Berliner Spaziergänge - Focus Publishing
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14 <strong>Berliner</strong> <strong>Spaziergänge</strong><br />
theodor Fontane: irrungen Wirrungen (1888)<br />
Kontext<br />
Die Zeit des Romans ist der Beginn des zweiten Deutschen Reiches<br />
unter Bismarck, als Berlin sich von der preußischen Hauptstadt zur<br />
Hauptstadt Deutschlands wandelte. Nach Fehlschlagen der Deutschen<br />
Nationalversammlung in Frankfurt 1848 setzte sich die konservative Politik<br />
in Preußen und nach der Vereinigung in ganz Deutschland durch. So waren<br />
Deutschland und Berlin am Beginn des zweiten deutschen Kaiserreichs<br />
gefangen in den alten preußischen Klassenkonventionen. Es war ungewöhnlich,<br />
dass Angehörige aus dem Adel und dem Bürgertum heirateten. Mit der<br />
beginnenden Industrialisierung begannen sich diese Konflikte zu verschärfen.<br />
Der deutsch-nationale Kanzler Bismarck versuchte mit seinen Sozialgesetzen<br />
den sozialistischen Umtrieben der Arbeiter zwar die Spitze zu nehmen, indem<br />
er Arbeitern eine staatliche Gesundheits- und Altersversorgung verschaffte,<br />
doch das zweite deutsche Reich scheiterte unter anderem an seinen nicht zu<br />
vereinbaren sozialen Konflikten.<br />
Theodor Fontane gilt als bekanntester deutscher Romanautor des 19.<br />
Jahrhunderts, der den oft kopierten Stil des poetischen Realismus populär<br />
machte. Fontane wurde am 30. Dezember 1819 in Neuruppin bei Berlin geboren<br />
und starb am 20. September 1898 in Berlin als angesehener Romanautor,<br />
nachdem er zuvor mehrere Jahre in London als Zeitungskorrespondent<br />
gearbeitet hatte. Eines seiner ersten bekannten Werke ist das Buch Wanderungen<br />
durch die Mark Brandenburg (1862ff.), in denen er als journalistischer Flaneur<br />
die Geschichte der kleinen Orte um Berlin beschrieb. In Irrungen Wirrungen<br />
gelingt es Fontane, den Konflikt zwischen preußischem Landadel und <strong>Berliner</strong><br />
Stadtbürgertum am Schicksal seiner Romanfiguren aufzuzeigen, deren<br />
Popularität ihr zeitbezogenes Schicksal überdauern sollte. Der Roman spielt<br />
während des so genannten Booms der Gründerzeit um 1875, als Berlins erste<br />
große Expansion in der Industriellen Revolution nach der Reichsgründung<br />
stattfand. Irrungen Wirrungen zeigt die Geschichte der Waise Lene Nimptsch,<br />
die bei Verwandten in einer Gärtnerfamilie lebt und dort den adligen Offizier<br />
Botho von Rienäcker kennen und lieben lernt. Nach einer gemeinsam<br />
verbrachten Nacht in „Hankels Ablage“, einem Ausflugsort bei Berlin, muss<br />
Botho aus finanziellen Gründen auf Lene verzichten, da er durch die Heirat mit<br />
seiner Kusine den Familienbesitz vor dem Ruin retten kann. Lene unterstützt<br />
Bothos Entschluss, da sie sich bei Bothos adligen Offiziersfreunden nicht wohl<br />
fühlt.