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DAS PROGRAMM
<strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong><br />
Das Programm<br />
Unserem Publikum,<br />
unseren Künstlerinnen und Künstlern
Vorwort<br />
<strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong><br />
Wenn der Sommer schon an Fahrt verloren hat und sich die<br />
letzten Urlaubs- und Feriengedanken mit den ersten Blicken<br />
auf das letzte Jahresviertel vermengen, kommt für Freunde<br />
der Alten Musik die Zeit, ihr Leben für einige Tage wieder<br />
vornehmlich »trigonal« auszurichten.<br />
Ein trigonales Leben ist durch die Liebe zu und das Verlangen<br />
nach Alter Musik geprägt, aber auch durch die Bereitschaft<br />
gekennzeichnet, abendliche (bisweilen nächtliche<br />
oder frühmorgendliche) Fahrten an unterschiedlichste Orte<br />
zu unternehmen und dabei immer das Programmbuch im<br />
»Reclam-Stil« mitzuführen.<br />
Dem üblichen Konzept eines Musikfestivals, nämlich Konzerte<br />
unterschiedlicher Ensembles aneinanderzureihen, die<br />
für ihren Auftritt kurzfristig an- und danach sofort wieder<br />
abreisen, hat Stefan Schweiger die Idee entgegen- und diese<br />
mittlerweile auch umgesetzt, Künstler für eine längere Zeit<br />
als »bloß« für den einen Konzertabend nach Kärnten zu<br />
holen. Dadurch entsteht die – wie wir hören, auch von den<br />
Künstlern sehr geschätzte – Möglichkeit, innerhalb der trigonale<br />
neue Projekte zu formen und spannende, noch nicht<br />
dagewesene Formationen zu bilden.<br />
Mit begeistertem Herz hat Stefan Schweiger die trigonale programmiert<br />
und mit seinem Team souverän vorbereitet. Nach<br />
unserer Überzeugung kann das Verlangen nach Alter Musik<br />
durch die geplanten Darbietungen gestillt werden. Wir laden<br />
Sie herzlich dazu ein, zahlreich das Konzertangebot zu nutzen,<br />
und bedanken uns gleichzeitig für Ihre Treue.<br />
Vorstand der trigonale<br />
Martin Wiedenbauer<br />
Hans Slamanig<br />
Albrecht Haller<br />
- 4 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 5 -
Seite | Konzerte<br />
Barokksolistene & S.i.R.<br />
Der Krieg und die Sterne<br />
Ensemble Sirocco & S.i.R.<br />
Itinerari italiani<br />
Ensemble Pentagonale<br />
Der letzte Akt des Mittelalters<br />
Dorothee Oberlinger & Franco Pavan<br />
Un Viaggio Musicale<br />
Dresdner Kammerchor<br />
Israelsbrünnlein<br />
Barokksolistene & S.i.R.<br />
The Image of Melancholy<br />
Echo du Danube & Ann Allen<br />
Maria Maddalena<br />
Ghislieri Consort & Clare Wilkinson<br />
Sweeter than Roses<br />
S.I.R. = SIngers in Residence<br />
- 6 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 7 -<br />
10<br />
28<br />
44<br />
80<br />
92<br />
110<br />
120<br />
156<br />
Fortsetzung ...
Seite | Konzerte<br />
Barokksolistene<br />
Alehouse-Session No. 2<br />
Catalina Vicens & Katharina Schmölzer<br />
A la Luz del Alba<br />
Eclipse<br />
Kinder- und Familienkonzert<br />
Ensemble Prisma, Markus Hering & S.i.R.<br />
Der Kopf des Georg Friedrich Händel<br />
Eclipse & Friends<br />
Forgotten Secrets<br />
Andrea & Paolo Pandolfo & S.i.R.<br />
Time Machine<br />
Cappella Nova Graz,<br />
Domkantorei St. Pölten,<br />
Les Cornets Noirs<br />
Vespro della Beata Vergine<br />
Anhang<br />
S.I.R. = SIngers in Residence<br />
- 8 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 9 -<br />
178<br />
186<br />
200<br />
212<br />
260<br />
266<br />
272<br />
316<br />
Fortsetzung ...
Freitag, 07.09. | 19 Uhr<br />
Rathaus St. Veit<br />
1 1<br />
Jon Balke: Piano, Soundscape*<br />
Der Krieg und die Sterne<br />
Krieg und Frieden, Himmel und Erde, Leben und<br />
Tod, Freude und Leid, Nacht und Tag. Universelle<br />
Konzepte, die alle Menschen seit Urbeginn der<br />
Zeiten beschäftigt haben.<br />
Konzert mit den<br />
Singers<br />
in Residence<br />
Barokksolistene<br />
Bjarte Eike: Violine, Leitung<br />
Milos Valent: Violine, Viola<br />
Dasa Valentova: Violine, Viola<br />
Thomas Pitt: Cello<br />
Mattias Frostenson: Violone<br />
Hans Knut Sveen: Cembalo, Orgel<br />
Fredrik Bock: eorbe, Gitarre<br />
Torun Torbo: Flöten<br />
Monika Fischaleck: Barockfagott, Dulzian<br />
Alexis Kossenko: Flöten<br />
supported by<br />
Hanna Herfurtner: Sopran<br />
Isabelle Rejall: Mezzosopran<br />
Jakob Bloch Jespersen: Bass<br />
Marc Mauillon: Bariton<br />
*Der Begri Soundscape (Klanglandschaft) ist ein englisches Kunst-<br />
wort, zusammengesetzt aus den Begrien Sound und Landscape.<br />
Die Soundscape beschreibt die akustische Hülle, die eine Person an<br />
einem bestimmten Ort umgibt.<br />
Einleitung<br />
Im 17. Jahrhundert wurde Europa von endlosen Kriegen<br />
heimgesucht. In »Battalia« ng der österreichische Komponist<br />
H.I.F. Biber unterschiedliche Aspekte des Krieges ein<br />
und machte sich dabei gekonnt instrumentelle Klänge und<br />
Eekte zu Nutze, die man eher in der avantgardistischen<br />
Musik des 20. Jahrhunderts vermutet hätte.<br />
Die Musik wird zum Trinkgelage, zum traurigen Lebewohl<br />
an den Liebsten, zum Marsch und zur blutigen Schlacht, bis<br />
schließlich alles mit einer Klage für den verwundeten Soldaten<br />
- 10 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 11 -
endet – dramatisch, ja, aber das ganze Stück ist dem Gott des<br />
Weines und des Bieres – Bacchus – gewidmet!<br />
Der Blick in die Sterne bot eine weitere Möglichkeit zur<br />
Flucht ...<br />
Es lag in der Natur der Barockmusik, den Hörer durch die<br />
Musik auf eine höhere emotionale oder geistige Ebene befördern<br />
zu wollen. Er kann von der dissonanten Traurigkeit und<br />
Honungslosigkeit in seinem Inneren erlöst werden, wenn<br />
die Harmonien der Musik ihn mit der großen Harmonie<br />
des Kosmos verbinden. Man ging damals davon aus, dass die<br />
Klänge des Universums sich in perfekter Übereinstimmung<br />
zueinander befanden – anders als die misstönende Wirklichkeit<br />
auf Erden. Wissenschaftler wie J. Kepler begründeten<br />
ihre Forschungen auf den pythagoreischen Prinzipien der<br />
»Sphärenharmonie«. Kepler vertrat die Ansicht, dass die Musiktheorie<br />
und die Beziehungen zwischen den Planeten und<br />
der Sonne auf denselben Grundsätzen beruhten. Ebenso wie<br />
die Musik eine wichtige Rolle für die Wissenschaftler des 17.<br />
Jahrhunderts spielte, erfreuten sich emen der Astrologie<br />
und der Astronomie in der Musik großer Beliebtheit.<br />
Diesem astralen Aspekt möchten wir uns widmen, wobei wir<br />
nicht nur auf die Musik des Barocks und der Renaissance<br />
eingehen, sondern auch auf die Werke des 20. Jahrhunderts,<br />
in dem die Komponisten der Avantgarde lebhaftes Interesse<br />
an Sternen und Planeten bekundeten.<br />
1 Die Flucht in einen – oftmals grotesken – Humor war für<br />
In seinem wunderbar meditativen Werk »Tierkreis« assozi- 1<br />
den Europäer des 17. Jahrhunderts eine wirksame Möglichierte<br />
Stockhausen die zwölf Sternzeichen mit der Zwölftonreikeit,<br />
der grausamen Wirklichkeit (Pest, Hunger und Religihe:<br />
Er versah jedes Sternzeichen mit einer Note und kompoonskriege)<br />
für kurze Zeit zu entkommen.<br />
nierte einen Strang kurzer, traumgleicher Melodien um diese<br />
Note. Stockhausen fordert die Musiker auf, seine Melodien<br />
frei zu verwenden; sie können auf beliebigen Instrumenten<br />
gespielt werden, wobei er zu einem hohen Maß an Improvisation<br />
ermutigt.<br />
Improvisation und »broken consorts« (gemischte Ensembles<br />
mit unterschiedlichen Instrumentengruppen und/oder Sängern)<br />
waren im 16. und 17. Jahrhundert weit verbreitet.<br />
Dieser Umstand bietet auch uns die Möglichkeit, all unser<br />
Material frei zu verwenden und dadurch aus jedem Auftritt<br />
ein neues und einzigartiges Konzert zu machen.<br />
Und auch wenn Stockhausens »Tierkreis« in diesem Programm<br />
eine Sonderstellung einnehmen mag, so ist dieses<br />
Werk dennoch der rote Faden, der alles zusammenhält und<br />
die Jahrhunderte des Barocks und der Moderne im Einklang<br />
miteinander schwingen lässt.<br />
Wir hören Werke von H.I.F. Biber, J. F. Rebel, C. Gesualdo,<br />
J. Dowland, K. Stockhausen u.a.<br />
Mein besonderer Dank gilt Veronika Skuplik, die mich mit<br />
»Tierkreis« bekannt gemacht hat und mir so die Möglichkeit<br />
zur Entwicklung dieses Programms erönete. Bjarte Eike <strong>2012</strong><br />
- 12 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 13 -
In eigener Sache<br />
1 Das diesjährige Erönungskonzert der trigonale ist mehr als<br />
je zuvor ein Work-in-progress-Projekt. Verständlicherweise<br />
bringt das Zusammenführen von Künstlern, die bisher noch<br />
nie miteinander auf der Bühne standen, auch einige Risiken<br />
mit sich. Um diese auf ein Mindestmaß zu reduzieren, behält<br />
sich der künstlerische Leiter Bjarte Eike vor, die letztendlich<br />
zur Auührung gelangenden Stücke erst im Zuge der Proben<br />
in den Tagen vor dem Konzert festzulegen. Aus diesem<br />
Grund lag uns bei Drucklegung das endgültige Programm<br />
1<br />
noch nicht vor.<br />
Danke.<br />
Allen Helfern hier auf Erden ...<br />
... und auch im Himmel.<br />
Stefan Schweiger, Leiter der <strong>Trigonale</strong><br />
- 14 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 15 -
Barokksolistene, unter der künstlerischen Leitung<br />
des führenden norwegischen Barockviolinisten Bjarte Eike,<br />
ist ein Ensemble der Alten Musik, das 2005 gegründet<br />
wurde und in exibler Formation auftritt. Es bietet seinen<br />
Instrumentalisten mit hohem solistischen Niveau – sie alle<br />
zählen auf ihrem Instrument zu den herausragenden Interpreten<br />
in Europa – die Gelegenheit, sich als Künstler und<br />
Kammermusiker weiterzuentwickeln. Sie treten außerdem<br />
in Formationen wie Kammerorchestern, Pub Bands, frei improvisierenden<br />
Gruppen, Crossover-Ensembles oder kleinen<br />
und intimen Kammerensembles auf. Durch Bjartes engagierte,<br />
bewusst persönliche und innovative Programmgestaltung<br />
und die mitreißende virtuose Spielweise der Musiker vermittelt<br />
das Ensemble einem breiten Publikum Barockmusik auf<br />
verblüend natürliche Art. Seine Konzerte werden oftmals<br />
als spielerisch und wegweisend beschrieben.<br />
Seit seinen Anfängen war BarSol Ensemble in Residence bei<br />
verschiedenen Festivals in ganz Europa. Zu den Spielorten<br />
und Stationen seiner Auftritte zählen: Bergen International<br />
Festival, Rikskonsertene, Maijazz Stavanger, Copenhagen Jazzfestival,<br />
trigonale, Kings Place London, Stockholm Early Music<br />
Festival und BBC Proms, um nur einige zu nennen. BarSol<br />
arbeitet regelmäßig mit der Den Ny Opera in Esbjerg, Dänemark,<br />
mit dem Danish Radio Vokalensemblet und den Vestfoldfestspillene<br />
in Norwegen zusammen.<br />
supported by<br />
www.barokksolistene.no<br />
1 1<br />
BarSol gibt etwa 50 Konzerte pro Jahr. Für die nächste Zukunft<br />
steht eine Reihe spannender Einladungen und Projekte<br />
in ganz Europa auf seinem Programm.<br />
BarSol und die Mezzo-Sopranistin Tuva Semmingsen spielten<br />
den Soundtrack für Lars von Triers Film »Antichrist« ein. Die<br />
Aufnahme »London Calling« mit Semmingsen und BarSol ist<br />
der Auftakt zu einer Reihe von mindestens sechs Aufnahmen<br />
im Rahmen der neuen Zusammenarbeit zwischen BarSol und<br />
dem Label BIS.<br />
BarSol wird vom Norwegischen Kulturrat gefördert.<br />
Bjarte Eike, Barockviolinist, sprengt<br />
die Grenzen der klassischen Musik. Ständig<br />
auf der Suche nach neuen Projekten<br />
zwischen den musikalischen Genres, gewinnt<br />
er mit seinem mitreißenden Spiel<br />
neue Publikumsschichten und überrascht<br />
als künstlerischer Leiter von BarSol immer wieder mit neuen<br />
und innovativen Konzepten.<br />
Als frei schaender Geiger und Konzertmeister erkundet er<br />
ständig alternative Wege zur klassischen Musik. Obwohl seine<br />
musikalischen Grundlagen auf der sogenannten 'Historisch<br />
Informierten Auührungspraxis' (HIP) fußen, integriert er<br />
- 16 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 17 -
gern andere künstlerische Aspekte – bildende Künste, Tanz,<br />
Erzählkunst, Improvisation usw. – in seine Auührungen.<br />
Neben BarSol arbeitet er regelmäßig mit Ensembles wie<br />
Concerto Copenhagen, Concerto Palatino, I Fagiolini, Dunedin<br />
Consort, Caecilia-Concert, Weser Renaissance, Sirius Viols,<br />
Chelycus, Altapunta und Bergen Barock zusammen. Er erfährt<br />
zurzeit ein zunehmendes Interesse europäischer Ensembles<br />
und Orchester, die ihn als Gast-Konzertmeister und Dirigent<br />
einladen.<br />
Bjarte Eike tritt auch in verschiedenen Crossover-Formationen<br />
auf, etwa dem Magnetic North Orchestra oder dem frei<br />
improvisierenden Streichtrio Stryk!; ferner entwickelte er das<br />
Projekt SIWAN gemeinsam mit dem Komponisten Jon Balke<br />
und der marokkanischen Jazzsängerin Amina Alaoui (die<br />
Einspielung von Siwan bei ECM erhielt den »Jahrespreis der<br />
Deutschen Schallplattenkritik 2009«).<br />
Er studierte an der Grieg-Akademie in Norwegen sowie bei<br />
Richard Gwilt in London. Bjarte Eike war Artist in Residence<br />
beim Bergen International Festival 2008 und beim Nordwind<br />
Festival for performing Arts in Berlin 2009. Er hat bei zahlreichen<br />
Einspielungen mitgewirkt. Gegenwärtig lehrt er Barockvioline<br />
an der Norwegischen Musikakademie und ist Gastdozent<br />
am Königlich Dänischen Musikkonservatorium.<br />
Jon Balke, Pianist, Keyboarder, Komponist,<br />
Arrangeur und Schlagzeuger, begann<br />
seine professionelle Laufbahn 1974,<br />
als er sich Arild Andersens Band für Studioarbeiten<br />
für das deutsche Label ECM<br />
anschloss. Seine musikalische Karriere hat<br />
seither mehrere Phasen durchlaufen, in denen er als Ko-Leiter<br />
mehrerer skandinavischer Gruppen fungierte, darunter:<br />
E'OLEN, eine Zusammenarbeit mit westafrikanischen<br />
Musikern (1978 – 1988),<br />
SURDU, ein Trio, das sich von ethnischen Klängen<br />
inspirieren ließ (1977 – 1979),<br />
OSLO 13, eine 13-köpge Jazzband mit Schwerpunkt<br />
auf Eigenkompositionen (1980 – 1993),<br />
MASQUALERO, ein Quintett mit Jon Christensen und<br />
Arild Andersen,<br />
POINT4, ein »Doppelduo« mit zwei Pianos und zwei<br />
Schlagzeugen.<br />
Seit 1989 initiiert er eigene Projekte, für die er auch<br />
komponiert:<br />
JØKLEBA, mit Audun Kleive und Per Jørgensen,<br />
MAGNETIC NORTH ORCHESTRA, Kammermusikensemble,<br />
BATAGRAF, ein als Percussion ink Tank bezeichnetes<br />
Schlagorchester,<br />
SIWAN, mit Amina Aaloui und Jon Hasell.<br />
Seine Kompositionsarbeiten spannen einen breiten Bogen<br />
über Ensembles und Projekte in Ballett und eater, mit<br />
Symphonieorchestern, Sängern und Jazzgruppen. Spartenübergreifende<br />
Projekte führten ihn zu Kooperationen mit<br />
bildenden Künstlern wie Kjell Bjorgeengen und Tone Myskja<br />
oder mit den Choreographen Francesco Scavetta und Giorgio<br />
Rossi.<br />
Als Begleitmusiker hat er mit zahlreichen Sängerinnen und<br />
Sängern gearbeitet, darunter Radka Tone, Sidsel Endresen,<br />
Anne Li Drecker, Karin Krogh und Trine Lise Vaering, ebenso<br />
1 1<br />
- 18 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 19 -
wie Liveauftritte und Studioaufnahmen mit Künstlern wie<br />
Archie Shepp, John Surman, Airto Moreira/Flora Purim, Michael<br />
Urbaniak, Enrico Rava, George Russel, Paolo Fresu, Nguyen Le<br />
und Marilyn Mazur.<br />
Hanna Herfurtner wurde in München<br />
geboren, wo sie auch ihren ersten<br />
Gesangsunterricht bei Prof. omas Gropper<br />
erhielt. In ihrer Jugend sang sie in verschiedenen<br />
Chören und lernte so früh ein<br />
breites Repertoire kennen, insbesondere<br />
die Oratorien von Bach und Händel.<br />
Nach dem Abitur studierte sie eaterwissenschaft und<br />
Kunstgeschichte an der Universität München, bevor sie zum<br />
Gesangsstudium zunächst an die Musikhochschule Stuttgart<br />
zu Prof. Bernhard Jäger-Böhm, dann an die Universität der<br />
Künste Berlin zu Prof. Julie Kaufmann ging.<br />
Kehrte sie nach ihrem Studium zunächst als Solistin zu den<br />
