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Referenzen - Matthias Floedl Corporate Communication

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wina - das jüdisChe stadtmagazin<br />

israelisCheKulTusgeMeinde<br />

•Co-Konzept<br />

•redaKtionelle beratung<br />

16 wına Junge Israelis antworten<br />

kultur FLaSH<br />

»Es ist etwas Wunderbares<br />

geschehen« Der junge Grafiker Gilad Fried lebt und<br />

arbeitet in Tel Aviv. Seine Mutter stammt<br />

aus Wien. Mit wina sprach er über die<br />

Ereignisse des Sommers in Israel.<br />

wina: Die Zeltstädte werden nun abge<br />

baut, am Samstag (3. 9. 2011) gingen<br />

beinahe eine halbe Million Israelis auf<br />

die Straße. Die Regierung Netanya hu<br />

verspricht einzulenken. Ist jetzt alles<br />

vorbei, ist die Arbeit getan? Beginnt<br />

jetzt der Alltag wieder?<br />

„kein Spielplatz“<br />

– Großstadtkinder,<br />

Ernst Thormann,<br />

Berlin, 1929<br />

WINA PHILOSOPHIE-TiPP<br />

IdeengeschIchte<br />

ABenteuer SPINOZA<br />

Lange hat es gedauert, bis sich ein<br />

deutscher Verlag an Yirmiyahu Yovels<br />

umfangreiche Studie über Baruch<br />

Spinoza (16321677) wagte. Spinoza:<br />

umgeben von Legenden. Spinoza:<br />

nicht ganz leicht zu lesen. Spinoza bei<br />

Yovel, der in Jerusalem das International<br />

Spinoza Institute gründete: der<br />

„Marrane der Vernunft“, einflussreich,<br />

Außenseiter. Erhellend ist dieses<br />

Buch. Und weitaus mehr als nur eine<br />

Hinführung zum herausfordernden<br />

Denken eines jüdischen Europäers,<br />

vielmehr ein ideengeschichtliches<br />

Abenteuer, in dem Ich<br />

und Wir, Egoismus und<br />

Altruismus verhandelt<br />

werden. . A. K.<br />

54 wına | März 2012<br />

Yirmiyahu Yovel: Spinoza.<br />

das Aben teuer der<br />

immanenz<br />

Steidl Verlag, 552 S.<br />

€ (A) 35,-/€ (D) 34,-<br />

Gilad Fried: Die Protestbewegung erreichte<br />

mit der „Millionendemonstration“<br />

zwar in gewisser Weise ihren Höhepunkt,<br />

doch die Arbeit ist damit nicht<br />

getan. In den letzten Wochen traten<br />

wieder einmal Sicherheitsprobleme in<br />

den Vordergrund (die Anschläge nahe<br />

Berlin TRanSiT<br />

Jüdische Migranten aus<br />

osteuropa in den 1920er-Jahren<br />

Nach dem Ende des Ersten<br />

Weltkriegs, infolge des Umsturzes<br />

in Russland und auf der<br />

Flucht vor Pogromen wurde<br />

für mittel- und osteuropäische<br />

Juden nicht nur Wien ein<br />

beliebter Zufluchtsort, sondern<br />

auch und erst recht Berlin.<br />

Charlottenburg mutierte<br />

spöttisch zu „Charlottengrad“<br />

und das so genannte Scheunenviertel<br />

zwischen Alexanderplatz<br />

und Oranienburger Tor<br />

zu einem über-<br />

Berlin transit<br />

23. März bis 15. Juli<br />

Jüdisches Museum<br />

Berlin<br />

altbau, 1. oG<br />

jmberlin.de<br />

Eilat), und dies veranlasste so manchen,<br />

die Protestbewegung schon für tot zu<br />

erklären. Sie meinten, dass die öffentliche<br />

Aufmerksamkeit sich nun wieder<br />

dem Thema Sicherheit zuwenden<br />

würde und somit alle wieder zum gewohnten<br />

„Alltag“ mit dem Thema Si-<br />

Es ist nicht mehr cool zynisch zu sein.<br />

wiegendjüdischen Bezirk.<br />

Was die Schau<br />

Berlin Transit<br />

im Jüdischen<br />

Museum Berlin<br />

(bis 15. 7.)<br />

eindrücklich illustrierend vor<br />

Augen führt an Hand von vielen<br />

Fotografien, Familienerinnerungsstücken,<br />

Bildern und<br />

