entschließung gefasst,<br />

in <strong>der</strong> es hieß, „…dass das Bestreben <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Turnerschaft</strong> dahin gehen muss, so bald<br />

und so weit als möglich die Leitung des Frauenturnens in die Hände von Frauen zu legen“.<br />

Als Persönlichkeit unterschied sich <strong>der</strong> neue DT-Vorsitzende beträchtlich von seinem<br />

Vorgänger. Dr. Oskar Berger war mit seiner hemdsärmeligen Art und seinen zuweilen <strong>der</strong>ben<br />

Manieren beim Turnervolk beliebt, zumal ihm taktische und diplomatische Winkelzüge<br />

wesensfremd waren. <strong>Alexan<strong>der</strong></strong> <strong>Dominicus</strong> war hingegen ein Mann, <strong>der</strong> eine gewisse Kühle<br />

und Distanz ausstrahlte. Während sein Vorgänger oftmals sein Herz auf <strong>der</strong> Zunge trug, war<br />

es <strong>Dominicus</strong> gewohnt, jedes Wort abzuwägen und notfalls auch durch Schweigen Positionen<br />

zu behaupten. Nach <strong>der</strong> Einschätzung von Neuendoff hätten „die Turner Berger geliebt,<br />

<strong>Dominicus</strong> hingegen geachtet, aber er blieb ihnen immer fremd, sie fühlten ihn über sich“.<br />

In dieser wirtschaftlich äußerst schwierigen und politisch unruhigen Zeit stellte sich bald<br />

heraus, dass die Wahl von <strong>Dominicus</strong> ein Glücksgriff war. Politisch galt er als<br />

Nationalliberaler mit „vaterländischer Gesinnung“, parteipolitisch war er nicht mehr<br />

gebunden, sodass er vielerlei Strömungen <strong>der</strong> DT aufnehmen konnte. Er war ein glänzen<strong>der</strong><br />

Verwaltungsmann, ein in je<strong>der</strong> Hinsicht besonnener sowie strategisch denken<strong>der</strong> Mann, ein<br />

vorzüglicher Verhandlungspartner und ein unübertroffener verbandspolitischer Vordenker. Er<br />

war genau die Persönlichkeit, die die DT in jenen Jahren brauchte, um diesen riesigen und<br />

vielschichtigen Verband auf Kurs zu halten. <strong>Alexan<strong>der</strong></strong> <strong>Dominicus</strong> gelang es, den lang<br />

anhaltenden Streit mit den Sportverbänden durch Abkommen mit dem <strong>Deutschen</strong> Schwimm-<br />

Verband, <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Sportbehörde für Leichtathletik und dem <strong>Deutschen</strong> Fußball-Bund zu<br />

beenden. Bahnbrechend war seine Initiative, innerhalb <strong>der</strong> DT-Vereine einen freiwilligen<br />

Arbeitsdienst für Erwerbslose, insbeson<strong>der</strong>e für jugendliche Turner einzuführen. Durch seinen<br />

wirtschaftlichen Sachverstand war es möglich, die finanziellen Rahmenbedingungen für die<br />

Deutsche Turnschule in Berlin entscheidend zu verbessern und dadurch die<br />

Lehrgangsteilnahme kostenfrei zu gestalten. Immer wie<strong>der</strong> angestrengte Bestrebungen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e von <strong>der</strong> Turnerjugend unter <strong>der</strong> Führung von Neuendorff, den § 2 <strong>der</strong> DT-<br />

Satzung, <strong>der</strong> die parteipolitische Neutralität festschrieb, zu än<strong>der</strong>n, lehnte er strikt ab. Seine<br />

demokratische Grundüberzeugung machte es ihm leicht, solchen Bemühungen zu<br />

wi<strong>der</strong>stehen. <strong>Alexan<strong>der</strong></strong> <strong>Dominicus</strong> nahm in vielerlei Publikationen sowie in zahlreichen<br />

Vorträgen zu turnerischen Grundsatz- und Tagesfragen Stellung und vermittelte so nach innen<br />

und außen die Ziele und Aufgaben <strong>der</strong> DT.<br />

Schicksalsjahr 1933<br />

Als durch die Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler Anfang 1933 die Nazis an die<br />

Macht kamen, begann <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> DT. Die Nationalsozialisten innerhalb <strong>der</strong> DT<br />

machten bald deutlich, dass die Tage von <strong>Alexan<strong>der</strong></strong> <strong>Dominicus</strong> als <strong>Vorsitzen<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> DT<br />

gezählt waren. Es ist in <strong>der</strong> Literatur strittig, ob er freiwillig o<strong>der</strong> von seinen<br />

Vorstandskollegen „gedrängt“ seinen Rücktritt erklärte. Neuendoff berichtete, allerdings nach<br />

1945, maßgebliche Nazi-Führer hätten verlangt, die DT müsse sich von ihm trennen, um ihre<br />

Selbständigkeit zu bewahren. Wie dem auch sei, am 6. April 1933 verkündete die DT den<br />

Rücktritt ihres verdienstvollen Vorsitzenden <strong>Alexan<strong>der</strong></strong> <strong>Dominicus</strong>. Bei <strong>der</strong> Hauptausschuss-<br />

Sitzung <strong>der</strong> DT zwei Tage später in Stuttgart wurde Edmund Neuendorff zum neuen<br />

Vorsitzenden berufen. Die DT bekannte sich nunmehr zum „Führergrundsatz“ und beschloss,<br />

„alle Nichtarier aus ihren Reihen auszuschließen und keine neuen aufzunehmen“. In seinem<br />

im „Jahrbuch <strong>der</strong> Turnkunst 1934“ veröffentlichten Beitrag „Rückblick auf Jahr 1933“,<br />

würdigte Neuendorff das Wirken und die außergewöhnlichen Verdienste von <strong>Alexan<strong>der</strong></strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!