Chören ihrer Jugendtage zurück, so ist sie inzwischen als<br />
Konzertsängerin mit Werken von Monteverdi bis Honegger<br />
im gesamten deutschsprachigen Raum zu hören.<br />
Einer ihrer Schwerpunkte war seit jeher die Alte Musik. So<br />
sang sie 2007 bei den Opernfestspielen Bad Hersfeld in Monterverdis<br />
»Orfeo« die Ninfa, die Euridice und La Musica und<br />
gewann 2010 den dritten Preis beim Cesti-Wettbewerb der<br />
Festwochen für Alte Musik Innsbruck sowie den Sonderpreis Resonanzen<br />
des Konzerthauses Wien, wo sie seither regelmäßig<br />
im Bachkantaten-Projekt unter der Leitung von Luca Pianca<br />
zu hören ist. Außerdem konzertiert sie immer wieder mit<br />
der Lautten Compagney Berlin. Im selben Jahr bestand Hanna<br />
ihr Operndiplom. Bei der Ruhrtriennale 2009 sang sie eine<br />
nackte Jungfrau in »Moses und Aron« von Arnold Schönberg<br />
und im darauolgenden Jahr die Titelpartie in der Urauührung<br />
von Hans Werner Henzes »Gisela«.<br />
Im Sommer 2011 konnte man Hanna als ungeborenes Kind in<br />
der »Frau ohne Schatten« von Richard Strauss unter der Leitung<br />
von Christian ielemann bei den Salzburger Festspielen<br />
erleben. Seit Januar <strong>2012</strong> ist sie Ensemblemitglied am Staatstheater<br />
Kiel, wo sie unter anderem als Olympia in »Homanns<br />
Erzählungen« von Jaques Oenbach und als Fraarte in Händels<br />
»Radamisto« zu hören sein wird.<br />
Auch der Liedgesang liegt ihr sehr am Herzen. Wesentliche<br />
Impulse dafür erhielt sie von Axel Bauni und Eric Schneider.<br />
Im Herbst 2009 gewann sie beim Paula-Salomon-Lindberg-<br />
Wettbewerb in Berlin den ersten Preis. In den vergangenen<br />
zwei Jahren war Hanna mit verschiedenen Programmen unter<br />
anderem beim Heidelberger Frühling, dem Coburger Musikverein<br />
und im Konzerthaus Wien zu Gast. Im August <strong>2012</strong><br />
wird sie mit dem »Italienischen Liederbuch« von Hugo Wolf<br />
beim Rheingau Musikfestival zu hören sein.<br />
1 1<br />
Isabelle Rejall wurde 1985 in Potsdam<br />
geboren und studiert seit 2007 bei<br />
KS Prof. omas Quastho an der Hochschule<br />
für Musik Hanns Eisler Berlin.<br />
Weiteren Unterricht erhielt die junge<br />
Mezzosopranistin von Christine Schäfer,<br />
Britta Schwarz und Prof. Burkhard Kehring. Während ihres<br />
- 20 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 21 -
Studiums sammelte sie erste Bühnenerfahrungen bei den<br />
Opernproduktionen der HfM Hanns Eisler als Zita in »Gianni<br />
Schicchi«, Bastien in »Bastien et Bastienne« und Nutrice<br />
in »L'incoronazione di Poppea«. Darüber hinaus gastierte sie<br />
als Solistin bei Lunchkonzerten in der Philharmonie Berlin, bei<br />
den Händelfestspielen Halle und bei den üringer Bachwochen<br />
Erfurt mit dem Fratres Ensemble, beim Bach-Chor Berlin, bei<br />
den Stuttgarter Bachwochen, bei der Singakademie Frankfurt<br />
a.d. Oder sowie am Mozarteum Salzburg. Im Dezember <strong>2012</strong><br />
wird Isabelle Rejall als Solistin in J. S. Bachs »Weihnachtsoratorium«<br />
unter der Leitung von Prof. J. P. Weigle, mit dem<br />
Philharmonischen Chor in der Philharmonie Berlin sowie beim<br />
Lyrischen Salon in Weimar debütieren.<br />
Die musikalische Erziehung von Jakob<br />
Bloch Jespersen begann bereits als<br />
Knabe im Kopenhagener Knabenchor. In<br />
weiterer Folge studierte er an der Königlich<br />
Dänischen Musikakademie und an der<br />
Königlichen Opernakademie, wo er 2007<br />
sein Diplom erhielt. Private Studien führten ihn darüber hinaus<br />
zum Dirigenten Hervé Niquet nach Paris.<br />
2006 gab er sein Debüt am Königlich Dänischen eater als<br />
Angelotti in Puccinis »Tosca«. Er sang weiters den Basilio in<br />
Rossinis »Il Barbiere di Siviglia«, den Masetto in Mozarts<br />
»Don Giovanni«, den Collatinus in Brittens »e Rape of Lucretia«,<br />
den Magister in der DVD-Aufnahme von Carl Nielsens<br />
»Masquerade« sowie Rollen in zahlreichen Produktionen<br />
zeitgenössischer Opern.<br />
Jakob Bloch Jespersen hat über Jahre hinweg den Schwerpunkt<br />
seiner Arbeit besonders auf die Musik des Barocks und auf das<br />
zeitgenössische Repertoire gelegt. Seine Autorität in diesen<br />
beiden Bereichen ist in ganz Europa anerkannt und hat zur<br />
Zusammenarbeit mit dem Concerto Copenhagen, der Lautten<br />
Compagney, den Ensembles Arte Dei Suonatori und Trinity<br />
Baroque, dem Leipziger Kammerorchester, der London Sinfonietta,<br />
I Solisti del Vento, dem Kammerensemble Neue Musik<br />
Berlin und dem eatre of Voices geführt.<br />
1 1<br />
Marc Mauillon, französischer Bariton,<br />
wurde 1980 geboren. Er studierte bei<br />
Peggy Bouveret am Conservatoire National<br />
Supérieur de Musique de Paris, wo er 2004<br />
sein Studium abschließen konnte. Seine<br />
große Liebe gilt der Alten Musik – und<br />
so arbeitet er hauptsächlich mit Ensembles wie La Petite<br />
Bande (Sigiswald Kuijken) oder Les Arts Florissants (William<br />
Christie) zusammen.<br />
Sein Operndebüt gab der junge Bariton dennoch als Papageno<br />
unter der Leitung Alain Altinoglus, in einer Produktion, die<br />
später mit dem Orchestre National d'Île de France auf Tournee<br />
ging. Bald sang er auch den Guglielmo in Mozarts »Cosi fan<br />
tutte«, den Aeneas in Purcells »Dido and Aeneas«, oder Bernardino<br />
in »Benvenutto Cellini« mit dem Orchestre National<br />
de France unter John Nelson. Marc Mauillon gibt auch gerne<br />
Liederabende, wobei sein Repertoire von Machaut, Monteverdi<br />
und Lully über Mozart und Schubert bis hin zu Mahler,<br />
Korngold, Poulenc, Aperghis oder Scelsi reicht.<br />
- 22 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 23 -
1<br />
Zu den Höhepunkten seiner Laufbahn der letzten Jahre zählen<br />
eine Einladung zu den Berliner Philharmonikern unter<br />
William Christie, Bachs »Matthäus-Passion« mit dem Orchestre<br />
National de France unter Kurt Masur, oder eine »Dido and<br />
Aeneas«-Produktion unter William Christie bei den Wiener<br />
Festwochen 2006.<br />
Auf CD kann man den Bariton gemeinsam mit vielfältigen<br />
Ensembles erleben. Seine erste Solo-CD mit Werken von<br />
Guillaume de Machaut wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt<br />
ist mit seiner Beteiligung die CD »Le remède de fortune«,<br />
ebenfalls mit Werken de Machauts erschienen.<br />
www.marcmauillon.com<br />
1<br />
- 24 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 25 -
1 1<br />
- 26 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 27 -
Samstag, 08.09. | 19 Uhr<br />
Rathaus St. Veit<br />
Itinerari italiani<br />
Vom italienischen Einfluß auf deutsche<br />
Komponisten des 17. Jahrhunderts<br />
Ensemble Sirocco<br />
Nathalie Houtman: Blocköte<br />
Roswitha Dokalik: Violine<br />
Raphaël Collignon: Cembalo<br />
Thomas Yvrard: Orgel<br />
Singers in Residence<br />
Hanna Herfurtner: Sopran<br />
Isabelle Rejall: Mezzosopran<br />
Konzert mit den<br />
Singers<br />
in Residence<br />
Einleitung<br />
»Auch ich war in Arkadien«.<br />
Johann Wolfgang v. Goethe, Motto der »italienischen Reise«.<br />
Wege von und nach Italien lassen sich für alle im heutigen<br />
Programm vertretenen Komponisten nachzeichnen. Bis weit<br />
ins 19. Jahrhundert gilt eine ausgedehnte Italienreise als regelrechter<br />
Bildungsauftrag. Im Gegensatz zur heutigen Zeit,<br />
in der die Reise nach Rom mit dem Flugzeug eine Sache von<br />
wenigen Stunden ist, war ein solches Unterfangen um 1600<br />
kein Spaziergang.<br />
Heinrich Schütz' zweite Reise nach Venedig im Jahr 1628 war<br />
in puncto Strapazen eher mit einer modernen Erstbegehung<br />
in Patagonien vergleichbar, angesichts der Wirren des<br />
30-jährigen Krieges aber wahrscheinlich weit gefahrvoller!<br />
Jede Beschreibung der kriegerischen Handlungen zwischen<br />
1618 und 1648 würde diesen Rahmen sprengen, zu kompliziert<br />
ist das Netz der weit auseinanderliegenden, kreuz und<br />
quer durch ganz Europa verlaufenden Konikte. »Der Krieg<br />
ernährt den Krieg«, dieses kurze Zitat, dem Feldherrn Wallenstein<br />
in den Mund gelegt, lässt jedoch die Auswirkungen<br />
auf die Zivilbevölkerung deutlich erahnen.<br />
- 28 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 29 -
Das lateinische Original (»Et in Arcadia ego«) des erwähnten<br />
goetheschen Mottos ndet sich viel früher auf einem Bild<br />
des Italieners Barbieri, das kurz vor Ausbruch des 30-jährigen<br />
Krieges entstand. Mitten im schönsten arkadischen<br />
Idyll ziert er hier einen Sockel, auf dem ein Totenschädel<br />
ruht: »Auch ich, der Tod, bin in Arkadien« – ein intensives<br />
Vorausahnen des alles prägenden barocken Spannungsfeldes<br />
zwischen »memento mori« (Gedenken der Sterblichkeit) und<br />
»carpe diem!« (Pücke [Nutze] den Tag!). Aber es tritt nicht<br />
unvermutet auf, sondern ndet sich vielmehr in der Antike<br />
bei Lukrez in dessen mehr als 6000 Verse umfassenden Abhandlung<br />
»De Rerum Natura«:<br />
O wie arm ist der Menschen Verstand, wie blind ihr Verlangen!<br />
In welch nsterer Nacht und in wie viel schlimmen Gefahren<br />
Fließt dies Leben, das bisschen, dahin!<br />
Erkennt man denn gar nicht,<br />
Dass die Natur nichts anderes erheischt, als dass sich der Körper<br />
Wenigstens frei von Schmerzen erhält und der Geist sich beständig<br />
Heiteren Sinnes erfreut und Sorgen und Ängsten entrückt ist?<br />
(2:14-19)<br />
Die Rückbesinnung auf antike Ideale – »ad fontes«, wie es<br />
Erasmus von Rotterdam nannte – hatte bereits Petrarca wortgewaltig<br />
gefordert. Von überall trug man alte Schriften<br />
zusammen. Man bewunderte antike Dichter, Redner und<br />
Philosophen und eiferte ihnen in geschliener Rhetorik<br />
und poetischen Formulierungen nach. Verbunden mit dem<br />
generell erstarkenden Selbstbewusstsein des Menschen, erhob<br />
sich vor allem die Sprachkultur zu neuen Höhen und<br />
bereitete Dichtern wie Dante oder Shakespeare den Boden.<br />
Lukrez' Gedicht fand erstaunlich rasch Verbreitung in den<br />
humanistischen Kreisen jener Zeit und hinterließ deutliche<br />
Spuren in Philosophie und Kunst.<br />
Diese neue Anität zur Sprache machte ihren Einuss auch<br />
in der Musik geltend, etwa in der Forderung nach mehr Textdeutlichkeit.<br />
Versuche zur musikalischen Belebung der antiken<br />
Dramen seit Beginn des 16. Jahrhunderts durch Zirkel<br />
wie die Florentiner Camerata gaben der Musik aber einen<br />
gänzlich neuen Impuls: Sie ordnet sich nun vollständig dem<br />
Text unter. Was hier entsteht, wird Inbegri der Barockmusik:<br />
mit wenigen Akkorden begleiteter Sologesang, emotional<br />
befeuert durch die Wiederentdeckung antiker Aektenlehren.<br />
Ersten und leuchtenden Höhepunkt bildet das Schaen<br />
des genialen Claudio Monteverdi.<br />
Der Ruhm des prosperierenden, weltoenen Italiens, dessen<br />
gesellschaftliches Klima die Entwicklungen der Renaissance<br />
begünstigte, war trotz der Umwälzungen des 16. Jahrhunderts<br />
ungebrochen. Wer etwas auf sich hielt, sandte sein künstlerisches<br />
Personal – nicht nur Musiker – für einige Zeit zum<br />
Studium nach Italien. Landgraf Moritz von Hessen-Kassel erkannte<br />
die Begabung des jungen Heinrich Schütz und schickte<br />
ihn für ganze drei Jahre nach Venedig. Schütz, der zeitlebens<br />
nur Giovanni Gabrieli, Organist an der Kirche San Marco,<br />
als seinen einzigen Lehrer angab, wirkte mit seiner genialen<br />
Transferierung der italienischen Monodie in die reformierte<br />
deutsche Sprache epochal für den gesamten deutschen Raum.<br />
- 30 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 31 -
Die Italien-Mode des 17. Jahrhunderts verdeutlichen nicht<br />
zuletzt Sammel-Abschriften verschiedenster Werke italienischer<br />
und deutscher Komponisten, wie das Rost-Manuskript,<br />
dem einige der heute zu hörenden Werke entstammen.<br />
Die Wiener Hofkapelle wird ab 1619, dem Jahr der Heirat<br />
von Ferdinand II. und Eleonora Gonzaga, in deren familiären<br />
Diensten Monteverdi steht, regelrecht italianisiert. »Einheimischen«<br />
Talenten, wie etwa Johann Caspar von Kerll, ermöglicht<br />
man Studien in Italien. Die Hofkapellmeister sind ausschließlich<br />
Italiener, was mit wenigen Ausnahmen bis weit<br />
ins 18. Jahrhundert Sitte bleibt. Der in Scheibbs geborene<br />
Heinrich Schmelzer, zuvor beliebter Ballettkomponist am Hof,<br />
ist der erste österreichische Hofkapellmeister, pestbedingt allerdings<br />
nur ein Jahr (1679).<br />
In den Norden kommt der italienische Einuss über Jan Pieterszoon<br />
Sweelinck, genannt »Orpheus von Amsterdam«, der<br />
wahrscheinlich in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts in<br />
Venedig bei Zarlino studierte. Die Lösung von der Vokalpolyphonie<br />
geht im Norden mit enormen Entwicklungen<br />
auf dem Gebiet des Orgel- und Cembalobaus einher. Große<br />
Tastenumfänge und leichtgängiges Spiel ermöglichen einen<br />
höchst virtuosen und expressiven Tasten-Stil, als dessen Meis-<br />
ter Dietrich Buxtehude gerühmt wird: des stylus phantasticus.<br />
Als Organist an St. Marien in Lübeck war Buxtehude auch<br />
für geistliche Konzerte, die so genannten Abendmusiken, zuständig.<br />
Sein umfangreiches Œuvre an Vokalmusik und Kantaten<br />
ist bereits ganz selbstverständlich dem nun etablierten<br />
Genius Wort-Ton-Verhältnis verpichtet.<br />
Mit Georg Muat schließt sich ein besonderer Kreis: Als Knabe<br />
gelangte der Florentiner Jean-Baptiste Lully – ursprünglich<br />
Giovanni Battista Lulli – um 1646 an den französischen Hof<br />
und wurde ein sehr enger Freund des sechs Jahre jüngeren<br />
Königs Ludwig XIV. Seine immense kompositorische Begabung<br />
machte ihn zum Aushängeschild und Inbegri französischer<br />
Musik. Muat, der aus Savoyen stammt, hat Begabung<br />
wie Glück, einige Jahre bei Lully studieren zu dürfen.<br />
Derart perfekt durch einen Italiener im französischen Stil<br />
geschult, vervollkommnet er sich später bei Corelli in Rom<br />
im italienischen Stil und gilt, auch aufgrund der weiten Verbreitung<br />
seiner Concerti grossi und Traktate, als Wegbereiter<br />
und Ernder der »vereinigten Stile«, der »goûts réunis«.<br />
- 32 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 33 -<br />
Ewald Donhoer
Programm<br />
Johann Rosenmüller<br />
(1619 – 1684)<br />
1. Sonata Quarta à 3<br />
(Nuremberg, 1682)<br />
Presto - Adagio - Grave - Presto - Adagio - Presto<br />
Heinrich Schütz<br />
(1585 – 1672)<br />
2. Liebster, sagt in süssem Schmerzen<br />
Johann Michael Nicolai<br />
(1629 – 1685)<br />
3. Sonata à 2<br />
(Rost Manuscript, ca 1650, Bibliothèque Nationale de France)<br />
Christoph Bernhard<br />
(1628 – 1692)<br />
4. Aus der Tieffen<br />
Johann Kaspar Kerll<br />
(1627 – 1693)<br />
5. Sonata à 2<br />
(Rost Manuscript)<br />
Georg Muffat<br />
(1653 – 1704)<br />
6. Passacaglia<br />
(2 keyboards solo)<br />
Heinrich Schütz<br />
7. Exultavit cor meum<br />
Dieterich Buxtehude<br />
8. Herr, wenn ich nur dich hab<br />
BuxWV 38<br />
Johann Heinrich Schmelzer<br />
(1623 – 1680)<br />
9. Pastorella à 2<br />
(Rost Manuscript)<br />
Anonymous<br />
10. Variationes à 2<br />
(Rost Manuscript)<br />
Dieterich Buxtehude<br />
(ca. 1637 – 1707)<br />
11. Liebster, meine Seele saget<br />
BuxWV 70<br />
- 34 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 35 -
Texte<br />
2. Liebster, sagt in süssem Schmerzen<br />
Liebster, sagt in süssem Schmerzen<br />
deine Sulamithin dir,<br />
komm doch, saget sie von Herzen,<br />
küsse mich, o meine Zier,<br />
deine Huld ist zu erheben<br />
für des schönsten Weines Reben.<br />
Dein Geruch der ist viel besser,<br />
Als der feist Olivensaft<br />
an dem syrischen Gewässer,<br />
Als des Balsams edle Kraft,<br />
darum müssen auf dich schauen<br />
und dich lieben die Jungfrauen.<br />
Zeuch mich hinter dir, wir kommen,<br />
folgen deinen Händen nach,<br />
nun er hat mich eingenommen<br />
in sein heilges Schlafgemach,<br />
Will mich wissen an den Enden,<br />
wo sich meine Brunst kann wenden.<br />
Wem darf ich an Glücke weichen,<br />
weil mich der so sehnlich liebt,<br />
dem kein Wein ist zu vergleichen,<br />
den die beste Traube giebt!<br />
