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Trigonale 2012

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DAS PROGRAMM


<strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong><br />

Das Programm<br />

Unserem Publikum,<br />

unseren Künstlerinnen und Künstlern


Vorwort<br />

<strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong><br />

Wenn der Sommer schon an Fahrt verloren hat und sich die<br />

letzten Urlaubs- und Feriengedanken mit den ersten Blicken<br />

auf das letzte Jahresviertel vermengen, kommt für Freunde<br />

der Alten Musik die Zeit, ihr Leben für einige Tage wieder<br />

vornehmlich »trigonal« auszurichten.<br />

Ein trigonales Leben ist durch die Liebe zu und das Verlangen<br />

nach Alter Musik geprägt, aber auch durch die Bereitschaft<br />

gekennzeichnet, abendliche (bisweilen nächtliche<br />

oder frühmorgendliche) Fahrten an unterschiedlichste Orte<br />

zu unternehmen und dabei immer das Programmbuch im<br />

»Reclam-Stil« mitzuführen.<br />

Dem üblichen Konzept eines Musikfestivals, nämlich Konzerte<br />

unterschiedlicher Ensembles aneinanderzureihen, die<br />

für ihren Auftritt kurzfristig an- und danach sofort wieder<br />

abreisen, hat Stefan Schweiger die Idee entgegen- und diese<br />

mittlerweile auch umgesetzt, Künstler für eine längere Zeit<br />

als »bloß« für den einen Konzertabend nach Kärnten zu<br />

holen. Dadurch entsteht die – wie wir hören, auch von den<br />

Künstlern sehr geschätzte – Möglichkeit, innerhalb der trigonale<br />

neue Projekte zu formen und spannende, noch nicht<br />

dagewesene Formationen zu bilden.<br />

Mit begeistertem Herz hat Stefan Schweiger die trigonale programmiert<br />

und mit seinem Team souverän vorbereitet. Nach<br />

unserer Überzeugung kann das Verlangen nach Alter Musik<br />

durch die geplanten Darbietungen gestillt werden. Wir laden<br />

Sie herzlich dazu ein, zahlreich das Konzertangebot zu nutzen,<br />

und bedanken uns gleichzeitig für Ihre Treue.<br />

Vorstand der trigonale<br />

Martin Wiedenbauer<br />

Hans Slamanig<br />

Albrecht Haller<br />

- 4 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 5 -


Seite | Konzerte<br />

Barokksolistene & S.i.R.<br />

Der Krieg und die Sterne<br />

Ensemble Sirocco & S.i.R.<br />

Itinerari italiani<br />

Ensemble Pentagonale<br />

Der letzte Akt des Mittelalters<br />

Dorothee Oberlinger & Franco Pavan<br />

Un Viaggio Musicale<br />

Dresdner Kammerchor<br />

Israelsbrünnlein<br />

Barokksolistene & S.i.R.<br />

The Image of Melancholy<br />

Echo du Danube & Ann Allen<br />

Maria Maddalena<br />

Ghislieri Consort & Clare Wilkinson<br />

Sweeter than Roses<br />

S.I.R. = SIngers in Residence<br />

- 6 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 7 -<br />

10<br />

28<br />

44<br />

80<br />

92<br />

110<br />

120<br />

156<br />

Fortsetzung ...


Seite | Konzerte<br />

Barokksolistene<br />

Alehouse-Session No. 2<br />

Catalina Vicens & Katharina Schmölzer<br />

A la Luz del Alba<br />

Eclipse<br />

Kinder- und Familienkonzert<br />

Ensemble Prisma, Markus Hering & S.i.R.<br />

Der Kopf des Georg Friedrich Händel<br />

Eclipse & Friends<br />

Forgotten Secrets<br />

Andrea & Paolo Pandolfo & S.i.R.<br />

Time Machine<br />

Cappella Nova Graz,<br />

Domkantorei St. Pölten,<br />

Les Cornets Noirs<br />

Vespro della Beata Vergine<br />

Anhang<br />

S.I.R. = SIngers in Residence<br />

- 8 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 9 -<br />

178<br />

186<br />

200<br />

212<br />

260<br />

266<br />

272<br />

316<br />

Fortsetzung ...


Freitag, 07.09. | 19 Uhr<br />

Rathaus St. Veit<br />

1 1<br />

Jon Balke: Piano, Soundscape*<br />

Der Krieg und die Sterne<br />

Krieg und Frieden, Himmel und Erde, Leben und<br />

Tod, Freude und Leid, Nacht und Tag. Universelle<br />

Konzepte, die alle Menschen seit Urbeginn der<br />

Zeiten beschäftigt haben.<br />

Konzert mit den<br />

Singers<br />

in Residence<br />

Barokksolistene<br />

Bjarte Eike: Violine, Leitung<br />

Milos Valent: Violine, Viola<br />

Dasa Valentova: Violine, Viola<br />

Thomas Pitt: Cello<br />

Mattias Frostenson: Violone<br />

Hans Knut Sveen: Cembalo, Orgel<br />

Fredrik Bock: eorbe, Gitarre<br />

Torun Torbo: Flöten<br />

Monika Fischaleck: Barockfagott, Dulzian<br />

Alexis Kossenko: Flöten<br />

supported by<br />

Hanna Herfurtner: Sopran<br />

Isabelle Rejall: Mezzosopran<br />

Jakob Bloch Jespersen: Bass<br />

Marc Mauillon: Bariton<br />

*Der Begri Soundscape (Klanglandschaft) ist ein englisches Kunst-<br />

wort, zusammengesetzt aus den Begrien Sound und Landscape.<br />

Die Soundscape beschreibt die akustische Hülle, die eine Person an<br />

einem bestimmten Ort umgibt.<br />

Einleitung<br />

Im 17. Jahrhundert wurde Europa von endlosen Kriegen<br />

heimgesucht. In »Battalia« ng der österreichische Komponist<br />

H.I.F. Biber unterschiedliche Aspekte des Krieges ein<br />

und machte sich dabei gekonnt instrumentelle Klänge und<br />

Eekte zu Nutze, die man eher in der avantgardistischen<br />

Musik des 20. Jahrhunderts vermutet hätte.<br />

Die Musik wird zum Trinkgelage, zum traurigen Lebewohl<br />

an den Liebsten, zum Marsch und zur blutigen Schlacht, bis<br />

schließlich alles mit einer Klage für den verwundeten Soldaten<br />

- 10 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 11 -


endet – dramatisch, ja, aber das ganze Stück ist dem Gott des<br />

Weines und des Bieres – Bacchus – gewidmet!<br />

Der Blick in die Sterne bot eine weitere Möglichkeit zur<br />

Flucht ...<br />

Es lag in der Natur der Barockmusik, den Hörer durch die<br />

Musik auf eine höhere emotionale oder geistige Ebene befördern<br />

zu wollen. Er kann von der dissonanten Traurigkeit und<br />

Honungslosigkeit in seinem Inneren erlöst werden, wenn<br />

die Harmonien der Musik ihn mit der großen Harmonie<br />

des Kosmos verbinden. Man ging damals davon aus, dass die<br />

Klänge des Universums sich in perfekter Übereinstimmung<br />

zueinander befanden – anders als die misstönende Wirklichkeit<br />

auf Erden. Wissenschaftler wie J. Kepler begründeten<br />

ihre Forschungen auf den pythagoreischen Prinzipien der<br />

»Sphärenharmonie«. Kepler vertrat die Ansicht, dass die Musiktheorie<br />

und die Beziehungen zwischen den Planeten und<br />

der Sonne auf denselben Grundsätzen beruhten. Ebenso wie<br />

die Musik eine wichtige Rolle für die Wissenschaftler des 17.<br />

Jahrhunderts spielte, erfreuten sich emen der Astrologie<br />

und der Astronomie in der Musik großer Beliebtheit.<br />

Diesem astralen Aspekt möchten wir uns widmen, wobei wir<br />

nicht nur auf die Musik des Barocks und der Renaissance<br />

eingehen, sondern auch auf die Werke des 20. Jahrhunderts,<br />

in dem die Komponisten der Avantgarde lebhaftes Interesse<br />

an Sternen und Planeten bekundeten.<br />

1 Die Flucht in einen – oftmals grotesken – Humor war für<br />

In seinem wunderbar meditativen Werk »Tierkreis« assozi- 1<br />

den Europäer des 17. Jahrhunderts eine wirksame Möglichierte<br />

Stockhausen die zwölf Sternzeichen mit der Zwölftonreikeit,<br />

der grausamen Wirklichkeit (Pest, Hunger und Religihe:<br />

Er versah jedes Sternzeichen mit einer Note und kompoonskriege)<br />

für kurze Zeit zu entkommen.<br />

nierte einen Strang kurzer, traumgleicher Melodien um diese<br />

Note. Stockhausen fordert die Musiker auf, seine Melodien<br />

frei zu verwenden; sie können auf beliebigen Instrumenten<br />

gespielt werden, wobei er zu einem hohen Maß an Improvisation<br />

ermutigt.<br />

Improvisation und »broken consorts« (gemischte Ensembles<br />

mit unterschiedlichen Instrumentengruppen und/oder Sängern)<br />

waren im 16. und 17. Jahrhundert weit verbreitet.<br />

Dieser Umstand bietet auch uns die Möglichkeit, all unser<br />

Material frei zu verwenden und dadurch aus jedem Auftritt<br />

ein neues und einzigartiges Konzert zu machen.<br />

Und auch wenn Stockhausens »Tierkreis« in diesem Programm<br />

eine Sonderstellung einnehmen mag, so ist dieses<br />

Werk dennoch der rote Faden, der alles zusammenhält und<br />

die Jahrhunderte des Barocks und der Moderne im Einklang<br />

miteinander schwingen lässt.<br />

Wir hören Werke von H.I.F. Biber, J. F. Rebel, C. Gesualdo,<br />

J. Dowland, K. Stockhausen u.a.<br />

Mein besonderer Dank gilt Veronika Skuplik, die mich mit<br />

»Tierkreis« bekannt gemacht hat und mir so die Möglichkeit<br />

zur Entwicklung dieses Programms erönete. Bjarte Eike <strong>2012</strong><br />

- 12 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 13 -


In eigener Sache<br />

1 Das diesjährige Erönungskonzert der trigonale ist mehr als<br />

je zuvor ein Work-in-progress-Projekt. Verständlicherweise<br />

bringt das Zusammenführen von Künstlern, die bisher noch<br />

nie miteinander auf der Bühne standen, auch einige Risiken<br />

mit sich. Um diese auf ein Mindestmaß zu reduzieren, behält<br />

sich der künstlerische Leiter Bjarte Eike vor, die letztendlich<br />

zur Auührung gelangenden Stücke erst im Zuge der Proben<br />

in den Tagen vor dem Konzert festzulegen. Aus diesem<br />

Grund lag uns bei Drucklegung das endgültige Programm<br />

1<br />

noch nicht vor.<br />

Danke.<br />

Allen Helfern hier auf Erden ...<br />

... und auch im Himmel.<br />

Stefan Schweiger, Leiter der <strong>Trigonale</strong><br />

- 14 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 15 -


Barokksolistene, unter der künstlerischen Leitung<br />

des führenden norwegischen Barockviolinisten Bjarte Eike,<br />

ist ein Ensemble der Alten Musik, das 2005 gegründet<br />

wurde und in exibler Formation auftritt. Es bietet seinen<br />

Instrumentalisten mit hohem solistischen Niveau – sie alle<br />

zählen auf ihrem Instrument zu den herausragenden Interpreten<br />

in Europa – die Gelegenheit, sich als Künstler und<br />

Kammermusiker weiterzuentwickeln. Sie treten außerdem<br />

in Formationen wie Kammerorchestern, Pub Bands, frei improvisierenden<br />

Gruppen, Crossover-Ensembles oder kleinen<br />

und intimen Kammerensembles auf. Durch Bjartes engagierte,<br />

bewusst persönliche und innovative Programmgestaltung<br />

und die mitreißende virtuose Spielweise der Musiker vermittelt<br />

das Ensemble einem breiten Publikum Barockmusik auf<br />

verblüend natürliche Art. Seine Konzerte werden oftmals<br />

als spielerisch und wegweisend beschrieben.<br />

Seit seinen Anfängen war BarSol Ensemble in Residence bei<br />

verschiedenen Festivals in ganz Europa. Zu den Spielorten<br />

und Stationen seiner Auftritte zählen: Bergen International<br />

Festival, Rikskonsertene, Maijazz Stavanger, Copenhagen Jazzfestival,<br />

trigonale, Kings Place London, Stockholm Early Music<br />

Festival und BBC Proms, um nur einige zu nennen. BarSol<br />

arbeitet regelmäßig mit der Den Ny Opera in Esbjerg, Dänemark,<br />

mit dem Danish Radio Vokalensemblet und den Vestfoldfestspillene<br />

in Norwegen zusammen.<br />

supported by<br />

www.barokksolistene.no<br />

1 1<br />

BarSol gibt etwa 50 Konzerte pro Jahr. Für die nächste Zukunft<br />

steht eine Reihe spannender Einladungen und Projekte<br />

in ganz Europa auf seinem Programm.<br />

BarSol und die Mezzo-Sopranistin Tuva Semmingsen spielten<br />

den Soundtrack für Lars von Triers Film »Antichrist« ein. Die<br />

Aufnahme »London Calling« mit Semmingsen und BarSol ist<br />

der Auftakt zu einer Reihe von mindestens sechs Aufnahmen<br />

im Rahmen der neuen Zusammenarbeit zwischen BarSol und<br />

dem Label BIS.<br />

BarSol wird vom Norwegischen Kulturrat gefördert.<br />

Bjarte Eike, Barockviolinist, sprengt<br />

die Grenzen der klassischen Musik. Ständig<br />

auf der Suche nach neuen Projekten<br />

zwischen den musikalischen Genres, gewinnt<br />

er mit seinem mitreißenden Spiel<br />

neue Publikumsschichten und überrascht<br />

als künstlerischer Leiter von BarSol immer wieder mit neuen<br />

und innovativen Konzepten.<br />

Als frei schaender Geiger und Konzertmeister erkundet er<br />

ständig alternative Wege zur klassischen Musik. Obwohl seine<br />

musikalischen Grundlagen auf der sogenannten 'Historisch<br />

Informierten Auührungspraxis' (HIP) fußen, integriert er<br />

- 16 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 17 -


gern andere künstlerische Aspekte – bildende Künste, Tanz,<br />

Erzählkunst, Improvisation usw. – in seine Auührungen.<br />

Neben BarSol arbeitet er regelmäßig mit Ensembles wie<br />

Concerto Copenhagen, Concerto Palatino, I Fagiolini, Dunedin<br />

Consort, Caecilia-Concert, Weser Renaissance, Sirius Viols,<br />

Chelycus, Altapunta und Bergen Barock zusammen. Er erfährt<br />

zurzeit ein zunehmendes Interesse europäischer Ensembles<br />

und Orchester, die ihn als Gast-Konzertmeister und Dirigent<br />

einladen.<br />

Bjarte Eike tritt auch in verschiedenen Crossover-Formationen<br />

auf, etwa dem Magnetic North Orchestra oder dem frei<br />

improvisierenden Streichtrio Stryk!; ferner entwickelte er das<br />

Projekt SIWAN gemeinsam mit dem Komponisten Jon Balke<br />

und der marokkanischen Jazzsängerin Amina Alaoui (die<br />

Einspielung von Siwan bei ECM erhielt den »Jahrespreis der<br />

Deutschen Schallplattenkritik 2009«).<br />

Er studierte an der Grieg-Akademie in Norwegen sowie bei<br />

Richard Gwilt in London. Bjarte Eike war Artist in Residence<br />

beim Bergen International Festival 2008 und beim Nordwind<br />

Festival for performing Arts in Berlin 2009. Er hat bei zahlreichen<br />

Einspielungen mitgewirkt. Gegenwärtig lehrt er Barockvioline<br />

an der Norwegischen Musikakademie und ist Gastdozent<br />

am Königlich Dänischen Musikkonservatorium.<br />

Jon Balke, Pianist, Keyboarder, Komponist,<br />

Arrangeur und Schlagzeuger, begann<br />

seine professionelle Laufbahn 1974,<br />

als er sich Arild Andersens Band für Studioarbeiten<br />

für das deutsche Label ECM<br />

anschloss. Seine musikalische Karriere hat<br />

seither mehrere Phasen durchlaufen, in denen er als Ko-Leiter<br />

mehrerer skandinavischer Gruppen fungierte, darunter:<br />

E'OLEN, eine Zusammenarbeit mit westafrikanischen<br />

Musikern (1978 – 1988),<br />

SURDU, ein Trio, das sich von ethnischen Klängen<br />

inspirieren ließ (1977 – 1979),<br />

OSLO 13, eine 13-köpge Jazzband mit Schwerpunkt<br />

auf Eigenkompositionen (1980 – 1993),<br />

MASQUALERO, ein Quintett mit Jon Christensen und<br />

Arild Andersen,<br />

POINT4, ein »Doppelduo« mit zwei Pianos und zwei<br />

Schlagzeugen.<br />

Seit 1989 initiiert er eigene Projekte, für die er auch<br />

komponiert:<br />

JØKLEBA, mit Audun Kleive und Per Jørgensen,<br />

MAGNETIC NORTH ORCHESTRA, Kammermusikensemble,<br />

BATAGRAF, ein als Percussion ink Tank bezeichnetes<br />

Schlagorchester,<br />

SIWAN, mit Amina Aaloui und Jon Hasell.<br />

Seine Kompositionsarbeiten spannen einen breiten Bogen<br />

über Ensembles und Projekte in Ballett und eater, mit<br />

Symphonieorchestern, Sängern und Jazzgruppen. Spartenübergreifende<br />

Projekte führten ihn zu Kooperationen mit<br />

bildenden Künstlern wie Kjell Bjorgeengen und Tone Myskja<br />

oder mit den Choreographen Francesco Scavetta und Giorgio<br />

Rossi.<br />

Als Begleitmusiker hat er mit zahlreichen Sängerinnen und<br />

Sängern gearbeitet, darunter Radka Tone, Sidsel Endresen,<br />

Anne Li Drecker, Karin Krogh und Trine Lise Vaering, ebenso<br />

1 1<br />

- 18 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 19 -


wie Liveauftritte und Studioaufnahmen mit Künstlern wie<br />

Archie Shepp, John Surman, Airto Moreira/Flora Purim, Michael<br />

Urbaniak, Enrico Rava, George Russel, Paolo Fresu, Nguyen Le<br />

und Marilyn Mazur.<br />

Hanna Herfurtner wurde in München<br />

geboren, wo sie auch ihren ersten<br />

Gesangsunterricht bei Prof. omas Gropper<br />

erhielt. In ihrer Jugend sang sie in verschiedenen<br />

Chören und lernte so früh ein<br />

breites Repertoire kennen, insbesondere<br />

die Oratorien von Bach und Händel.<br />

Nach dem Abitur studierte sie eaterwissenschaft und<br />

Kunstgeschichte an der Universität München, bevor sie zum<br />

Gesangsstudium zunächst an die Musikhochschule Stuttgart<br />

zu Prof. Bernhard Jäger-Böhm, dann an die Universität der<br />

Künste Berlin zu Prof. Julie Kaufmann ging.<br />

Kehrte sie nach ihrem Studium zunächst als Solistin zu den<br />

Chören ihrer Jugendtage zurück, so ist sie inzwischen als<br />

Konzertsängerin mit Werken von Monteverdi bis Honegger<br />

im gesamten deutschsprachigen Raum zu hören.<br />

Einer ihrer Schwerpunkte war seit jeher die Alte Musik. So<br />

sang sie 2007 bei den Opernfestspielen Bad Hersfeld in Monterverdis<br />

»Orfeo« die Ninfa, die Euridice und La Musica und<br />

gewann 2010 den dritten Preis beim Cesti-Wettbewerb der<br />

Festwochen für Alte Musik Innsbruck sowie den Sonderpreis Resonanzen<br />

des Konzerthauses Wien, wo sie seither regelmäßig<br />

im Bachkantaten-Projekt unter der Leitung von Luca Pianca<br />

zu hören ist. Außerdem konzertiert sie immer wieder mit<br />

der Lautten Compagney Berlin. Im selben Jahr bestand Hanna<br />

ihr Operndiplom. Bei der Ruhrtriennale 2009 sang sie eine<br />

nackte Jungfrau in »Moses und Aron« von Arnold Schönberg<br />

und im darauolgenden Jahr die Titelpartie in der Urauührung<br />

von Hans Werner Henzes »Gisela«.<br />

Im Sommer 2011 konnte man Hanna als ungeborenes Kind in<br />

der »Frau ohne Schatten« von Richard Strauss unter der Leitung<br />

von Christian ielemann bei den Salzburger Festspielen<br />

erleben. Seit Januar <strong>2012</strong> ist sie Ensemblemitglied am Staatstheater<br />

Kiel, wo sie unter anderem als Olympia in »Homanns<br />

Erzählungen« von Jaques Oenbach und als Fraarte in Händels<br />

»Radamisto« zu hören sein wird.<br />

Auch der Liedgesang liegt ihr sehr am Herzen. Wesentliche<br />

Impulse dafür erhielt sie von Axel Bauni und Eric Schneider.<br />

Im Herbst 2009 gewann sie beim Paula-Salomon-Lindberg-<br />

Wettbewerb in Berlin den ersten Preis. In den vergangenen<br />

zwei Jahren war Hanna mit verschiedenen Programmen unter<br />

anderem beim Heidelberger Frühling, dem Coburger Musikverein<br />

und im Konzerthaus Wien zu Gast. Im August <strong>2012</strong><br />

wird sie mit dem »Italienischen Liederbuch« von Hugo Wolf<br />

beim Rheingau Musikfestival zu hören sein.<br />

1 1<br />

Isabelle Rejall wurde 1985 in Potsdam<br />

geboren und studiert seit 2007 bei<br />

KS Prof. omas Quastho an der Hochschule<br />

für Musik Hanns Eisler Berlin.<br />

Weiteren Unterricht erhielt die junge<br />

Mezzosopranistin von Christine Schäfer,<br />

Britta Schwarz und Prof. Burkhard Kehring. Während ihres<br />

- 20 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 21 -


Studiums sammelte sie erste Bühnenerfahrungen bei den<br />

Opernproduktionen der HfM Hanns Eisler als Zita in »Gianni<br />

Schicchi«, Bastien in »Bastien et Bastienne« und Nutrice<br />

in »L'incoronazione di Poppea«. Darüber hinaus gastierte sie<br />

als Solistin bei Lunchkonzerten in der Philharmonie Berlin, bei<br />

den Händelfestspielen Halle und bei den üringer Bachwochen<br />

Erfurt mit dem Fratres Ensemble, beim Bach-Chor Berlin, bei<br />

den Stuttgarter Bachwochen, bei der Singakademie Frankfurt<br />

a.d. Oder sowie am Mozarteum Salzburg. Im Dezember <strong>2012</strong><br />

wird Isabelle Rejall als Solistin in J. S. Bachs »Weihnachtsoratorium«<br />

unter der Leitung von Prof. J. P. Weigle, mit dem<br />

Philharmonischen Chor in der Philharmonie Berlin sowie beim<br />

Lyrischen Salon in Weimar debütieren.<br />

Die musikalische Erziehung von Jakob<br />

Bloch Jespersen begann bereits als<br />

Knabe im Kopenhagener Knabenchor. In<br />

weiterer Folge studierte er an der Königlich<br />

Dänischen Musikakademie und an der<br />

Königlichen Opernakademie, wo er 2007<br />

sein Diplom erhielt. Private Studien führten ihn darüber hinaus<br />

zum Dirigenten Hervé Niquet nach Paris.<br />

2006 gab er sein Debüt am Königlich Dänischen eater als<br />

Angelotti in Puccinis »Tosca«. Er sang weiters den Basilio in<br />

Rossinis »Il Barbiere di Siviglia«, den Masetto in Mozarts<br />

»Don Giovanni«, den Collatinus in Brittens »e Rape of Lucretia«,<br />

den Magister in der DVD-Aufnahme von Carl Nielsens<br />

»Masquerade« sowie Rollen in zahlreichen Produktionen<br />

zeitgenössischer Opern.<br />

Jakob Bloch Jespersen hat über Jahre hinweg den Schwerpunkt<br />

seiner Arbeit besonders auf die Musik des Barocks und auf das<br />

zeitgenössische Repertoire gelegt. Seine Autorität in diesen<br />

beiden Bereichen ist in ganz Europa anerkannt und hat zur<br />

Zusammenarbeit mit dem Concerto Copenhagen, der Lautten<br />

Compagney, den Ensembles Arte Dei Suonatori und Trinity<br />

Baroque, dem Leipziger Kammerorchester, der London Sinfonietta,<br />

I Solisti del Vento, dem Kammerensemble Neue Musik<br />

Berlin und dem eatre of Voices geführt.<br />

1 1<br />

Marc Mauillon, französischer Bariton,<br />

wurde 1980 geboren. Er studierte bei<br />

Peggy Bouveret am Conservatoire National<br />

Supérieur de Musique de Paris, wo er 2004<br />

sein Studium abschließen konnte. Seine<br />

große Liebe gilt der Alten Musik – und<br />

so arbeitet er hauptsächlich mit Ensembles wie La Petite<br />

Bande (Sigiswald Kuijken) oder Les Arts Florissants (William<br />

Christie) zusammen.<br />

Sein Operndebüt gab der junge Bariton dennoch als Papageno<br />

unter der Leitung Alain Altinoglus, in einer Produktion, die<br />

später mit dem Orchestre National d'Île de France auf Tournee<br />

ging. Bald sang er auch den Guglielmo in Mozarts »Cosi fan<br />

tutte«, den Aeneas in Purcells »Dido and Aeneas«, oder Bernardino<br />

in »Benvenutto Cellini« mit dem Orchestre National<br />

de France unter John Nelson. Marc Mauillon gibt auch gerne<br />

Liederabende, wobei sein Repertoire von Machaut, Monteverdi<br />

und Lully über Mozart und Schubert bis hin zu Mahler,<br />

Korngold, Poulenc, Aperghis oder Scelsi reicht.<br />

- 22 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 23 -


1<br />

Zu den Höhepunkten seiner Laufbahn der letzten Jahre zählen<br />

eine Einladung zu den Berliner Philharmonikern unter<br />

William Christie, Bachs »Matthäus-Passion« mit dem Orchestre<br />

National de France unter Kurt Masur, oder eine »Dido and<br />

Aeneas«-Produktion unter William Christie bei den Wiener<br />

Festwochen 2006.<br />

Auf CD kann man den Bariton gemeinsam mit vielfältigen<br />

Ensembles erleben. Seine erste Solo-CD mit Werken von<br />

Guillaume de Machaut wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt<br />

ist mit seiner Beteiligung die CD »Le remède de fortune«,<br />

ebenfalls mit Werken de Machauts erschienen.<br />

www.marcmauillon.com<br />

1<br />

- 24 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 25 -


1 1<br />

- 26 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 27 -


Samstag, 08.09. | 19 Uhr<br />

Rathaus St. Veit<br />

Itinerari italiani<br />

Vom italienischen Einfluß auf deutsche<br />

Komponisten des 17. Jahrhunderts<br />

Ensemble Sirocco<br />

Nathalie Houtman: Blocköte<br />

Roswitha Dokalik: Violine<br />

Raphaël Collignon: Cembalo<br />

Thomas Yvrard: Orgel<br />

Singers in Residence<br />

Hanna Herfurtner: Sopran<br />

Isabelle Rejall: Mezzosopran<br />

Konzert mit den<br />

Singers<br />

in Residence<br />

Einleitung<br />

»Auch ich war in Arkadien«.<br />

Johann Wolfgang v. Goethe, Motto der »italienischen Reise«.<br />

Wege von und nach Italien lassen sich für alle im heutigen<br />

Programm vertretenen Komponisten nachzeichnen. Bis weit<br />

ins 19. Jahrhundert gilt eine ausgedehnte Italienreise als regelrechter<br />

Bildungsauftrag. Im Gegensatz zur heutigen Zeit,<br />

in der die Reise nach Rom mit dem Flugzeug eine Sache von<br />

wenigen Stunden ist, war ein solches Unterfangen um 1600<br />

kein Spaziergang.<br />

Heinrich Schütz' zweite Reise nach Venedig im Jahr 1628 war<br />

in puncto Strapazen eher mit einer modernen Erstbegehung<br />

in Patagonien vergleichbar, angesichts der Wirren des<br />

30-jährigen Krieges aber wahrscheinlich weit gefahrvoller!<br />

Jede Beschreibung der kriegerischen Handlungen zwischen<br />

1618 und 1648 würde diesen Rahmen sprengen, zu kompliziert<br />

ist das Netz der weit auseinanderliegenden, kreuz und<br />

quer durch ganz Europa verlaufenden Konikte. »Der Krieg<br />

ernährt den Krieg«, dieses kurze Zitat, dem Feldherrn Wallenstein<br />

in den Mund gelegt, lässt jedoch die Auswirkungen<br />

auf die Zivilbevölkerung deutlich erahnen.<br />

- 28 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 29 -


Das lateinische Original (»Et in Arcadia ego«) des erwähnten<br />

goetheschen Mottos ndet sich viel früher auf einem Bild<br />

des Italieners Barbieri, das kurz vor Ausbruch des 30-jährigen<br />

Krieges entstand. Mitten im schönsten arkadischen<br />

Idyll ziert er hier einen Sockel, auf dem ein Totenschädel<br />

ruht: »Auch ich, der Tod, bin in Arkadien« – ein intensives<br />

Vorausahnen des alles prägenden barocken Spannungsfeldes<br />

zwischen »memento mori« (Gedenken der Sterblichkeit) und<br />

»carpe diem!« (Pücke [Nutze] den Tag!). Aber es tritt nicht<br />

unvermutet auf, sondern ndet sich vielmehr in der Antike<br />

bei Lukrez in dessen mehr als 6000 Verse umfassenden Abhandlung<br />

»De Rerum Natura«:<br />

O wie arm ist der Menschen Verstand, wie blind ihr Verlangen!<br />

In welch nsterer Nacht und in wie viel schlimmen Gefahren<br />

Fließt dies Leben, das bisschen, dahin!<br />

Erkennt man denn gar nicht,<br />

Dass die Natur nichts anderes erheischt, als dass sich der Körper<br />

Wenigstens frei von Schmerzen erhält und der Geist sich beständig<br />

Heiteren Sinnes erfreut und Sorgen und Ängsten entrückt ist?<br />

(2:14-19)<br />

Die Rückbesinnung auf antike Ideale – »ad fontes«, wie es<br />

Erasmus von Rotterdam nannte – hatte bereits Petrarca wortgewaltig<br />

gefordert. Von überall trug man alte Schriften<br />

zusammen. Man bewunderte antike Dichter, Redner und<br />

Philosophen und eiferte ihnen in geschliener Rhetorik<br />

und poetischen Formulierungen nach. Verbunden mit dem<br />

generell erstarkenden Selbstbewusstsein des Menschen, erhob<br />

sich vor allem die Sprachkultur zu neuen Höhen und<br />

bereitete Dichtern wie Dante oder Shakespeare den Boden.<br />

Lukrez' Gedicht fand erstaunlich rasch Verbreitung in den<br />

humanistischen Kreisen jener Zeit und hinterließ deutliche<br />

Spuren in Philosophie und Kunst.<br />

Diese neue Anität zur Sprache machte ihren Einuss auch<br />

in der Musik geltend, etwa in der Forderung nach mehr Textdeutlichkeit.<br />

Versuche zur musikalischen Belebung der antiken<br />

Dramen seit Beginn des 16. Jahrhunderts durch Zirkel<br />

wie die Florentiner Camerata gaben der Musik aber einen<br />

gänzlich neuen Impuls: Sie ordnet sich nun vollständig dem<br />

Text unter. Was hier entsteht, wird Inbegri der Barockmusik:<br />

mit wenigen Akkorden begleiteter Sologesang, emotional<br />

befeuert durch die Wiederentdeckung antiker Aektenlehren.<br />

Ersten und leuchtenden Höhepunkt bildet das Schaen<br />

des genialen Claudio Monteverdi.<br />

Der Ruhm des prosperierenden, weltoenen Italiens, dessen<br />

gesellschaftliches Klima die Entwicklungen der Renaissance<br />

begünstigte, war trotz der Umwälzungen des 16. Jahrhunderts<br />

ungebrochen. Wer etwas auf sich hielt, sandte sein künstlerisches<br />

Personal – nicht nur Musiker – für einige Zeit zum<br />

Studium nach Italien. Landgraf Moritz von Hessen-Kassel erkannte<br />

die Begabung des jungen Heinrich Schütz und schickte<br />

ihn für ganze drei Jahre nach Venedig. Schütz, der zeitlebens<br />

nur Giovanni Gabrieli, Organist an der Kirche San Marco,<br />

als seinen einzigen Lehrer angab, wirkte mit seiner genialen<br />

Transferierung der italienischen Monodie in die reformierte<br />

deutsche Sprache epochal für den gesamten deutschen Raum.<br />

- 30 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 31 -


Die Italien-Mode des 17. Jahrhunderts verdeutlichen nicht<br />

zuletzt Sammel-Abschriften verschiedenster Werke italienischer<br />

und deutscher Komponisten, wie das Rost-Manuskript,<br />

dem einige der heute zu hörenden Werke entstammen.<br />

Die Wiener Hofkapelle wird ab 1619, dem Jahr der Heirat<br />

von Ferdinand II. und Eleonora Gonzaga, in deren familiären<br />

Diensten Monteverdi steht, regelrecht italianisiert. »Einheimischen«<br />

Talenten, wie etwa Johann Caspar von Kerll, ermöglicht<br />

man Studien in Italien. Die Hofkapellmeister sind ausschließlich<br />

Italiener, was mit wenigen Ausnahmen bis weit<br />

ins 18. Jahrhundert Sitte bleibt. Der in Scheibbs geborene<br />

Heinrich Schmelzer, zuvor beliebter Ballettkomponist am Hof,<br />

ist der erste österreichische Hofkapellmeister, pestbedingt allerdings<br />

nur ein Jahr (1679).<br />

In den Norden kommt der italienische Einuss über Jan Pieterszoon<br />

Sweelinck, genannt »Orpheus von Amsterdam«, der<br />

wahrscheinlich in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts in<br />

Venedig bei Zarlino studierte. Die Lösung von der Vokalpolyphonie<br />

geht im Norden mit enormen Entwicklungen<br />

auf dem Gebiet des Orgel- und Cembalobaus einher. Große<br />

Tastenumfänge und leichtgängiges Spiel ermöglichen einen<br />

höchst virtuosen und expressiven Tasten-Stil, als dessen Meis-<br />

ter Dietrich Buxtehude gerühmt wird: des stylus phantasticus.<br />

Als Organist an St. Marien in Lübeck war Buxtehude auch<br />

für geistliche Konzerte, die so genannten Abendmusiken, zuständig.<br />

Sein umfangreiches Œuvre an Vokalmusik und Kantaten<br />

ist bereits ganz selbstverständlich dem nun etablierten<br />

Genius Wort-Ton-Verhältnis verpichtet.<br />

Mit Georg Muat schließt sich ein besonderer Kreis: Als Knabe<br />

gelangte der Florentiner Jean-Baptiste Lully – ursprünglich<br />

Giovanni Battista Lulli – um 1646 an den französischen Hof<br />

und wurde ein sehr enger Freund des sechs Jahre jüngeren<br />

Königs Ludwig XIV. Seine immense kompositorische Begabung<br />

machte ihn zum Aushängeschild und Inbegri französischer<br />

Musik. Muat, der aus Savoyen stammt, hat Begabung<br />

wie Glück, einige Jahre bei Lully studieren zu dürfen.<br />

Derart perfekt durch einen Italiener im französischen Stil<br />

geschult, vervollkommnet er sich später bei Corelli in Rom<br />

im italienischen Stil und gilt, auch aufgrund der weiten Verbreitung<br />

seiner Concerti grossi und Traktate, als Wegbereiter<br />

und Ernder der »vereinigten Stile«, der »goûts réunis«.<br />

- 32 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 33 -<br />

Ewald Donhoer


Programm<br />

Johann Rosenmüller<br />

(1619 – 1684)<br />

1. Sonata Quarta à 3<br />

(Nuremberg, 1682)<br />

Presto - Adagio - Grave - Presto - Adagio - Presto<br />

Heinrich Schütz<br />

(1585 – 1672)<br />

2. Liebster, sagt in süssem Schmerzen<br />

Johann Michael Nicolai<br />

(1629 – 1685)<br />

3. Sonata à 2<br />

(Rost Manuscript, ca 1650, Bibliothèque Nationale de France)<br />

Christoph Bernhard<br />

(1628 – 1692)<br />

4. Aus der Tieffen<br />

Johann Kaspar Kerll<br />

(1627 – 1693)<br />

5. Sonata à 2<br />

(Rost Manuscript)<br />

Georg Muffat<br />

(1653 – 1704)<br />

6. Passacaglia<br />

(2 keyboards solo)<br />

Heinrich Schütz<br />

7. Exultavit cor meum<br />

Dieterich Buxtehude<br />

8. Herr, wenn ich nur dich hab<br />

BuxWV 38<br />

Johann Heinrich Schmelzer<br />

(1623 – 1680)<br />

9. Pastorella à 2<br />

(Rost Manuscript)<br />

Anonymous<br />

10. Variationes à 2<br />

(Rost Manuscript)<br />

Dieterich Buxtehude<br />

(ca. 1637 – 1707)<br />

11. Liebster, meine Seele saget<br />

BuxWV 70<br />

- 34 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 35 -


Texte<br />

2. Liebster, sagt in süssem Schmerzen<br />

Liebster, sagt in süssem Schmerzen<br />

deine Sulamithin dir,<br />

komm doch, saget sie von Herzen,<br />

küsse mich, o meine Zier,<br />

deine Huld ist zu erheben<br />

für des schönsten Weines Reben.<br />

Dein Geruch der ist viel besser,<br />

Als der feist Olivensaft<br />

an dem syrischen Gewässer,<br />

Als des Balsams edle Kraft,<br />

darum müssen auf dich schauen<br />

und dich lieben die Jungfrauen.<br />

Zeuch mich hinter dir, wir kommen,<br />

folgen deinen Händen nach,<br />

nun er hat mich eingenommen<br />

in sein heilges Schlafgemach,<br />

Will mich wissen an den Enden,<br />

wo sich meine Brunst kann wenden.<br />

Wem darf ich an Glücke weichen,<br />

weil mich der so sehnlich liebt,<br />

dem kein Wein ist zu vergleichen,<br />

den die beste Traube giebt!<br />

Allen Leute, welche leben,<br />

Müssen meinen Freunden erheben.<br />

Meint ihr, dass ich minder gelte,<br />

o ihr Töchter Solyme,<br />

weil ich schwarz bin, wie die Zelte<br />

an der heissen Mohrensee,<br />

könnt ich Schönheit doch noch leihen<br />

Salomons Tapezereien.<br />

Dass ich braune Haut gewonnen,<br />

Seht mich darum nicht so an,<br />

Ich bin schwarzbraun von der Sonnen,<br />

Ihre Brunst hat dies gethan,<br />

Seit dass mich in Zorn und Hassen<br />

meiner Mutter Kinder fassen.<br />

Ich muss ihnen stets verwachen<br />

ihre Berg und ihren Wein,<br />

Ihre Berge, welche machen,<br />

dass ich itzund schwarz soll sein,<br />

aber mein Berg blieb nur liegen,<br />

weil ich musste sie vergnügen.<br />

- 36 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 37 -


4. Aus der Tieffen ruff ich<br />

Aus der Tieen ru ich, Herr, zu Dihr.<br />

Herr, höre meine Stimme,<br />

Laß deine Ohren merken<br />

au die Stimme meines Flehens.<br />

So du wilst, Herr, Sünde zurechnen,<br />

Herr, wer wird bestehen?<br />

Denn bei Dir ist die Vergebung,<br />

Daß man Dich fürchte.<br />

Ich harre des Herrn;<br />

Meine Seele harret,<br />

und ich hoe auf sein Wort.<br />

Meine Seele wartet au den Herrn<br />

von einer Morgenwache biß zur andern.<br />

Israel hoe au den Herren;<br />

Denn bei dem Herren ist die Gnade<br />

und viel Erlösung bei ihm,<br />

Und Er wird Israel erlösen<br />

aus allen seinen Sünden.<br />

7. Exultavit cor meum<br />

Exultavit cor meum in Domino<br />

et exaltatum est cornu meum in Deo<br />

dilatatum est os meum super inimicos meos<br />

quia laetata sum in salutari tuo,<br />

non est sanctus ut est Dominus.<br />

Neque enim est alius extra te.<br />

Et non est fortis sicut Deus noster.<br />

Freude und Glück bewegt mich in Gott, dem Herrn.<br />

Hoch und erhaben ragt nun mein Horn<br />

durch die Kraft des Herren;<br />

siehe, weit önet sich mein Mund wider alle meine Feinde.<br />

Freude beseelt und erfüllt mein Herz,<br />

denn du bist mein Erretter.<br />

Nichts ist heilig wie du,<br />

Herre Gott, denn es gibt keinen Gott als nur dich allein,<br />

nichts ist so mächtig wie Jehovah, unser Herr und König.<br />

8. Herr, wenn ich nur dich hab<br />

Herr, wenn ich nur dich hab,<br />

so frag ich nichts nach Himmel und Erden,<br />

wenn mir gleich Leib und Seel' verschmacht.<br />

So bist du doch Gott allezeit<br />

meines Herzens Trost und mein Heil.<br />

Alleluja.<br />

- 38 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 39 -


11. Liebster, meine Seele saget<br />

Liebster, meine Seele saget<br />

Mit durchaus verliebtem Sinn<br />

Und mit vollem Sehnen fraget:<br />

Liebster, ach, wo bist du hin?<br />

Komm, mein Heiland, mein Verlangen,<br />

Komm von Libanon gegangen.<br />

Lass dich nden, o dein Jammer!<br />

Dann so will ich führen dich<br />

Hin zu meiner Mutter Kammer,<br />

Ja, ich will bemühen mich,<br />

Meine Lust, dich nicht zu lassen<br />

Auf die Gassen, auf die Strassen.<br />

Sage mir doch, bitt' ich, sage,<br />

O du Sarons Blume, du,<br />

Wo zugegen in Mittage<br />

Nimmst du meine süsse Ruh?<br />

Ach, wo pegst du samt den Schafen<br />

Auszuruhen, auszuschlafen?<br />

Komm, ach komm, lass deine Liebe<br />

Dein Panier sein über mir,<br />

Mich deine Absein nicht betrübe,<br />

Sondern lass mich für und für<br />

Unter deinen Armen sitzen,<br />

Deine Liebesamm erhitzen.<br />

Alleluja.<br />

Raphaël Collignon studierte an den<br />

Musikhochschulen von Paris, Straßburg,<br />

Den Haag, Amsterdam und Brüssel, wo<br />

er höchste Auszeichnungen in den Bereichen<br />

Klavier, Kammermusik, Cembalo,<br />

Basso Continuo und Jazz (Improvisation)<br />

erhielt. 2005 unternahm er gemeinsam mit der Flötistin<br />

Nathalie Houtman eine einjährige Welttournee. Dieses Projekt<br />

führte zu Auftritten und Begegnungen auf Musikbühnen<br />

in Russland, Asien, Afrika und Südamerika.<br />

Als Basso Continuo-Spieler wird er regelmäßig zur Zusammenarbeit<br />

mit diversen Ensembles und den bedeutendsten<br />

Musikern der heutigen Barock-Szene eingeladen (Ton Koopman,<br />

Jordi Savall, Chiara Banchini, Lars Ulrik Mortensen,<br />

Christophe Coin, Emmanuelle Haim, Alfredo Bernardini, Andrew<br />

Manze, François-Xavier Roth u.a.). Darüber hinaus widmet<br />

er sich zunehmend der Komposition von Werken für die<br />

darstellenden Künste (Tanz, eater, Zirkus & Film).<br />

Roswitha Dokalik wurde 1980 in<br />

Wien geboren. Sie studierte Violine an<br />

der Hochschule für Musik und darstellende<br />

Kunst und am Konservatorium der Stadt<br />

Wien bei Eugenia Polatschek, weiters an der<br />

Anton Bruckner Privatuniversität in Linz<br />

bei Alfred Staar und Josef Sabaini. Sie schloss ihre Instrumental-<br />

und Pädagogikstudien mit ausgezeichneten Erfolgen ab<br />

und setzte das Studium der historischen Auührungspraxis<br />

bei Michi Gaigg in Linz und Enrico Gatti am Koninklijk<br />

- 40 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 41 -


Conservatorium in Den Haag fort. Noch während ihres Studiums<br />

substituierte sie im Brucknerorchester Linz und spielte<br />

seitdem Konzerte, Tourneen und CD-Aufnahmen mit dem<br />

L'Orfeo Barockorchester, EUBO, Orchestra of the Age of Enlightenment,<br />

Ricercar Consort, Ensemble Aurora, Sirocco, Austrian<br />

Baroque Company, Hofkapelle München und vielen mehr. Sie<br />

ist Gründungsmitglied des Harmony of Nations Baroque Orchestra<br />

und außerdem als Violinpädagogin tätig.<br />

Nathalie Houtman erhielt nicht nur<br />

einen ersten Preis im Fach Klavier am<br />

Konservatorium von Mons, darüber hinaus<br />

schloss sie auch ihr Studium am Brüsseler<br />

Konservatorium im Fach Blocköte mit<br />

Auszeichnung ab. Später studierte sie in<br />

Amsterdam und anschließend in Den Haag, wo sie 2007 mit<br />

dem Master of Music abschloss. Sie trat mit Frédéric de Roos<br />

(La Pastorella) auf, mit dem sie als Solistin »Corellis Concerto<br />

Grosso« (Diapason d'or) einspielte. Ferner arbeitete sie<br />

mit Les Muatis, dem Ensemble More Maiorescu, dem Ensemble<br />

Laterna Magica sowie mit dem Ensemble Apsara im<br />

Repertoire der zeitgenössischen Musik. Ihr Interesse an der<br />

indischen Musik führte zur wiederholten Zusammenarbeit<br />

mit Harsh Wardhan, dem indischen Meister auf der Bansuri,<br />

in Indien. Nathalie Houtman wurde auf verschiedenen Wettbewerben<br />

ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie 2007 den<br />

Preis der Fondation Belge de la Vocation, der ihr weiterführende<br />

Recherchen im Bereich der traditionellen asiatischen<br />

Flötenmusik ermöglichte.<br />

Thomas Yvrard war 2005 Mitglied<br />

des Barockorchesters der Europäischen<br />

Union unter der Leitung von Lars Ulrik<br />

Mortensen und Jaap ter Linden. Im Herbst<br />

2007 wirkte er im Rahmen der XIV. Barockakademie<br />

in Ambronay an der Aufführung<br />

der französischen Oper »Le Carnaval et la Folie«<br />

von André-Cardinal Destouches unter der Leitung von Hervé<br />

Niquet mit. Als Austauschstudent in Amsterdem belegte er<br />

außerdem Cembalokurse bei Menno van Delft.<br />

omas Yvrard lehrt Basso Continuo am Konservatorium in<br />

Douai in Nordfrankreich sowie historische Improvisation am<br />

Konservatorium von Boulogne-Billancourt. Er ist Mitglied<br />

der Ensembles L'oxymore und Sirocco und war 2008/2009<br />

Preisträger des Mécenat Musical Société Générale.<br />

Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />

Hanna Herfurtner, Seite 20<br />

Isabelle Rejall, Seite 21<br />

- 42 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 43 -


Samstag, 08.09. | 22 Uhr<br />

Klosterkirche St. Veit<br />

Der letzte Akt des Mittelalters –<br />

Kristalline Polyphonie des Trecento<br />

Ensemble Pentagonale<br />

Kerstin Ansorge: Gotische Harfe<br />

Claudia Caffagni: Gesang<br />

Marilin Lips: Gesang<br />

Sara Mancuso: Gotische Harfe,<br />

Organetto, Clavicymbalum<br />

Matthias Otto: Laute, Fidel<br />

Christoph Prendl: Fidel, Organetto<br />

Stefanie Pritzlaff: Blocköten, Traversöte<br />

Marie Verstraete: Fidel, Blocköten<br />

Einleitung<br />

Der letzte Akt – das »Fin de siècle« des Trecento: Dieses hier<br />

bewusst gewählte Leitthema klingt zunächst einmal wie der<br />

Titel oder zumindest vielleicht wie das letzte »Kapitel« eines<br />

Dramas von Francesco Petrarca oder Dante Alighieri ... oder<br />

vielleicht doch von Giovanni Boccaccio? Ohne jedoch weiter<br />

darauf eingehen zu wollen, ob diese drei nun zu Lebzeiten<br />

tatsächlich »Dramen« verfasst haben – sie alle waren Mitbegründer<br />

des Humanismus und zählen zu den wichtigsten<br />

Vertretern der frühen italienischen Literatur –, lebten sie in<br />

einer Zeit, die, aus heutiger Sicht betrachtet, gemeinhin als<br />

äußerst facettenreich, ja in vielerlei Hinsicht sogar als geheimnisvoll<br />

eingeschätzt wird.<br />

Der Protagonist des »letzten Aktes« dieser Geschichte ist<br />

also der Mensch des Mittelalters, der sich nur sehr zögerlich<br />

vom geordneten Weltbild der katholischen Kirche löst<br />

und sich auf eine Reise begibt, die ihn letztlich wieder – oder<br />

sollte man besser sagen »zum ersten Mal erst so richtig«? – zu<br />

sich selbst führt und ihn seine Individualität erkennen lässt.<br />

Die Suche nach neuen Ufern zu Beginn des 15. Jahrhunderts<br />

ndet ihren Widerhall auch in der Musik. Über die Gattungsgrenzen<br />

von Chanson und Motette hinweg experimentieren<br />

Komponisten mit immer komplexeren Rhythmen und<br />

- 44 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 45 -


Melodieführungen. In diese vielfältige musikalische Welt<br />

tritt nun ein franko-ämischer Musiker, dessen Schaen einen<br />

Wendepunkt in dieser Entwicklung darstellt: Johannes<br />

Ciconia. Sein Werk ist ein paradigmatisches Beispiel für die<br />

Inspiration, die aus einem überreichen kulturellen Umfeld<br />

geschöpft werden kann und selbst wiederum zu neuen Ausdrucksformen<br />

führt.<br />

Von der Person Johannes Ciconias ist uns ein eher undurchsichtiges<br />

Flechtwerk an Informationen über das Leben und<br />

Werk eines Menschen erhalten, der mit seinen Kompositionen<br />

nachweislich die Musik des späten italienischen Trecento<br />

bis in die Mitte des Quattrocento hinein geprägt hat.<br />

Verschiedene Forschungen haben bereits zur Rekonstruktion<br />

seiner Biograe beigetragen, stetig neu entdeckte Quellen<br />

hinterfragen, erweitern und ergänzen das Gesamtbild. Zumindest<br />

so viel ist sicher: Johannes Ciconia starb vor genau<br />

600 Jahren, nämlich im Jahre 1412 zwischen dem 10. Juni<br />

und 12. Juli in Padua. Papst Bonifaz IX., seines Zeichens<br />

Papst zur Hochphase des großen Schismas, genauer gesagt<br />

der Kirchenspaltung der lateinischen Kirche, die zwischen<br />

den Jahren 1378 und 1417 ihren Lauf nahm, bezeichnete ihn<br />

in einem an Ciconia selbst gerichteten Brief, datiert auf den<br />

27. April des Jahres 1391 und erst kürzlich in den Vatikanischen<br />

Archiven wiederentdeckt, als clerico leodiensi, was auf<br />

eine Herkunft aus dem belgischen Liège/Lüttich hindeutet.<br />

Es handelt sich hierbei um einen wichtigen Baustein zur<br />

Rekonstruktion der nur fragmentarisch erhaltenen Biograe<br />

eines Komponisten, dessen Existenz unweigerlich im direkten<br />

Zusammenhang mit seinen Werken betrachtet werden<br />

muss. Die Tatsache, dass sein Vater den gleichen Namen trug<br />

wie er, nämlich Jehan de Chywongne, macht es nicht gerade<br />

leichter, ihn nicht mit anderen Klerikern aus Lüttich zu verwechseln,<br />

die nachweislich in der Zeit zwischen 1350 und<br />

1453 in Flandern, Südfrankreich und Italien gelebt haben.<br />

Entsprechend kann man nun von den folgenden Fakten ausgehen:<br />

Höchstwahrscheinlich um das Jahr 1370 in Lüttich<br />

geboren, wuchs Johannes Ciconia dort als unehelicher Sohn<br />

des Domherrn der Stiftskirche St. Johannes Evangelist auf.<br />

Eine Auistung derselben Kirche aus dem Jahr 1385 registrierte<br />

ihn dort als duodenus, einen Chorknaben. In einem in<br />

Padua aufgefundenen Dokument bezeichnet er selbst seinen<br />

Vater als quondam Joannis de civitate Leodii, also einen »gewissen<br />

Johannes aus der Stadt Leodium«. Im Jahr 1391 stand er<br />

nachweislich in Rom im Dienst von Philippe d'Alençon, einem<br />

treuen Kardinal des römischen Papstes. Diese Konstellation<br />

wiederum war ausschlaggebend für den bereits erwähnten<br />

päpstlichen Brief, der seine uneheliche Abstammung defectus<br />

natalium de presbitero genitus als hinfällig deklarierte, um<br />

ihm so eine Karriere in der Kirche zu ermöglichen, die ihm<br />

andernfalls verwehrt geblieben wäre.<br />

Bezüglich seiner Karriere als Musiker ist bekannt, dass er ab<br />

April 1403 bis zu seinem Tod als cantor et custos an der Kathedrale<br />

von Padua angestellt war. Sogar das genaue »Gehalt«,<br />

ein benecium mansionarie von 100 Gold-denari bereits ab<br />

1402, das ihm vom Domkapitel zugestanden wurde, ist überliefert.<br />

Für die Zeit davor – zwischen 1391 und 1401 – fehlt<br />

es leider erheblich an Dokumenten, so dass nur eine äußerst<br />

vorsichtige Analyse seines musikalischen Schaens, seiner<br />

- 46 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 47 -


Präsenz in musikalischen Quellen sowie seiner stilistischen<br />

und textuellen Entwicklung darüber Aufschluss geben kann,<br />

für wen und wo Ciconia möglicherweise gearbeitet bzw. gelebt<br />

haben mag. Ein Beispiel hierfür ist das Madrigal Una<br />

panthera, das, nach einem längeren möglichen Aufenthalt in<br />

Rom bis in die späten 1390er-Jahre, auf eine aktive Präsenz<br />

am Hofe der Visconti in Pavia nach dieser Zeit und vor seinem<br />

Aufenthalt in Padua hindeutet. Als eines von mehreren<br />

Werken Ciconias, die mit den Visconti in Verbindung gebracht<br />

werden können, ist bei diesem Stück genau bekannt, wofür es<br />

geschrieben worden ist, nämlich anlässlich Lazzaro Guinigi<br />

di Luccas Besuch in Pavia im Frühling des Jahres 1399, um<br />

eine Allianz mit Gian Galeazzo Visconti einzugehen.<br />

Betrachtet man Ciconias Kompositionsweise genauer, so fällt<br />

eine tatsächlich neuartige Satztechnik auf, die eine Koordinierung<br />

der Oberstimmen nicht nur mit dem so genannten<br />

Tenor, sondern auch untereinander vorsieht. Man könnte<br />

sie in ihrer Wirkung mit dem etwa zur selben Zeit erfundenen<br />

Facettenschli vergleichen, der Edelsteinen, je nach<br />

Lichteinfall, zu immer neuen Farbnuancen verhilft: ein treffendes<br />

Beispiel für die Faszination des so oft proklamierten<br />

»dunklen Mittelalters« für das Licht und dessen mannigfaltige<br />

Schattierungen! Wie verhält sich dies nun im direkten<br />

Vergleich mit anderen Kompositionen aus der Zeit und/<br />

oder dem Umfeld Ciconias? Eine andere Herangehensweise,<br />

um sich an diesen Musiker und seine Umwelt gewissermaßen<br />

»heranzutasten« und ein besseres Verständnis dieser fast<br />

schon »kristallinen« Polyphonie zu erlangen, ist es, sich mit<br />

Zeitgenossen und Werken von Menschen auseinanderzuset-<br />

zen, die Ciconia vielleicht sogar selbst gekannt haben könnte.<br />

Entsprechend beginnt hier eine Reise aus der Neuzeit zurück<br />

ins Mittelalter. Und der Protagonist? Die für sich selbst sprechende<br />

Musik.<br />

- 48 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 49 -<br />

Stefanie Pritzla<br />

Das Ensemble Pentagonale bedankt sich ganz herzlich für die<br />

tatkräftige Unterstützung von und für die Zusammenarbeit<br />

mit Claudia Caagni vom Ensemble laReverdie. Sie lieferte<br />

uns in den vergangenen Jahren bei weitem nicht nur die<br />

nötigen Informationen aus ihrer eigenen Forschungsarbeit<br />

(Claudia Caagni »Omaggio a Johannes Ciconia (ca. 1370 –<br />

1412): Un modello per i mottetti di Ciconia: Marce Marcum<br />

imitaris«, in Marcianum, VIII, 1, (<strong>2012</strong>)), um beispielsweise<br />

den oben stehenden Text verfassen zu können. Wir durften<br />

unglaublich viel von ihr lernen, sie hat uns nicht nur begleitet,<br />

sondern im wahrsten Sinne des Wortes mit ihrem Elan<br />

und ihrer Freude an mittelalterlicher Musik angesteckt und<br />

begeistert.