Gedrucktem. . A. K.<br />

Vor 15 Jahren übernahm Marc Jacobs die<br />

künstlerische Leitung bei Louis Vuitton.<br />

Was daraus entstanden ist, zeigt eine<br />

große Ausstellung im Pariser<br />

Musée des<br />

Arts décoratifs,<br />

die bisher umfangreichste<br />

Übersicht<br />

über die Kollaboration<br />

zwischen<br />

dem Amerikaner,<br />

der jüngst auf der<br />

New Yorker Fashion<br />

Week zum Lied<br />

Who will buy? gigantisch<br />

surreale Winterfellhüte und<br />

zusammengepickte Wollschals<br />

zeigte, und dem Luxusmode- die Anfänge<br />

label. Hier ist all das ausgebrei- einer luxusmarke,<br />

1885<br />

tet, was für Aufsehen sorgte und<br />

die Modewelt umkrempelte –<br />

die aufgetackerten magic mushrooms, die<br />

Krankenschwestern-Models, die Kampagnen<br />

mit Angelina Jolie und<br />

Michail Gorbatschow.<br />

Männer sollten zwei Dinge<br />

mitbringen: viel Zeit und Ohrstöpsel,<br />

denn was sind schon<br />

die Glücksschreie beim Eintreffen<br />

eines Zalando-Pakets<br />

verglichen mit<br />

denen beim Anblick<br />

einer Marc<br />

Jacobs/Louis<br />

Vuitton-Bag?! .<br />

A. K.<br />

„Who will buy?“, Marc<br />

Jacobs für Louis Vuitton,<br />

2001<br />

louis Vuitton – Marc Jacobs<br />

9. März bis 16. September<br />

Les art Decoratif, Paris<br />

lesartsdecoratifs.fr<br />

tASchen.KUnST<br />

louis Vuitton & Marc Jacobs<br />

© Ernst-Thormann-archiv<br />

© Collection Louis Vuitton / antoine Jarrier, DR<br />

cherheit im Mittelpunkt zurückkehren Auch deshalb lebt die Protestbewe- um Israel nicht ganz ignorieren. Diese<br />

werden. Die Großdemonstration am gung weiter, unabhängig davon, was in Umwälzungen erweckten in der isra-<br />

Samstag, den 3. 9. 2011, hat der Regie- Netanyahus Büro passiert.<br />

elischen Öffentlichkeit dennoch eine<br />

rung aber gezeigt, dass die Bevölkerung Wie war die Stimmung in den letzten gewisse Motivation dahingehend, dass<br />

unbedingt eine Änderung will und nicht Wochen? Haben Sie Ihr Land, Ihre Stadt es mit ungewohnten Mitteln möglich<br />

bereit ist aufzugeben.<br />

neu erlebt?<br />

ist, die gewohnte Weltordnung zu ver-<br />

Darüber hinaus hat die Protestbewe- Durch das Entstehen der Protestbeweändern. Wenn auch jene Demonstragung<br />

eine neue Art des öffentlichen gung ist etwas Wunderbares geschetionen grundlegend anders motiviert<br />

Diskurses geprägt. Dieser Diskurs wird hen: Es ist nicht mehr cool zynisch zu waren.<br />

nicht über die üblichen Massenmedien sein. Der Zynismus, der für die israe- Glauben Sie, dass die Demonstra tionen<br />

wie Tageszeitungen und kommerzielle lische Gesellschaft in den letzten Jah- eine neue politische Kraft in Israel be­<br />

Fernsehstationen geführt, sondern an ren so typisch war, ist einer Neugierde deuten? Ist damit vielleicht die anhal­<br />

öffentlichen Plätzen, in den Zeltstäd- und Interesse an den Geschehnissen tende Bedrohung von außen ein wenig<br />

ten und über soziale Netzwerke im In- gewichen.<br />

in den Hintergrund gerückt?<br />

ternet.<br />

Plötzlich interessiert sich jeder für Wie gesagt, momentan ist die Sicher-<br />

Der Diskurs wird von einer neuen und Zahlen und Daten und will sie versteheitsfrage im öffentlichen Diskurs et-<br />

jungen Generation geführt, die bisher hen, plötzlich hat jeder eine Meinung was in den Hintergrund gerückt, aber<br />

als gleichgültig und zynisch galt. Diese zu den Ereignissen, plötzlich geht die mir fällt schwer zu glauben, dass das<br />