Allen Leute, welche leben,<br />
Müssen meinen Freunden erheben.<br />
Meint ihr, dass ich minder gelte,<br />
o ihr Töchter Solyme,<br />
weil ich schwarz bin, wie die Zelte<br />
an der heissen Mohrensee,<br />
könnt ich Schönheit doch noch leihen<br />
Salomons Tapezereien.<br />
Dass ich braune Haut gewonnen,<br />
Seht mich darum nicht so an,<br />
Ich bin schwarzbraun von der Sonnen,<br />
Ihre Brunst hat dies gethan,<br />
Seit dass mich in Zorn und Hassen<br />
meiner Mutter Kinder fassen.<br />
Ich muss ihnen stets verwachen<br />
ihre Berg und ihren Wein,<br />
Ihre Berge, welche machen,<br />
dass ich itzund schwarz soll sein,<br />
aber mein Berg blieb nur liegen,<br />
weil ich musste sie vergnügen.<br />
- 36 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 37 -
4. Aus der Tieffen ruff ich<br />
Aus der Tieen ru ich, Herr, zu Dihr.<br />
Herr, höre meine Stimme,<br />
Laß deine Ohren merken<br />
au die Stimme meines Flehens.<br />
So du wilst, Herr, Sünde zurechnen,<br />
Herr, wer wird bestehen?<br />
Denn bei Dir ist die Vergebung,<br />
Daß man Dich fürchte.<br />
Ich harre des Herrn;<br />
Meine Seele harret,<br />
und ich hoe auf sein Wort.<br />
Meine Seele wartet au den Herrn<br />
von einer Morgenwache biß zur andern.<br />
Israel hoe au den Herren;<br />
Denn bei dem Herren ist die Gnade<br />
und viel Erlösung bei ihm,<br />
Und Er wird Israel erlösen<br />
aus allen seinen Sünden.<br />
7. Exultavit cor meum<br />
Exultavit cor meum in Domino<br />
et exaltatum est cornu meum in Deo<br />
dilatatum est os meum super inimicos meos<br />
quia laetata sum in salutari tuo,<br />
non est sanctus ut est Dominus.<br />
Neque enim est alius extra te.<br />
Et non est fortis sicut Deus noster.<br />
Freude und Glück bewegt mich in Gott, dem Herrn.<br />
Hoch und erhaben ragt nun mein Horn<br />
durch die Kraft des Herren;<br />
siehe, weit önet sich mein Mund wider alle meine Feinde.<br />
Freude beseelt und erfüllt mein Herz,<br />
denn du bist mein Erretter.<br />
Nichts ist heilig wie du,<br />
Herre Gott, denn es gibt keinen Gott als nur dich allein,<br />
nichts ist so mächtig wie Jehovah, unser Herr und König.<br />
8. Herr, wenn ich nur dich hab<br />
Herr, wenn ich nur dich hab,<br />
so frag ich nichts nach Himmel und Erden,<br />
wenn mir gleich Leib und Seel' verschmacht.<br />
So bist du doch Gott allezeit<br />
meines Herzens Trost und mein Heil.<br />
Alleluja.<br />
- 38 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 39 -
11. Liebster, meine Seele saget<br />
Liebster, meine Seele saget<br />
Mit durchaus verliebtem Sinn<br />
Und mit vollem Sehnen fraget:<br />
Liebster, ach, wo bist du hin?<br />
Komm, mein Heiland, mein Verlangen,<br />
Komm von Libanon gegangen.<br />
Lass dich nden, o dein Jammer!<br />
Dann so will ich führen dich<br />
Hin zu meiner Mutter Kammer,<br />
Ja, ich will bemühen mich,<br />
Meine Lust, dich nicht zu lassen<br />
Auf die Gassen, auf die Strassen.<br />
Sage mir doch, bitt' ich, sage,<br />
O du Sarons Blume, du,<br />
Wo zugegen in Mittage<br />
Nimmst du meine süsse Ruh?<br />
Ach, wo pegst du samt den Schafen<br />
Auszuruhen, auszuschlafen?<br />
Komm, ach komm, lass deine Liebe<br />
Dein Panier sein über mir,<br />
Mich deine Absein nicht betrübe,<br />
Sondern lass mich für und für<br />
Unter deinen Armen sitzen,<br />
Deine Liebesamm erhitzen.<br />
Alleluja.<br />
Raphaël Collignon studierte an den<br />
Musikhochschulen von Paris, Straßburg,<br />
Den Haag, Amsterdam und Brüssel, wo<br />
er höchste Auszeichnungen in den Bereichen<br />
Klavier, Kammermusik, Cembalo,<br />
Basso Continuo und Jazz (Improvisation)<br />
erhielt. 2005 unternahm er gemeinsam mit der Flötistin<br />
Nathalie Houtman eine einjährige Welttournee. Dieses Projekt<br />
führte zu Auftritten und Begegnungen auf Musikbühnen<br />
in Russland, Asien, Afrika und Südamerika.<br />
Als Basso Continuo-Spieler wird er regelmäßig zur Zusammenarbeit<br />
mit diversen Ensembles und den bedeutendsten<br />
Musikern der heutigen Barock-Szene eingeladen (Ton Koopman,<br />
Jordi Savall, Chiara Banchini, Lars Ulrik Mortensen,<br />
Christophe Coin, Emmanuelle Haim, Alfredo Bernardini, Andrew<br />
Manze, François-Xavier Roth u.a.). Darüber hinaus widmet<br />
er sich zunehmend der Komposition von Werken für die<br />
darstellenden Künste (Tanz, eater, Zirkus & Film).<br />
Roswitha Dokalik wurde 1980 in<br />
Wien geboren. Sie studierte Violine an<br />
der Hochschule für Musik und darstellende<br />
Kunst und am Konservatorium der Stadt<br />
Wien bei Eugenia Polatschek, weiters an der<br />
Anton Bruckner Privatuniversität in Linz<br />
bei Alfred Staar und Josef Sabaini. Sie schloss ihre Instrumental-<br />
und Pädagogikstudien mit ausgezeichneten Erfolgen ab<br />
und setzte das Studium der historischen Auührungspraxis<br />
bei Michi Gaigg in Linz und Enrico Gatti am Koninklijk<br />
- 40 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 41 -
Conservatorium in Den Haag fort. Noch während ihres Studiums<br />
substituierte sie im Brucknerorchester Linz und spielte<br />
seitdem Konzerte, Tourneen und CD-Aufnahmen mit dem<br />
L'Orfeo Barockorchester, EUBO, Orchestra of the Age of Enlightenment,<br />
Ricercar Consort, Ensemble Aurora, Sirocco, Austrian<br />
Baroque Company, Hofkapelle München und vielen mehr. Sie<br />
ist Gründungsmitglied des Harmony of Nations Baroque Orchestra<br />
und außerdem als Violinpädagogin tätig.<br />
Nathalie Houtman erhielt nicht nur<br />
einen ersten Preis im Fach Klavier am<br />
Konservatorium von Mons, darüber hinaus<br />
schloss sie auch ihr Studium am Brüsseler<br />
Konservatorium im Fach Blocköte mit<br />
Auszeichnung ab. Später studierte sie in<br />
Amsterdam und anschließend in Den Haag, wo sie 2007 mit<br />
dem Master of Music abschloss. Sie trat mit Frédéric de Roos<br />
(La Pastorella) auf, mit dem sie als Solistin »Corellis Concerto<br />
Grosso« (Diapason d'or) einspielte. Ferner arbeitete sie<br />
mit Les Muatis, dem Ensemble More Maiorescu, dem Ensemble<br />
Laterna Magica sowie mit dem Ensemble Apsara im<br />
Repertoire der zeitgenössischen Musik. Ihr Interesse an der<br />
indischen Musik führte zur wiederholten Zusammenarbeit<br />
mit Harsh Wardhan, dem indischen Meister auf der Bansuri,<br />
in Indien. Nathalie Houtman wurde auf verschiedenen Wettbewerben<br />
ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie 2007 den<br />
Preis der Fondation Belge de la Vocation, der ihr weiterführende<br />
Recherchen im Bereich der traditionellen asiatischen<br />
Flötenmusik ermöglichte.<br />
Thomas Yvrard war 2005 Mitglied<br />
des Barockorchesters der Europäischen<br />
Union unter der Leitung von Lars Ulrik<br />
Mortensen und Jaap ter Linden. Im Herbst<br />
2007 wirkte er im Rahmen der XIV. Barockakademie<br />
in Ambronay an der Aufführung<br />
der französischen Oper »Le Carnaval et la Folie«<br />
von André-Cardinal Destouches unter der Leitung von Hervé<br />
Niquet mit. Als Austauschstudent in Amsterdem belegte er<br />
außerdem Cembalokurse bei Menno van Delft.<br />
omas Yvrard lehrt Basso Continuo am Konservatorium in<br />
Douai in Nordfrankreich sowie historische Improvisation am<br />
Konservatorium von Boulogne-Billancourt. Er ist Mitglied<br />
der Ensembles L'oxymore und Sirocco und war 2008/2009<br />
Preisträger des Mécenat Musical Société Générale.<br />
Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />
Hanna Herfurtner, Seite 20<br />
Isabelle Rejall, Seite 21<br />
- 42 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 43 -
Samstag, 08.09. | 22 Uhr<br />
Klosterkirche St. Veit<br />
Der letzte Akt des Mittelalters –<br />
Kristalline Polyphonie des Trecento<br />
Ensemble Pentagonale<br />
Kerstin Ansorge: Gotische Harfe<br />
Claudia Caffagni: Gesang<br />
Marilin Lips: Gesang<br />
Sara Mancuso: Gotische Harfe,<br />
Organetto, Clavicymbalum<br />
Matthias Otto: Laute, Fidel<br />
Christoph Prendl: Fidel, Organetto<br />
Stefanie Pritzlaff: Blocköten, Traversöte<br />
Marie Verstraete: Fidel, Blocköten<br />
Einleitung<br />
Der letzte Akt – das »Fin de siècle« des Trecento: Dieses hier<br />
bewusst gewählte Leitthema klingt zunächst einmal wie der<br />
Titel oder zumindest vielleicht wie das letzte »Kapitel« eines<br />
Dramas von Francesco Petrarca oder Dante Alighieri ... oder<br />
vielleicht doch von Giovanni Boccaccio? Ohne jedoch weiter<br />
darauf eingehen zu wollen, ob diese drei nun zu Lebzeiten<br />
tatsächlich »Dramen« verfasst haben – sie alle waren Mitbegründer<br />
des Humanismus und zählen zu den wichtigsten<br />
Vertretern der frühen italienischen Literatur –, lebten sie in<br />
einer Zeit, die, aus heutiger Sicht betrachtet, gemeinhin als<br />
äußerst facettenreich, ja in vielerlei Hinsicht sogar als geheimnisvoll<br />
eingeschätzt wird.<br />
Der Protagonist des »letzten Aktes« dieser Geschichte ist<br />
also der Mensch des Mittelalters, der sich nur sehr zögerlich<br />
vom geordneten Weltbild der katholischen Kirche löst<br />
und sich auf eine Reise begibt, die ihn letztlich wieder – oder<br />
sollte man besser sagen »zum ersten Mal erst so richtig«? – zu<br />
sich selbst führt und ihn seine Individualität erkennen lässt.<br />
Die Suche nach neuen Ufern zu Beginn des 15. Jahrhunderts<br />
ndet ihren Widerhall auch in der Musik. Über die Gattungsgrenzen<br />
von Chanson und Motette hinweg experimentieren<br />
Komponisten mit immer komplexeren Rhythmen und<br />
- 44 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 45 -
Melodieführungen. In diese vielfältige musikalische Welt<br />
tritt nun ein franko-ämischer Musiker, dessen Schaen einen<br />
Wendepunkt in dieser Entwicklung darstellt: Johannes<br />
Ciconia. Sein Werk ist ein paradigmatisches Beispiel für die<br />
Inspiration, die aus einem überreichen kulturellen Umfeld<br />
geschöpft werden kann und selbst wiederum zu neuen Ausdrucksformen<br />
führt.<br />
Von der Person Johannes Ciconias ist uns ein eher undurchsichtiges<br />
Flechtwerk an Informationen über das Leben und<br />
Werk eines Menschen erhalten, der mit seinen Kompositionen<br />
nachweislich die Musik des späten italienischen Trecento<br />
bis in die Mitte des Quattrocento hinein geprägt hat.<br />
Verschiedene Forschungen haben bereits zur Rekonstruktion<br />
seiner Biograe beigetragen, stetig neu entdeckte Quellen<br />
hinterfragen, erweitern und ergänzen das Gesamtbild. Zumindest<br />
so viel ist sicher: Johannes Ciconia starb vor genau<br />
600 Jahren, nämlich im Jahre 1412 zwischen dem 10. Juni<br />
und 12. Juli in Padua. Papst Bonifaz IX., seines Zeichens<br />
Papst zur Hochphase des großen Schismas, genauer gesagt<br />
der Kirchenspaltung der lateinischen Kirche, die zwischen<br />
den Jahren 1378 und 1417 ihren Lauf nahm, bezeichnete ihn<br />
in einem an Ciconia selbst gerichteten Brief, datiert auf den<br />
27. April des Jahres 1391 und erst kürzlich in den Vatikanischen<br />
Archiven wiederentdeckt, als clerico leodiensi, was auf<br />
eine Herkunft aus dem belgischen Liège/Lüttich hindeutet.<br />
Es handelt sich hierbei um einen wichtigen Baustein zur<br />
Rekonstruktion der nur fragmentarisch erhaltenen Biograe<br />
eines Komponisten, dessen Existenz unweigerlich im direkten<br />
Zusammenhang mit seinen Werken betrachtet werden<br />
muss. Die Tatsache, dass sein Vater den gleichen Namen trug<br />
wie er, nämlich Jehan de Chywongne, macht es nicht gerade<br />
leichter, ihn nicht mit anderen Klerikern aus Lüttich zu verwechseln,<br />
die nachweislich in der Zeit zwischen 1350 und<br />
1453 in Flandern, Südfrankreich und Italien gelebt haben.<br />
Entsprechend kann man nun von den folgenden Fakten ausgehen:<br />
Höchstwahrscheinlich um das Jahr 1370 in Lüttich<br />
geboren, wuchs Johannes Ciconia dort als unehelicher Sohn<br />
des Domherrn der Stiftskirche St. Johannes Evangelist auf.<br />
Eine Auistung derselben Kirche aus dem Jahr 1385 registrierte<br />
ihn dort als duodenus, einen Chorknaben. In einem in<br />
Padua aufgefundenen Dokument bezeichnet er selbst seinen<br />
Vater als quondam Joannis de civitate Leodii, also einen »gewissen<br />
Johannes aus der Stadt Leodium«. Im Jahr 1391 stand er<br />
nachweislich in Rom im Dienst von Philippe d'Alençon, einem<br />
treuen Kardinal des römischen Papstes. Diese Konstellation<br />
wiederum war ausschlaggebend für den bereits erwähnten<br />
päpstlichen Brief, der seine uneheliche Abstammung defectus<br />
natalium de presbitero genitus als hinfällig deklarierte, um<br />
ihm so eine Karriere in der Kirche zu ermöglichen, die ihm<br />
andernfalls verwehrt geblieben wäre.<br />
Bezüglich seiner Karriere als Musiker ist bekannt, dass er ab<br />
April 1403 bis zu seinem Tod als cantor et custos an der Kathedrale<br />
von Padua angestellt war. Sogar das genaue »Gehalt«,<br />
ein benecium mansionarie von 100 Gold-denari bereits ab<br />
1402, das ihm vom Domkapitel zugestanden wurde, ist überliefert.<br />
Für die Zeit davor – zwischen 1391 und 1401 – fehlt<br />
es leider erheblich an Dokumenten, so dass nur eine äußerst<br />
vorsichtige Analyse seines musikalischen Schaens, seiner<br />
- 46 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 47 -
Präsenz in musikalischen Quellen sowie seiner stilistischen<br />
und textuellen Entwicklung darüber Aufschluss geben kann,<br />
für wen und wo Ciconia möglicherweise gearbeitet bzw. gelebt<br />
haben mag. Ein Beispiel hierfür ist das Madrigal Una<br />
panthera, das, nach einem längeren möglichen Aufenthalt in<br />
Rom bis in die späten 1390er-Jahre, auf eine aktive Präsenz<br />
am Hofe der Visconti in Pavia nach dieser Zeit und vor seinem<br />
Aufenthalt in Padua hindeutet. Als eines von mehreren<br />
Werken Ciconias, die mit den Visconti in Verbindung gebracht<br />
werden können, ist bei diesem Stück genau bekannt, wofür es<br />
geschrieben worden ist, nämlich anlässlich Lazzaro Guinigi<br />
di Luccas Besuch in Pavia im Frühling des Jahres 1399, um<br />
eine Allianz mit Gian Galeazzo Visconti einzugehen.<br />
Betrachtet man Ciconias Kompositionsweise genauer, so fällt<br />
eine tatsächlich neuartige Satztechnik auf, die eine Koordinierung<br />
der Oberstimmen nicht nur mit dem so genannten<br />
Tenor, sondern auch untereinander vorsieht. Man könnte<br />
sie in ihrer Wirkung mit dem etwa zur selben Zeit erfundenen<br />
Facettenschli vergleichen, der Edelsteinen, je nach<br />
Lichteinfall, zu immer neuen Farbnuancen verhilft: ein treffendes<br />
Beispiel für die Faszination des so oft proklamierten<br />
»dunklen Mittelalters« für das Licht und dessen mannigfaltige<br />
Schattierungen! Wie verhält sich dies nun im direkten<br />
Vergleich mit anderen Kompositionen aus der Zeit und/<br />
oder dem Umfeld Ciconias? Eine andere Herangehensweise,<br />
um sich an diesen Musiker und seine Umwelt gewissermaßen<br />
»heranzutasten« und ein besseres Verständnis dieser fast<br />
schon »kristallinen« Polyphonie zu erlangen, ist es, sich mit<br />
Zeitgenossen und Werken von Menschen auseinanderzuset-<br />
zen, die Ciconia vielleicht sogar selbst gekannt haben könnte.<br />
Entsprechend beginnt hier eine Reise aus der Neuzeit zurück<br />
ins Mittelalter. Und der Protagonist? Die für sich selbst sprechende<br />
Musik.<br />
- 48 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 49 -<br />
Stefanie Pritzla<br />
Das Ensemble Pentagonale bedankt sich ganz herzlich für die<br />
tatkräftige Unterstützung von und für die Zusammenarbeit<br />
mit Claudia Caagni vom Ensemble laReverdie. Sie lieferte<br />
uns in den vergangenen Jahren bei weitem nicht nur die<br />
nötigen Informationen aus ihrer eigenen Forschungsarbeit<br />
(Claudia Caagni »Omaggio a Johannes Ciconia (ca. 1370 –<br />
1412): Un modello per i mottetti di Ciconia: Marce Marcum<br />
imitaris«, in Marcianum, VIII, 1, (<strong>2012</strong>)), um beispielsweise<br />
den oben stehenden Text verfassen zu können. Wir durften<br />
unglaublich viel von ihr lernen, sie hat uns nicht nur begleitet,<br />
sondern im wahrsten Sinne des Wortes mit ihrem Elan<br />
und ihrer Freude an mittelalterlicher Musik angesteckt und<br />
begeistert.
