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Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln ...

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1.1 Worum es in diesem Buch geht<br />

Inhalte vermittelt werden, wohl kaum mit gerade noch akzeptablen Minimalstandards<br />

zufrieden geben.<br />

Wenn wissenschaftliches Schreiben einfach nur das »Aufschreiben« von Theorien,<br />

Methoden und Ergebnissen wäre, dann müsste man um das Thema nicht<br />

allzu viel Aufhebens machen. Als Hilfestellungen würden ein Grammatikbuch,<br />

Vokabeltrainer, Wörterbuch und Spellchecker reichen, und deutsche Texte würden<br />

sich Wort für Wort und Satz für Satz ins Englische übertragen lassen. Das Problem<br />

ist, dass beim academic writing erheblich mehr geschieht als das bloße »Fixieren«<br />

<strong>der</strong> Realität. Selbst bei größtem Bemühen <strong>der</strong> Autor/inn/en um Objektivität<br />

schiebt sich die Sprache unweigerlich als Filter vor die Inhalte. Dieses Phänomen<br />

an sich gilt für Sprache ganz allgemein; <strong>der</strong> Unterschied zwischen Sprachen besteht<br />

also nicht darin, dass die einen die Realität filtern und die an<strong>der</strong>en nicht, son<strong>der</strong>n<br />

dass ihre Filter an<strong>der</strong>s sind – wie etwa Siepmann (2006) für das Englische, Französische<br />

und Deutsche klar herausgearbeitet hat. Dazu kommen noch die ebenfalls<br />

prägenden Konventionen von Wissenschaftsdisziplinen, die ebenfalls ihre eigenen<br />

Diskurswelten aufbauen. Dazu Hyland (2000):<br />

In academic fields [...] texts embody the social negotiations of disciplinary inquiry,<br />

revealing how knowledge is constructed, negotiated and made persuasive. Rather than<br />

simply examining nature, writing is actually seen as helping to create a view of the<br />

world. This is because texts are influenced by the problems, social practices and ways of<br />

thinking of particular social groups (Kuhn, 1970; Macdonald, 1994). In other words,<br />

discourse is socially constitutive rather than simply socially shaped; writing is not just<br />

another aspect of what goes on in the disciplines, it is seen as producing them.<br />

(Hyland 2000, 3; Kursivschrift im Original)<br />

Wissenschaft zu betreiben bedeutet daher, sich am Kreuzungspunkt von sowohl<br />

regional als auch fachlich bestimmten Wissenschaftskulturen zu verorten (Gruber,<br />

Huemer & Rheindorf 2009, 64). Der einzelne wissenschaftliche Text wie<strong>der</strong>um ist<br />

einerseits ein Produkt dieser Kulturen, trägt an<strong>der</strong>erseits aber auch zur Reproduktion<br />

<strong>der</strong> Strukturen bei, die ihn hervorgebracht haben.<br />

Was bedeutet nun eine solche konstruktivistische Sichtweise für die Praxis? Die<br />

wichtigste Konsequenz ist, dass man die Vorstellung aufgeben muss, <strong>der</strong> Wechsel<br />

zwischen Deutsch und Englisch würde nur die sprachliche Oberfläche berühren.<br />

»Outwardly comparable texts in English and German«, erinnern uns auch Siepmann<br />

et al. (2008, 20), »have very different internal properties, arising from differences<br />

in ›intellectual style‹ and educational traditions«. In dem Augenblick also,<br />

wo wir zu den etwas tiefer liegenden Ebenen <strong>der</strong> Text- und Informationsstruktur<br />

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