Diskussion kann aber nicht mehr in Situation jeden etwas an. Insofern er- lange anhalten wird. Mit Gründung<br />

den Gängen der Knesseth stattfinden. lebe ich Tel Aviv und ganz Israel tat- des palästinensischen Staates und der<br />

sächlich ganz neu.<br />

anti-israelischen Stimmung in Ägyp-<br />

Liebe in Zeiten der Nöte. Hundert- Demonstrationen in Europa, Zeltten kann man sicher sein, dass die politausende<br />

Israelis nahmen über Wochen an<br />

den friedlichsten Demonstrationen in der<br />

Geschichte ihres Landes teil. Sie wollten<br />

damit auf ihre finanziellen und sozialen Nöte<br />

städte in Israel. Welchen Zusammentische Szene und die Medien bald wiehang<br />

sehen Sie? Sehen Sie eine Chance der ihre ganze Aufmerksamkeit diesem<br />

für globale Veränderungen?<br />

Thema widmen werden.<br />

aufmerksam machen. Zwischen den Demonstrationen und Ich bin mir nicht sicher, ob die Protest-<br />

Protesten in Spanien und der israelibewegung in politischer Hinsicht zu<br />

schen Protestbewegung gibt es einen wichtigen und nachhaltigen Ergebnis-<br />

direkten Zusammenhang. Die Orgasen führen wird, doch erlebt die israenisatoren<br />

der hiesigen Proteste stehen lische Gesellschaft in jedem Fall eine<br />

mit ihren spanischen Kollegen in stän- ideologische Veränderung. Erstmals<br />

diger Verbindung und übernehmen werden auch die „heiligen Kühe“, wie<br />

von diesen auch etliche Ideen. etwa Siedlungspolitik und Sicherheits-<br />

Andererseits kann man aber die zeitbudget, öffentlich hinterfragt. .<br />

liche Nähe der Umstürze und Proteste<br />

in den arabischen Ländern rund Interview, September 2011: Julia Kaldori<br />

© Miriam Alster_Flash90<br />

Axel SPRinGER<br />

bild dir dein volk!<br />

„Israel ist nicht irgendein<br />

Staat!“ Aber Axel<br />

Cäsar Springer (1912–1985),<br />

der westdeutsche Boulevardzeitungszar<br />

(Bild,<br />

Welt), ging in seiner proisraelischenGrundüberzeugung<br />

noch weiter.<br />

„Für mich“, sagte<br />

der gläubige Christ<br />

und Ehrendoktor der<br />

Universitäten in Ramat<br />

Gan und Jerusalem,<br />

der ab 1966 jedes Jahr Israel<br />

besuchte, „ist das Überleben<br />

des jüdischen Volkes und der<br />

Wiederaufbau des Staates Israel<br />

der Beweis, dass Gottes<br />

Versprechen in der Bibel sich<br />

erfüllen“. Vor einem Jahr organisierte<br />

das Jüdische Museum<br />

Frankfurt eine Konferenz<br />

über Springer, nun folgt<br />

mit Bild dir dein Volk! Axel<br />

Springer und die Juden (bis<br />

29. 7.) das Visuelle. Wobei<br />

auch Springer-Gegner beleuchtet<br />

werden, die westdeutsche<br />

Gesellschaft, das Vergessen,<br />

das Versöhnen. Und<br />

nicht zuletzt<br />

Bild dir dein Volk! Springers<br />

Axel Springer und<br />

die Juden Selbstinsze-<br />

15. März bis 29. Juli nierungsta<br />

Jüdisches Museum lent.<br />

Frankfurt am Main<br />

juedischesmuseum.de<br />

wına 17<br />

Landesweite Diskussionsforen<br />

1.000 runde Tische<br />

Tel Aviv. Nach der größten Demonstration in der Geschichte Israels vor einer Woche hat die<br />

soziale Protestbewegung am Samstag unter dem Motto „1.000 Runde Tische“ landesweite<br />