Programm<br />
Grazioso da Padova<br />
(. 2. Hälfte des 14. Jh.)<br />
1. Gloria 1)<br />
Pierre Tailhandier<br />
(. um 1390)<br />
2. Credo 2)<br />
Jacopo da Bologna<br />
(. 1335 – 1365)<br />
3. Aquila altera 6)<br />
Jacopo da Bologna<br />
(. 1335 – 1365)<br />
4. Lux purpurata/diligite justitiam 1)<br />
Motette<br />
Jacob de Senleches<br />
(. 1382/1383 – 1395)<br />
5. La harpe de melodie 8)<br />
Matteo da Perugia<br />
(. 1400 – 1416)<br />
6. Serà quel zorno may 4)<br />
Ballata<br />
Johannes Ciconia<br />
(um 1370 – 1412)<br />
7. Lizadra donna 9)<br />
Ballata<br />
Bartolino da Padova<br />
(um 1365 – 1405) /Anonymus<br />
8A. La doulse cere di un fier animal 3)<br />
Madrigal<br />
8B. La doulse cere di un fier animal 6)<br />
Instrumental<br />
Paolo da Firenze<br />
(um 1355 – 1412)<br />
9. Sofrir m'estuet et plus non puis durer 7)<br />
Virelai<br />
Johannes Ciconia<br />
10. O Virum omnimoda / O lux et decus /<br />
Beate Nicholae 10)<br />
Motette<br />
Johannes Ciconia<br />
11. Una panthera in compagnia di Marte 5)<br />
Madrigal<br />
- 50 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 51 -
Francesco Landini<br />
12. De! Dinmi tu 3)<br />
Madrigal / Caccia<br />
Filippotto da Caserta<br />
(. 1380 – 1410)<br />
13. En attendant souffrir m'estuet grief payne 4)<br />
Ballata<br />
Johannes Ciconia<br />
(. um 1390)<br />
14. Venecie mundi splendor / Michael,<br />
qui stena domus 10)<br />
Motette<br />
Quellen:<br />
1) Padova: Biblioteca Universitaria, 684<br />
2) Apt: Cathédrale Sainte-Anne, Bibliothèque du Chapitre<br />
3) Firenze: Biblioteca Medicea-Laurenziana, Palatino 87<br />
(Codice Squarcialupi)<br />
4) Modena: Biblioteca Estense e Universitaria a.M.5.24<br />
5) Lucca: Archivio di Stato 184 (Codice Mancini)<br />
6) Faenza: Biblioteca Comunale 117<br />
7) Paris: Bibliothèque Nationale, fonds italien 568<br />
8) Chantilly: Bibliothèque du Musèe Condè 564<br />
9) Parma: Archivio di Stato, Busta n.75 (frammenti musicali)<br />
10) Bologna: Civico Museo Bibliograco Musicale, Ms Q 15<br />
- 52 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 53 -
Texte<br />
1. Gloria<br />
2. Credo<br />
3. Aquila altera – Instrumental<br />
4. Lux purpurata/diligite justitiam<br />
Triplum:<br />
Lux purpurata radiis<br />
venti fugare tenebras.<br />
Clementi vigens principe.<br />
Honoris namque claritas<br />
ipsius toti seculo<br />
numen acquirit celebre<br />
virtutis atque gratie.<br />
Salvator rei publice.<br />
Virtutum cultor optimus.<br />
Verus amator ecax.<br />
Constans in omni studio.<br />
Et nil permittens irritum.<br />
Clemens et iustus dominus.<br />
Onustus arrogantibus.<br />
1. Gloria<br />
2. Credo<br />
3. Aquila altera – Instrumental<br />
4. Lux purpurata/diligite justitiam<br />
Triplum:<br />
Licht, das unter der Herrschaft<br />
eines milden Fürsten erblüht,<br />
kommt, geziert mit Strahlen, die Dunkelheit zu vertreiben.<br />
Seine Ehre und Glanz erlangen<br />
während seines ganzen Zeitalters<br />
berühmte Autorität in<br />
Tugend und Gnade.<br />
Retter des Staates.<br />
Größter Erschaer von Tugend.<br />
Wahrer und nachhaltig Liebender.<br />
Beständig in allem Eifer.<br />
Und nichts Fehlerhaftes Zulassender.<br />
Milder und gerechter Herr.<br />
Von Anmaßenden belastet.<br />
- 54 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 55 -
Misericors egentibus<br />
emittit lumen omnibus<br />
salutis atque premii.<br />
Motetus:<br />
Diligite iustitiam<br />
qui iudicatis machinam.<br />
Prodesse cunctis discite.<br />
Obesse nulli querite.<br />
Hoc proprium est principis.<br />
Ut sit exutum viciis.<br />
Solicitudo presuli<br />
sit comes, ut pacice<br />
quiescant ejus populi.<br />
5. La harpe de melodie – Instrumental<br />
6. Serà quel zorno may<br />
Serà quel zorno may<br />
dolze madonna mia<br />
che per toa cortesia<br />
prenda el mio cor che vive in tanti guai?<br />
Certo non ben convensi<br />
zentil cosa trovar senza pietate<br />
ne che in summa beltate<br />
cortesia manchi ai lassi spirti accensi.<br />
Barmherzig gegenüber den Bedürftigen.<br />
Er sendet aus Licht des Heils<br />
und des Verdienstes für alle.<br />
Motetus:<br />
Wähle Gerechtigkeit,<br />
Du, der du das Staatsgetriebe wertest.<br />
Lerne, Allen zu helfen.<br />
Trachte danach, Keinen zu verletzen.<br />
Dies ist die Besonderheit eines Fürsten.<br />
Dass er ohne Laster sei.<br />
Möge Besorgnis der Begleiter des Beschützers sein.<br />
Damit sein Volk<br />
in Frieden leben kann.<br />
5. La harpe de melodie – Instrumental<br />
6. Wird dieser Tag je kommen<br />
Wird dieser Tag je kommen,<br />
meine süße Gebieterin,<br />
da du durch deine Güte<br />
mein Herz ergreifst, das so in Qualen lebt?<br />
Sicher ziemt es sich nicht,<br />
Edles zu nden ganz ohne Erbarmen,<br />
auf dass in höchster Schönheit nicht<br />
die Güte fehlt, ach, unglücklich entbrannte Geister!<br />
- 56 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 57 -
Dunque perché non pensi<br />
al mio grave dolore<br />
non vedi tu che'l core<br />
per te si struze et manca in pianti omai.<br />
Serà quel zorno mai<br />
dolze madonna mia<br />
che per toa cortesia<br />
prenda el mio cor che vive in tanti guai.<br />
7. Lizadra donna<br />
Lizadra donna che lo mio cuor contenti,<br />
rendime pace omai di mei tormenti.<br />
Tu say ben che honesto amor e pura fede<br />
strinse lo mio cour di doglia e di martiri.<br />
Senca aver may per ben amar mercede,<br />
men ianto a gl'ochi, al pecto men sospiri.<br />
Dimando a consollare I mey desire,<br />
qualche conforto ay mei eri lamenti.<br />
Warum denkst du dann nicht<br />
an meinen tiefen Schmerz?<br />
Siehst du nicht, dass dies Herz<br />
für dich sich aufzehrt und in Tränen bald vergeht?<br />
Wird dieser Tag je kommen,<br />
meine süße Gebieterin,<br />
da du durch deine Güte<br />
mein Herz ergreifst, das so in Qualen lebt?<br />
7. Meine schöne Dame<br />
Meine schöne Dame, die mein Herz erfreut,<br />
befreie mich von meinen Qualen.<br />
Sie wissen genau, dass ehrliche Liebe und reiner Glauben<br />
mein Herz mit Schmerz und Leid umschlingen.<br />
Ohne jemals Trost erhalten zu haben, dich zutiefst zu lieben,<br />
noch meine Augen weniger weinen,<br />
noch weniger Seufzer in meiner Brust sind.<br />
Ich ehe um Linderung meiner Wünsche,<br />
etwas Trost für meine grausamen Klagen.<br />
- 58 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 59 -
8A. La doulse cere di un fier animal<br />
La doulse cere di un er animal<br />
se poit entendre pour saneance<br />
grant ardimant et umble semblance.<br />
Le vis human, le buste d'un lion.<br />
intre segiés d'un brief allegier<br />
que dit lialmant sans doctier.<br />
A son col porta une scuto tout blans,<br />
que de gonbrier il fut tout garans.<br />
8B. La doulse cere di un fier animal<br />
Instrumental<br />
9. Sofrir m'estuet et plus non puis durer<br />
Sofrir m'estuet et plus non puis durer<br />
le grant forze d'amour:<br />
je fort languis con joye en grant doulour.<br />
Vidon gli ochi mortal di razi accesa<br />
ammegiar una stella al modo d'un sole;<br />
la vista mia non pote far difesa:<br />
passo el razo al core onde si dole.<br />
8A. Das sanfte Antlitz eines wilden Tieres<br />
Das sanfte Antlitz eines wilden Tieres<br />
kann verstanden werden, als dass es großen Wagemut bezeigt,<br />
gepaart mit einem bescheidenen Auftreten.<br />
Ein menschliches Gesicht, die Büste eines Löwen,<br />
umgürtet, damit es Erleichterung bringt,<br />
was auf eine ehrliche Art und Weise spricht, ohne zu predigen.<br />
Er trägt, herabhängend an seinem Hals, einen Schild,<br />
vollkommen in Weiß, sodass es Schutz erfahre vor allen Angreifern.<br />
8B. Das sanfte Antlitz eines wilden Tieres<br />
Instrumental<br />
9. Ich muss leiden und kann nicht länger<br />
Ich muss leiden und kann nicht länger<br />
die große Kraft der Liebe ertragen.<br />
Ich schmachte tief, Freude und große Trauer in perfekter Balance.<br />
Meine sterblichen Augen sahen einen Stern,<br />
brennend wie eine Sonne, umgeben von hellen Strahlen.<br />
Mein Augenlicht konnte keinen Schild aufstellen: ein Strahl<br />
traf bis ins Herz, das daher in Schmerzen sich windet.<br />
- 60 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 61 -
Non val sospir, non fe, non dir parole.<br />
en grant doyl est mon cuer:<br />
je pourport esperans in douls amour.<br />
Sofrir m'estuet et plus non puis durer<br />
le grant fors d'amour:<br />
je fort languis con joye en grant doulour.<br />
10. Cantus I<br />
O Virum omnimoda veneracione dignum<br />
cunctarum virtutum meritis decoratum<br />
quem Dominus Tranensibus patronum pie concessit,<br />
cuius precibus adjuvari,<br />
devote deposcimus.<br />
Amen.<br />
Cantus II<br />
O Lux et decus Tranensium, Nicholay peregrine,<br />
qui in celis gloriaris cum sanctis perenniter,<br />
in hac valle miserie nos suspirantes protégé,<br />
qu carnis exuti ergastudo ad superos pertrahamur<br />
dicentes: Miserere nobis, domine.<br />
Amen.<br />
Es gibt keinen Punkt im Seufzen, im Zusichern von Glauben,<br />
im Sprechen von Worten. Mein Herz ist in großer Trauer.<br />
Ich trage in mir Honung auf süße Liebe.<br />
Ich muss leiden und kann nicht länger die große Kraft<br />
der Liebe ertragen.<br />
Ich schmachte tief, Freude und große Trauer in perfekter Balance.<br />
10. Cantus I<br />
Lasset uns andächtig den Mann anehen, würdig aller<br />
Verehrung, geschmückt mit den Belohnungen aller seiner Taten,<br />
dem der Herr Gnade zu Trani beschieden hat<br />
als seinen Heiligen Schutzpatron<br />
und dem durch seine Gebete geholfen wird.<br />
Amen.<br />
Cantus II<br />
O Licht und Stolz von Trani, Nicolas der Pilger,<br />
der Herrlichkeit im Himmel mit den Heiligen für immer<br />
erfahren hat, uns zu beschützen in diesem Jammertal,<br />
so dass, nachdem er dem Gefängnis des Fleisches entkommen ist,<br />
wir auahren und sagen können: Herr, erbarme dich unser.<br />
Amen.<br />
- 62 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 63 -
Tenor<br />
O Beate Nicholae,<br />
supplicum vota suscipe, agitamus,<br />
ut quos presencia tua declarasti<br />
eterno tueare presidio<br />
et perenniter gratulemur<br />
tua festa colentes,<br />
Amen.<br />
11. Una panthera<br />
Una pantera in conpagnia de Marte,<br />
candido Jove d'un sereno adorno<br />
constante è l'arme chi la guarda intorno:<br />
Questa guberna la città Luccana<br />
con soa dolceca el cielo dispensa e dona,<br />
secondo el meritar, iusta corona,<br />
dando a ciascun mortal, che ne sia degno<br />
triumpho, gloria e parte in questo regno.<br />
Tenor<br />
Seliger Nicolas,<br />
wir bitten dich, die Petitionen deiner Bittsteller anzunehmen,<br />
dass wir, denen du in deiner Anwesenheit erklärt hast,<br />
du würdest sie schützen durch deine ewige Hilfe,<br />
so auch, deine Feste einhaltend,<br />
unendlichen Dank erwerbend,<br />
Amen.<br />
11. Ein Panther<br />
Ein Panther in Begleitung des Mars,<br />
makelloser (weißer) Jupiter an einem geschmückten Himmel,<br />
das ist für den, der ihn anschaut, eine beständige Verteidigung.<br />
Dieser Panther beherrscht die Stadt Lucca.<br />
Mit seiner Süße verbreitet und schenkt der Himmel,<br />
verdientermaßen eine gerechte Krone,<br />
indem er jedem Sterblichen, der ihrer würdig ist,<br />
Triumph, Ruhm und Anteil an diesem Reich verleiht.<br />
- 64 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 65 -
12. De! Dinmi tu<br />
De! Dinmi tu che se'così fregiato<br />
di perle d'oro,<br />
quando tu ti vedi, chi ti par esser?<br />
Par aver non credi<br />
ricc'a cavallo ben accompagnato?<br />
Ma un fum'è quel che per gloria tieni<br />
et fregi drappi e tondi palafreni.<br />
Ah che! Di chi dite ch'a quel ch'i'sento?<br />
Ogni stato di gente cerca vento.<br />
13. En attendant souffrir m'estuet grief payne<br />
En attendant sourir m'estuet grief payne<br />
et en langour vivre c'est ma destinée.<br />
Puis que venir ne puis a la fontayne<br />
tant est de ruisiaus en tour avironée.<br />
Celle virtu lia Dieüs donée quelle puet souplir<br />
ciascuns a sousance, per sa dignié et très nouble pousance.<br />
Li grant ruissiaus, que la font leur amaine<br />
si ont leur condustour estopée. Si c'om ne puet trouver<br />
la droit vaine tant est coronpue l'iaue, et troublée.<br />
Guster n'en puis une seule alevée<br />
si Nobleté n'a [de] moy remenbrance<br />
per sa dignité et [très noble pousance].<br />
12. Komm' schon! Erzähl' mir<br />
Komm' schon! Erzähl' mir, wer so<br />
mit goldenen Perlen verziert ist,<br />
wenn du dich selbst anschaust, welches Bild siehst du?<br />
Denkst du wirklich nicht, dass es von Bedeutung ist,<br />
ob du reich bist oder ein Pferd reitest oder ob dir ein prunkvoller<br />
Hofstaat folgt? Aber was für eine Illusion ist es, dass du deinen<br />
Ruhm, Zierrat, Kleider und gut genährte Pferde betrachtest.<br />
Ah! Von wem sagt ihr, dass er (tatsächlich) besitzt, was ich so<br />
höre? Jede Art Mensch sucht die Illusion [Wind].<br />
13. Solange ich warte geschieht es,<br />
dass ich große Leiden ertrage<br />
Solange ich warte geschieht es, dass ich große Leiden ertrage<br />
und es ist mein Schicksal, in Sehnsucht zu leben,<br />
da ich nicht zu der Quelle gelangen kann,<br />
die von vielen Bächen umgeben ist.<br />
Gott hat ihr eine solche Tugend gegeben, dass sie, dank ihrer<br />
Würde und sehr edlen Macht, alle Bäche reichlich versorgen kann.<br />
Die großen Bäche, die die Quelle versorgt, haben ihren eigenen<br />
Lauf verstopft, so dass man die rechte Ader nicht nden kann,<br />
so verdorben und verschmutzt ist das Wasser.<br />
Ich kann keinen einzigen Schluck genießen,<br />
solange sich der Adel nicht an mich erinnert hat -<br />
dank seiner Würde und sehr edlen Macht.<br />
- 66 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 67 -
14. Cantus I<br />
Venecie, mundi splendor,<br />
Italie cum sis decor,<br />
in te viget omnis livor<br />
regulis mundicie.<br />
Gaude, mater maris, salus,<br />
qua purgatur quisque malus,<br />
terre ponti to es palus,<br />
miserorum baiula.<br />
Gaude late, virgo digna,<br />
principatus portas signa<br />
(tibi soli sunt condigna)<br />
ducalis dominii.<br />
Gaude, victrix exterorum,<br />
nam potestas Venetorum<br />
nulli cedit perversorum,<br />
domans terram, maria;<br />
Nam to vincis manus fortis,<br />
pacem reddis tuis portis,<br />
et disrumpis fauces mortis,<br />
tuorum delium.<br />
Pro te canit cove pia<br />
(tui statum in hac via<br />
el conservet et maria)<br />
Johannes Ciconia.<br />
14. Cantus I<br />
Venedig, du Bewunderte der Welt<br />
und Stolz Italiens!<br />
In dir blüht alles Streben<br />
nach einem Kanon an Eleganz.<br />
Freue dich, du Mutter des Meeres,<br />
du rettende Kraft, durch die jeder Übeltäter gereinigt wird.<br />
Du bist ein Pfahl zu Land und Meer,<br />
eine Unterstützung für die Niedrigen.<br />
Freue dich außerordentlich, du ehrenwerte Jungfrau.<br />
Du trägst das Wappen<br />
eines herzoglichen Fürstentums,<br />
das dir allein zugeeignet worden ist.<br />
Freue dich, du Eroberin der Heiden,<br />
für die Macht von Venedig,<br />
das Land und Meere zähmt,<br />
überlässt nichts den Verdorbenen;<br />
Denn du eroberst die Kräfte der Mächtigen,<br />
du stellst in deinen Toren den Frieden<br />
deiner Gläubigen wieder her,<br />
und du brichst die Klauen des Todes.<br />
Für dich, mit frommer Stimme, singt<br />
(dass Gott und Maria auf diese Weise<br />
dich bewahren können wie du bist)<br />
Johannes Ciconia.<br />
- 68 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 69 -
Cantus II<br />
Michael qui Stena domus<br />
Tu ducatus portas onus,<br />
honor tibi, quia bonus<br />
vitam duces celibem.<br />
Phebo camper, princeps alme,<br />
tibi mundus promit »salve«;<br />
spargis tuis fructum palme,<br />
victor semper nobilis.<br />
Clemens, Justus approbaris,<br />
decus morum appellaris,<br />
tu defensor estimaris dei catholice.<br />
Bonis pandis munus dignum,<br />
malis fundis pene signum<br />
leges suas ad candignum<br />
gladio justitie.<br />
Sagax, prudens, mitis pater,<br />
(lex divina, cum sis mater)<br />
mentis virtus tibi frater,<br />
zelator reipublice.<br />
Sedem precor tibi dari,<br />
Deo celi famulari,<br />
ejus throno copulari,<br />
per eternal secula. Amen.<br />
Cantus II<br />
Michael, der du die Last<br />
des herzoglichen Hauses von Stena trägst,<br />
Ehre dir, denn du, ein guter Mensch,<br />
weiß ein Leben im Zölibat zu führen.<br />
Herrlicher Prinz, der du wie Phoebus bist,<br />
es grüßt dich die Welt, und du,<br />
der immer edle Sieger,<br />
teilst die Früchte des Sieges unter deinem Volk auf.<br />
Du bist geachtet als barmherzig und gerecht denkend;<br />
du wirst gelobt als ein Ausbund an Tugend,<br />
du bist geschätzt als Verteidiger des katholischen Glaubens.<br />
Auf Gutes verleihst du die richtige Belohnung,<br />
während du auf Böses, wie es war,<br />
dein Gesetz mit dem Schwert der Gerechtigkeit,<br />
als gerechtes Zeichen verhängst.<br />
Du bist ein strenger, kluger, bescheidener Vater<br />
(während du, das göttliche Gesetz, die Mutter der Kunst),<br />
die Macht des Geistes ist dein Bruder,<br />
O Wächter des Staates.<br />
Ich bete darum, dass dir ein Platz gegeben wird<br />
und damit du Gott im Himmel dienen kannst,<br />
auf dass du mit diesem ron<br />
auf ewige Zeiten vereint sein mögest. Amen.<br />
- 70 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 71 -
Ensemble Pentagonale<br />
Das Ensemble Pentagonale verdankt seine Entstehung dem<br />
glücklichen Zusammentreen von fünf Musikern aus verschiedenen<br />
europäischen Ländern, die 2009 an einem Meisterkurs<br />
mit Claudia Caagni vom Ensemble laReverdie im<br />
Rahmen des Festivals trigonale teilnahmen.<br />
In den folgenden Jahren haben sich weitere Mitglieder angeschlossen.<br />
Das Ensemble ist dadurch ein Schmelztiegel von<br />
vielfältigen musikalischen und kulturellen Ideen geworden,<br />
die die einzelnen Mitglieder durch ihre individuellen Erfahrungen<br />
gesammelt haben.<br />
Die Musiker verbindet ihre Passion für das musikalische<br />
Repertoire des Mittelalters, dem sie mit einem gründlichen<br />
Studium der Quellen begegnen.<br />
Das Ensemble gab sein Debüt 2010 in Venedig.<br />