Programm<br />

Grazioso da Padova<br />

(. 2. Hälfte des 14. Jh.)<br />

1. Gloria 1)<br />

Pierre Tailhandier<br />

(. um 1390)<br />

2. Credo 2)<br />

Jacopo da Bologna<br />

(. 1335 – 1365)<br />

3. Aquila altera 6)<br />

Jacopo da Bologna<br />

(. 1335 – 1365)<br />

4. Lux purpurata/diligite justitiam 1)<br />

Motette<br />

Jacob de Senleches<br />

(. 1382/1383 – 1395)<br />

5. La harpe de melodie 8)<br />

Matteo da Perugia<br />

(. 1400 – 1416)<br />

6. Serà quel zorno may 4)<br />

Ballata<br />

Johannes Ciconia<br />

(um 1370 – 1412)<br />

7. Lizadra donna 9)<br />

Ballata<br />

Bartolino da Padova<br />

(um 1365 – 1405) /Anonymus<br />

8A. La doulse cere di un fier animal 3)<br />

Madrigal<br />

8B. La doulse cere di un fier animal 6)<br />

Instrumental<br />

Paolo da Firenze<br />

(um 1355 – 1412)<br />

9. Sofrir m'estuet et plus non puis durer 7)<br />

Virelai<br />

Johannes Ciconia<br />

10. O Virum omnimoda / O lux et decus /<br />

Beate Nicholae 10)<br />

Motette<br />

Johannes Ciconia<br />

11. Una panthera in compagnia di Marte 5)<br />

Madrigal<br />

- 50 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 51 -


Francesco Landini<br />

12. De! Dinmi tu 3)<br />

Madrigal / Caccia<br />

Filippotto da Caserta<br />

(. 1380 – 1410)<br />

13. En attendant souffrir m'estuet grief payne 4)<br />

Ballata<br />

Johannes Ciconia<br />

(. um 1390)<br />

14. Venecie mundi splendor / Michael,<br />

qui stena domus 10)<br />

Motette<br />

Quellen:<br />

1) Padova: Biblioteca Universitaria, 684<br />

2) Apt: Cathédrale Sainte-Anne, Bibliothèque du Chapitre<br />

3) Firenze: Biblioteca Medicea-Laurenziana, Palatino 87<br />

(Codice Squarcialupi)<br />

4) Modena: Biblioteca Estense e Universitaria a.M.5.24<br />

5) Lucca: Archivio di Stato 184 (Codice Mancini)<br />

6) Faenza: Biblioteca Comunale 117<br />

7) Paris: Bibliothèque Nationale, fonds italien 568<br />

8) Chantilly: Bibliothèque du Musèe Condè 564<br />

9) Parma: Archivio di Stato, Busta n.75 (frammenti musicali)<br />

10) Bologna: Civico Museo Bibliograco Musicale, Ms Q 15<br />

- 52 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 53 -


Texte<br />

1. Gloria<br />

2. Credo<br />

3. Aquila altera – Instrumental<br />

4. Lux purpurata/diligite justitiam<br />

Triplum:<br />

Lux purpurata radiis<br />

venti fugare tenebras.<br />

Clementi vigens principe.<br />

Honoris namque claritas<br />

ipsius toti seculo<br />

numen acquirit celebre<br />

virtutis atque gratie.<br />

Salvator rei publice.<br />

Virtutum cultor optimus.<br />

Verus amator ecax.<br />

Constans in omni studio.<br />

Et nil permittens irritum.<br />

Clemens et iustus dominus.<br />

Onustus arrogantibus.<br />

1. Gloria<br />

2. Credo<br />

3. Aquila altera – Instrumental<br />

4. Lux purpurata/diligite justitiam<br />

Triplum:<br />

Licht, das unter der Herrschaft<br />

eines milden Fürsten erblüht,<br />

kommt, geziert mit Strahlen, die Dunkelheit zu vertreiben.<br />

Seine Ehre und Glanz erlangen<br />

während seines ganzen Zeitalters<br />

berühmte Autorität in<br />

Tugend und Gnade.<br />

Retter des Staates.<br />

Größter Erschaer von Tugend.<br />

Wahrer und nachhaltig Liebender.<br />

Beständig in allem Eifer.<br />

Und nichts Fehlerhaftes Zulassender.<br />

Milder und gerechter Herr.<br />

Von Anmaßenden belastet.<br />

- 54 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 55 -


Misericors egentibus<br />

emittit lumen omnibus<br />

salutis atque premii.<br />

Motetus:<br />

Diligite iustitiam<br />

qui iudicatis machinam.<br />

Prodesse cunctis discite.<br />

Obesse nulli querite.<br />

Hoc proprium est principis.<br />

Ut sit exutum viciis.<br />

Solicitudo presuli<br />

sit comes, ut pacice<br />

quiescant ejus populi.<br />

5. La harpe de melodie – Instrumental<br />

6. Serà quel zorno may<br />

Serà quel zorno may<br />

dolze madonna mia<br />

che per toa cortesia<br />

prenda el mio cor che vive in tanti guai?<br />

Certo non ben convensi<br />

zentil cosa trovar senza pietate<br />

ne che in summa beltate<br />

cortesia manchi ai lassi spirti accensi.<br />

Barmherzig gegenüber den Bedürftigen.<br />

Er sendet aus Licht des Heils<br />

und des Verdienstes für alle.<br />

Motetus:<br />

Wähle Gerechtigkeit,<br />

Du, der du das Staatsgetriebe wertest.<br />

Lerne, Allen zu helfen.<br />

Trachte danach, Keinen zu verletzen.<br />

Dies ist die Besonderheit eines Fürsten.<br />

Dass er ohne Laster sei.<br />

Möge Besorgnis der Begleiter des Beschützers sein.<br />

Damit sein Volk<br />

in Frieden leben kann.<br />

5. La harpe de melodie – Instrumental<br />

6. Wird dieser Tag je kommen<br />

Wird dieser Tag je kommen,<br />

meine süße Gebieterin,<br />

da du durch deine Güte<br />

mein Herz ergreifst, das so in Qualen lebt?<br />

Sicher ziemt es sich nicht,<br />

Edles zu nden ganz ohne Erbarmen,<br />

auf dass in höchster Schönheit nicht<br />

die Güte fehlt, ach, unglücklich entbrannte Geister!<br />

- 56 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 57 -


Dunque perché non pensi<br />

al mio grave dolore<br />

non vedi tu che'l core<br />

per te si struze et manca in pianti omai.<br />

Serà quel zorno mai<br />

dolze madonna mia<br />

che per toa cortesia<br />

prenda el mio cor che vive in tanti guai.<br />

7. Lizadra donna<br />

Lizadra donna che lo mio cuor contenti,<br />

rendime pace omai di mei tormenti.<br />

Tu say ben che honesto amor e pura fede<br />

strinse lo mio cour di doglia e di martiri.<br />

Senca aver may per ben amar mercede,<br />

men ianto a gl'ochi, al pecto men sospiri.<br />

Dimando a consollare I mey desire,<br />

qualche conforto ay mei eri lamenti.<br />

Warum denkst du dann nicht<br />

an meinen tiefen Schmerz?<br />

Siehst du nicht, dass dies Herz<br />

für dich sich aufzehrt und in Tränen bald vergeht?<br />

Wird dieser Tag je kommen,<br />

meine süße Gebieterin,<br />

da du durch deine Güte<br />

mein Herz ergreifst, das so in Qualen lebt?<br />

7. Meine schöne Dame<br />

Meine schöne Dame, die mein Herz erfreut,<br />

befreie mich von meinen Qualen.<br />

Sie wissen genau, dass ehrliche Liebe und reiner Glauben<br />

mein Herz mit Schmerz und Leid umschlingen.<br />

Ohne jemals Trost erhalten zu haben, dich zutiefst zu lieben,<br />

noch meine Augen weniger weinen,<br />

noch weniger Seufzer in meiner Brust sind.<br />

Ich ehe um Linderung meiner Wünsche,<br />

etwas Trost für meine grausamen Klagen.<br />

- 58 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 59 -


8A. La doulse cere di un fier animal<br />

La doulse cere di un er animal<br />

se poit entendre pour saneance<br />

grant ardimant et umble semblance.<br />

Le vis human, le buste d'un lion.<br />

intre segiés d'un brief allegier<br />

que dit lialmant sans doctier.<br />

A son col porta une scuto tout blans,<br />

que de gonbrier il fut tout garans.<br />

8B. La doulse cere di un fier animal<br />

Instrumental<br />

9. Sofrir m'estuet et plus non puis durer<br />

Sofrir m'estuet et plus non puis durer<br />

le grant forze d'amour:<br />

je fort languis con joye en grant doulour.<br />

Vidon gli ochi mortal di razi accesa<br />

ammegiar una stella al modo d'un sole;<br />

la vista mia non pote far difesa:<br />

passo el razo al core onde si dole.<br />

8A. Das sanfte Antlitz eines wilden Tieres<br />

Das sanfte Antlitz eines wilden Tieres<br />

kann verstanden werden, als dass es großen Wagemut bezeigt,<br />

gepaart mit einem bescheidenen Auftreten.<br />

Ein menschliches Gesicht, die Büste eines Löwen,<br />

umgürtet, damit es Erleichterung bringt,<br />

was auf eine ehrliche Art und Weise spricht, ohne zu predigen.<br />

Er trägt, herabhängend an seinem Hals, einen Schild,<br />

vollkommen in Weiß, sodass es Schutz erfahre vor allen Angreifern.<br />

8B. Das sanfte Antlitz eines wilden Tieres<br />

Instrumental<br />

9. Ich muss leiden und kann nicht länger<br />

Ich muss leiden und kann nicht länger<br />

die große Kraft der Liebe ertragen.<br />

Ich schmachte tief, Freude und große Trauer in perfekter Balance.<br />

Meine sterblichen Augen sahen einen Stern,<br />

brennend wie eine Sonne, umgeben von hellen Strahlen.<br />

Mein Augenlicht konnte keinen Schild aufstellen: ein Strahl<br />

traf bis ins Herz, das daher in Schmerzen sich windet.<br />

- 60 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 61 -


Non val sospir, non fe, non dir parole.<br />

en grant doyl est mon cuer:<br />

je pourport esperans in douls amour.<br />

Sofrir m'estuet et plus non puis durer<br />

le grant fors d'amour:<br />

je fort languis con joye en grant doulour.<br />

10. Cantus I<br />

O Virum omnimoda veneracione dignum<br />

cunctarum virtutum meritis decoratum<br />

quem Dominus Tranensibus patronum pie concessit,<br />

cuius precibus adjuvari,<br />

devote deposcimus.<br />

Amen.<br />

Cantus II<br />

O Lux et decus Tranensium, Nicholay peregrine,<br />

qui in celis gloriaris cum sanctis perenniter,<br />

in hac valle miserie nos suspirantes protégé,<br />

qu carnis exuti ergastudo ad superos pertrahamur<br />

dicentes: Miserere nobis, domine.<br />

Amen.<br />

Es gibt keinen Punkt im Seufzen, im Zusichern von Glauben,<br />

im Sprechen von Worten. Mein Herz ist in großer Trauer.<br />

Ich trage in mir Honung auf süße Liebe.<br />

Ich muss leiden und kann nicht länger die große Kraft<br />

der Liebe ertragen.<br />

Ich schmachte tief, Freude und große Trauer in perfekter Balance.<br />

10. Cantus I<br />

Lasset uns andächtig den Mann anehen, würdig aller<br />

Verehrung, geschmückt mit den Belohnungen aller seiner Taten,<br />

dem der Herr Gnade zu Trani beschieden hat<br />

als seinen Heiligen Schutzpatron<br />

und dem durch seine Gebete geholfen wird.<br />

Amen.<br />

Cantus II<br />

O Licht und Stolz von Trani, Nicolas der Pilger,<br />

der Herrlichkeit im Himmel mit den Heiligen für immer<br />

erfahren hat, uns zu beschützen in diesem Jammertal,<br />

so dass, nachdem er dem Gefängnis des Fleisches entkommen ist,<br />

wir auahren und sagen können: Herr, erbarme dich unser.<br />

Amen.<br />

- 62 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 63 -


Tenor<br />

O Beate Nicholae,<br />

supplicum vota suscipe, agitamus,<br />

ut quos presencia tua declarasti<br />

eterno tueare presidio<br />

et perenniter gratulemur<br />

tua festa colentes,<br />

Amen.<br />

11. Una panthera<br />

Una pantera in conpagnia de Marte,<br />

candido Jove d'un sereno adorno<br />

constante è l'arme chi la guarda intorno:<br />

Questa guberna la città Luccana<br />

con soa dolceca el cielo dispensa e dona,<br />

secondo el meritar, iusta corona,<br />

dando a ciascun mortal, che ne sia degno<br />

triumpho, gloria e parte in questo regno.<br />

Tenor<br />

Seliger Nicolas,<br />

wir bitten dich, die Petitionen deiner Bittsteller anzunehmen,<br />

dass wir, denen du in deiner Anwesenheit erklärt hast,<br />

du würdest sie schützen durch deine ewige Hilfe,<br />

so auch, deine Feste einhaltend,<br />

unendlichen Dank erwerbend,<br />

Amen.<br />

11. Ein Panther<br />

Ein Panther in Begleitung des Mars,<br />

makelloser (weißer) Jupiter an einem geschmückten Himmel,<br />

das ist für den, der ihn anschaut, eine beständige Verteidigung.<br />

Dieser Panther beherrscht die Stadt Lucca.<br />

Mit seiner Süße verbreitet und schenkt der Himmel,<br />

verdientermaßen eine gerechte Krone,<br />

indem er jedem Sterblichen, der ihrer würdig ist,<br />

Triumph, Ruhm und Anteil an diesem Reich verleiht.<br />

- 64 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 65 -


12. De! Dinmi tu<br />

De! Dinmi tu che se'così fregiato<br />

di perle d'oro,<br />

quando tu ti vedi, chi ti par esser?<br />

Par aver non credi<br />

ricc'a cavallo ben accompagnato?<br />

Ma un fum'è quel che per gloria tieni<br />

et fregi drappi e tondi palafreni.<br />

Ah che! Di chi dite ch'a quel ch'i'sento?<br />

Ogni stato di gente cerca vento.<br />

13. En attendant souffrir m'estuet grief payne<br />

En attendant sourir m'estuet grief payne<br />

et en langour vivre c'est ma destinée.<br />

Puis que venir ne puis a la fontayne<br />

tant est de ruisiaus en tour avironée.<br />

Celle virtu lia Dieüs donée quelle puet souplir<br />

ciascuns a sousance, per sa dignié et très nouble pousance.<br />

Li grant ruissiaus, que la font leur amaine<br />

si ont leur condustour estopée. Si c'om ne puet trouver<br />

la droit vaine tant est coronpue l'iaue, et troublée.<br />

Guster n'en puis une seule alevée<br />

si Nobleté n'a [de] moy remenbrance<br />

per sa dignité et [très noble pousance].<br />

12. Komm' schon! Erzähl' mir<br />

Komm' schon! Erzähl' mir, wer so<br />

mit goldenen Perlen verziert ist,<br />

wenn du dich selbst anschaust, welches Bild siehst du?<br />

Denkst du wirklich nicht, dass es von Bedeutung ist,<br />

ob du reich bist oder ein Pferd reitest oder ob dir ein prunkvoller<br />

Hofstaat folgt? Aber was für eine Illusion ist es, dass du deinen<br />

Ruhm, Zierrat, Kleider und gut genährte Pferde betrachtest.<br />

Ah! Von wem sagt ihr, dass er (tatsächlich) besitzt, was ich so<br />

höre? Jede Art Mensch sucht die Illusion [Wind].<br />

13. Solange ich warte geschieht es,<br />

dass ich große Leiden ertrage<br />

Solange ich warte geschieht es, dass ich große Leiden ertrage<br />

und es ist mein Schicksal, in Sehnsucht zu leben,<br />

da ich nicht zu der Quelle gelangen kann,<br />

die von vielen Bächen umgeben ist.<br />

Gott hat ihr eine solche Tugend gegeben, dass sie, dank ihrer<br />

Würde und sehr edlen Macht, alle Bäche reichlich versorgen kann.<br />

Die großen Bäche, die die Quelle versorgt, haben ihren eigenen<br />

Lauf verstopft, so dass man die rechte Ader nicht nden kann,<br />

so verdorben und verschmutzt ist das Wasser.<br />

Ich kann keinen einzigen Schluck genießen,<br />

solange sich der Adel nicht an mich erinnert hat -<br />

dank seiner Würde und sehr edlen Macht.<br />

- 66 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 67 -


14. Cantus I<br />

Venecie, mundi splendor,<br />

Italie cum sis decor,<br />

in te viget omnis livor<br />

regulis mundicie.<br />

Gaude, mater maris, salus,<br />

qua purgatur quisque malus,<br />

terre ponti to es palus,<br />

miserorum baiula.<br />

Gaude late, virgo digna,<br />

principatus portas signa<br />

(tibi soli sunt condigna)<br />

ducalis dominii.<br />

Gaude, victrix exterorum,<br />

nam potestas Venetorum<br />

nulli cedit perversorum,<br />

domans terram, maria;<br />

Nam to vincis manus fortis,<br />

pacem reddis tuis portis,<br />

et disrumpis fauces mortis,<br />

tuorum delium.<br />

Pro te canit cove pia<br />

(tui statum in hac via<br />

el conservet et maria)<br />

Johannes Ciconia.<br />

14. Cantus I<br />

Venedig, du Bewunderte der Welt<br />

und Stolz Italiens!<br />

In dir blüht alles Streben<br />

nach einem Kanon an Eleganz.<br />

Freue dich, du Mutter des Meeres,<br />

du rettende Kraft, durch die jeder Übeltäter gereinigt wird.<br />

Du bist ein Pfahl zu Land und Meer,<br />

eine Unterstützung für die Niedrigen.<br />

Freue dich außerordentlich, du ehrenwerte Jungfrau.<br />

Du trägst das Wappen<br />

eines herzoglichen Fürstentums,<br />

das dir allein zugeeignet worden ist.<br />

Freue dich, du Eroberin der Heiden,<br />

für die Macht von Venedig,<br />

das Land und Meere zähmt,<br />

überlässt nichts den Verdorbenen;<br />

Denn du eroberst die Kräfte der Mächtigen,<br />

du stellst in deinen Toren den Frieden<br />

deiner Gläubigen wieder her,<br />

und du brichst die Klauen des Todes.<br />

Für dich, mit frommer Stimme, singt<br />

(dass Gott und Maria auf diese Weise<br />

dich bewahren können wie du bist)<br />

Johannes Ciconia.<br />

- 68 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 69 -


Cantus II<br />

Michael qui Stena domus<br />

Tu ducatus portas onus,<br />

honor tibi, quia bonus<br />

vitam duces celibem.<br />

Phebo camper, princeps alme,<br />

tibi mundus promit »salve«;<br />

spargis tuis fructum palme,<br />

victor semper nobilis.<br />

Clemens, Justus approbaris,<br />

decus morum appellaris,<br />

tu defensor estimaris dei catholice.<br />

Bonis pandis munus dignum,<br />

malis fundis pene signum<br />

leges suas ad candignum<br />

gladio justitie.<br />

Sagax, prudens, mitis pater,<br />

(lex divina, cum sis mater)<br />

mentis virtus tibi frater,<br />

zelator reipublice.<br />

Sedem precor tibi dari,<br />

Deo celi famulari,<br />

ejus throno copulari,<br />

per eternal secula. Amen.<br />

Cantus II<br />

Michael, der du die Last<br />

des herzoglichen Hauses von Stena trägst,<br />

Ehre dir, denn du, ein guter Mensch,<br />

weiß ein Leben im Zölibat zu führen.<br />

Herrlicher Prinz, der du wie Phoebus bist,<br />

es grüßt dich die Welt, und du,<br />

der immer edle Sieger,<br />

teilst die Früchte des Sieges unter deinem Volk auf.<br />

Du bist geachtet als barmherzig und gerecht denkend;<br />

du wirst gelobt als ein Ausbund an Tugend,<br />

du bist geschätzt als Verteidiger des katholischen Glaubens.<br />

Auf Gutes verleihst du die richtige Belohnung,<br />

während du auf Böses, wie es war,<br />

dein Gesetz mit dem Schwert der Gerechtigkeit,<br />

als gerechtes Zeichen verhängst.<br />

Du bist ein strenger, kluger, bescheidener Vater<br />

(während du, das göttliche Gesetz, die Mutter der Kunst),<br />

die Macht des Geistes ist dein Bruder,<br />

O Wächter des Staates.<br />

Ich bete darum, dass dir ein Platz gegeben wird<br />

und damit du Gott im Himmel dienen kannst,<br />

auf dass du mit diesem ron<br />

auf ewige Zeiten vereint sein mögest. Amen.<br />

- 70 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 71 -


Ensemble Pentagonale<br />

Das Ensemble Pentagonale verdankt seine Entstehung dem<br />

glücklichen Zusammentreen von fünf Musikern aus verschiedenen<br />

europäischen Ländern, die 2009 an einem Meisterkurs<br />

mit Claudia Caagni vom Ensemble laReverdie im<br />

Rahmen des Festivals trigonale teilnahmen.<br />

In den folgenden Jahren haben sich weitere Mitglieder angeschlossen.<br />

Das Ensemble ist dadurch ein Schmelztiegel von<br />

vielfältigen musikalischen und kulturellen Ideen geworden,<br />

die die einzelnen Mitglieder durch ihre individuellen Erfahrungen<br />

gesammelt haben.<br />

Die Musiker verbindet ihre Passion für das musikalische<br />

Repertoire des Mittelalters, dem sie mit einem gründlichen<br />

Studium der Quellen begegnen.<br />

Das Ensemble gab sein Debüt 2010 in Venedig.<br />

Kerstin Ansorge studierte Blocköte<br />

an der Universität der Künste Berlin bei<br />

Prof. Gerd Lünenbürger und schloss ihr<br />

Studium mit dem Diplom ab. Sie vertiefte<br />

ihre Kenntnisse vor allem im Bereich<br />

der Mittelaltermusik bei Prof. Pierre<br />

Hamon und David Chappuis am Conservatoire National Supérieur<br />

de Musique et de Danse Lyon im Rahmen eines Erasmus-<br />

Austauschprogrammes.<br />

Bei dieser Gelegenheit entdeckte sie ihre Passion für die gotische<br />

Harfe, die sie bei Angélique Mauillon studierte.<br />

Seitdem widmet sie sich vor allem der Mittelalter- und Renaissancemusik<br />

und spielt Konzerte mit verschiedenen Ensembles<br />

in Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien und<br />

Spanien. Sie unterrichtet Blocköte und Harfe in Lyon.<br />

Claudia Caffagni wurde 1966 in<br />

Bologna geboren. Bereits im zarten Kindesalter<br />

begann sie mit dem Blockötenspiel.<br />

Doch um den unweigerlich erdrückenden<br />

Vergleich mit ihrer Schwester,<br />

einer Flötenvirtuosin, zu vermeiden, ng<br />

sie mit dreizehn Jahren an, bei ihrem Vater Mirco Lautenunterricht<br />

zu nehmen und verliebte sich rettungslos in dieses<br />

Instrument. Während eines langen Werdegangs im In- und<br />

Ausland absolvierte sie ihr Studium zunächst bei Federico<br />

Marincola und später bei Paul O'Dette und Jacob Lindberg,<br />

bei dem sie 1989 das Diplom »Lute performing« am Royal<br />

College of Music in London erhielt und schließlich bei<br />

- 72 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 73 -


Hopkinson Smith an der Schola Cantorum Basiliensis studierte.<br />

1984, mit der Gründung einer ersten Formation des Ensem-<br />

bles laReverdie gemeinsam mit Ella de Mircovich und einem<br />

befreundeten Lautenisten, begann sie, die eigene Musikforschung<br />

über die Grenzen der Renaissance hinaus zu betreiben<br />

(ein Repertoire, mit dem sie auch solistisch auftrat), hin<br />

zur faszinierenden Welt der mittelalterlichen Musik. Die Zusammenarbeit<br />

mit dem Ensemble laReverdie bewog Claudia<br />

dazu, sich der mittelalterlichen Laute zu widmen und Gesang<br />

bei Elisabetta Tandura zu studieren.<br />

Gemeinsam mit dem Ensemble laReverdie übt sie eine intensive<br />

Konzerttätigkeit aus und nimmt an den bedeutendsten<br />

Festivals in ganz Europa teil. Darüber hinaus trat sie 2011<br />

beim Festival Cervantino in Mexiko auf. Tonaufnahmen<br />

erfolgten für Radio3 (Italien), den Süddeutschen Rundfunk,<br />

den Bayerischen Rundfunk, den Südwestfunk und den Westdeutschen<br />

Rundfunk sowie für BRT3, Radio Klara (Belgien),<br />

France Musique (Frankreich), ORF 1, Antenna 2 (Portugal),<br />

Rne und RTVE (Spanien), Radio2 (Polen), Radio Televizija<br />

Slovenja (Slowenien), Espace2 (Schweiz) und KRO Radio4<br />

(Holland). Es folgten Einspielungen für die Plattenlabels<br />

Nuova Era und Giulia und seit 1993 regelmäßig für das vormals<br />

französische und heutige italienische Label ARCANA<br />

in Koproduktion mit dem WDR (Westdeutscher Rundfunk).<br />

Insgesamt wurden sechzehn Plattenproduktionen veröentlicht,<br />

die zahlreiche Auszeichnungen erhielten.<br />

Mit Leidenschaft der musikwissenschaftlichen Forschung<br />

verbunden, engagiert sie sich immer stärker in der Lehre: So<br />

lehrte sie Historische Auührungspraxis der Alten Musik am<br />

Konservatorium Giuseppe Tartini in Triest, hält Vorlesungen<br />

über mittelalterliche Musik an der Accademia Internazionale<br />

della Musica di Milano, lehrt Plektrum-Laute und frühe Notationskunde<br />

an der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen<br />

und ist seit 2003 Dozentin bei den Corsi Internazionali<br />

di Musica Antica in Urbino. Als Gesangssolistin arbeitet sie<br />

auch mit Accordone zusammen.<br />

Neben dem Studium und ihrer Tätigkeit im Bereich der<br />

Musik absolvierte sie das Diplomstudium Architektur am<br />

Istituto Universitario di Architettura in Venedig mit ausgezeichnetem<br />

Erfolg. Ihre interdisziplinäre Diplomarbeit mit<br />

dem Titel »Il temperamento in musica e in architettura: la<br />

Schola Riccatiana« erschien im Vorjahr. Claudia ist ebenso als<br />

Begutachterin von Diplomarbeiten tätig, die sich mit interdisziplinären<br />

emen zwischen Musik und Architektur befassen.<br />

Seit 1990 ist sie stolze Mutter eines Sohnes, Lorenzo,<br />

der jahrelang einer der leidenschaftlichsten Anhänger des<br />

Ensembles laReverdie war.<br />

Marilin Lips studierte Mittelaltergesang<br />

bei Maria Staak in ihrer Geburtsstadt<br />

Tallinn. Seit 1996 ist sie Mitglied<br />

des Ensembles Rondellus, eines der bekanntesten<br />

Alte-Musik-Ensembles Estlands.<br />

Mit Rondellus sang sie Konzerte in<br />

verschiedenen europäischen Ländern und nahm an den CD-<br />

Aufnahmen Carmina Sanctorum (1989) und Adoratur Rosa<br />

(2009) teil. Sie vertiefte ihre Kenntnisse und Erfahrungen in<br />

Meisterkursen unter der Leitung von Claudia Caagni und<br />

- 74 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 75 -


erlernte frühchristlichen Gesang bei Iegor Rezniko. Heute<br />

ist sie aktiv als Sängerin und studiert gleichzeitig den Masterstudiengang<br />

Kulturtheorie an der Universität Tallinn. Ihr<br />

Ziel ist es, Mittelaltergesang mit der gegenwärtigen Methodik<br />

der Kulturtheorie zu erforschen, wobei sie ihre Erfahrungen<br />

als Sängerin mit der Ausbildung im Bereich der Semiotik<br />

und Literaturtheorie verbinden möchte.<br />

Sara Mancuso, gotische Harfe, Clavicymbalum,<br />

Organetto, studierte Klavier<br />

am Konservatorium B. Marcello in Venedig<br />

und widmet sich seither der Alten<br />

Musik. Sie studierte Cembalo, Klavichord<br />

und Hammerügel bei M. Giorgio<br />

Cerasoli und Bernard Brauchli und nahm an zahlreichen Meisterkursen<br />

für mittelalterliche Musik teil, unter anderem mit<br />

dem Ensemble laReverdie, organisiert von F.I.M.A (Urbino),<br />

und bei Claudia Caagni im Rahmen der trigonale.<br />

Heute gilt ihre Passion hauptsächlich der gotischen Harfe,<br />

die sie bei Hannelore Devaere und Marina Bonetti studiert.<br />

Sie ist Mitglied des spanischen Ensembles für mittelalterliche<br />

Musik Puy de sons d'autre fois und dem venezianischen<br />

Ensemble La Frottola. Seit zwei Jahren arbeitet sie mit dem<br />

Ensemble laReverdie zusammen, mit dem sie bei einer CD-<br />

Aufnahme beim Label Arcana mitgewirkt hat.<br />

Matthias Otto, Mittelalterlaute und<br />

Fidel, entstammt einer Musikerfamilie.<br />

Erste musikalische Ausbildung (Gesang,<br />

Violine) in einem Knabenchor (Dresdner<br />

Kreuzchor). Danach Studium der Chemie<br />

und Violine sowie aktive Mitwirkung in<br />

verschiedensten Ensembles in Leipzig, Wien und Dresden.<br />

Spezialisierung auf Barockvioline bei Simon Standage, auf<br />

eorbe bei Frank Pschichholz und auf Mittelalterlaute bei<br />

Claudia Caagni. Mitwirkungen bei zahlreichen Barockaufführungen<br />

und in verschiedenen Mittelalterformationen.<br />

Christoph Prendl, Fidel und Organetto,<br />

studierte Cembalo bei Brett<br />

Leighton und Viola da gamba bei Claire<br />

Pottinger an der Bruckner-Universität<br />

Linz sowie Viola da gamba und frühe<br />

Streichinstrumente bei Paolo Pandolfo<br />

und Randall Cook an der Schola Cantorum Basiliensis.<br />

Wichtige Impulse erhielt er überdies von Jesper B. Christensen,<br />

Jörg-Andreas Bötticher und Anthony Rooley im Rahmen<br />

seines Studiums in Basel. Als Cembalist und Gambist hat er<br />

in vielen Ländern Europas Konzerte gegeben, unter anderem<br />

bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, auf den historischen<br />

