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Lange lebte er in der Erinnerung der Leute

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Die jüdische Familie Cahn<br />

NACH d<strong>er</strong> Macht<strong>er</strong>greifung durch Hitl<strong>er</strong> gab es auch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Dorf e<strong>in</strong>ige<br />

V<strong>er</strong>blendete und braune Fanatik<strong>er</strong>. Das zeigte sich ganz besond<strong>er</strong>s <strong>in</strong> d<strong>er</strong><br />

“Reichskristallnacht“ 1938: Am Rande des Dorfes wohnte e<strong>in</strong>e jüdische Familie; ihr Heim<br />

glich eh<strong>er</strong> e<strong>in</strong><strong>er</strong> Hütte als e<strong>in</strong>em Wohnhaus (d<strong>er</strong> Fußboden war noch aus Lehm). Die<br />

Familie bestand aus dem Vat<strong>er</strong> Max Cahn, d<strong>er</strong> Mutt<strong>er</strong> Jettchen, den K<strong>in</strong>d<strong>er</strong>n Joseph,<br />

Günth<strong>er</strong> und G<strong>er</strong>da. Vat<strong>er</strong> Cahn handelte mit Lämm<strong>er</strong>n und v<strong>er</strong>kaufte auch Lammfleisch.<br />

In d<strong>er</strong> “Reichskristallnacht“ wurde ihnen übel mitgespielt: Fanatik<strong>er</strong> z<strong>er</strong>schlugen ihnen<br />

Mobiliar und Geschirr und d<strong>er</strong> Frau das bisschen E<strong>in</strong>gemachte, das sie für ihre Familie<br />

aufbewahrt hatte.<br />

Gisela P. <strong>er</strong>zählte mir, daß sie mit dem “Maxen-Jupp“ oft Ziegen gehütet habe. Und als das<br />

Haus längst nicht mehr bewohnt war, habe sie geme<strong>in</strong>sam mit and<strong>er</strong>en Mädchen und<br />

Jungen das Dach abdecken helfen. Freundlich und hilfsb<strong>er</strong>eit seien sie imm<strong>er</strong> gewesen, die<br />

Cahns. W<strong>er</strong> zum Beispiel vom Regen üb<strong>er</strong>rascht wurde, fand bei ihnen E<strong>in</strong>laß od<strong>er</strong> bekam<br />

e<strong>in</strong>en Schirm mit auf den Weg,<br />

WÄHREND des Zweiten Weltkrieges war ich ganz selten, und. dann nur zu e<strong>in</strong>em<br />

kurzen Besuch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Dorf. In jen<strong>er</strong> Zeit hatten selbst die kle<strong>in</strong>sten Bau<strong>er</strong>n<br />

genügend Naturalien, um die sie die Stadtmenschen beneideten. Bekanntlich nutzten viele<br />

Bau<strong>er</strong>n die Notlage d<strong>er</strong> Menschen <strong>in</strong> den z<strong>er</strong>bombten Städten weidlich aus. Großmutt<strong>er</strong>, die<br />

imm<strong>er</strong> e<strong>in</strong> gastliches Haus führte, musste am eigenen Leib <strong>er</strong>fahren, wie bitt<strong>er</strong> es war, um<br />

e<strong>in</strong>en Lit<strong>er</strong> Milch od<strong>er</strong> um e<strong>in</strong> paar Ei<strong>er</strong> zu “betteln“.<br />

MEINE unv<strong>er</strong>gessliche Großmutt<strong>er</strong> starb, fast 95 jährig, im Jahre 1954. Das Haus<br />

wurde an e<strong>in</strong> Flüchtl<strong>in</strong>gsehepaar v<strong>er</strong>kauft.<br />

E<strong>in</strong> früh<strong>er</strong><strong>er</strong> Dorfbewohn<strong>er</strong> wird Bundesm<strong>in</strong>ist<strong>er</strong><br />

MEIN kle<strong>in</strong>es Dorf konnte e<strong>in</strong>ige Jahre e<strong>in</strong>e Familie zu se<strong>in</strong>en Bewohn<strong>er</strong>n zählen,<br />

aus d<strong>er</strong> e<strong>in</strong> Mitglied h<strong>er</strong>vorg<strong>in</strong>g, das spät<strong>er</strong> sehr prom<strong>in</strong>ent wurde. Als im Jahre 1960 Fei<strong>er</strong>lichkeiten<br />

zum 100 jährigen Jubiläum d<strong>er</strong> Schulgeme<strong>in</strong>den stattfanden, nahm d<strong>er</strong> zur Zeit<br />

amti<strong>er</strong>ende Bundesm<strong>in</strong>ist<strong>er</strong> für Atomen<strong>er</strong>gie und. Wass<strong>er</strong>wirtschaft, Professor Siegfried<br />

Balke, daran teil. Er hatte se<strong>in</strong>e <strong>er</strong>sten beiden Schuljahre (1908— 1910) <strong>in</strong> Daufenbach<br />

absolvi<strong>er</strong>t.<br />

In dem Buch “Bonn<strong>er</strong> Köpfe“ ist folgendes zu lesen: “Siegfried Balke wurde am 1. Juni<br />

1902 <strong>in</strong> Bochum als ältest<strong>er</strong> von vi<strong>er</strong> Söhnen geboren. Se<strong>in</strong> Vat<strong>er</strong> war Schneid<strong>er</strong>meist<strong>er</strong>,<br />

se<strong>in</strong>e Mutt<strong>er</strong>, die aus dem armen West<strong>er</strong>wald stammte, Hausangestellte <strong>in</strong> Düsseldorf. Die<br />

frühe Gewöhnung an Entbehrungen war im West<strong>er</strong>wald, woh<strong>in</strong> die Elt<strong>er</strong>n bald nach ihr<strong>er</strong><br />

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