Kerstin Ansorge studierte Blocköte<br />
an der Universität der Künste Berlin bei<br />
Prof. Gerd Lünenbürger und schloss ihr<br />
Studium mit dem Diplom ab. Sie vertiefte<br />
ihre Kenntnisse vor allem im Bereich<br />
der Mittelaltermusik bei Prof. Pierre<br />
Hamon und David Chappuis am Conservatoire National Supérieur<br />
de Musique et de Danse Lyon im Rahmen eines Erasmus-<br />
Austauschprogrammes.<br />
Bei dieser Gelegenheit entdeckte sie ihre Passion für die gotische<br />
Harfe, die sie bei Angélique Mauillon studierte.<br />
Seitdem widmet sie sich vor allem der Mittelalter- und Renaissancemusik<br />
und spielt Konzerte mit verschiedenen Ensembles<br />
in Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien und<br />
Spanien. Sie unterrichtet Blocköte und Harfe in Lyon.<br />
Claudia Caffagni wurde 1966 in<br />
Bologna geboren. Bereits im zarten Kindesalter<br />
begann sie mit dem Blockötenspiel.<br />
Doch um den unweigerlich erdrückenden<br />
Vergleich mit ihrer Schwester,<br />
einer Flötenvirtuosin, zu vermeiden, ng<br />
sie mit dreizehn Jahren an, bei ihrem Vater Mirco Lautenunterricht<br />
zu nehmen und verliebte sich rettungslos in dieses<br />
Instrument. Während eines langen Werdegangs im In- und<br />
Ausland absolvierte sie ihr Studium zunächst bei Federico<br />
Marincola und später bei Paul O'Dette und Jacob Lindberg,<br />
bei dem sie 1989 das Diplom »Lute performing« am Royal<br />
College of Music in London erhielt und schließlich bei<br />
- 72 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 73 -
Hopkinson Smith an der Schola Cantorum Basiliensis studierte.<br />
1984, mit der Gründung einer ersten Formation des Ensem-<br />
bles laReverdie gemeinsam mit Ella de Mircovich und einem<br />
befreundeten Lautenisten, begann sie, die eigene Musikforschung<br />
über die Grenzen der Renaissance hinaus zu betreiben<br />
(ein Repertoire, mit dem sie auch solistisch auftrat), hin<br />
zur faszinierenden Welt der mittelalterlichen Musik. Die Zusammenarbeit<br />
mit dem Ensemble laReverdie bewog Claudia<br />
dazu, sich der mittelalterlichen Laute zu widmen und Gesang<br />
bei Elisabetta Tandura zu studieren.<br />
Gemeinsam mit dem Ensemble laReverdie übt sie eine intensive<br />
Konzerttätigkeit aus und nimmt an den bedeutendsten<br />
Festivals in ganz Europa teil. Darüber hinaus trat sie 2011<br />
beim Festival Cervantino in Mexiko auf. Tonaufnahmen<br />
erfolgten für Radio3 (Italien), den Süddeutschen Rundfunk,<br />
den Bayerischen Rundfunk, den Südwestfunk und den Westdeutschen<br />
Rundfunk sowie für BRT3, Radio Klara (Belgien),<br />
France Musique (Frankreich), ORF 1, Antenna 2 (Portugal),<br />
Rne und RTVE (Spanien), Radio2 (Polen), Radio Televizija<br />
Slovenja (Slowenien), Espace2 (Schweiz) und KRO Radio4<br />
(Holland). Es folgten Einspielungen für die Plattenlabels<br />
Nuova Era und Giulia und seit 1993 regelmäßig für das vormals<br />
französische und heutige italienische Label ARCANA<br />
in Koproduktion mit dem WDR (Westdeutscher Rundfunk).<br />
Insgesamt wurden sechzehn Plattenproduktionen veröentlicht,<br />
die zahlreiche Auszeichnungen erhielten.<br />
Mit Leidenschaft der musikwissenschaftlichen Forschung<br />
verbunden, engagiert sie sich immer stärker in der Lehre: So<br />
lehrte sie Historische Auührungspraxis der Alten Musik am<br />
Konservatorium Giuseppe Tartini in Triest, hält Vorlesungen<br />
über mittelalterliche Musik an der Accademia Internazionale<br />
della Musica di Milano, lehrt Plektrum-Laute und frühe Notationskunde<br />
an der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen<br />
und ist seit 2003 Dozentin bei den Corsi Internazionali<br />
di Musica Antica in Urbino. Als Gesangssolistin arbeitet sie<br />
auch mit Accordone zusammen.<br />
Neben dem Studium und ihrer Tätigkeit im Bereich der<br />
Musik absolvierte sie das Diplomstudium Architektur am<br />
Istituto Universitario di Architettura in Venedig mit ausgezeichnetem<br />
Erfolg. Ihre interdisziplinäre Diplomarbeit mit<br />
dem Titel »Il temperamento in musica e in architettura: la<br />
Schola Riccatiana« erschien im Vorjahr. Claudia ist ebenso als<br />
Begutachterin von Diplomarbeiten tätig, die sich mit interdisziplinären<br />
emen zwischen Musik und Architektur befassen.<br />
Seit 1990 ist sie stolze Mutter eines Sohnes, Lorenzo,<br />
der jahrelang einer der leidenschaftlichsten Anhänger des<br />
Ensembles laReverdie war.<br />
Marilin Lips studierte Mittelaltergesang<br />
bei Maria Staak in ihrer Geburtsstadt<br />
Tallinn. Seit 1996 ist sie Mitglied<br />
des Ensembles Rondellus, eines der bekanntesten<br />
Alte-Musik-Ensembles Estlands.<br />
Mit Rondellus sang sie Konzerte in<br />
verschiedenen europäischen Ländern und nahm an den CD-<br />
Aufnahmen Carmina Sanctorum (1989) und Adoratur Rosa<br />
(2009) teil. Sie vertiefte ihre Kenntnisse und Erfahrungen in<br />
Meisterkursen unter der Leitung von Claudia Caagni und<br />
- 74 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 75 -
erlernte frühchristlichen Gesang bei Iegor Rezniko. Heute<br />
ist sie aktiv als Sängerin und studiert gleichzeitig den Masterstudiengang<br />
Kulturtheorie an der Universität Tallinn. Ihr<br />
Ziel ist es, Mittelaltergesang mit der gegenwärtigen Methodik<br />
der Kulturtheorie zu erforschen, wobei sie ihre Erfahrungen<br />
als Sängerin mit der Ausbildung im Bereich der Semiotik<br />
und Literaturtheorie verbinden möchte.<br />
Sara Mancuso, gotische Harfe, Clavicymbalum,<br />
Organetto, studierte Klavier<br />
am Konservatorium B. Marcello in Venedig<br />
und widmet sich seither der Alten<br />
Musik. Sie studierte Cembalo, Klavichord<br />
und Hammerügel bei M. Giorgio<br />
Cerasoli und Bernard Brauchli und nahm an zahlreichen Meisterkursen<br />
für mittelalterliche Musik teil, unter anderem mit<br />
dem Ensemble laReverdie, organisiert von F.I.M.A (Urbino),<br />
und bei Claudia Caagni im Rahmen der trigonale.<br />
Heute gilt ihre Passion hauptsächlich der gotischen Harfe,<br />
die sie bei Hannelore Devaere und Marina Bonetti studiert.<br />
Sie ist Mitglied des spanischen Ensembles für mittelalterliche<br />
Musik Puy de sons d'autre fois und dem venezianischen<br />
Ensemble La Frottola. Seit zwei Jahren arbeitet sie mit dem<br />
Ensemble laReverdie zusammen, mit dem sie bei einer CD-<br />
Aufnahme beim Label Arcana mitgewirkt hat.<br />
Matthias Otto, Mittelalterlaute und<br />
Fidel, entstammt einer Musikerfamilie.<br />
Erste musikalische Ausbildung (Gesang,<br />
Violine) in einem Knabenchor (Dresdner<br />
Kreuzchor). Danach Studium der Chemie<br />
und Violine sowie aktive Mitwirkung in<br />
verschiedensten Ensembles in Leipzig, Wien und Dresden.<br />
Spezialisierung auf Barockvioline bei Simon Standage, auf<br />
eorbe bei Frank Pschichholz und auf Mittelalterlaute bei<br />
Claudia Caagni. Mitwirkungen bei zahlreichen Barockaufführungen<br />
und in verschiedenen Mittelalterformationen.<br />
Christoph Prendl, Fidel und Organetto,<br />
studierte Cembalo bei Brett<br />
Leighton und Viola da gamba bei Claire<br />
Pottinger an der Bruckner-Universität<br />
Linz sowie Viola da gamba und frühe<br />
Streichinstrumente bei Paolo Pandolfo<br />
und Randall Cook an der Schola Cantorum Basiliensis.<br />
Wichtige Impulse erhielt er überdies von Jesper B. Christensen,<br />
Jörg-Andreas Bötticher und Anthony Rooley im Rahmen<br />
seines Studiums in Basel. Als Cembalist und Gambist hat er<br />
in vielen Ländern Europas Konzerte gegeben, unter anderem<br />
bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, auf den historischen<br />
Instrumenten der Sammlung Beurmann im Hamburger<br />
Museum für Kunst und Gewerbe und in der Konzertreihe<br />
Les Goûts Réunis in Lausanne. Er musiziert mit bekannten<br />
Alte-Musik-Ensembles wie e Earle His Viols, Rayuela, dem<br />
Sestina Consort und Les Cornets Noirs. 2011 erhielt er einen<br />
- 76 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 77 -
Sonderpreis für die beste Ausführung stilgerechter eigener<br />
Verzierungen beim Internationalen Telemann-Wettbewerb in<br />
Magdeburg. Zurzeit absolviert er ein Masterstudium in eorie<br />
der Alten Musik bei Johannes Menke und Felix Diergarten<br />
an der Schola Cantorum Basiliensis.<br />
Stefanie Pritzlaff, Blocköten und<br />
Traversöte, studierte Maschinenwesen<br />
an der TU München sowie Historische<br />
Auührungspraxis mit Hauptfach Traversöte<br />
bei Marion Treupel-Franck,<br />
Hans-Joachim Fuss und Michael Eberth<br />
in München (Konzertdiplom 2011) und Blocköte mit<br />
Schwerpunkt auf Neue Musik bei Iris Lichtinger in Augsburg<br />
und mit Schwerpunkt auf Mittelalterliche Musik bei Prof.<br />
Maurice van Lieshout in München. Pädagogischer Abschluss<br />
im Fach Queröte <strong>2012</strong>. Zahlreiche Meisterkurse u.a. bei<br />
Han Tol, Barthold Kuijken, Kees Boeke, Gabriel Persico, Kate<br />
Clark, Liane Ehlich und Claudia Caagni lieferten wichtige<br />
Impulse. Im Moment promoviert sie in Musikwissenschaften<br />
an der LMU München.<br />
2003 gewann sie einen 1. Bundespreis im Wettbewerb Jugend<br />
Musiziert (Blocköte solo) sowie einen Sonderpreis für<br />
zeitgenössische Musik. 2010 war sie Finalistin in der 24 th International<br />
Competition for Early Music in Kofu, Yamanashi,<br />
Japan (Traverso solo). Sie ist Mitglied in diversen Ensembles,<br />
spezialisiert auf Mittelalter, Barock und Frühklassik sowie<br />
moderne Musik mit Konzerttätigkeiten besonders im süddeutschen<br />
Raum.<br />
Marie Verstraete, Blocköte, Fidel.<br />
Die gebürtige Belgierin spezialisiert sich<br />
sowohl als Musikwissenschaftlerin als<br />
auch in der musikalischen Praxis (Fidel,<br />
Blocköte und Renaissancegambe) auf<br />
die Musik des Mittelalters und der Renaissance.<br />
Ihre Faszination für diese Musik festigte sie durch<br />
zahlreiche Studien in Belgien, Deutschland, Italien und in<br />
der Schweiz, u.a. bei J. Van Goethem, B. Spanhove, K. Boeke,<br />
C. Caagni, N. Schwindt, L. Duftschmid, R. Cook, C. Pasetto,<br />
P. Memelsdor und B. Bagby.<br />
- 78 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 79 -
Sonntag, 09.09. | 11 Uhr | Schloss Ebenthal<br />
15 Uhr | Pfarrkirche St. Peter bei Taggenbrunn<br />
Un Viaggio Musicale<br />
Dorothee Oberlinger: Blocköte<br />
Franco Pavan: eorbe<br />
Einleitung<br />
Viaggio Musicale – Musik des europäischen<br />
Hochbarock für Blockflöte und Theorbe<br />
Flauto diretto, ûte à bec, recorder, voice ute … – unter den mannigfachen<br />
Bezeichnungen, die sich im Laufe der Zeit für die<br />
Blocköte einbürgerten, sticht eine romanische Form als mit<br />
Abstand poetischste heraus: auto dolce oder ûte douce. Der<br />
darin angesprochenen Süße und Anmut des Klangs galt die<br />
Sympathie der Komponisten im 17. und 18. Jahrhundert, wenn<br />
sie in ihren Opern und Kantaten, ebenso aber in der konzertierenden<br />
Instrumentalmusik Blocköten-Partien schrieben.<br />
Was dem zunächst so schlicht anmutenden Instrument hier an<br />
Virtuosität, an Klangfarben und an melodischer Ausdruckskraft<br />
abverlangt wird, steht ebenbürtig neben den Qualitäten,<br />
die man heute allgemein mit dem ebenso bevorzugten Soloins-<br />
trument der Barockzeit, der Violine, verbindet. Die eorbe<br />
war neben dem Cembalo das zentrale Harmonieinstrument<br />
des Basso continuo und wurde – wie die Laute auch – als Soloinstrument<br />
eingesetzt. Sie war somit meist Bestandteil der<br />
Besetzung eines barocken Kammerkonzerts, wie man es auf<br />
zahlreichen Abbildungen dieser Zeit sehen kann – Blocköte<br />
und eorbe bildeten also ein beliebtes Gespann.<br />
Das heutige Konzert gewährt charakteristische Einblicke in<br />
die Welt des barocken Kammerkonzerts in künstlerischen<br />
Metropolen wie Hamburg, Paris, London oder Venedig, wo<br />
man immer mehr dem goût melé zugetan war und sich fremden<br />
Nationalstilen önete. So wurde z.B. London in seiner<br />
geradezu euphorischen Begeisterung für den römischen Violinmeister<br />
Arcangelo Corelli zur Hauptstadt des Concerto italiano<br />
und seiner Virtuosen. Zu den Italienern, die nach ersten<br />
Anstellungen in der Heimat ihr Glück in London suchten<br />
und fanden, gehört der Mailänder Giuseppe Sammartini. Bekannt<br />
gemacht hatte ihn in England wiederum der ndige<br />
Verleger John Walsh, als er 1727 ein Dutzend seiner Triosonaten<br />
druckte – mehr als ein Jahr, bevor ihr Komponist selbst<br />
an der emse eintraf und schnell zum Lieblings-Oboisten<br />
- 80 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 81 -
Händels avancierte. Sammartini war von der Bandbreite der<br />
englischen Blockötensorten oensichtlich sehr angetan; so<br />
komponierte er etwa ein Konzert für die höhere Fifth-Flute.<br />
Sammartinis Sonate G-Dur op. 8 Nr. IV aus den »Six Solos«,<br />
die 1760 posthum von John Johnson gedruckt wurden, ist im<br />
galanten Stil geschrieben und weist in ihrem erönenden Andante<br />
schon empndsame Züge im Stil eines Sicilianos auf.<br />
Eine Reminiszenz an die große Zeit des »Roi du Soleil« Ludwig<br />
XIV. bilden die Kompositionen von Marin Marais. Er<br />
war ein Gambenschüler des heute biographisch kaum mehr<br />
greifbaren Monsieur de Sainte-Colombe, des bedeutendsten<br />
Gambisten seiner Zeit, über den Marais jedoch bald hinauswuchs.<br />
1679 wurde er zum Ocier ordinaire de la Chambre du<br />
Roi ernannt; er blieb in den Diensten Ludwig XIV. und bis<br />
1725 bei Ludwig XV. Seine »Couplets de Folie« greifen die<br />
Variationen des römischen Violinmeisters Arcangelo Corelli<br />
über die damals allerorten beliebte Follia-Weise auf. Marais<br />
erlaubt im Vorwort seiner 1701 veröentlichten »Folies« ausdrücklich<br />
die Ausführung auf anderen Instrumenten.<br />
Inszenierte der Sonnenkönig Ludwig XIV. seine oziellen Anlässe<br />
mit Prunk und Pracht, so zog er für seine »Recrèation« am<br />
späteren Abend leisere Töne vor: Gewöhnlich ließ er, wie sein<br />
Kammerherr Marquis de Dangeau berichtet, Robert de Visée<br />
kommen, damit er für ihn auf der Gitarre spiele. Nach dem<br />
Tode des Königs erschienen diese intimen Stücke sehr bald im<br />
Druck, in einer Fassung für ein beliebiges Melodieinstrument<br />
und eine Bassstimme, daraus entstammt auch die Suite a-Moll.<br />
Allenfalls Vivaldi-Forschern dürfte der Name Ignazio Sieber<br />
(ca. 1680 – ca. 1757) heute noch etwas sagen, falls der Komponist<br />
der vor nicht allzu langer Zeit wiederentdeckten sechs<br />
Blockötensonaten überhaupt mit dem Oboen- und Flötenlehrer<br />
am Ospedale della Pietá in Venedig identisch ist. Nicht<br />
zu überhörende Parallelen zu einigen Werken seines dortigen<br />
Kollegen Vivaldi machen dies allerdings wahrscheinlich.<br />
Eine Besonderheit der Bibliothek des Schlosses Ebenthal stellen<br />
die handgeschriebenen Lauten-, eorben- und Bassgamben-Tabulaturen<br />
(aus der Zeit zwischen 1660 und 1720)<br />
dar, die bereits faksimiliert veröentlicht wurden. In diesem<br />
Konzert erklingen zwei Kompositionen von Hotman und<br />
Bartolotti, die im Goëss-Manuskript (ca.1650 – 1670) unter<br />
65 Kompositionen für eorbe bzw. Erzlaute und 26 Kompositionen<br />
für Laute zu nden sind.<br />
Der Gambist und eorbist Nicolas Hotman wurde vermutlich<br />
in Brüssel geboren und übersiedelte im Jahr 1620 nach<br />
Paris, wo er wahrscheinlich von André Maugars unterrichtet<br />
wurde. 1636 bezeichnet ihn Marin Mersenne als einen der<br />
besten Gambisten und eorbenspieler seiner Zeit. In Nachfolge<br />
von Louis Couperin übernimmt er 1661 bis zu seinem<br />
Tod drei Jahre später das Amt des Ordinarius der »Musique<br />
de Chambre du Roi«. Hotman gilt als Begründer der französischen<br />
Gambenschule und war vermutlich der Lehrer<br />
von Monsieur Demachy und Monsieur de Sainte-Colombe.<br />
Er beeinusste bedeutende französische Gambenvirtuosen<br />
wie Marin Marais, Louis de Caix d'Hervelois und Antoine Forqueray.<br />
Seine Kompositionen für Gambe und eorbe sind<br />
- 82 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 83 -
spieltechnisch schwierig und fanden im Verhältnis zu seinem<br />
Bekanntheitsgrad nur geringe Verbreitung.<br />
Angelo Michele Bartolotti (um 1615 – um 1681) war ein italienischer<br />
Gitarrist, Komponist und eorbist. Wahrscheinlich<br />
wurde Bartolotti in Bologna geboren. Er gehörte zu einer<br />
Gruppe italienischer Musiker, die am Hof der Königin Christina<br />
von Schweden in den frühen 1650er Jahren beschäftigt<br />
waren. Wahrscheinlich folgte er ihr nach Rom und reiste im<br />
Jahr 1658 mit ihr nach Paris. Während seiner Jahre in Italien<br />
veröentlichte er zwei bedeutende Sammlungen von Gitarrenmusik.<br />
Bartolotti wurde in Frankreich als einer der besten<br />
eorbisten bekannt und u.a. von Constantijn Huygens und<br />
René Ouvrard hoch gelobt. Seine Abhandlung über das Basso-continuo-Spiel<br />
auf der eorbe (»Tabelle pour apprendre<br />
facilement en toucher la eorbe sur la Basse«, Paris 1669)<br />
gehört zu den wichtigsten Quellen des 17. Jahrhunderts zu<br />
diesem ema.<br />
Georg Philipp Telemann, 1681 in Magdeburg geboren, war<br />
wohl einer der produktivsten Komponisten der Barockzeit.<br />
Sein außerordentlich umfangreiches Werk umfasste alle damals<br />
gängigen Musikgattungen. Hieraus ist auch ein großes<br />
Repertoire für die von ihm außerdem selbst gespielte »Flûte<br />
a béc« hervorgegangen, das aus zahlreichen Solokonzerten,<br />
Sonaten, Trios, Quartetten und Soloparts in Kantaten und<br />
Opern besteht. »Der getreue Music-Meister« war Telemanns<br />
erfolgreicher »musikalischer Fortsetzungsroman«, den er<br />
zwischen 1728 und 1729 in Hamburg veröentlichte. Im<br />
Jahre 1728 gründete er gemeinsam mit Johannes Valentin<br />
Görner die gleichnamige Zeitschrift. Alle 14 Tage erschien<br />
eine neue Ausgabe, die zwei bis drei Musikstücke für verschiedene<br />
Besetzungen enthielt: Trios, Duette, Soli, Arien,<br />
Generalbasslieder (»Singe-Sachen«), Fugen und anderes<br />
mehr. Ganz im Sinne der Aufklärung war die Zeitschrift für<br />
ein breiteres bürgerliches Publikum gedacht, das Anregungen<br />
für das alltägliche häusliche Musizieren suchte. Die hieraus<br />
entnommene kontrapunktisch kunstvoll gearbeitete viersätzige<br />