Diskussionsrunden organisiert. Allein in Tel Aviv hätten sich etwa 1.000 Menschen im Zentrum<br />

der Stadt an 200 solcher Diskussionsforen über mehr soziale Gerechtigkeit beteiligt,<br />

berichtete die Zeitung Jerusalem Post.<br />

Die Organisatoren wollten nach eigenen Angaben den Menschen Gelegenheit geben, ihre<br />

Sorgen und Vorschläge öffentlich zu machen. Jede Diskussionsrunde wurde von einem Moderator<br />

geleitet. Außerdem sollten die Ziele der Bewegung genauer definiert und festgestellt<br />

werden, wo den Menschen der Schuh drückt und wie Abhilfe geschaffen werden könnte.<br />

Aus Ärger über hohe Mieten hatten Demonstranten Mitte Juli damit begonnen, in vielen Straßen<br />

Tel Avivs, aber auch in anderen Städten Zeltlager zu errichten. Sie wurden inzwischen von<br />

den Behörden weitgehend wieder geräumt. Die seit Ende Juli jeden Samstag abgehaltenen<br />

Demonstrationen, an denen sich zuletzt vor einer Woche 450.000 Menschen beteiligt hatten,<br />

sind vorerst beendet.<br />

Der konservative Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, der eine liberale Wirtschaftspolitik<br />

betreibt, hatte schon vor einem Monat unter dem Eindruck der Massenproteste ein Expertenteam<br />

unter Leitung des ehemaligen Vorsitzenden des Nationalen Wirtschaftsrats, Manuel<br />

Trajtenberg, eingesetzt. Der Wirtschaftsexperte kündigte Vorschläge zur Lösung der Krise für<br />