Instrumenten der Sammlung Beurmann im Hamburger<br />

Museum für Kunst und Gewerbe und in der Konzertreihe<br />

Les Goûts Réunis in Lausanne. Er musiziert mit bekannten<br />

Alte-Musik-Ensembles wie e Earle His Viols, Rayuela, dem<br />

Sestina Consort und Les Cornets Noirs. 2011 erhielt er einen<br />

- 76 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 77 -


Sonderpreis für die beste Ausführung stilgerechter eigener<br />

Verzierungen beim Internationalen Telemann-Wettbewerb in<br />

Magdeburg. Zurzeit absolviert er ein Masterstudium in eorie<br />

der Alten Musik bei Johannes Menke und Felix Diergarten<br />

an der Schola Cantorum Basiliensis.<br />

Stefanie Pritzlaff, Blocköten und<br />

Traversöte, studierte Maschinenwesen<br />

an der TU München sowie Historische<br />

Auührungspraxis mit Hauptfach Traversöte<br />

bei Marion Treupel-Franck,<br />

Hans-Joachim Fuss und Michael Eberth<br />

in München (Konzertdiplom 2011) und Blocköte mit<br />

Schwerpunkt auf Neue Musik bei Iris Lichtinger in Augsburg<br />

und mit Schwerpunkt auf Mittelalterliche Musik bei Prof.<br />

Maurice van Lieshout in München. Pädagogischer Abschluss<br />

im Fach Queröte <strong>2012</strong>. Zahlreiche Meisterkurse u.a. bei<br />

Han Tol, Barthold Kuijken, Kees Boeke, Gabriel Persico, Kate<br />

Clark, Liane Ehlich und Claudia Caagni lieferten wichtige<br />

Impulse. Im Moment promoviert sie in Musikwissenschaften<br />

an der LMU München.<br />

2003 gewann sie einen 1. Bundespreis im Wettbewerb Jugend<br />

Musiziert (Blocköte solo) sowie einen Sonderpreis für<br />

zeitgenössische Musik. 2010 war sie Finalistin in der 24 th International<br />

Competition for Early Music in Kofu, Yamanashi,<br />

Japan (Traverso solo). Sie ist Mitglied in diversen Ensembles,<br />

spezialisiert auf Mittelalter, Barock und Frühklassik sowie<br />

moderne Musik mit Konzerttätigkeiten besonders im süddeutschen<br />

Raum.<br />

Marie Verstraete, Blocköte, Fidel.<br />

Die gebürtige Belgierin spezialisiert sich<br />

sowohl als Musikwissenschaftlerin als<br />

auch in der musikalischen Praxis (Fidel,<br />

Blocköte und Renaissancegambe) auf<br />

die Musik des Mittelalters und der Renaissance.<br />

Ihre Faszination für diese Musik festigte sie durch<br />

zahlreiche Studien in Belgien, Deutschland, Italien und in<br />

der Schweiz, u.a. bei J. Van Goethem, B. Spanhove, K. Boeke,<br />

C. Caagni, N. Schwindt, L. Duftschmid, R. Cook, C. Pasetto,<br />

P. Memelsdor und B. Bagby.<br />

- 78 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 79 -


Sonntag, 09.09. | 11 Uhr | Schloss Ebenthal<br />

15 Uhr | Pfarrkirche St. Peter bei Taggenbrunn<br />

Un Viaggio Musicale<br />

Dorothee Oberlinger: Blocköte<br />

Franco Pavan: eorbe<br />

Einleitung<br />

Viaggio Musicale – Musik des europäischen<br />

Hochbarock für Blockflöte und Theorbe<br />

Flauto diretto, ûte à bec, recorder, voice ute … – unter den mannigfachen<br />

Bezeichnungen, die sich im Laufe der Zeit für die<br />

Blocköte einbürgerten, sticht eine romanische Form als mit<br />

Abstand poetischste heraus: auto dolce oder ûte douce. Der<br />

darin angesprochenen Süße und Anmut des Klangs galt die<br />

Sympathie der Komponisten im 17. und 18. Jahrhundert, wenn<br />

sie in ihren Opern und Kantaten, ebenso aber in der konzertierenden<br />

Instrumentalmusik Blocköten-Partien schrieben.<br />

Was dem zunächst so schlicht anmutenden Instrument hier an<br />

Virtuosität, an Klangfarben und an melodischer Ausdruckskraft<br />

abverlangt wird, steht ebenbürtig neben den Qualitäten,<br />

die man heute allgemein mit dem ebenso bevorzugten Soloins-<br />

trument der Barockzeit, der Violine, verbindet. Die eorbe<br />

war neben dem Cembalo das zentrale Harmonieinstrument<br />

des Basso continuo und wurde – wie die Laute auch – als Soloinstrument<br />

eingesetzt. Sie war somit meist Bestandteil der<br />

Besetzung eines barocken Kammerkonzerts, wie man es auf<br />

zahlreichen Abbildungen dieser Zeit sehen kann – Blocköte<br />

und eorbe bildeten also ein beliebtes Gespann.<br />

Das heutige Konzert gewährt charakteristische Einblicke in<br />

die Welt des barocken Kammerkonzerts in künstlerischen<br />

Metropolen wie Hamburg, Paris, London oder Venedig, wo<br />

man immer mehr dem goût melé zugetan war und sich fremden<br />

Nationalstilen önete. So wurde z.B. London in seiner<br />

geradezu euphorischen Begeisterung für den römischen Violinmeister<br />

Arcangelo Corelli zur Hauptstadt des Concerto italiano<br />

und seiner Virtuosen. Zu den Italienern, die nach ersten<br />

Anstellungen in der Heimat ihr Glück in London suchten<br />

und fanden, gehört der Mailänder Giuseppe Sammartini. Bekannt<br />

gemacht hatte ihn in England wiederum der ndige<br />

Verleger John Walsh, als er 1727 ein Dutzend seiner Triosonaten<br />

druckte – mehr als ein Jahr, bevor ihr Komponist selbst<br />

an der emse eintraf und schnell zum Lieblings-Oboisten<br />

- 80 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 81 -


Händels avancierte. Sammartini war von der Bandbreite der<br />

englischen Blockötensorten oensichtlich sehr angetan; so<br />

komponierte er etwa ein Konzert für die höhere Fifth-Flute.<br />

Sammartinis Sonate G-Dur op. 8 Nr. IV aus den »Six Solos«,<br />

die 1760 posthum von John Johnson gedruckt wurden, ist im<br />

galanten Stil geschrieben und weist in ihrem erönenden Andante<br />

schon empndsame Züge im Stil eines Sicilianos auf.<br />

Eine Reminiszenz an die große Zeit des »Roi du Soleil« Ludwig<br />

XIV. bilden die Kompositionen von Marin Marais. Er<br />

war ein Gambenschüler des heute biographisch kaum mehr<br />

greifbaren Monsieur de Sainte-Colombe, des bedeutendsten<br />

Gambisten seiner Zeit, über den Marais jedoch bald hinauswuchs.<br />

1679 wurde er zum Ocier ordinaire de la Chambre du<br />

Roi ernannt; er blieb in den Diensten Ludwig XIV. und bis<br />

1725 bei Ludwig XV. Seine »Couplets de Folie« greifen die<br />

Variationen des römischen Violinmeisters Arcangelo Corelli<br />

über die damals allerorten beliebte Follia-Weise auf. Marais<br />

erlaubt im Vorwort seiner 1701 veröentlichten »Folies« ausdrücklich<br />

die Ausführung auf anderen Instrumenten.<br />

Inszenierte der Sonnenkönig Ludwig XIV. seine oziellen Anlässe<br />

mit Prunk und Pracht, so zog er für seine »Recrèation« am<br />

späteren Abend leisere Töne vor: Gewöhnlich ließ er, wie sein<br />

Kammerherr Marquis de Dangeau berichtet, Robert de Visée<br />

kommen, damit er für ihn auf der Gitarre spiele. Nach dem<br />

Tode des Königs erschienen diese intimen Stücke sehr bald im<br />

Druck, in einer Fassung für ein beliebiges Melodieinstrument<br />

und eine Bassstimme, daraus entstammt auch die Suite a-Moll.<br />

Allenfalls Vivaldi-Forschern dürfte der Name Ignazio Sieber<br />

(ca. 1680 – ca. 1757) heute noch etwas sagen, falls der Komponist<br />

der vor nicht allzu langer Zeit wiederentdeckten sechs<br />

Blockötensonaten überhaupt mit dem Oboen- und Flötenlehrer<br />

am Ospedale della Pietá in Venedig identisch ist. Nicht<br />

zu überhörende Parallelen zu einigen Werken seines dortigen<br />

Kollegen Vivaldi machen dies allerdings wahrscheinlich.<br />

Eine Besonderheit der Bibliothek des Schlosses Ebenthal stellen<br />

die handgeschriebenen Lauten-, eorben- und Bassgamben-Tabulaturen<br />

(aus der Zeit zwischen 1660 und 1720)<br />

dar, die bereits faksimiliert veröentlicht wurden. In diesem<br />

Konzert erklingen zwei Kompositionen von Hotman und<br />

Bartolotti, die im Goëss-Manuskript (ca.1650 – 1670) unter<br />

65 Kompositionen für eorbe bzw. Erzlaute und 26 Kompositionen<br />

für Laute zu nden sind.<br />

Der Gambist und eorbist Nicolas Hotman wurde vermutlich<br />

in Brüssel geboren und übersiedelte im Jahr 1620 nach<br />

Paris, wo er wahrscheinlich von André Maugars unterrichtet<br />

wurde. 1636 bezeichnet ihn Marin Mersenne als einen der<br />

besten Gambisten und eorbenspieler seiner Zeit. In Nachfolge<br />

von Louis Couperin übernimmt er 1661 bis zu seinem<br />

Tod drei Jahre später das Amt des Ordinarius der »Musique<br />

de Chambre du Roi«. Hotman gilt als Begründer der französischen<br />

Gambenschule und war vermutlich der Lehrer<br />

von Monsieur Demachy und Monsieur de Sainte-Colombe.<br />

Er beeinusste bedeutende französische Gambenvirtuosen<br />

wie Marin Marais, Louis de Caix d'Hervelois und Antoine Forqueray.<br />

Seine Kompositionen für Gambe und eorbe sind<br />

- 82 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 83 -


spieltechnisch schwierig und fanden im Verhältnis zu seinem<br />

Bekanntheitsgrad nur geringe Verbreitung.<br />

Angelo Michele Bartolotti (um 1615 – um 1681) war ein italienischer<br />

Gitarrist, Komponist und eorbist. Wahrscheinlich<br />

wurde Bartolotti in Bologna geboren. Er gehörte zu einer<br />

Gruppe italienischer Musiker, die am Hof der Königin Christina<br />

von Schweden in den frühen 1650er Jahren beschäftigt<br />

waren. Wahrscheinlich folgte er ihr nach Rom und reiste im<br />

Jahr 1658 mit ihr nach Paris. Während seiner Jahre in Italien<br />

veröentlichte er zwei bedeutende Sammlungen von Gitarrenmusik.<br />

Bartolotti wurde in Frankreich als einer der besten<br />

eorbisten bekannt und u.a. von Constantijn Huygens und<br />

René Ouvrard hoch gelobt. Seine Abhandlung über das Basso-continuo-Spiel<br />

auf der eorbe (»Tabelle pour apprendre<br />

facilement en toucher la eorbe sur la Basse«, Paris 1669)<br />

gehört zu den wichtigsten Quellen des 17. Jahrhunderts zu<br />

diesem ema.<br />

Georg Philipp Telemann, 1681 in Magdeburg geboren, war<br />

wohl einer der produktivsten Komponisten der Barockzeit.<br />

Sein außerordentlich umfangreiches Werk umfasste alle damals<br />

gängigen Musikgattungen. Hieraus ist auch ein großes<br />

Repertoire für die von ihm außerdem selbst gespielte »Flûte<br />

a béc« hervorgegangen, das aus zahlreichen Solokonzerten,<br />

Sonaten, Trios, Quartetten und Soloparts in Kantaten und<br />

Opern besteht. »Der getreue Music-Meister« war Telemanns<br />

erfolgreicher »musikalischer Fortsetzungsroman«, den er<br />

zwischen 1728 und 1729 in Hamburg veröentlichte. Im<br />

Jahre 1728 gründete er gemeinsam mit Johannes Valentin<br />

Görner die gleichnamige Zeitschrift. Alle 14 Tage erschien<br />

eine neue Ausgabe, die zwei bis drei Musikstücke für verschiedene<br />

Besetzungen enthielt: Trios, Duette, Soli, Arien,<br />

Generalbasslieder (»Singe-Sachen«), Fugen und anderes<br />

mehr. Ganz im Sinne der Aufklärung war die Zeitschrift für<br />

ein breiteres bürgerliches Publikum gedacht, das Anregungen<br />

für das alltägliche häusliche Musizieren suchte. Die hieraus<br />

entnommene kontrapunktisch kunstvoll gearbeitete viersätzige<br />

»Sonata da chiesa à diversi strumenti« in g-Moll, die in<br />

ihrer Anlage an Kirchensonaten Arcangelo Corellis erinnert,<br />

erscheint in Telemanns Werkkatalog auch als Komposition<br />

für Oboe, Flauto traverso oder Violine solo. »Der getreue<br />

Music-Meister« lässt hier die Besetzung des Melodieinstrumentes<br />

oen. Die Sonate f-Moll, ebenfalls in der traditionellen<br />

viersätzigen Form der »Sonata da chiesa« gesetzt,<br />

ist mit »Fagotto solo« betitelt, aber auch auf der Blocköte<br />

spielbar, wie es Telemann am Ende des nalen Vivace anmerkt:<br />

»Diß Solo kann auch auf der Flûte à bec gespielet werden.«<br />

Bei der Veröentlichung dieser Sonate im »getreuen Music-<br />

Meister« zeigte sich Telemann von seiner geschäftstüchtigen<br />

Seite: Die Kompositionen wurden nie auf einen Schlag veröentlicht,<br />

so dass sich der Interessierte immer die nächste<br />

Folge der Zeitschrift besorgen musste, um das ganze Werk<br />

spielen zu können.<br />

Der klagende Kopfsatz (»Triste«), dessen Eingangsmotiv<br />

ein Seufzen naturalistisch nachzuahmen scheint, ist ein<br />

Kompendium barocker Aektenlehre und Rhetorik. Telemanns<br />

Intervallbehandlung, die unerwarteten und kühnen<br />

Harmonien sowie sein Umgang mit der Melodik machen<br />

- 84 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 85 -


diese Sonate mit zum Kunstvollsten innerhalb seiner Block-<br />

ötenwerke. Die Tonart f-Moll erfordert auf der Blocköte<br />

viele im Charakter eher matt klingende Gabelgrie, was den<br />

beabsichtigten Aekt der Trauer verstärkt. Johann Mattheson<br />

schreibt 1713 zur Bedeutung von f-Moll innerhalb der barocken<br />

Tonartencharakteristik: Der »Ton« f-Moll »scheinet<br />

eine gelinde und gelassene wiewol dabey tiee und schwere mit<br />

etwas Verzweiung vergesellschate tödliche Hertzens-Angst<br />

vorzustellen und ist über die massen beweglich. Er drücket eine<br />

schwartze hülose MELANCHOLIE schön aus und will dem<br />

Zuhörer bisweilen ein Grauen oder einen Schauder verursachen.«<br />

Dorothee Oberlinger<br />

- 86 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 87 -


Programm<br />

Ignazio Sieber<br />

(ca. 1680 – ca. 1757)<br />

Sonata VII<br />

Preludio Largo/Corrente Allegro/Ceciliana<br />

Largo/Capricio Allegro<br />

Blocköte, Basso continuo<br />

Marin Marais<br />

(1656 – 1728)<br />

Les Folies d'Espagne (Extract)<br />

Voiceute solo<br />

Robert de Visée<br />

(ca. 1655 – ca. 1733)<br />

Suite in a-Moll aus »Pièces de théorbe et de<br />

luth mises en partition, dessus et basse«, 1716<br />

Prelude/Allemande: Grave/Courante/Sarabande/Gigue/<br />

Rondeau »La Montsermeil«<br />

Blocköte, Basso continuo<br />

Nicolas Hotman<br />

(1614 – 1663)<br />

Allemande<br />

Aus dem Lautenbuch der Goëss-Bibliothek, Schloss Ebenthal<br />

Angelo Michele [Bartolotti]<br />

(ca. 1600 – 1668)<br />

Sarabande/Passacaglia<br />

Aus dem Lautenbuch der Goëss-Bibliothek, Schloss Ebenthal<br />

Georg Philipp Telemann<br />

(ca. 1681 – 1767)<br />

Sonata in f-Moll<br />

aus »Der getreue Music-Meister«<br />

Triste/Allegro/Andante/Vivace<br />

Blocköte, Basso continuo<br />

Giuseppe Sammartini<br />

(1695 – 1750)<br />

Sonata op. 1 no. IV G-Dur<br />

Andante/Allegro/Adagio/Minuet<br />

Blocköte, Basso continuo<br />

- 88 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 89 -


Dorothee Oberlinger, 1969 in<br />

Aachen geboren, studierte Blocköte<br />

in Köln, Amsterdam und Mailand. Als<br />

»Instrumentalistin des Jahres« wurde sie<br />

2008 mit dem renommierten Musikpreis<br />

Echo Klassik für ihre CD »Italian Sonatas«<br />

ausgezeichnet. Ihr Debüt gelang ihr 1997 mit dem 1.<br />

Preis im internationalen Wettbewerb SRP/Moeck U.K. in<br />

London und einem anschließenden Konzert in der Wigmore<br />

Hall. Seitdem ist Dorothee Oberlinger regelmäßig zu Gast<br />

bei den großen Festivals und Konzertreihen in ganz Europa,<br />

Amerika und Asien und spielt als Solistin mit dem von ihr<br />

2002 gegründeten Ensemble 1700 sowie mit renommierten<br />

Barockensembles und Orchestern wie den Sonatori de la Gioiosa<br />

Marca, Musica Antiqua Köln, der Akademie für Alte Musik<br />

Berlin, London Baroque, der Academy of Ancient Music oder<br />

Zero.<br />

Neben ihrer intensiven Beschäftigung mit der Musik des<br />

17. und 18. Jahrhunderts widmet sich Dorothee immer wieder<br />

auch der zeitgenössischen Musik, so wirkte sie an der<br />

jüngsten CD »Touch« des Schweizer Pop-Duos Yello mit.<br />

Seit 2009 ist sie Intendantin der traditionsreichen Arolser<br />

Barockfestspiele und seit 2004 ist sie Professorin an der Universität<br />

Mozarteum Salzburg, wo sie das dortige Institut für<br />

Alte Musik leitet.<br />

Franco Pavan, der italienische Lautenist<br />

und eorbist, ist für das trigonale-<br />

Publikum kein Unbekannter. Nicht nur<br />

als coverface der trigonale 2009, sondern<br />

auch als Gast in mehreren Konzerten –<br />

solistisch und mit verschiedenen Ensemb-<br />

les – ist er uns vertraut geworden und ans Herz gewachsen.<br />

Er schloss sein Studium der Laute und Musikwissenschaft<br />

in Mailand mit »summa cum laude« ab und ist seither mit<br />

den wichtigsten italienischen Ensembles im Bereich der Alten<br />

Musik, wie Concerto Italiano, Accordone, La Cappella della<br />

Pietà dei Turchini, La Risonanza, La Venexiana sowie mit dem<br />

Londoner Ensemble Trinity Baroque aufgetreten. Er arbeitet<br />

mit namhaften Dirigenten zusammen und hat in den bedeutendsten<br />

Konzerthäusern weltweit gastiert. Weiters konzertierte<br />

er in Uruguay, Chile, Mexiko, Kolumbien, Brasilien,<br />

China, Ägypten und Marokko. Franco Pavan hat über 40 CDs<br />

aufgenommen und Preise wie den Gramophon Award, Diapason<br />

d'Or oder Premio Vivaldi della Fondazione Cini (Venedig) gewonnen.<br />

Seine Soloaufnahme »Le Mouton Fabuleux« gewann<br />

den Premio del Disco Amadeus 2009. Er unterrichtet die Fächer<br />

Laute und Kammermusik für historische Musikinstrumente<br />

am Konservatorium E. F. Dall'Abaco in Verona und schrieb<br />

musikwissenschaftliche Artikel über die Geschichte der Laute<br />

und die Musik des frühen 17. Jh. sowie eine Abhandlung<br />

über neue Dokumente zu Monteverdi und Gesualdo. Auch hat<br />

er an der neuen Ausgabe des New Grove Dictionary of Music<br />

and Musicians und an der Enzyklopädie »Die Musik in Geschichte<br />

und Gegenwart« mitgearbeitet und ist Mitglied des<br />

Redaktionskomitees des Journal of the Lute Society of America.<br />

- 90 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 91 -


Sonntag, 09.09. | 18 Uhr<br />

Seminarkirche Tanzenberg<br />

Israelsbrünnlein<br />

Dresdner Kammerchor<br />

Sandra Bernhardt, Elisabeth Göckeritz, Birgit<br />

Jacobi, Maria Stosiek, Marie Luise Werneburg,<br />

Nicola Zöllner: Sopran<br />

Stefan Kunath, Franziska Neumann,<br />

Inga Philipp, Ulrich Weller: Alt<br />

Tobias Mäthger, Claudius Pobbig,<br />

Clemens Volkmar: Tenor<br />

Dirk Döbrich, Georg Preissler, Felix Rumpf,<br />

Felix Schwandtke: Bass<br />

Wolfgang Kostujak: Orgel<br />

Jarek Thiel: Violoncello<br />

Michael Dücker: eorbe<br />

Hans-Christoph Rademann: Leitung<br />

Einleitung<br />

Eine mitteldeutsche Karriere. Man hüte sich davor, zu schreiben<br />

»nur«, denn der geograsche Lebensradius eines Johann<br />

Sebastian Bach war kaum weiter gespannt, und dennoch stellt<br />

niemand in Zweifel, dass bei Werken des berühmten omaskantors<br />

hoher Kunst zu begegnen sei. Hohe Kunst in<br />

gleicher Weise, vielleicht etwas sperriger im Klangbild, vielleicht<br />

etwas fremder im Hörvertrauten, vielleicht ein wenig<br />

»weiter weg« im Lebensgefühl, begegnet uns gleichermaßen<br />

bei Johann Hermann Schein. Rund einhundert Jahre vor Bach<br />

an gleicher Stelle – geograsch: Leipzig – und in gleicher<br />

Position – anstellungstechnisch: omaskantor – geschaene<br />

»Hohe Kunst«. Und man mag sich angesichts des Schreibens<br />

an den Leipziger Rat vom September 1629, in welchem<br />

der omaskantor Schein die verschlechterten Arbeitsbedingungen<br />

beklagte und sich verteidigen musste gegen den<br />

Vorwurf, er sei nicht eißig genug und vernachlässige die<br />

Aufsicht über seine Schützlinge an der omasschule, wiederum<br />

an die Streitigkeiten zwischen omaskantor Bach<br />

und dem Leipziger Rat erinnert fühlen. Es waren auch da vor<br />

allem wohl die widerstreitenden wissenschaftlichen und musikalischen<br />

Forderungen, die gestellt wurden, denen Johann<br />

Hermann Schein in seiner Position als »General-Director der<br />

Music […] in beyden Kirchen allhier in Leipzig« begegnete,<br />

er, der zu seinen »normalen« musikalischen Verpichtungen<br />

- 92 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 93 -


wöchentlich zehn wissenschaftliche und vier musikalische<br />

Unterrichtsstunden zu erteilen hatte. Dennoch scheint er ein<br />

gutes und enges, ja regelrecht freundschaftliches Verhältnis<br />

zu den Einussreichen und Oberen der Stadt gepegt zu haben,<br />

wovon Ratswahlmusiken wie zahlreiche Hochzeits- und<br />

Trauerkompositionen für Leipzigs hochgestellte und gutbetuchte<br />

Bürger zeugen. Auch seine 1623 erschienene Sammlung<br />

»Israelis Brünnlein«, was da sind »Auserlesene Krat-<br />

Sprüchlein / Altes und Newen Testaments / Von 5 und 6<br />

Stimmen sambt / dem General-Baß«, widmete der seit 1616<br />

als omaskantor wirkende Schein den Bürgermeistern und<br />

dem Rat der Stadt Leipzig.<br />

Wo aber kam dieser hochgebildete, musikalisch ambitionierte<br />

und ebenso über die neuesten Entwicklungen informierte wie<br />

im gesellschaftlichen Umgang geübte Musiker her? Geboren<br />

am 20. Januar 1586 im erzgebirgischen Grünhain, wuchs<br />

er nach dem Tod des Vaters ab 1594 in Dresden auf, wurde<br />

1599 Kapellknabe in der Dresdner Hofkapelle und dort von<br />

Hofkapellmeister Rogier Michael und Kapellknabenpräzeptor<br />

Andreas Petermann in seiner musikalischen Entwicklung<br />

begleitet. Weitere Stationen waren nach dem Stimmwechsel<br />

der Besuch der Landesschule Pforta ab 1603 und der Beginn<br />

des Universitätsstudiums in Leipzig 1608. Gottfried von Wolffersdor,<br />

Hauptmann auf Schloss Weißenfels und Assessor<br />

des Kurfürstl. Sächs. Ober-Hof-Gerichts zu Leipzig, berief<br />

ihn 1613 als Hauslehrer und Hausmusikdirektor. 1615 ging<br />

Schein als Hofkapellmeister nach Weimar und folgte kurz<br />

darauf 1616 Sethus Calvisius im Amt des Leipziger omaskantors.<br />

Dass wir es mit einem der bedeutendsten Komponisten des 17.<br />

Jahrhunderts zu tun haben, mag schon andeuten, dass Wolfgang<br />

Caspar Printz 1690 in seiner »Historischen Beschreibung<br />

der Edelen Sing- und Kling-Kunst« Johann Hermann<br />

Schein benannte als denjenigen, »welcher einer von dreyen gewesen<br />

/ derer Nahmen von dem Buchstaben S anfangen / und die<br />

man zu dieser Zeit für die besten drey Componisten in Teutschland<br />

gehalten. Diese drey berühmte S aber seyen gewesen Schütz /<br />

Schein / Scheit.« Und Printz führte weiter aus: »Eben zu dieser<br />

Zeit hat Johann Hermann Schein / Director Musices zu Leipzig<br />

keinen geringen Ruhm erworben. Er ist aber vornemlich fürtrelich<br />

gewesen in dem Stylo Madrigalesco, in welchem er keinem<br />

Italiener / vielweniger einem andern etwas nachgeben dören.<br />

Seine Villanellen seyn vor der Zeit sehr hoch geachtet worden; und<br />

hat er die Texte dazu selbst gerichtet.« – Das sagt viel über Schein<br />

und dessen Ruf, zumal in einer Zeit, da Traditionsverständnis<br />

im Sinne kontinuierlich gesteigerter Kreativitätslinien und<br />

notwendiger Selbstndungspunkte für künstlerische Positionierung<br />

noch lange nicht erfunden waren. Untermauert<br />

wird dies am Beispiel des »Israelis Brünnlein« zumal, denn<br />

die in Leipzig gedruckte Sammlung erlebte als einziges unter<br />

Scheins geistlichen Werken noch 22 Jahre nach seinem Tod<br />

eine Neuauage!<br />

Johann Hermann Schein selbst schrieb in seiner Vorrede, die<br />

vorgelegten Kompositionen seien »bey fürfallenden occasionen<br />

musicirt« worden – was da sind Hochzeiten, Begräbnisse,<br />

Ratswahlfeiern, Promotionen usw. – und »So wol für<br />

sich allein mit lebendiger Stim und Instrumenten / Als auch<br />

in die Orgel / Clavicimbel bequemlich zugebrauchen«. Unter<br />

- 94 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 95 -


diesen 26 Motetten nden sich 23 auf alttestamentarische<br />

Texte komponierte Stücke, was der Sammlung den Namen<br />

gab. Übrigens allesamt kurz und knapp gehaltene Stücke,<br />

keines mehr als fünf Minuten dauernd. Die Textquellen, aus<br />

denen Schein schöpfte, sind die unversiegbaren »Brünnlein«<br />

der Psalmen Davids, der Bücher Mose, der Propheten, des<br />

Hohelieds Salomo und anderer Teile des Alten Testaments.<br />

Zwei Kompositionen, »Ach Herr, ach meiner schone« und<br />

»O, Herr Jesu Christe«, basieren auf freien Dichtungen, die<br />

höchstwahrscheinlich Schein selbst verfasste. Alle Stücke sind<br />

für fünf Stimmen gesetzt – ausgenommen das abschließende<br />

sechsstimmige Madrigal –, denen ein Basso continuo ad libitum<br />

zugeordnet wurde, wobei dieser den Charakter eines<br />

Basso seguente, also eines der vokalen Bassstimme folgenden<br />

Instrumentalbasses, hat. Das begegnet uns auch bei Monteverdi<br />

oder in Ludovico da Viadanas Sammlung der »Cento<br />

concerti ecclesiastici«, die 1619 in Frankfurt publiziert worden<br />

waren. Mag sein, dass diese Sammlung die erste Quelle<br />

war, durch die Schein mit dieser neuen Art zu komponieren in<br />

Berührung kam. Mag sein, dass aber auch der intensive Austausch<br />

mit dem ihm seit seiner Weißenfelser Zeit befreundeten<br />

Heinrich Schütz den Impuls setzte, denn Schein selbst<br />

hat Italien nie bereist. Wie auch immer, hier schließt sich<br />

der Bogen zu Printz und dessen Äußerung, Schein sei »fürtreich<br />

gewesen in dem Stylo Madrigalesco«, zumal derselbe<br />

in seinem umfänglichen Werktitel des »Israelis Brünnlein«<br />

dieses Charakteristikum selbst hervorhebt: »auf eine sonderbar<br />

Anmutige Italian-Madrigalische Manier« habe er sie<br />

komponiert.<br />

Scheins Sammlung besitzt solitären Charakter im deutschen<br />

Musikschaen der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, was<br />

in erster Linie auf der extrem intensiven Wortbezogenheit<br />

seiner Musik, seiner bildhaft musikalischen Textdarstellung<br />

beruht. Ähnlich wie Heinrich Schütz in seiner »Geistlichen<br />

Chormusik« strebte auch Johann Hermann Schein eine Vermittlung<br />

zwischen der deutsch-niederländischen Motettentradition<br />

und der expressiven Tonsprache des modernen Madrigals<br />

Monteverdi'scher Prägung an, doch hat Schein in viel<br />

weiter reichendem Maße als Schütz expressive Elemente der<br />

Textausdeutung benutzt, sodass er die Stücke mit Recht als<br />

»Geistliche Madrigale« bezeichnen konnte. Walter Webeck attestiert<br />

ihm hier eine singuläre Meisterschaft. Durch virtuose<br />

Behandlung der fünf Singstimmen und des Generalbasses,<br />

ohne dass ein Übermaß an Virtuosität oder Vereinzelung<br />

der Stimmen auch nur im Ansatz entstünde, gelingen Schein<br />

Klangeekte und Farbkontraste, die auch für heutige Ohren<br />

unerhört und mitreißend sind. Keine Möglichkeit für einen<br />

expressiven Ausdruck bleibt ungenutzt, reiche Dramatik und<br />

kühne Harmonik überraschen, sind bis ins Detail der einzelnen<br />

Stimme zu verfolgen. Das alles ist ihm aber nicht Selbstzweck,<br />

denn seine Musik habe, so Johann Hermann Schein<br />

in der Vorrede seines »Banchetto musicale«, »Christlicher<br />

Andacht, bey verrichtung des Gottesdienstes und auch ziemlicher<br />

ergötzlichkeit bey ehrlichen Zusammenkünten, alternis<br />

vicibus zu dienen«. – Hohe Kunst, die ohne ihre Wurzeln<br />

nicht zu denken ist.<br />

Dr. Christina Siegfried war lange Jahre Dramaturgin und<br />

Pressesprecherin der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Seit<br />

- 96 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 97 -


2008 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin der Schumann-<br />

Briefedition und seit 2009 Geschäftsführerin der Mitteldeutschen<br />

Barockmusik e.V. und des Heinrich Schütz Musikfestes.<br />

»Diese Musik kann Seelen reparieren.«<br />

Hans-Christoph Rademann im Gespräch mit Oliver Geisler<br />

über Johann Hermann Schein<br />

Oliver Geisler: Johann Hermann Schein stammt aus Grünhain<br />

im Erzgebirge und verbrachte da seine Kindheit. Zeit seines<br />

Lebens wird ihm das Erzgebirge ein Sehnsuchtsort bleiben.<br />

Auch das Titelblatt des »Israelsbrünnleins« ziert der Schriftzug<br />

»Johann Hermann Schein / Grünhain«. Ist Verwurzelung<br />

ein Lebensgefühl, das Du mit ihm teilst?<br />

Hans-Christoph Rademann: Erzgebirge und Musikalität – das<br />

sind fast schon Synonyme. Musik gehörte und gehört zum<br />

Alltag dieser Region. Das Erzgebirge ist historisch gesehen<br />

der Nährboden für den wirtschaftlichen und kulturellen<br />

Reichtum der mitteldeutschen Städte. Unzählige Musiker<br />

und Sänger aus dem Erzgebirge prägten die Musikkultur in<br />

Dresden, Leipzig und weiteren Orten. Und Persönlichkeiten<br />

wie Johann Hermann Schein, Johann Kuhnau oder Gottfried<br />

Heinrich Stölzel haben vom Erzgebirge ausgehend mitteleuropäische<br />

Musikgeschichte geschrieben. Gleichzeitig ist da<br />

aber stets – in den Biograen wie mitunter in den Werken –<br />

eine ganz starke Verwurzelung, auch Bescheidenheit spürbar.<br />

Bei den Werken Scheins spüre ich vor allem eine besondere<br />

Klarheit und auch Einfachheit ohne urbane und hösche<br />

Schnörkel. Und ja – auch mir ist das Erzgebirge als meine<br />

Heimat ein wichtiger Ort geblieben. Die Musik meiner<br />

Kindheit ist lebensprägend und die gewisse Bescheidenheit,<br />

Demut und Bodenständigkeit eines Johann Hermann Schein<br />

kann einem nur Vorbild sein.<br />

Geisler: In den Motetten des »Israelsbrünnleins« ist viel von<br />

Schmerz, Vergänglichkeit, Verlust und Leid die Rede. Müssen<br />

wir uns Schein als einen traurigen Menschen in einer<br />

traurigen Zeit vorstellen?<br />

Rademann: Ja und nein. Schein ist wie sein Freund Heinrich<br />

Schütz natürlich nicht ohne die Verheerungen des Dreißigjährigen<br />

Krieges zu denken, der als Signatur dieser Epoche<br />

alles beeinusst. Und wie Schütz hat Schein viel persönliches<br />

Leid erfahren. Von seinen zehn Kindern sterben sieben im<br />

Kindesalter. Die eigens dafür komponierten Begräbnismusiken<br />

sind absolut bewegende Werke. Die Vergänglichkeitsthematik<br />

der Motetten des »Israelsbrünnleins« sind immer<br />

auch vor diesem Hintergrund zu verstehen. Schein schildert<br />

mitunter sehr drastisch, aber eben immer auch mit großer<br />

Klarheit, Szenarien des Leidens und Vergehens.<br />

Aber dann atmet diese Musik wieder eine Zuversicht, die ihresgleichen<br />

sucht. Diese Musik kann Seelen reparieren. Fast<br />

schon programmatisch lese ich da die Zeile »Am guten Tage<br />

sei guter Dinge, und den bösen Tag nimm auch für gut« aus<br />

der Motette »Siehe an die Werk Gottes«. Scheins »Israelsbrünnlein«<br />

repräsentiert eine Geisteshaltung, die mich tief<br />

beeindruckt.<br />

- 98 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 99 -


Programm<br />

Johann Hermann Schein<br />

(1586 – 1630)<br />

Ihr Heiligen, lobsinget dem Herren<br />

Ach Herr, ach meiner schone<br />

Zion spricht: Der Herr hat mich verlassen<br />

Die mit Tränen säen<br />

Siehe, nach Trost war mir sehr bange<br />

Siehe an die Werk Gottes<br />

Drei schöne Ding<br />

Pause<br />

Wem ein tugendsam Weib bescheret ist<br />

Freue Dich des Weibes Deiner Jugend<br />

Lieblich und schöne sein ist nichts<br />

Ich bin jung gewesen<br />

Lehre uns bedenken<br />

Ich freue mich im Herren<br />

Der Herr denket an uns<br />

Nun danket alle Gott<br />

Texte<br />

Ihr Heiligen, lobsinget dem Herren,<br />

danket und preiset seine Heiligkeit!<br />

Denn sein Zoren währet einen Augenblick,<br />

und er hat Lust zum Leben.<br />

Den Abend lang währet das Weinen,<br />

aber des Morgens die Freude.<br />

Psalm 30,5–6<br />

Ach Herr, ach meiner schone,<br />

nach dei'm Grimm mir nicht ablehne.<br />

Denn deine Pfeil zumal<br />

machen mir große Qual.<br />

O weh, mein armes Herz<br />

empndet großen Schmerz.<br />

O du, mein lieber Herre Gott,<br />

hilf mir in meiner großen Not.<br />

Dichter unbekannt<br />

Zion spricht: Der Herr hat mich verlassen,<br />

der Herr hat mein vergessen.<br />

Kann auch ein Weib ihres Kindeleins vergessen,<br />

dass sie sich nicht erbarme<br />

über den Sohn ihres Leibes?<br />

Und ob sie desselbigen vergesse,<br />

so will ich doch dein nicht vergessen.<br />

Siehe, in die Hände hab' ich dich gezeichnet.<br />

Jesaja 49,14–16a<br />

- 100 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 101 -


Die mit Tränen säen<br />

werden mit Freuden ernten.<br />

Sie gehen hin und weinen<br />

und tragen edlen Samen<br />

und kommen mit Freuden<br />

und bringen ihre Garben.<br />

Psalm 126,5–6<br />

Siehe, nach Trost war mir sehr bange.<br />

Du aber hast dich meiner Seelen herzlich<br />

angenommen, dass sie nicht verdürbe.<br />

Denn du wirfest alle meine Sünde hinter dich<br />

zurücke. Denn die Hölle lobet dich nicht,<br />

so rühmet dich der Tod nicht,<br />

und die in die Gruben fahren,<br />

warten nicht auf deine Wahrheit.<br />

Sondern allein, die da leben,<br />

loben dich, wie ich jetzt tu.<br />

Jesaja 38,17–19a<br />

Siehe an die Werk Gottes,<br />

denn wer kann das schlecht machen,<br />

das er krümmet?<br />

Am guten Tag sei guter Dinge,<br />

und den bösen Tag nimm auch für gut;<br />

denn diesen schaet Gott neben jenem,<br />

dass der Mensch nicht wissen soll, was künftig ist.<br />

Prediger Salomo 7,13–14<br />

Drei schöne Ding sind,<br />

die beide Gott und Menschen wohlgefallen;<br />

wenn Brüder eins sind,<br />

wenn die Nachbarn sich lieb haben,<br />

wenn Mann und Weib sich miteinander<br />

wohl begehen.<br />

Jesus Sirach 25,1–2<br />

Pause<br />

Wem ein tugendsam Weib bescheret ist,<br />

die ist viel edeler, denn die köstlichen Perlen.<br />

Ihres Mannes Herz darf sich auf sie verlassen,<br />

und Nahrung wird ihm nicht mangeln.<br />

Sie tut ihm Liebs und kein Leid sein lebelang.<br />

Sprüche Salomos 31,10–13<br />

Freue Dich des Weibes Deiner Jugend.<br />

Sie ist lieblich wie eine Hinde,<br />

und holdselig wie ein Rehe.<br />

Lass dich ihre Liebe allezeit sättigen,<br />

und ergötze dich allewege in ihrer Liebe.<br />

Sprüche Salomos 5,18–19<br />

- 102 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 103 -


Lieblich und schöne sein ist nichts;<br />

ein Weib, das den Herren fürchtet,<br />

das soll man loben.<br />

Sie wird gerühmet werden<br />

von den Früchten ihrer Hände,<br />

und ihre Werk werden sie loben in den Toren.<br />

Sprüche Salomos 31,30–31<br />

Ich bin jung gewesen und alt worden<br />

und habe noch nie gesehen den Gerechten verlassen<br />

oder seinen Samen nach Brot gehen.<br />

Bleibe fromm und halt dich recht,<br />

denn solchem wird's zuletzt wohl gehen.<br />

Psalm 37,25–37<br />

Lehre uns bedenken,<br />

dass wir sterben müssen;<br />

auf dass wir klug werden.<br />

Herr, kehre dich wieder zu uns,<br />

und sei deinen Knechten genädig.<br />

Fülle uns früh mit deiner Gnade.<br />

So wollen wir rühmen und fröhlich sein<br />

unser lebelang.<br />

Psalm 90,12–14<br />

Ich freue mich im Herren,<br />

und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott;<br />

denn er hat mich angezogen<br />

mit den Kleidern des Heiles<br />

und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet,<br />

wie einen Bräutigam<br />

mit priesterlichem Schmuck gezieret<br />

und wie eine Braut in ihrem Geschmeide bärdet.<br />

Jesaja 61,10<br />

Der Herr denket an uns und segnet uns.<br />

Er segnet das Haus Israel,<br />

er segnet das Haus Aaron;<br />

er segnet, die den Herren fürchten,<br />

beide, Kleine und Große.<br />

Der Herre segne euch je mehr und mehr,<br />

euch und eure Kinder.<br />

Ihr seid die Gesegneten des Herren,<br />

der Himmel und Erden gemacht hat.<br />

Psalm 115,12–15<br />

Nun danket alle Gott,<br />

der große Ding tut an allen Enden,<br />

der uns vom Mutterleibe an<br />

lebendig erhält und tut uns alles Guts.<br />

Er gebe uns ein fröhliches Herz<br />

und verleihe immerdar Friede<br />

zu unser Zeit in Israel,<br />

und dass seine Gnade stets bei uns bleib;<br />

und erlöse uns so lange wir leben.<br />

Jesus Sirach 50,24–26<br />

- 104 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 105 -


Dresdner Kammerchor<br />

Der Dresdner Kammerchor gehört zu den Spitzenchören<br />

Deutschlands und ist bekannt für seinen unverwechselbaren<br />

Klang von großer Intensität und Klarheit. Lebendige Ausstrahlung<br />

sowie die oft gerühmte klangliche Homogenität<br />

und Transparenz sind die Stärken des international gefragten<br />

Ensembles. Eine Vielzahl von Rundfunk- und CD-Aufnahmen<br />

sowie die Zusammenarbeit mit international bedeutenden<br />

Dirigenten und Orchestern wie René Jacobs, Sir<br />

Roger Norrington, Adam Fischer und Riccardo Chailly sowie<br />

der Sächsischen Staatskapelle, dem Gewandhausorchester Leipzig,<br />

e Orchestra of the Age of Enlightenment, Concerto Köln<br />

und der Akademie für Alte Musik Berlin unterstreichen das<br />

Renommee des Chores.<br />

In der Konzertsaison <strong>2012</strong>/13 wird der Dresdner Kammerchor,<br />

neben Konzerten mit seinem Gründer und Chefdirigenten<br />

Hans-Christoph Rademann, mit Christian ielemann, Reinhard<br />

Goebel, Vaclav Luks und Stefan Parkman konzertieren.<br />

Regelmäßig erhält das Ensemble Einladungen zu international<br />

renommierten Festivals. Im Sommer <strong>2012</strong> gastierte der<br />

Dresdner Kammerchor erstmals bei den Salzburger Festspielen.<br />

Der Dresdner Kammerchor wirkt als Botschafter und Bewahrer<br />

der sächsischen Musikschätze von Weltgeltung. Er ist impulsgebend<br />

für die Pege der Alten Musik.<br />

Bis 2017 realisieren Hans-Christoph Rademann und der Dresdner<br />

Kammerchor gemeinsam mit dem Carus-Verlag Stuttgart<br />

und MDR Figaro die erste Heinrich-Schütz-Gesamteinspielung.<br />

Zahlreiche (Erst-)Einspielungen mit Meisterwerken<br />

der sächsischen Musikgeschichte nden international<br />

höchste Anerkennung und werden mit Auszeichnungen gewürdigt.<br />

Der Dresdner Kammerchor ist Schöpfer romantischer Klangtableaus<br />

und Erkunder moderner Tonsprachen des 20.<br />

und 21. Jahrhunderts. Die eigene Konzertreihe »Dresdner<br />

Kammchor. a cappella« lotet die Möglichkeiten der Chormusik<br />

vom 16. bis zum 21. Jahrhundert aus. Und in der eigens<br />

initiierten Dresdner Chorwerkstatt für Neue Musik ndet<br />

eine intensive Auseinandersetzung mit der Gegenwart und<br />

Zukunft vokalen Musizierens statt.<br />

www.dresdner-kammerchor.de<br />

Hans-Christoph Rademann zählt<br />

heute zu den gefragtesten Chordirigenten<br />

und anerkanntesten Chorklangspezialisten<br />

weltweit. Wegweisend sind seine Kon-<br />

zerte und Einspielungen mit dem Dresdner<br />

Kammerchor und dem Dresdner Barockorchester,<br />

besonders der mitteldeutschen Musikschätze des 17.<br />

und 18. Jahrhunderts. Seit 2009 arbeitet er mit dem Dresdner<br />

Kammerchor in Kooperation mit dem MDR und dem Carus-<br />

Verlag Stuttgart an der ersten Gesamteinspielung der Werke<br />

von Heinrich Schütz. Aber ebenso nden seine Interpretationen<br />

romantischer Werke und zeitgenössischer Kompositionen<br />

höchste Anerkennung.<br />

- 106 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 107 -


1985 gründete er den Dresdner Kammerchor, dessen künstlerischer<br />

Leiter er bis heute ist.<br />

Er arbeitet mit Dirigenten wie Semyon Bychkov, Roger Norrington,<br />

Christoph Eschenbach, Sir Simon Rattle und Christian<br />

ielemann zusammen. Bei Gastspielen dirigierte er weltbekannte<br />

Orchester und Chöre, u.a. die Sächsische Staatskapelle,<br />

das Freiburger Barockorchester, Concerto Köln und die Akademie<br />

für Alte Musik Berlin, das Rundfunksinfonieorchester Berlin,<br />

das Rotterdam Philharmonic Orchestra, den National Chamber<br />

Choir of Ireland, das Collegium Vocale Gent und die Bachakademie<br />

Stuttgart. Zahlreiche Konzertreisen führten ihn in die<br />

renommierten europäischen Musikzentren sowie in die USA,<br />

nach Israel, Südafrika, Indien, Sri Lanka, Argentinien, Uruguay<br />

und Japan. Hans-Christoph Rademann wurde mehrfach<br />

mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet<br />

und erhielt außerdem wiederholt den Grand Prix du Disque,<br />

den Diapason d'Or, den pizzicato Supersonic und den Choc de<br />

Classica.<br />

1994 wurde Hans-Christoph Rademann für seine Verdienste<br />

um das Dresdner Musikleben mit dem Förderpreis der Landeshauptstadt<br />

Dresden ausgezeichnet. 2008 wurde ihm die<br />

Sächsische Verfassungsmedaille verliehen. Von 1999 bis 2004<br />

leitete Rademann den Chor des Norddeutschen Rundfunks.<br />

Seit 2000 ist er Professor für Chorleitung an der Hochschule<br />

für Musik Carl Maria von Weber in Dresden. Seit 2007 ist<br />

er Chefdirigent des RIAS Kammerchores. 2008 initiierte er in<br />

Berlin das Dirigentenforum, das den internationalen Dirigentennachwuchs<br />

fördert. Darüber hinaus ist er Intendant<br />

des Musikfestes Erzgebirge, das im September 2010 seine Premiere<br />

feierte. Hans-Christoph Rademann ist Schirmherr des<br />

Christlichen Hospizdienstes Dresden e.V. und Mitglied des Stiftungsrates<br />

der Erzgebirgischen eater- und Orchesterstiftung.<br />

Im Sommer 2013 wird Hans-Christoph Rademann als Nachfolger<br />

Helmuth Rillings die Leitung der Internationalen Bachakademie<br />

Stuttgart übernehmen.<br />

- 108 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 109 -


Mittwoch, 12.09. | 19 Uhr<br />

Stiftskirche St. Georgen<br />

e Image of Melancholy<br />

Der Einfluss der Viersäftelehre auf die Musik<br />

der Renaissance und des Barocks<br />

Konzert mit den<br />

Singers<br />

in Residence<br />

Barokksolistene<br />

Bjarte Eike: Violine, Leitung<br />

Per Buhre: Violine, Viola<br />

Milos Valent: Violine, Viola<br />

Judith Maria Blomsterberg, Thomas Pitt: Cello<br />

Hans Knut Sveen: Cembalo, Orgel<br />

Fredrik Bock: eorbe, Gitarre<br />

Tuva Semmingsen: Mezzosopran<br />

supported by<br />

Singers in Residence<br />

Hanna Herfurtner: Sopran<br />

Ida Aldrian: Mezzosopran<br />

Jan Petryka: Tenor<br />

Ulfried Staber: Bass<br />

Einleitung<br />

Der griechische Arzt Hippokrates (460 – 370 v. Chr.) entwickelte<br />

eine eorie zu den vier Temperamenten. Er glaubte,<br />

dass die menschlichen Gemütsverfassungen, Verhaltensweisen<br />

und Emotionen durch Körpersäfte verursacht würden<br />

– Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle. Überwog einer<br />

dieser Säfte, so ergab sich daraus ihm zufolge ein bestimmter<br />

Charakter oder Persönlichkeitstyp. Dabei entsprach Blut<br />

dem Sanguiniker (impulsiv, reizbar, kreativ), Schleim dem<br />

Phlegmatiker (entspannt, ruhig, faul, abwartend), gelbe Galle<br />

dem Choleriker (ehrgeizig, aggressiv, leidenschaftlich) und<br />

schwarze Galle dem Melancholiker (introvertiert, nachdenklich,<br />

künstlerisch-kreativ, traurig, leidenschaftlich).<br />

Die alten Griechen dachten, dass sich bestimmte musikalische<br />

Modi oder Tonfolgen auf das Gleichgewicht der vier<br />

- 110 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 111 -


Körpersäfte auswirkten, und setzten deshalb Musik ein, um<br />

die verschiedenen Gemütsarten zu beeinussen bzw. zu heilen.<br />

Diese Auassung fand ebenfalls Eingang in die Musik<br />

der Renaissance und des Barocks – durch Rhetorik und Affekte<br />

ließen sich nicht nur die Stimmungen des Menschen<br />

beeinussen, sondern auch seine Gesundheit.<br />

Der Begri Melancholie geht zurück auf das griechische<br />

»Melankholia« (melas = schwarz + khole = Galle) und wurde<br />

schon früh mit Künstlern assoziiert. Ein trauriger und nachdenklicher<br />

Gemütszustand mit dem Vermögen, Trauer, Niedergeschlagenheit<br />

usw. auszudrücken oder zu verursachen,<br />

war seit jeher ein beliebtes Ausdrucksmittel für Dichter, Maler,<br />

Komponisten und Musiker.<br />

Im post-elisabethanischen England um 1600 stand die Melancholie<br />

bei Komponisten hoch im Kurs. Sie veröentlichten<br />

umfangreiche Musikbände mit melancholischen Titeln.<br />

John Dowland war geradezu ein Synonym für Melancholie.<br />

Sein Motto war: 'Semper Dowland, semper dolens' (Einmal<br />

Dowland, stets voller Schmerzen). Ähnliche Kult- oder Modebewegungen<br />

in Künstlerkreisen kamen in späteren Jahrhunderten<br />

auf.<br />

Wir wollen in diesem Programm die Emotionen im Spannungsfeld<br />

der Melancholie ausloten. Meiner Meinung nach<br />

ist Melancholie nicht nur mit Traurigkeit und Verzweiung<br />

verbunden – sie steht auch für Reexion, Meditation und<br />

Trost. In verschiedenen Traditionen der Volksmusik sind<br />

Brautlieder häug in Moll – oder in einer Kombination aus<br />

Dur und Moll – geschrieben. Auch Freude und Glück können<br />

mit Melancholie verbunden sein – Clowns sind hierfür<br />

das beste Beispiel. Gleichzeitig handelt es sich in vielerlei<br />

Hinsicht um die persönlichste aller Stimmungen: Auf der<br />

Bühne kann ein Schauspieler an der Oberäche bleiben oder<br />

nur »seine Rolle spielen« und dennoch komisch, impulsiv<br />

und glücklich wirken. Wenn er jedoch Melancholie darstellen<br />

will, muss er sich zwangsläug önen und seinen innersten<br />

Gefühlen Ausdruck verleihen.<br />

Dieses Projekt ist als Exkursion in unterschiedliche Musikstile,<br />

Nationalitäten und Genres gedacht – mit der Melancholie<br />

als gemeinsames ema. Von jeher waren es die<br />

»traurigen Lieder«, die mich persönlich am nachhaltigsten<br />

beeindruckten – sei es in der Klassik, in der Barockmusik,<br />

im Jazz, Rock oder in der zeitgenössischen Musik. Ich wollte<br />

schon seit langem ein Projekt wie dieses präsentieren und<br />

freue mich nun sehr, es hier bei der trigonale aus der Taufe<br />

heben zu können.<br />

Die Arbeiten zu diesem Programm sind zurzeit noch im<br />

Gang und deshalb steht noch nicht fest, welche Stücke wir<br />

spielen werden. Klar ist hingegen unser Ziel: ein meditativer,<br />

schöner, inniger und bewegender Abend – unser Verständnis<br />

von Melancholie.<br />

- 112 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 113 -<br />

Bjarte Eike <strong>2012</strong>


Die norwegische Sängerin Tuva Semmingsen<br />

erhielt ihre Ausbildung an der<br />

Norwegischen Staatlichen Musikakademie<br />

und an der Königlichen Opernakademie in<br />

Kopenhagen. Sie bestritt ihr Debüt 1999<br />

an der Königlichen Oper in Kopenhagen<br />

als Cherubino in der »Hochzeit des Figaro«. Als Ensemblemitglied<br />

der Königlichen Oper hatte sie unter anderem Auftritte<br />

in »Giulio Cesare«, in »Egitto« (Sesto), in »La Cenerentola«<br />

(Angelina), in »Il Barbiere di Siviglia« (Rosina), in »Il<br />

Ritorno d'Ulisse«, in Patria (Minerva und Melanto), als Nerone<br />

in »L'Incoronazione di Poppea« und als Rosmira in Händels<br />

»Partenope«. Außerhalb Dänemarks war sie in der Cenerentola<br />

in Glyndebourne und an der Königlichen Oper in Stockholm<br />

zu hören, im »Barbiere di Siviglia« in Nancy, Reims und Oslo,<br />

in »Giulio Cesar« in Oslo und Lille mit Le Concert d'Astrée<br />

unter Emanuelle Haïm und in »Orlando Furioso« mit dem<br />

Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi. Aktuelle Auftritte<br />

beinhalten den »Giulio Cesare« mit der Capela Krakowiensis<br />

unter Jan Tomasz Adamus und eine Rückkehr an das<br />

Stockholmer Schlosstheater Drottningholm in Joseph Haydns<br />

»Orlando Palatino«.<br />

Tuvas Stimme erklingt mit Bjarte Eike & Barokksolistene auf<br />

dem Soundtrack zu Lars von Triers Horrorlm »Antichrist«.<br />

Mit den Barokksolistene entstand auch ein kürzlich veröentlichtes<br />

Album mit Musik von Händel und dessen Zeitgenossen<br />

unter dem Titel »London Calling«. Weitere Aufnahmen<br />

umfassen Vivaldis »Sum in medio« und »Gloria e Imeneo«<br />

mit dem King's Consort, die Titelrolle in Vivaldis »Ottone«<br />

in Villa, weiters »Giulio Cesare« und »Partenope« auf DVD.<br />

Ida Aldrian wurde in Bruck an der<br />

Mur geboren. Mit fünf Jahren erhielt<br />

sie ihren ersten Unterricht in Blocköte,<br />

später auch in Klavier, Geige und Gesang.<br />

Von klein auf war sie fasziniert vom<br />

Singen und tat dies mit Begeisterung<br />

in verschiedensten Chören. Bei Sigrid Rennert erhielt sie<br />

schließlich ihren ersten Gesangsunterricht. Nach der Matura<br />

folgten das Gesangsstudium an der Universität für Musik<br />

und darstellende Kunst Wien zunächst bei Prof. Leopold Spitzer,<br />

nun bei Prof. Karlheinz Hanser und Abschlüsse der Diplomstudien<br />

Lied und Oratorium bei Prof. KS Marjana Lipovšek<br />

sowie Musikdramatische Darstellung bei Prof. Uwe eimer<br />

und Prof. Didier Orlowsky mit Auszeichnung.<br />

Meisterkurse bei Bernarda Fink, omas Hampson, Peter Kooji,<br />

KS Marjana Lipovšek, KS Wicus Slabbert u.a. gaben der jungen<br />

Künstlerin stets neue Impulse und Möglichkeiten, sich vor<br />

allem stilistisch weiterzuentwickeln.<br />

Ida ist Preisträgerin beim Wettbewerb Prima la musica (2004)<br />

und erhielt mehrmals den Förderungspreis der Universität<br />

für Musik und darstellende Kunst Wien. Des Weiteren ist sie<br />

Preisträgerin bei Musica Juventutis (2010). Im Jahr 2011 wurde<br />

ihr der Preis der Armin Weltner Stiftung zuerkannt.<br />

Ihre große Liebe gilt dem Musizieren mit Originalklangensembles,<br />

so kann sie trotz ihrer jungen Karriere bereits<br />

auf eine regelmäßige Zusammenarbeit mit Ensembles und<br />

Orchestern wie der Wiener Akademie, dem Haydn Quartett,<br />

barucco, dem L'Orfeo Barockorchester u.a. zurückblicken.<br />

Jüngste Engagements führten Ida in J. Haydns »Stabat Mater«<br />

unter der Leitung von Martin Haselböck zum Musikfestival<br />

- 114 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 115 -


ion 2009 und nach Lateinamerika. Darüber hinaus trat sie als<br />

Altsolistin bei den Bach-Tagen Bad Hersfeld auf.<br />

Im Januar 2011 sang sie Bach-Kantaten im Rahmen des<br />

Kammermusikzyklus der Musica Angelica in Los Angeles, im<br />

April 2011 debütierte sie unter Fabio Luisi mit den Wiener<br />

Symphonikern in Mendelssohns »Sommernachtstraum« im<br />

Wiener Musikverein.<br />

Neben ihrer Konzerttätigkeit fühlt sich Ida auch auf der<br />

Opernbühne zuhause. 2008 verkörperte sie in G. F. Händels<br />

»Alcina« die Rolle der Bradamante (Neue Studiobühne und<br />

Schlosstheater Schönbrunn in Wien). Bei den donauFEST-<br />

WOCHEN im Strudengau war sie als Aristea in A. Vivaldis<br />

»L'Olimpiade« zu hören und im Jänner 2010 stand sie als<br />

Dorabella in W. A. Mozarts »Cosi fan Tutte« im Schlosstheater<br />

Schönbrunn (Wien) unter der Leitung von Martin Haselböck<br />

auf der Bühne.<br />

Jan Petryka, geboren in Warschau als<br />

Sohn einer Musikerfamilie, bekam seinen<br />

ersten Cellounterricht mit 9 Jahren am<br />

Brucknerkonservatorium Linz. Nach seiner<br />

Matura am Linzer Musikgymnasium ging<br />

er an die Kunstuniversität Graz, wo er sein<br />

Violoncellostudium abschloss. Seinem ersten Gesangsunterricht<br />

bei Gertrud Schulz in Linz folgten Studien bei Rotraud<br />

Hansmann in Sologesang, bei KS Marjana Lipovšek in Lied<br />

und Oratorium sowie Musikdramatische Darstellung bei Didier<br />

von Orlowsky an der Universität für Musik und darstellende<br />

Kunst Wien. Der lyrische Tenor hat sich auf dem Gebiet<br />

sakraler Musik von franko-ämischer Vokalpolyphonie<br />

über Bachs Kantatenwerk, Oratorien und Messen der Wiener<br />

Klassiker bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen ein<br />

breit gefächertes Repertoire erarbeitet.<br />

Jan singt mit Klangkörpern wie: Arnold Schoenberg Chor,<br />

Bruckner Orchester Linz, Mozarteum Orchester Salzburg, RSO<br />

Wien, Symphonieorchester Vorarlberg, Wiener Akademie, Pandols<br />

Consort Wien und Ensemble Cinquecento.<br />

Als Tenor in der 2. Symphonie von A. Schnittke war er unter<br />

der Leitung von Dennis Russell Davies zu hören, unter<br />

Erwin Ortner sang er im Musikverein den Tenor im Soloquartett<br />

in Franz Schmidts »Buch mit sieben Siegeln«.<br />

Auf der Opernbühne sang Jan am Bregenzer Landestheater<br />

als Tamino-Cover in der »Zauberöte« (Ltg. Gérard Korsten),<br />

beim Festival Reinsberg den Damon in »Acis und Galatea«<br />

unter Martin Haselböck, bei den Wiener Festwochen den Bartholomew<br />

in H. Birtwistles »Last Supper« sowie den Jungen –<br />

die Hauptrolle in E. L. Leitners Oper »Die Sennenpuppe« –<br />

am Innsbrucker Landestheater. Am eater an der Wien verkörperte<br />

er den Tom Rakewell bei einer Produktion von Strawinskys<br />

»Rake's Progress« für Kinder. Er wirkte auch als Solist<br />

in der Kinderoper »Das Traumfresserchen« an der Wiener<br />

Staatsoper 2009/2010 mit.<br />

<strong>2012</strong> und 2013 bestreitet Jan u.a. eine Matthäus Passion-<br />

Tournee mit der Wiener Akademie unter Martin Haselböck,<br />

eine Konzertreise mit dem Bach Consort Wien zu den Händelfestspielen<br />

in Halle/Saale, Auftritte mit dem Ensemble Cinquecento<br />

in Österreich und Belgien, mehrere Liederabende<br />

mit F. Schuberts »Die schöne Müllerin« sowie ein Konzert mit<br />

polnischer Renaissancemusik mit dem Clemencic Consort im<br />

Wiener Musikverein.<br />

- 116 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 117 -


Ulfried Staber wurde in Fohnsdorf in<br />

der Steiermark geboren. In der örtlichen<br />

Musikschule erhielt er seine erste musikalische<br />

Ausbildung auf der Violine und<br />

am Klavier. 1995 begann er an der Universität<br />

für Musik und darstellende Kunst<br />

Graz das Lehramtsstudium für Musik. Im Rahmen dieses<br />

Studiums bekam er erstmals Gesangsunterricht bei Elisabeth<br />

Batrice und begann 1998 ein Gesangspädagogikstudium bei<br />

Martin Klietmann, das er im Juni 2005 mit ausgezeichnetem<br />

Erfolg abschloss. Während seines Studiums entdeckte er<br />

die Liebe zur Chormusik. Er war Mitglied der Domkantorei<br />

Graz, cantus, cappella nova und anderen Chören und Ensembles<br />

mit denen er in ganz Europa und Asien viele Konzerte bei<br />

verschiedensten Festivals bestreiten durfte.<br />

Seine solistische Konzerttätigkeit erstreckt sich auf ganz Österreich,<br />

Italien und Deutschland, wo er u.a. die Oratorien<br />

sowie zahlreiche Kantaten von Bach, »Die Schöpfung« von<br />

Haydn oder die »Marienvesper« von Monteverdi sang.<br />

Auftritte im Rahmen zahlreicher Festivals, u.a. styriarte, Carinthischer<br />

Sommer, trigonale, Feste musicale per S.Rocco/Venedig,<br />

la strada, Psalm 2003, Ecchi Lontani Cagliari.<br />

Er ist Mitglied des Renaissance-Vokalensembles Cinquecento,<br />

das sich mit der Vokalpolyphonie des 16. Jh. beschäftigt<br />

(zahlreiche preisgekrönte CD-Erscheinungen bei hyperion),<br />

sowie des Männerquartetts schnittpunktvokal, welches seinen<br />

Bogen vom Kärntnerlied über Auftragskompositionen bis hin<br />

zur Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Wolfgang Puschnig<br />

spannt (Pasticciopreis Jänner 2007, Hans Koller Preis 2007<br />

mit W. Puschnig). Er arbeitet immer wieder mit verschiedenen<br />

Ensembles wie Weserrenaissance (M. Cordes), dem Clemencic<br />

Consort, dem Huelgas Ensemble (P. van Nevel) oder dem Balthasar<br />

Neumann Chor (. Hengelbrock) zusammen.<br />

Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />

Barokksolistene, Seite 16<br />

Bjarte Eike, Seite 17<br />

Hanna Herfurtner, Seite 20<br />

- 118 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 119 -


Donnerstag, 13.09. | 19 Uhr<br />

Seminarkirche Tanzenberg<br />

Maria Maddalena – Azione sacra<br />

(Antonio Bertali, 1605 – 1669)<br />

Poesia di Antonio Draghi<br />

Hanna Morrison: Maddalena (Sopran)<br />

Franz Vitzthum: Maria (Altus)<br />

Andreas Post: Amor verso Dio, Primo Peccatore (Tenor)<br />

Markus Flaig: Pentimento, Secondo Peccatore<br />

(Bassbariton)<br />

Echo du Danube<br />

Friederike Otto: Zink<br />

Sebastian Kuhn: Zink<br />

Christoph Hamborg: Posaune<br />

Martin Jopp: Violine<br />

Elisabeth Wiesbauer: Violine<br />

Ghislaine Wauters: Viola da gamba<br />

Johanna Valencia: Viola da gamba<br />

Richard Carter: Viola da gamba<br />

Lutz Gillmann: Orgel<br />

Johannes Vogt: Laute<br />

Johanna Seitz: Harfe<br />

Elisabeth Seitz: Salterio<br />

Michele Claude: Perkussion<br />

Christian Zincke: Viola da gamba, Violone, Leitung<br />

Ann Allen: Regie<br />

- 120 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 121 -


Einleitung<br />

Bar seines strahlenden Schmuckes<br />

läuft der schöne Lenker des lichten Tages auf ewiger Bahn.<br />

Der Sonnengott weint,<br />

eingehüllt in grauses Entsetzen über einen,<br />

der hier zu Grabe liegt.<br />

Der Mond beschreitet heute nicht mehr<br />

mit seinem Silberfuß die Himmels Wege.<br />

Trüb, verschleiert, gestützt auf diese Urne,<br />

beweint er sein erloschenes Leben.<br />

Das ist Schwulst! Und genau so wird Literatur des Barock<br />

von der Literaturkritik durchaus abwertend bezeichnet, als<br />

Schwulststil.<br />

Die Aufgabe, für die erste (Wieder-)Auührung von Maria<br />

Maddalena eine deutsche Übersetzung der Lyrik von Antonio<br />

Draghi zu erstellen, war nicht leicht. In der wirren Fülle von<br />

Metaphern und Allegorien entpuppte sich eine wunderbare<br />

Poetik und eine Poetik des Wunderbaren. Langsam kristallisierten<br />

sich die anfangs leeren Worthülsen zu einer eindrücklichen<br />

mystischen Verzückung.<br />

Und dann die Verbindung zu Bertalis Musik, zu seiner emp-<br />

ndsamen Melodik und kühnen Harmonik! Keine Spur<br />

mehr von leerem Pathos und prunkhafter Aufgeblasenheit.<br />

Eine Welt der hemmungslosen mystischen Ekstase, die unmittelbar<br />

berühren und ergreifen kann.<br />

Bei dieser ersten Annäherung entstanden sofort Ideen, dieses<br />

Werk in einen aktuellen Kontext zu stellen. Nicht um zu verfremden<br />

oder zu kommentieren, sondern aus dem Bedürfnis<br />

seiner Aktualität gerecht zu werden.<br />

Antonio Bertali wurde im März 1605 in Verona geboren. In<br />

dem Domkapellmeister Stefano Bernardi hatte er einen ausgezeichneten<br />

Lehrer und Förderer. Dessen guten Beziehungen<br />

zu den Habsburgern eröneten dem jungen Bertali<br />

eine Karriere an der Wiener Hofkapelle, die ihn bis zur Position<br />

des Hofkapellmeisters (seit 1649) und schließlich zur<br />

Erhebung in den Adelsstand (1654) bringen sollten.<br />

In einer Kaiserlichen Resolution vom Juli des Jahres 1666<br />

heißt es, dass er 42 Jahre im Dienst des Hofes gestanden<br />

war, er muss also bereits 1624, im Alter von 19 Jahren, nach<br />

Wien gekommen sein. Die ersten Urkunden führen ihn als<br />

Instrumentalisten an 4. Stelle der Streicher an. Bis zu seinem<br />

Tode im Jahre 1669 hatte er drei musikbegeisterten Kaisern<br />

gedient – Ferdinand II., Ferdinand III. und Leopold I.<br />

Die Musikkultur des Kaiserhofes war von den ganz persönlichen<br />

Interessen der Regenten geprägt. Seit Ferdinand III.<br />

betätigten sich Kaiser gerne und durchaus gekonnt als Komponisten,<br />

Musik war also nicht nur eines unter vielen Mitteln<br />

der Repräsentation, sondern ein persönliches Anliegen. Somit<br />

waren die Herrscher selbst in der Lage, die Leistungen,<br />

der für den Hofdienst in Frage kommenden Musiker zu beurteilen,<br />

was dem Niveau der Hofkapelle zweifellos zugute<br />

kam.<br />

- 122 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 123 -


Mit der Regentschaft von Leopold I. (1658 – 1705) kam es<br />

dann zu regelmäßigen Auührungen Musik-dramatischer<br />

Werke, die in den Zwanzigerjahren begonnen hatten. Insgesamt<br />

waren es etwa 400 Werke, Opern, Oratorien, Sepolcri<br />

und Serenaten, die in diesem Zeitraum aufgeführt wurden.<br />

Auch die Kaiserinnen aus dem Hause Gonzaga, Eleonora I. –<br />

die Frau Ferdinand des II., und insbesondere Eleonora II., die<br />

mit Ferdinand dem III. verheiratet war, hatten an der Ausprägung<br />

des Kulturlebens einen nicht zu unterschätzenden<br />

Einuss. Die ohnehin dominierende kulturelle Ausrichtung<br />

nach Italien, die sich mit der Durchsetzung der Gegenreformation<br />

in Österreich verstärkt hatte, wurde weiter vertieft.<br />

Eleonora II. rief die Accademia degli Illustrati ins Leben, an<br />

der nach italienischem Vorbild über gegebene emen Reden<br />

gehalten, Gedichte rezitiert und neue Musikwerke aufgeführt<br />

wurden. Der venezianischen Botschafter Alvise Molin<br />

schreibt ihr die Einführung des Oratoriums in Wien zu.<br />

In Italien hatte sich bald aus dem Oratorium, einem »außer-<br />

liturgischen Gottesdienste« eine Vergnügungsmusik ent-<br />

wickelt, bei der die Grenzen zur Oper immer mehr verschwammen.<br />

Nicht so in Wien. Der Zweck der religiösen Erbauung war<br />

bis in 18. Jahrhundert im Vordergrund. So waren auch szenische<br />

Auührungen eher die Ausnahme. Die explizit szenische<br />

Form des Oratoriums in Wien war das Sepolcro – die<br />

Beweinung und Verehrung des im Grab liegenden Christus.<br />

Der Name leitet sich von dem Auührungshinweis »al<br />

Santissimo Sepolcro« ab, wurde aber eher selten verwendet.<br />

Geläuger waren die Bezeichnungen »azione sacra« und vor<br />

allem »azione rappresentativa«.<br />

Seine Blütezeit erlebte es während der Regierungszeit Leopold<br />

I., der auch selbst einige Werke zu dieser Gattung beisteuerte.<br />

Sein »il Transito di S. Giuseppe« kam seit 1680 über<br />

zwei Jahrzehnte fast jährlich zur Auührung. Auch für die<br />

Werke anderer lieferte er Einlagearien, wie zum Beispiel für<br />

Antonio Draghis »la Vita nella Morte«.<br />

Neben dem Oratorium waren es im Katholischen verwurzelte<br />

Traditionen, die zu der speziellen Ausprägung des Sepolcro<br />

führten. So kann man eine Verbindung zum mittelalterlichen<br />

Geistlichen Spiel, in Wien insbesondere dem Passionsspiel<br />

am Karfreitag in St. Stefan, sehen. Natürlich spielt auch die<br />

übliche Praktik, am Karfreitag eine Nachbildung des heiligen<br />

Grabes zu errichten, eine Rolle.<br />

Auührungen fanden ausschließlich am Gründonnerstag in<br />

der Privatkapelle der Eleonora II. und am Karfreitag, mit jeweils<br />

einem anderen Stück, in der Hofburgkapelle statt – in<br />

der Kapelle der Eleonora mit Aktion und auch mit Kostümen,<br />

aber ohne weiterer Szenerie, vor einer Nachbildung des heiligen<br />

Grabes, während man in der Hofburgkapelle zusätzlich<br />

einen gemalten Prospekt errichtete.<br />

Bertalis Sepolcro »Maria Maddalena« aus dem Jahre 1663 ist<br />

in jeder Hinsicht typisch für die Gattung. Neben Maria und<br />

Maria Magdalena agieren allegorische Figuren.<br />

- 124 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 125 -


Weitere Charakteristika sind die kürzere einteilige Form, der<br />

tableau-lehrhafte Aufbau – im Gegensatz zur darstellenden<br />

Handlung eines Oratoriums geht es um die Versenkung in<br />

den Schmerz, der zur Honung auf Auferstehung führt.<br />

Die meist homophone Schreibweise und die häug tiefe Instrumentierung<br />

mit Violen, dichte Chromatik – alles steht im<br />

Dienst des Aektes der Trauer, der Klage und des Schmerzes.<br />

Sepolcro »Maria Maddalena«<br />

Christian Zincke<br />

Es war aber allda Maria Magdalena und die andere Maria, die<br />

setzten sich gegen das Grab.<br />

Matthäus 27,61<br />

Maria Magdalena und Maria, Mutter Gottes, durchleben<br />

nach der Krisis der Karfreitagsereignisse eine lange Nacht vol-<br />

ler Schmerzen, Leid und Trauer. Sie haben Jesus Kreuzigung<br />

miterlebt, seinen Leichnam zur nahe gelegenen Grabesstätte<br />

(dem Sepulchrum) im Garten von Golgatha begleitet und<br />

wachen, warten und beten dort in qualvoller Entrückung.<br />

Tu mentre al Ciel salisti<br />

L’inferno al Cor m’appristi<br />

Während du zum Himmel aufgestiegen bist<br />

Hast du in meinem Herzen die Hölle aufgestoßen<br />

Oben stehendes Zitat stammt aus Antonio Bertalis Libretto<br />

für das Sepolcro »Maria Maddalena«, das zur Osterzeit unter<br />

der Leitung des musikalisch ausnehmend engagierten Kaisers<br />

Ferdinand II. in der Wiener Hofkapelle aufgeführt wurde. Das<br />

Sepolcro war ein sehr besonderes Genre einer Miniaturoper<br />

sakralen Inhalts, mit einem Aspekt der Ostergeschichte als<br />

Gegenstand. Es unterschied sich von seinem gewichtigeren<br />

großen Bruder, dem Oratorium, durch seine kürzere Dauer<br />

und das stärker eingeschränkte ema, jedoch auch durch<br />

seinen Operncharakter im Gebrauch von Kostümen, eines<br />

Bühnenbilds und einer gespielten Handlung, selbst wenn es<br />

ausschließlich als Teil eines Gottesdienstes aufgeführt wurde.<br />

Gemäß den Regieanweisungen aus erhaltenen Quellen önete<br />

sich zu Auührungsbeginn ein Vorhang, der das Grabmal<br />

freigab, während im Verlauf des Sepolcro die Mitglieder<br />

des Ensembles Handlungen zu vollziehen hatten, die den<br />

Umständen des Stücks entsprachen (u.a. trauern, ein Kreuz<br />

tragen, einen Schleier heben, niederknien oder Blumen bringen).<br />

Im Wissen um die einstige Auührungspraxis habe ich für<br />

die heutige Darbietung meiner Imagination erlaubt, sich auf<br />

diesen Augenblick der Menschheitsgeschichte zu fokussieren,<br />

um zu sehen, wie ich aus der Inspiration durch die Musik,<br />

die ursprüngliche Praxis und die Erzählung selbst eine<br />

atmosphärische und aussagekräftige Inszenierung erzeugen<br />

kann, die Herz und Seele eines heutigen Publikums berührt.<br />

Ann Allen (Übersetzung Gregor Chudoba)<br />

- 126 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 127 -


Texte<br />

Sinfonia<br />

Pentimento<br />

Non più di raggi adorno scorre<br />

l'eterne strade il bel Retor del giorno<br />

mà in un horrore involto piange il sole divin<br />

ch'è qui sepolto piange il sole divin che è qui sepolto.<br />

Amor verso dio<br />

Con piè d'argento oggi le vie del Cielo<br />

non più calca la luna<br />

mà sol di fosco velo sù quest'urna sacrata<br />

lagrima la sua vita hor tramontata.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

Vieni oh morte, e dove sei?<br />

Tu le porte apri à l'alma et à gl'omei.<br />

Pentimento<br />

In terra per mè piu morte non v'è ...<br />

Amor verso dio<br />

Per far immortale mia doglia letale<br />

al Cielo Sali non è più qui.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

Pur troppo (abi trista sorte)<br />

in Paradiso osò dèntrar la Morte.<br />

Symphonie<br />

Pentimento<br />

Bar seines strahlenden Schmuckes läuft der schöne Lenker<br />

des lichten Tages auf ewiger Bahn.<br />

Der Sonnengott weint, eingehüllt in grauses Entsetzen<br />

über einen, der hier zu Grabe liegt.<br />

Amor verso dio<br />

Der Mond beschreitet heute nicht mehr<br />

mit seinem Silberfuß die Himmels Wege.<br />

Trüb, verschleiert, gestützt auf diese Urne,<br />

beweint er sein erloschenes Leben.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