»Sonata da chiesa à diversi strumenti« in g-Moll, die in<br />
ihrer Anlage an Kirchensonaten Arcangelo Corellis erinnert,<br />
erscheint in Telemanns Werkkatalog auch als Komposition<br />
für Oboe, Flauto traverso oder Violine solo. »Der getreue<br />
Music-Meister« lässt hier die Besetzung des Melodieinstrumentes<br />
oen. Die Sonate f-Moll, ebenfalls in der traditionellen<br />
viersätzigen Form der »Sonata da chiesa« gesetzt,<br />
ist mit »Fagotto solo« betitelt, aber auch auf der Blocköte<br />
spielbar, wie es Telemann am Ende des nalen Vivace anmerkt:<br />
»Diß Solo kann auch auf der Flûte à bec gespielet werden.«<br />
Bei der Veröentlichung dieser Sonate im »getreuen Music-<br />
Meister« zeigte sich Telemann von seiner geschäftstüchtigen<br />
Seite: Die Kompositionen wurden nie auf einen Schlag veröentlicht,<br />
so dass sich der Interessierte immer die nächste<br />
Folge der Zeitschrift besorgen musste, um das ganze Werk<br />
spielen zu können.<br />
Der klagende Kopfsatz (»Triste«), dessen Eingangsmotiv<br />
ein Seufzen naturalistisch nachzuahmen scheint, ist ein<br />
Kompendium barocker Aektenlehre und Rhetorik. Telemanns<br />
Intervallbehandlung, die unerwarteten und kühnen<br />
Harmonien sowie sein Umgang mit der Melodik machen<br />
- 84 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 85 -
diese Sonate mit zum Kunstvollsten innerhalb seiner Block-<br />
ötenwerke. Die Tonart f-Moll erfordert auf der Blocköte<br />
viele im Charakter eher matt klingende Gabelgrie, was den<br />
beabsichtigten Aekt der Trauer verstärkt. Johann Mattheson<br />
schreibt 1713 zur Bedeutung von f-Moll innerhalb der barocken<br />
Tonartencharakteristik: Der »Ton« f-Moll »scheinet<br />
eine gelinde und gelassene wiewol dabey tiee und schwere mit<br />
etwas Verzweiung vergesellschate tödliche Hertzens-Angst<br />
vorzustellen und ist über die massen beweglich. Er drücket eine<br />
schwartze hülose MELANCHOLIE schön aus und will dem<br />
Zuhörer bisweilen ein Grauen oder einen Schauder verursachen.«<br />
Dorothee Oberlinger<br />
- 86 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 87 -
Programm<br />
Ignazio Sieber<br />
(ca. 1680 – ca. 1757)<br />
Sonata VII<br />
Preludio Largo/Corrente Allegro/Ceciliana<br />
Largo/Capricio Allegro<br />
Blocköte, Basso continuo<br />
Marin Marais<br />
(1656 – 1728)<br />
Les Folies d'Espagne (Extract)<br />
Voiceute solo<br />
Robert de Visée<br />
(ca. 1655 – ca. 1733)<br />
Suite in a-Moll aus »Pièces de théorbe et de<br />
luth mises en partition, dessus et basse«, 1716<br />
Prelude/Allemande: Grave/Courante/Sarabande/Gigue/<br />
Rondeau »La Montsermeil«<br />
Blocköte, Basso continuo<br />
Nicolas Hotman<br />
(1614 – 1663)<br />
Allemande<br />
Aus dem Lautenbuch der Goëss-Bibliothek, Schloss Ebenthal<br />
Angelo Michele [Bartolotti]<br />
(ca. 1600 – 1668)<br />
Sarabande/Passacaglia<br />
Aus dem Lautenbuch der Goëss-Bibliothek, Schloss Ebenthal<br />
Georg Philipp Telemann<br />
(ca. 1681 – 1767)<br />
Sonata in f-Moll<br />
aus »Der getreue Music-Meister«<br />
Triste/Allegro/Andante/Vivace<br />
Blocköte, Basso continuo<br />
Giuseppe Sammartini<br />
(1695 – 1750)<br />
Sonata op. 1 no. IV G-Dur<br />
Andante/Allegro/Adagio/Minuet<br />
Blocköte, Basso continuo<br />
- 88 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 89 -
Dorothee Oberlinger, 1969 in<br />
Aachen geboren, studierte Blocköte<br />
in Köln, Amsterdam und Mailand. Als<br />
»Instrumentalistin des Jahres« wurde sie<br />
2008 mit dem renommierten Musikpreis<br />
Echo Klassik für ihre CD »Italian Sonatas«<br />
ausgezeichnet. Ihr Debüt gelang ihr 1997 mit dem 1.<br />
Preis im internationalen Wettbewerb SRP/Moeck U.K. in<br />
London und einem anschließenden Konzert in der Wigmore<br />
Hall. Seitdem ist Dorothee Oberlinger regelmäßig zu Gast<br />
bei den großen Festivals und Konzertreihen in ganz Europa,<br />
Amerika und Asien und spielt als Solistin mit dem von ihr<br />
2002 gegründeten Ensemble 1700 sowie mit renommierten<br />
Barockensembles und Orchestern wie den Sonatori de la Gioiosa<br />
Marca, Musica Antiqua Köln, der Akademie für Alte Musik<br />
Berlin, London Baroque, der Academy of Ancient Music oder<br />
Zero.<br />
Neben ihrer intensiven Beschäftigung mit der Musik des<br />
17. und 18. Jahrhunderts widmet sich Dorothee immer wieder<br />
auch der zeitgenössischen Musik, so wirkte sie an der<br />
jüngsten CD »Touch« des Schweizer Pop-Duos Yello mit.<br />
Seit 2009 ist sie Intendantin der traditionsreichen Arolser<br />
Barockfestspiele und seit 2004 ist sie Professorin an der Universität<br />
Mozarteum Salzburg, wo sie das dortige Institut für<br />
Alte Musik leitet.<br />
Franco Pavan, der italienische Lautenist<br />
und eorbist, ist für das trigonale-<br />
Publikum kein Unbekannter. Nicht nur<br />
als coverface der trigonale 2009, sondern<br />
auch als Gast in mehreren Konzerten –<br />
solistisch und mit verschiedenen Ensemb-<br />
les – ist er uns vertraut geworden und ans Herz gewachsen.<br />
Er schloss sein Studium der Laute und Musikwissenschaft<br />
in Mailand mit »summa cum laude« ab und ist seither mit<br />
den wichtigsten italienischen Ensembles im Bereich der Alten<br />
Musik, wie Concerto Italiano, Accordone, La Cappella della<br />
Pietà dei Turchini, La Risonanza, La Venexiana sowie mit dem<br />
Londoner Ensemble Trinity Baroque aufgetreten. Er arbeitet<br />
mit namhaften Dirigenten zusammen und hat in den bedeutendsten<br />
Konzerthäusern weltweit gastiert. Weiters konzertierte<br />
er in Uruguay, Chile, Mexiko, Kolumbien, Brasilien,<br />
China, Ägypten und Marokko. Franco Pavan hat über 40 CDs<br />
aufgenommen und Preise wie den Gramophon Award, Diapason<br />
d'Or oder Premio Vivaldi della Fondazione Cini (Venedig) gewonnen.<br />
Seine Soloaufnahme »Le Mouton Fabuleux« gewann<br />
den Premio del Disco Amadeus 2009. Er unterrichtet die Fächer<br />
Laute und Kammermusik für historische Musikinstrumente<br />
am Konservatorium E. F. Dall'Abaco in Verona und schrieb<br />
musikwissenschaftliche Artikel über die Geschichte der Laute<br />
und die Musik des frühen 17. Jh. sowie eine Abhandlung<br />
über neue Dokumente zu Monteverdi und Gesualdo. Auch hat<br />
er an der neuen Ausgabe des New Grove Dictionary of Music<br />
and Musicians und an der Enzyklopädie »Die Musik in Geschichte<br />
und Gegenwart« mitgearbeitet und ist Mitglied des<br />
Redaktionskomitees des Journal of the Lute Society of America.<br />
- 90 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 91 -
Sonntag, 09.09. | 18 Uhr<br />
Seminarkirche Tanzenberg<br />
Israelsbrünnlein<br />
Dresdner Kammerchor<br />
Sandra Bernhardt, Elisabeth Göckeritz, Birgit<br />
Jacobi, Maria Stosiek, Marie Luise Werneburg,<br />
Nicola Zöllner: Sopran<br />
Stefan Kunath, Franziska Neumann,<br />
Inga Philipp, Ulrich Weller: Alt<br />
Tobias Mäthger, Claudius Pobbig,<br />
Clemens Volkmar: Tenor<br />
Dirk Döbrich, Georg Preissler, Felix Rumpf,<br />
Felix Schwandtke: Bass<br />
Wolfgang Kostujak: Orgel<br />
Jarek Thiel: Violoncello<br />
Michael Dücker: eorbe<br />
Hans-Christoph Rademann: Leitung<br />
Einleitung<br />
Eine mitteldeutsche Karriere. Man hüte sich davor, zu schreiben<br />
»nur«, denn der geograsche Lebensradius eines Johann<br />
Sebastian Bach war kaum weiter gespannt, und dennoch stellt<br />
niemand in Zweifel, dass bei Werken des berühmten omaskantors<br />
hoher Kunst zu begegnen sei. Hohe Kunst in<br />
gleicher Weise, vielleicht etwas sperriger im Klangbild, vielleicht<br />
etwas fremder im Hörvertrauten, vielleicht ein wenig<br />
»weiter weg« im Lebensgefühl, begegnet uns gleichermaßen<br />
bei Johann Hermann Schein. Rund einhundert Jahre vor Bach<br />
an gleicher Stelle – geograsch: Leipzig – und in gleicher<br />
Position – anstellungstechnisch: omaskantor – geschaene<br />
»Hohe Kunst«. Und man mag sich angesichts des Schreibens<br />
an den Leipziger Rat vom September 1629, in welchem<br />
der omaskantor Schein die verschlechterten Arbeitsbedingungen<br />
beklagte und sich verteidigen musste gegen den<br />
Vorwurf, er sei nicht eißig genug und vernachlässige die<br />
Aufsicht über seine Schützlinge an der omasschule, wiederum<br />
an die Streitigkeiten zwischen omaskantor Bach<br />
und dem Leipziger Rat erinnert fühlen. Es waren auch da vor<br />
allem wohl die widerstreitenden wissenschaftlichen und musikalischen<br />
Forderungen, die gestellt wurden, denen Johann<br />
Hermann Schein in seiner Position als »General-Director der<br />
Music […] in beyden Kirchen allhier in Leipzig« begegnete,<br />
er, der zu seinen »normalen« musikalischen Verpichtungen<br />
- 92 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 93 -
wöchentlich zehn wissenschaftliche und vier musikalische<br />
Unterrichtsstunden zu erteilen hatte. Dennoch scheint er ein<br />
gutes und enges, ja regelrecht freundschaftliches Verhältnis<br />
zu den Einussreichen und Oberen der Stadt gepegt zu haben,<br />
wovon Ratswahlmusiken wie zahlreiche Hochzeits- und<br />
Trauerkompositionen für Leipzigs hochgestellte und gutbetuchte<br />
Bürger zeugen. Auch seine 1623 erschienene Sammlung<br />
»Israelis Brünnlein«, was da sind »Auserlesene Krat-<br />
Sprüchlein / Altes und Newen Testaments / Von 5 und 6<br />
Stimmen sambt / dem General-Baß«, widmete der seit 1616<br />
als omaskantor wirkende Schein den Bürgermeistern und<br />
dem Rat der Stadt Leipzig.<br />
Wo aber kam dieser hochgebildete, musikalisch ambitionierte<br />
und ebenso über die neuesten Entwicklungen informierte wie<br />
im gesellschaftlichen Umgang geübte Musiker her? Geboren<br />
am 20. Januar 1586 im erzgebirgischen Grünhain, wuchs<br />
er nach dem Tod des Vaters ab 1594 in Dresden auf, wurde<br />
1599 Kapellknabe in der Dresdner Hofkapelle und dort von<br />
Hofkapellmeister Rogier Michael und Kapellknabenpräzeptor<br />
Andreas Petermann in seiner musikalischen Entwicklung<br />
begleitet. Weitere Stationen waren nach dem Stimmwechsel<br />
der Besuch der Landesschule Pforta ab 1603 und der Beginn<br />
des Universitätsstudiums in Leipzig 1608. Gottfried von Wolffersdor,<br />
Hauptmann auf Schloss Weißenfels und Assessor<br />
des Kurfürstl. Sächs. Ober-Hof-Gerichts zu Leipzig, berief<br />
ihn 1613 als Hauslehrer und Hausmusikdirektor. 1615 ging<br />
Schein als Hofkapellmeister nach Weimar und folgte kurz<br />
darauf 1616 Sethus Calvisius im Amt des Leipziger omaskantors.<br />
Dass wir es mit einem der bedeutendsten Komponisten des 17.<br />
Jahrhunderts zu tun haben, mag schon andeuten, dass Wolfgang<br />
Caspar Printz 1690 in seiner »Historischen Beschreibung<br />
der Edelen Sing- und Kling-Kunst« Johann Hermann<br />
Schein benannte als denjenigen, »welcher einer von dreyen gewesen<br />
/ derer Nahmen von dem Buchstaben S anfangen / und die<br />
man zu dieser Zeit für die besten drey Componisten in Teutschland<br />
gehalten. Diese drey berühmte S aber seyen gewesen Schütz /<br />
Schein / Scheit.« Und Printz führte weiter aus: »Eben zu dieser<br />
Zeit hat Johann Hermann Schein / Director Musices zu Leipzig<br />
keinen geringen Ruhm erworben. Er ist aber vornemlich fürtrelich<br />
gewesen in dem Stylo Madrigalesco, in welchem er keinem<br />
Italiener / vielweniger einem andern etwas nachgeben dören.<br />
Seine Villanellen seyn vor der Zeit sehr hoch geachtet worden; und<br />
hat er die Texte dazu selbst gerichtet.« – Das sagt viel über Schein<br />
und dessen Ruf, zumal in einer Zeit, da Traditionsverständnis<br />
im Sinne kontinuierlich gesteigerter Kreativitätslinien und<br />
notwendiger Selbstndungspunkte für künstlerische Positionierung<br />
noch lange nicht erfunden waren. Untermauert<br />
wird dies am Beispiel des »Israelis Brünnlein« zumal, denn<br />
die in Leipzig gedruckte Sammlung erlebte als einziges unter<br />
Scheins geistlichen Werken noch 22 Jahre nach seinem Tod<br />
eine Neuauage!<br />
Johann Hermann Schein selbst schrieb in seiner Vorrede, die<br />
vorgelegten Kompositionen seien »bey fürfallenden occasionen<br />
musicirt« worden – was da sind Hochzeiten, Begräbnisse,<br />
Ratswahlfeiern, Promotionen usw. – und »So wol für<br />
sich allein mit lebendiger Stim und Instrumenten / Als auch<br />
in die Orgel / Clavicimbel bequemlich zugebrauchen«. Unter<br />
- 94 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 95 -
diesen 26 Motetten nden sich 23 auf alttestamentarische<br />
Texte komponierte Stücke, was der Sammlung den Namen<br />
gab. Übrigens allesamt kurz und knapp gehaltene Stücke,<br />
keines mehr als fünf Minuten dauernd. Die Textquellen, aus<br />
denen Schein schöpfte, sind die unversiegbaren »Brünnlein«<br />
der Psalmen Davids, der Bücher Mose, der Propheten, des<br />
Hohelieds Salomo und anderer Teile des Alten Testaments.<br />
Zwei Kompositionen, »Ach Herr, ach meiner schone« und<br />
»O, Herr Jesu Christe«, basieren auf freien Dichtungen, die<br />
höchstwahrscheinlich Schein selbst verfasste. Alle Stücke sind<br />
für fünf Stimmen gesetzt – ausgenommen das abschließende<br />
sechsstimmige Madrigal –, denen ein Basso continuo ad libitum<br />
zugeordnet wurde, wobei dieser den Charakter eines<br />
Basso seguente, also eines der vokalen Bassstimme folgenden<br />
Instrumentalbasses, hat. Das begegnet uns auch bei Monteverdi<br />
oder in Ludovico da Viadanas Sammlung der »Cento<br />
concerti ecclesiastici«, die 1619 in Frankfurt publiziert worden<br />
waren. Mag sein, dass diese Sammlung die erste Quelle<br />
war, durch die Schein mit dieser neuen Art zu komponieren in<br />
Berührung kam. Mag sein, dass aber auch der intensive Austausch<br />
mit dem ihm seit seiner Weißenfelser Zeit befreundeten<br />
Heinrich Schütz den Impuls setzte, denn Schein selbst<br />
hat Italien nie bereist. Wie auch immer, hier schließt sich<br />
der Bogen zu Printz und dessen Äußerung, Schein sei »fürtreich<br />
gewesen in dem Stylo Madrigalesco«, zumal derselbe<br />
in seinem umfänglichen Werktitel des »Israelis Brünnlein«<br />
dieses Charakteristikum selbst hervorhebt: »auf eine sonderbar<br />
Anmutige Italian-Madrigalische Manier« habe er sie<br />
komponiert.<br />
Scheins Sammlung besitzt solitären Charakter im deutschen<br />
Musikschaen der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, was<br />
in erster Linie auf der extrem intensiven Wortbezogenheit<br />
seiner Musik, seiner bildhaft musikalischen Textdarstellung<br />
beruht. Ähnlich wie Heinrich Schütz in seiner »Geistlichen<br />
Chormusik« strebte auch Johann Hermann Schein eine Vermittlung<br />
zwischen der deutsch-niederländischen Motettentradition<br />
und der expressiven Tonsprache des modernen Madrigals<br />
Monteverdi'scher Prägung an, doch hat Schein in viel<br />
weiter reichendem Maße als Schütz expressive Elemente der<br />
Textausdeutung benutzt, sodass er die Stücke mit Recht als<br />
»Geistliche Madrigale« bezeichnen konnte. Walter Webeck attestiert<br />
ihm hier eine singuläre Meisterschaft. Durch virtuose<br />
Behandlung der fünf Singstimmen und des Generalbasses,<br />
ohne dass ein Übermaß an Virtuosität oder Vereinzelung<br />
der Stimmen auch nur im Ansatz entstünde, gelingen Schein<br />
Klangeekte und Farbkontraste, die auch für heutige Ohren<br />
unerhört und mitreißend sind. Keine Möglichkeit für einen<br />
expressiven Ausdruck bleibt ungenutzt, reiche Dramatik und<br />
kühne Harmonik überraschen, sind bis ins Detail der einzelnen<br />
Stimme zu verfolgen. Das alles ist ihm aber nicht Selbstzweck,<br />
denn seine Musik habe, so Johann Hermann Schein<br />
in der Vorrede seines »Banchetto musicale«, »Christlicher<br />
Andacht, bey verrichtung des Gottesdienstes und auch ziemlicher<br />
ergötzlichkeit bey ehrlichen Zusammenkünten, alternis<br />
vicibus zu dienen«. – Hohe Kunst, die ohne ihre Wurzeln<br />
nicht zu denken ist.<br />
Dr. Christina Siegfried war lange Jahre Dramaturgin und<br />
Pressesprecherin der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Seit<br />
- 96 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 97 -
2008 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin der Schumann-<br />
Briefedition und seit 2009 Geschäftsführerin der Mitteldeutschen<br />
Barockmusik e.V. und des Heinrich Schütz Musikfestes.<br />
»Diese Musik kann Seelen reparieren.«<br />
Hans-Christoph Rademann im Gespräch mit Oliver Geisler<br />
über Johann Hermann Schein<br />
Oliver Geisler: Johann Hermann Schein stammt aus Grünhain<br />
im Erzgebirge und verbrachte da seine Kindheit. Zeit seines<br />
Lebens wird ihm das Erzgebirge ein Sehnsuchtsort bleiben.<br />
Auch das Titelblatt des »Israelsbrünnleins« ziert der Schriftzug<br />
»Johann Hermann Schein / Grünhain«. Ist Verwurzelung<br />
ein Lebensgefühl, das Du mit ihm teilst?<br />
Hans-Christoph Rademann: Erzgebirge und Musikalität – das<br />
sind fast schon Synonyme. Musik gehörte und gehört zum<br />
Alltag dieser Region. Das Erzgebirge ist historisch gesehen<br />
der Nährboden für den wirtschaftlichen und kulturellen<br />
Reichtum der mitteldeutschen Städte. Unzählige Musiker<br />
und Sänger aus dem Erzgebirge prägten die Musikkultur in<br />
Dresden, Leipzig und weiteren Orten. Und Persönlichkeiten<br />
wie Johann Hermann Schein, Johann Kuhnau oder Gottfried<br />
Heinrich Stölzel haben vom Erzgebirge ausgehend mitteleuropäische<br />
Musikgeschichte geschrieben. Gleichzeitig ist da<br />
aber stets – in den Biograen wie mitunter in den Werken –<br />
eine ganz starke Verwurzelung, auch Bescheidenheit spürbar.<br />
Bei den Werken Scheins spüre ich vor allem eine besondere<br />
Klarheit und auch Einfachheit ohne urbane und hösche<br />
Schnörkel. Und ja – auch mir ist das Erzgebirge als meine<br />
Heimat ein wichtiger Ort geblieben. Die Musik meiner<br />
Kindheit ist lebensprägend und die gewisse Bescheidenheit,<br />
Demut und Bodenständigkeit eines Johann Hermann Schein<br />
kann einem nur Vorbild sein.<br />
Geisler: In den Motetten des »Israelsbrünnleins« ist viel von<br />
Schmerz, Vergänglichkeit, Verlust und Leid die Rede. Müssen<br />
wir uns Schein als einen traurigen Menschen in einer<br />
traurigen Zeit vorstellen?<br />
Rademann: Ja und nein. Schein ist wie sein Freund Heinrich<br />
Schütz natürlich nicht ohne die Verheerungen des Dreißigjährigen<br />
