Berliner Spaziergänge - Focus Publishing
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18 <strong>Berliner</strong> <strong>Spaziergänge</strong><br />
3. Was bedeutet die Szene am Beginn, als Botho das Gemälde in der<br />
Kunsthandlung betrachtet?<br />
4. Versuchen Sie Fontanes Thema des Konflikts zwischen <strong>Berliner</strong> Bürgertum<br />
und preußischem Landadel in diesem Kapitel zu finden.<br />
5. Warum spielt diese Szene wohl in dem neoklassischen Kontext der<br />
Friedrichstadt, des Pariser Platzes und des Boulevards Unter den Linden?<br />
Hans Fallada: Damals bei uns daheim (1941)<br />
Kontext<br />
Falladas Erinnerungen spielen um 1900, als das Wilhelminische<br />
Deutschland auf dem Zenith seiner Macht stand. Unter Deutschlands<br />
selbstherrlichem Kaiser Wilhelm II., dem „Reisekaiser“, hatten sich die<br />
Spannungen zu den westeuropäischen Mächten, besonders zu Großbritannien,<br />
weiter verschärft. Deutschland fühlte sich jetzt als eine wichtige Macht in<br />
Europa. Falladas Autobiographie ist interessant, da sie aus der Perspektive eines<br />
Bürgersohns aus den wohlhabenden Gegenden des <strong>Berliner</strong> Westens Einblick<br />
in die Mentalität der Kaiserzeit gibt, doch wird auch die Entstehungszeit<br />
des Texts 1941 sicherlich eine Rolle bei der antisemitischen Darstellung des<br />
Scheunenviertels gespielt haben.<br />
Hans Fallada (eigentlich Rudolf Ditzen) ist einer der bekanntesten<br />
deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, besonders der Zeit der Weimarer<br />
Republik. Er schrieb Romane zu wichtigen sozialen Problemen der Weimarer<br />
Zeit, wie die Inflation von 1923 (Wolf unter Wölfen), der Verdrängung der kleinen<br />
Unternehmer durch größere Betriebe (Der eiserne Gustav), die Änderung des<br />
Strafvollzugs zu humaneren Methoden (Wer einmal aus dem Blechnapf frißt), und<br />
besonders zur Arbeitslosigkeit (Kleiner Mann, was nun?). Hans Fallada wurde<br />
am 21. Juli 1893 in Greifswald geboren, wuchs in Berlin auf und starb am 5.<br />
Februar 1947 in Berlin. Fallada blieb während der Nazizeit in Deutschland und<br />
lebte auf dem Land in Mecklenburg, um weit entfernt von Berlin zu sein. Doch<br />
trotz der vermeintlichen Entfernung von Berlin versuchten die Nazis mehrfach,<br />
ihn für ihre Ziele zu gewinnen.<br />
Damals bei uns daheim sind Falladas <strong>Berliner</strong> Jugenderinnerungen, die er<br />
ohne Beschönigungen berichtet. Er veröffentlichte seine Erinnerungen zum<br />
Kaiserreich während der Nazizeit, als er sich nicht mehr zu Gegenwartsthemen<br />
äußern konnte. Als Sohn eines Richters am Reichkammergericht und am<br />
obersten Reichgericht in Leipzig, gibt er Aufschluss über die Mentalität der<br />
staatstragenden Schicht im wilhelminischen Deutschland. Besonders wichtig<br />
sind die Beschreibungen der Klassenunterschiede, die er in seinem <strong>Berliner</strong><br />
Gymnasium beobachtete.