Wo bist Du, Tod? Komm doch, Tod! Wo bist du?<br />

Öne den verwandten Seelen diese Pforten!<br />

Pentimento<br />

Auf Erden ist fürderhin kein Tod für mich.<br />

Amor verso dio<br />

Um meinen tödlichen Schmerz zu verewigen,<br />

fuhr er zum Himmel auf, weilt nicht mehr hier.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

O Weh! Trauriges Schicksal!<br />

Den Tritt ins Paradies wagte der Tod.<br />

- 128 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 129 -


Amor verso dio<br />

Amico e qual conforto appresti à miei lamenti.<br />

Pentimento<br />

Se'l mio Signor è morto<br />

non hò in me, che tormenti.<br />

Amor verso dio<br />

Sospirando s'accresche il Martire.<br />

Pentimento<br />

Lagrimando l'annnegli il dolore.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

Nel ebile humore ne i nostri sospiri sbilla<br />

il cor l'alma spiri spilla il cor.<br />

Sonata<br />

Pentimento<br />

D'occhi privi oh Dio<br />

si si restin pur gl'orbi rotanti se<br />

del Ciel racchiude i vanti<br />

una pietra in questo di ...<br />

Amor verso dio<br />

... restin pur gli Astri, e le sfere sregolate<br />

ogn'hor confuse già<br />

per me sono deluse le speranze del godere.<br />

Amor verso dio<br />

Freund welchen Trost hast du für meine Klagen?<br />

Pentimento<br />

Da mein Herr tot ist,<br />

trage ich nichts als Qualen in mir.<br />

Amor verso dio<br />

Seufzend wächst die Pein.<br />

Pentimento<br />

Weinen mag den Schmerz ersticken.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

In Fluten der Zähren verströme sich das Herz!<br />

Mit unseren Seufzern hauche die Seele ihr Leben aus!<br />

Sonate<br />

Pentimento<br />

Des Augenlichts beraubt, blind nur,<br />

dreht sich der Erdkreis weiter –<br />

O Gott! Wenn an diesem Tag ein Grab<br />

von Stein des Himmels Glorie verbirgt und einschließt, so …<br />

Amor verso dio<br />

… mögen Sterne und Welten-Sphären<br />

in ewiger Verwirrung verharren!<br />

Jegliche Honung auf irdischen Genuß ist ja enttäuscht.<br />

- 130 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 131 -


Pentimento<br />

freddo marmo al mio cordoglio amollisci tua durezza<br />

le tue viscere di scogli al mio pianto ò prega,<br />

ò spezza al mio pianto o piega ò spezza.<br />

Amor verso dio<br />

Lagrime amare scendete irrigate<br />

non siete avare di vostre stille<br />

e à mille à mille scorrete te grondate grondate da gl'ochi<br />

dolenti in vivi torrenti.<br />

Rendimi il mio Giesu. Sasso immortale rendimi<br />

il mio Giesu sasso immortale ch'in si ero martoro<br />

la tua pietade la tua pietade imploro.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

La terra s'inondi<br />

Il mondo s'aondi da l'acque il suolo s'ingobre il Cielo<br />

S'oscurino i Cieli<br />

e l'aria si veli da l'ombre il Cielo s'ingombre.<br />

Amor verso dio<br />

Andiam Compagno altrove<br />

per far più grave il nostro aanno<br />

in tanto che leggiero è quel duol,<br />

che sfoga in pianto.<br />

Pentimento<br />

Signore ohimé senza te che faró? Moriró.<br />

Pentimento<br />

Kalter, harter Marmor, weiche meinem Gram!<br />

Biege dich, du felsiger Schoß oder brich entzwei,<br />

vor meinem Weinen!<br />

Amor verso dio<br />

Bittere Tränen, stürzt herab! Ihr Wasserbäche,<br />

geizt nicht mit eueren Tropfen!<br />

Tausendfach rinnet aus meinen schmerzenden Augen<br />

in lebendigen Strömen!<br />

Gib mir meinen Jesum wieder, ewiger Fels!<br />

In wilder Pein erehe ich deine Barmherzigkeit.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

Versinke in Fluten, o Erde!<br />

Ertrinke im Wasser, o Welt!<br />

Himmel, vernstre dich,<br />

verhülle, verschatte Dich, Luft!<br />

Amor verso dio<br />

Andere Wege lass uns suchen, mein Gefährte,<br />

unseren Schmerz zu vertiefen,<br />

da doch der Schmerz sanfter wird,<br />

wenn er im Weinen zergeht.<br />

Pentimento<br />

Herr, ach ohne dich, was soll ich tun? Sterben will ich.<br />

- 132 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 133 -


Amor verso dio & Pentimento<br />

si si moriamo e se il morir c'è tolto con disusate tempre<br />

gema il cor pianga il Ciglio,<br />

e l'Alma sempre con disusate tempre gema il cor.<br />

Sonata<br />

Maria<br />

Questa, Maria, questa questa e la sponda funesta<br />

questo è l' Anello del mio Filgio, e Signore<br />

glio del glio ascolta il mio dolore<br />

Tu nel trovar il solo solinga hor qui mi lasci priva<br />

di tramontana in Mar di duolo Tu mentre<br />

al Ciel salisti l'inferno<br />

al Cor m'appristi in tanto aanno<br />

oh Dio chi mi dà il glio mio priva d'humanita<br />

a ita nel tuo morir<br />

ohimè muor la mia vita.<br />

Ahi sospiri ahi sospiri uscite pur uscite pur uscite<br />

mà non partite nò nò non partite<br />

che mentre i miei martiri uscendo allegerite piu tardi morirò.<br />

Sonata<br />

Maddalena<br />

Oh Madre sconsolata o Maria sventurata<br />

datemi il mio Signore o notte o giorno<br />

chi di voi me lo invola? Chi mi lo rende oimè<br />

chi mi consola? Voi Celesti Potente.<br />

Amor verso dio & Pentimento<br />

So wollen wir sterben.<br />

Und ist dies verwehrt, so ächzen und<br />

weinen maßlos Augen und Herz.<br />

Sonate<br />

Maria<br />

Maria, dies ist das unselige Geld,<br />

dies ist der Ring, das Siegel meines Sohnes, meines Herrn.<br />

Sohn aller Söhne, Einziger, gib acht auf meine Schmerzen.<br />

Du Unvergleicher im Finden, lässest mich nun allein,<br />

ohne Kraft, in einem Meer von Schmerzen.<br />

Da du zum Himmel auuhrest<br />

önete sich das Inferno des Leidens meinem Herzen.<br />

Ach Gott, wer gibt mir meinen Sohn zurück?<br />

In deinem Sterben stirbt mein Leben,<br />

bar jeden menschlichen Beistands.<br />

Ach, ihr Seufzer, gehet aus!<br />

Doch, nein, verlasst mich nicht!<br />

Denn ihr erleichtert meine Martern, ehe ich sterbe.<br />

Sonate<br />

Maddalena<br />

O trostlos betrübte Mutter! Ach unglückliche Maria! O Tag!<br />

O Nacht! Ach, gebt mir meinen Herrn!<br />

Wer hat ihn entwendet, wer gibt ihn mir wieder?<br />

Ach, wer tröstet mich? Ihr hohen Mächte!<br />

- 134 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 135 -


se pur merta pietà<br />

chi seco più non l'hà Voi pietose<br />

al mio duolo concedetemi solo<br />

o che venga il mio nume à questo seno,<br />

o che di doglia al n qui venga meno.<br />

Ahi sospiri trattener non vi sò, mà pur uscite<br />

si e in queasto di il Cor turbato<br />

spiri anch'esso frà voi l'ultimo ato.<br />

Maria<br />

Mio celato tesoro per cui vivendo io moro<br />

pupilla del Cor mio povera,<br />

e cieca senza te son io.<br />

Maddalena<br />

Mà qual inigua sorte tiene quest'Alma in vita<br />

trà continui tormenti in rio Martiro?<br />

Se pur non è la Morte altro ch'è sol sospiro!<br />

Maria<br />

No che morir non deggio ... mà se già morta sono ...<br />

mà se le l'Alma è partita come qui resto in vita<br />

cadavere già fatto è questo corpo esangue<br />

e freddo corre entro le vene il sangue.<br />

Wenn nur der Erbarmen verdient,<br />

wer von allem Erbarmen verlassen ist, so neiget euch<br />

zu meinem Schmerz und gewährt mir einzig,<br />

dass mein Gott entweder an diesen Busen komme,<br />

oder dass ich vor Schmerzen hier den Geist aufgebe!<br />

Ach Seufzer! Ich kann Euch nicht zurückhalten, entfahret nur!<br />

Und mit euch soll an diesem Tage<br />

auch dies verwirrte Herz den letzten Atemzug tun.<br />

Maria<br />

Mein geheimer Schatz, durch den ich lebendig sterbe,<br />

du armer Augenstern meines Herzens!<br />

Ohne Dich bin ich NICHTS, gar nichts.<br />

Maddalena<br />

Doch, welch niederträchtiges Schicksal hält diese Seele im Leben,<br />

inmitten ständiger Qualen, grausamer Marter?<br />

Wenn doch der Tod nichts anderes mehr ist, als nur ein Seufzer?<br />

Maria<br />

Nein, sterben darf ich nicht.<br />

Doch wenn die Seele entohen ist, wie soll ich hier leben?<br />

Ein Kadaver ist dieser blutleere Körper schon geworden.<br />

Kalt ießt in den Adern das Blut.<br />

- 136 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 137 -


Maddalena<br />

Nò che morir non deggio mà se già morta sono<br />

come qui resto in vita; mà se in te vivo o Dio hor,<br />

che da me sei tolto almen<br />

nel tuo viva il mio Cor sepolto.<br />

Maria & Maddalena<br />

Nel mondo nel Cielo non resti pupilla,<br />

ch'in humida sbilla<br />

non scenda dal Ciglio non resti pupilla.<br />

Maddalena<br />

Chi mi da mio Maestro, ...<br />

Maria<br />

... chi mi rende il mio glio?<br />

Tu che suggesti il sangue?<br />

Ch'io già per allatarti al sen mi tratti, deh per pietà ritorna<br />

vieni, e rasciugua omai con tue lucide bende<br />

quel sangue che da gl'occhi hora mi scende<br />

mà non v'è chi m'ascolti?<br />

Chi il mio gli m'invola<br />

chi mi lo rende ohimè chi mi consola.<br />

Sonata<br />

Peccatore 1mo<br />

Versate pur versate in liquidi torrenti occhi miei lagrimosi i<br />

nostri guai da la bocca esalate rapidi miei sospiri<br />

e con lievi respiri ristorate per poco i miei scontenti.<br />

Maddalena<br />

Nein, sterben darf ich nicht. Doch wenn die Seele entohen ist,<br />

wie kann ich hier leben? Wenn ich nun in dir lebe, O Gott,<br />

jetzt da du mir genommen bist, dann lebe mein Herz,<br />

begraben in dem Deinen.<br />

Maria & Maddalena<br />

Auf Erden, im Himmel verbleibe kein Auge unausgeweint,<br />

und keine Wimper sei,<br />

von der nicht nass die schweren Tränentropfen fallen.<br />

Maddalena<br />

wer gibt mir meinen Meister, …<br />

Maria<br />

… wer meinen Sohn mir wieder?<br />

Blut saugtest du aus meiner Brust, als ich dich nährte.<br />

Ach um der Barmherzigkeit willen, komm zurück!<br />

Komm und trockne mit deinen leuchtenden Blicken<br />

jenes Blut, das jetzt aus meinen Augen niederstürzt!<br />

Ist da denn niemand, der mich hörte?<br />

Wer stiehlt mir meinen Sohn?<br />

Wer gibt ihn mir zurück? Ach, wer tröstet mich?<br />

Sonate<br />

Peccator 1mo<br />

Zerießet, ihr weinenden Augen in Fluten der Zähren,<br />

über unserem Unheil. Entringt euch dem Munde, ihr Seufzer,<br />

und erquicket mit sanftem Atem ein wenig mein Unglück.<br />

- 138 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 139 -


Dal Vostro mormorio cessate in tanto<br />

o fonti che scendendo da monti m'intonate<br />

à l'orecchio oeso Dio ahi che scuotendo<br />

i Venti de gli arbori<br />

le frondi dicono in accenti<br />

Perdo Perdo,<br />

Dio ti chiama e non rispondi? Non rispondi?<br />

À la morte d'un Dio per cui spezzanti<br />

i marmi sarà intiero il cor mio?<br />

Troppo grave è il mio peccato<br />

il mio peccato qui fermar<br />

io voglio i passi se fui molle,<br />

e delicato unó spirar soura de'sassi spirar soura de'sassi.<br />

Hora si che ben m'avegg'io ch'immortal<br />

è il languir mio ed'eterno è<br />

il dolor mio s'una Vita dogliosa è il mio morire.<br />

Folle come credei<br />

trà caduche bellezze<br />

lontan da la Morte i pensier miei?<br />

E pur non è beltade altro<br />

che un ore che se in nobil recinto<br />

pomposo un di si mostra nascé col giorno<br />

et è col giorno estinto.<br />

Peccatori<br />

Non cosi ratto si strugge il candor di bianca<br />

neve come il ben da noi se'n fugge al girar di tepo lieve.<br />

Sonatina<br />

Lasst ab von eurem Murmeln,ihr Quellen.<br />

Euer brausender Sturz vom Berge herab<br />

tönt mir im Ohr wie des beleidigten Gottes Stimme,<br />

der im Winde die Bäume schüttelt,<br />

das Laub in stummen Akzenten reden macht:<br />

»Treuloser, Heimtückischer!«<br />

Gott ruft dich und du antwortest nicht?<br />

Bei Gottes Tod spalten sich die Felsen.<br />

Und mein Herz sollte nicht brechen?<br />

Zu schwer ist meiner Sünden Schuld.<br />

Hier will ich die Schritte verhalten,<br />

will ganz weich und zart werden,<br />

um hinzusterben über diesen Felsen.<br />

Nun merk' ich wohl, dass mein Schmachten unendlich ist<br />

und ewig meine Qual, da mein Sterben<br />

sich schmerzlich nur dem Leben entringt.<br />

Du Narr! Wie konntest du glauben,<br />

durch vergängliche Schönheit<br />

die Gedanken des Tod zu bannen?<br />

Ist Schönheit ja nichts anderes<br />

als die Blume im edlen Hag,<br />

die voller Pracht sich zeigt an einem Tag,<br />

und am anderen schon verlöscht.<br />

Peccatori<br />

Schneller als die Reinheit des Schnees vergeht, ieht das Gute<br />

von uns im unbemerkten Dreh'n der Zeit, im Nu.<br />

Sonatine<br />

- 140 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 141 -


Peccatore 2do<br />

Scelerato se vissi ingoiami pur terra<br />

con dispietata guerra mi tormentin<br />

gl'Abbissi nascondetemi o rupi<br />

lá ne'centri più cupi<br />

forsenate mie brame<br />

à la giusta vendetta<br />

in van mi celo se fui prodigo<br />

e indegno a le miserie<br />

hor mi condanna il Cielo.<br />

Peccatori<br />

Ben comprendo<br />

Hora intendo che quel ch'il Mondo dà tutto<br />

é fumo tutt'è un ombra, e vanità.<br />

Maddalena<br />

Se peccaste infelici piangete i nostri falli,<br />

ch'una goccia di pianto<br />

che pentita sgorgo da mesto lume<br />

suole portar d'eterno bene un ume.<br />

Maria<br />

Nel bagno ne l'onda che scorre, che gronda da gli occhi<br />

dolenti si lavi ogni errore<br />

si mondi del core le piaghe fetenti.<br />

Peccatori<br />

Al lume giocondo de l'Alba<br />

nascente al sol moribondo.<br />

Peccator 2do<br />

Oh, ich Frevler, ich Missetäter! Und ich lebe noch?<br />

Verschlingt, bekämpft mich nicht ohn' Erbarmen die Erde,<br />

foltern mich nicht die Abgründe?<br />

Verbergt mich, ihr Felsen, in innerster, tiefster Finsternis!<br />

Dorthin, ins Herz des Dunkels<br />

zieht mich mein verrücktes Verlangen.<br />

Umsonst verstecke ich mich vor der gerechten Rache.<br />

Mich, den unwürdigen, verlorenen Sohn,<br />

verdammt nun der Himmel zur Pein.<br />

Peccatori<br />

Gut, verstehe ich / Nun begreife ich:<br />

die Gaben der Welt<br />

sind Rauch, Schatten und Wahn.<br />

Maddalena<br />

Unglückliche Sünder, weinet über unsere Fehltritte!<br />

Denn schon der Tropfen einer einzigen Träne,<br />

quellend voll Reue aus trauerndem Auge,<br />

kann uns einen Strom ewigen Gutes zuießen lassen.<br />

Maria<br />

Im Bad, in der Welle, die aus trauernden Augen gleitet,<br />

wäscht jeder Fehler sich rein.<br />

Im Herzen reinigen sich die abscheulichsten Wunden.<br />

Peccatori<br />

Beim heiteren Licht der aufsteigenden Morgendämmerung<br />

Für den einsam Sterbenden.<br />

- 142 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 143 -


se'l Ciel mirerò aitto, e gemente ogn'hor piangerò<br />

À l'emenda à l'emenda si si ne disperiam nò nò<br />

che se proprio è di noi peccar sovente.<br />

Iddio perdona ogn'hor perdona ogn'hor<br />

à chi si pense à chi si pense si pense.<br />

Maddalena<br />

Farfalletta semplicetta,<br />

che volasci di due lumi à i bei splendori d'eternare<br />

se pensate la tua Vita<br />

in sozziardori t'inganasti.<br />

Maria & Maddalena<br />

Cosi qui si pesca cosi si nascode<br />

col' homo ne l'onde la morte ne lesca.<br />

Sonata<br />

Peccatori<br />

Speranze gradite se per mio conforto<br />

dal Cielo venite nel Cor già ui porto<br />

ben care apparite speranze gradite.<br />

Sonatina<br />

Maria & Maddalena<br />

Troppo folle e chi segue un van piacere<br />

se travia dal buon<br />

sertiere troppo in sù pazzo l'estolle.<br />

Im Anblick des Himmels<br />

werde ich stets betrübt und seufzend weinen.<br />

Die Versöhnung ist da, es weicht die Verzweiung.<br />

Immer wieder vergibt Gott<br />

dem reuigen Sünder.<br />

Maddalena<br />

Kleiner, naiver Schmetterling,<br />

Du ogst auf den Glanz zweier blendender Augensterne.<br />

Dachtest Du dein Leben zu verewigen,<br />

indem Du es beeckst, so täuschtest Du Dich.<br />

Maria & Maddalena<br />

Der Fischer versteckt in den Wellen die Angel,<br />

den Köder, den Tod.<br />

Sonate<br />

Peccatori<br />

Erwünschte Honung, wenn Du zu meinem Trost<br />

vom Himmel kommst, so trage ich dich schon im Herzen.<br />

Erscheine, Du teure, ersehnte Honung, komm!<br />

Sonatine<br />

Maria & Maddalena<br />

Verrückt ist, wer eitlem Vergnügen folgt.<br />

Er kommt vom rechten Wege ab<br />

und rühmt sich wie ein Narr.<br />

- 144 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 145 -


Peccatori<br />

E troppo fragille vostra beltà troppo èmutabile<br />

la vostra eta troppo troppo emutabile la vostra età.<br />

Maddalena<br />

Se nutri di speranza<br />

tuoi desir vani, e infermi sappio ò Mortal,<br />

ch al n solo s'avanza penitenza Terror, sepolcro,<br />

e vermi sepolcro e vermi.<br />

Maria, Maddalena, Peccatori<br />

Sappi o mortal,<br />

che solo s'avanza peniteza terror, sepolcro,<br />

e vermi sepolcro, e vermi.<br />

Peccatori<br />

Zerbrechlich ist unsere Schönheit,<br />

gebrechlich unser Alter.<br />

Maddalena<br />

Nährst Du nur Honungen,<br />

sind deine Wünsche eitel und krank, so wisse Du Sterblicher:<br />

Am Ende bleiben nur Reue, Angst und Schrecken,<br />

Grab und Würmer.<br />

Maria, Maddalena, Peccatori<br />

Wisse dies, o Sterblicher!<br />

Am Ende bleiben nur Reue, Angst und Schrecken,<br />

Grab und Würmer.<br />

- 146 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 147 -


Echo du Danube<br />

Der Name gefällt mir immer noch, auch wenn sich manche<br />

mit der Aussprache schwer tun. Der Begri Echo hat Poesie,<br />

er ist musikalisch, klingend. Ohne Zweifel gibt es Echos,<br />

doch haben sie etwas Immaterielles, als pendelten sie zwischen<br />

zwei Welten. Und die Donau, an der ich aufgewachsen<br />

bin, liebe ich ja sowieso.<br />

Es gefällt mir, Freunde einzuladen, mit ihnen Projekte zu<br />

verfolgen, Pläne zu schmieden über Musik zu diskutieren,<br />

Auührungskonzepte zu entwickeln und am allermeisten<br />

gemeinsam Musik zu machen.<br />

Inzwischen waren wir auf Festivals, in recht fernen Ländern,<br />

haben musikalische Schätze ans Tageslicht gebracht, haben<br />

einfach viel Schönes gemeinsam erlebt. Ich hoe es geht so<br />

weiter.<br />

Seit seiner Gründung im Jahr 1999 begeistert Echo du Danube<br />

das Publikum bei Festivals und Konzerten im In- und Ausland.<br />

So gastierte es bei renommierten Festivals, wie dem Resonanzen-Festival<br />

Wien, den Feste Musicali Köln, dem Carinthischen<br />

Sommer, Österreich, dem Krakau-Festival, Polen und<br />

dem Shakespeare-Festival, Neuss, dem MDR Musiksommer und<br />

gab umjubelte Konzerte in ganz Europa, Marokko, im Liba-<br />

non und Südkorea. Zahlreiche CD- und Rundfunkaufnahmen<br />

(Accent, Naxos, Hessischer Rundfunk, Bayerischer Rund-<br />

funk, Deutschlandfunk) dokumentieren den außergewöhnlichen<br />

Klang und die umfassende Vitalität des Ensembles.<br />

Programme von Echo du Danube sind oft Wiederentdeckungen,<br />

die intensive Recherchen und Bibliotheksarbeit voraussetzen.<br />

Diese oft spannende und langwierige Arbeit sieht<br />

die Gruppe als wichtigen Aspekt des Musikerdaseins und als<br />

Quelle neuer Inspiration.<br />

Ann Allen wurde in England geboren.<br />

Sie studierte Musikwissenschaft an der Universität<br />

von Manchester und Barockoboe und<br />

Blocköte in London an der Royal Academy<br />

of Music, bevor sie nach Basel an die Schola<br />

Cantorum Basiliensis kam. Hier spezialisierte<br />

sie sich auf Musik des Mittelalters und das Spiel der Schalmei.<br />

Mit ihrem Ensemble Mediva, das sich der Musik des<br />

Mittelalters widmet, behauptete sie sich als Finalistin beim<br />

EMN Young Artists Competition (England) und der Antwerp<br />

Young Artists Presentation (Belgien). Sie arbeitet als Barockoboistin<br />

und als Spielerin früher Holzblasinstrumente mit unterschiedlichen<br />

Ensembles und Orchestern in ganz Europa.<br />

2003 rief Ann Allen das Nox Illuminata Festival ins Leben,<br />

in der Musik mit Licht, Dekorationen, Visuals und eater<br />

lebendig gemacht wird. Das Festival ndet jährlich in Basel<br />

statt und wurde vom Festspielhaus St. Pölten (Österreich) in<br />

sein Programm aufgenommen. Darüberhinaus inszeniert Ann<br />

Allen die Konzertreihe »ILLUMINATIONEN« im Burghof<br />

Lörrach (Deutschland).<br />

- 148 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 149 -


Hannah Morrison<br />

Die aus einer schottisch-isländischen<br />

Familie stammende junge Sopranistin<br />

Hannah Morrison wuchs in Holland auf,<br />

wo sie am Maastrichter Konservatorium<br />

von 1998 bis 2003 Gesang und Klavier<br />

studierte. Nach dem Diplom wechselte sie an die Hochschule<br />

für Musik Köln, Abteilung Wuppertal, und schloss ihre Ausbildung<br />

bei Frau Prof. Barbara Schlick Anfang 2009 mit dem<br />

Konzertexamen ab. Gleichzeitig machte sie den »Masters in<br />

Music in Performance« in der Londoner Guildhall School of<br />

Music and Drama bei Prof. Rudolf Piernay. Diverse Meisterkurse<br />

bei berühmten Künstlern wie Matthias Goerne, Christoph<br />

Eschenbach, Roger Vignoles, Sir omas Allen und Dame<br />

Kiri Te Kanawa rundeten ihre Ausbildung ab.<br />

Erste Bühnenerfahrung sammelte Hannah als Carolina in Cimarosas<br />

»Il matrimonio segreto« am Stadttheater Aachen.<br />

Hannah Morrisons besondere Leidenschaft gilt dem Konzert<br />

und dem Lied. Hier war sie schon viel solistisch im In- und<br />

Ausland tätig: Im Oratorienbereich u.a. mit J.S.Bachs «Weihnachtsoratorium«,<br />

der »Matthäuspassion«, G.F. Händels<br />

»Jephta«, Haydns »Schöpfung« und »Sieben letzten Worte«.<br />

Sie gastiert regelmäßig mit den Ensembles Les Arts Florissants<br />

unter Paul Agnew und William Christie, Holland Baroque<br />

Society, L'arte del mondo unter Werner Erhardt, Echo du<br />

Danube und L'Arpeggiata unter Christina Pluhar. Seit 2009<br />

bildet sie ein Duo mit der aus Südafrika stammenden Pianis-<br />

tin Lara Jones. Im Liedbereich feierte Hannah schon Erfolge<br />

in England (Oxford Festival, London, King's Place, Wigmore<br />

Hall u.a.) mit den Pianisten Eugene Asti und Graham Johnson.<br />

Franz Vitzthum, geboren in der Oberpfalz,<br />

erhielt seine erste musikalische Ausbildung<br />

bei den Regensburger Domspatzen.<br />

Sein Gesangsstudium absolvierte er 2007 bei<br />

Kai Wessel an der Musikhochschule Köln. Schon<br />

während seiner Ausbildung erhielt er zahl-<br />

reiche Preise und Stipendien.<br />

Die Presse lobt Franz Vitzthums Stimme als intonationssicheren,<br />

linear geführten Countertenor, der mühelos in die<br />

Mezzolage reicht und durch außergewöhnliche Klangschön-<br />

heit überzeugt. Mittlerweile folgten Einladungen zu Solo-<br />

Abenden beim Rheingau Musik Festival, den Händel-Festspielen<br />

in Halle, Karlsruhe und Göttingen, zu La Folle Journée<br />

in Nantes und dem Bach Festival Philadelpia. Er arbeitete u.a.<br />

mit den Dirigenten Nicolas McGegan, Andrew Parrott,<br />

Hermann Max, Peter Neumann und Christoph Poppen zusammen.<br />

Desweiteren hat er bei diversen Opern- und Oratorienproduktionen<br />

mitgewirkt, u.a. bei Scherz, Satire, Ironie<br />

und tiefere Bedeutung (Glanert), Jephta und Solomon (Händel),<br />

Orfeo (Gluck) und Orlando generoso (Steani) und zuletzt in<br />

Spartaco (Porsile) an der Winteroper in Schwetzingen.<br />

Franz Vitzthum ist auch vielgefragter Kammermusikpartner.<br />

So konzertiert er regelmäßig mit dem Lautenisten Julian<br />

Behr, dem Basler Ensemble Capricornus und singt mit dem<br />

von ihm gegründeten Vokalensemble Stimmwerck. Diese vielseitige<br />

Tätigkeit spiegelt sich in seiner Diskographie wider:<br />

Nach seiner Debüt-CD Ich will in Friede fahren mit dem Gambenconsort<br />

Les Escapades hat Vitzthum kürzlich unter dem<br />

Titel Himmels-Lieder eine weitere Solo-CD mit geistlichen<br />

Barockliedern für das Label Christophorus aufgenommen.<br />

- 150 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 151 -


Der Tenor Andreas Post wird besonders<br />

für seine stimmschönen und eindringlichen<br />

Interpretationen der großen<br />

Evangelistenpartien von Johann Sebastian<br />

Bach geschätzt.<br />

Seine Konzerttätigkeit führt ihn auch regelmäßig<br />

ins Ausland, wobei vor allem Frankreich, Italien,<br />

Skandinavien, Luxemburg und die Niederlande sowie Israel,<br />

Mazedonien, Südafrika, die Ukraine und Singapur zu<br />

nennen sind. Er arbeitet mit Dirigenten wie Hermann Max,<br />

Helmuth Rilling, Philippe Herreweghe, Ludger Rémy, Jos van<br />

Veldhoven, Jan Willem de Vriend oder Michael Hofstetter und<br />

mit Ensembles wie Concerto con Anima, Le Chardon, Les Amis<br />

de Philippe, Combattimento Consort Amsterdam, Hannoversche<br />

Hofkapelle, Musica Alta Ripa, Collegium Vocale Gent, Monteverdichor<br />

Hamburg und der Nederlandse Bachvereniging.<br />

Andreas Post ist gern gesehener Gast der Telemannfesttage<br />

Magdeburg, Musikfestspiele Dresden, Tage Alter Musik Regensburg,<br />

Händelfestspiele Halle, Ludwigsburger Schloßfestspiele und<br />

Mozartfest Augsburg.<br />

Auf der Opernbühne gestaltete er den Astromonte in der<br />

wiederentdeckten Oper »Der Stein der Weisen« an der unter<br />

anderem auch Mozart komponierte, Palemone in Josef Schusters<br />

wieder entdeckter Oper »Amor e Psiche«, »Pedrillo« in<br />

Mozarts »Die Entführung aus dem Serail«, einer Koproduktion<br />

des Göttinger Sinfonieorchesters und des Deutschen eaters<br />

Göttingen in der Saison 2006/07, Tamino in »Die Zauberöte«<br />

bei den Festspielen Gut Immling 2008 und Uriel in einer<br />

Bühnenversion von Haydns Oratorium »Die Schöpfung«<br />

anlässlich des 300. Jubiläums der Stadt Ludwigsburg 2009.<br />

<strong>2012</strong> wird er bei den Tagen Alter Musik Regensburg erneut in<br />

einer Oper von Josef Schuster mitwirken.<br />

Sein besonderes Engagement gilt dem Kunstlied, dem er sich<br />

seit 1995 gemeinsam mit der Pianistin und Liedbegleiterin<br />

Tatjana Dravenau intensiv widmet. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit<br />

sind drei Solo-CDs erschienen, zuletzt 2008<br />

»Die schöne Müllerin« von Franz Schubert. Seit 2008 erarbeitet<br />

Andreas Post zeitgenössisches Liedrepertoire zusammen<br />

mit Axel Bauni, mit dem er Lieder von Reimann und Rihm<br />

beim Kissinger Sommer zur Urauührung brachte. 2011 gestaltete<br />

er zusammen mit Jan Philip Schulze die Urauührung<br />

von Trojahns Rilke-Zyklus »Dir zur Feier«.<br />

Zahlreiche CD- und Rundfunkproduktionen dokumentieren<br />

sein breit gefächertes Repertoire. In <strong>2012</strong> erscheint eine<br />

CD mit Arien von J.S. Bach, C.P.E. Bach, G.Ph. Telemann<br />

und R. Keiser, die Andreas Post zusammen mit dem Orchester<br />

Le Chardon eingespielt hat. Andreas Post absolvierte sein<br />

Gesangsstudium in der Klasse von Prof. KS Soto Papoulkas<br />

an der Folkwang-Hochschule in Essen. Das Konzertexamen<br />

bestand er mit Auszeichnung. Der Preisträger des 11. Internationalen<br />

Bach-Wettbewerbs Leipzig lebt in Essen.<br />

Markus Flaig kam über die Orgel zur<br />

Musik und über ein Schul- und Kirchenmusikstudium<br />

zum Gesang. In Horb am<br />

Neckar geboren, studierte er bei Prof.<br />

Beata Heuer-Christen in Freiburg und bei<br />

Prof. Berthold Possemeyer in Frankfurt am<br />

Main; seit Herbst 2006 arbeitet er mit Carol Meyer-Bruetting.<br />

- 152 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 153 -


Konzertreisen führten den Bassbariton durch ganz Europa,<br />

nach Kolumbien, Mexiko und Korea sowie nach Japan für<br />

eine Tournee unter Masaaki Suzuki, im Herbst 2010 schließlich<br />

nach Brasilien, Uruguay und Argentinien für Auührungen<br />

der »h-moll-Messe« mit dem omanerchor Leipzig.<br />

Zahlreiche Rundfunk-, Fernseh- und CD-Produktionen unter<br />

Dirigenten wie omas Hengelbrock, Hermann Max und<br />

Konrad Junghänel zeugen von seinem breit gefächerten Repertoire.<br />

Es reicht von der Renaissance über die Oratorien<br />

aus Barock, Klassik und Romantik bis hin zu Urauührungen<br />

zeitgenössischer Komponisten.<br />

2004 wurde Markus Flaig Preisträger des Internationalen<br />

Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerbs Leipzig. Vor kurzem hat<br />

er für die edition chrismon zusammen mit dem Ensemble Alta<br />

Ripa sein erstes Solo-Album eingespielt mit Kantaten von<br />

Bach (BWV 82), Telemann und Graupner.<br />

Bereits während seines Kirchenmusikstudiums erhielt er einen<br />

ersten Gastvertrag an den Städtischen Bühnen Freiburg<br />

für die Partie des Azarias in Benjamin Brittens Kirchenparabel<br />

»e burning ery furnace«. Seither war er in Opern<br />

von Strauss, Schwehr, Monteverdi, Purcell und Rameau auf den<br />

Bühnen von Baden-Baden, Schwetzingen, Bayreuth, Hannover<br />

und Frankfurt zu sehen.<br />

Seit 1997 erarbeitet er sich mit dem Pianisten Jörg Schweinbenz<br />

ein umfangreiches Liedrepertoire.<br />

Christian Zincke, geboren in Wien,<br />

studierte Viola da gamba bei Jaap ter<br />

Linden, Rainer Zipperling und Philippe<br />

Pierlot und absolvierte sein Diplom am<br />

Koninklijk Conservatorium in Den Haag.<br />

Er konzertiert europaweit als Solist und<br />

Continuospieler.<br />

Christian Zincke ist Mitglied namhafter Ensembles wie La<br />

Stagione Frankfurt, Camerata Köln, dem Main-Barockorchester<br />

Frankfurt, Capella uringia, Bell Arte Salzburg u.a. mit denen<br />

er CDs und Rundfunkaufnahmen einspielt und in ganz Europa<br />

konzertiert.<br />

Im Jahr 1999 gründete er das Ensemble Echo du Danube.<br />

Christian Zincke liebt es in Bibliotheken, Dissertationen und<br />

dem Internet nach bislang unerhörter Musik zu forschen. Einige<br />

Entdeckungen aus dieser Tätigkeit gibt er in der Edition<br />

Walhall heraus. Diese äußerst spannende Arbeit sieht er als<br />

wichtigen Aspekt des Musikerdaseins und als Quelle neuer<br />

Inspiration. Außerdem versucht er Menschen aller Altersgruppen<br />

das Gambenspiel zu vermitteln.<br />

Christian Zincke spielt auf einer Viola da gamba aus Sachsen,<br />

ca. 1710 bzw. einem Violone aus dem Alemannischen Raum<br />

aus dem frühen 18. Jahrhundert.<br />

- 154 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 155 -


Freitag, 14.09. | 18.30 Uhr<br />

Rathaus St. Veit<br />

Sweeter than Roses<br />

Sweeter than roses, or cool evening breeze<br />

on a warm flowery shore ...<br />

Ghislieri Consort<br />

Clare Wilkinson: Mezzosopran<br />

Marco Bianchi: Violine I<br />

Barbara Altobello: Violine II<br />

Chiara Zanisi: Viola<br />

Alberto Guerrero: Barockcello<br />

Franco Pavan: eorbe<br />

Maria Cecilia Farina: Orgel<br />

Einleitung<br />

Music for a While<br />

Das Programm des heutigen Abends widmet sich vorwiegend<br />

der von Henry Purcell für das eater geschriebenen<br />

Vokalmusik.<br />

Der Stil Purcells ist so hochgradig individuell, dass er bis heute<br />

in der Geschichte der britischen Musik als Einzelfall gilt.<br />

Die Wurzeln seines Schaens reichen tief in den Boden der<br />

englischen Kultur, seine Werke aber sind mehr als nur Früchte<br />

eines bestimmten Umfelds; es sind einzigartige Blüten, die<br />

nur Purcell hervorzubringen vermochte und die sein Schaen<br />

zu etwas völlig Außergewöhnlichem machen – zu einer von<br />

der Welt losgelösten, glücklichen Insel, die derart unabhängig<br />

ist, dass sie ganz ohne den sie umgebenden Kontext auszukommen<br />

scheint.<br />

Das eaterschaen von Purcell beginnt im Jahre 1680 mit<br />

der Komposition der Szenenmusik zum Drama »eodosius«<br />

von Nathaniel Lee. Von da an schreibt Purcell bis zu seinem<br />

Tode unzählige Bühnenwerke und widmet sich diesem<br />

Schaensbereich in den letzten sechs Lebensjahren mit besonderer<br />

Intensität.<br />

- 156 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 157 -


Doch werfen wir einen Blick auf die Epoche, in der Purcell<br />

aktiv ist: Zu jener Zeit unterliegt das musikalische Leben auf<br />

der britischen Insel ganz anderen Bedingungen und Richtlinien<br />

als auf dem restlichen europäischen Kontinent. Insbesondere<br />

ist im damaligen England die Tradition des dramatischen<br />

eaters verankert, und so sehr die Musik auch als<br />

wichtiges Element der eaterhandlung anerkannt scheint,<br />

wird sie oft nur als Beiwerk zum Bühnengeschehen gesehen.<br />

Der größte Teil der von Purcell verfassten Szenenmusik, von<br />

der das heutige Programm einige Kostproben geben möchte,<br />

besteht aus kurzen Kompositionen, die problemlos aus dem<br />

eaterkontext, für den sie ursprünglich vorgesehen waren,<br />

herausgelöst werden können, sich also ebenso gut dazu eignen,<br />

separat gesungen oder gespielt zu werden.<br />

Einen wesentlichen Beitrag stellen fünf Werke dar, die in<br />

den letzten sechs Schaensjahren des Autors entstanden:<br />

»Dioclesian« aus dem Jahre 1690 nach dem Libretto von<br />

Beaumont und Fletcher; »King Arthur« von 1691 zu einem<br />

Text von John Dryden; »e Fairy Queen« von 1692 zum<br />

»Sommernachtstraum« von Shakespeare; »e Indian Queen«<br />

von 1695 und »e Tempest« aus dem selben Jahr zum<br />

gleichnamigen Werk von Shakespeare. Alles Kompositionen,<br />

die schon zu Lebzeiten Purcells ein zweifelsohne starkes Interesse<br />

und Echo hervorriefen.<br />

Die Wiederauührung dieser Stücke ist heutzutage als Opern-<br />

inszenierung im etymologischen Sinne des Begries undenk-<br />

bar, da die zitierten Werke sowohl in der italienischen – insbesondere<br />

der venezianischen – als auch in der französischen<br />

Tradition eine barocke Grandiosität verlangen, die in der<br />

Vergangenheit den Durst nach imposanten Bühneneekten,<br />

Erhabenheit und Prunk stillen sollte. So nährt sich die<br />

moderne Auührung dieser Werke zwar nicht mehr von jener<br />

Bühnenaufmachung, doch aber von der Großartigkeit<br />

der Musik Purcells, deren Prächtigkeit nach wie vor ihre<br />

wichtigste Stärke darstellt. Höhepunkte dieses prunkvollen<br />

Werkes sind die zahlreichen Sologesänge, die die Bühnenhandlung<br />

bereichern.<br />

Besondere Hervorhebung verdient »Dido and Aeneas«,<br />

das erstmalig 1689 in einer Mädchenschule von Chelsea<br />

aufgeführt wurde. Es handelt sich um eine ernste Oper im<br />

wahrsten Sinne des Wortes, wenn auch um eine Miniatur von<br />

kaum einer Stunde Dauer, in der die Wiederaufnahme eines<br />

wiederholten und sehr charakteristischen Typs von begleiteter<br />

Monodie erkennbar ist, der sich zwar grundlegend von<br />

den Rezitativen der italienischen Komponisten unterscheidet,<br />

dennoch aber seine Wurzeln in den »Nuove musiche«<br />

des Italieners Caccini hat. Nebst diesem außergewöhnlichen<br />

Typ von Arioso sind auch Chöre und Tänze wiederzuerkennen,<br />

die zum Teil unter dem Einuss des französischen Stils<br />

stehen. Die dabei zustande kommende Mischung ist weder<br />

italienisch noch französisch oder englisch gefärbt, sondern<br />

ein Beispiel für den nur Purcell eigenen Stil.<br />

Kehren wir an dieser Stelle wieder zum anfangs formulierten<br />

Konzept zurück. Henry Playford, der den ersten Band von »Orpheus<br />

Britannicus« – hierbei handelt es sich um eine Sammlung<br />

von Purcell-Arien – herausgibt, schreibt im Vorwort<br />

- 158 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 159 -


zur zweiten Auage: Das außergewöhnliche, alle Musikbereiche<br />

umfassende Talent des Autors ist wohlbekannt; doch<br />

besondere Bewunderung verdienen seine Vokalkompositionen,<br />

in denen er auf geniale Weise die Energie der englischen<br />

Sprache zum Ausdruck zu bringen und damit die<br />

Zuhörer zutiefst zu verblüen und zu bewegen wusste.<br />

In der Tat erlaubt der Großteil seiner Arien bis heute keine<br />

Zuschreibung zu einem der »englischen Stile«, und dies eben<br />

dank ihrer Fähigkeit, die Bedeutung der Worte so vollständig<br />

auszuschöpfen, dass diese mit der Musik in völligen Einklang<br />

treten, wodurch eine fesselnd einfache Struktur entsteht, die<br />

die einzigartige melodische Sprache des Autors prägt. Daher<br />

ordnen viele die Arien Purcells eben nicht der englischen<br />

Musik als solche oder einer der britannischen Strömungen<br />

zu, sondern denieren sie schlicht und einfach als »Purcellstil«.<br />

Dieser ist mit der Zeit zu einem Inbegri geworden,<br />

zu einem unverwechselbaren stilistischen Kodex, durch den<br />

sich nur das Werk des Meisters aus Westminster auszeichnet.<br />

Raaella Valsecchi, übersetzt von Sibylle Kirchbach<br />

- 160 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 161 -


Programm<br />

Henry Purcell<br />

(1659 – 1695)<br />

1. Ouvertüre in d-moll<br />

2. Fairest Isle<br />

Aus King Arthur<br />

3. Music for a While<br />

Aus der Bühnenmusik zu Oedipus, King of ebes<br />

4. Prelude, Hornpipe, Air, Chaconne<br />

Aus e Fairy Queen<br />

5. If love's a sweet passion<br />

Aus e Fairy Queen<br />

6. When I have often heard<br />

young maids complaining<br />

Aus e Fairy Queen<br />

7. Fantasia Upon One Note<br />

8. Hark how all Things with one Sound rejoice<br />

Aus e Fairy Queen<br />

Pause<br />

9. Sonata IV<br />

aus der Sonate in 4 Teilen<br />

10. Sweeter than Roses<br />

Aus Pausanius, the Betrayer of his Country<br />

11. Ouvertüre 'in Mr P. Opera'<br />

Wahrscheinlich die Ouvertüre zum Prolog aus<br />

Dido and Aeneas<br />

12. Dry those eyes<br />

Aus e Tempest<br />

13. Bonduca Ouvertüre<br />

14. Dido's Lament<br />

aus Dido and Aeneas<br />

- 162 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 163 -


Texte<br />

2. Fairest Isle<br />

Fairest isle, all isles excelling,<br />

Seat of pleasure and of love<br />

Venus here will choose her dwelling,<br />

And forsake her Cyprian grove.<br />

Cupid from his fav'rite nation<br />

Care and envy will remove;<br />

Jealousy, that poisons passion,<br />

And despair, that dies for love.<br />

Gentile murmurs, sweet complaining,<br />

Sighs that blow the re of love,<br />

Soft repulses, kind disdaining,<br />

Shall be all the pains you prove.<br />

Ev'ry swain shall pay his duty,<br />

Grateful ev'ry nymph shall prove;<br />

And as these excel in beauty,<br />

ose shall be renown'd for love.<br />

2. Du schönste Insel<br />

Du schönste Insel, bist schöner als alle deines gleichen,<br />

bist Heim von Leidenschaft und Liebe.<br />

Venus wird dich für sich auserwählen,<br />

wird für dich ihren Hain auf Cypern ganz vergessen.<br />

Amor wird dich, liebstes seiner Länder,<br />

erlösen von allem Leid und Neid,<br />

wird dich befreien von der Eifersucht, dem Gift der Gefühle, und<br />

von der Verzweiung derer, die sich in Liebesqualen verzehren.<br />

Leises Murren, sanftes Stöhnen,<br />

stilles Seufzen, dass die Liebe neu entfacht,<br />

sanfte Ablehnung, zärtliche Verwehrung,<br />

sollen die schlimmsten Qualen sein.<br />

Jeder Liebender wird großzügig geben,<br />

Jede Nymphe wird dankbar erwidern;<br />

Und während die Damen durch ihre Schönheit betören,<br />

vollbringen die Männer im Namen der Liebe Heldentaten.<br />

- 164 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 165 -


3. Music for a While<br />

Music for a while<br />

Shall all your cares beguile.<br />

Wond'ring how your pains were eas'd<br />

And disdaining to be pleas'd<br />

Till Alecto free the dead<br />

From their eternal bands,<br />

Till the snakes drop from her head,<br />

And the whip from out her hands.<br />

5. If Love's a Sweet Passion<br />

If Love's a Sweet Passion,<br />

why does it torment?<br />

If a Bitter, oh tell me<br />

whence comes my content?<br />

Since I suer with pleasure,<br />

why should I complain,<br />

Or grieve at my Fate,<br />

when I know 'tis in vain?<br />

Yet so pleasing the Pain is,<br />

so soft is the Dart,<br />

at at once it both wounds me<br />

and tickles my Heart.<br />

I press her hand gently<br />

Look languishing down,<br />

And by Passionate Silence<br />

3. Musik für einen Augenblick<br />

Musik für einen Augenblick<br />

wird alle deine Sorgen heilen.<br />

Während du staunst wie deine Schmerzen vergehen,<br />

und das Vergnügen noch verschmähst,<br />

bis Alekto die Toten befreit<br />

von ihren ewigen Banden,<br />

bis die Schlangen von ihrem Haupt abfallen<br />

und die Peitsche aus ihren Händen gleitet.<br />

5. Wenn die Liebe eine süße Leidenschaft sein soll<br />

Wenn die Liebe eine süße Leidenschaft sein soll,<br />

warum bringt sie mir dann so viel Qualen?<br />

Ist sie Bitterkeit, so sag,<br />

warum zerschmelze ich vor Freude?<br />

Ihretwegen leide ich voller Vergnügen,<br />

warum sollte ich mich dann beklagen,<br />

warum sollte ich meines Schicksals wegen jammern,<br />

weiß ich doch, wie nichtig es ist?<br />

Der Schmerz ist so erfüllend,<br />

seine Pfeile stechen so süß,<br />

dass sie zu ein und der selben Zeit<br />

das Herz verletzen und es wohlig kitzeln.<br />

Sanft drücke ich ihre Hand,<br />

senke den schmachtenden Blick,<br />

und im leidenschaftserfüllten Schweigen<br />

- 166 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 167 -


I make my love known.<br />

But oh! how I'm blest<br />

When so kind she does prove,<br />

By some willing mistake<br />

To discover her love.<br />

When in striving to hide,<br />

She reveals all her ame,<br />

And our eyes tell each other<br />

What neither dares name.<br />

6. When I have often heard<br />

When I have often heard<br />

Young maids complaining<br />

at when men promise most<br />

ey most deceive,<br />

en I thought none of them<br />

Worthy my gaining;<br />

And what they swore,<br />

I would never believe.<br />

But when so humbly one<br />

made his addresses, with looks so soft<br />

and with language so kind,<br />

I thought it sin to refuse his caresses;<br />

Nature o'ercame,<br />

and I soon chang'd my mind.<br />

Should he employ all his wit in deceiving,<br />

Stretch his invention, and artfully feign,<br />

lasse ich sie meine Liebe erraten.<br />

Doch wie glücklich bin ich,<br />

wenn sie sich zärtlich zeigt,<br />

und durch vorgetäuschte Ungeschicktheit<br />

auch mir ihre Verliebtheit zu verstehen gibt.<br />

Wenn sie so tut, als ob sie versuchen würde, sie zu verstecken,<br />

und so das Brennen in ihrer Brust erst richtig verrät.<br />

Mit den Blicken erklären wir einander<br />

alle unaussprechlichen Gefühle.<br />

6. Wie oft habe ich gehört<br />

Wie oft habe ich gehört<br />

wie die Mädchen sich beklagten,<br />

dass die Männer, je mehr sie versprechen,<br />

um so mehr bereit sind, ihre Versprechen zu brechen,<br />

daher war ich vollauf überzeugt, dass niemals<br />

ein Mann mein Herz erobert hätte;<br />

denn niemals hätte ich<br />

seinen Schwüren Glauben geschenkt.<br />

Doch dann kam dieser demütige Jüngling<br />

und umwarb mich, schaute mich so zärtlich an<br />

und sprach so voller Liebenswürdigkeit,<br />

dass es eine Sünde gewesen wäre,<br />

sich seinen Liebkosungen zu verwehren;<br />

die Natur hat über mich gesiegt<br />

und hat mich zu anderen Überzeugungen gebracht.<br />

Mag er mir auch falsche Versprechen geben,<br />

mag er mich mit Kunst und List verführen,<br />

- 168 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 169 -


I nd such charms,<br />

such true joy in believing,<br />

I'll have the pleasure,<br />

let him have the pain.<br />

If he proves perjur'd,<br />

I shall not be cheated,<br />

He may deceive himself, but never me;<br />

'Tis what I look for,<br />

and shan't be defeated,<br />

For I'll be as false and inconstant as he.<br />

8. Hark how all Things with one Sound rejoice<br />

Hark how all things with one sound rejoice,<br />

And the world seems to have one voice!<br />

10. Sweeter than Roses<br />

Sweeter than Roses,<br />

or cool evening breeze<br />

On a warm owery shore<br />

Was the dear kiss,<br />

First trembling made me freeze,<br />

en shot like re all o'er.<br />

What magic has victorious love!<br />

For all I touch or see<br />

Since that dear kiss, I hourly prove,<br />

All is love to me.<br />

ich fühle mich ganz verzaubert dabei,<br />

schenke ihm Glauben mit solchem Genuss,<br />

dass ich nur Freude haben kann<br />

und alle Qualen ihm überlassen werde.<br />

Sollte er seine Versprechen brechen,<br />

werde nicht ich die Betrogene sein,<br />

nur sich selbst kann er belügen, mich aber niemals;<br />

ich habe gefunden, was ich begehrte,<br />

und ich werde mich nicht geschlagen geben,<br />

werde lieber meineidig und wankelmütig werden wie er.<br />

8. Hör, wie alles in einem Klang sich vereint<br />

Hör, wie alles in einem Klang sich vereint,<br />

wie die ganze Welt eine einzige Stimme zu haben scheint.<br />

10. Süßer als Rosen<br />

Süßer als Rosen<br />

und süßer als Abendfrische<br />

war auf dem blumenübersäten Strand<br />

jener kostbare Kuss,<br />

der mich zuerst zitternd erstarren ließ<br />

und dann wie ein Brand meinen ganzen Körper verschlang.<br />

Wie zauberhaft ist doch die Liebe, wird sie erwidert!<br />

Denn alles was ich nun sehe und berühre<br />

verwandelt sich nach diesem Kuss<br />

in Liebe.<br />

- 170 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 171 -


12. Dry those eyes<br />

Dry those eyes which are o'erowing,<br />

All your storms are over blowing.<br />

While you in this isle are biding,<br />

You shall feast without providing.<br />

Ev'ry dainty you can think of,<br />

Ev'ry wine that you can drink of<br />

Shall be yours and want<br />

Shall shun you,<br />

Ceres' blessing too is on you.<br />

14. Dido's Lament<br />

When I am laid in earth<br />

May my wrongs create<br />

No trouble in thy breast;<br />

Remember me, but ah! forget my fate.<br />

12. Trockne deine Augen<br />

Trockne deine Augen, die vor Traurigkeit zerschmelzen,<br />

denn die dunklen Wolken werden sich bald verziehen.<br />

Während du auf dieser Insel weilst,<br />

kannst du sorglos glücklich sein.<br />

Jeden Leckerbissen, der dir vorschwebt,<br />

jeden Wein, den dein Herz begehrt,<br />

sollst du haben und an nichts<br />

soll es dir fehlen.<br />

Für uneingeschränkte Hülle und Fülle will Ceres bürgen.<br />

14. Dido's Lamento<br />

Wenn ich liegen werde, liegen in der Erde,<br />

Soll keines meiner Versagen<br />

dir irgendeine Qual bereiten.<br />

Gedenke meiner, doch bitte! vergiss mein Los.<br />

- 172 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 173 -<br />

Übersetzungen Sibylle Kirchbach


Ghislieri Consort & Choir wurde 2003 von<br />

dem italienischen Dirigenten Giulio Prandi, der Organistin<br />

Maria Cecilia Farina, dem Violinisten Marco Bianchi und dem<br />

Cellisten Alberto Guerrero ins Leben gerufen. Das auf historischen<br />

Instrumenten musizierende Ensemble vereint 20<br />

Choristen mit einigen der erfahrensten und angesehensten<br />

italienischen Barock-Instrumentalisten, die zugleich langjährige<br />

Mitglieder renommierter italienischer Gruppen sind.<br />

Das Ensemble widmet sich insbesondere der Neuentdeckung<br />

des sakralen Chor- und Instrumentalrepertoires Italiens aus<br />

dem 18. Jahrhundert und bringt in seinen Konzerten gern<br />

seltene und unveröentlichte Werke von Komponisten dieser<br />

Epoche zur Auührung. Schon bald nach seiner Gründung<br />

wurde das Ghislieri-Consort zu einem der gefragtesten jungen<br />

Ensembles Italiens und trat mit Solisten wie Roberta Invernizzi,<br />

Gloria Banditelli, Romina Basso, Christian Senn, Emanu-<br />

ela Galli, Maria Grazia Schiavo und José Maria Lo Monaco auf.<br />

Im Jahr 2010 erschien eine für das italienische Magazin<br />

Amadeus eingespielte CD-Monographie über Giacomo Antonio<br />

Perti (Bologna, 1661 – 1756), im selben Jahr begann das<br />

Ensemble die Zusammenarbeit mit Sony Deutsche Harmonia<br />

Mundi, wobei die erste CD aus dieser Kooperation im kommenden<br />

November erscheinen wird.<br />

Das Ghislieri-Consort ist Ensemble in Residence am Collegio<br />

Ghislieri in Pavia, einer der renommiertesten Hochschuleinrichtungen<br />

Italiens, sowie Mitglied des Circuito Lombardo di<br />

Musica Antica und gastiert regelmäßig in Mailand, Villa Reale<br />

di Monza, Brescia und Mantua.<br />

Clare Wilkinson, Mezzosopran, wurde<br />

in Manchester in eine Musikerfamilie<br />

geboren und gab bereits im Alter von 17<br />

Jahren ihr erstes professionelles Konzert.<br />

Sie studierte Altphilologie am Trinity<br />

College in Cambridge und sang dort im<br />

international renommierten Chor. Im Anschluss daran folgte<br />

ein Aufbaustudium im Fach Gesang am Trinity College of<br />

Music in London.<br />

Im Jahr 2004 traf sie erstmals auf Sir John Eliot Gardiner.<br />

Seither sang sie alle großen Werke von Bach und zahlreiche<br />

Werke anderer Komponisten unter seiner Leitung. Darüber<br />

hinaus hat Clare in Bach-Projekten Andrew Parrotts – dem<br />

Weihnachtsoratorium sowie der von ihm rekonstruierten<br />

Trauer-Music – gesungen und mit renommierten Künstlern<br />

wie Daniel Reuss, Michael Willens, Laurence Cummings,<br />

Christophe Rousset, Nicolas Kramer, Bart Van Reyn, Richard<br />

Egarr und Charles Olivieri-Munroe zusammengearbeitet. Als<br />

leidenschaftliche Kammermusikerin tritt sie regelmäßig mit<br />

den Gamben-Ensembles Fretwork und e Rose Consort of Viols<br />

auf. Clare fühlt sich auch auf der Schauspielbühne zuhause.<br />

Als Mitglied von I Fagiolini wirkte sie an dem mehrfach<br />

ausgezeichneten szenischen Projekt »e Full Monteverdi«<br />

mit. Weitere Rollen waren die der Messagiera in Monteverdis<br />

»L'Orfeo«, Venere in Monteverdis »Ballo dell' Ingrante«,<br />

Galatea in Händels »Acis and Galatea«, die Zweite Witwe in<br />

Purcells »Dido and Aeneas«, Zinnia in Chabriers »L'Etoile«<br />

sowie Penelope in Guido Morinis »Odissea«.<br />

Zahlreiche CD-Aufnahmen zeugen von Clares reichem, künstlerischen<br />

Schaen. Die Aufnahme von Händels »Messiah«<br />

- 174 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 175 -


mit dem Dunedin Consort wurde mit dem Gramophone Award<br />

ausgezeichnet. Von der Kritik gelobt wurde außerdem die<br />

Aufnahme der »Matthäuspassion« (Dunedin Consort), die<br />

Aufnahme der »Markuspassion« mit Amarcord und der Kölner<br />

Akademie sowie ihr Album »Four Gentlemen of the Chapel<br />

Royal« mit dem Rose Consort of Viols.<br />

Zu den gegenwärtigen und künftigen Engagements zählen<br />

das »Weihnachtsoratorium« mit dem Scottish Chamber Orchestra<br />

/ Richard Egarr, der »Messias« mit e Netherlands<br />

Bach Society / Jos van Veldhoven, die »Bach-Kantaten« mit der<br />

Capella Augustina / Andreas Spering in Brühl, die »Matthäuspassion«<br />

für den Bachkoor Holland / Gijs Leenaers und Haydns<br />

»Nelson-Messe« für das SCO / Adam Fischer.<br />

Einige der jüngst veröentlichten CDs von Clare sind »Welt,<br />

Gute Nacht« von J. C. Bach mit den English Baroque Soloists /<br />

Gardiner sowie die »Trauermusik« J. S. Bachs für Fürst Leopold<br />

mit den Taverner Players / Parrott. Eine gemischte Recital-<br />

CD mit Fretwork »e Silken Tent« steht auf der Website<br />

von Fretwork (www.fretwork.co.uk) zum Download zur Verfügung.<br />

www.clare-wilkinson.com<br />

- 176 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 177 -


Freitag, 14.09. | 21 Uhr<br />

Rathaus St. Veit<br />

Alehouse-Session No. 2<br />

Barokksolistene<br />

Bjarte Eike: Violine, Leitung<br />

Milos Valent: Violine, Viola<br />

Mattias Frostenson: Violone<br />

Fredrik Bock: eorbe, Gitarre<br />

Hans Knut Sveen: Cembalo<br />

Helge Norbakken: Percussion<br />

Tuva Semmingsen: Mezzosopran<br />

Thomas Guthrie: Bass<br />

Steve Player: Barockgitarre, Tanz<br />

www.barokksolistene.no<br />

Der Klang der Londoner taverns und alehouses<br />

im 17. Jahrhundert, versetzt mit guter Laune,<br />

Humor und Bier.<br />

supported by<br />

Einleitung<br />

Für Bjarte Eike, dem heurigen Titelhelden der trigonale und<br />

Leiter von Barokksolistene (BAS), ist es gleichsam eine Conditio-sine-qua-non,<br />