Krieges zu denken, der als Signatur dieser Epoche<br />
alles beeinusst. Und wie Schütz hat Schein viel persönliches<br />
Leid erfahren. Von seinen zehn Kindern sterben sieben im<br />
Kindesalter. Die eigens dafür komponierten Begräbnismusiken<br />
sind absolut bewegende Werke. Die Vergänglichkeitsthematik<br />
der Motetten des »Israelsbrünnleins« sind immer<br />
auch vor diesem Hintergrund zu verstehen. Schein schildert<br />
mitunter sehr drastisch, aber eben immer auch mit großer<br />
Klarheit, Szenarien des Leidens und Vergehens.<br />
Aber dann atmet diese Musik wieder eine Zuversicht, die ihresgleichen<br />
sucht. Diese Musik kann Seelen reparieren. Fast<br />
schon programmatisch lese ich da die Zeile »Am guten Tage<br />
sei guter Dinge, und den bösen Tag nimm auch für gut« aus<br />
der Motette »Siehe an die Werk Gottes«. Scheins »Israelsbrünnlein«<br />
repräsentiert eine Geisteshaltung, die mich tief<br />
beeindruckt.<br />
- 98 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 99 -
Programm<br />
Johann Hermann Schein<br />
(1586 – 1630)<br />
Ihr Heiligen, lobsinget dem Herren<br />
Ach Herr, ach meiner schone<br />
Zion spricht: Der Herr hat mich verlassen<br />
Die mit Tränen säen<br />
Siehe, nach Trost war mir sehr bange<br />
Siehe an die Werk Gottes<br />
Drei schöne Ding<br />
Pause<br />
Wem ein tugendsam Weib bescheret ist<br />
Freue Dich des Weibes Deiner Jugend<br />
Lieblich und schöne sein ist nichts<br />
Ich bin jung gewesen<br />
Lehre uns bedenken<br />
Ich freue mich im Herren<br />
Der Herr denket an uns<br />
Nun danket alle Gott<br />
Texte<br />
Ihr Heiligen, lobsinget dem Herren,<br />
danket und preiset seine Heiligkeit!<br />
Denn sein Zoren währet einen Augenblick,<br />
und er hat Lust zum Leben.<br />
Den Abend lang währet das Weinen,<br />
aber des Morgens die Freude.<br />
Psalm 30,5–6<br />
Ach Herr, ach meiner schone,<br />
nach dei'm Grimm mir nicht ablehne.<br />
Denn deine Pfeil zumal<br />
machen mir große Qual.<br />
O weh, mein armes Herz<br />
empndet großen Schmerz.<br />
O du, mein lieber Herre Gott,<br />
hilf mir in meiner großen Not.<br />
Dichter unbekannt<br />
Zion spricht: Der Herr hat mich verlassen,<br />
der Herr hat mein vergessen.<br />
Kann auch ein Weib ihres Kindeleins vergessen,<br />
dass sie sich nicht erbarme<br />
über den Sohn ihres Leibes?<br />
Und ob sie desselbigen vergesse,<br />
so will ich doch dein nicht vergessen.<br />
Siehe, in die Hände hab' ich dich gezeichnet.<br />
Jesaja 49,14–16a<br />
- 100 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 101 -
Die mit Tränen säen<br />
werden mit Freuden ernten.<br />
Sie gehen hin und weinen<br />
und tragen edlen Samen<br />
und kommen mit Freuden<br />
und bringen ihre Garben.<br />
Psalm 126,5–6<br />
Siehe, nach Trost war mir sehr bange.<br />
Du aber hast dich meiner Seelen herzlich<br />
angenommen, dass sie nicht verdürbe.<br />
Denn du wirfest alle meine Sünde hinter dich<br />
zurücke. Denn die Hölle lobet dich nicht,<br />
so rühmet dich der Tod nicht,<br />
und die in die Gruben fahren,<br />
warten nicht auf deine Wahrheit.<br />
Sondern allein, die da leben,<br />
loben dich, wie ich jetzt tu.<br />
Jesaja 38,17–19a<br />
Siehe an die Werk Gottes,<br />
denn wer kann das schlecht machen,<br />
das er krümmet?<br />
Am guten Tag sei guter Dinge,<br />
und den bösen Tag nimm auch für gut;<br />
denn diesen schaet Gott neben jenem,<br />
dass der Mensch nicht wissen soll, was künftig ist.<br />
Prediger Salomo 7,13–14<br />
Drei schöne Ding sind,<br />
die beide Gott und Menschen wohlgefallen;<br />
wenn Brüder eins sind,<br />
wenn die Nachbarn sich lieb haben,<br />
wenn Mann und Weib sich miteinander<br />
wohl begehen.<br />
Jesus Sirach 25,1–2<br />
Pause<br />
Wem ein tugendsam Weib bescheret ist,<br />
die ist viel edeler, denn die köstlichen Perlen.<br />
Ihres Mannes Herz darf sich auf sie verlassen,<br />
und Nahrung wird ihm nicht mangeln.<br />
Sie tut ihm Liebs und kein Leid sein lebelang.<br />
Sprüche Salomos 31,10–13<br />
Freue Dich des Weibes Deiner Jugend.<br />
Sie ist lieblich wie eine Hinde,<br />
und holdselig wie ein Rehe.<br />
Lass dich ihre Liebe allezeit sättigen,<br />
und ergötze dich allewege in ihrer Liebe.<br />
Sprüche Salomos 5,18–19<br />
- 102 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 103 -
Lieblich und schöne sein ist nichts;<br />
ein Weib, das den Herren fürchtet,<br />
das soll man loben.<br />
Sie wird gerühmet werden<br />
von den Früchten ihrer Hände,<br />
und ihre Werk werden sie loben in den Toren.<br />
Sprüche Salomos 31,30–31<br />
Ich bin jung gewesen und alt worden<br />
und habe noch nie gesehen den Gerechten verlassen<br />
oder seinen Samen nach Brot gehen.<br />
Bleibe fromm und halt dich recht,<br />
denn solchem wird's zuletzt wohl gehen.<br />
Psalm 37,25–37<br />
Lehre uns bedenken,<br />
dass wir sterben müssen;<br />
auf dass wir klug werden.<br />
Herr, kehre dich wieder zu uns,<br />
und sei deinen Knechten genädig.<br />
Fülle uns früh mit deiner Gnade.<br />
So wollen wir rühmen und fröhlich sein<br />
unser lebelang.<br />
Psalm 90,12–14<br />
Ich freue mich im Herren,<br />
und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott;<br />
denn er hat mich angezogen<br />
mit den Kleidern des Heiles<br />
und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet,<br />
wie einen Bräutigam<br />
mit priesterlichem Schmuck gezieret<br />
und wie eine Braut in ihrem Geschmeide bärdet.<br />
Jesaja 61,10<br />
Der Herr denket an uns und segnet uns.<br />
Er segnet das Haus Israel,<br />
er segnet das Haus Aaron;<br />
er segnet, die den Herren fürchten,<br />
beide, Kleine und Große.<br />
Der Herre segne euch je mehr und mehr,<br />
euch und eure Kinder.<br />
Ihr seid die Gesegneten des Herren,<br />
der Himmel und Erden gemacht hat.<br />
Psalm 115,12–15<br />
Nun danket alle Gott,<br />
der große Ding tut an allen Enden,<br />
der uns vom Mutterleibe an<br />
lebendig erhält und tut uns alles Guts.<br />
Er gebe uns ein fröhliches Herz<br />
und verleihe immerdar Friede<br />
zu unser Zeit in Israel,<br />
und dass seine Gnade stets bei uns bleib;<br />
und erlöse uns so lange wir leben.<br />
Jesus Sirach 50,24–26<br />
- 104 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 105 -
Dresdner Kammerchor<br />
Der Dresdner Kammerchor gehört zu den Spitzenchören<br />
Deutschlands und ist bekannt für seinen unverwechselbaren<br />
Klang von großer Intensität und Klarheit. Lebendige Ausstrahlung<br />
sowie die oft gerühmte klangliche Homogenität<br />
und Transparenz sind die Stärken des international gefragten<br />
Ensembles. Eine Vielzahl von Rundfunk- und CD-Aufnahmen<br />
sowie die Zusammenarbeit mit international bedeutenden<br />
Dirigenten und Orchestern wie René Jacobs, Sir<br />
Roger Norrington, Adam Fischer und Riccardo Chailly sowie<br />
der Sächsischen Staatskapelle, dem Gewandhausorchester Leipzig,<br />
e Orchestra of the Age of Enlightenment, Concerto Köln<br />
und der Akademie für Alte Musik Berlin unterstreichen das<br />
Renommee des Chores.<br />
In der Konzertsaison <strong>2012</strong>/13 wird der Dresdner Kammerchor,<br />
neben Konzerten mit seinem Gründer und Chefdirigenten<br />
Hans-Christoph Rademann, mit Christian ielemann, Reinhard<br />
Goebel, Vaclav Luks und Stefan Parkman konzertieren.<br />
Regelmäßig erhält das Ensemble Einladungen zu international<br />
renommierten Festivals. Im Sommer <strong>2012</strong> gastierte der<br />
Dresdner Kammerchor erstmals bei den Salzburger Festspielen.<br />
Der Dresdner Kammerchor wirkt als Botschafter und Bewahrer<br />
der sächsischen Musikschätze von Weltgeltung. Er ist impulsgebend<br />
für die Pege der Alten Musik.<br />
Bis 2017 realisieren Hans-Christoph Rademann und der Dresdner<br />
Kammerchor gemeinsam mit dem Carus-Verlag Stuttgart<br />
und MDR Figaro die erste Heinrich-Schütz-Gesamteinspielung.<br />
Zahlreiche (Erst-)Einspielungen mit Meisterwerken<br />
der sächsischen Musikgeschichte nden international<br />
höchste Anerkennung und werden mit Auszeichnungen gewürdigt.<br />
Der Dresdner Kammerchor ist Schöpfer romantischer Klangtableaus<br />
und Erkunder moderner Tonsprachen des 20.<br />
und 21. Jahrhunderts. Die eigene Konzertreihe »Dresdner<br />
Kammchor. a cappella« lotet die Möglichkeiten der Chormusik<br />
vom 16. bis zum 21. Jahrhundert aus. Und in der eigens<br />
initiierten Dresdner Chorwerkstatt für Neue Musik ndet<br />
eine intensive Auseinandersetzung mit der Gegenwart und<br />
Zukunft vokalen Musizierens statt.<br />
www.dresdner-kammerchor.de<br />
Hans-Christoph Rademann zählt<br />
heute zu den gefragtesten Chordirigenten<br />
und anerkanntesten Chorklangspezialisten<br />
weltweit. Wegweisend sind seine Kon-<br />
zerte und Einspielungen mit dem Dresdner<br />
Kammerchor und dem Dresdner Barockorchester,<br />
besonders der mitteldeutschen Musikschätze des 17.<br />
und 18. Jahrhunderts. Seit 2009 arbeitet er mit dem Dresdner<br />
Kammerchor in Kooperation mit dem MDR und dem Carus-<br />
Verlag Stuttgart an der ersten Gesamteinspielung der Werke<br />
von Heinrich Schütz. Aber ebenso nden seine Interpretationen<br />
romantischer Werke und zeitgenössischer Kompositionen<br />
höchste Anerkennung.<br />
- 106 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 107 -
1985 gründete er den Dresdner Kammerchor, dessen künstlerischer<br />
Leiter er bis heute ist.<br />
Er arbeitet mit Dirigenten wie Semyon Bychkov, Roger Norrington,<br />
Christoph Eschenbach, Sir Simon Rattle und Christian<br />
ielemann zusammen. Bei Gastspielen dirigierte er weltbekannte<br />
Orchester und Chöre, u.a. die Sächsische Staatskapelle,<br />
das Freiburger Barockorchester, Concerto Köln und die Akademie<br />
für Alte Musik Berlin, das Rundfunksinfonieorchester Berlin,<br />
das Rotterdam Philharmonic Orchestra, den National Chamber<br />
Choir of Ireland, das Collegium Vocale Gent und die Bachakademie<br />
Stuttgart. Zahlreiche Konzertreisen führten ihn in die<br />
renommierten europäischen Musikzentren sowie in die USA,<br />
nach Israel, Südafrika, Indien, Sri Lanka, Argentinien, Uruguay<br />
und Japan. Hans-Christoph Rademann wurde mehrfach<br />
mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet<br />
und erhielt außerdem wiederholt den Grand Prix du Disque,<br />
den Diapason d'Or, den pizzicato Supersonic und den Choc de<br />
Classica.<br />
1994 wurde Hans-Christoph Rademann für seine Verdienste<br />
um das Dresdner Musikleben mit dem Förderpreis der Landeshauptstadt<br />
Dresden ausgezeichnet. 2008 wurde ihm die<br />
Sächsische Verfassungsmedaille verliehen. Von 1999 bis 2004<br />
leitete Rademann den Chor des Norddeutschen Rundfunks.<br />
Seit 2000 ist er Professor für Chorleitung an der Hochschule<br />
für Musik Carl Maria von Weber in Dresden. Seit 2007 ist<br />
er Chefdirigent des RIAS Kammerchores. 2008 initiierte er in<br />
Berlin das Dirigentenforum, das den internationalen Dirigentennachwuchs<br />
fördert. Darüber hinaus ist er Intendant<br />
des Musikfestes Erzgebirge, das im September 2010 seine Premiere<br />
feierte. Hans-Christoph Rademann ist Schirmherr des<br />
Christlichen Hospizdienstes Dresden e.V. und Mitglied des Stiftungsrates<br />
der Erzgebirgischen eater- und Orchesterstiftung.<br />
Im Sommer 2013 wird Hans-Christoph Rademann als Nachfolger<br />
Helmuth Rillings die Leitung der Internationalen Bachakademie<br />
Stuttgart übernehmen.<br />
- 108 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 109 -
Mittwoch, 12.09. | 19 Uhr<br />
Stiftskirche St. Georgen<br />
e Image of Melancholy<br />
Der Einfluss der Viersäftelehre auf die Musik<br />
der Renaissance und des Barocks<br />
Konzert mit den<br />
Singers<br />
in Residence<br />
Barokksolistene<br />
Bjarte Eike: Violine, Leitung<br />
Per Buhre: Violine, Viola<br />
Milos Valent: Violine, Viola<br />
Judith Maria Blomsterberg, Thomas Pitt: Cello<br />
Hans Knut Sveen: Cembalo, Orgel<br />
Fredrik Bock: eorbe, Gitarre<br />
Tuva Semmingsen: Mezzosopran<br />
supported by<br />
Singers in Residence<br />
Hanna Herfurtner: Sopran<br />
Ida Aldrian: Mezzosopran<br />
Jan Petryka: Tenor<br />
Ulfried Staber: Bass<br />
Einleitung<br />
Der griechische Arzt Hippokrates (460 – 370 v. Chr.) entwickelte<br />
eine eorie zu den vier Temperamenten. Er glaubte,<br />
dass die menschlichen Gemütsverfassungen, Verhaltensweisen<br />
und Emotionen durch Körpersäfte verursacht würden<br />
– Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle. Überwog einer<br />
dieser Säfte, so ergab sich daraus ihm zufolge ein bestimmter<br />
Charakter oder Persönlichkeitstyp. Dabei entsprach Blut<br />
dem Sanguiniker (impulsiv, reizbar, kreativ), Schleim dem<br />
Phlegmatiker (entspannt, ruhig, faul, abwartend), gelbe Galle<br />
dem Choleriker (ehrgeizig, aggressiv, leidenschaftlich) und<br />
schwarze Galle dem Melancholiker (introvertiert, nachdenklich,<br />
künstlerisch-kreativ, traurig, leidenschaftlich).<br />
Die alten Griechen dachten, dass sich bestimmte musikalische<br />
Modi oder Tonfolgen auf das Gleichgewicht der vier<br />
- 110 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 111 -
Körpersäfte auswirkten, und setzten deshalb Musik ein, um<br />
die verschiedenen Gemütsarten zu beeinussen bzw. zu heilen.<br />
Diese Auassung fand ebenfalls Eingang in die Musik<br />
der Renaissance und des Barocks – durch Rhetorik und Affekte<br />
ließen sich nicht nur die Stimmungen des Menschen<br />
beeinussen, sondern auch seine Gesundheit.<br />
Der Begri Melancholie geht zurück auf das griechische<br />
»Melankholia« (melas = schwarz + khole = Galle) und wurde<br />
schon früh mit Künstlern assoziiert. Ein trauriger und nachdenklicher<br />
Gemütszustand mit dem Vermögen, Trauer, Niedergeschlagenheit<br />
usw. auszudrücken oder zu verursachen,<br />
war seit jeher ein beliebtes Ausdrucksmittel für Dichter, Maler,<br />
Komponisten und Musiker.<br />
Im post-elisabethanischen England um 1600 stand die Melancholie<br />
bei Komponisten hoch im Kurs. Sie veröentlichten<br />
umfangreiche Musikbände mit melancholischen Titeln.<br />
John Dowland war geradezu ein Synonym für Melancholie.<br />
Sein Motto war: 'Semper Dowland, semper dolens' (Einmal<br />
Dowland, stets voller Schmerzen). Ähnliche Kult- oder Modebewegungen<br />
in Künstlerkreisen kamen in späteren Jahrhunderten<br />
auf.<br />
Wir wollen in diesem Programm die Emotionen im Spannungsfeld<br />
der Melancholie ausloten. Meiner Meinung nach<br />
ist Melancholie nicht nur mit Traurigkeit und Verzweiung<br />
verbunden – sie steht auch für Reexion, Meditation und<br />
Trost. In verschiedenen Traditionen der Volksmusik sind<br />
Brautlieder häug in Moll – oder in einer Kombination aus<br />
Dur und Moll – geschrieben. Auch Freude und Glück können<br />
mit Melancholie verbunden sein – Clowns sind hierfür<br />
das beste Beispiel. Gleichzeitig handelt es sich in vielerlei<br />
Hinsicht um die persönlichste aller Stimmungen: Auf der<br />
Bühne kann ein Schauspieler an der Oberäche bleiben oder<br />
nur »seine Rolle spielen« und dennoch komisch, impulsiv<br />
und glücklich wirken. Wenn er jedoch Melancholie darstellen<br />
will, muss er sich zwangsläug önen und seinen innersten<br />
Gefühlen Ausdruck verleihen.<br />
Dieses Projekt ist als Exkursion in unterschiedliche Musikstile,<br />
Nationalitäten und Genres gedacht – mit der Melancholie<br />
als gemeinsames ema. Von jeher waren es die<br />
»traurigen Lieder«, die mich persönlich am nachhaltigsten<br />
beeindruckten – sei es in der Klassik, in der Barockmusik,<br />
im Jazz, Rock oder in der zeitgenössischen Musik. Ich wollte<br />
schon seit langem ein Projekt wie dieses präsentieren und<br />
freue mich nun sehr, es hier bei der trigonale aus der Taufe<br />
heben zu können.<br />
Die Arbeiten zu diesem Programm sind zurzeit noch im<br />
Gang und deshalb steht noch nicht fest, welche Stücke wir<br />
spielen werden. Klar ist hingegen unser Ziel: ein meditativer,<br />
schöner, inniger und bewegender Abend – unser Verständnis<br />
von Melancholie.<br />
- 112 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 113 -<br />
Bjarte Eike <strong>2012</strong>
Die norwegische Sängerin Tuva Semmingsen<br />
erhielt ihre Ausbildung an der<br />
Norwegischen Staatlichen Musikakademie<br />
und an der Königlichen Opernakademie in<br />
Kopenhagen. Sie bestritt ihr Debüt 1999<br />
an der Königlichen Oper in Kopenhagen<br />
als Cherubino in der »Hochzeit des Figaro«. Als Ensemblemitglied<br />
der Königlichen Oper hatte sie unter anderem Auftritte<br />
in »Giulio Cesare«, in »Egitto« (Sesto), in »La Cenerentola«<br />
(Angelina), in »Il Barbiere di Siviglia« (Rosina), in »Il<br />
Ritorno d'Ulisse«, in Patria (Minerva und Melanto), als Nerone<br />
in »L'Incoronazione di Poppea« und als Rosmira in Händels<br />
»Partenope«. Außerhalb Dänemarks war sie in der Cenerentola<br />
in Glyndebourne und an der Königlichen Oper in Stockholm<br />
zu hören, im »Barbiere di Siviglia« in Nancy, Reims und Oslo,<br />
in »Giulio Cesar« in Oslo und Lille mit Le Concert d'Astrée<br />
unter Emanuelle Haïm und in »Orlando Furioso« mit dem<br />
Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi. Aktuelle Auftritte<br />
beinhalten den »Giulio Cesare« mit der Capela Krakowiensis<br />
unter Jan Tomasz Adamus und eine Rückkehr an das<br />
Stockholmer Schlosstheater Drottningholm in Joseph Haydns<br />
»Orlando Palatino«.<br />
Tuvas Stimme erklingt mit Bjarte Eike & Barokksolistene auf<br />
dem Soundtrack zu Lars von Triers Horrorlm »Antichrist«.<br />
Mit den Barokksolistene entstand auch ein kürzlich veröentlichtes<br />
Album mit Musik von Händel und dessen Zeitgenossen<br />
unter dem Titel »London Calling«. Weitere Aufnahmen<br />
umfassen Vivaldis »Sum in medio« und »Gloria e Imeneo«<br />
mit dem King's Consort, die Titelrolle in Vivaldis »Ottone«<br />
in Villa, weiters »Giulio Cesare« und »Partenope« auf DVD.<br />
Ida Aldrian wurde in Bruck an der<br />
Mur geboren. Mit fünf Jahren erhielt<br />
sie ihren ersten Unterricht in Blocköte,<br />
später auch in Klavier, Geige und Gesang.<br />
Von klein auf war sie fasziniert vom<br />
Singen und tat dies mit Begeisterung<br />
in verschiedensten Chören. Bei Sigrid Rennert erhielt sie<br />