Ende des Monats an. tsc<br />

Robert Gottlieb<br />

die Göttliche. Sarah Bernhardt.<br />

Steidl LSD, 288 S.<br />

€ (A) 28,80/€ (D) 28,00<br />

KULTURFlash<br />

hAnnA KRaLL<br />

erinnern, lakonisch<br />

„Das Herbeiführen einer Aussöhnung<br />

zwischen Juden und Deutschen: hierzu<br />

gehört auch die Unterstützung der Lebensrechte<br />

des israelischen Volkes.“<br />

Axel Springer<br />

Vor wenigen Wochen erst wurde Hanna<br />

Krall der Würth-Preis für europäische Literatur<br />

verliehen. Die deutschen Übersetzungen<br />

der Bücher der 1935 Geborenen<br />

werden seit 25 Jahren hingebungsvoll vom<br />

Verlag Neue Kritik betreut. Und doch ist<br />

sie hierzulande bei Weitem nicht so bekannt<br />

und wird nicht annähernd so häufig<br />

gelesen, wie es die schmucklose, asketische,<br />

kommentarfreie stille Prosa dieser<br />

großen europäischen Schriftstellerin verdient<br />

hat. „Dies ist ein Buch über das, was<br />

mir Menschen in fünfzig Jahren schrieben<br />

und erzählten“: So lakonisch knapp ist die<br />

einleitende Vorbemerkung ihres jüngsten<br />

Bandes. Es sind Notizen, Entwürfe, Gefundenes,<br />

Aufzeichnungen, Aktenauszüge<br />

der Vergewisserung, des Erinnerns,<br />

eines mikrokosmischen Antisemitismus<br />

und eines makroskopischen Lebens in einer<br />

Diktatur. Eine ungeordnete Chronik,<br />

eine Querschnittröntgenaufnahme durch<br />

50 Jahre, eine montierte Zeitgeschichte.<br />

Krall weicht allen<br />

Festlegungen aus. Ein schmaler,<br />

gewichtiger, schöner Band.<br />

Hanna Krall<br />

rosa Straußenfedern<br />

Neue Kritik, 208 S.<br />

€ (A) 20,10/€ (D) 19,50<br />

WINA MUSIK-TiPPS<br />

eleKtro-pop<br />

ZEITMIxMASCHINE<br />

Zugegeben: Maxim Biller hat<br />

nicht immer Recht. Doch hier schon,<br />

wenn er sagt, die drei Jewrhythmics<br />

müssen einer Zeitmaschine entsprungen<br />

sein. Was ihr Album „Jewrhythmics“<br />

(essay Recordings) belegt.<br />

Jiddisch mit stampfenden 80er-<br />

Jahre-Discorhythmen, „Hava Nagila“<br />

als Synthieretropop? Das ist ungewöhnlich,<br />

ungewohnt. Und spannend<br />

(womit Biller wieder Recht hat). . A. K.<br />

very KleZMer<br />

KEIN BISSCHEN ALT<br />

Anfang Jänner beging die<br />

Amsterdam Klezmer Band<br />

ihr 15-jähriges Bestehen.<br />

Naturgemäß mit einem Livekonzert.<br />

Es war ihr 1.000. Wer nicht im Amsterdamer<br />

„Paradiso“ dabei sein konnte,<br />

den entschädigt AKBs jüngstes, hochbeschwingtes,<br />

rasantes, melodiöses<br />

Album „Mokum“ (essay Recordings).<br />

Natürlich live aufgenommen vor einem<br />

schwindlig gespielten Publikum. . A. K.<br />

WINA BUCH-TiPP<br />

bIograFIe<br />

DIE GÖTTLICHE<br />

Sarah Bernhardt (1841–1923) war die<br />

vielleicht größte Schauspielerin ihrer<br />

Epoche, in ihren Augen. Zugleich war<br />

sie höchst exzentrisch, posierte mit<br />

einer toten Fledermaus, ging auf Tournee<br />

mit einem Sarg im Gepäck und<br />

war eine Mythomanin ersten Ranges.<br />

Der heute 81-jährige Robert Gottlieb<br />

war lange Jahre Lektor (Joseph Heller,<br />

Mordecai Richler) und Chefredakteur<br />

des „New Yorker“, nebenbei im Vorstand<br />

des New York Ballet, und erzählt<br />

detailreich und pointiert ihr wildes<br />

Leben nach. Eine ganz außergewöhnliche,<br />

außergewöhnlich kluge, eminente<br />

Biografie.. A. K.<br />

wına<br />

55<br />

12 wına Thema~Kurztitel<br />

1 : 1027<br />

Gilad Shalit ist frei. Er ist zurück<br />

bei seinen Eltern. Fünf Jahre war<br />

er fort, qualvolle Jahre für ihn und<br />

seine Familie.<br />

Gilad musste nach Hause gebracht<br />

werden. Um jeden Preis. Israel lässt<br />

keinen verwundeten Soldaten auf<br />

dem Feld zurück. Das wissen, da rauf<br />

setzen alle Soldaten und Angehörige<br />

