MITTEILUNGSBLATT 2_3â07 - Markt Kraiburg am Inn
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<strong>Kraiburg</strong>er <strong>Markt</strong>blatt<br />
„So nah und doch so fern …“<br />
Das AWO Jugendwohnprojekt in Kolbing<br />
Klar wissen alle, dass es uns gibt … und klar wissen alle ganz genau<br />
Bescheid über diese „Dings“ – „na, diese“ - Wohngruppe ein<br />
bisschen außerhalb von <strong>Kraiburg</strong> …<br />
… und trotzdem wollen wir uns mal ein bisschen vorstellen, denn<br />
schließlich gibt es uns jetzt schon neun Jahre und vielleicht wissen<br />
ja doch noch nicht alle Alles.<br />
Zwölf Mädels und Jungs leben hier – zwischen dreizehn und achtzehn<br />
Jahre alt – manchmal auch ein bisschen darüber. Sie gehen<br />
in die Schule, bereiten sich auf einen Beruf vor oder sind schon in<br />
der Ausbildung – wie jeder andere in diesem Alter eben auch …<br />
und trotzdem ist natürlich manches ein bisschen anders, als bei „jedem<br />
Anderen“.<br />
Die „Kids von Kolbing“ können aus ganz verschiedenen Gründen<br />
nicht bei ihren Eltern leben – vielleicht weil sie nicht mehr leben,<br />
selbst sehr krank sind oder, weil Dinge zu Hause passiert sind, die<br />
ein weiteres Zus<strong>am</strong>menleben unmöglich gemacht haben.<br />
Es leben nicht lauter „Engel“ hier, das ist auch richtig – aber wo ist<br />
das schon so?<br />
Wie so ein ganz normaler Tag bei uns aussehen kann, das erzählt<br />
Euch jetzt einmal jemand, der schon eine ganze Weile in der WG<br />
ist und deshalb bestens Bescheid weiß:<br />
„Hallo ich heiße Melanie und bin 18 Jahre alt. Ich wohne seit 1<br />
Jahr und 2 Monaten in der Jugendwohngruppe in Kolbing. Ich werde<br />
euch jetzt einen normalen Tag in der JWG vorstellen:<br />
Wir Jugendlichen stehen alle um 6.00 Uhr morgens auf und machen<br />
uns für die Schule oder die Ausbildung startklar. Um ca. 6.30<br />
Uhr gehen wir gemeins<strong>am</strong> zum Bus, der uns nach <strong>Kraiburg</strong> bringt.<br />
Ab da trennen sich unsere Wege. Die einen fahren mit dem Bus<br />
nach Waldkraiburg an die Hauptschule und die anderen fahren<br />
nach Mühldorf an die Berufsschule.<br />
Um ca. 14.00 Uhr wird dann gemeins<strong>am</strong> Mittag gegessen. Nach<br />
dem Mittagessen haben alle Schüler von 14.30 Uhr bis 15.30 Uhr<br />
Lernzeit, d.h. jeder von uns Kids erledigt seine Hausaufgaben mit<br />
einem Betreuer.<br />
Nach der Lernzeit können wir selbst entscheiden was wir mit dem<br />
restlichen Tag machen wollen. Wir beschäftigen uns im Haus oder<br />
nehmen Ausgang.<br />
Am Abend wird dann von zwei Jugendlichen ein Abendessen für<br />
die ganze Mannschaft gekocht.<br />
6 Ausgabe 1 ● Februar/März 2007<br />
Das Essen wird selbstverständlich gemeins<strong>am</strong> eingenommen. Da<br />
nutzen wir Kidis gleich die Gelegenheit von unserem Tag zu erzählen<br />
– was wir so erlebt haben. Danach haben die zwei Jugendlichen,<br />
die gekocht haben die Küche wieder so zu säubern, wie sie<br />
davor ausgesehen hat. Natürlich hat auch jeder von uns einen Ordnungsdienst<br />
zu erledigen, wie z.B. Baddienst oder Mülldienst. Es<br />
wird auch zweimal in der Woche ein Großeinkauf gemacht. Da<br />
sind wir Kids natürlich selbst zuständig; wir suchen uns das Essen<br />
selbst zus<strong>am</strong>men und zahlen es dann auch selbständig an der Kasse.<br />
Um ca. 22.00 Uhr ist bei uns Nachtruhe – aber das geht nach<br />
dem jeweiligen Alter.<br />
Das war jetzt ein ganz normaler Tag in der JWG. Ich hoffe ihr habt<br />
nun einen kleinen Einblick bekommen.“<br />
Kolbing ist also kein unheimlicher Ort an dem lauter „Verrückte“ leben<br />
– eher Jugendliche, die es nicht immer ganz leicht hatten und<br />
nun hier versuchen wollen einen Schulabschluss zu erreichen, eine<br />
Lehrstelle zu bekommen und sich so gut es eben geht auf ihr eigenes<br />
Leben vorzubereiten – wie in jeder normalen F<strong>am</strong>ilie auch.<br />
Statt den Eltern sind hier „Betreuer“ – Erzieher, Heilerziehungspfleger<br />
und Sozialpädagogen – für die Begleitung der Jugendlichen<br />
verantwortlich – 365 Tage – 24 Stunden <strong>am</strong> Tag.<br />
Wir kochen, spielen, lachen, lernen, streiten, arbeiten – leben zus<strong>am</strong>men<br />
– ihr doch auch – oder?<br />
Melanie Schmitt und Frank Einwanger