Auftritte im Rahmen unseres Festivals<br />

damit zu verknüpfen, auch einen Abend in Form einer Alehouse-Session<br />

gestalten zu dürfen. Nach dem überwältigenden<br />

Erfolg der ersten Alehouse-Session bei der trigonale<br />

2010 kommen wir deswegen seinem Wunsch gerne nach –<br />

wohl sehr zur Freude unseres Publikums.<br />

Doch wer meint, es handle sich hierbei um eine Wiederholung,<br />

der irrt. Was sich nicht ändert, ist die Idee, traditionelle<br />

Folk Music auf Kompositionen von Henry Purcell und<br />

seinesgleichen treen zu lassen – das alles im Ambiente der<br />

Londoner Tavernen und Alehäuser des 17. Jahrhunderts.<br />

Neu ist hingegen, dass mit Steve Player ein herausragender<br />

Barockgitarrist und Tänzer auf der Bühne steht, der diese<br />

Alehouse-Session zu einem Musikereignis machen wird, das<br />

Sie nicht nur akustisch in Erinnerung behalten werden. Mit<br />

dem slowakischen Geigenvirtuosen Milos Valent und der norwegischen<br />

Mezzosopranistin Tuva Semmingsen können wir<br />

zwei weitere trigonale-Debütanten bei uns begrüßen.<br />

- 178 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 179 -


An Alehouse Session –<br />

Pub-Musik wie in alten Zeiten<br />

Pubs – auch als taverns oder Alehäuser bekannt – sind dem<br />

Engländer seit dem Mittelalter ein zweites Zuhause. Seit jeher<br />

erfüllten hier Smalltalk, Gesang, Musik und nie nachlassendes<br />

Klirren der Biergläser die Räume mit Leben. Im<br />

ausgehenden 17. Jahrhundert, als die eater aus religiösen<br />

Gründen geschlossen waren, wurden viele dieser Gaststätten<br />

zu so genannten »Musickhouses«, in denen Musiker zusammentrafen,<br />

um vor einem ebenso enthusiastischen wie bierdurstigen<br />

Publikum Konzerte im intimen Rahmen zu geben.<br />

In diesen Etablissements begegnete man außerdem den Sängern<br />

der zahlreichen »Song-Clubs« mit ihren Darbietungen<br />

zu mehr oder weniger frechen bzw. kritischen Texten. Auch<br />

Henry Purcell und andere bekannte Musiker traten hier auf<br />

und präsentierten ihre neuen Werke oder lieferten sich lebhafte<br />

musikalische Gefechte mit den lokalen Vertretern der<br />

Populären Musik.<br />

»Ein Haus der Sünde könnte man sagen, nicht aber ein Haus der<br />

Dunkelheit, da die Kerzen nie verlöschen … Es ist wie in einem<br />

jener Länder weit im Norden, wo es um Mitternacht ebenso hell<br />

ist wie am Mittag.«<br />

John Earle, Microcosmographie: Or a Peece of the World<br />

Discovered (1628)<br />

Wandernde Musikanten –<br />

im London des 17. Jahrhunderts und heute<br />

Das Londoner Musikgeschehen in der Barockzeit war von<br />

Dynamik, Energie und pulsierender Lebensfreude gekennzeichnet.<br />

Zahlreiche Komponisten und Musiker strömten<br />

aus ganz Europa in diese Stadt, in der Honung, ihren Lebensunterhalt<br />

in einem der vielen Musikhäuser oder in den<br />

neu erbauten eatern und Opernhäusern verdienen zu können.<br />

Musik erfreute sich in England großer Beliebtheit, und<br />

London war voller Musiker, die von einem Auührungsort<br />

zum nächsten eilten – ein Phänomen, das freischaenden<br />

Musikern der heutigen Zeit nicht unbekannt sein dürfte ...<br />

Im Gegensatz zu Italien, Frankreich und Deutschland im 17.<br />

und 18. Jahrhundert gehörten in England die Orchester weder<br />

dem Hof noch waren sie Bestandteil der aristokratischen<br />

Kultur. Der Englische Hof und seine Kultur wurden durch<br />

die puritanische Revolution und den Beginn des Commonwealth<br />

zeitweilig abgeschat. König Charles II. wurde 1660<br />

zusammen mit seinem Hofstaat wieder eingesetzt, hatte aber<br />

mit den ständigen Querelen zwischen Katholiken und Protestanten,<br />

Whigs und Tories, Stadt und Hof und mit dem<br />

Parlament zu kämpfen, das dem englischen Haushalt sehr<br />

strae Zügel anlegte.<br />

Ebenso wie sein Mentor und nanzieller Förderer Ludwig<br />

XIV. hatte Charles II. eine Gruppe von 24 Streichern eingestellt.<br />

Ludwig konnte es sich leisten, seine Musiker in Vollzeit<br />

zu beschäftigen, die Musiker von Charles hingegen mussten<br />

- 180 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 181 -


zusätzlich in den eatern und öentlichen Konzerthäusern<br />

der Stadt arbeiten, um ein ausreichendes Einkommen zu erzielen.<br />

Die englischen Aristokraten stellten Musiker zu bestimmten<br />

Anlässen ein; außerdem kauften sie Abonnements für die<br />

Opern- und Konzertsaison. Auch der König war Abonnent,<br />

da ihm weder die eater noch die Konzertsäle noch die<br />

in ihnen spielenden Orchester gehörten. Im 18. Jahrhundert<br />

wurde es üblich, dass die Veranstalter und Förderer von<br />

Konzerten Anzeigen in den Zeitungen veröentlichten und<br />

Karten über Abonnements, in Läden oder an der Haustür<br />

verkauften. Die Kartenverkäufe waren oen für alle – man<br />

musste nicht Mitglied der Aristokratie sein, um Musik hören<br />

zu können.<br />

Musik sorgte in London im 17. und 18. Jahrhundert für Begeisterungsstürme,<br />

zugleich aber gab es keine Orchester, die<br />

Musikern eine Vollzeitanstellung boten. Dies führte dazu,<br />

dass London vor freischaenden Musikern schier überquoll.<br />

Musiker, die in einem Moment zwischen Biergläsern und<br />

schreienden Menschen auf einem der vielen informellen<br />

volkstümlichen Konzerte in den Tavernen und Alehäusern<br />

und im nächsten Augenblick auf den großen Wohltätigkeitsveranstaltungen<br />

der Stadt spielten, bevor sie zu einer Opernauührung<br />

in Bühnenhäusern wie dem King's eatre im<br />

Haymarket eilten. Zwischen Mai und September, außerhalb<br />

der eaterspielzeiten, waren die Musiker in den so genannten<br />

Pleasure Gardens anzutreen – riesigen Freiluftveranstaltungen<br />

mit Musik.<br />

Musiker im London des 18. Jahrhunderts zu sein, bedeutete<br />

eine äußerst vielseitige Schaensweise und ausreichend Kapazität,<br />

um das ganze Jahr über zu spielen. Für die meisten<br />

bedeutete es aber auch eine so geringe Bezahlung, dass sie<br />

konstant arbeiten mussten, damit Essen auf dem Tisch stand.<br />

Sie hatten keinerlei Sicherheit und nur sehr wenig Rechte,<br />

und oft genug waren sie gezwungen, ohne Gage zu spielen,<br />

in der Honung, dass ein reicher Gentleman im Publikum<br />

ihnen aus Mitleid ein paar shillings geben würde.<br />

Wie ist es dem freischaenden Musiker in den letzten 350<br />

Jahren ergangen?<br />

Die Mitglieder von Barokksolistene spielen und singen mit einer<br />

Menge unterschiedlicher Ensembles in Kirchen und Kon-<br />

zertsälen, in eatern, Opernhäusern, Pubs sowie – wenn ihnen<br />

danach ist – auf der Straße (oftmals in Verbindung mit einem<br />

Besuch im Pub). Manchmal sind sie so in Zeitnot, dass vor dem<br />

Konzertsaal bereits ein Taxi wartet, um sie von einem Gig<br />

zum nächsten zu bringen. Dann wieder ist der Terminkalender<br />

so leer, dass sie sich fragen, ob die Welt sie vergessen hat.<br />

Es fällt auf, dass sich im Leben freischaender Musiker in<br />

den letzten 350 Jahren verblüend wenig geändert hat – vielleicht<br />

mit der Ausnahme, dass ein Musiker mit den heutigen<br />

Gagen ein relativ anständiges Einkommensniveau erreichen<br />

kann. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die deutlichsten<br />

Parallelen vielleicht zwischen den Musikern der<br />

Barockzeit und den heutigen Interpreten dieses Repertoires<br />

bestehen. Bjarte Eike<br />

- 182 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 183 -


Die Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />

Barokksolistene, Seite 16<br />

Bjarte Eike, Seite 17<br />

Tuva Semmingsen, Seite 114<br />

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Samstag, 15.09. | 6 Uhr<br />

Burgkirche Hochosterwitz<br />

A la Luz del Alba<br />

Wenn der Tag anbricht …<br />

Geistliche Musik des 13. und 14. Jh. aus Spanien<br />

Catalina Vicens: Organetto und Rezitation<br />

Katharina Schmölzer: Rezitation<br />

Einleitung<br />

Der ewige Kreislauf von Tag / Nacht, Licht / Dunkelheit,<br />

Leben / Tod beschäftigt uns Menschen seit jeher. Im anbrechenden<br />

Tag besiegt das Licht die Dunkelheit, und für die<br />

Christen wird mit dem neuen Morgen die Auferstehung gepriesen.<br />

Mit geistlicher Musik zu Ehren der Jungfrau Maria, dem<br />

Morgenstern, wird dieser Kreislauf klanglich entworfen.<br />

Der Beginn dieser kontemplativen Klangreise ndet im Kloster<br />

Huelgas (»Platz der Zuucht«) nahe Burgos im nördlichen<br />

Zentralspanien statt. Dieses Kloster wurde für Frauen königlicher<br />

oder adliger Herkunft gegründet, die ein religiöses Leben<br />

anstrebten, und der Heiligen Jungfrau Maria gewidmet.<br />

Hier entstand der »Codex Las Huelgas«, eine kaleidoskopische<br />

Anthologie europäischer Mehrstimmigkeit und Einstimmigkeit,<br />

die das gesamte 13. und das frühe 14. Jahrhundert<br />

umspannt. Seine Notation gibt einen Übergangszustand<br />

zwischen der älteren modalen Notre-Dame-Notation und der<br />

denierten Mensuralnotation um 1300 wieder und enthält<br />

zahlreiche Messestücke sowie mehrere Werke, die besonders<br />

für Marienfeste und weibliche Heilige geschrieben wurden.<br />

Unter der Herrschaft Alfonso X., genannt »der Weise« (El<br />

Sabio), König von Kastilien und León, entwickelte sich nicht<br />

nur Las Huelgas zu einem kulturellen Zentrum, sondern die<br />

gesamte Region, in der die Cantigas de Santa Maria entstanden.<br />

Sie sind eine Sammlung vertonter Geschichten, welche<br />

von den Wundern der Heiligen Jungfrau Maria erzählen und<br />

in einer mittelalterlichen Sprache der iberischen Halbinsel,<br />

verfasst wurden.<br />

Im Südosten Spaniens, im heutigen Katalonien, nden wir einen<br />

anderen wichtigen Wallfahrtsort der Marienverehrung –<br />

das Kloster von Montserrat. Hier entstand im 14. Jahrhundert<br />

- 186 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 187 -


eine Handschrift mit Liedern und Gedichten, die der Marienfrömmigkeit<br />

dienten. Die Lieder der »Llibre Vermell de<br />

Montserrat« wurden für die Pilger niedergeschrieben, damit<br />

sie während ihrer Nachtwache geistliche Lieder in katalanischer,<br />

okzitanischer und lateinischer Sprache singen konnten.<br />

Die Jungfrau Maria, als eine Figur des Glaubens und der<br />

Honung, der Wunder und der Liebe, geleitet uns in einen<br />

neuen Tag.<br />

- 188 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 189 -


Programm<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

1. Maria virgo virginum<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

2. Omnium in te Christe<br />

Llibre Vermell de Montserrat (Anonym 14. Jh.)<br />

3. Splendens ceptigera<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

4. Kirie: Rex virginum amator<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

5. Gloria<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

6. Salve virgo regia<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

7. Prosa: Stabat iuxta Christi crucem<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

8. Planctus: Quis dabit capiti<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

9. Audi pontus<br />

Llibre Vermell de Montserrat (Anonym 14. Jh.)<br />

10. Maria Matrem<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

11. Motet: Salve virgo regia/<br />

Ave gloriosa/Domino<br />

Cantigas de Santa Maria (Anonym 13. Jh.)<br />

12. Miragres muitos pelos reïs faz<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

13. Benedicamus Domino<br />

Cantigas de Santa Maria (Anonym 13. Jh.)<br />

14. Quena Virgen ben servirá<br />

Llibre Vermell de Montserrat (Anonym 14. Jh.)<br />

15. Imperayritz de la ciudad joyosa<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

16. Discant: Fa fa mi/Ut re mi<br />

Llibre Vermell de Montserrat (Anonym 14. Jh.)<br />

17. Polorum regina<br />

Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />

18. Benedicamus domino<br />

- 190 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 191 -


Texte<br />

2. Omnium in te Christe<br />

Omnium in te christe credecium<br />

terge sordes mencium,<br />

ut hac nocte prava nocte exeamus<br />

et securi summo mane surgamus.<br />

Und allen, die wir an dich, Christus, glauben,<br />

reinige unsere Seelen von der Verderbtheit,<br />

damit wir heute Nacht dem bösen Feind entgehen<br />

und am letzten Morgen fröhlich erwachen mögen.<br />

6. Salve virgo regia<br />

Heil dir, königliche Jungfrau, Mutter des Sanftmuts,<br />

Jungfrau voll der Gnade, ruhmreiche Königin,<br />

vollkommene Mutter eines erlauchten Kindes,<br />

die du sitzt in der Herrlichkeit des Himmelreichs.<br />

Vom König der Könige im Himmel Mutter<br />

und auch Schwester,<br />

Hort der Reinheit, der hellste Stern;<br />

auf dem ron der Gerechtigkeit sitzt du<br />

im Angesicht aller himmlischen Mächte.<br />

Die Freudigen versammeln sich und schenken dir<br />

frohe Lieder verschiedenster Art:<br />

So voller Kraft, so siegesgewiss,<br />

so wunderschön, Mutter der Kirche.<br />

Du Licht der Welt und fromme Mutter,<br />

dir gehorchen die höchsten Sterne des Himmels.<br />

Sie verharren, ergrien vor Deiner Schönheit,<br />

Sonne, Mond und alle Sterne am Firmament.<br />

Jungfrau, du herrschst über alle,<br />

die Engel preisen dich über dem Äther.<br />

Heil dir, du starke Beschützerin der Geistlichkeit<br />

und wahre Helferin der Armen.<br />

Du bist der keusche Mond der Gerechtigkeit.<br />

Du Mutter der Gnade und Zuucht<br />

für das Leben der Sünder,<br />

starke Trösterin der Notleidenden: Hilf uns nach dem Tod,<br />

wenn wir das elende Leben verlassen,<br />

und aus Gnade, nicht nach unserem Verdienst,<br />

führe uns zum Vater und zum Sohn.<br />

- 192 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 193 -


7. Prosa: Stabat iuxta Christi crucem<br />

Aufrecht vor dem Kreuz Christi,<br />

Aufrecht sah sie den Meister des Lebens<br />

Vom Leben Abschied nehmen.<br />

Aufrecht, siehe die Mutter,<br />

die schon nicht mehr Mutter war.<br />

Aufrecht betrachtet die Jungfrau das Kreuz<br />

Und das Leid der beiden Lichter,<br />

Das des Gottes, das des Menschen,<br />

Doch weinte sie mehr um ihr eigenes als um das andere.<br />

Sie aufrecht, Er am Kreuze hängend,<br />

Was Er in seinem Fleisch erlitt,<br />

Verspürte sie in ihrem Busen.<br />

In ihrem Herzen ward sie an das Kreuz genagelt,<br />

In ihrem Herzen auch vom Schwert<br />

Durchbohrt, die Mutter des Lammes.<br />

In ihrem Herzen nahm sie die Krone des Martyriums,<br />

In ihrem Herzen war sie verzehrt<br />

Von der Liebe Glut.<br />

Siehe, wie diese Hände wieder zum Leben erwachen<br />

Und die Füße, vom Eisen durchbohrt,<br />

Und die oenen Augen.<br />

Siehe, das Haupt bekränzt von Dornen,<br />

Die ganze Erde fühlt mit und folgt<br />

Jeder Bewegung.<br />

Die heiligen Lippen vom Speichel beeckt,<br />

Die Haut aufgesprungen von der Geißel,<br />

So viele Ströme Blut.<br />

Und die niederträchtigen Verspottungen<br />

Vollenden, was noch gefehlt hat zum Verlust<br />

Und zum Leid der Jungfrau.<br />

Sie weiß, was Weinen heißt für eine Mutter,<br />

Wie schmerzlich es ist, zu gebären.<br />

Diesen Schmerz, den die Geburt einst heilte,<br />

Findet sie wieder vor dem Leichnam ihres Sohnes.<br />

Wohlan denn, Mutter, sei glücklich,<br />

Dass die Nacht Deiner Tränen nun,<br />

Durchtränkt vom Licht, zur Freude werde.<br />

Schenke das Glück des Morgens<br />

Auch unserer Nacht,<br />

Die länger dauert als drei Tage.<br />

Schenk' uns von nun an Deinen Sohn. Amen.<br />

9. Audi pontus, audi tellus<br />

Wasser, hört, und all ihr festen Lande,<br />

Hört, des Ozeans Gestande,<br />

Höre, du Mensche, und alles, was da lebt unter der Sonne,<br />

Er naht, Er kommt, hier ist Er,<br />

An diesem Tage, an diesem Tage jetzt,<br />

An diesem wunderbaren Tag, dem Tag der Bitternis.<br />

Bald wird der Himmel sich verdüstern,<br />

Die Sonne schwinden, und der Mond entiehen,<br />

Die Sterne werden auf die Erde fallen.<br />

Weh, weh, Unglücklicher,<br />

Ihr armen Menschenwesen,<br />

Wozu dieses Rennen nach unnützen Vergnügen?<br />

- 194 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 195 -


14. Cantiga »Quena Virgen ben servirá«<br />

Ein Mönch spazierte durch einen Garten und entdeckte<br />

dort eine Quelle. Er setzte sich hin, betete zur Jungfrau<br />

Maria und bat sie, ihm doch schon jetzt einen kleinen<br />

Vorgeschmack vom Paradies zu geben.<br />

Als er sein Gebet beendet hatte, begann ein kleiner Vogel<br />

sein Lied zu singen. Verzückt lauschte der Mönch dem<br />

lieblichen Gesang ganze 300 Jahre lang, obwohl es ihm<br />

schien, nur eine kurze Weile zugehört zu haben.<br />

Als er zum Kloster zurückging, sah er ein großes Tor, das<br />

er nie zuvor gesehen hatte. Sein altes Kloster fand er nicht<br />

wieder. Er betrat die Kirche, aber keiner seiner Mitbrüder<br />

war dort. Andere hatten ihren Platz eingenommen.<br />

Der Mönch erzählte ihnen, was er erlebt hatte, und sie<br />

lobten die heilige Jungfrau Maria für dieses Wunder.<br />

17. Polorum regina<br />

Polorum regina omnium nostra.<br />

Stella matutina dele scelera.<br />

Ante partum virgo Deo gravida<br />

Semper permansisti inviolata.<br />

Et in partu virgo Deo fecunda<br />

Semper permansisti inviolata.<br />

Et post partum virgo mater enixa<br />

Semper permansisti inviolata.<br />

Unsere Königin aller Himmel, Morgenstern,<br />

nimm unsere Sünden hinweg.<br />

Vor der Geburt, Jungfrau, befruchtet durch Gott,<br />

verbliebst du immer unversehrt.<br />

Auch bei der Geburt, Jungfrau, fruchtbar durch Gott,<br />

verbliebst du immer unversehrt.<br />

Auch nach der Geburt, Jungfrau, Mutter,<br />

verbliebst du immer unversehrt.<br />

- 196 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 197 -


Catalina Vicens, historische Tasteninstrumente<br />

und Perkussion, wurde in<br />

Santiago de Chile geboren. Bereits im Alter<br />

von 18 Jahren erhielt sie ein Stipendium,<br />

um bei Lionel Party am renommierten<br />

Curtis Institute of Music in Philadelphia,<br />

USA, Cembalo zu studieren. Ein weiteres Stipendium des<br />

DAAD ermöglichte es ihr, ihre Studien bei Prof. Robert Hill<br />

in Freiburg fortzusetzen. Anschließend studierte Catalina<br />

Cembalo bei Andrea Marcon an der Schola Cantorum Basiliensis<br />

in Basel, wo sie schließlich, verzaubert durch die Musik<br />

des Mittelalters, ein weiteres Studium mittelalterlicher Tasteninstrumente<br />

bei Corina Marti anschloss.<br />

Seit 2006 nimmt sie zusätzlich Perkussionunterricht bei<br />

Lehrern wie Glen Velez, Murat Coskun u.a., Unterricht in Historischer<br />

Perkussion bei Pedro Estevan (Hesperion XXI) und<br />

Michael Metzler, in Barockpauke bei Philip Tarr und in Iranischer<br />

Perkussion bei Madjid Khaladj.<br />

Im Jahr 2008 wurde ihr der 1. Preis beim Fritz-Neumayer-<br />

Wettbewerb für historische Tasteninstrumente verliehen. Als<br />

Solistin sowie mit verschiedenen Ensembles trat sie in den<br />

USA, Südamerika und ganz Europa in den renommiertesten<br />

eatern wie dem Teatro Colon (Argentinien), dem e Kimmel<br />

Center (USA), dem Teatro Sao Paulo (Brasilien), dem Palace<br />

of Arts (Ungarn), der Semperoper Dresden (Deutschland)<br />

und dem eater Basel (Schweiz) auf. Neben ihrer Mitwirkung<br />

bei vielen Aufnahmen und ihren Auftritten bei den<br />

wichtigsten Festivals und Konzertreihen der Alten Musik,<br />

nahm sie an Meisterkursen von Gustav Leonhardt, Jesper<br />

Christensen, Pedro Memelsdor, Christophe Deslignes, Christophe<br />

Rousset und anderen teil. Catalina unterrichtet auch selbst bei<br />

Meisterkursen in verschiedenen Ländern Europas und Südamerikas.<br />

Katharina Schmölzer, geboren in<br />

Villach, aufgewachsen in Wien. Nach der<br />

Matura Italienischstudium in Rom und<br />

anschließend Kunstgeschichtestudium in<br />

Wien. Schauspielunterricht bei Justus<br />

Neumann.<br />

Ab 1986 Schauspielstudium am Mozarteum in Salzburg. Ein<br />

prägendes Erlebnis war das Shakespeare-Seminar mit Peter<br />

Zadek. Ab 1989 Engagements an Bühnen in Deutschland,<br />

Österreich und der Schweiz, u.a. Stadttheater Bern, Schauspielhaus<br />

Zürich, Staatstheater Mannheim, eater in der Josefstadt,<br />

Salzburger Festspiele. Freie eaterproduktionen mit<br />

dem Klagenfurter Ensemble.<br />

Ab der Spielzeit <strong>2012</strong>/13 Ensemblemitglied am Stadttheater<br />

Klagenfurt.<br />

Katharina Schmölzer ist Mutter von zwei Töchtern und lebt<br />

mit ihrer Familie zurzeit in Villach.<br />

- 198 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 199 -


Samstag, 15.09. | 14 Uhr<br />

Burg Hochosterwitz<br />

Long, Long Time Ago ...<br />

Geschichten und Geheimnisse<br />

längst vergangener Tage<br />

Eclipse<br />

Layil Barr: Blocköten, Viola da gamba<br />

Jean Kelly: Harfen<br />

Ripton Lindsay: Tanz<br />

Johanna von der Deken: Erzählerin<br />

Kinder- und<br />

Familienkonzer t<br />

Einleitung<br />

Es gibt wohl kaum einen Ort, an dem sich mittelalterliche<br />

Sagen und Geschichten besser erzählen ließen, als auf der<br />

schon seit Jahrhunderten als Wahrzeichen unseres wunderschönen<br />

Landes geltenden Burg Hochosterwitz. Und wenn<br />

diese Geschichten noch dazu mit alter Musik zu tun haben,<br />

ist es Grund genug für uns, das diesjährige Kinder- & Famili-<br />

enkonzert im einzigartigen Ambiente der Khevenhüllerschen<br />

Burg stattnden zu lassen.<br />

Da ist zum Beispiel die Geschichte von König Richard Löwenherz<br />

und seiner Gefangennahme: Wurde er von seinem<br />

Heer befreit? Seinen Edelleuten? Seiner Familie? Nein, es<br />

war sein getreuer Troubadour Blondel, der auf der Suche nach<br />

ihm Harfe spielend durch das Land zog und ihm zur Freiheit<br />

verhalf.<br />

Doch Geheimnisse aus längst vergangenen Tagen zu lüften,<br />

ist nur ein kleiner Teil dessen, was uns das Ensemble Eclipse<br />

in diesem magischen Programm aus Sagen und Geschichten<br />

– begleitet von mittelalterlicher Musik – bereiten wird. So<br />

können wir auch alten Instrumenten lauschen, wie zum Beispiel<br />

einer mittelalterlichen Harfe, einer Doppelöte, einer<br />

Riesenöte und einer Harfe, deren Klang uns an einen Esel<br />

erinnern wird.<br />

- 200 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 201 -


Neben Musik erleben wir aber auch den beeindruckenden<br />

jamaikanischen Tänzer Ripton Lindsay, der auf seine Weise<br />

traditionellen und zeitgenössischen Tanz mit Elementen des<br />

Hip-Hop, Reggae und des Jazz verbindet.<br />

Johanna von der Deken, unserem Publikum bestens bekannt<br />

als Moderatorin des letztjährigen Kinderkonzerts, wird abermals<br />

als Erzählerin in Erscheinung treten und uns mit ihrer<br />

wunderbaren Stimme durch das Programm begleiten.<br />

Kommt und lasst euch königlich unterhalten und vergesst<br />

nicht eure Eltern und Großeltern zu diesem Konzert mitzubringen.<br />

Doch seid nicht verwundert, wenn ihr euch ganz<br />

plötzlich in der Rolle des Musikers wiedernden solltet …<br />

Eclipse<br />

Von der Harfenistin Joy Smith und der Blockötenvirtuosin<br />

Layil Barr ins Leben gerufen, bereichert dieses innovative<br />

und mitreißende Ensemble die Szene der alten Musik mit<br />

seinem hervorragenden Spiel und seiner farbenfrohen Präsentation<br />

um frischen Wind und neue Ranesse. Die Musiker<br />

stellen dabei gleichermaßen die meisterhafte Beherrschung<br />

ihrer Instrumente und ihren exquisiten Geschmack<br />

in Inhalt und Form unter Beweis.<br />

Dieses außergewöhnliche internationale Ensemble spielt<br />

auf selten gehörten und gesehenen Instrumenten und fügt<br />

so Alte Musik, zeitgenössische Musik und Tanz zu einem<br />

neuen Ganzen. Mit ihren phantasievollen Kostümen und der<br />

szenischen Gestaltung bereiten uns die Musiker von Eclipse<br />

ein Fest für die Sinne.<br />

Zu den weltweiten Engagements zählen das Brighton Early<br />

Music Festival, das Stour Early Music Festival, die Internationalen<br />

Festspiele von Mersin, die Internationale Konzertreihe<br />

von Istanbul, die Konzertreihe des Royal Northern College of<br />

Music, Barbican, Hackney Empire, Glastonbury Festival, Womad<br />

und andere mehr. Außerdem traten sie live im Fernsehen und<br />

im Rundfunk auf, darunter bei den Sendern BBC Radio 3 & 4,<br />

und wurden zu »selected artists« des Making Music Concert<br />

Promoters' Programms 2008 gewählt.<br />

Eclipse ist eines der spannendsten Ensembles in der gegenwärtigen<br />

Alten Musikszene. Mit ausgeprägtem Gespür für<br />

- 202 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 203 -


auührungstechnische Details und mit einigen der besten<br />

Musiker der jungen Generation unter seinen Mitgliedern,<br />

präsentiert das Ensemble in seinen Konzerten eine farbenfrohe<br />

Mischung aus virtuoser Musik, Erzählkunst, eater<br />

und Tanz.<br />

Johanna von der Deken wurde in<br />

Graz geboren, lernte am dortigen Konservatorium<br />

Violine und absolvierte eine<br />

Schauspielausbildung an der Schule des<br />

Wiener Volkstheaters. Es folgten Engagements<br />

in Fernsehen, Film und eater.<br />

Ihre Gesangsausbildung erhielt sie am Konservatorium der<br />

Stadt Wien, sowie im Privatstudium bei Hilde Rössel-Majdan,<br />

Hilde Zadek und Herwig Reiter. Ihr vielfältiges Repertoire erstreckt<br />

sich von Barockmusik bis zu zeitgenössischen Werken.<br />

Die lyrische Sopranistin gastierte im Rahmen von Opernprojekten<br />

am eater an der Wien, der Grazer Oper, der Berliner<br />

Staatsoper, der Wiener Kammeroper, der Neuen Oper Wien,<br />

dem Wiener Odeon, bei der Ruhrtriennale, der Oper Klosterneuburg,<br />

am Wiener Schauspielhaus, am Stadttheater Klagenfurt,<br />

beim Carinthischen Sommer, sowie an der Pariser Opéra<br />

Garnier. Im Konzertbereich wurde sie zur Zusammenarbeit<br />

mit renommierten Ensembles wie Die Reihe, das Klangforum<br />

Wien, die Wiener Akademie, Armonico Tributo, das Haydn-<br />

Trio Eisenstadt, Ensemble Prisma Wien, La Capella Reial de<br />

Catalunya sowie die Wiener Symphoniker eingeladen. Projekte<br />

der jüngsten Vergangenheit waren »König David« von Arthur<br />

Honegger im Wiener Konzerthaus, »Opern der Zukunft« an<br />

der Grazer Oper, »Death in Venice« im eater an der Wien,<br />

»Xenos-Szenen« von Beat Furrer mit dem Klangforum Wien,<br />

Haydns »Schöpfung« bei der Styriarte, »Sinfonia« von L. Berio<br />

im Herkulessaal in München unter R. Chailly sowie »Jahrlang<br />

ins Ungewisse hinab« von F. Cerha unter J. Kalitzke im Mozarteum<br />

Salzburg.<br />

Seit vielen Jahren macht Johanna von der Deken in Zusammenarbeit<br />

mit der Jeunesse, der Philharmonie Luxemburg sowie<br />

der Styriarte Kinderproduktionen, die von Opernbearbeitungen<br />

(»Die Entführung aus dem Serail«, »Die Hochzeit<br />

des Figaro«, »La nta giardiniera«, »Il mondo della luna«),<br />

über Konzertprogramme (»Es werde Licht«) bis zu eigenen<br />

Stücken (»Ein Lipizzaner in Havanna«) führen, und für die<br />

sie stets als Texterin, als auch als Sängerin tätig war. Zur Zeit<br />

schreibt sie im Auftrag der Wiener Staatsoper an dem Libretto<br />

für eine Kinderoper, die von Lisi Naske vertont wird.<br />

Layil Barr, Blocköten und Viola<br />

da gamba, gilt als eine der virtuosesten<br />

Blockötistinnen aller Zeiten. Ihr Spiel<br />

wurde als »unvergesslich« und »umwerfend«<br />

beschrieben, wobei sie in besonderer<br />

Weise für ihre dynamische Interpretation<br />

von Musik aller Epochen bekannt wurde.<br />

Sie studierte an der Rubin Academy of Music in Jerusalem<br />

und am Trinity College of Music in London bei Philip orby.<br />

Während dieser Zeit gestaltete sie Sendungen für das Jerusalem<br />

Music Centre und wurde mit verschiedenen Preisen<br />

ausgezeichnet, unter anderem mit dem Preis der Amerika-<br />

- 204 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 205 -


Israel-Kulturstiftung, dem Dorothy Stone Award und der TCM<br />

Silver Medal for Early Music. Als Solistin trat Layil Barr mit<br />

verschiedenen Orchestern auf, darunter das Royal Artillery<br />

Orchestra und das Israelische Kammerorchester, und gab Gastspiele<br />

in den USA, in China, Korea, Israel, Ägypten, Italien,<br />

Spanien, Frankreich, Irland und im Vereinigten Königreich.<br />

Während ihres Studiums am Trinity College of Music wurde<br />

sie von Alison Crum in das Spiel der Viola da gamba eingeführt.<br />

Layil Barr spielt mit zahlreichen Gruppen aus den Genres<br />

Alte Musik und Weltmusik, darunter Le Concert Des Nations<br />

unter der Leitung von Jordi Savall, e Telling, Charivari<br />

Agreable, Minerva u.a.<br />

Jean Kelly, Harfe, stammt aus einer<br />

irischen Familie, die seit mehreren Generationen<br />

professionelle Musiker hervorbringt.<br />

1996 errang Jean ein Stipendium<br />

für ein Harfenstudium am Royal College<br />

of Music in London. Seit ihrem Abschluss<br />

lebt sie in London und erfreut sich als vielseitige Harfenistin<br />

zahlreicher Engagements. Sie geht regelmäßig mit dem<br />

Locrian Ensemble auf Tournee, unter Darbietung von Harfenkonzerten<br />

und eigenen Arrangements irischer Musik. Aus<br />

der Zusammenarbeit mit dem Ensemble erwuchsen auch<br />

drei CD-Aufnahmen, darunter Händels Harfenkonzert und<br />

Mozarts Konzert für Flöte und Harfe. Eine CD mit Kammermusik<br />

von Richard Arnell wurde vom Gramophone Magazine<br />

mit einer besonderen Empfehlung versehen. Aufnahmen<br />

von Jean erschienen darüber hinaus auch beim Guild Label.<br />

Im Mai 2011 erhielt Jean eine Einladung nach Dublin, um<br />

anlässlich des historischen Besuchs von Königin Elizabeth zu<br />

spielen. Ihre Harfenmusik bildet einen Bestandteil einer Reihe<br />

von Filmmusiken. Sie hat mit Katie Melua ebenso Aufnahmen<br />

erstellt wie mit den Chieftains und für BBC Radio<br />

und Fernsehen. Im Duett mit Sir James Galway trat sie 2005<br />

auf RTE Television (Irland) zur Schlussfeier der Kulturhauptstadt<br />

Cork auf. Als Bühnenmusikerin für die Boomerang eatre<br />

Company aus Cork spielte Jean in Wien und St. Petersburg<br />

und war 2006 Teil einer Produktion der Rough Magic<br />

eatre Company am Soho eatre in London.<br />

Gemeinsam mit Nobelpreisträger Seamus Heaney trat sie bei<br />

der Erönungsfeier des Welt-Harfen-Kongresses in Dublin<br />

auf und begleitete die irische Präsidentin Mary McAleese<br />

auf einem Staatsbesuch nach Österreich. Jean hat mit dem<br />

bekannten israelischen Sänger sephardischer Lieder Yasmin<br />

Levy Harfe gespielt. Besondere Freude bereitet ihr traditionelle<br />

irische Folkmusik, zugleich spielt sie auch mittelalterliche<br />

Harfe und Fidel in der Londoner Gruppe Joglaresa, die<br />

sich auf Alte Musik spezialisiert.<br />

Jean bildet ein Duo mit ihrer Schwester Fiona Kelly, preisgekrönte<br />

Flötistin, Stipendiatin an der Juilliard School of Music<br />

und gegenwärtig in New York wohnhaft. Sie konzertierten<br />

innerhalb und außerhalb des Vereinigten Königreichs, zuletzt<br />

mit dem Irish Chamber Orchestra und einer Darbietung von<br />

Mozarts Konzert für Flöte und Harfe als Höhepunkt. Für<br />

P&O Kreuzfahrten wirkten sie bei den Classic Music Festivals<br />

at Sea mit Richard Baker als Gastgeber mit, daneben brachten<br />

sie auch mit weiteren irischen Musikern der Londoner Szene<br />

eine CD unter dem Titel »Toss the Feathers« heraus.<br />

- 206 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 207 -


»Ein Vergnügen für Ohr wie Auge, war die reizende Jean Kelly<br />

der Star in Händels köstlichem Harfenkonzert mit dem Locrian<br />

Ensemble, eine bezaubernde Kombination.« Bournemouth Echo<br />

Ripton Lindsay, Tanz.<br />

»Musik verleiht uns ein Gespür für Iden-<br />

tität, Bestimmung und Zeit.<br />

Es ist wichtig, ehrlich gegenüber sich selbst<br />

und in seinem Tun zu bleiben.«<br />

Unter Bewahrung der überlieferten Werte von Jamaika und<br />

insbesondere der Maroons, der Nachkommen geohener<br />

schwarzafrikanischer Sklaven in der Karibik und auf dem<br />

amerikanischen Kontinent, hat Ripton Lindsay seine eigene<br />

ausgeprägte Handschrift entwickelt, die traditionellen Tanz<br />

mit Hip-Hop, Reggae und Jazz vereint.<br />

Ripton gewinnt mit seinen Auftritten und Choreographien<br />

die Herzen des Publikums auf der ganzen Welt, bei Karnevalsparaden<br />

ebenso wie bei Festivals, als Darsteller gleichermaßen<br />

wie als Workshopleiter.<br />

Ripton war Gründer und von 1992 bis 2000 Künstlerischer<br />

Leiter der Nkiru Performing Troupe, die sich auf traditionellen<br />

jamaikanischen Tanz und Gegenwartstanz spezialisierte.<br />

Im Verlauf seiner Karriere hat Ripton unter anderem mit der<br />

deutschen Filmproduktionsrma Polyphon, mit MTV, der<br />

Dave Matthews Band und dem Jazzmusiker Alex Wilson zusammengearbeitet.<br />

Er absolvierte Auftritte bei zahlreichen<br />

Festivals, darunter das WOMAD (World of Music, Arts and<br />

Dance) im Vereinigten Königreich und in Abu Dhabi, in<br />

Glastonbury, beim Big Chill und dem Shambala Festival.<br />

Neben seiner Tätigkeit als Tänzer und Choreograph ist Ripton<br />

auch DJ, Moderator und Poet und hat mit Afrika Bambaataa<br />

von der Zulu Nation, mit Daddy G (Massive Attack), Aquasky,<br />

Freq Nasty, Mr Benn und anderen zusammengearbeitet.<br />

- 208 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 209 -


- 210 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 211 -


Samstag, 15.09. | 19 Uhr<br />

Rathaus St. Veit<br />

Der Kopf des<br />

Georg Friedrich Händel<br />

Aus einer Erzählung von Gert Jonke<br />

Ensemble Prisma Wien<br />

Gelesen von Markus Hering<br />

Singers in Residence<br />

Hanna Herfurtner: Sopran<br />

Ida Aldrian: Mezzosopran<br />

Jan Petryka: Tenor<br />

Ulfried Staber: Bass<br />

Thomas Fheodoroff: Leitung<br />

Ingrid Ahrer: Gestaltung/Dramaturgie<br />

Konzert mit den<br />

Singers<br />

in Residence<br />

Einleitung<br />

»Der Kopf des Georg Friedrich Händel« ist ein Projekt der<br />

trigonale <strong>2012</strong>, an dem viele Köpfe beteiligt sind. Sie alle hier<br />

aufzuzählen, ist weit weniger wichtig (die Namen stehen ja<br />

ohnehin alle im Programmheft), als darüber zu erzählen, wie<br />

all diese Köpfe in den Prozess eines »Work in progress» eingebunden<br />

sind.<br />

»Der Kopf des Georg Friedrich Händel« ist ein kurzweiliger,<br />

launischer und musikalischer Text über verschiedene Lebenssituationen<br />

des barocken Genius, wie sie sich zugetragen haben<br />

mögen – oder auch nicht! Der Kopf des Markus Hering<br />

wird beim Vortragen des Textes das eine Mal dramatisch<br />

lesen, ein anderes Mal poetisch, hier seine Stimme forte erheben,<br />

dort piano, diese Passage allegro, jene adagio anlegen,<br />

worauf der Kopf des omas Fheodoro mit seinem Ensemble<br />

und den vier Sängern in Residence musikalisch reagieren, interagieren,<br />

kontrastieren, reektieren etc. wird.<br />

Was wird gespielt? Soviel steht fest: Musik vom Kopf des<br />

Georg Friedrich Händel – Lassen Sie sich überraschen!<br />

- 212 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 213 -


Ich möchte mit der Sprache nicht nur erzählen,<br />

sondern auch Musik machen.<br />

Das ist mein Wunsch.<br />

So im guten alten homerschen Sinn.<br />

Sprache und Musik bei Gert Jonke<br />

Im 8. Feber 1946 als uneheliches Kind einer sehr begabten<br />

Pianistin geboren, die ihre aufsteigende Karriere nach der<br />

Geburt des Sohnes Gert Friedrich abbrechen mußte. Der<br />

Vater, ein Musikinstrumentenbauer und Ziehharmonika-<br />

Fabrikant, kümmerte sich nie um das Kind und blieb für den<br />

Buben eine Sehnsuchtsgur.<br />

Musik war von Anfang an bestimmend für Jonkes Leben.<br />

Die Mutter Hedy gab tagsüber Klavierunterreicht fürs Auskommen,<br />

am Abend spielte sie für den Buben Ravel, Chopin,<br />

Debussy – ein Ritual, es waren die prägenden Momente für<br />

sein Leben.<br />

Künstler wollte er werden, am besten Musiker. Es kam dann<br />

doch anders. Am städtischen Konservatorium in Klagenfurt<br />

studierte er zunächst Klavier. (Er war mit sich nicht zufrieden<br />

und führte es auf seine zu kurzen Finger zurück; später<br />

erzählte er allerdings, daß er nicht eißig genug war, und er<br />

bedauerte dies auch im Nachhinein.)<br />

Dann, nachdem er dem Mief der lust-, kunst- und phantasiefeindlichen<br />

Nachkriegs-Atmosphäre der Provinz entiehen<br />

konnte, studierte er in Wien an der Filmakademie, danach<br />

u. a. Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft.<br />

Er brach diesen Weg aber ab und schrieb in seinen damaligen<br />

Erzählungen über die Pumphosenwissenschaft, die Zwanzighosenuniversitätsmusikwissenschaft<br />

und lebte fortan als Anrainer<br />

des Geisteswissenschaftenlandstrichs.<br />

Längst hatte er zu schreiben begonnen. Schon im Gymnasium<br />

war diese zweite Leidenschaft in ihm erwacht, als der<br />

Deutschlehrer jenes Gedicht von Trakl auf die Schultafel<br />

geschrieben hatte: Der grüne Sommer ist so leise geworden.<br />

Ab diesem Augenblick begann er zu dichten. Zuerst nur im<br />

Kopf, seine »Kopfgeburten«, dann ng er zu schreiben an<br />

– im Stile Trakls natürlich. (In der damaligen Kärntner Literatur-Zeitschrift<br />