in Israel. Kein Preis dafür kann zu<br />

hoch sein.<br />

Diesmal war der Preis hoch. Sehr<br />

hoch. Aber: Es gab einen nationalen<br />

Konsens, dass er gezahlt werden<br />

musste. Die große Mehrheit der Bevölkerung<br />

und ihre politischen Vertreter<br />

standen hinter der Entscheidung.<br />

Unter den Entlassenen und noch<br />

zu Entlassenden sind einige Serienmörder,<br />

die nun wieder frei sein werden<br />

für neue Terror- und Mordpläne.<br />

Hirsch Goodman schreibt in der Jerusalem<br />

Post über einen Plan, der bereits<br />

im Dezember 2009 auf dem<br />

Tisch lag. Der Preis für Gilads Freilassung<br />

damals: rund 460 Gefangene.<br />

Doch der Ministerpräsident machte<br />

in letzter Minute einen Rückzieher.<br />

Im Sommer 2011 betrug der „Preis“<br />

nun mehr als 1.000 Gefangene.<br />

Für diesen Preis jedoch bekam Israel<br />

nicht nur ein Kind zurück, nicht<br />

nur einen Soldaten. Israel erlebte<br />

auch, kurz, einen nationalen Schulterschluss.<br />

Eine Atempause angesichts<br />

der Belastungen durch soziale<br />

Probleme und kriegerische Konflikte.<br />

Kurz wehte die blau-weiße Fahne<br />

wieder über ganz Israel.<br />

Der Fall Shalit war nicht einmalig,<br />

wahrscheinlich wird er auch nicht<br />

einmalig bleiben. Aber es war wieder<br />

einmal eine Bestätigung für das<br />

Prinzip der Heiligkeit menschlichen<br />

Lebens. Denn die Hamas kann jederzeit<br />

wieder israelische Soldaten<br />

entführen. Die Grenze zum Sinai,<br />

gerade einmal einen Tunnel entfernt<br />

vom Gaza-Streifen, ist löchrig. Und<br />

wir alle kennen Soldaten, die an den<br />

Straßen auf eine Mitfahrgelegenheit<br />

warten. .<br />

leBenSArt REiSEn<br />

48 STUnDEn<br />

„Klein-Paris“ in Sachsen<br />

darf als kulturelles<br />

Schmuckkästchen in<br />

Deutschland bezeichnet<br />

werden. Architektur<br />

von der Barock- bis<br />

zur Gründerzeit sticht<br />

ins Auge. Gewandhaus,<br />

Thomanerchor, Buchmesse<br />

und Musiker-<br />

persönlichkeiten wie<br />

Bach und Mendelssohn-Bartholdy<br />

sind<br />

mit dieser Stadt<br />

verbunden.<br />

Von Esther Graf<br />

Israel lehnt sich auf<br />

Wütende Jugend und ihr stilvoller Protest<br />

in LEiPZiG<br />

STAUNEN in LEiPZiG<br />

In vollendeter Monumentalität präsen- seinen Ehren errichtete man 1892 ein<br />

tiert sich das Völkerschlachtdenk- Bronzedenkmal vor dem alten Gemal<br />

von 1913. Es erinnert an den Sieg wandhaus. Bereits 1936 ließ der Bürger-<br />

über Napoleon in der legendären Völmeister der Stadt das Denkmal mit der<br />

kerschlacht im Jahr 1813. Das 91 Meter Begründung abreißen, dass Mendels-<br />

hohe Monument bietet einen herrlichen sohn-Bartholdy „als solcher nicht als<br />

Blick über die Stadt.<br />

Exponent einer deutschen Musikstadt<br />

herausgestellt werden“ könne. Der Ver-<br />

Das musikalische Leben der Stadt bleib des Denkmals ist unbekannt. Dank<br />

prägte felix Mendelssohn-Bartholdy einer Initiative der Stadt und des Diri-<br />

maßgeblich mit.<br />

genten Kurt Masur<br />

Der getaufte Enkel<br />

konnte 2008 eine<br />

des jüdischen Phi-<br />

Rekonstruktion des<br />

losophen Moses<br />

Ehrendenkmals auf<br />

Mendelssohn diri-<br />

dem Platz vor der<br />

gierte erfolgreich<br />

Thomaskirche er-<br />

am Gewandhaus,<br />

richtet werden.<br />

erhielt eine Ehrendoktorwürde<br />

der<br />

Universität Leipzig<br />

und gründete<br />

ebenda die erste<br />

Völkerschlachtdenkmal<br />

Musikhochschule<br />

91 Meter hoch, erinnert das<br />

Monument an den Sieg über<br />

Deutschlands. Zu<br />

napoleon im Jahr 1813.<br />

28 wına | März 2012<br />

leipzig. Die Zeit zwischen den Weltkriegen stellte die Blütezeit jüdischen Lebens in dieser Stadt dar.<br />