Der Bogen wurden seine Jugendversuche<br />

abgedruckt, und er wurde ganz rasch als große Nachwuchsbegabung<br />

präsentiert – auch im Rathaus von St. Veit, bei den<br />

St. Veiter Literaturtagen 1964.)<br />

Der erste große Erfolg des jungen Jonke war der Geometrische<br />

Heimatroman, den er nach einer Persien- und Afghanistanreise<br />

schrieb. Ein im gesamten deutschen Sprachraum<br />

hochgelobter ungewöhnlicher »Anti-Heimatroman« war ein<br />

Sprach-Experiment, in dem er mit seiner methodischen<br />

Forschungsarbeit begann. Form und Inhalt ergänzten sich,<br />

waren auf der Höhe des zeitgenössischen Empndens. Der<br />

junge Schriftsteller schrieb an gegen die Einverleibung von<br />

Mensch und Natur durch die Gesellschaft, gegen die vollkommen<br />

künstlich werdende Welt der totalen Machbarkeit,<br />

die durchrationalisierte Welt, die dann in Totalitarismus umschlägt.<br />

Auch in seinen beiden nächsten Romanen blieb er bei<br />

seiner konsequenten Radikalität: Glashausbesichtigung, 1970,<br />

- 214 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 215 -


und Die Vermehrung der Leuchttürme, 1971 in Berlin geschrieben<br />

und ebenfalls im deutschen Suhrkamp Verlag erschienen.<br />

M. Kersting schrieb damals in der Zeit: Es handelt sich um eine<br />

Dichtung, die ihren eigenen Apparat, die Sprache untersucht, also<br />

einen erkenntniskritischen Vorgang in das eigene Medium verlegt.<br />

Die ersten Bücher sind strenge Kompositionen. Musikalische<br />

Formen werden hier eingesetzt: musikalisch-architektonische,<br />

rondo-, refrain- und variationsartige Strukturen,<br />

Wiederholungen, Übertreibungen, Umkehrungen usw. Ganze<br />

Passagen sind in rhythmischer Prosa abgefaßt. Mit der<br />

Wort-Klang-Poetik in seinen Sprachkunstwerken erzielte<br />

Jonke höchste musikalische Wirkung.<br />

In dem Essay Die Überschallgeschwindigkeit der Musik protestiert<br />

Jonke heftig gegen Nietzsches Auassung, die Sprache<br />

könne als Organ und Symbol der Erscheinungen nie und nirgends<br />

das tiefste Innere der Musik nach außen kehren, sondern<br />

bleibe immer, sobald sie sich auf Nachahmung der Musik<br />

einläßt, nur in einer äußeren Berührung mit der Musik.<br />

In Jonkes späteren Werken, der großen Roman-Trilogie, seinem<br />

dramatischen Werk, seinen Erzählungen und Novellen,<br />

seinen Musik-Essays wird dann die Musik selbst oder der<br />

Musiker zum ema.<br />

Nach der Musikgeschichte (Literarisches Colloquium Berlin)<br />

und Beginn einer Verzweiung. Epiloge (Residenz Verlag), Im<br />

Inland und im Ausland auch usw., erscheint 1977 der Roman<br />

Schule der Geläugkeit (Suhrkamp).<br />

Mit diesem Buch verändert Jonke sein Schreiben. Weg vom<br />

radikal Experimentellen interessiert ihn nicht mehr die formale,<br />

distanzierte Herangehensweise, sondern er stellt das<br />

Subjekt, das ICH in den Mittelpunkt: Künstlerpersönlichkeiten<br />

mit ihrer Honung, mit Hilfe der Kunst der Welt<br />

zu entkommen. Die Sehnsucht nach dem Ideal ist nun ein<br />

starkes Motiv - nach einer Utopie: der idealen Kunst, Form,<br />

Sprache, Musik und - nach der idealen Frau.<br />

( Jonke ist auch hier sehr konsequent in seinen grandiosen<br />

literarisch-philosophischen Entwürfen. Seine Protagonisten<br />

treibt eine Unbedingtheit in Perfektionsexzesse, die gefährliche<br />

Grenzgänge zwischen Genie und Wahnsinn herausfordern.<br />

Die absolute Konsequenz ist die Sehnsucht nach<br />

Selbstauösung in der Kunst, im Tod, oder das Verschwinden<br />

/ die Auösung ndet gleichzeitig mit dem apokalyptischen<br />

Weltzusammenbruch statt.)<br />

In dem ersten Teil des Buches, Gegenwart der Erinnerung,<br />

wird ein Fest einer städtischen bürgerlichen Gesellschaft, zu<br />

dem auch der Komponist Burgmüller, die Hauptgur der Erzählung,<br />

vom Photographen Diabelli und seiner Schwester<br />

Johanna eingeladen wird, wiederholt – und zwar so genau,<br />

daß es keinerlei Abweichung zum Fest des Vorjahres gibt,<br />

daß Zeit und Geschichte aufgehoben scheinen - die vollständige<br />

Gegenwart der Erinnerung.<br />

Ein kaum ertragbarer Zustand, der nur durch ein wunderbares<br />

Ereignis, die Erfüllung der Sehnsucht, das Erleben<br />

des Unsagbaren, des Unbeschreiblichen – der idealen Musik auf-<br />

- 216 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 217 -


gehoben wird. Bei Jonke ist es die reine und vollkommene<br />

Naturmusik.<br />

Dem Pianisten Schleifer gelingt es, die wunderbarste Musik<br />

hörbar werden zu lassen, ohne daß er je ein Instrument »wirklich«<br />

in Einsatz gebracht hat, durch die virtuoseste der mir je<br />

untergekommenen Lautlosigkeiten, die er seinem Instrument ent-<br />

lockte. Alle Empndungs-Grenzen werden dabei überschritten,<br />

»vernichtend schöne« Todesnähe stellt sich ein – um den<br />

Preis des Vergessens, die Erinnerungslosigkeit. Die Musik ist<br />

wohl zu hören, aber niemals ist es möglich, sie zu wiederholen,<br />

sie zu notieren. Einzig mit Hilfe der Sprache kann eine<br />

solche Musik beschrieben und damit transformiert werden.<br />

(…) Als die Nachtluft plötzlich ganz leise schwingend zu klingen<br />

begann, ein leicht vibrierendes Summen war von überall auf<br />

mich eingedrungen, oder war es ein daherschwebendes Singen von<br />

Tönen in einer kaum für möglich gehaltenen Höhe, das der gerade<br />

eben aufgekommene leichte Wind zerstreute. Ich hatte die Emp-<br />

ndung von überlagerten wandernden Tonwolken und sich ballenden<br />

Klangnebeln, welche sich ineinander verschoben, herbei-<br />

und hinwegwälzten, eine ganz leise, kaum hörbare, vernichtend<br />

schöne Musik, wie sie mir bislang noch niemals untergekommen<br />

war, ganz hoch, aber gleichzeitig ganz tief wohltuend abgedunkelt;<br />

leicht verschwommene, hauchdünne Luftakkordächen, zusammengeknüpft<br />

aus den von der Landschaft aufgestiegenen Tönen,<br />

sämtlicher in der Gegend denkbarer Tonstufen (…)<br />

Ich fühlte die einzelnen Töne zart über meine Haut gleitend<br />

durch meinen Kopf streifend meinen gesamten Körper hindurch-<br />

ießend, ein mich durchutender Musikwind, der in mir unbekannte<br />

Empndungen und Gefühle auslöste, denen ich ganz<br />

kurz glaubte, nicht gewachsen zu sein, und die ich nicht benennen<br />

konnte (…), ich wurde von einer Art traumhaft glücklichen<br />

Trauer erfaßt (…), und dann beel mich unsagbar glückliche<br />

Freude. (Aus: Schule der Geläugkeit)<br />

Auch im zweiten Buch der Trilogie, Der ferne Klang, das 1979<br />

im Residenz Verlag erscheint, ist, neben der Suche nach der<br />

wunderbaren einzigen Frau, Musik als Metapher ein großes<br />

ema. Der Komponist Burgmüller und ICH-Erzähler begibt<br />

sich auf eine Reise, die immer wieder am Anfangspunkt<br />

endet. Auch hier lösen sich Raum, Zeit und Wirklichkeit auf,<br />

letztlich schwindet alles dahin. Der Komponist hat schon<br />

längst aufgehört zu komponieren, er scheitert an seinen viel<br />

zu hohen ästhetischen Ansprüchen, an der Unrealisierbarkeit<br />

dessen, was in seiner Phantasie anklingt. Er verlegt sich auf<br />

die Erforschung der Möglichkeit und der Unmöglichkeit<br />

der Musik. (Hier schließt Jonke die existentielle Krise mit<br />

der modernen Musik zusammen – die Kommunikation wird<br />

zum großen Problem.)<br />

Doch dann verwandelt sich die Landschaft in eine Musikhülle,<br />

in Tonhitzeklangwolken und Melodiegewebeschwaden,<br />

und es kommt zu einem stetigen Tönen der Landschaft,<br />

das schließlich die Zerstörung durch sich selbst ankündigt.<br />

Das Tönen des fernen Klanges überschwemmt die Stadt, die<br />

Landschaft, nimmt alles mit sich – ein überwältigend schöner<br />

Untergang – Apokalypse und Neuanfang zugleich. Jonke bezieht<br />

sich auf die Oper von Franz Schreker: Die Ouvertüre der<br />

- 218 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 219 -


überwältigenden Schönheit eines herbeigehoten Unterganges, die<br />

herbeigesehnte erregend berührende Zerstörung der Natur durch<br />

sich selbst, die nun so lange sich weiter zerstört, bis die Leute aus<br />

ihr herausverschwunden sind und sie, befreit von den Menschen,<br />

wieder neu beginnen kann (…)<br />

Der Roman hat drei grandiose Finale. Der Dichter stellt alles<br />

wieder in Frage, schat Irritation: Daß sich diese ganze Welt<br />

endgültig als eine völlig lächerlich irrtümliche geradezu göttlich<br />

überirdische Witzkosmik, als kosmischer Witz in Form einer<br />

geradezu transzendentalen Impertinenz herausstellen könnte.<br />

Doch das Besinnen auf das Brauchbarste, was wir haben, auf<br />

unsere Gefühle und Empndungen, kann auch als Auorderung<br />

genommen werden:<br />

»Ich«, was heißt denn schon »ich«? Können Sie mir das sagen?<br />

Nein? Na sehen Sie. Richtig »ich« könnte man vielleicht höchstens<br />

dann zu sich sagen, wenn die Empndungen und Gefühle, das<br />

ohnedies Brauchbarste, worüber man verfügen kann, wirklich in<br />

vollem Ausmaß empnden und fühlen könnten, was alles emp-<br />

ndbar und fühlbar wäre, wären sie nicht abhängig und gefesselt<br />

von einem anatomisch-spießbürgerlichen Körpersystem, das auf<br />

Grund seines dilettantischen Aufbaus ihre vollwertige Entfaltung<br />

verhindern muß. Und an ein solches »Ich« käme man, wenn<br />

überhaupt, ganz langsam tastend heran, und selbstverständlich<br />

ausschließlich per Sie.<br />

Ulrich Greiner schrieb bei Erscheinen des Buches am 9. 10.<br />

1979 in der FAZ:<br />

Gert Jonkes Roman »Der ferne Klang« ist ein so außergewöhn-<br />

liches und ausgefallenes Buch, daß man von der üblichen Aufgabe<br />

einer Rezension, darzustellen, wovon es handele und wie es davon<br />

handle, fast verzagen müßte, wäre nicht da der Wunsch, möglichst<br />

viele Leser möchten sich einlassen auf diese phantastische Fahrt,<br />

wo einem Hören und Sehen derart vergeht, daß man Hören und<br />

Sehen von neuem lernt.<br />

Nach den drei Romanen, in denen die erfundenen Künstler,<br />

Musikkünstler, Komponisten, deren Leben mit seinem<br />

Leben, seinen Erndungen assoziativ verwoben ist, schreibt<br />

Jonke jetzt über drei reale Komponisten, an denen er nicht<br />

nur historisch biographisch interessiert ist: Händel, Beethoven<br />

und Webern sind die Helden (s)einer absoluten Kunst.<br />

1985/86 wird der Spiellm Geblendeter Augenblick – Anton<br />

Weberns Tod (Hessischer Rundfunk) mit Peter Fitz als Anton<br />

von Webern gedreht. Jonke schreibt das Drehbuch und ist<br />

auch wesentlich an der Umsetzung beteiligt. Im Film wird<br />

Weberns Biographie mit den Lebenslinien jenes amerikanischen<br />

Besatzungssoldaten, der aus einem tragischen Versehen<br />

heraus im September 1945 den großen Komponisten<br />

in Mittersill erschoß, verknüpft und in einer »Engführung«<br />

aufeinander bezogen.<br />

Hier geht es wieder um Jonkes Zentralthema, die Suche nach<br />

der idealen Musik. Schweigen und Stille an der Grenze zum<br />

Verstummen sind Voraussetzungen für das Entstehen der<br />

wahren Musik. In der Musik Weberns scheint Hörbares nur<br />

aus der Stille hervorzubrechen, um »die Zeit aufzuheben« –<br />

ein Ideal.<br />

- 220 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 221 -


Der Dirigent Anton von Webern verlangt in einer Probe<br />

eines Violinkonzerts von Alban Berg von seinen Musikern,<br />

daß sie die Stille beherrschen, ein »schweigendes Orchester«<br />

sind. Erst die nicht gespielte Musik ist die wirkliche Musik.<br />

Die »makellose Stille, wie er sie haben wollte« wird nur<br />

ein einziges Mal erreicht. Webern versucht die Auührung<br />

zu verhindern, um die Idee dieser Musik rein zu bewahren.<br />

Jonke schreibt in seinem Essay Die Überschallgeschwindigkeit<br />

der Musik über die Verunreinigung der Musik durch Umsetzung<br />

in materielle Gestalt: Und außerdem ist ja auch jede Art<br />

von Musikwiedergabe nichts anderes als eine Art von Musikbeschreibung<br />

in einer jeweils verschiedenen Form der Wiedergabe<br />

des Notentextes, den der Komponist niedergeschrieben hat – und<br />

nicht die Musik selbst.<br />

Die Novelle Geblendeter Augenblick – Anton Weberns Tod wurde<br />

2006 im Buch Strandkonzert mit Brandung, (Verlag Jung<br />

und Jung, Salzburg/Wien) herausgegeben - gemeinsam mit<br />

Der Kopf des Georg Friedrich Händel und Seltsame Sache – Ein<br />

Melodram für Lorenzo da Ponte.<br />

Der Kopf des Georg Friedrich Händel ist zunächst eine Musikbiographie<br />

des 18. Jahrhunderts. Natürlich bleibt es bei<br />

Jonke nicht bei einer Erzählung im hergebrachten Sinn. Es<br />

beginnt 1748 mit der Feuerwerksmusik und geht dann auf<br />

den Tod Händels im Jahr 1759 über. Am 13. April ( Jonke<br />

nennt keine Jahreszahl) verlassen ihn die Kräfte. Es ist ihm,<br />

als würde er über seinem eigenen Körper … schweben, und er<br />

ist als ein durchsichtiges Spiegeln von bisher noch niemals gehörten<br />

Klängen empndbar geworden... Einen Tag danach ist<br />

Händel gestorben, wie in den Biographien nachzulesen ist.<br />

Bei Jonke kommt dann die Rückblende: Am 13. April, genau<br />

zweiundzwanzig Jahre zuvor, aber war ihm schon Ähnliches widerfahren,<br />

allerdings ohne derart hingegeben entschlossene Endgültigkeit.<br />

Händel hatte schon damals einen »Schlaguß«, der<br />

ihn halbseitig gelähmt machte, und nur in langen, energisch<br />

und berserkerhaften betriebenen Anstrengungen hatte er es<br />

damals geschat, wieder arbeitsfähig zu werden.<br />

In Händels Rückschau auf sein Leben erfährt man die für<br />

ihn guten und schlechten Begegnungen, u. a. mit John Gay,<br />

dessen erfolgreiche Beggar's Opera den italienischen Opern<br />

Händels mit ihren Luftgöttern eine große Konkurrenz gewesen<br />

war und ihn in eine schwere Krise brachte. Händels<br />

Kunstentwurf ist Jonke viel näher. Händel wird von Jonke gezeigt,<br />

wie er in seinem Schaensrausch, der den Messias hervorbringt,<br />

an die Grenzen des Vorstellbaren gelangt. - Wie<br />

er nach einem peinigenden Gefühl des Unvermögens seine<br />

Aufhebung und zugleich die höchstmögliche Steigerung in<br />

der Kunst erlebt. - Die ideale Musik: die schwebende Ambivalenz<br />

von Leben und Tod. Jonke schreibt in seinem Essay<br />

Die Überschallgeschwindigkeit der Musik davon, wie Kunst es<br />

zustandebringt, mit Worten »Unsagbares« auszudrücken, mit<br />

Tönen und Klängen »Unhörbares« erahnbar bzw. empndbar<br />

zum Fühlen zu bringen.<br />

Ein unfaßbar selbstverständliches Glücksempndungsblitzen<br />

durchdrang Händel immer wieder, und eine Freude durchutete<br />

den Komponisten wie heftiger Aschenregen, der sich aus ihm erhob<br />

und auch die letzten Spuren in ihm ausgebrannter Ruinenschatten<br />

- 222 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 223 -


fortströmte ins unerreichbar tiefe Vergessen der gewissenhaft<br />

abgeklärten Lagunen seiner Erinnerung, als wären mit seinem<br />

Wiedererwachen gemeinsam auch bisher fremd gewesene Bereiche<br />

eines ganz neuen Fühlens und Wissens hochgetaucht, die er spüren,<br />

aber nicht benennen konnte, doch, benennen, klingend übertragen,<br />

und war er allen verstecktesten Rätseln hautnah auf der<br />

Spur mit den Tönen seiner gerade neu komponierten Musik, hörbar,<br />

deren Auösung aufklingen zu lassen, bisher Unbegreiiches,<br />

Unaussprechliches und Undenkbares zu deutlich begreifbar genau<br />

vernehmlichen Gestalten geformt.<br />

Händel ist ein Ideal, ihm wird die Erfüllung zuteil. Jonke<br />

geht in seiner Dichtung wieder an den Anfang zurück – Zeit<br />

ist aufgehoben, es existiert die reine Gegenwart in der Vergangenheit<br />

und Zukunft. Im Tode schließt sich der Kreis.<br />

Händel ist der einzige Künstler, dem Jonke diese Vollendung,<br />

die ästhetische Utopie, die endgültige Erfüllung erlaubt.<br />

Und am 13. April spürte Händel, wie der Horizont von weit<br />

hinter der Stadt durch die Gassen wanderte und an seinem Bett<br />

sich niederließ (…), während er schon über seinem eigenen Körper<br />

zu schweben glaubte (…), während der Horizont mit Händel<br />

schon hinter den Stadtrand an den Saum des beginnenden Ozeans<br />

wieder zurückgelehnt war, ganz weit hinter dem stehengebliebenen,<br />

in diesem Landstrich hinter der Stadt einfach steckengebliebenen<br />

Fluß.<br />

Ingrid Ahrer<br />

- 224 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 225 -


Ensemble Prisma Wie n<br />

Prisma steht für Spielfreude, Wahrhaftigkeit und Vision in<br />

der Musik! In einem physikalischen Prisma wird einfallendes<br />

Licht in seine Strahlen aufgespalten, um dem Betrachter in<br />

seiner schönsten und reinsten Form – als Regenbogen – neu<br />

zu erscheinen.<br />

Übertragen auf das akustische Erleben nehmen wir Klang in<br />

unser Prisma auf, um ihn dem Zuhörer in seiner Reinheit<br />

und Wahrheit zu präsentieren.<br />

Prisma spielt herausragende Musik aller Stilepochen in variablen<br />

Besetzungen und natürlich auch am jeweils historischen<br />

Instrumentarium. Die Zusammenarbeit mit erstklassigen<br />

Sängern und Instrumentalisten wird gesucht, Auftragswerke<br />

an zeitgenössische Komponisten werden vergeben.<br />

Der Reiz des erhöhten künstlerischen Anspruchs an jedes<br />

einzelne Ensemblemitglied ist durch die Idee einer vergrößerten<br />

Kammermusik gegeben. Die Grenzen des Möglichen<br />

sind dabei stets Herausforderung zur Erweiterung der Besetzungsgröße<br />

– eine »gewachsene« Gruppierung also, die den<br />

hundertprozentigen Einsatz aller Beteiligten erfordert.<br />

Die mitwirkenden Musiker sind dem Gründer und Leiter<br />

des Ensembles omas Fheodoro als Kammermusik- oder<br />

Orchesterpartner, bzw. als Lehrer oder Schüler langjährig<br />

bekannt. Durch diese Wurzeln ist eine gemeinsame musikalische<br />

und stilistische Annäherung an die jeweilige Musik –<br />

gleich einem gemeinsamen »Dialekt« – gewährleistet.<br />

Prisma wurde 2004 gegründet und war u.a. bei der Styriarte,<br />

beim Klangfrühling und im Wiener Konzerthaus zu Gast.<br />

Gert Jonke, geboren am 8.1.1946 in<br />

Klagenfurt, gestorben am 4.1.2009 in<br />

Wien. Er studierte an der Universität in<br />

Wien Germanistik, Philosophie und Mu-<br />

sikwissenschaften und besuchte die Wiener<br />

Hochschule für Musik und Darstellende<br />

Kunst / Abteilung Film und Fernsehen. 1971 ging er mit<br />

einem Stipendium nach West-Berlin, wo er fünf Jahre blieb.<br />

Es folgten ein einjähriger Aufenthalt in London und ausgedehnte<br />

Reisen in den Mittleren Osten und nach Südamerika.<br />

Ab 1978 lebte Gert Jonke mit Unterbrechungen in Wien.<br />

Unter den zahlreichen Auszeichnungen: 1977 Ingeborg Bach-<br />

mann-Preis; 1997 Erich Fried-Preis; 2001 Großer Österreichischer<br />

Staatspreis für Literatur; 2005 Kleistpreis; 2006<br />

Arthur Schnitzler-Preis; »Nestroy« eater-Preis für das beste<br />

Stück des Jahres 2003, Chorphantasie, 2006 für Die versunkene<br />

Kathedrale, und 2008 für Der freie Fall.<br />

Bücher (Auswahl):<br />

Geometrischer Heimatroman. Suhrkamp, Frankfurt am Main<br />

1969, Jung und Jung, Salzburg 2004<br />

Glashausbesichtigung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1970<br />

Beginn einer Verzweiung. Residenz, Salzburg 1970<br />

Musikgeschichte. Literarisches Colloquium, Berlin 1970<br />

Die Vermehrung der Leuchttürme. Suhrkamp, Frankfurt am<br />

Main 1971<br />

- 226 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 227 -


Im Inland und im Ausland auch. Suhrkamp, Frankfurt am<br />

Main 1974<br />

Schule der Geläugkeit. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977<br />

und 2006<br />

Der ferne Klang. Residenz, Salzburg 1979; Jung und Jung,<br />

Salzburg 2002<br />

Erwachen zum großen Schlafkrieg. Residenz, Salzburg 1982,<br />

Jung und Jung, Salzburg 2011<br />

Stogewitter. Residenz, Salzburg 1996<br />

Himmelsstraße – Erdbrustplatz oder Das System von Wien.<br />

Residenz, Salzburg 1999, Jung und Jung, Salzburg 2001<br />

Chorphantasie. Literaturverlag Droschl, Graz 2003<br />

Redner rund um die Uhr. Jung und Jung, Salzburg 2003<br />

Strandkonzert mit Brandung: Georg Friedrich Händel – Anton<br />

Webern – Lorenzo da Ponte. Jung und Jung, Salzburg 2006<br />

Die versunkene Kathedrale. Verlag der Autoren, Frankfurt am<br />

Main 2006<br />

Alle Stücke. Jung und Jung, Salzburg 2008<br />

Alle Gedichte. Jung und Jung, Salzburg 2010<br />

Theaterstücke (Auswahl):<br />

Die Hinterhältigkeit der Windmaschinen. UA Steirischer<br />

Herbst 1981<br />

Damals vor Graz. UA Forum Stadtpark Graz 1989<br />

Sanftwut oder Der Ohrenmaschinist. eatersonate, UA<br />

Styriate Graz 1990. Weitere Auührungen: u.a. Hamburger<br />

Kammerspiele 1993/94 mit Ulrich Wildgruber, TV-Aufzeichnung<br />

(ORF, NDR, arte)<br />

Opus 111. UA Volkstheater Wien 1993<br />

Gegenwart der Erinnerung. UA Volkstheater Wien 1995<br />

Es singen die Steine. UA Stadttheater Klagenfurt 1998<br />

Insektarium. UA Volkstheater Wien 1999, alia-eater<br />

Hamburg <strong>2012</strong> u. a.<br />

Die Vögel. UA Volkstheater Wien 2002<br />

Chorphantasie. UA Kulturhauptstadt Europas/eater Graz/<br />

Burgtheater Wien 2003<br />

Redner rund um die Uhr. UA Semper-Depot Wien 2004<br />

Seltsame Sache. UA Ruhrtriennale 2005<br />

Die versunkene Kathedrale. UA Burgtheater Wien 2005<br />

Der freie Fall. UA Burgtheater Wien 2008<br />

Film und Fernsehen (Auswahl):<br />

Händels Auferstehung. Hessischer Rundfunk 1980, Regie:<br />

Klaus Lindemann<br />

Geblendeter Augenblick – Anton Weberns Tod. Hessischer<br />

Rundfunk 1986<br />

Redner rund um die Uhr – eine Sprechsonate. Aufzeichnung<br />

einer eaterauührung des theater 04 aus dem Semper-<br />

Depot Wien, Fernsehadaption und Bildregie: Martin<br />

Polasek, ORF/3sat 2004<br />

Reise zum unerforschten Grund des Horizonts. Ein Portrait<br />

des Dichters Gert Jonke. Buch und Regie: Ingrid Ahrer und<br />

Martin Polasek, ORF/3sat, kurtmayerlm 2008 (Österr.<br />

Fernsehpreis für Bildungsprogramme 2008)<br />

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Thomas Fheodoroff wurde in Klagenfurt<br />

geboren und erhielt am dortigen<br />

Konservatorium seinen ersten Geigenunterricht.<br />

Nach der Matura studierte<br />

er Violine an der Wiener Musikuniversität<br />

bei Günter Pichler und Ernst Kovacic.<br />

1996 schloss er sein Studium mit Auszeichnung ab. Weitere<br />

Anregungen holte er sich von Künstlern wie Igor Ozim, Erich<br />

Höbarth, omas Zehetmair und György Kurtág.<br />

Einladungen im In- und Ausland als Solist und Ensembleleiter<br />

sowie Auftritte als Kammermusiker führen ihn in nahezu<br />

alle Länder Europas, in den Nahen Osten, nach Japan,<br />

in die USA, außerdem zu Festivals wie z.B. zur Styriarte, zum<br />

Carinthischen Sommer, zum Rheingau-Musikfestival und zu<br />

den Händelfestspielen Halle. Fheodoro gab Solokonzerte und<br />

Kammermusikabende u.a. im Wiener Musikverein und Konzerthaus.<br />

Dabei arbeitete er mit Musikern wie E. Kovacic, R.<br />

Leopold, Ch. Hinterhuber, dem Quatuor Mosaique, F. Boesch, M.<br />

Bilson, B. Fink, den Brüdern Kutrowatz uvm. zusammen.<br />

Seit 1990 ist omas Fheodoro Mitglied des Concentus<br />

Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt, außerdem ist er<br />

Professor für Violine an der Wiener Musikuniversität.<br />

Ingrid Ahrer arbeitete als Schauspielerin<br />

in Italien, Deutschland, Österreich und in<br />

den USA. Sie war zuletzt als Dramaturgin<br />

und Regisseurin und als Künstlerische Leite-<br />

rin tätig. Mit Gert Jonke verwirklichte sie<br />

Kunstprojekte und Inszenierungen. Bei dem<br />

Film »Reise zum unerforschten Grund des Horizonts«<br />

(2008), einem Portrait des Dichters Gert Jonke, führte Ingrid<br />

Ahrer gemeinsam mit Martin Polasek Regie.<br />

Markus Hering<br />

Geboren am 26.04.1960 in Siegen/Westfalen.<br />

Nach dem Abitur 1979 Ausbildung<br />

zum Tischler.<br />

1983 – 87 Ausbildung an der Hochschule<br />

für Darstellende Kunst Hannover.<br />

1987 – 89 erstes Engagement am Staatstheater Kassel.<br />

1989 – 91 Städtische Bühnen Frankfurt am Main, dort erste<br />

Arbeit mit Hans Gratzer in »Nathan der Weise«.<br />

1991 – 93 Schauspielhaus Wien, »Roberto Zucco«, »Prelude to<br />

a Kiss«, »Heimatstöhnen«, »Nietzsche«.<br />

Arbeiten mit Hans Gratzer und Andreas Vitasek.<br />

1993 – 2011 Engagement am Burgtheater. Arbeiten u.a. mit<br />

Claus Peymann, Leander Haussmann, Karlheinz Hackl, Gabor<br />

Zambeki, Tamas Ascher, eu Boermans, Stefan Kimmig, Roland<br />

Schimmelpfennig, Stefan Bachmann und mehrere Male mit<br />

Christiane Pohle, die die Stücke von Gert Jonke inszenierte.<br />

2003 »Nestroy« als bester Darsteller in Gert Jonkes »Chorphantasie«.<br />

- 230 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 231 -


2008 »Nestroy« als bester Darsteller für »Verbrennungen«,<br />

»Pool«, »Freier Fall«, letzteres wieder ein Stück von Gert Jonke.<br />

Seit 1993 auch Arbeiten für Kino und TV. Regisseure wa-<br />

ren u.a. Dieter Wedel, Michael Kreihsl, Diethard Klante, Rolf<br />

Schübel, omas Roth, Costa-Gavras.<br />

2008 »Whisky mit Wodka«, Kinolm, Regie Andreas Dresen.<br />

2010 »Das Leben ist zu lang«, Kinolm, Regie Dani Levy.<br />

Im Lauf der Jahre hat sich Markus Hering immer wieder der<br />

Literatur gewidmet und mit einer Vielzahl von Lesungen<br />

den deutschsprachigen Raum bereist. Mit seiner erfolgreichen<br />

Lesung aus dem nnischen Epos Kalevala war er<br />

auch in Helsinki zu Gast. Markus Hering hat einige Hörbücher<br />

aufgenommen. Neben dem erwähnten Kalevala war<br />

es zuletzt Arno Geigers »Alles über Sally«.<br />

Markus Hering lebt mit seiner Familie in Wien.<br />

Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />

Hanna Herfurtner, Seite 20<br />

Ida Aldrian, Seite 115<br />

Jan Petryka, Seite 116<br />

Ulfried Staber, Seite 118<br />

Foto rechts: Umschlagseite zu »Strandkonzert mit Brandung. Georg<br />

Friedrich Händel – Anton Webern – Lorenzo da Ponte«. (Verlag<br />

Jung und Jung, Salzburg 2006).<br />

- 232 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 233 -


Gert Jonke<br />

DER KOPF DES GEORG FRIEDRICH HÄNDEL<br />

In manchen Gegenden der Welt gibt es den Brauch, in der<br />

ersten Frühlingsnacht auf den höchsten Bergen und Hügeln<br />

des Landes auf riesigen Scheiterhaufen den Winter zu verbrennen.<br />

Die letzten Schneeocken, so glaubt man, wirbeln<br />

dann spätestens mit dem Aschenregen der dabei oft ent-<br />

ammt zerstäubenden Wälder davon.<br />

Im Jahre 1748 wurde der Frieden von Aachen gefeiert, indem<br />

man den Krieg verbrannte. Die besseren Zeiten sollten<br />

mit einem prächtigen Feuerwerk begonnen werden. Man<br />

stellte den Pyrotechnikern ein möglichst massives Gebäude<br />

auf, damit sie ihre brennenden Gemälde umso waghalsiger<br />

in den Nachthimmel werfen konnten. Und Händel gab man<br />

das größte Orchester, das es bis damals je gegeben haben soll,<br />

damit das Feuer seiner Musik das bunt ammende Firmamentbild<br />

würdig begleite.<br />

12.000 Menschen waren meist zu Fuß zur Veranstaltung gekommen.<br />

Leider muß das Gebäude, das man konstruiert hatte,<br />

doch nicht massiv genug gewesen sein, denn als auf dem<br />

Höhepunkt der Feier alles explodierte, niederbrannte und katastrophale<br />

Panik ausbrach, mag vielleicht Händel einer der<br />

wenigen gewesen sein, denen aufgefallen war, daß die letzten<br />

Toten dieses verbrannten Krieges auch die ersten Toten<br />

dieses neuen, schon angebrannten Friedens gewesen waren.<br />

Am nächsten Tag wiederholte er die Musik ohne Feuerbegleitung<br />

zu Gunsten eines Findlingshospitals.<br />

Am 13. April spürte Händel, wie sich der ganze Barockhorizont<br />

von weit hinter London durch die Gassen der Stadt<br />

hauseinwärts über sein Bett beugte und die Straße von draußen<br />

durchs Fenster ins Zimmer stürzte, als er schon über seinem<br />

eigenen Körper zu schweben meinte und sich darüber<br />

und darunter als ein durchsichtiges Spiegeln von zuvor niemals<br />

gehörten Klängen empfand, welche durch seine wie die<br />

Ebenen des Kontinents ausgeweitete Kammer wehten, wohin<br />

sich der Horizont mit Händel aus dessen Zimmer heraus<br />

schon wieder zurücklehnte ganz weit hinter den stehengebliebenen<br />

Fluß, aus dem jene Klänge luftaufwärts kletterten, als<br />

deren durchsichtige Spiegelung sich Händel noch eine Zeit-<br />

lang empnden konnte, und im Vergleich dazu mußte ihm das<br />

gerade noch im Ansatz hörbar gewordene Echo des beginnenden<br />

Osterglockenläutens vorgekommen sein wie das auf-<br />

dringliche Fallen eines schäbig verrosteten Blechscherbens<br />

auf den Boden des katzenkopfpastergemusterten Himmels.<br />

Am 13. April, genau zweiundzwanzig Jahre zuvor, aber war<br />

ihm schon einmal Ähnliches widerfahren, allerdings ohne derart<br />

hingegeben entschlossene Endgültigkeit. Der Diener legte<br />

die gesamte ihm verfügbare Aufmerksamkeit in die Sorgfalt<br />

bei der Verrichtung seines Dienstes an jenem Nachmittag,<br />

- 234 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 235 -


denn der Meister war, verärgert wie Iange nicht mehr, hinter<br />

dem donnernden Haustor treppenaufwärts geschäumt, weil<br />

ihn die Nachlässigkeit eines oder mehrerer Mitglieder des<br />

bei ihm angestellten schlampig singenden Vokalpersonals<br />

im eater an die Wände seines Jähzorns gedrängt hatte,<br />

so daß er sein Ausbrechen in bedrohliche Handgreiichkeit<br />

nur mehr durch das Verschwinden seiner Person verhindern<br />

konnte, deren Schritte auf und ab nach wie vor erregt am<br />

Plafond zu hören waren.<br />

Die Nachlässigkeiten im Laufe der Vorbereitungen zur Aufführung<br />

hatten ein erträgliches Maß überschritten; zwar<br />

kosteten ihn die Darsteller ein Vermögen, waren aber dieses<br />

Vermögen auch einzulösen weder fähig noch bemüht.<br />

Er hielt sie nicht einmal mehr für gefühlvoll genug, die Stille<br />

eines verlassenen Zimmers, die auf einem vergilbten leeren<br />

Papier vergraben eingezeichnet gewesen wäre, vom Notenblatt<br />

schweigend herunterzusingen, und die Erregung, die<br />

ihm aus dem Kopf gestiegen, hatte schon den Plafond zum<br />

Dachboden durchbrochen, daß er nur mehr das Bedürfnis<br />

verspürte, sämtliche Tausende der abgespielt verstimmten<br />

ihm jemals zugemuteten unbrauchbaren Cembali seines Lebens<br />

gleichzeitig von der Kante des Kreidefelsens in Dover<br />

in den Kanal hinunterdonnern und am Grunde des Meeres<br />

stranden zu lassen.<br />

Die erschrockenen Sänger natürlich versuchten, ihn zu beruhigen,<br />

man habe doch gesungen, so, wie er gewollt, was,<br />

erwiderte er, gesungen, nein, er habe nichts gehört, so was<br />

nenne man also singen, und wie habe das denn geklungen,<br />

und er verfüge über völlig anderweitige Vorstellungen von<br />

der menschlichen Stimme. Aber natürlich habe das geklungen,<br />

wurde entgegnet, wie man gesungen und wie am Norenblatt<br />

vermerkt gewesen von ihm, und was, er habe gar nichts<br />

gehört, antworteten die Sänger und wollten auch gleich zum<br />

Beweis schon wieder zu singen beginnen, aber jetzt wollte<br />

Händel nichts mehr hören, aufhören, schrie er und hielt sich<br />

die Ohren zu, sofort aufhören mit Singen, er könne kein<br />

Singen mehr hören, und ab jetzt werde einfach nichts mehr<br />

gesungen.<br />

Das Haus in der Brookstreet galt schon lange vielen Nachbarn<br />

als ein Narrenhaus. Oft rauschten nachts vom wogenden<br />

Cembalo die schlafraubendsten Chaconnen oder Sarabanden<br />

durchs oen vergessene Tor, oder ackerte aus dem<br />

geöneten Fenster das schreiende Brüllen beim Singen oder<br />

brüllende Singen beim Schreien oder auch singende Schreien<br />

beim Brüllen in erstarrter Heroik italienischer Opernkonvention<br />

oder aus der Kehle des verrückt gewordenen Deutschen,<br />

einem unkorrekt musizierenden Gesangsorgan drohend um<br />

den Kopf geschlagen.<br />

Der Diener hatte es beinah soweit gebracht, mit seinen immer<br />

bauchiger gewölbten Seifenblasen das spöttische Gezeter<br />

der Lachtauben aus den Dachrinnen zu verscheuchen, als<br />

ihm eine seiner hochgestiegenen Kugeln derart übertrieben<br />

krachend zu platzen schien, daß er, um sogleich bei der Behebung<br />

einer vermuteten häuslichen Katastrophe hilfreich zur<br />

Stelle zu sein, treppenaufwärts rannte. Das Zimmer schien<br />

- 236 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 237 -


leer, als wäre es eben verlassen worden; unbesetzt das speckige<br />

Glänzen vom Sitzleder des respektgebietenden Generalmusikdirektorensessels<br />

hinterm Schreibtisch; schon wollte<br />

er wieder hinaus, da sah er den Meister reglos steif am Boden,<br />

seine Augen weit geönet ausgehöhlt im starren Blick, als<br />

strömten durch sie nicht nur die vergangenen Stunden jenes<br />

Tages, sondern langsam auch alle vorhergegangenen Wochen<br />

und Jahre aus seinem hilos mächtigen Körper ins Zimmer<br />

heraus, hinab durchs Treppenhaus ießend beim Tor auf die<br />

Straße, stadtauswärts als ein immer schwächer hörbar sich<br />

entfernendes Stöhnen und Röcheln. Auch der Kopist war ins<br />

Zimmer hereingestürzt, erschrocken, und im gemeinsamen<br />

Entsetzen der Angst um das Leben des Dienstherrn legten<br />

sie den unregelmäßig zuckenden Körper aufs Bett.<br />

Dann stürmte der Kopist, den Diener mit der Anweisung zurücklassend,<br />

Stirne und Augen des Zusammengebrochenen<br />

mit kalt gefeuchteten Tüchern zu kühlen, aus dem Haus.<br />

Ein glücklicher Zufall trieb das Gefährt eines herzoglichen<br />

Gönners herbei, der den Mann sofort erkannte und hielt.<br />

Laut wurde in die Kutsche hineingerufen, man möge bitte<br />

den Arzt zu holen behilich zu werden die Güte aufbringen,<br />

denn Händel sei gerade leider dabei, ansonsten zu sterben.<br />

Wie durch eine wild ausgebrochene Jagd scheuchte der<br />

Kutscher die Pferde zum Haus des Doktors, der sofort von<br />

der Beobachtung der wunderbaren Spektralpracht seiner<br />

gesammelten Harnproben abließ und gemeinsam mit dem<br />

Kopisten auf seinem kleinen einpferdigen Gefährt durch die<br />

Straßen zurück zu Händel trieb; er eilte das Treppenhaus besorgt<br />

aufwärts schreitend ins Zimmer, fühlte den Puls, verschnürte<br />

den schla ihm wegsinkenden Arm und verkündete<br />

laut und deutlich wie grundsätzlich zu Beginn eines jeden<br />

Krankenhausbesuches »Aderlaß«, habe man nicht gehört,<br />

»Aderlaß!«, eine Tätigkeit übrigens, die fast seine Lieblingsbeschäftigung<br />

und seiner Meinung gemäß eine stets angebrachte<br />

grundsätzliche Vorbeugemaßnahme darstellte.<br />

Der Diener war dem Verlangen nach einer Schüssel nachgekommen,<br />

schon drang die Nadel in die Vene, aus welcher<br />

durch den angeschlossenen Schlauch lange ebriges Blut ins<br />

Gefäß dampfte, bis Händel endlich erleichtert aufseufzte.<br />

Die fragenden Blicke des Kopisten, was ihm denn fehle,<br />

konnte er nur mit der Ratlosigkeit seiner Schultergesten erwidern,<br />

leider kein leichtes, sagte er dann, nicht einmal ein<br />

schweres Fieber, und auch keine Angina, eher Angina pectoris,<br />

eine vorübergehende Ohnmacht wohl in jedem Falle,<br />

entweder durch plötzliche Blutleere des Gehirns oder aber<br />

andererseits die Möglichkeit geringerer Natur einer vorübergehenden<br />

Kongestion aufgrund plötzlicher Überfüllung<br />

des Kopfes, eine nie fehlende Begleiterscheinung übrigens<br />

der beginnenden Wechseljahre, die plötzlichen Bildungen<br />

von großen Höhlungen in den Kurven der Gedankenfalten,<br />

wie er leider sehe, da sich nichts bewege, das eine Auge zum<br />

Beispiel vergesse plötzlich, ordnungsgemäß die vorschriftsgemäße<br />

Lidschlagtätigkeit richtig durchzuführen, was ihn<br />

auf leider Apoplektisches schließen lasse, ein Schlaguß,<br />

- 238 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 239 -


aufgrund zu großer Aufregungen im Laufe zu fetter und allzu<br />

ausführlicher Ernährungstätigkeit und wohl auch zu hohem<br />

Alkoholgenuß übrigens möglicherweise.<br />

Vier Monate lebte er nur in der linken Hälfte seines Körpers,<br />

die ohne die andere, nicht erfühlbare hilos im Bett baumelte<br />

und schwer neben ihm lag. So war er sich selbst widerwillig<br />

zu einem ihm anhängenden unerbittlichen Gefängniswärter<br />

geworden, der ihn hinter Schloß und Riegel hielt, zu welchen<br />

die Schlüssel verlorengegangen.<br />

Kein Wort, kein Ton entkam seinen schief herabhängenden<br />

Lippen, kein Zeichen befreite seine abgestorbene Hand aus<br />

Papier. Nur manchmal, wenn Freunde kamen, ihm Musik zu<br />

bereiten, war es, als begönnen die Töne und Klänge sich in<br />

seinen Augen zu spiegeln, als würden die ihm vorgetragenen<br />

Melodienketten von seinen Pupillen kopfeinwärts gezogen,<br />

während seine bewegliche Körperhälfte vergeblich aus dem<br />

Bett zu schwanken versuchte hausauswärts, als wollte er aus<br />

der Dämmerung der Krankenstube den wie eine im Zimmer<br />

erwachte Nachtfaltergesellschaft atternd durchs Fenster in<br />

den Tag wehenden Harmonien nachfolgen.<br />

Vor allem, um ihm aus diesem wehrlosen Stillstand zu etwas<br />

Abwechslung zu verhelfen, und wohl kaum in der Honung<br />

auf eine Besserung – auf Heilung wäre er gar nie gekommen<br />

–, empfahl der Arzt, den Komponisten in die dampfenden<br />

Kurbäder von Aachen bringen zu lassen, vielleicht erführen<br />

dort die Leiden des Meisters ein wenig der dringend nötig<br />

gewordenen Linderung.<br />

Mag diese den Reglosen fortbewegende Reise ihn auch zu<br />

einer kurzen Reise durch die erblaßten Bilderstürme seiner<br />

Erinnerung veranlaßt haben, an seine vor Jahrzehnten ständigen<br />

Reisen.<br />

Zum Beispiel nach Lübeck. Er besuchte den berühmtesten<br />

Orgelmeister des Landes, Dietrich Buxtehude, um sich um<br />

das Amt des Organisten auf der damals größten Orgel der<br />

Welt zu bewerben, das er auch liebend gern bekommen und<br />

übernommen hätte, wäre nicht die Übernahme der Stelle<br />

mit der unumgehbaren Verpichtung verknüpft gewesen, die<br />

Tochter des alten Vorgängers in den Ehestand zu übernehmen;<br />

als er aber diese zum ersten und letzten Male zu Gesicht<br />

bekommen, so daß der tragische Atem ihrer bedauernswert<br />

schuldlosen Häßlichkeit sein Gesicht streifte, hatte er<br />

sofort seine dringend erforderlich gewordene Abreise erklärt.<br />

Oder kurz danach die für ihn so entscheidende Reise nach<br />

Italien, wo ihm bald die vornehmsten und großzügigsten<br />

Mäzene die Türklinken der Eingangstore ihrer Lustschlösser,<br />

Villen und Paläste aufdrängend in die Hand hineindrückten,<br />

mit dem Ersuchen, so lange als möglich zu bleiben und seine<br />

Musik zu hören den Vorzug zu gewähren.<br />

Händel war vielleicht der erste Musiker, der sich bitten und<br />

nichts befehlen zu lassen verstanden hatte. Er saß nicht, wie<br />

viel später noch Haydn, an der Dienstbotentafel, sondern<br />

wurde von den höchsten Herrschaften als ein Herr behandelt,<br />

der sich auf die Zerlegung von Artischocken, Seespinnen,<br />

Fasanen, Hummern oder Kapaunen ebenso gut verstand<br />

- 240 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 241 -


wie auf die Zerlegung von Akkorden und Tonleitern. In<br />

Italien war fast alles erfunden worden, was für Händel lebenswichtig<br />

gewesen. Wahrscheinlich auch Italien selbst.<br />

Schon Hunderte Jahre vorher hatte ein gewisser Guido von<br />

Arezzo die Notenschrift erfunden, die es u. a. Händel erst<br />

ermöglichte, Musik zu notieren, und wodurch auch erst die<br />

sogenannte abendländische Kunstmusik entstehen konnte.<br />

In Italien wuchsen die Geigen fast schon mit den Bäumen<br />

unter der Rinde eingebaut aus der Erde, was den bis heute<br />

unübertroensten Instrumentenbauern dort daraufhin wenig<br />

Schwierigkeiten bereitete, die bis heute unübertroensten<br />

Instrumente aus dem Holz herauszuschnitzen. Etwas später<br />

hatten einige ganz besonders »Werktreue« oder Prinzipienreiter<br />

versucht, die antike Tragödie in ihren Auührungspraktiken<br />

genau wiederholend zu rekonstruieren. Aus diesem<br />

vielleicht von manchen als peinlich bezeichneten Mißverständnis<br />

heraus entstand dann die sogenannte »Oper«.<br />

Woraus man den Schluß ziehen könnte, daß der besonders<br />

starre Vorsatz absolutester Werktreue und Prinzipiengerechtigkeit<br />

entweder zu einem peinlichen Mißverständnis oder<br />

zu Jahrhunderte umwälzenden epochalen Neuerungen führen<br />

kann oder aber auch Jahrhunderte umwälzende epochale<br />

Neuerungen nichts anderes als ebenso ein peinliches Mißverständnis<br />

darstellen. Das italienische Mißverständnis »Oper«<br />

werktreu weitergeführt hat jahrhundertelang bewirkt, daß die<br />

Leute ein Musiktheater auch oder vor allem dann nur original<br />

italienisch aufgeführt bekommen haben mußten, wenn<br />

sie die italienische Sprache gar nicht verstanden. Sicher hat es<br />

auch den einen oder anderen Komponisten damals gegeben,<br />

der haufenweise italienische Libretti komponierte, ohne ein<br />

einziges Wort seiner Werke zu verstehen. Vielleicht ähnlich<br />

der katholischen Messe das Lateinische, woraus sich mancher<br />

vielleicht gar nicht schwer dazu verleiten ließe, die Oper<br />

bis heute als eine Art höherer weltlicher Kirchenanstalt zu<br />

bezeichnen.<br />

Wer aus Italien kam, war damals sofort anerkannt und weltberühmt.<br />

Deshalb wollte jeder, der etwas mehr auf sich hielt<br />

als üblich, aus Italien kommen oder Italiener sein. Halb<br />

Europa hielt etwas auf sich, hätte sich am liebsten in »Italien«<br />

umgetauft und führte deshalb die italienische Oper in<br />

ganz Europa ein. Händel z. B. in London. Er war mit seiner<br />

»Agrippina« in Venedig bekannt geworden. Im Laufe der<br />

ihm auferlegten musikalischen Wettkämpfe war ihm einzig<br />

einmal jener ihm gleichwertig befundene Domenico Scarlatti<br />

begegnet, der ihn zunächst am Flügel übertraf.<br />

Die in unüberblickbar vielfarbigem Edelsteinglitzern durch<br />

die Luft gleitenden Sonaten des Italieners waren der beängstigenden<br />

Vollstimmigkeit der die Raume ausgefüllt verschließenden<br />

Passacaglien des Deutschen einfach spielend<br />

davon gelaufen.<br />

Sein kühner Klaviersatz, seine Terzenläufe und Oktavengänge,<br />

die seine Finger oft beinahe als Lichtstrahlen erscheinen<br />

ließen, die auf die Tastatur gefallen waren, wurden ihm aber<br />

später von der Orgel, auf der ihn Händel übertraf, durch<br />

die Blasbalge einfach unsichtbar in die Pfeifen hinein verschluckt.<br />

- 242 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 243 -


Der denkwürdigste aller Mäzene war jener Ottoboni gewesen,<br />

ein Kardinal, der seine schwer zahlbaren Freundinnen zu<br />

einem einträchtigen Chor von den damals besten Malern des<br />

Landes gepinselter Ölgemälde an den Wänden seines Schlafgemachs<br />

versammelt hatte, dargestellt als locker bekleidete<br />

Gestalten berühmter weiblicher Heiliger, geordnet gemäß<br />

des laufenden römischen Kirchenkalenderjahres.<br />

Dieser sogenannte Kardinal hatte ihn zu jenen sogenannten<br />

arcadischen Gesellschaften eingeladen, im Laufe derer Parkfestlichkeiten<br />

die damals vornehmsten Leute des Landes sich<br />

in parfumierte Schäferkostüme warfen in der Begleitung des<br />

stumpfsinnigen Blökens der frisch gewaschenen und sorgfältig<br />

shampoonierten Schafe, welche sie nicht nur zu hüten,<br />

sondern immer auch ins Trockene retten zu müssen meinten;<br />

in den von ihren oft herkulisch geprüften Dienern täglich<br />

gesäuberten Augiasstallarchitekturimitationen und beim<br />

Gesang dilettierender Epigonen, derer in vergilischem Abglanz<br />

matten Verse von der unerreichbaren Schönheit des<br />

einfachen Lebens am Lande, kamen sie sich vor wie aus den<br />

vergangenen Jahrtausenden zurückgebliebene, übriggelassene<br />

Halbgötter der antiken Natur, in welcher sie das Auftauchen<br />

der Nymphen aus dem Plätschern der Bäche jede<br />

Sekunde erwarteten oder hilos durch die Sträucher baumelnd<br />

den hinterhältigen Zaubern einer verborgenen Circe<br />

sich entkommen wähnten, welche sie um ein Haar in jene<br />

Schweine verwandelt hätte, als welche sie durchaus nicht gehütet<br />

werden wollten, aber der chefgöttliche Stier, der sich<br />

der unbezwinglich schönen Europa näherte und sie vielleicht<br />

auch schon auf seine Schultern zu hieven verstanden hatte,<br />

wird wohl kaum mehr dazu gekommen sein, mit ihr im Meer,<br />

geschweige denn im Tiber davonzuschwimmen, sondern er<br />

wird sich wohl bald als ein Ochse herausgestellt haben, der<br />

auf einer Wiese über dem Feuer gespalten gedreht worden<br />

sein dürfte.<br />

Was Händel als lange danach verbliebene Erinnerung davon<br />

noch gegenwärtig geblieben war, mag ihm vielleicht viel später<br />

zur Idee seines Singspieles »Acis und Galathea« gereicht<br />

haben, jener Geschichte von dem die Schäferin liebenden<br />

Schäfer, der von der Schäferin geliebt wird, aber die rasende<br />

Eifersucht eines vom brennenden Verlangen nach der Schäferin<br />

getriebenen Polyphemen fährt dazwischen, der ob des<br />

einträchtigen Glückes der beiden verzweifelt und eines Tages<br />

einen Felsen auf den gerade genau unter ihm aufgestellten<br />

Viehhüter fallen läßt, der zu Tode getroen unterm herabgestürzten<br />

Berg begraben unterm Stein in nach wie vor fortgesetzt<br />

gesungenem Klagen anhält, welches aus dem Felsen<br />

eine klagende Quelle zu entspringen veranlaßt, aus der sich<br />

ein munter weiterklagend durchs Land davonlaufender Bach<br />

zu ergießen beginnt, dessen Wellen aber aus nichts anderem<br />

bestehen als dem immer länger bis zum Ende der Gegend<br />

gebreiteten Kleid der nach immer weiter singend den ihr<br />

weggenommenen Hirten beklagenden Hirtin, die das Wasser<br />

entlang den Wellen ihrer Kleiderschleppe folgend weitergeht,<br />

bis sie entweder in den nächsten ihren Weg kreuzenden Fluß<br />

oder aber ins Meer sich ergießt im Laufe der friedlich erlösenden<br />

Mündung.<br />

- 244 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 245 -


Während Händel die Sänger zu sich ans Cembalo rief, um<br />

mit ihnen weiter zu proben, hatte der Tanzmeister gebeten,<br />

mit seinen Darstellungsschülern zu üben beginnen zu dürfen,<br />

und zierte sich in seinen folgenden Gebärden wie ein<br />

Kammerjäger, dem eine Wanze durch die ständig herumgefuchtelten<br />

Lappen gehen könnte, während er seinen choreographisch<br />

unterwiesenen Darstellern vorzuführen begann<br />

und jene nachzumachen auorderte, wie man sich ohne von<br />

Hektik getrieben systematisch bewegt, als würde man soeben<br />

auf ein Tafelbild hinaufgezeichnet, ruhig geordnet im<br />

ständigen Blick den Betrachtern zugewandt, gemäß den<br />

unumstößlichen Regeln herrschender Dramaturgie möglichst<br />

gleichgeschaltet links und rechts zum selben Zeitpunkt<br />

auftretend, von rechts als etwas Gutes und von links als das<br />

Böse und in der Mitte nur, als sei man der leibhaftige Deus<br />

ex machina, und wie man seinen Widersacher während eines<br />

unweigerlichen Duells mit dem Dolch oder sonst einem spitzen<br />

Gegenstand, der gerade bei der Hand, im Laufe ganz<br />

bestimmter in welcher Lage auch immer mehr oder weniger<br />

günstig im Zuge was für einer Bewegung und in welchem<br />

Takt am besten ordnungsgemäß zu erstechen habe.<br />

Hauptsächlich wollte Händel Gewißheit darüber erlangen,<br />

ob die Sängerin kurz vorher, als er einmal seinen scharfüberwachenden<br />

Blick von ihr abgewandt hatte, das hohe C auch<br />

selbst gesungen oder ob schon wieder der Kastrat ihres Liebhabers<br />

den Ton aus ihrem Hals sich gescht hatte, weil er<br />

ihn besser zu treen verstand als sie, bis ihn das Schnarchen<br />

des Polyphemen, der selbst sein ihm aufgemaltes Auge auf<br />

der Stirn geschlossen hatte (aus Erschöpfung aufgrund der<br />

täglich acht- bis zehnstündigen Proben), einem Zornkrampf<br />

übergab, der ihn das eater zu verlassen zwang und der vielleicht<br />

auch jenen Schlag herbeigeleitet haben mag, der später<br />

zu Haus seinen Körper geteilt hatte.<br />

Wieviel Musik doch in ihm eingesperrt war, die immer bedrängender<br />

aus ihm herauswollte, aber im bewegungsunfähigen<br />

Körper als einem immer dichter und beinah schon<br />

bedrohlich vielstimmig verwobenen Harmonienkreislauf für<br />

immer gefangen schien und ihn manchmal schon bedenklich<br />

ungeordnet aus allen hörbaren Tönen gleichzeitig zusammengesetzt<br />

durchdrang, als hätte sein Kopf zufällig das<br />

Echo der Explosionen eines Urlauts vom Zerspritzen einer<br />

niemandem je begreiich weit entfernten fremden Sonne<br />

empfangen, und als hätte sich dann der Schatten des Lärmens<br />

ihres mehrere Millionen Dämmerungsjahre langsamen<br />

Erlöschens hinter seine Stirne verirrt. Sein Drängen, sich<br />

endlich wieder allem zu önen und die Ordnung im inneren<br />

Klanguniversum wieder herzustellen, ließ zwar sein Klagen<br />

heftiger und schmerzlicher ansteigen, ließ ihn aber zugleich<br />

immer entschlossener und stärker werden, fast ähnlich den<br />

heißen Quellen, die aus dem Innern der Erde strömten, im<br />

dampfenden Kreislauf des Planeten vom Herzschlag eingeschlafener<br />

Vulkane hochgetrieben.<br />

Von Anfang an ignorierte er die Ärzte samt deren kleinmütiger<br />

Warnung, nicht länger als täglich drei Stunden im<br />

Wasser zu schwitzen, sein Körper würde sonst von der mit<br />

dem durchs Zentrum des Planeten getriebenen Wasser hoch-<br />

geschwemmten geheimnisvollen Macht des glühenden<br />

- 246 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 247 -


Erdmittelpunktes erdrückt. Aber mehr erdrückt, als er ohnedies<br />

war, konnte er nicht werden, deshalb überließ er sich<br />

ganz den ermen, vertraute sich blind deren Gewalt an,<br />

hüllte sich derart hingegeben in den Dampf der Geysire, als<br />

ließe er sich vom Inneren des Planeten umarmen beim Versuch,<br />

sich den Körperkäg wegschwemmen und abstreifen zu<br />

lassen, fast so, als wäre er unter die unerforschte Oberäche<br />

der Welt hinabgetaucht, um sie sich in ihrer Gesamtheit als<br />

einen heißen Umschlag umzubinden.<br />

Neun Stunden ließ er sich täglich durchs Wasser gleiten, und<br />

es war, als löste sich nach und nach das unsichtbare Gefängnis<br />

von ihm, aufgebrochen in den schwefeligen Dampfwolken.<br />

Schon nach einer Woche schleppte er sich ohne Hilfe durch<br />

die vornehm gekachelten Hallen des Bades, da in seinen verwelkten<br />

Arm wieder Bewegung einkehrte, und auch seine<br />

abgeschlat hängenden Lippen begannen sich zu straen<br />

zur Formung langsam wiedergewonnener Worte und Sätze,<br />

die seine dankbare Verwunderung zu staunendem Leuchten<br />

brachte, als wäre mit den wieder ausdruckverleihbaren Gefühlen<br />

und Empndungen auch vieles, was noch nie zuvor<br />

ihm ins Gedächtnis getaucht gewesen, hochgekommen, das<br />

er zwar spüren, aber nicht benennen konnte.<br />

Am letzten Tag vor der Abreise schritt er durch die Hallen des<br />

Domes emporenaufwärts zur ihm bereits geöneten Orgel.<br />

Zunächst begann er vorsichtig nur mit der Linken allein einige<br />

Finger über das obere Manual gleiten zu lassen, und dann<br />

erst führte er die Rechte, zunächst ängstlich, am unteren Manual<br />

hinzu, und als auch deren Finger seinen Befehlen tadel-<br />

los gehorchten und seinen Anforderungen entsprachen, ließ<br />

er den gesamten Innenraum das steinernen Schies dankbar<br />

aus dem vollen Werk herausrauschen und durchs Dachgestühl<br />

uten, daß die steinernen Seitenplanken zu zittern begannen,<br />

während er seinen zu ganz neuer unbekannter Beweglichkeit<br />

erwachten Körper von der Orgel durch die ganze<br />

Halle gespannt zu fühlen meinte als einen Bestandteil jenes<br />

übermächtigen Tönens durchs Marmorschi, das berstend<br />

vollgefüllt war von den Korridoren dieser geöneten Harmonieschleusen,<br />

und beinahe schien dieses Kirchengebäude<br />

sich zu bewegen, ganz locker und leicht schwankend, als wären<br />

dem Dach des riesigen backsteingezimmerten Frachters<br />

draußen am Turm die Segel gesetzt worden für eine beginnende<br />

Reise die Ebenen Flanderns auswärts zur Küste über<br />

den Kanal des Meeres, zurück ihn sofort zu befördern, mitten<br />

hinein in die Hauptstadt der Insel.<br />

Sofort begann er so viel wie vorher noch nie zu arbeiten, um<br />

alles, was in verloren gelähmter Zeit versäumt werden mußte,<br />

zu notieren, endlich auf die Oberäche der Systematik seines<br />

Notenpapiers hinaufzubefreien, um alles, was angestaut<br />

verblieben war, musikalisch geordnet erklingbar auszubreiten.<br />

Um seinen vertragswidrig schon vor einer halben Ewigkeit in<br />

Hannover sitzengelassenen fürstlichen Dienstherrn, welcher<br />

aufgrund günstiger Verwandtschaftsverwicklungen einerseits<br />

und der englischen königlichen weiblichen Kinderlosigkeit<br />

andererseits einmal zum künftigen König der Insel vorgesehen<br />

war, wieder zu versöhnen, befahl er selbst dem Fließen<br />

der Wassermusik der emse, seinem Rhythmus und keinem<br />

- 248 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 249 -


der aufkommenden Windstöße sich unterzuordnen und deren<br />

Wellen, genau nach seiner Pfeife tanzend, an die Uferböschung<br />

und die Bordwände der über sie hinweggleitenden<br />

Schie zu schlagen.<br />

Bald aber kehrten die schlechten Zeiten wieder zu ihm zurück.<br />

Zunächst unterbrach der Tod der Königin alle Auührungen.<br />

Aber auch danach blieben die Zuschauer fern, durch<br />

einen ausgebrochenen spanischen Erbfolgekrieg vom Geldmangel<br />

überrascht oder aber übersättigt vom schnurgeraden<br />

Ernst der ihnen in jenen Krisenwochen immer unverständlicher<br />

gewordenen Erhabenheit seiner steifen italienischen<br />

Opernhelden und Heldenopern, die ihnen entweder nicht<br />

mehr fein genug waren oder zu fein geworden. Das eater<br />

blieb leer, und so verließen ihn auch bald alle anderen und<br />

selbstverständlich auch Ihre Impertinenzen, die sogenannten<br />

Herren Kastraten, welche sich aus ihrem astronomischen<br />

nanziellen, ihn ausblutenden Verdienst durch den oft nur<br />

mangelhaften Gesang seiner Arien vielfach die kuriosesten<br />

Paläste bauen lassen konnten, und hatten sie es vielleicht<br />

ihm heimzahlen wollen, was ihnen im Knabenalter angetan<br />

worden war von den unverantwortlichen Sauschneidern der<br />

fürchterlichen, den Fortbestand der Gesangskultur zu sichern<br />

vermeinenden Kinderchorleiter, vor deren verstümmelnder<br />

Gewalt keine sich der Pubertät nähernde schöne Stimme sicher<br />

sein konnte.<br />

Aber auch seine musikalischen Einfälle samt ihrer die Sinne<br />

verzaubernden Macht schienen ihn zu verlassen, denn alles,<br />

was er mit steigender Verbissenheit dagegen zu komponieren<br />

versuchte, geriet ihm nun mehr blaß zu kraftlosen Klangschattengewächsen,<br />

bis er, auch des letzten verbliebenen Mutes<br />

verlustig, zu schreiben aufhörte.<br />

Warum die heißen Quellen ihn nicht bei sich behalten hätten,<br />

und warum er einer bedenklichen Befreiung wie dieser<br />

ausgesetzt war, fragte er sich, wenn er müde abends durch<br />

die Öde der überfüllten Straßen, die ihm wie leergefegt vorkamen,<br />

irrte, und welche ihm wie von den Gefühlen seines<br />

inneren Verzweifelns aus dem eigenen Kopf auf die Dächer,<br />

Gassen und Plätze gesunken erschienen, als habe sich seine<br />

Einfallslosigkeit als ein grenzenloses Trauern um die Häuser<br />

gehüllt.<br />

Doch war es vorwiegend eine boshafte Trauer, denn die jahrelange<br />

Lästerkonkurrenz verdiente blendend, wenn auch<br />

zum Teil auf seine Kosten, indem man einigen seiner Werke<br />

ihren schnurgeraden Ernst raubte und sie in satirischer Verspottung,<br />

zu schlagkräftigen Witzen verwandelt, in die randalierende<br />

Öentlichkeit zurückschleuderte.<br />

Denn zu einem bedeutenden Anteil hatte er seinen Niedergang<br />

jener Betteloper des John Gay zu verdanken, welche das<br />

Publikum stürmte, und mit der steigenden Begeisterung der<br />

Leute an jener schien das Interesse an Händel zu versiegen<br />

angesichts eines eaters, in dem die adelige Hochnäsigkeit<br />

verkommener Grafen die Verschlagenheit heruntergekommener<br />

Gassenprostituierter ehelichte und nebenbei auch<br />

einige seiner Melodien, klug verstümmelt zu Gassenhauern,<br />

über die Bühne geworfen wurden mit derart bewundernswert<br />

- 250 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 251 -


hinterhältiger Aufrichtigkeit, daß selbst er daran noch einigen<br />

kurzweiligen Gefallen zu nden vermochte.<br />

Man habe nun endlich genug, erklärte John Gay, genug von dahergeogenen<br />

Göttern, diesen Landstreichern der Luft, Luftstreichern<br />

des Himmels, ausgestopften Herren, die wie auf Stelzen<br />

über den geschnürten Boden kämen, und auch genug von den in<br />

veredelte Wolfsfellmäntel gekleideten gütigen Schäfern und Schäferinnen,<br />

denn nun habe sich das allgemeine Interesse zu Gunsten<br />

der eher herkömmlichen Diebe, Landstreicher, Betrüger, Bettler,<br />

Zuhälterinnen und Hehlerinnen verschoben, und die Sprache, in<br />

der jene sich unterhielten, sei gar nicht minder vornehm, sondern<br />

durchaus hösch, wenn sie sich auch nur in den zwielichtigen<br />

Winkeln der Hinterhöfe versteckt halte.<br />

Alles, was man in den gefeierten Opern suche, nde man hier bei<br />

ihm ebensogut, und die gefolterten Gefangenenchöre ließen seine<br />

Kerkermauern nicht weniger erschütternd erbarmungslos bleiben<br />

als üblich, man könne beruhigt weiter weinen.<br />

Gewiß werde es vom werten Publikum gar nicht gerne gesehen, wenn<br />

dieser gerade auftauchende Mister Macheath hingerichtet werde.<br />

Aber natürlich, erwiderte der Henker, um dem Stück zu einer<br />

poetischen Vollendung, wie sie nur dem Meister Händel geläug<br />

sei, zu verhelfen, werde es günstiger sein, ihn zu hängen, denn<br />

auch die anderen Schießbudenguren dieser Geschichte seien ja<br />

wahrscheinlich entweder gehängt oder verbrannt oder deportiert<br />

worden, in alle Winde zerstreut.<br />

Nur dafür daß er aus dem Gefängnis ausgebrochen, wie man sehe,<br />

lamentierte darauf dieser durchgebrannte Windbeutelkapitän, sei<br />

er zur sofortigen Hinrichtung verurteilt worden, Deshalb gebe<br />

er allen den guten Rat, niemandem mehr zu trauen, auch nicht<br />

den eigenen Leuten, nicht einmal denen, die sich einem zutiefst<br />

anvertraut hätten, denn dann lebe man wahrscheinlich einige<br />

Monate länger als sonst.<br />

Und er vertraute auch nicht einmal seinen besten Freundinnen,<br />

die den Anblick des Strickes um seinen Hals nicht ertrugen, sondern<br />

vorgezogen hätten, mit ihm gemeinsam gehängt zu werden,<br />

anstatt allein zurückzubleiben, sondern gab ihnen nur den gutgemeinten<br />

Rat, sich doch besser nach Westindien verschien zu lassen,<br />

wo ihnen bestimmt das Glück beschieden, mindestens einen,<br />

wenn nicht zwei oder drei Ehemänner wiederzunden.<br />

Und als dann aber mindestens vier der Frauen mit seinen unehelichen<br />

Kindern auftauchten und womöglich auch noch mit ihm<br />

gehängt werden, mit ihm kommen wollten, da graute ihm nur<br />

mehr vor den vermutlich darauf bald anfallenden über-irdischen<br />

Unterhaltskosten und kosmischen Alimentenforderungen jenseits<br />

dieser Welt.<br />

Durch die feucht und staubig vom Himmel herabhängenden<br />

Finsternisfetzen ging Händel in jener Nacht zu seinem Haus<br />

zurück, wo alles schlief. Im Zimmer überkam ihn wehmütige<br />

Erinnerung an jene früheren Zeiten, als er von seinen<br />

Nachtspaziergängen stets die neue Linie einer Melodie, welche<br />

ihm aus den leisen Selbstgesprächen des Flusses von einer<br />

vorlaut hochgesprungenen Welle ans Ufer geworfen wurde,<br />

- 252 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 253 -


oder ein paar denkwürdige Akkorde aus den Faltenwürfen<br />

des über die Dachböden gebreiteten Nachtföhnes heim und<br />

gleich zu Papier gebracht hatte. Aber in diesen Wochen und<br />

Tagen hatten sich ihm auch die Atemzüge der erwachten<br />

Nächte zu verweigern angefangen, befanden ihn nicht mehr<br />

vertrauenswürdig genug, ihm das Geheimnis ihrer Geräusche<br />

zur Entzierung zu überantworten. Oder lag es an ihm, seinem<br />

Gehör, seinem Empnden, abgestumpft von der Enttäuschung<br />

über die Schmähungen treuloser Gleichgültigkeits-<br />

öentlichkeit?<br />

Der Schreibtisch war leer, wie immer.<br />

Aber da war noch was, etwas im Kerzenackern Schimmerndes,<br />

leicht bewegt im zitternden Schwanken der Flamme<br />

selbst seinen in langsamer Ratlosigkeit schwimmenden<br />

Augen entgegenwinkend ersichtlich. Ein Paket, ein Brief<br />

vom Textdichter, der ihm »Saul« und »Israel in Ägypten« zu<br />

brauchbar zurechtgeschneiderten Versen zusammengezimmert<br />

hatte.<br />

»e Messiah«. Der Titel einer neu von ihm komponiert zu<br />

werden vorgeschlagenen Textvorlage. Der wollte aus ihm<br />

noch restlos einen Narren machen, und noch dazu war es<br />

eines dieser für alle Musikkrankheiten und Klangharmonie-<br />

verstimmungen so überaus anfälligen Oratorien, die auch<br />

nicht viel weiter geführt hatten als hierher.<br />

Aber beim Lesen der ersten Zeile umng Händel eine in<br />

gerade seinem Zustand unerklärlich wohltuende, ihn beru-<br />

higende Erregung, eine Unerschrockenheit breitete sich um<br />

ihn, als wäre alles auf einmal ganz anders geworden. Er solle<br />

sich trösten, konnte er lesen, und ganz ruhig sein, und nichts<br />

mehr werde ihn ab nun bedrängen können oder behelligen,<br />

denn ab diesem Punkt des Lebens sei er aufgehoben derart,<br />

daß man ihm nichts mehr anzuhaben vermöge.<br />

Es war, als prasselte ein trockener Klangregen in einem aufgekommenen<br />

Harfengewitter auf das Dach seines Hauses,<br />

nein, über alle Dächer der Stadt und aller Städte und Dörfer,<br />

und ein Feuer schien Händel ins Zimmer gedrungen zu sein,<br />

in dem er noch immer überm Schreibtisch gebeugt saß und<br />

schon einen ganzen Stoß Notenblätter vollgeschrieben hatte,<br />

und waren es das Feuer und die seinen Kopf kühlenden<br />

Flammen eines dargebrachten Dankopfers, das er jetzt zum<br />

Klingen brachte, oder war es schon das zu ihm voraus mitten<br />

in die Nacht herbeigesandte Feuer eines bald schon neu<br />

anbrechenden Tages, der das Gestrüpp der vertrockneten<br />

Sträucher des Morgengrauens entzünden würde, das der<br />

Osten aufgefackelt hochschwemmte aus seiner Versenkung<br />

hinterm Rand des Ozeans?<br />

Es war, als hätte er sich den Äther höchstpersönlich als einen<br />

übersichtlich notenlinieng streiften Papierbogen auf den<br />

Schreibtisch geheftet und beschriebe hastig genau das<br />

Brechen der Tageszeitengewitter durch die Gezeiten der<br />

Nächte hindurch.<br />

Im Auf- und Abrufen der Chöre, die er durch die unermeßlichen<br />

Konzertsäle aller Horizonte fegte, stürzten deren vom<br />

- 254 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 255 -


aufbrausenden Geüster der Wälder begleitete Stimmen als<br />

Vogelschwärme durch die geöneten Katarakte des Himmels,<br />

unterwegs auf ihrer Besiedelung der Atmosphäre, und<br />

zerrissen die ihnen untergekommenen Wolken mit ihren<br />

Flügelschlägen in kleine Streifen und Lappen, die weit herabhingen<br />

in die Felder des Tieands, aufgelöst zu freundlichem<br />

Leuchten herabgleitender Lichthageltriller.<br />

Ein unfaßbar selbstverständliches Glücksempndungsblitzen<br />

durchdrang Händel immer wieder, und eine Freude<br />

durchutete den Komponisten wie heftiger Aschenregen,<br />

der sich aus ihm erhob und auch die letzten Spuren in ihm<br />

ausgebrannter Ruinenschatten fortströmte ins unerreichbar<br />

tiefe Vergessen der gewissenhaft abgeklärten Lagunen seiner<br />

Erinnerung, als wären mit seinem Wiedererwachen gemeinsam<br />

auch bisher fremd gewesene Bereiche eines ganz neuen<br />

Fühlens und Wissens hochgetaucht, die er spüren, aber nicht<br />

benennen konnte, doch, benennen, klingend übertragen, und<br />

war er allen verstecktesten Rätseln hautnah auf der Spur mit<br />

den Tönen seiner gerade neu komponierten Musik, hörbar<br />

deren Auösung aufklingen zu lassen, bisher Unbegreiiches,<br />

Unaussprechliches und Undenkbares zu deutlich begreifbar<br />

genau vernehmlichen Gestalten geformt.<br />

Nach drei Wochen war die Arbeit beendet. Aber noch fehlte<br />

ihm darüber ein alles nachtklängeüberspannendes weit aufwärts<br />

die Atmosphäre hindurch gebogenes hörbares Dach,<br />

das er mit allen erreichbaren, ganz wie zum erstenmal gesungenen<br />

Lichtstrahlenstimmen als eine von allen Mauerseglerschwärmen<br />

der Insel geochten zusammenklingende Kuppel<br />

über die große Landschaft des Werkes hinwegziehen wollte,<br />

daß es endgültig so würde, wie es sein sollte.<br />

Am 13. April hörte man das Werk zum erstenmal in Dublin.<br />

Seit damals brachte ihn nichts mehr aus der Fassung, obwohl<br />

er oft noch ähnlichen Mühsalen ausgesetzt war wie davor.<br />

Aber alle Anstrengung war ihm mühelos hinter sich werfbar,<br />

sämtliche ihm geltende Seitenhiebe schlugen ihm nur nicht<br />

verletzende Wunden, und durch die ihm verschlossen gebliebenen<br />

Türen ging er einfach im Vorbeigehen.<br />

Die Stiegenhäuser der Tage und Wochen und Jahre lagen<br />

ganz eben ausgebreitet vor ihm auf seiner noch oftmaligen<br />

Reise durch die buntgefärbten Luftkirchenschie im Glanz<br />

der Jahreszeiten, begleitet vom immer noch durchsichtigen<br />

Aufruhr der Sehnsucht seiner bewegten inneren Landschaftsbilder,<br />

deren Ausstrahlung aber auf seine äußere<br />

Umgebung so stark war, daß sie mehr und mehr abzufärben<br />

begannen, bis sich seine Umwelt an die Gegenden seiner inneren<br />

Bilder derart angepaßt hatte, daß die Bilder, die er um<br />

sich gebreitet sah, mit den Darstellungen, die er in seinem<br />

Innersten überschauen konnte, übereinstimmend identisch<br />

geworden waren.<br />

Auch als er blind geworden im hohen Alter, hörte er nicht auf<br />

zu sehen, sondern sah mit seinem unermeßlichen Gehör und<br />

hörte dann alles durch die Fenster seiner innersten Augen.<br />

Waren ihm seine schwer zählbaren Werke mit dem Verstreichen<br />

der Zeit vermutlich bald selbst nicht mehr überschaubar<br />

- 256 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 257 -


gewesen, so daß er vielleicht anng, sie nach und nach langsam<br />

wieder so in sich zurück hineinzuvergessen, wie sie Jahrzehnte<br />

zuvor aus ihm herausgeströmt waren, so blieb ihm<br />

der Messiah immer gegenwärtig, begleitete ihn überallhin.<br />

Er liebte das Werk, weil er mit ihm auch sich selbst ganz<br />

neu geformt erschaen empfand. Deshalb wollte er damit aus<br />

der Öentlichkeit sich verabschieden, ehe er den endgültigen<br />

Rückzug beschloß.<br />

Am 6. April führte man den schwerkranken 74jährigen zum<br />

letzten Mal nach Covent Garden aufs Podium. Seine Person<br />

war schon lange zu einer Institution geworden, bei deren Erscheinen<br />

zwei Kerzen vorangetragen aufs Cembalo gestellt<br />

wurden.<br />

Er saß da wie sein ganzes Leben bis jetzt noch immer, alleingeblieben<br />

inmitten der Menge, die er nicht sah, doch als<br />

durch die aufkommenden Cembalogewitter die undurchdringbar<br />

dichten Chöre der zurückkehrenden Zugvogelwolken<br />

die Fenster des Hauses durchstießen und herbeischwammen<br />

und schon aufgelöst im Jubel der ihm dargebrachten<br />

orkanisch berechneten Beifallskundgebungen seine Augenlider<br />

streiften, leuchtete sein vom unendlich oftmaligen Erwachen<br />

müde gewordenes Gesicht durch den Saal.<br />

Erschrocken führte man ihn zurück ins Haus, wo er sich hinlegte,<br />

ohne sich je wieder erhoben zu haben.<br />

Und am 13. April spürte Händel, wie der Horizont von weit<br />

hinter der Stadt durch die Gassen wanderte und an seinem<br />

Bett sich niederließ, während die Straße von draußen durchs<br />

Fenster ins Zimmer stürzte und er schon über seinem eigenen<br />

Körper zu schweben glaubte, der als ein durchsichtiges Spiegeln<br />

von bisher noch niemals gehörten Klängen empndbar<br />

geworden, die aus seiner Kammer, die so weit geworden war<br />

wie eine der Ebenen des Kontinents, zurückuteten, während<br />

der Horizont mit Händel schon hinter den Stadtrand an den<br />

Saum des beginnenden Ozeans wieder zurückgelehnt war,<br />

ganz weit hinter dem stehengebliebenen, in diesem Landstrich<br />

hinter der Stadt einfach steckengebliebenen Fluß.<br />

Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Jung und Jung<br />

- 258 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 259 -


Samstag, 15.09. | 24 Uhr<br />

Seminarkirche Tanzenberg<br />

Forgotten Secrets<br />

Eine phantastische Reise durch Kulturen & Zeit<br />

Konzert mit trigonale-<br />

Konzert mit den<br />

Eclipse<br />

Layil Barr: Blocköten, Viola da gamba<br />

Jean Kelly: Harfen<br />

Ripton Lindsay: Tanz<br />

Singers<br />

in Residence<br />

von Elisabeth Naske<br />

Clare Wilkinson: Mezzosopran<br />

Bjarte Eike: Violine<br />

Andrea Pandolfo: Trompete<br />

Paolo Pandolfo: Viola da gamba<br />

Singers in Residence<br />

Ida Aldrian: Mezzosopran<br />

Hanna Herfurtner: Sopran<br />

Jan Petryka: Tenor<br />

Ulfried Staber: Bass<br />

Einleitung<br />

Wer sich zu mitternächtlicher Stunde aufmacht, um in einem<br />

einzigartigen Raum – der Seminarkirche Tanzenberg – Musik<br />

zu erleben, kann mit Recht mehr erwarten, als nur ein Konzert,<br />

das ebenso gut zu einer typischen Tageszeit stattnden<br />

könnte.<br />

So haben sich die Künstler des heutigen Abends vorgenommen,<br />

uns mitzunehmen auf eine Reise durch Zeit und<br />

Kulturen, auf der wir Märchen aus aller Welt, Merulas betörend<br />

schönem »Canzonetta Spirituale Sopra alla Nanna«,<br />

sephardischer und mittelalterlicher Musik, Hildegard von<br />

- 260 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 261 -


Bingens Visionen, längst vergessen geglaubten Geheimnissen<br />

und Dämonen und Kobolden begegnen werden. Durch das<br />

behutsame Einweben unseres heurigen trigonale-Auftragswerkes<br />

– geschrieben von der österreichischen Komponistin<br />

Elisabeth Naske – und von zeitgenössischem Tanz sollte es<br />

uns gelingen, die Brücke ins Hier und Jetzt zu schlagen.<br />

An dieser Stelle ist es der trigonale ein besonderes Anliegen,<br />

der Firma HSH – Holz die Sonne ins Haus – für ihre Unterstützung,<br />

die weit über das normale Maß einer Sponsortätigkeit<br />

hinausgeht, zu danken. Sie ist es auch, die das heurige<br />

Auftragswerk mit dem Titel klima.wandel ermöglicht hat.<br />

Elisabeth Naske, die Komponistin unseres<br />

Auftragswerkes, studierte Violoncello<br />

bei Heidi Litschauer am Mozarteum Salzburg<br />

und am Konservatorium Basel in der<br />

Konzertklasse von omas Demenga, wo sie<br />

1987 das Konzertreifediplom erhielt.<br />

Meisterkurse u.a. bei Frans Helmerson, Heinrich Schi,<br />

Christoph Coin und Sándor Végh folgten.<br />

Sie war Mitglied des Gustav Mahler Jugendorchesters unter der<br />

Leitung von Claudio Abbado, Vaclav Neumann u.a. und wirkte<br />

in mehreren Kammerorchestern, wie der Camerata Bern, der<br />

Serenata Basel, und der Camerata Academica Salzburg unter<br />

der Leitung von Sándor Végh mit. Die Kammermusik bildet<br />

einen wichtigen Bestandteil ihres musikalischen Wirkens mit<br />

Partnern wie omas Demenga, Heinrich Schi und omas<br />

Zehetmair, sowie dem Pascal Trio, dessen Mitbegründerin<br />

sie 1993 war und mit dem sie u.a. im Rahmen der Salzburger<br />

Mozartwoche und der Schubertiade Feldkirch konzertierte.<br />

Weiters wirkte sie in verschiedenen Barockensembles mit<br />

und trat als Partnerin von Elisabeth von Magnus und Anthony<br />

Spiri am Barockcello auf. Von 1998 bis 2003 nahm sie Kompositionsunterricht<br />