© IDF/Flash 90<br />

Mein Leipzig lob ich mir!<br />

Es ist ein klein Paris und<br />

bildet seine Leute.<br />

Johann Wolfgang von Goethe, „Faust I“<br />

tippS<br />

juedischesleipzig.de<br />

Hörrundgang an zehn orte in<br />

Leipzig<br />

Tageskarte 24 h für die öffentlichen<br />

Verkehrsmittel € 5.- (lohnt<br />

sich ab der 3. Fahrt!), erhältlich<br />

an den automaten an den Haltestellen<br />

dVd. Ein Jahr mit dem Thomanerchor<br />

Leipzig. Eine Dokumentation<br />

anlässlich des 800-jährigen<br />

Bestehens des Chores<br />

das Museum in der<br />

„runden ecke“ mit dem<br />

Museum im Stasi-Bunker<br />

dokumentiert eindrücklich die<br />

überwachungsmethoden der<br />

Stasi zur Zeit der DDR,<br />

Dittrichring 24<br />

runde-ecke-leipzig.de<br />

© Adwan Fady/Flash 90<br />

© Esther Graf<br />

SchMökern<br />

Für die Reise empfehlen wir:<br />

Susanne Buhl,<br />

Tobias Gohlis<br />

leipzig<br />

DuMont Reise-<br />

Taschenbuch<br />

€ 16,99<br />

1 / 2011<br />

www.wina.at<br />

Cheswan 5772<br />

Erscheinungsort Wien<br />

Verlagspostamt 1010 P. b. b.<br />

GZ 03Z034854 W<br />

DVR 0112305<br />

€ 4,90<br />

Wiens Schuk HaKarmel<br />

Streifzug durchs Karmeliterviertel<br />

Hollywood feiert<br />

100 Jahre jüdische Erfolgsgeschichte<br />

Jann von der<br />

Brelie, Jacqueline<br />

Ehms, Stephanie<br />

Ehrich, Benjamin<br />

Hanke<br />

endlich leipzig!<br />

Dein Stadtführer<br />

rap Verlag<br />

€ 14,99<br />

SCHLEMMEN in LEiPZiG<br />

Leipzig wartet mit einer Reihe gemütlicher<br />

Cafés, Bistros und Restaurants<br />

auf, die im Innenstadtbereich<br />

gemütlich zu Fuß zu erreichen<br />

sind. Eine feine Auswahl an internationalen<br />

und regionalen Gerichten<br />

findet man im restaurant centralapotheke,<br />

am Thomaskirchhof<br />

12. Im historischen Ambiente<br />

der ehemaligen Apotheke herrscht eine intime<br />

Atmosphäre. Nicht so intim, aber dafür<br />

durch Goethes Faust weltweit bekannt<br />

ist Auerbachs keller in der Mädler Passage,<br />

Grimmaische Straße 2–4.<br />

SCHLENDERN in LEiPZiG<br />

Der Innenstadtbereich besticht durch<br />

seine barocken und gründerzeitlichen<br />

Fassaden, die von der ehemals wohlhabenden<br />

Messestadt Zeugnis ablegen. Von<br />

der Thomasgasse kommend, erblickt man<br />

linker Hand auf dem Naschmarkt die von<br />

1687 stammende handelsbörse. Von diesem<br />

herrlich renovierten Barockgebäude<br />

liegt die nikolaikirche nur fünf Minuten<br />

entfernt. Jene Kirche, die im Jahr 1989 mit<br />

ihren Friedensgebeten jeden Montag wesentlich<br />

zum gewaltlosen Sturz der DDR<br />

beitrug, wirkt von außen unscheinbar.<br />

Obschon von dem blühenden jüdischen<br />

leben der einst an die 12.000 Juden zählenden<br />

Stadt kaum bauliche Überreste<br />

existieren, gibt es die Möglichkeit, einen<br />

lebendigen Eindruck zu gewinnen. Eine<br />

Privatinitiative erarbeitete einen hörrundgang,<br />

den man als Download auf das<br />

eigene Mobiltelefon laden kann. Dieser<br />

1027 : 1<br />

Thema~Kurztitel wına 13<br />

Gilad Shalit ist frei. Für seine Eltern<br />

ist dies das größte Glück auf Erden.<br />

Doch frei um welchen Preis?<br />

Schließlich wurden Mörder freigelassen.<br />

Und wie fühlen sich dabei die<br />

Hinterbliebenen? Wohl so wie Kobi<br />

Kimchi, dessen Vater Rahamim zusammen<br />

mit 14 weiteren Israelis bei<br />

einem Selbstmordanschlag getötet<br />

wurde. „Ich habe dem Staat Israel<br />

vertraut“, sagt er. „Ich dachte,<br />

dass weder die Mörder meines Vaters<br />

noch andere Terroristen freigelassen<br />

werden. Doch ich hatte mich<br />

geirrt. Ich fühle mich enttäuscht, verletzt<br />

und verraten.“<br />

Es war wohl keine leichte Entscheidung,<br />

Menschen aus den Gefängnissen<br />

zu lassen, die in allen westlichen<br />

Demokratien als (mehrfache)<br />

Mörder lebenslange Strafen absitzen<br />

würden. Eine freigelassene Terroristin,<br />

als Fahrerin an einem Selbstmordanschlag<br />

in Tel Aviv beteiligt,<br />

bei dem acht Kinder starben, zeigte<br />

keine Reue. Sie verzog keine Miene,<br />

als in einem Interview die Sprache<br />

auf den Anschlag kam, sie wusste<br />

nicht einmal mehr, wie viel Kinder<br />

dabei starben. „Vielleicht zwei?“, so<br />

ihre zynische Antwort.<br />

„Indem die Regierung vor dem<br />

Terror weicht, verletzt sie Tausende<br />

Hinterbliebene und versetzt Unschuldige<br />

in eine bedrohliche Situation.<br />

Wir alle wissen, dass zumindest<br />

einige von ihnen zum Terror zurückkehren<br />

werden. Die Freilassungen<br />

stellen damit auch eine Legitimierung<br />

des Terrors dar.“ schreibt Kobi<br />

Kimchi.<br />

Was bleibt? Es bleibt ein Sieg –<br />

die Befreiung Gilad Shalits. Es bleibt<br />

die Angst, dass freigelassene Mörder<br />

wieder töten werden, dass die Siegesfeier<br />

anlässlich ihrer Rückkehr umgehend<br />

zum Auftakt einer neuen Terrorwelle<br />

werden. Und es bleibt Hoffnung.<br />

Die Hoffnung, dass Demokratie und<br />

Frieden am Ende die Oberhand gewinnen.<br />

Dass Hinterbliebene verstehen<br />

können. Und dass Terror – wenn<br />

auch nur indirekt – eine Gesellschaft<br />

nicht spalten, nicht zerstören kann.<br />

Denn dann hätten die Täter gewonnen,<br />

endgültig. .<br />

café Grundmann. Dieses Café hat<br />

seit seiner Gründung 1919 große<br />

kulturelle Bedeutung für Leipzig.<br />

Original Wiener<br />

Kaffeehausatmosphäre<br />

findet man<br />

im café Grundmann<br />

in der August-Bebel-Straße 2 im<br />

Szene-Stadtviertel Südvorstadt.<br />

bietet Informationen zu Orten jüdischen<br />

Lebens aus der Vergangenheit und in der<br />

Gegenwart. Wir empfehlen, den Hörrundgang<br />

in der Gottschedstraße zu beginnen,<br />

wo einst die Hauptsynagoge stand und an<br />

deren Stelle heute ein beeindruckendes,<br />

begehbares Mahnmal steht. Bei einer der<br />

letzten Stationen erfährt man, dass sich<br />

die jüdische Gemeinde seit 100 Jahren in<br />

demselben Gebäude in der Löhrstraße 10<br />

befindet.<br />

JÜDISCHE SPUREn<br />

Seit dem 14. Jahrhundert lebten einzelne jüdische<br />

Familien in Leipzig. Eine Gemeinde durften<br />

sie erst 1837 gründen. Die Zeit zwischen<br />

den Weltkriegen stellt die Blütezeit jüdischen<br />

Lebens in Leipzig dar. Juden waren im Rauchwarenhandel,<br />

im Kürschnerhandwerk und als<br />

Kaufleute tätig. Das Kaufhaus Bamberger &<br />

Hertz am Augustusplatz zählte zu den vor-<br />

Gottschedstraße. Hier<br />

stand einst die Hauptsynanehmsten der Stadt. Die fast 12.000 Juden<br />

goge – heute ein Mahnmal. zählende Gemeinde unterhielt mehrere Wohlfahrtseinrichtungen<br />

und 17 Synagogen. Der<br />

Reichspogromnacht 1938 folgten mehrere Deportationen.<br />

Von den etwa 2.000 deportierten<br />

Juden überlebten 220 Personen. Nach 1945<br />

kam es zu einer Neugründung der jüdischen<br />

Gemeinde, die bis Anfang der 1990er-Jahre<br />

von Überalterung bedroht war. Durch die Einwanderung<br />

von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion<br />

zählt die Gemeinde heute 1.300 Mitglieder,<br />

unterhält einen Kindergarten und das<br />

so genannte Ariowitsch-Haus – ein Veranstaltungs-<br />

und Begegnungszentrum.<br />

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