bei Tristan Schulze in Wien, mit dem sie<br />

auch gemeinsame stilübergreifende Programme als Celloduo<br />

gestaltete. Mit der Vertonung des »Kleinen Ich-bin-Ich« von<br />

Mira Lobe im Jahr 2001 erregte sie die Aufmerksamkeit sowohl<br />

des Musikverlages Schott, unter dessen Vertrag sie seitdem<br />

steht, als auch der Volksoper Wien, die sie mit einer Kinderoper<br />

beauftragte. »Die Feuerrote Friederike« nach einem<br />

Buch von Christine Nöstlinger wurde 2004 als Auftragswerk<br />

der Wiener Volksoper am Dach der Wiener Staatsoper urauf-<br />

- 262 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 263 -


geführt. Weitere Opernaufträge folgten, 2007 »Die Omama<br />

im Apfelbaum« nach einem Buch von Mira Lobe, ein Auftragswerk<br />

der Staatsoper Wien, 2008 »Die rote Zora« nach<br />

einem Buch von Kurt Held, im Auftrag des eaters Luzern in<br />

Koproduktion mit dem Grand éatre du Luxembourg. Für die<br />

Produktion »Die Glücksfee« nach einem Buch von Cornelia<br />

Funke wurde sie Preisträgerin beim Find it Wettbewerb der<br />

Jeunesses Musicales Österreich.<br />

Auch mit den Vertonungen von »Sindbad der Seefahrer«<br />

2004, »Der selbstsüchtige Riese« nach einem Märchen von<br />

Oscar Wilde 2006, »Ouroboros, eine musikalische Schöpfungsgeschichte«<br />

2009, »Des Kaisers neue Kleider« nach<br />

H.C. Anderson 2009, »Mäusemärchen – Riesengeschichte«<br />

nach einem Buch von Annegert Fuchshuber 2010, »Don Qichotte<br />

en famille« 2011 hat sich Elisabeth Naske einen herausragenden<br />

Namen im Bereich des Musiktheaters für Kinder<br />

und Jugendliche in ganz Europa erworben.<br />

Für das Jahr 2013 hat die Wiener Staatsoper neuerlich einen<br />

Opernauftrag vergeben, die Vertonung von »Das Städtchen<br />

Drumherum« von Mira Lobe.<br />

Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />

Layil Barr, Seite 205<br />

Jean Kelly, Seite 206<br />

Ripton Lindsay, Seite 208<br />

Clare Wilkinson, Seite 175<br />

Bjarte Eike, Seite 17<br />

Andrea Pandolfo, Seite 270<br />

Paolo Pandolfo, Seite 268<br />

Ida Aldrian, Seite 115<br />

Hanna Herfurtner, Seite 20<br />

Jan Petryka, Seite 116<br />

Ulfried Staber, Seite 118<br />

- 264 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 265 -


Sonntag, 16.09. | 14 Uhr<br />

Klosterkirche St. Veit<br />

Time Machine<br />

Modern Trumpet vs. ancient Viola da gamba –<br />

Modern Viola da Gamba vs. ancient Trumpet<br />

Konzert mit trigonale-<br />

Paolo Pandolfo: Viola da gamba<br />

Andrea Pandolfo: Trompete<br />

Singers in Residence<br />

Hanna Herfurtner: Sopran<br />

Ida Aldrian: Mezzosopran<br />

Jan Petryka: Tenor<br />

Ulfried Staber: Bass<br />

Konzert mit den<br />

Singers<br />

in Residence<br />

von Elisabeth Naske<br />

Einleitung<br />

Die vielfältigen Erfahrungen der beiden Musiker und ein gegenseitiges<br />

Verstehen, das ganz ohne Worte auskommt und<br />

so nur unter Geschwistern zu nden ist, erfüllen diese einzigartige<br />

musikalische Performance mit Leben.<br />

Musik des Barocks, Jazz, Folks und zeitgenössische Impro-<br />

visation begegnen einander, und auch wenn die beiden Ins-<br />

trumente uns normalerweise so weit voneinander entfernt<br />

scheinen wie die Jahrhunderte, die zwischen ihnen liegen –<br />

hier nden sie auf geheimnisvolle Weise zu einem gemeinsamen<br />

Ton, der uns völlig überrascht und dennoch überzeugend<br />

echt klingt.<br />

Paolo und Andrea Pandolfo wuchsen zusammen in Italien auf.<br />

Dann ging jeder von ihnen seinen eigenen Weg: Paolo spezialisierte<br />

sich auf Renaissance- und Barockmusik und wurde<br />

ein weltweit gefeierter und anerkannter Virtuose auf der Viola<br />

da gamba. Andrea hingegen spielte Jazz, Folk und Klezmer<br />

und begann vor einigen Jahren, für eater, Fernsehen und<br />

Film zu komponieren. Ihr erstes gemeinsames Album war<br />

»Travel Notes« im Jahr 2004. Seitdem ist jedes ihrer Treen<br />

ein weiterer Baustein zu ihrem gemeinsamen Musikprojekt<br />

»Time Machine«.<br />

- 266 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 267 -


Eine weitere Begegnung steht uns bei diesem Konzert ins<br />

Haus: Die Pandolfo-Brüder treen auf unsere Singers in Residence,<br />

um gemeinsam die trigonale-Auftragskomposition von<br />

Elisabeth Naske erklingen zu lassen, die im Mitternachtskonzert<br />

vom 15. September ihre Urauührung erlebte.<br />

Paolo Pandolfo, heute einer der<br />

Stars der Europäischen Alte-Musik-Szene,<br />

studierte zunächst am Konservatorium<br />

in Rom. Bereits während dieser Zeit<br />

begann er, sich intensiv mit Renaissance-<br />

und Barockmusik zu befassen und gründete<br />

zusammen mit dem Violinisten Enrico Gatti und dem<br />

Cembalisten Rinaldo Alessandrini das Ensemble La Stravaganza.<br />

1981 setzte er sein Studium an der Schola Cantorum<br />

Basiliensis bei Jordi Savall fort, mit dessen Ensemble Hesperion<br />

XX er bis 1990 auf der ganzen Welt auftrat und zahlreiche<br />

CDs einspielte.<br />

Seit 1990, nach seinem ersten großen solistischen Plattenerfolg<br />

mit C.P.E. Bachs Gambensonaten, ist er Professor für<br />

Viola da gamba an der Schola Cantorum Basiliensis. Neben<br />

seiner Tätigkeit als Lehrer tritt er weltweit mit Stars der Alten<br />

Musik wie Rolf Lislevand, Michael Chance, Mitzi Meyerson,<br />

Guido Morini, Emma Kirkby und Miguel Moren auf.<br />

Seit 1992 leitet er Labyrinto, eine Instrumentalgruppe, die<br />

sich dem Repertoire für Gambenconsorts widmet. Seine<br />

Konzerttätigkeit als Solist und mit Labyrinto führte ihn u.a.<br />

nach Italien, Frankreich, Deutschland, Japan, Korea, England<br />

und in die Vereinigten Staaten. Bei seinen Auftritten wird<br />

Paolo von Publikum und Presse gleichermaßen gefeiert. So<br />

wurde er im American Record Guide schon 1997 als einer der<br />

bedeutendsten Gambisten seiner Generation genannt, für<br />

Gramophone ist er einer der brillantesten und poetischsten<br />

Gambisten unserer Zeit, und der Boston Globe sieht in ihm<br />

den »Yo-Yo Ma der Gambe«.<br />

Seine zahlreichen Aufnahmen (u.a. bei Astrée, Emi, Philips,<br />

Erato, Harmonia Mundi) wurden mehrfach ausgezeichnet.<br />

Mittlerweile hat er einen Exklusivvertrag mit dem Label<br />

Glossa. Zu seinen bedeutendsten Projekten – erschienen bei<br />

Glossa – zählen seine CD »A Solo«, die 2 Marais-CDs, »Le<br />

Labyrinth ... et autres Histoires« und »Le Grand Ballet«, sowie<br />

die 2000 erschienene CD mit seiner Transkription der<br />

sechs Cello-Solo-Suiten J.S. Bachs für Viola da gamba. Im<br />

Juli 2004 erschien »Travel Notes« mit selbstkomponierter<br />

Musik. Darüber die FAZ: »...ein Hörfenster der Ausdrucksmöglichkeiten<br />

dieses Instruments, dabei weit entfernt von allen<br />

akademischen Überlegungen über historische Authentizität und<br />

historisierenden Anwandlungen«.<br />

Paolo ist davon überzeugt, dass die Alte Musik eine wichtige<br />

und reiche Quelle der Inspiration für die Zukunft der<br />

westlichen Musiktradition sein kann. Darin liegt wohl auch<br />

begründet, dass es ihm immer wieder gelingt, in seinen Projekten<br />

Brücken zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart<br />

zu schlagen, da er nicht nur Raum für Improvisation<br />

schat, sondern auch Transkriptionen und zeitgenössische<br />

Musik integriert.<br />

- 268 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 269 -


Andrea Pandolfo, Trompeter und<br />

Komponist, wurde in Rom geboren. Seit<br />

1997 ist er Mitglied des Klezmer-Ensemb-<br />

les Klezroym. Die Musiker von Klezroym<br />

schreiben und spielen Originalmelodien,<br />

für die sie sich von der Musik der<br />

jüdischen Diaspora Europas und Nordafrikas inspirieren<br />

lassen. Andrea Pandolfo war künstlerischer Leiter für Paolo<br />

Pandolfos Album »Travel Notes« und spielte in der darauolgenden<br />

Produktion »Travel Notes Project«.<br />

2007 war er Mitautor und Arrangeur in Abel Ferraras Film<br />

»Go Go Tales«. 2005 komponierte und spielte er die Musik<br />

zu dem Dokumentarlm »In un altro paese« (Excellent cadavers)<br />

von Marco Turco.<br />

Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />

Ida Aldrian, Seite 115<br />

Hanna Herfurtner, Seite 20<br />

Jan Petryka, Seite 116<br />

Ulfried Staber, Seite 118<br />

Elisabeth Naske, Seite 263<br />

- 270 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 271 -


Sonntag, 16.09. | 18 Uhr<br />

Dom zu Maria Saal<br />

Claudio Monteverdi (1567 – 1643):<br />

Marienvesper<br />

Otto Kargl: Musikalische Gesamtleitung<br />

Cappella Nova Graz<br />

Domkantorei St. Pölten<br />

Florian Ehrlinger: Tenor<br />

Lukas Kargl, Ulfried Staber: Bass<br />

Mitglieder von Trinity Baroque<br />

Christine Maria Rembeck,<br />

Andrea Oberparleiter: Sopran<br />

Julian Podger, Nils Giebelhausen: Tenor<br />

Les Cornets Noirs<br />

Frithjof Smith, Gebhard David,<br />

Matthijs Lunenburg : Zink<br />

Claudia Mende, Cosimo Stawiarski: Violine<br />

Brigitte Gasser: Viola da gamba, Lirone<br />

Matthias Spaeter : Chitarrone<br />

Patrick Sepec : Cello<br />

Johannes Strobl: Orgel<br />

Henning Wiegräbe, Eckart Wiegräbe,<br />

Joseph Bastian: Posaune<br />

- 272 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 273 -


Einleitung<br />

Schon seit geraumer Zeit war Claudio Monteverdi (1567 –<br />

1643) mit seiner Stellung als Kapellmeister in Mantua und<br />

vor allem mit seinem Dienstgeber Herzog Vincenzo I. Gonzaga<br />

unzufrieden. Als er seine verstorbene Frau 1607 in seiner<br />

Heimatstadt Cremona beerdigte, wollte er nicht mehr nach<br />

Mantua zurückkehren, doch trotz eines Bittgesuchs seines<br />

Vaters beorderte ihn der Herzog zurück an seinen Hof, für<br />

den Monteverdi unter anderem die beiden sehr erfolgreichen<br />

Opern »L'Orfeo« (1607) und »L'Arianna« (1608) komponiert<br />

hatte. Zu dieser Zeit dürften auch schon Teile der »Marienvesper«<br />

entstanden sein, die unter anderem durch die festliche<br />

Intonatio, die Monteverdi auch als Eingangs-Toccata im<br />

»L'Orfeo« verwendet hatte und die wiederum auf der Gonzaga-Fanfare<br />

beruhte, sowie durch die Widmung an Maria, die<br />

Schutzheilige der Stadt, starke Bezüge zu Mantua aufweist.<br />

Gemeinsam mit der »Missa in illo tempore« wurde die »Marienvesper«<br />

1610 in Venedig gedruckt; beide Werke wurden<br />

Papst Paul V. gewidmet. Den Namen erhielt das Werk nicht<br />

nach dem am Originaldruck angegebenen Titel, sondern nach<br />

der Bemerkung »Vespro della B[eata] Vergine da concerto,<br />

composto sopra canti fermi«, die vor dem »Domine ad adjuvandum«<br />

im Stimmheft des Generalbasses angebracht ist.<br />

Mit diesen wie auch anderen Kompositionen reiste Monteverdi<br />

im Herbst desselben Jahres nach Rom. Hier wollte er<br />

nicht nur für seinen Sohn um eine Stelle im römischen Seminar<br />

bitten, sondern zugleich wohl auch für sich selbst eine<br />

Stellung erlangen. Die unterschiedlichen traditionellen wie<br />

auch modernen Formen und Stile, der Einsatz der Instrumente<br />

sowie die festlichen wie auch meditativen Elemente,<br />

die Monteverdi in der »Marienvesper« aekt- und abwechslungsreich<br />

verwendete, erscheinen wie eine musikalische<br />

Visitenkarte, mit der der Komponist seine vielfältigen Fähigkeiten<br />

unter Beweis stellen wollte. Eine Anstellung beim<br />

Papst bekam Monteverdi nicht, wohl aber wurde er 1612 nach<br />

dem Tod Herzog Vicenzos in Mantua entlassen und ging im<br />

Jahr darauf als maestro di cappella an San Marco nach Venedig.<br />

Hier ist auch für das Jahr 1613 eine Auührung der<br />

»Marienvesper« belegt.<br />

Eine Vesper ist das Stundengebet am Abend. Sie beginnt mit<br />

der Invitation aus Psalm 69 »Deus in adjutorium« und dem<br />

Responsorium »Domine ad adjuvandum«. Danach folgen<br />

fünf Psalmen, die sich nach dem Anlass der Feier oder nach<br />

dem Kirchenjahr richten. In der »Marienvesper« sind dies<br />

»Dixit Dominus« (Psalm 109/110), »Laudate pueri« (Psalm<br />

112/113), »Laetatus sum« (Psalm 121/122), »Nisi Dominus«<br />

(Psalm 126/127) und »Lauda Jerusalem« (Psalm 147). Abschließend<br />

erklingen der Hymnus »Ave maris stella« und das<br />

»Magnicat«.<br />

Vor und nach jedem Psalm werden normalerweise die entsprechenden<br />

Antiphonen gesungen, die jedoch in Monteverdis<br />

»Marienvesper« nicht aufscheinen. Vermutlich an<br />

ihrer statt fügte Monteverdi fünf nicht liturgische Stücke<br />

im monodisch-konzertanten Stil ein, bei denen es sich um<br />

die auf der Titelseite des Drucks angeführten »sacris concentibus«<br />

handeln dürfte: »Nigra sum«, »Pulchra es«, »Duo<br />

- 274 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 275 -


Seraphim«, »Audi coelum« und »Sonata sopra Sancta Maria<br />

ora pro nobis«. Im Gegensatz zu den polyphonen Psalmen,<br />

die größer besetzt sind, cantus rmi zur Grundlage haben<br />

und somit auf modalen Kirchentonarten beruhen, sind diese<br />

kleiner besetzten Concerti, abgesehen von der Sonata, frei<br />

komponiert, virtuoser und verweisen bereits auf die Funktionsharmonik<br />

des beginnenden Barockzeitalters. Nicht zuletzt<br />

deshalb gilt die »Marienvesper« als »das früheste der<br />

wirklich bedeutsamen großen Werke abendländischer Kirchenmusik«<br />

(Helmuth Rilling). Und über den Komponisten,<br />

der als Begründer der nuove musiche, der neuen, um 1600<br />

entstehenden Tonsprache, bezeichnet wird, sagte sein späterer<br />

Kollege Domenico Guaccero: »Monteverdi stellte die Zukunft<br />

vor, sein Werk […] ist sozusagen der Topf, in dem die ganze<br />

moderne Musik gekocht ward – mit ihrer Humanität und mit<br />

ihren Widersprüchen.«<br />

Eva Maria Hois<br />

- 276 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 277 -


Texte<br />

Intonatio<br />

Deus in adiutorium meum intende!<br />

Responsorium<br />

Domine ad adiuvandum me festina.<br />

Gloria Patri et Filio et Spiritui Sancto.<br />

Sicut erat in principio et nunc et semper<br />

et in saecula saeculorum.<br />

Amen.<br />

Alleluia.<br />

Psalmus 109 (110)<br />

Dixit Dominus Domino meo:<br />

Sede a dextris meis:<br />

Donec ponam inimicos tuos<br />

scabellum pedum tuorum.<br />

Virgam virtutis tuae<br />

emittet Dominus ex Sion:<br />

Dominare in medio inimicorum tuorum.<br />

Tecum principium in die virtutis tuae<br />

in splendoribus sanctorum:<br />

Ex utero ante luciferum<br />

genui te.<br />

Iuravit Dominus,<br />

et non poenitebit eum:<br />

Tu es sacerdos in aeternum<br />

Intonation<br />

Gott, komm mir zu Hilfe!<br />

Responsorium<br />

Herr, eile, mir zu helfen.<br />

Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste.<br />

Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar<br />

und von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />

Amen.<br />

Alleluja.<br />

Psalm 109 (110)<br />

So sprach der Herr zu meinem Herrn:<br />

Setze dich zu meiner Rechten,<br />

bis ich dir deine Feinde<br />

als Schemel unter deine Füße lege.<br />

Weit sendet der Herr das Zeichen<br />

deiner Macht über Zion hinaus!<br />

Herrsche inmitten deiner Feinde.<br />

Das Königtum ist bei dir am Tage<br />

deines Sieges in heiligem Glanze.<br />

Wie den Tau vor dem Morgenstern<br />

habe ich dich gezeugt.<br />

Geschworen hat es der Herr,<br />

und es wird ihn nicht reuen:<br />

Du bist Priester in alle Ewigkeit<br />

- 278 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 279 -


secundum ordinem Melchisedech.<br />

Dominus a dextris tuis confregit<br />

in die irae suae reges.<br />

Judicabit in nationibus,<br />

implebit ruinas:<br />

Conquassabit capita in terrae multorum.<br />

De torrente in via bibet:<br />

Propterea exaltabit caput.<br />

Gloria Patri et Filio ...<br />

Concerto<br />

Nigra sum, sed formosa,<br />

liae Jerusalem.<br />

Ideo dilexit me rex<br />

et introduxit me in cubiculum suum<br />

et dixit mihi:<br />

Surge, amica mea, et veni.<br />

Iam hiems transiit,<br />

imber abiit et recessit,<br />

ores apparuerunt in terra nostra.<br />

Tempus putationis advenit.<br />

nach der Ordnung des Melchisedech.<br />

Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert<br />

die Könige am Tage seines Zorns.<br />

Die Völker wird er richten,<br />

die Toten aufhäufen,<br />

in allen Landen die Schädel zerschlagen.<br />

Vom Wildbach am Wege wird er trinken<br />

und darum sein Haupt erheben.<br />

Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />

Concerto<br />

Ich bin schwarz und dennoch schön,<br />

ihr Töchter Jerusalems.<br />

Darum hat mich der König auserwählt,<br />

mich in sein Schlafgemach geführt<br />

und zu mir gesagt:<br />

Erhebe dich, meine Freundin, und komm.<br />

Der Winter ist bereits vergangen,<br />

der Regen vorbei und versiegt,<br />

die Blumen sprießen auf unserer Erde.<br />

Es wird Zeit, die Bäume zu beschneiden.<br />

(Das Hohelied 1,5 und 2,10–12)<br />

- 280 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 281 -


Psalmus 112 (113)<br />

Laudate, pueri, Dominum,<br />

laudate nomen Domini.<br />

Sit nomen Domini benedictum,<br />

ex hoc nunc et usque in saeculum.<br />

A solis ortu usque ad occasum<br />

laudabile nomen Domini.<br />

Excelsus super omnes gentes Dominus,<br />

et super coelos gloria eius.<br />

Quis sicut Dominus Deus noster,<br />

qui in altis habitat, et humilia respicit<br />

in coelo et in terra?<br />

Suscitans a terra inopem,<br />

et de stercore erigens pauperem,<br />

ut collocet eum cum principibus,<br />

cum principibus populi sui.<br />

Qui habitare facit sterilem in domo,<br />

matrem liorum laetantem.<br />

Gloria Patri et Filio ...<br />

Concerto<br />

Pulchra es, amica mea,<br />

suavis et decora sicut Jerusalem,<br />

terribilis ut castrorum acies ordinata.<br />

Averte oculus tuos a me,<br />

quia ipsi me avolare fecerunt.<br />

Psalm 112 (113)<br />

Lobet den Herrn, ihr Kinder Gottes,<br />

lobt den Namen des Herrn.<br />

Der Name des Herrn sei gepriesen,<br />

jetzt und in alle Ewigkeit.<br />

Vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang<br />

sei der Name des Herrn gepriesen.<br />

Hoch über allen Völkern ist der Herr erhaben,<br />

seine Herrlichkeit ist über den Himmeln.<br />

Wer ist wie der Herr, unser Gott,<br />

der in der Höhe wohnt und auch das Geringe im Himmel<br />

und auf Erden sieht?<br />

Den Ohnmächtigen richtet er auf,<br />

den Armen hebt er aus dem Staub,<br />

um ihn neben die Mächtigen zu setzen,<br />

neben die Edlen seines Volkes.<br />

Er lässt die Unfruchtbare im Hause leben,<br />

als glückliche Mutter inmitten ihrer Kinder.<br />

Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />

Concerto<br />

Schön bist du, meine Freundin,<br />

lieblich und anmutig wie Jerusalem,<br />

erschreckend, einer vor dem Lager<br />

aufgestellten Schlachtordnung gleich.<br />

Wende deine Augen von mir,<br />

denn sie zwangen mich, vor dir zu iehen.<br />

(Das Hohelied 6,4–5 und 10)<br />

- 282 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 283 -


Psalmus 121 (122)<br />

Laetatus sum in his,<br />

quae dicta sunt mihi:<br />

in domum Domini ibimus.<br />

Stantes erant pedes nostri<br />

in atriis tuis,<br />

Jerusalem, Jerusalem,<br />

quae aedicatur ut civitas:<br />

cuius participio eius in idipsum.<br />

Illuc enim ascenderunt tribus,<br />

tribus Domini:<br />

testimonium Israel<br />

ad contendum nomini Domini,<br />

quia illic sederunt sedes in iudicio,<br />

sedes super domum David.<br />

Rogate quae ad pacem sunt Jerusalem;<br />

et abundantia<br />

diligentibus te.<br />

Fiat pax in virtute tua,<br />

et abundantia in turris tuis.<br />

Propter fratres meos et proximos meos,<br />

loquebar pacem de te.<br />

Propter domum Domini<br />

Dei nostri,<br />

quaesivi bona tibi.<br />

Gloria Patri et Filio ...<br />

Psalm 121 (122)<br />

Voll Freude bin ich über die,<br />

die mir sagten:<br />

Wir werden in das Haus des Herrn gehen.<br />

So stehen unsere Füße<br />

in den Vorhöfen deiner Paläste,<br />

Jerusalem, Jerusalem,<br />

das man als eine Stadt erbaut hat,<br />

in der man zusammenkommen soll.<br />

Hierher wanderten nämlich die Stämme,<br />

die Stämme des Herrn,<br />

um, wie das Gesetz Israel beehlt,<br />

dort den Namen des Herrn zu feiern;<br />

stehen hier doch die Sitze zum Gericht,<br />

die ronsitze für das Geschlecht Davids.<br />

Erbittet, was Jerusalem Frieden schenkt.<br />

Möge es allen Überuss schenken,<br />

die dich lieben!<br />

Friede sei innerhalb deiner Mauern<br />

und Reichtum sei in deinen Palästen!<br />

Um meiner Brüder und Freunde willen<br />

rufe ich: Friede sei mit dir!<br />

Um des Hauses des Herrn,<br />

unseres Gottes, willen<br />

erehe ich das Heil für dich.<br />

Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />

- 284 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 285 -


Concerto<br />

Duo Seraphim clamabant alter ad alterum:<br />

Sanctus Dominus Deus Sabaoth.<br />

Plena est omnis terra gloria eius.<br />

Tres sunt, qui testimonium dant in coelo:<br />

Pater, verbum et Spiritus Sanctus.<br />

Et hi tres unum sunt.<br />

Sanctus Dominus Deus Sabaoth.<br />

Plena est omnis terra gloria eius.<br />

Psalmus 126 (127)<br />

Nisi Dominus aedicaverit domum,<br />

in vanum laboraverunt<br />

qui aedicant eam.<br />

Nisi Dominus custodierit civitatem,<br />

frustra vigilat qui custodit eam.<br />

Vanum est vobis<br />

ante lucem surgere;<br />

surgite postquam sederitis,<br />

qui manducatis panem doloris.<br />

Cum dederit dilectis suis somnum.<br />

Ecce, haereditas Domini lii,<br />

merces, fructus ventris.<br />

Sicut sagittae in manu potentis,<br />

ita lii excussorum.<br />

Beatus vir, qui implevit<br />

desiderium suum ex ipsis,<br />

non confundetur<br />

Concerto<br />

Zwei Seraphim riefen einander zu:<br />

Heilig ist Gott, der Herr Zebaoth.<br />

Alle Lande sind voll seines Ruhmes.<br />

Drei sind, die Zeugnis geben im Himmel:<br />

Vater, Wort und Heiliger Geist.<br />

Und diese drei sind eins.<br />

Heilig ist Gott, der Herr Zebaoth.<br />

Alle Lande sind voll seines Ruhmes.<br />

(Jesaja 6,2–3 und Johannes 5,7–8)<br />

Psalm 126 (127)<br />

Wenn der Herr nicht das Haus baut,<br />

so arbeiten alle umsonst,<br />

die daran bauen.<br />

Behütet der Herr nicht die Stadt,<br />

wacht vergebens, der sie behütet.<br />

Vergeblich erhebt ihr euch<br />

vor Tagesanbruch,<br />

um hernach umso länger aufzusitzen,<br />

ihr, die ihr das Brot mit Sorgen esst;<br />

denn denjenigen, die er liebt, gibt er es im Schlafe.<br />

Siehe, Kinder sind eine Gabe des Herrn,<br />

und die Leibesfrucht ist ein Geschenk.<br />

Wie Pfeile in der Faust des Mächtigen,<br />

so sind die Söhne der Jugendkraft.<br />

Wohl dem Manne, der sein Verlangen<br />

nach ihnen gestillt hat;<br />

denn er wird nicht zuschanden,<br />

- 286 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 287 -


cum loquetur<br />

inimicis suis in porta.<br />

Gloria Patri et Filio ...<br />

Concerto<br />

Audi coelum, verba mea,<br />

plena desiderio<br />

et perfusa gaudio.<br />

… audio.<br />

Dic, quaeso, mihi:<br />

qua est ista,<br />

quae consurgens ut aurora rutilat,<br />

ut benedicam?<br />

… dicam.<br />

Dic nam ista pulchra ut luna,<br />

electa ut sol,<br />

replet laetitia terras,<br />

coelos, maria.<br />

… Maria.<br />

Maria virgo illa dulcis,<br />

praedicta de propheta Ezechiel,<br />

porta orientalis?<br />

… talis.<br />

Illa sacra et felix porta,<br />

per quam mors fuit expulsa,<br />

introduxit autem vita?<br />

… ita.<br />

Quae semper tutum est medium<br />

inter homines et Deum,<br />

wenn er sich mit seinen Feinden<br />

am Tore auseinandersetzt.<br />

Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />

Concerto<br />

Höre, o Himmel, meine Worte,<br />

die voll Verlangen sind<br />

und vor Freude überströmen.<br />

Ich höre.<br />

Sage mir, ich ehe dich an,<br />

wer ist sie,<br />

die leuchtend wie die Morgenröte aufgeht,<br />

damit ich sie preise?<br />

Ich werde es sagen.<br />

Sprich, ist sie doch schön wie der Mond,<br />

erlesen wie die Sonne,<br />

erfüllt mit Freude den Erdkreis,<br />

die Himmel und die Meere.<br />

Maria.<br />

Die Jungfrau Maria, jene liebliche,<br />

geweissagt vom Propheten Ezechiel,<br />

die Pforte des Ostens?<br />

So ist sie.<br />

Sie, die heilige, die gesegnete Pforte,<br />

durch die der Tod vertrieben,<br />

das Leben aber hereingeführt wurde?<br />

So ist es.<br />

Die immer sichere Vermittlerin<br />

zwischen den Menschen und Gott,<br />

- 288 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 289 -


pro culpis remedium?<br />

… medium.<br />

Omnes hanc ergo sequamur,<br />

qua cum gratia mereamur<br />

vitam aeternam. Consequamur!<br />

… sequamur.<br />

Praestet nobis Deus,<br />

pater hoc et lius et mater<br />

praestet nobis.<br />

Pater hoc et lius et mater,<br />

cuius nomen invocamus<br />

dulce miseris solamen.<br />

… amen.<br />

Benedicta es, virgo Maria,<br />

in saeculorum saecula.<br />

Psalmus 147<br />

Lauda, Jerusalem, Dominum,<br />

lauda Deum tuum, Sion.<br />

Quoniam confortavit<br />

seras portarum tuarum:<br />

benedixit liis tuis in te.<br />

Qui posuit nes tuos pacem<br />

et adipe frumenti satiat te.<br />

Qui emittet eloquium suum terrae:<br />

Velociter currit sermo eius.<br />

Qui dat nivem sicut lanam,<br />

nebulam sicut cinerem spargit.<br />

Mittit crystallum suam sicut buccellas.<br />

das Heilmittel für unsere Schuld?<br />

Die Vermittlerin.<br />

Dann lasset uns alle ihr folgen,<br />

durch deren Gnade wir<br />

das ewige Leben erringen. Folgen wir ihr!<br />

Wir folgen ihr.<br />

Dazu helfe uns Gott,<br />

der Vater, der Sohn und die Mutter<br />

mögen uns helfen.<br />

Vater, Sohn und Mutter,<br />

deren Namen wir anrufen,<br />

süßer Trost für uns Elende.<br />

Amen.<br />

Gesegnet seiest du, Jungfrau Maria,<br />

von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />

Psalm 147<br />

Lobe, Jerusalem, den Herrn,<br />

lobe deinen Gott, o Zion.<br />

Denn er hat die Riegel<br />

deiner Tore befestigt:<br />

Er segnet deine Kinder in dir.<br />

Er schat deinen Grenzen Frieden<br />

und sättigt dich mit bestem Getreide.<br />

Er richtet sein Wort an den Erdkreis,<br />

schnell wie der Blitz eilt sein Gebot.<br />

Er schüttet Schnee aus, weiß wie Wolle,<br />

Nebel, grau wie Asche, breitet er aus.<br />

Er schleudert den Hagel wie Steine.<br />

- 290 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 291 -


Ante faciem frigoris eius quis sustinebit?<br />

Emittet verbum suum<br />

et liquefaciet ea,<br />

abit spiritus eius<br />

et uent aquae.<br />

Qui annuntiat verbum suum Jacob,<br />

iustitias et iudicia sua Israel.<br />

Non fecit taliter omni nationi,<br />

et iudicia sua non manifestavit eis.<br />

Gloria Patri et Filio ...<br />

Sonata sopra Sancta Maria<br />

Sancta Maria, ora pro nobis.<br />

Hymnus<br />

Ave maris stella,<br />

Dei Mater alma<br />

atque semper virgo,<br />

felix coeli porta.<br />

Sumens illud Ave<br />

Gabrielis ore.<br />

Funda nos in pace,<br />

mutans Evae nomen.<br />

Solve vincla reis,<br />

profer lumen caecis,<br />

Wer kann seiner Kälte widerstehen?<br />

Doch er spricht sein Wort<br />

und lässt schmelzen Hagel und Schnee,<br />

er lässt den Tauwind wehen,<br />

und schon ießen die Gewässer.<br />

Er verkündet Jakob sein Wort,<br />

Israel sein Recht und sein Gesetz.<br />

So hat er an keinem anderen Volk getan<br />

und ihnen seine Gebote oenbart.<br />

Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />

Sonata sopra Sancta Maria<br />

Heilige Maria, bitte für uns.<br />

Hymnus<br />

Sei gegrüßt, du Stern des Meeres,<br />

gütige Mutter Gottes<br />

und immer Jungfrau,<br />

selige Pforte des Himmels.<br />

Aus Gabriels Mund hast du<br />

den Gruß vernommen.<br />

Gib uns Frieden,<br />

wende Evas Namen.<br />

Löse die Sünder aus ihren Fesseln,<br />

erleuchte die Blinden,<br />

- 292 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 293 -


mala nostra pelle,<br />

bona cuncta posce.<br />

Monstra te esse matrem,<br />

sumat per te preces,<br />

qui pro nobis natus,<br />

tulit esse tuus.<br />

Virgo singularis,<br />

inter omnes mitis.<br />

Nos culpis solutos,<br />

mites fac et castos.<br />

Vitam praesta puram,<br />

iter para tutum,<br />

ut videntes Jesum<br />

semper collaetemur.<br />

Sit laus Deo Patri,<br />

summo Christo decus,<br />

Spiritui Sancto<br />

tribus honor unus.<br />

Amen.<br />

Magnificat<br />

Magnicat anima mea Dominum<br />

et exultavit spiritus meus<br />

in Deo salutari meo.<br />

vertreibe unsere Gebrechen,<br />

erwirke für uns alles Gute.<br />

Erweise dich als unsere Mutter,<br />

durch dich empfange unser Gebet,<br />

der um unseretwillen<br />

dein Sohn wurde.<br />

Auserkorene Jungfrau,<br />

freundlich vor allen.<br />

Erlöse uns von allen Sünden,<br />

mach uns friedfertig und keusch.<br />

Schenke uns ein reines Leben,<br />

beschütze unseren Weg,<br />

damit wir einst Jesus sehen<br />

und uns allezeit freuen.<br />

Lob sei Gott, dem Vater,<br />

Ehre sei Christus, dem Allerhöchsten,<br />

und dem Heiligen Geist,<br />

Lob und Preis sei allen dreien.<br />

Amen.<br />

Magnificat<br />

Meine Seele erhebt den Herrn,<br />

und mein Geist freut sich<br />

in Gott, meinem Heiland.<br />

- 294 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 295 -


Quia respexit humilitatem<br />

ancillae suae.<br />

Ecce enim ex hoc beatam<br />

me dicent omnes generationes.<br />

Quia fecit mihi magna<br />

qui potens est<br />

et sanctum nomen eius.<br />

Et misericordia eius a progenie in<br />

progenies timentibus eum.<br />

Fecit potentiam in brachio suo,<br />

dispersit superbos mente cordis sui.<br />

Deposuit potentes de sede,<br />

et exaltavit humiles.<br />

Esurientes implevit bonis<br />

et divites dimisit inanes.<br />

Suscepit Israel puerum suum,<br />

recordatus misericordiae suae.<br />

Sicut locutus est ad patres nostros,<br />

Abraham et semini eius in saecula.<br />

Gloria Patri et Filio<br />

et Spiritui Sancto.<br />

Denn er hat die Niedrigkeit<br />

seiner Magd angesehen.<br />

Siehe, von nun an werden mich selig<br />

preisen alle Kinder und Kindeskinder.<br />

Denn er hat große Dinge an mir getan,<br />

der da mächtig ist<br />

und dessen Name heilig ist.<br />

Und seine Barmherzigkeit währet für und für<br />

bei denen, die ihn fürchten.<br />

Er übt Gewalt mit seinem Arm<br />

und treibt die auseinander, die Hoart in ihrem Herzen tragen.<br />

Er stößt die Gewaltigen vom ron<br />

und erhebt die Niedrigen.<br />

Die Hungrigen füllt er mit Gütern<br />

und lässt die Reichen leer.<br />

Er gedenkt der Barmherzigkeit<br />

und hilft seinem Diener Israel auf.<br />

Wie er geredet hat zu unseren Vätern,<br />

zu Abraham und seinem Samen ewiglich.<br />

Ehre sei dem Vater und dem Sohne<br />

und dem Heiligen Geiste.<br />

- 296 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 297 -


Sicut erat in principio et nunc et semper<br />

et in saecula saeculorum.<br />

Amen.<br />

Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar<br />

und von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />

Amen.<br />

- 298 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 299 -


Otto Kargl, geboren 1957 in der<br />

Gaal bei Seckau, studierte von 1977 bis<br />

1984 an der Hochschule für Musik und<br />

darstellende Kunst in Graz Kirchenmusik,<br />

Konzertfach Orgel und Instrumentalpädagogik.<br />

Er schloss sein Studium mit<br />

Auszeichnung und einem Würdigungspreis des Bundesmi-<br />

nisteriums für Wissenschaft und Forschung ab.<br />

Zwischen 1990 und 1993 besuchte er Interpretations-Seminare<br />

der Bachakademie und des Europäischen Musikfestes<br />

in Stuttgart, wo er entscheidende Impulse hinsichtlich dirigiertechnischer<br />

Aspekte von John Eliot Gardiner beziehungsweise<br />

wissenschaftlicher Kompetenz von Peter Gülke erhielt,<br />

vor allem aber die theologisch-spirituellen Dimensionen der<br />

Geistlichen Musik durch Helmut Rilling erfuhr. Angeregt<br />

wurde er auch in Kursen von Josef Mertin (Alte Musik) und<br />

Godehard Joppich (Gregorianik).<br />

1983 gründete Kargl gemeinsam mit Studienkollegen die cappella<br />

nova graz, die 1993 Preisträger beim EBU-Wettbewerb<br />

war und 1997 den Ferdinand Grossmann-Preis für vorbildliche<br />

Interpretation zeitgenössischer Musik erhielt. Von 1984<br />

bis 1992 war Kargl Regionalkantor der Diözese St. Pölten, seit<br />

1992 ist er Domkapellmeister an der Kathedralkirche zu St.<br />

Pölten, wo er die Domkantorei gründete und am Konservatorium<br />

für Kirchenmusik Gregorianik, Chordirigieren und<br />

Chorsingen unterrichtet. Kargl ist seit 1992 künstlerischer<br />

Leiter des Festivals Musica Sacra in Niederösterreich. 2004<br />

erhielt er den Förderpreis der Landeshauptstadt St. Pölten für<br />

Wissenschaft und Kunst.<br />

Kargls Repertoire reicht von der Gregorianik bis zu Werken<br />

des 20. und 21. Jahrhunderts, er leitete unter anderem die<br />

Urauührungen von Bruno Strobls »Vesper« (1992), Christoph<br />

Czechs Kantate »B.A.C.H.« (1996) und omas Daniel Schlees<br />

»Der Baum des Heils« (1993), »Dann steht der Mandelbaum<br />

in Blüte« (1995), »... und ich sah« (2003) sowie Franz Danksagmüllers<br />

»Passio« (2001). Er ist Jurymitglied bei Kompositions-<br />

und Chorwettbewerben sowie Leiter von Werkwochen<br />

für Kirchenmusik in Salzburg und Brixen.<br />

2001 folgte er einer Einladung zum Festival für Alte Musik<br />

nach Finnland, wo er mit großem Erfolg ein deutsches Barockprogramm<br />

mit dem Rundfunkchor Helsinki erarbeitete,<br />

das im nnischen Rundfunk direkt übertragen wurde. Nach<br />

Presseberichten war mit dem Chor »ein Wunder geschehen.<br />

Niemals ist der Klang so warm und hell gewesen, niemals hat das<br />

Ensemble so miteinander gelebt.«<br />

Mit den Ensembles der Dommusik und der cappella nova graz<br />

machte Kargl zahlreiche Rundfunkaufnahmen und CD-<br />

Produktionen, unter anderem in der Edition für Alte Musik<br />

des ORF.<br />

Die Domkantorei St. Pölten wurde 1992 von Domkapellmeister<br />

Otto Kargl gegründet. Es handelt sich um ein<br />

Spezialensemble, das unter besonderer Bedachtnahme auf<br />

Stilsicherheit, Stimmhomogenität, Präzision und Intonation<br />

– auch in historischen Stimmungen – geführt wird und<br />

sich längst einen Spitzenplatz in der heimischen Chorszene<br />

ersungen hat.<br />

- 300 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 301 -


Die rund zwanzig Mitglieder beschäftigen sich vorwiegend<br />

mit Musik bis 1800 sowie mit zeitgenössischer Chorliteratur.<br />

Neben dem liturgischen Dienst an der Kathedralkirche zu<br />

St. Pölten kommt das Ensemble einer regen Konzerttätigkeit<br />

nach.<br />

Zum Repertoire zählen die A-cappella-Literatur des 16. sowie<br />

die Kirchenmusik des 17. Jahrhunderts. Mit dem Ensemble<br />

Private Musicke musizierte die Domkantorei Werke<br />

wie beispielsweise die »Musicalischen Exequien« von Heinrich<br />

Schütz und »Membra Jesu nostri« von Dietrich Buxtehude.<br />

Weitere Höhepunkte bilden auch Urauührungen zeitgenössischer<br />

Komponisten wie Christoph Czech und Michael<br />

Radulescu sowie Rundfunk- und CD-Aufnahmen in Zusammenarbeit<br />

mit dem ORF. Die Interpretationen alter, aber<br />

auch zeitgenössischer Kirchenmusik wecken stets aufs Neue<br />

das Interesse der Musikwelt.<br />

Gemeinsam mit der cappella nova graz, dem Barockorchester<br />

Solamente Naturali Bratislava und dem L'Orfeo Barockorchester<br />

werden seit Ende der 1990er Jahre große kirchenmusikalische<br />

Chor-Orchesterwerke erarbeitet, darunter Johann<br />

Sebastian Bachs »Johannes-« und »Matthäuspassion« sowie<br />

die »Messe in h-Moll«, Georg Friedrich Händels »Messiah«,<br />

»Alexander's Feast«, »Joshua«, »Solomon« und »Israel in<br />

Egypt«, Joseph Haydns »Schöpfung« sowie »Requiem« und<br />

»Messe in c-Moll« von Wolfgang Amadeus Mozart. Viele dieser<br />

Konzerte wurden vom ORF aufgenommen. In der kommenden<br />

Saison stehen Bachs »Weihnachtsoratorium« und<br />

Anton Bruckners »Messe in e-Moll« auf dem Programm.<br />

Die Hauptintention der Cappella Nova Graz, gegründet<br />

1983, ist die Auseinandersetzung mit der musikalischen<br />

Sprache verschiedener Komponisten, um höchste Klangintensität<br />

und Aussagekraft in der Interpretation zu erreichen.<br />

Bewusst stellt der künstlerische Leiter Otto Kargl immer<br />

wieder geistliche Musik bis 1800 zeitgenössischen Werken<br />

gegenüber.<br />

Das Ensemble war Gast bei renommierten Musikfestivals<br />

wie den Eggenberger Schlosskonzerten in Graz, der Musica Sacra<br />

Linz, den Oberösterreichischen Stiftskonzerten, dem Aschermittwoch<br />

der Künstler in der Wiener Michaelerkirche, dem Festival<br />

Musica Sacra in St. Pölten, der Brixner Initiative Musik<br />

und Kirche, den Internationalen Barocktagen Stift Melk, dem<br />

Attergauer Kultursommer, den Abendmusiken in Graz-Mariahilf<br />

sowie dem Carinthischen Sommer.<br />

Durch seine konsequente und kompromisslose musikalische<br />

Arbeit ist das Ensemble schon seit einigen Jahren ein Begri<br />

für »erstklassige Vokalkultur« (Neue Zeit). 1993 war die cappella<br />

nova graz Preisträger beim Chorwettbewerb der Union<br />

europäischer Rundfunkanstalten (EBU), 1997 wurde ihr der<br />

Ferdinand Grossmann Preis zuerkannt. Für die Auührung<br />

von omas Daniel Schlees Oratorium »und ich sah« erhielt<br />

das Ensemble 2005 bei einem Kultur-Ranking der Tageszeitung<br />

Die Presse Gold.<br />

- 302 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 303 -


Florian Ehrlinger, geboren in Oberösterreich,<br />

begann bereits in frühen Jahren<br />

seinen musikalischen Werdegang. So war<br />

er als Knabensolist, in der Titelrolle des<br />

Musicals »Oliver Twist« von Lionel Bart,<br />

am Linzer Landestheater zu sehen.<br />

Es folgte ein Gesangsstudium bei Andreas Lebeda sowie bei<br />

KS Adele Haas und Prof. Annamaria Rott an der Universität<br />

für Musik und darstellende Kunst Wien. Weiters absolvierte er<br />

den Operettenlehrgang am Konservatorium Wien bei Wolfgang<br />

Dosch. Bei Auftritten arbeitete er unter anderem mit<br />

dem Bach Consort Wien, dem Concerto Stella Matutina, dem<br />

Ensemble Leopoldina oder der capella incognita zusammen.<br />

Konzerte im Rahmen eines Symposiums bei Wien modern,<br />

beim Konzert der Freunde der Wiener Staatsoper im Herbert v.<br />

Karajan Centrum, bei einem Operettenabend im Konzerthaus<br />

Wien, beim Liszt Festival in Raiding, bei den Tiroler Festspielen<br />

Erl oder auch beim Kammermusikfest in Lockenhaus<br />

runden sein breit gefächertes Repertoire ab. Er ist Mitglied<br />

zahlreicher Spezialensembles, wie dem Vokalquartett 4sam,<br />

der Company of music oder dem Origen-Ensemble. Bei Liederabenden<br />

in der Schweiz, Italien oder Deutschland stellte er<br />

sein Können unter Beweis. Zu seiner Bühnenerfahrung zählen<br />

unter anderem Partien vom Buo bis zum Charaktertenorfach.<br />

Zuletzt verkörperte er zum Beispiel den Oronte in<br />

Händels Barockoper »Alcina«, den Pappacoda in der »Nacht<br />

in Venedig«, den Alfred in »e little Sweep« von Benjamin<br />

Britten, den Don Basilio in »Figaros Hochzeit«, den Casscada<br />

und den Raul de St. Brioche in der »Lustigen Witwe« oder die<br />

Knusperhexe in E. Humperdincks »Hänsel und Gretel«. Neben<br />

seinem künstlerischen Schaen wirkt er als Gesangspädagoge<br />

in Wien und unterrichtet regelmäßig bei Gesangskursen.<br />

Lukas Kargl, Bariton, wurde in der<br />

Steiermark geboren und begann sein<br />

Gesangsstudium an der Universität für<br />

Musik und darstellende Kunst Wien und<br />

schloss 2008 mit dem »Master of Music«<br />

im Opernkurs der GSMD (Guildhall<br />

School of Music and Drama) bei Rudolph Piernay in London<br />

ab. Er besuchte Meisterkurse von Helmut Deutsch, Christian<br />

Gerhaher, Graham Johnson, Martin Katz, Emma Kirkby und<br />

John Tomlinson.<br />

Lukas ist »Samling Scholar« und »Britten-Pears Young Artist«,<br />

erhielt den Youngsters of Art-Hauptpreis der Stadt St.<br />

Pölten und wurde mit dem Patrick Libby-Preis der GSMD<br />

ausgezeichnet. 2007 war er Seminalist beim Internationalen<br />

Wettbewerb für Liedkunst der Hugo-Wolf-Akademie in Stuttgart<br />

und 2008 Seminalist beim Wettbewerb Das Lied in Berlin.<br />

2009 debütierte Lukas Kargl mit der Rolle des Phoebus in<br />

Purcells »Fairy Queen« unter William Christie beim Glyndebourne<br />

Opernfestival und bei den BBC Proms.<br />

Auf der Opernbühne sang er die Titelrolle (Mozart, »Don<br />

Giovanni«) mit La Fabrique Opera in Grenoble, Guglielmo<br />

(Mozart, »Cosí fan tutte«) mit Clonter Opera, Polyphemus<br />

(Händel, »Acis and Galatea«) mit New European Opera, Dancaïro<br />

(Bizet, »Carmen«) bei den Schlossfestspielen Zwingenberg,<br />

Sam (Bernstein, »Trouble in Tahiti«) im Wiener Musikverein,<br />

Badger/Priest (Janacek, »Cunning Little Vixen«) und Lorenzo<br />

- 304 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 305 -


(Bellini, »I Capuleti e i Montecchi«) im Schlosstheater Schönbrunn;<br />

Papageno (Mozart, »Die Zauberöte«), Graf (Strauss,<br />

»Capriccio«), Bobinet (Oenbach, »La vie parisienne«) und Don<br />

Parmenione (Rossini, »L'occasione fa il ladro«) an der GSMD;<br />

Als Lied und Konzertsänger war er in der Barbican Hall, St.<br />

John's Smith Square und Cadogan Hall in London, beim Oxford<br />

Liederfestival, beim Aldeburgh Oster Festival, in L'Abbaye<br />

de Fontevraud, im Wiener Musikverein, im Festspielhaus St. Pölten,<br />

im Linzer Brucknerhaus, im Orlandosaal in München, bei<br />

den Mozartwochen in Bratislava und beim Skupina Festival in<br />

Postojna zu hören.<br />

Ulfried Staber wurde in Fohnsdorf in<br />

der Steiermark geboren. In der örtlichen<br />

Musikschule erhielt er seine erste musikalische<br />

Ausbildung auf der Violine und<br />

am Klavier. 1995 begann er an der Universität<br />

für Musik und darstellende Kunst<br />

Graz das Lehramtsstudium für Musik. Im Rahmen dieses<br />

Studiums bekam er erstmals Gesangsunterricht bei Elisabeth<br />

Batrice und begann 1998 ein Gesangspädagogikstudium bei<br />

Martin Klietmann, das er im Juni 2005 mit ausgezeichnetem<br />

Erfolg abschloss. Während seines Studiums entdeckte er<br />

die Liebe zur Chormusik. Er war Mitglied der Domkantorei<br />

Graz, cantus, cappella nova und anderen Chören und Ensembles<br />

mit denen er in ganz Europa und Asien viele Konzerte bei<br />

verschiedensten Festivals bestreiten durfte.<br />

Seine solistische Konzerttätigkeit erstreckt sich auf ganz Österreich,<br />

Italien und Deutschland, wo er u.a. die Oratorien<br />

sowie zahlreiche Kantaten von Bach, »Die Schöpfung« von<br />

Haydn oder die »Marienvesper« von Monteverdi sang.<br />

Auftritte im Rahmen zahlreicher Festivals, u.a. styriarte, Carinthischer<br />

Sommer, trigonale, Feste musicale per S.Rocco/Venedig,<br />

la strada, Psalm 2003, Ecchi Lontani Cagliari.<br />

Er ist Mitglied des Renaissance-Vokalensembles Cinquecento,<br />

das sich mit der Vokalpolyphonie des 16. Jh. beschäftigt<br />

(zahlreiche preisgekrönte CD-Erscheinungen bei hyperion),<br />

sowie des Männerquartetts schnittpunktvokal, welches seinen<br />

Bogen vom Kärntnerlied über Auftragskompositionen bis hin<br />

zur Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Wolfgang Puschnig<br />

spannt (Pasticciopreis Jänner 2007, Hans Koller Preis 2007<br />

mit W. Puschnig). Er arbeitet immer wieder mit verschiedenen<br />

Ensembles wie Weserrenaissance (M. Cordes), dem Clemencic<br />

Consort, dem Huelgas Ensemble (P. van Nevel) oder dem Balthasar<br />

Neumann Chor (. Hengelbrock) zusammen.<br />

Christine Maria Rembeck ist in<br />

Bayern geboren und aufgewachsen und<br />

erhielt schon als Kind eine vielseitige<br />

musische und musikalische Ausbildung<br />

in Tanz, Gesang, Klavier und Blocköte.<br />

Nach dem Abitur folgte ein Studium im<br />

Fach »Rhythmik« (Musik- und Bewegungserziehung) an der<br />

Musikhochschule in Wien. Die intensive Beschäftigung mit<br />

freier Improvisation sowie mit instrumentaler Lied- und Bewegungsbegleitung<br />

zählten zu den Studienschwerpunkten.<br />

Zeitgleich studierte sie Blocköte, die ihre Begeisterung für<br />

die Literatur des Früh- und Hochbarock entfachte.<br />

- 306 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 307 -


Ihrer großen Liebe – dem Gesang – folgend, absolvierte Christine<br />

Maria Rembeck ein Gesangsstudium mit dem Schwerpunkt<br />

»Musik des 17./18. Jahrhunderts« an der Musikhochschule<br />

in Leipzig. Es folgten Meisterkurse und weitere<br />

Studien in London bei Jessica Cash, in Paris am Conservatoire<br />

Supérieur National und in Dresden bei Karin Mitzscherling.<br />

Als freischaende Sängerin ist CMR heute eine gefragte Sopranistin<br />

für die Musik der Renaissance, des (Früh-)Barocks<br />

und der Frühklassik. Ihr künstlerisches Schaen zeigt sich<br />

in der Zusammenarbeit mit international renommierten En-<br />

sembles, in zahlreichen CD- und Rundfunkaufnahmen so-<br />

wie auch in Solokonzerten, in denen sie sich selbst am Klavier<br />

begleitet und mit eigenen Lied-Arrangements und Kompositionen<br />

präsentiert.<br />

Andrea Oberparleiter, die Südtiroler<br />

Sopranistin, wuchs in einer Familie<br />

auf, in der das Singen und Musizieren in<br />

vielfältiger Weise gepegt wurde. Neben<br />

Kirchenmusik und mehrstimmigem<br />

Volkslied gehörten auch Gospel und Jazz<br />

zum Repertoire.<br />

Nach der Matura ergri sie zunächst einen kaufmännischen<br />

Beruf, entschied sich dann aber für ein klassisches Gesangspädagogikstudium<br />

mit Schwerpunktfach Jazz- und Popularmusik<br />

bei Prof. Karlheinz Hanser, BA Martin Senfter und<br />

Stephan Costa am Mozarteum Salzburg.<br />

Nach ihrem Abschluss mit Auszeichnung 2008 folgte das<br />

Diplomstudium Lied/Oratorium bei Mag. Sébastièn Soules<br />

am Tiroler Landeskonservatorium, welches sie 2011 ebenfalls<br />

mit Auszeichnung abschloss.<br />

Meisterkurse bei Prof. Kurt Widmer und KS Brigitte Fassbaender<br />

rundeten ihre Ausbildung ab.<br />

2009 begann sie zusätzlich zum Gesangsstudium ein Diplom-<br />

studium in Komposition und Musiktheorie bei Prof. Franz<br />

Baur am Tiroler Landeskonservatorium. Einige ihrer Kompositionen<br />

wurden bereits im Rahmen von Rundfunkaufzeichnungen<br />

aufgeführt (z.B. Mini-A-Touren).<br />

Neben ihrer solistischen Tätigkeit im Rahmen von Messen<br />

und Oratorien in Österreich und Italien gibt sie regelmäßig<br />

Liederabende und Kirchenkonzerte. Weiters gehören Uraufführungen<br />

und Interpretationen zeitgenössischer Werke (z.B.<br />

»White Foam«, Wolfgang Mitterer, Ensemble Novo Sono) zu<br />

ihrem Repertoire.<br />

Als freischaende Künstlerin ist sie zurzeit in verschiedenen<br />

professionellen Ensembles wie RIAS Kammerchor, MDR<br />

Rundfunkchor, Trinity Baroque, Zürcher Sing-Akademie und<br />

Capella Wilthinensis europaweit tätig.<br />

Julian Podger begann seine Laufbahn<br />

als Leiter und Dirigent während seiner<br />

Schulzeit in Kassel. Er erhielt 1987 ein<br />

Stipendium für das Trinity College in<br />

Cambridge, wo er sein Ensemble Trinity<br />

Baroque gründete, das ihm auch bei seinem<br />

Studium der historischen Auührungspraxis half. Inzwischen<br />

leitet er in ganz Europa Projekte und ist als Gastdirigent<br />

und Dozent tätig.<br />

- 308 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 309 -


Als Sänger ist Julian Mitglied mehrerer renommierter Ensembles,<br />

u.a. Gothic Voices und e Harp Consort. Als Solist<br />

ist er besonders gefragt als Evangelist in den Passionen von<br />

Bach, Telemann und Schütz. Weiters ist er regelmäßig in den<br />

Hauptrollen von frühen Opern zu sehen. Höhepunkte seiner<br />

bisherigen Laufbahn waren Projekte mit Andrew Parrott,<br />

John Eliot Gardiner (Bach Cantata Pilgrimage) und als Ulisse<br />

(Monteverdi) mit dem Ricercar Consort und der Handspring<br />

Puppet Company.<br />

Nils Giebelhausen, Tenor, studierte<br />

Gesang bei Hanno Blaschke (München),<br />

Anna Maria Castiglioni (Mailand) und Wilfried<br />

Jochens (Hamburg). Meisterkurse bei<br />

Barbara Schlick ergänzten seine Ausbildung.<br />

Bereits 1992 war er Preisträger beim Gesangswettbewerb<br />

des Deutschen Tonkünstlerverbandes.<br />

1998 gab er in Rimini sein Operndebüt in A. Draghis Barockoper<br />

»La patienza di Socrate con due mogli« unter der-<br />

Leitung von Alan Curtis. Im Frühjahr 2000 wirkte er dann<br />

an der Bayerischen Staatsoper in München in C. Monteverdis<br />

»Orfeo« als Pastore mit. 2004 sang er bei den Tagen alter Musik<br />

in Bamberg den Blil in F.-A. Philidors Oper »Tom Jones«.<br />

Auch als Oratorientenor ist er in ganz Deutschland zu hören,<br />

sein besonderes Interesse gilt dabei Bachs Oratorien und Passionen.<br />

Konzertreisen führten ihn bisher auch nach Italien,<br />

Frankreich, Spanien, Dänemark, Belgien, Österreich und<br />

in die Niederlande, Ungarn, Kanada und Japan. Außerdem<br />

singt er auf dem Gebiet der »Alten Musik« regelmäßig in<br />

Ensembles wie dem Balthasar-Neumann-Chor, Trinity Baroque,<br />

Himlische Cantorey, dem Johann-Rosenmüller-Ensemble,<br />

Chapelle Rhenane sowie dem Orlando di Lasso-Ensemble und<br />

arbeitet mit Dirigenten wie omas Hengelbrock, Frieder Bernius<br />

und Peter Neumann zusammen.<br />

Les Cornets Noirs<br />

Spezialisiert auf die Musik des italienischen und deutschen<br />

Frühbarocks, hat sich das Instrumentalensemble Les Cornets<br />

Noirs in der jüngeren Vergangenheit international einen Namen<br />

gemacht.<br />

Die sechs Musiker unterschiedlicher Herkunft haben sich<br />

während gemeinsamer Studienjahre an der Schola Cantorum<br />

Basiliensis, dem Lehr- und Forschungsinstitut für Alte Musik<br />

an der Musikakademie Basel, kennen gelernt und seither ihr<br />

gemeinsames Interesse für die Musik des 17. Jahrhunderts in<br />

kontinuierlicher Arbeit weiterentwickelt. Dabei beschäftigt<br />

sich das 1997 von Gebhard David und Bork-Frithjof Smith<br />

gegründete Ensemble vor allem mit der Solo- und Ensemble-<br />

literatur für den Zink (ital. »cornetto«, frz. »cornet«, aufgrund<br />

seiner Lederumwicklung auch »schwarzer Zink« genannt),<br />

der in dieser Epoche südlich und nördlich der Alpen seine<br />

Blütezeit erlebte.<br />

Les Cornets Noirs sind Preisträger des concours musica antiqua<br />

beim Festival van Vlaanderen, Brugge, 2000. Seither konzertierte<br />

das Ensemble bei Festivals in der Schweiz, in Österreich,<br />

Deutschland, Tschechien, Polen, Frankreich, Italien<br />

- 310 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 311 -


und Portugal sowohl mit eigenen Programmen als auch in<br />

Zusammenarbeit mit Vokalensembles in Auührungen groß<br />

besetzter Musik des Frühbarocks wie der »Marienvesper«<br />

von Claudio Monteverdi oder der geistlichen Musik von Giovanni<br />

Gabrieli, Heinrich Schütz und deren Zeitgenossen.<br />

2004 konnten Les Cornets Noirs der Öentlichkeit eine erste<br />

CD vorstellen (»O dilectissime Jesu« – Motetten und Sonaten<br />

von Giovanni Legrenzi; Monika Mauch & Les Cornets<br />

Noirs, Edition Alte Musik ORF) und sich über große Zustimmung<br />

bei Publikum und Presse freuen. 2009 ist bei audite unter<br />

dem Titel »Echo & Risposta« eine zweite Aufnahme des<br />

Ensembles erschienen, ein abwechslungsreiches Programm<br />

mit doppelchöriger Instrumentalmusik des 17. Jahrhunderts,<br />

aufgenommen an den historischen Bossard-Orgeln der Klosterkirche<br />

Muri (Schweiz).<br />

- 312 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 313 -


- 314 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 315 -


Unsere Verkaufsstellen<br />

Buchhandlung Heyn<br />

Kramergasse 2 – 4, 9020 Klagenfurt<br />

Buchhandlung Hermagoras<br />

Viktringerring 26, 9020 Klagenfurt<br />

Kärntner Buchhandlung<br />

Neuer Platz 14, 9020 Klagenfurt<br />

Kärntner Buchhandlung<br />

8. Mai Platz 3, 9500 Villach<br />

Landhaus Buchhandlung<br />

Wiesbadener Straße 5, 9020 Klagenfurt<br />

Buchhandlung Besold<br />

Hauptplatz 14, 9300 St. Veit/Glan<br />

Buchhandlung Nest<br />

Hauptplatz 2, 9800 Spittal/Drau<br />

Kleintierpraxis Dr. Ladstätter<br />

Gailtalstraße 33, 9620 Hermagor<br />

Buchhandlung – Galerie Magnet<br />

Hauptplatz 6, 9100 Völkermarkt<br />

Kärntner Buchhandlung<br />

Am Weiher 7, 9400 Wolfsberg<br />

Trafik Kohlweg<br />

Hauptstraße 3, 9063 Maria Saal<br />

Alpen-Adria-Universität<br />

Abteilung Musikwissenschaft, Raum I.1.36 (Nordtrakt),<br />

Universitätsstr. 65 – 67, 9020 Klagenfurt<br />

Für Kelag-Pluskunden gelten die üblichen Ermäßigungen<br />

(siehe Kelag-PlusClub-News). Online ist die Bezahlung aus-<br />

nahmslos nur mit Kreditkarte möglich. Bei Online-Buchung<br />

erhalten Sie eine Bestätigung per E-mail, die Karten liegen<br />

dann an der Konzertkasse für Sie bereit.<br />

- 316 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 317 -


Das Landesmuseum Kärnten<br />

im Überblick <strong>2012</strong><br />

Landesmuseum Kärnten – Rudolnum<br />

Museumgasse 2, 9021 Klagenfurt am Wörthersee<br />

T +43 (0)50 536-30599<br />

Entdecken Sie in Kärntens größtem Museum einzigartige<br />

Natur- und Kunstschätze zur Kärntner Landeskunde. Unzählige<br />

Exponate der ständigen Sammlung zeichnen in über<br />

30 Schauräumen die Kärntner Natur- und Kulturgeschichte<br />

nach. Wechselnde emen- und Sonderausstellungen setzen<br />

aktuelle Akzente. Erleben Sie Forschung in 10 Disziplinen<br />

und Wissenschaft zum Angreifen im Landesmuseum Kärnten<br />

– Rudolnum!<br />

Unter dem Dach »Landesmuseum Kärnten« versammeln<br />

sich neben dem Haus am Klagenfurter Viktringer Ring (Rudolnum)<br />

und dem Großen Wappensaal im Landhaus Klagenfurt<br />

auch das Kärntner Botanikzentrum am Fuße des Kreuz-<br />

bergls mit dem sehenswerten botanischen Garten und dem<br />

Kärntner Landesherbar, der Archäologische Park Magdalensberg,<br />

eine der größten und bedeutendsten Ausgrabungsstätten im<br />

Ostalpenraum, und das Römermuseum Teurnia bei Spittal/<br />

Drau mit dem berühmten frühchristlichen Mosaikboden.<br />

Das Landesmuseum Kärnten steht außerdem vielen Institutionen<br />

mit wissenschaftlicher Fachkompetenz zur Seite, dem<br />

Freilichtmuseum Maria Saal etwa, oder dem Museum Globasnitz,<br />

den Ausgrabungen am Hemmaberg oder auch der Keltenwelt<br />

Frög bei Rosegg.<br />

Wappensaal im Landhaus Klagenfurt<br />

Landhaushof, 9020 Klagenfurt am Wörthersee<br />

T +43 (0)463 57757-215<br />

Der Wappensaal im Landhaus zählt mit seinen 665 Wappen<br />

und dem Fürstenstein zu den wichtigsten Zeitzeugen des<br />

- 318 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 319 -


Landes. Josef Ferdinand Fromiller, der bekannteste Kärntner<br />

Barockmaler, hat die Wappen in handwerklicher Präzision<br />

und barocker Üppigkeit für unzählige Fürsten und Adelshäuser<br />

gemalt und damit einen der schönsten und eindrucksvollsten<br />

Säle des Landes geschaen.<br />

Das Landhaus in Klagenfurt entspricht in seiner Gesamtkonzeption<br />

dem Kunstwollen des 16. Jahrhunderts und beeindruckt<br />

durch seine renaissancezeitliche Architektur. Nach<br />

einem Brand im Jahr 1723 hat Kärntens bedeutendster Barockmaler<br />

Josef Ferdinand Fromiller (1693 – 1760) die bis<br />

heute erhaltene künstlerische Ausstattung geschaen. Im<br />

großen Wappensaal geben die Wandfresken mit historischen<br />

Darstellungen, das Deckenfresko und die über 665 Wappen<br />

eindrucksvoll Zeugnis von der Macht und dem Einuss der<br />

Kärntner Landstände. Hier wird auch der Fürstenstein, eines<br />

der ältesten Rechtsdenkmäler Europas, präsentiert. Von Fromiller<br />

stammen ebenfalls die Wandmalereien im kleinen Wappensaal,<br />

der bis heute als Beratungs- und Sitzungssaal des<br />

Kärntner Landtags dient. Der Rundgang führt weiter in den<br />

großen Plenarsaal mit den Kärntner Volksabstimmungsfresken<br />

von Switbert Lobisser aus dem Jahre 1928 und mit einer<br />

farbenprächtigen Darstellung der Karte mit den Grenzen des<br />

Landes Kärnten des Malers Karl Brandstätter. Darüber hinaus<br />

hat die Kärntner Künstlerin Gudrun Kampl für das Foyer<br />

zwei Wandteppiche gestaltet. Besonders sehenswert ist<br />

der vom zeitgenössischen Künstler Cornelius Kolig rekonstruierte<br />

Anton-Kolig-Saal. Die originalen Fresken von Anton<br />

Kolig aus dem Jahre 1930 wurden zur Zeit des Nationalsozialismus<br />

abgeschlagen und zur Gänze zerstört.<br />

Kärntner Botanikzentrum<br />

Prof.-Dr.-Kahler-Platz 1, 9020 Klagenfurt am Wörthersee<br />

T +43 (0)463 502715<br />

Das Kärntner Botanikzentrum, bestehend aus Botanischem<br />

Garten, Kärntner Landesherbar und einer Fachbibliothek,<br />

liegt am Fuße des Kreuzbergls im historischen Steinbruch<br />

der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee. Besucher-<br />

Innen durchwandern im Botanischen Garten die faszinierende<br />

Panzenwelt Kärntens, ergänzt durch Besonderheiten aus<br />

aller Welt. Schwerpunkte des Gartens sind die Erhaltung seltener<br />

oder bedrohter Arten, Forschung, Beratung, Bildung<br />

und Erholung. Zusätzlich wird jährlich ein »Index Seminum«<br />

für den internationalen Austausch von Jungpanzen<br />

und Samen herausgegeben. Zu den Highlights des Gartens<br />

zählen neben der beeindruckenden Felskulisse mit dem Alpinum<br />

eine Wasserlandschaft mit Wasserfall, Bach und Teich,<br />

das Sukkulentenquartier sowie der Bauerngarten mit zum<br />

Teil in Blindenschrift ausgeführten Beschriftungstexten.<br />

- 320 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 321 -


Das Kärntner Landesherbar beherbergt neben dem ältesten<br />

Herbarium in Kärnten, dem Herbarium Vivum aus dem Jahre<br />

1752, eine ganze Reihe wertvoller Sammlungen. Es benden<br />

sich hier 180.000 Belege von getrockneten und präparierten<br />

Blütenpanzen, Farnen und Schachtelhalmen, Algen, Moosen,<br />

Flechten und Pilzen. Sie dienen zur Erforschung und<br />

Dokumentation der Panzenwelt und ihrer Veränderungen.<br />

Weiters besitzt das Kärntner Landesherbar bedeutende Sondersammlungen:<br />

historische Belegsammlungen, Fixierungen,<br />

Früchte und Zapfen, Biograen, historische wissenschaftliche<br />

Instrumente, ethnobotanische Objekte und Dias. Zusätzlich<br />

ist hier eine umfassende Dokumentation vorwiegend<br />

von Panzenfossilien aus Kärnten untergebracht. Schwerpunkte<br />

des Herbars sind Forschung, Dokumentation, Datenbereitstellung<br />

sowie Wissensvermittlung und die Herausgabe<br />

der internationalen Fachzeitschrift »Wulfenia«. Als Grundlage<br />

für sämtliche Arbeiten in Herbarium und Garten dient<br />

die umfangreiche Bibliothek mit über 30.000 Büchern, Zeitschriftenheften<br />

und Fachbeiträgen.<br />

Sommervorträge zu einem aktuellen ema im Botanischen<br />

Garten: Die Sommervorträge im Botanischen Garten des<br />

Kärntner Botanikzentrums haben bereits Tradition! Von Mai<br />

bis Ende September, jeweils mittwochs um 17 Uhr, haben Sie<br />

die Gelegenheit, Wissenswertes, Interessantes und Spannendes<br />

zu vielfältigen und stets aktuellen emen aus der<br />

Welt der Botanik zu erfahren. Die Veranstaltungen nden<br />

bei jedem Wetter statt! Eintritt frei!<br />

Archäologischer Park Magdalensberg<br />

Magdalensberg 15, 9064 Pischeldorf<br />

T +43 (0)4224 2255<br />

Besuchen Sie mit dem Archäologischen Park Magdalensberg<br />

eine der größten römerzeitlichen Ausgrabungsstätten des<br />

Ostalpenraumes. Seit über 60 Jahren wird das einstige Wirtschaftszentrum<br />

freigelegt und restauriert. Auf dem geschichtsträchtigen<br />

Gelände begegnen Sie dem Jüngling vom<br />

Magdalensberg und vielen weiteren Funden, die vom römischen<br />

Leben in der Stadt auf dem Magdalensberg zeugen.<br />

Inneralpine Kelten versuchten 186 v. Chr. im Raum des späteren<br />

Aquileia eine befestigte Siedlung zu gründen, wurden<br />

jedoch von den Römern vertrieben. Die Funde auf dem Magdalensberg<br />

zeigen einen Beginn der Besiedlung ab ca. 50 v.<br />

Chr. Das Ausmaß einer keltischen Siedlung, in der sich italische<br />

Händler niederließen, ist noch nicht bekannt. Im Jahr<br />

15 v. Chr. besetzten die Römer das Königreich Noricum und<br />

bauten das Zentrum des okkupierten Gebietes und des Handels<br />

zur ersten Hauptstadt der Provinz aus. Auf dem Gipfel<br />

- 322 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 323 -


des Berges entstand ein weithin sichtbarer Tempel mit Hallen<br />

und Gebäuden, die für den Betrieb eines zentralen Heiligtums<br />

notwendig waren. Die Dimensionen des Kultplatzes<br />

lassen sich mit großen Anlagen des Mittelmeerraumes vergleichen.<br />

Um Christi Geburt wurde der Gottheit u.a. die<br />

Bronzestatue eines Jünglings von zwei Freigelassenen gestiftet,<br />

die 1502 entdeckt wurde und in der napoleonischen Zeit<br />

verloren ging. Sie blieb uns aber in einem Abguss des 16.<br />

Jahrhunderts im Kunsthistorischen Museum in Wien erhalten.<br />

Mit der Verlagerung der Verwaltung in die neu gegründete<br />

Stadt Virunum im Zollfeld endete das rege Leben auf dem<br />

Magdalensberg gegen 50 n. Chr.<br />

Der archäologische Park umfasst vier Hektar und zeigt mit<br />

seinen Ruinen wesentliche Bereiche der einstigen Stadt: eine<br />

Marktbasilika, in der Amts- und Handelsgeschäfte abgewickelt<br />

wurden, einen Tempel des Kaisers Augustus und der<br />

Stadtgöttin Roma, das sogenannte Händlerforum, Handwerkerviertel,<br />

Badeanlagen und eine amtliche Werkstätte zur<br />

Fertigung von Goldbarren. Eindrucksvoll wird auch die Produktion<br />

von Werkzeugen aus norischem Stahl dargestellt, der<br />

in der römischen Welt berühmt war. Eine ansässige Bildhauerwerkstatt<br />

hinterließ zahlreiche Zeugnisse ihrer Kunst. Die<br />

Wandmalereiausstattung von oziellen und privaten Gebäuden<br />

führten Spezialisten aus dem Süden aus.<br />

Römermuseum Teurnia<br />

St. Peter in Holz 1a, 9811 Lendorf bei Spittal/Drau<br />

T +43 (0)4762 33807<br />

Der Siedlungshügel von St. Peter in Holz war bereits seit 1200<br />

v. Chr. besiedelt, als im 3. Jahrhundert v. Chr. die Kelten an<br />

Einuss gewannen. Nach der römischen Besetzung im Jahr<br />

15 v. Chr. erhielt die Siedlung Teurnia mit ihrem großen Verwaltungsbezirk<br />

gegen 50 n. Chr. das Stadtrecht. Zahlreiche<br />

öentliche und private Bauten entstanden. Um 400 ließ der<br />

Bischof der Stadt eine Kirche errichten, während die staatliche<br />

Verwaltung für die Befestigungsmauer der neuen Hauptstadt<br />

der Provinz Noricum in der Zeit der Völkerwanderung<br />

sorgte. Nach 488 war Teurnia auch der Sitz des Militärkommandanten<br />

der Provinz, der auch als Stifter des berühmten<br />

Mosaiks in der Friedhofskirche auftritt. Um 610 endete mit<br />

der Einwanderung der Slawen das rege Leben der Stadt. Im<br />

9. Jahrhundert wurde der Hügel neuerlich besiedelt, eine Kirche<br />

errichtet und ringsum die Toten bestattet.<br />

Das neue Römermuseum liegt im Mittelpunkt der antiken<br />

Stadt Teurnia und ist modern, besucherfreundlich und nach<br />

- 324 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 325 -


museumspädagogischen Gesichtspunkten gestaltet. Marmorbildwerke,<br />

Inschriften, Schmuck, Waen, Werkzeuge,<br />

Münzen usw. sind im Römermuseum nach kulturhistorischen<br />

emen geordnet und erzählen uns von Gesellschaft, Alltagsleben<br />

und Kunst der Römer und Kelten. Ein anspruchsvoller<br />

Schutzbau überspannt die älteste Bischofskirche Österreichs,<br />

die ein besonderes Zeugnis des frühen Christentums<br />

darstellt. Außerhalb der Stadt bendet sich die Friedhofskirche<br />

mit dem berühmten Mosaikboden aus der Zeit um 500<br />

n. Chr. Mit seinen plakativen Tiergleichnissen spiegelt das<br />

Mosaik die Gedankenwelt der frühen Christen wider. Aufgrund<br />

seiner Gestaltung und einmaligen Aussagekraft ist es<br />

zum Weltkulturerbe zu rechnen.<br />

Institut für Kärntner Volkskunde<br />

Domplatz 3, 9063 Maria Saal<br />

T +43 (0)4223 3166<br />

In der ehemaligen Propstei in Maria Saal bendet sich seit<br />

1992 das Institut für Kärntner Volkskunde als Außenstelle des<br />

Landesmuseums für Kärnten. Am Institut bendet sich eine<br />

Bibliothek mit umfangreicher volkskundlicher Fachliteratur<br />

(ca. 38.000 Werke) aus dem Nachlass von Prof. Dr. Oskar<br />

Moser (1914 – 1996), welche mittels Datenbank erfasst ist<br />

und die Volkskultur mit all ihren emenschwerpunkten dokumentiert.<br />

Eine Photo- und Diathek ergänzt die Dokumentation<br />

der europäischen Volkskunde sehr anschaulich.<br />

Durch Kooperationen mit universitären Einrichtungen wie<br />

der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und dem Volkskundeinstitut<br />

der Karl-Franzens-Universität Graz bietet das Institut<br />

eine Plattform für Studenten und Fachkollegen zur Unterstützung<br />

fundierter wissenschaftlicher Arbeit. Seit der<br />

Zeit seiner Gründung wird ein langfristig geplantes Projekt<br />

zur systematischen Erfassung der aktuellen Bausubstanz im<br />

ländlichen Raum durchgeführt und in Datenbanken gespeichert.<br />

Durch die Visualisierung der erhobenen Daten in thematischen<br />

Karten können Siedlungsstrukturen, die Einhaltung<br />

von Bebauungsplänen und Dorfentwicklungstrends<br />

anschaulich dargestellt werden.<br />

Das dem Institut angeschlossene Möbelmuseum mit Bauerntruhen<br />

und Kästen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert gibt<br />

einen einmaligen Einblick in die Wohnkultur und Volkskunst<br />

des Landes.<br />

Das nahegelegene Freilichtmuseum Maria Saal als ältestes<br />

Museum seiner Art in Österreich beherbergt bäuerliche<br />

Haus- und Hoormen aus den verschiedensten Landesteilen,<br />

welche einen Einblick in die Wohn- und Wirtschaftsweise<br />

vergangener Zeiten ermöglichen. Neben den interessanten<br />

Bauernhäusern wird dem Besucher auch das bäuerliche<br />

- 326 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 327 -


Handwerk im sogenannten »Industriegelände« vor Augen<br />

geführt. Eine ländliche Gaststätte sorgt für das leibliche<br />

Wohl der Gäste. Im Rundgang durch das Kärntner Freilichtmuseum<br />

ist auch ein Naturlehrpfad integriert, welcher den<br />

Besucher mit landestypischen Panzen und deren Lebensräumen<br />

vertraut macht.<br />

WWW.LANDESMUSEUM.KTN.GV.AT<br />

- 328 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 329 -


In eigener Sache<br />

Wir freuen<br />

uns über<br />

Ihre Spende!<br />

Das trigonale-Unterstützungskonto:<br />

Raiffeisenlandesbank Kärnten<br />

Konto-Nr.: 9.01.123.322<br />

BLZ: 39000<br />

- 330 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 331 -


Michael Wersin: Schubert hören<br />

Eine Anleitung<br />

Mit 31 Notenbeispielen und 11 Abbildungen<br />

210 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag<br />

Format: 12,2 x 19,5 cm<br />

Euro (D) 19,95 / Euro (A) 20,50 / CHF 28,50<br />

ISBN 978-3-15-010872-7<br />

Originalausgabe<br />

Anhand aussagekräftiger Beispiele (u. a. Erlkönig, Winterreise,<br />

Unvollendete) und exemplarisch vertiefender Analysen<br />

der Schubertschen Tonsprache erschließt Wersin auf seiner<br />

Entdeckungsreise auch für den musikalischen Laien die Bedeutung<br />

dieses großen Komponisten des frühen 19. Jahrhunderts.<br />

Die analytischen Betrachtungen werden eingebettet in<br />

zeitgeschichtliche Zusammenhänge und um Einblicke ins<br />

Biograsche ergänzt.<br />

Michael Wersin, geb. 1966, ist Dozent für kirchenmusikalische<br />

Fächer in St. Gallen. Er lehrt außerdem in Augsburg und<br />

Luzern, tritt als Sänger und Continuo-Organist mit verschiedenen<br />

Pro-Ensembles auf und schreibt als Musikjournalist<br />

u. a. für das Klassikmagazin RONDO.<br />

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- 332 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 333 -


Aus meines Herzens Grunde<br />

Die schönsten alten Kirchenlieder<br />

Ein ökumenisches Liederbuch<br />

94 Kirchenlieder in den Fassungen, wie sie früher gesungen<br />

wurden<br />

Hrsg. von Richard Mailänder in Kooperation mit Caritas<br />

und Diakonie<br />

Mit 45 farbigen Illustrationen von Barbara Trapp<br />

124 Seiten, Flexicover, Großdruck, A4-Format<br />

Mit im Buch: Instrumental-CD (Orgel- oder Klavierbegleitung)<br />

zum Mitsingen<br />

Noten, Texte, Harmonien<br />

Euro (D) 24,95 / Euro (A) 25,70 / CHF 35,50<br />

ISBN 978-3-15-010864-2<br />

Die thematisch aufgebaute Sammlung (Lob, Dank, Vertrauen,<br />

Glaube, Schöpfung, Kirchenjahr, Maria und Heilige,<br />

Morgen und Abend) wendet sich schwerpunktmäßig<br />

an ältere Menschen, die die ihnen aus Kindheit und Jugend<br />

vertrauten Kirchenlieder wieder singen möchten. Die Lieder<br />

sind im Großdruck wiedergegeben, der Band ist mit stimmungsvollen<br />

Bildern von Barbara Trapp illustriert. Eine<br />

Mitsing-CD liegt bei. Im Anhang nden sich praktische<br />

Hinweise zum Singen mit älteren Menschen.<br />

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- 334 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 335 -


Johann Sebastian Bach: Motetten<br />

Meines Herzens Weide<br />

Trinity Baroque, Julian Podger<br />

Best.-Nr.: RK 2601<br />

Derart lebendig in Tempo und Phrasierung, homogen im Ensembleklang,<br />

aber auch derart innig und berührend, hat man Bachs Motetten lange<br />

Zeit nicht gehört. BR-Klassik<br />

Una musa plebea<br />

Das »gemeine« Repertoire<br />

der italienischen Renaissance<br />

Ensemble Lucidarium & Traditionelle Poeten<br />

aus der Toskana und Korsika<br />

Best.-Nr.: RK 2410<br />

Eine Muse ... nimmt sich unbekümmert Zeit. Und damit Freiraum – für<br />

ihre ganz eigene Version eines leuchtenden Utopia aus der Vergangenheit.<br />

CD-Tipp, HR 2<br />

Rosenmond und Lindentraum<br />

Lieder von Liebe und Leben<br />

Christine Maria Rembeck – Gesang, Klavier<br />

Emilia Gliozzi – Violoncello<br />

Best.-Nr.: RK 3002<br />

Schlicht und zugleich kunstvoll sind diese Arrangements ...<br />

FAZ, 21. 5. 2011<br />

Bon Voyage –<br />

Musik von Giovanni Paolo Foscarini<br />

e Foscarini Experience<br />

Frank Pschichholz – Chitarra Spagnuola<br />

Nora iele – Percussion<br />

Daniel Zorzano – Violone<br />

Best.-Nr.: RK 2904<br />

Einmal mehr Musik des 17. Jahrhunderts mit viel Drive und Beat.<br />

Dem Label entsprechend wunderbar aufgenommen. Radio Stephansdom<br />

Modena 1665<br />

Georg Kallweit – Violine<br />

Björn Colell – eorbe, Barockgitarre<br />

Best.-Nr.: RK 2905<br />

Hier stimmt einfach alles, das Können auf dem Instrument, die Klanggebung,<br />

die Beweglichkeit der langen Töne, die rasante Spieltechnik …<br />

Bernhard Morbach, RBB<br />

Endzeitfragmente<br />

Sequentia<br />

Benjamin Bagby, Norbert Rodenkirchen<br />

Best.-Nr.: RK 2803<br />

Die Produktion ermöglicht mit vielen bislang nicht oder nur wenig<br />

bekannten Sequenzen einen weiteren Einblick in die tiefe, mystische Welt<br />

des mittelalterlichen Denkens und Fühlens. BR-Klassik<br />

- 336 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 337 -


Winterreise<br />

Nataša Mirković-De Ro – Gesang<br />

Matthias Loibner – Drehleier<br />

Best.-Nr.: RK 3003<br />

Nicht nur wegen des letzten Lieds (Der Leiermann) eine Idealbesetzung!<br />

Das gilt auch für Nataša Mirkovic-De Ro, die ungekünstelt und tief<br />

ergreifend interpretiert. CD-Tipp, Ö1<br />

… großartig! BR-Klassik<br />

Mütterkinderlieder<br />

(Bertl Mütter nach Gustav Mahler)<br />

Bertl Mütter – Posaune<br />

Best.-Nr.: RK 3009<br />

Heinrich Schütz –<br />

Ich hebe meine Augen auf<br />

Musik aus der Dresdner Schlosskapelle I<br />

Cappella Sagittariana Dresden,<br />

Norbert Schuster<br />

Best.-Nr.: RK 3001<br />

Schütz-Interpretation auf sehr hohem Niveau … Die Einspielung zeigt<br />

Heinrich Schütz als Meister des Klangeekts und als Souverän der<br />

expressiven Möglichkeiten im Frühbarock. Klassik.com<br />

Von den letzten Dingen<br />

Barocke Trauermusiken<br />

aus Mitteldeutschland<br />

amarcord, Cappella Sagittariana Dresden<br />

Best.-Nr.: RKap 30107<br />

Trauermusik als beseelter Klangzauber! MDR-Figaro<br />

Rose van Jhericho<br />

Das Liederbuch<br />

der Anna von Köln (um 1500)<br />

Ars Choralis Coeln, Maria Jonas<br />

Best.-Nr.: RK 2604<br />

Die volle Stimme von Maria Jonas mit ihrer leidenschaftlichen<br />

Betonung gibt den Melodien ihre große Überzeugungskraft.<br />

Le monde de la musique 6/2007<br />

Vita S. Elisabethæ<br />

Das Leben der heiligen Elisabeth<br />

von Thüringen (1207–1231),<br />

erzählt in mittelalterlichen<br />

Liedern und Texten<br />

Ioculatores, Ars Choralis Coeln, amarcord<br />

Best.-Nr.: RK 2605<br />

Über fast 80 Minuten entfaltet sich ein Spannungsbogen, der der Chronologie<br />

der Ereignisse von Ungarn über die Wartburg bis nach Marburg<br />

folgt, um schließlich im überirdischen Mönchsgesang mit dem Wort<br />

›Elisabeth‹ zu verklingen. Minnesang.com<br />

- 338 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 339 -


Frolich, zärtlich, lieplich ...<br />

Oswald von Wolkenstein –<br />

Liebeslieder<br />

Ensemble Unicorn, Michel Posch<br />

Best.-Nr.: RK 2901<br />

Tromba Hispanica<br />

Battallas y Canciones<br />

Barocktrompeten Ensemble Berlin<br />

Johann Plietzsch<br />

Best.-Nr.: RK 2906<br />

Les Caractères de la Danse<br />

Purcell, Corelli, Rebel,<br />

Albinoni, Telemann<br />

Harmony of Nations Baroque Orchestra<br />

Alfredo Bernardini – Oboe<br />

Best.-Nr.: RK 2704<br />

Virgo Sancta Caecilia<br />

Gesänge aus dem Antiphonar<br />

der Anna Hachenberch<br />

Candens Lilium, Norbert Rodenkirchen<br />

Best.-Nr.: RKma 20044<br />

Der Erlauchte Fürst<br />

Höfische Kultur zur Zeit<br />

des Naumburger Meisters<br />

Ioculatores & Jörg Peukert<br />

Best.-Nr.: TAL 90003<br />

Amours me fait desirer<br />

Liebeslieder aus dem<br />

14. Jahrhundert<br />

Ensemble Alta musica, Rainer Böhm<br />

Best.-Nr.: TAL 90004<br />

Chanterai d’aquestz Trobadors<br />

Live at montalbâne<br />

Ensemble Belladonna<br />

Best.-Nr.: TAL 90006<br />

Raumklang & Talanton<br />

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- 340 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 341 -


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- 350 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 351 -


Impressum<br />

<strong>Trigonale</strong> FestivalbetriebsgmbH<br />

Geschäftsführer Ing. Stefan Schweiger<br />

Winklern 17<br />

A - 9063 Maria Saal<br />

Telefon: +43 - (0)4223 - 29079<br />

E-Mail contact@trigonale.com<br />

Internet www.trigonale.com<br />

Herausgeber <strong>Trigonale</strong><br />

Redaktion Stefan Schweiger<br />

Redaktionsassistenz Gerda Heger, Nicole Kelner<br />

Artdirector Anne Hooss<br />

Fotograe Ingrid Ahrer, Lukas Beck, Silvia Csibi,<br />

Philippe Parent, Stefan Schweiger<br />

Übersetzungen Gregor Chudoba, Anne Marie Dragosits,<br />

Sibylle Kirchbach, Almut Lenz-Konrad,<br />

Elfriede Schweiger<br />

Herstellung Philipp Reclam jun.<br />

Graphischer Betrieb GmbH,<br />

Ditzingen<br />

Stand August <strong>2012</strong>, Änderungen vorbehalten<br />

- 352 - Impressum

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