schließlich ihren ersten Gesangsunterricht. Nach der Matura<br />
folgten das Gesangsstudium an der Universität für Musik<br />
und darstellende Kunst Wien zunächst bei Prof. Leopold Spitzer,<br />
nun bei Prof. Karlheinz Hanser und Abschlüsse der Diplomstudien<br />
Lied und Oratorium bei Prof. KS Marjana Lipovšek<br />
sowie Musikdramatische Darstellung bei Prof. Uwe eimer<br />
und Prof. Didier Orlowsky mit Auszeichnung.<br />
Meisterkurse bei Bernarda Fink, omas Hampson, Peter Kooji,<br />
KS Marjana Lipovšek, KS Wicus Slabbert u.a. gaben der jungen<br />
Künstlerin stets neue Impulse und Möglichkeiten, sich vor<br />
allem stilistisch weiterzuentwickeln.<br />
Ida ist Preisträgerin beim Wettbewerb Prima la musica (2004)<br />
und erhielt mehrmals den Förderungspreis der Universität<br />
für Musik und darstellende Kunst Wien. Des Weiteren ist sie<br />
Preisträgerin bei Musica Juventutis (2010). Im Jahr 2011 wurde<br />
ihr der Preis der Armin Weltner Stiftung zuerkannt.<br />
Ihre große Liebe gilt dem Musizieren mit Originalklangensembles,<br />
so kann sie trotz ihrer jungen Karriere bereits<br />
auf eine regelmäßige Zusammenarbeit mit Ensembles und<br />
Orchestern wie der Wiener Akademie, dem Haydn Quartett,<br />
barucco, dem L'Orfeo Barockorchester u.a. zurückblicken.<br />
Jüngste Engagements führten Ida in J. Haydns »Stabat Mater«<br />
unter der Leitung von Martin Haselböck zum Musikfestival<br />
- 114 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 115 -
ion 2009 und nach Lateinamerika. Darüber hinaus trat sie als<br />
Altsolistin bei den Bach-Tagen Bad Hersfeld auf.<br />
Im Januar 2011 sang sie Bach-Kantaten im Rahmen des<br />
Kammermusikzyklus der Musica Angelica in Los Angeles, im<br />
April 2011 debütierte sie unter Fabio Luisi mit den Wiener<br />
Symphonikern in Mendelssohns »Sommernachtstraum« im<br />
Wiener Musikverein.<br />
Neben ihrer Konzerttätigkeit fühlt sich Ida auch auf der<br />
Opernbühne zuhause. 2008 verkörperte sie in G. F. Händels<br />
»Alcina« die Rolle der Bradamante (Neue Studiobühne und<br />
Schlosstheater Schönbrunn in Wien). Bei den donauFEST-<br />
WOCHEN im Strudengau war sie als Aristea in A. Vivaldis<br />
»L'Olimpiade« zu hören und im Jänner 2010 stand sie als<br />
Dorabella in W. A. Mozarts »Cosi fan Tutte« im Schlosstheater<br />
Schönbrunn (Wien) unter der Leitung von Martin Haselböck<br />
auf der Bühne.<br />
Jan Petryka, geboren in Warschau als<br />
Sohn einer Musikerfamilie, bekam seinen<br />
ersten Cellounterricht mit 9 Jahren am<br />
Brucknerkonservatorium Linz. Nach seiner<br />
Matura am Linzer Musikgymnasium ging<br />
er an die Kunstuniversität Graz, wo er sein<br />
Violoncellostudium abschloss. Seinem ersten Gesangsunterricht<br />
bei Gertrud Schulz in Linz folgten Studien bei Rotraud<br />
Hansmann in Sologesang, bei KS Marjana Lipovšek in Lied<br />
und Oratorium sowie Musikdramatische Darstellung bei Didier<br />
von Orlowsky an der Universität für Musik und darstellende<br />
Kunst Wien. Der lyrische Tenor hat sich auf dem Gebiet<br />
sakraler Musik von franko-ämischer Vokalpolyphonie<br />
über Bachs Kantatenwerk, Oratorien und Messen der Wiener<br />
Klassiker bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen ein<br />
breit gefächertes Repertoire erarbeitet.<br />
Jan singt mit Klangkörpern wie: Arnold Schoenberg Chor,<br />
Bruckner Orchester Linz, Mozarteum Orchester Salzburg, RSO<br />
Wien, Symphonieorchester Vorarlberg, Wiener Akademie, Pandols<br />
Consort Wien und Ensemble Cinquecento.<br />
Als Tenor in der 2. Symphonie von A. Schnittke war er unter<br />
der Leitung von Dennis Russell Davies zu hören, unter<br />
Erwin Ortner sang er im Musikverein den Tenor im Soloquartett<br />
in Franz Schmidts »Buch mit sieben Siegeln«.<br />
Auf der Opernbühne sang Jan am Bregenzer Landestheater<br />
als Tamino-Cover in der »Zauberöte« (Ltg. Gérard Korsten),<br />
beim Festival Reinsberg den Damon in »Acis und Galatea«<br />
unter Martin Haselböck, bei den Wiener Festwochen den Bartholomew<br />
in H. Birtwistles »Last Supper« sowie den Jungen –<br />
die Hauptrolle in E. L. Leitners Oper »Die Sennenpuppe« –<br />
am Innsbrucker Landestheater. Am eater an der Wien verkörperte<br />
er den Tom Rakewell bei einer Produktion von Strawinskys<br />
»Rake's Progress« für Kinder. Er wirkte auch als Solist<br />
in der Kinderoper »Das Traumfresserchen« an der Wiener<br />
Staatsoper 2009/2010 mit.<br />
<strong>2012</strong> und 2013 bestreitet Jan u.a. eine Matthäus Passion-<br />
Tournee mit der Wiener Akademie unter Martin Haselböck,<br />
eine Konzertreise mit dem Bach Consort Wien zu den Händelfestspielen<br />
in Halle/Saale, Auftritte mit dem Ensemble Cinquecento<br />
in Österreich und Belgien, mehrere Liederabende<br />
mit F. Schuberts »Die schöne Müllerin« sowie ein Konzert mit<br />
polnischer Renaissancemusik mit dem Clemencic Consort im<br />
Wiener Musikverein.<br />
- 116 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 117 -
Ulfried Staber wurde in Fohnsdorf in<br />
der Steiermark geboren. In der örtlichen<br />
Musikschule erhielt er seine erste musikalische<br />
Ausbildung auf der Violine und<br />
am Klavier. 1995 begann er an der Universität<br />
für Musik und darstellende Kunst<br />
Graz das Lehramtsstudium für Musik. Im Rahmen dieses<br />
Studiums bekam er erstmals Gesangsunterricht bei Elisabeth<br />
Batrice und begann 1998 ein Gesangspädagogikstudium bei<br />
Martin Klietmann, das er im Juni 2005 mit ausgezeichnetem<br />
Erfolg abschloss. Während seines Studiums entdeckte er<br />
die Liebe zur Chormusik. Er war Mitglied der Domkantorei<br />
Graz, cantus, cappella nova und anderen Chören und Ensembles<br />
mit denen er in ganz Europa und Asien viele Konzerte bei<br />
verschiedensten Festivals bestreiten durfte.<br />
Seine solistische Konzerttätigkeit erstreckt sich auf ganz Österreich,<br />
Italien und Deutschland, wo er u.a. die Oratorien<br />
sowie zahlreiche Kantaten von Bach, »Die Schöpfung« von<br />
Haydn oder die »Marienvesper« von Monteverdi sang.<br />
Auftritte im Rahmen zahlreicher Festivals, u.a. styriarte, Carinthischer<br />
Sommer, trigonale, Feste musicale per S.Rocco/Venedig,<br />
la strada, Psalm 2003, Ecchi Lontani Cagliari.<br />
Er ist Mitglied des Renaissance-Vokalensembles Cinquecento,<br />
das sich mit der Vokalpolyphonie des 16. Jh. beschäftigt<br />
(zahlreiche preisgekrönte CD-Erscheinungen bei hyperion),<br />
sowie des Männerquartetts schnittpunktvokal, welches seinen<br />
Bogen vom Kärntnerlied über Auftragskompositionen bis hin<br />
zur Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Wolfgang Puschnig<br />
spannt (Pasticciopreis Jänner 2007, Hans Koller Preis 2007<br />
mit W. Puschnig). Er arbeitet immer wieder mit verschiedenen<br />
Ensembles wie Weserrenaissance (M. Cordes), dem Clemencic<br />
Consort, dem Huelgas Ensemble (P. van Nevel) oder dem Balthasar<br />
Neumann Chor (. Hengelbrock) zusammen.<br />
Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />
Barokksolistene, Seite 16<br />
Bjarte Eike, Seite 17<br />
Hanna Herfurtner, Seite 20<br />
- 118 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 119 -
Donnerstag, 13.09. | 19 Uhr<br />
Seminarkirche Tanzenberg<br />
Maria Maddalena – Azione sacra<br />
(Antonio Bertali, 1605 – 1669)<br />
Poesia di Antonio Draghi<br />
Hanna Morrison: Maddalena (Sopran)<br />
Franz Vitzthum: Maria (Altus)<br />
Andreas Post: Amor verso Dio, Primo Peccatore (Tenor)<br />
Markus Flaig: Pentimento, Secondo Peccatore<br />
(Bassbariton)<br />
Echo du Danube<br />
Friederike Otto: Zink<br />
Sebastian Kuhn: Zink<br />
Christoph Hamborg: Posaune<br />
Martin Jopp: Violine<br />
Elisabeth Wiesbauer: Violine<br />
Ghislaine Wauters: Viola da gamba<br />
Johanna Valencia: Viola da gamba<br />
Richard Carter: Viola da gamba<br />
Lutz Gillmann: Orgel<br />
Johannes Vogt: Laute<br />
Johanna Seitz: Harfe<br />
Elisabeth Seitz: Salterio<br />
Michele Claude: Perkussion<br />
Christian Zincke: Viola da gamba, Violone, Leitung<br />
Ann Allen: Regie<br />
- 120 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 121 -
Einleitung<br />
Bar seines strahlenden Schmuckes<br />
läuft der schöne Lenker des lichten Tages auf ewiger Bahn.<br />
Der Sonnengott weint,<br />
eingehüllt in grauses Entsetzen über einen,<br />
der hier zu Grabe liegt.<br />
Der Mond beschreitet heute nicht mehr<br />
mit seinem Silberfuß die Himmels Wege.<br />
Trüb, verschleiert, gestützt auf diese Urne,<br />
beweint er sein erloschenes Leben.<br />
Das ist Schwulst! Und genau so wird Literatur des Barock<br />
von der Literaturkritik durchaus abwertend bezeichnet, als<br />
Schwulststil.<br />
Die Aufgabe, für die erste (Wieder-)Auührung von Maria<br />
Maddalena eine deutsche Übersetzung der Lyrik von Antonio<br />
Draghi zu erstellen, war nicht leicht. In der wirren Fülle von<br />
Metaphern und Allegorien entpuppte sich eine wunderbare<br />
Poetik und eine Poetik des Wunderbaren. Langsam kristallisierten<br />
sich die anfangs leeren Worthülsen zu einer eindrücklichen<br />
mystischen Verzückung.<br />
Und dann die Verbindung zu Bertalis Musik, zu seiner emp-<br />
ndsamen Melodik und kühnen Harmonik! Keine Spur<br />
mehr von leerem Pathos und prunkhafter Aufgeblasenheit.<br />
Eine Welt der hemmungslosen mystischen Ekstase, die unmittelbar<br />
berühren und ergreifen kann.<br />
Bei dieser ersten Annäherung entstanden sofort Ideen, dieses<br />
Werk in einen aktuellen Kontext zu stellen. Nicht um zu verfremden<br />
oder zu kommentieren, sondern aus dem Bedürfnis<br />
seiner Aktualität gerecht zu werden.<br />
Antonio Bertali wurde im März 1605 in Verona geboren. In<br />
dem Domkapellmeister Stefano Bernardi hatte er einen ausgezeichneten<br />
Lehrer und Förderer. Dessen guten Beziehungen<br />
zu den Habsburgern eröneten dem jungen Bertali<br />
eine Karriere an der Wiener Hofkapelle, die ihn bis zur Position<br />
des Hofkapellmeisters (seit 1649) und schließlich zur<br />
Erhebung in den Adelsstand (1654) bringen sollten.<br />
In einer Kaiserlichen Resolution vom Juli des Jahres 1666<br />
heißt es, dass er 42 Jahre im Dienst des Hofes gestanden<br />
war, er muss also bereits 1624, im Alter von 19 Jahren, nach<br />
Wien gekommen sein. Die ersten Urkunden führen ihn als<br />
Instrumentalisten an 4. Stelle der Streicher an. Bis zu seinem<br />
Tode im Jahre 1669 hatte er drei musikbegeisterten Kaisern<br />
gedient – Ferdinand II., Ferdinand III. und Leopold I.<br />
Die Musikkultur des Kaiserhofes war von den ganz persönlichen<br />
Interessen der Regenten geprägt. Seit Ferdinand III.<br />
betätigten sich Kaiser gerne und durchaus gekonnt als Komponisten,<br />
Musik war also nicht nur eines unter vielen Mitteln<br />
der Repräsentation, sondern ein persönliches Anliegen. Somit<br />
waren die Herrscher selbst in der Lage, die Leistungen,<br />
der für den Hofdienst in Frage kommenden Musiker zu beurteilen,<br />
was dem Niveau der Hofkapelle zweifellos zugute<br />
kam.<br />
- 122 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 123 -
Mit der Regentschaft von Leopold I. (1658 – 1705) kam es<br />
dann zu regelmäßigen Auührungen Musik-dramatischer<br />
Werke, die in den Zwanzigerjahren begonnen hatten. Insgesamt<br />
waren es etwa 400 Werke, Opern, Oratorien, Sepolcri<br />
und Serenaten, die in diesem Zeitraum aufgeführt wurden.<br />
Auch die Kaiserinnen aus dem Hause Gonzaga, Eleonora I. –<br />
die Frau Ferdinand des II., und insbesondere Eleonora II., die<br />
mit Ferdinand dem III. verheiratet war, hatten an der Ausprägung<br />
des Kulturlebens einen nicht zu unterschätzenden<br />
Einuss. Die ohnehin dominierende kulturelle Ausrichtung<br />
nach Italien, die sich mit der Durchsetzung der Gegenreformation<br />
in Österreich verstärkt hatte, wurde weiter vertieft.<br />
Eleonora II. rief die Accademia degli Illustrati ins Leben, an<br />
der nach italienischem Vorbild über gegebene emen Reden<br />
gehalten, Gedichte rezitiert und neue Musikwerke aufgeführt<br />
wurden. Der venezianischen Botschafter Alvise Molin<br />
schreibt ihr die Einführung des Oratoriums in Wien zu.<br />
In Italien hatte sich bald aus dem Oratorium, einem »außer-<br />
liturgischen Gottesdienste« eine Vergnügungsmusik ent-<br />
wickelt, bei der die Grenzen zur Oper immer mehr verschwammen.<br />
Nicht so in Wien. Der Zweck der religiösen Erbauung war<br />
bis in 18. Jahrhundert im Vordergrund. So waren auch szenische<br />
Auührungen eher die Ausnahme. Die explizit szenische<br />
Form des Oratoriums in Wien war das Sepolcro – die<br />
Beweinung und Verehrung des im Grab liegenden Christus.<br />
Der Name leitet sich von dem Auührungshinweis »al<br />
Santissimo Sepolcro« ab, wurde aber eher selten verwendet.<br />
Geläuger waren die Bezeichnungen »azione sacra« und vor<br />
allem »azione rappresentativa«.<br />
Seine Blütezeit erlebte es während der Regierungszeit Leopold<br />
I., der auch selbst einige Werke zu dieser Gattung beisteuerte.<br />
Sein »il Transito di S. Giuseppe« kam seit 1680 über<br />
zwei Jahrzehnte fast jährlich zur Auührung. Auch für die<br />
Werke anderer lieferte er Einlagearien, wie zum Beispiel für<br />
Antonio Draghis »la Vita nella Morte«.<br />
Neben dem Oratorium waren es im Katholischen verwurzelte<br />
Traditionen, die zu der speziellen Ausprägung des Sepolcro<br />
führten. So kann man eine Verbindung zum mittelalterlichen<br />
Geistlichen Spiel, in Wien insbesondere dem Passionsspiel<br />
am Karfreitag in St. Stefan, sehen. Natürlich spielt auch die<br />
übliche Praktik, am Karfreitag eine Nachbildung des heiligen<br />
Grabes zu errichten, eine Rolle.<br />
Auührungen fanden ausschließlich am Gründonnerstag in<br />
der Privatkapelle der Eleonora II. und am Karfreitag, mit jeweils<br />
einem anderen Stück, in der Hofburgkapelle statt – in<br />
der Kapelle der Eleonora mit Aktion und auch mit Kostümen,<br />
aber ohne weiterer Szenerie, vor einer Nachbildung des heiligen<br />
Grabes, während man in der Hofburgkapelle zusätzlich<br />
einen gemalten Prospekt errichtete.<br />
Bertalis Sepolcro »Maria Maddalena« aus dem Jahre 1663 ist<br />
in jeder Hinsicht typisch für die Gattung. Neben Maria und<br />
Maria Magdalena agieren allegorische Figuren.<br />
- 124 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 125 -
Weitere Charakteristika sind die kürzere einteilige Form, der<br />
tableau-lehrhafte Aufbau – im Gegensatz zur darstellenden<br />
Handlung eines Oratoriums geht es um die Versenkung in<br />
den Schmerz, der zur Honung auf Auferstehung führt.<br />
Die meist homophone Schreibweise und die häug tiefe Instrumentierung<br />
mit Violen, dichte Chromatik – alles steht im<br />
Dienst des Aektes der Trauer, der Klage und des Schmerzes.<br />
Sepolcro »Maria Maddalena«<br />
Christian Zincke<br />
Es war aber allda Maria Magdalena und die andere Maria, die<br />
setzten sich gegen das Grab.<br />
Matthäus 27,61<br />
Maria Magdalena und Maria, Mutter Gottes, durchleben<br />
nach der Krisis der Karfreitagsereignisse eine lange Nacht vol-<br />
ler Schmerzen, Leid und Trauer. Sie haben Jesus Kreuzigung<br />
miterlebt, seinen Leichnam zur nahe gelegenen Grabesstätte<br />
(dem Sepulchrum) im Garten von Golgatha begleitet und<br />
wachen, warten und beten dort in qualvoller Entrückung.<br />
Tu mentre al Ciel salisti<br />
L’inferno al Cor m’appristi<br />
Während du zum Himmel aufgestiegen bist<br />
Hast du in meinem Herzen die Hölle aufgestoßen<br />
Oben stehendes Zitat stammt aus Antonio Bertalis Libretto<br />
für das Sepolcro »Maria Maddalena«, das zur Osterzeit unter<br />
der Leitung des musikalisch ausnehmend engagierten Kaisers<br />
Ferdinand II. in der Wiener Hofkapelle aufgeführt wurde. Das<br />
Sepolcro war ein sehr besonderes Genre einer Miniaturoper<br />
sakralen Inhalts, mit einem Aspekt der Ostergeschichte als<br />
Gegenstand. Es unterschied sich von seinem gewichtigeren<br />
großen Bruder, dem Oratorium, durch seine kürzere Dauer<br />
und das stärker eingeschränkte ema, jedoch auch durch<br />
seinen Operncharakter im Gebrauch von Kostümen, eines<br />
Bühnenbilds und einer gespielten Handlung, selbst wenn es<br />
ausschließlich als Teil eines Gottesdienstes aufgeführt wurde.<br />
Gemäß den Regieanweisungen aus erhaltenen Quellen önete<br />
sich zu Auührungsbeginn ein Vorhang, der das Grabmal<br />
freigab, während im Verlauf des Sepolcro die Mitglieder<br />
des Ensembles Handlungen zu vollziehen hatten, die den<br />
Umständen des Stücks entsprachen (u.a. trauern, ein Kreuz<br />
tragen, einen Schleier heben, niederknien oder Blumen bringen).<br />
Im Wissen um die einstige Auührungspraxis habe ich für<br />
die heutige Darbietung meiner Imagination erlaubt, sich auf<br />
diesen Augenblick der Menschheitsgeschichte zu fokussieren,<br />
um zu sehen, wie ich aus der Inspiration durch die Musik,<br />
die ursprüngliche Praxis und die Erzählung selbst eine<br />
atmosphärische und aussagekräftige Inszenierung erzeugen<br />
kann, die Herz und Seele eines heutigen Publikums berührt.<br />
Ann Allen (Übersetzung Gregor Chudoba)<br />
- 126 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 127 -
Texte<br />
Sinfonia<br />
Pentimento<br />
Non più di raggi adorno scorre<br />
l'eterne strade il bel Retor del giorno<br />
mà in un horrore involto piange il sole divin<br />
ch'è qui sepolto piange il sole divin che è qui sepolto.<br />
Amor verso dio<br />
Con piè d'argento oggi le vie del Cielo<br />
non più calca la luna<br />
mà sol di fosco velo sù quest'urna sacrata<br />
lagrima la sua vita hor tramontata.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
Vieni oh morte, e dove sei?<br />
Tu le porte apri à l'alma et à gl'omei.<br />
Pentimento<br />
In terra per mè piu morte non v'è ...<br />
Amor verso dio<br />
Per far immortale mia doglia letale<br />
al Cielo Sali non è più qui.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
Pur troppo (abi trista sorte)<br />
in Paradiso osò dèntrar la Morte.<br />
Symphonie<br />
Pentimento<br />
Bar seines strahlenden Schmuckes läuft der schöne Lenker<br />
des lichten Tages auf ewiger Bahn.<br />
Der Sonnengott weint, eingehüllt in grauses Entsetzen<br />
über einen, der hier zu Grabe liegt.<br />
Amor verso dio<br />
Der Mond beschreitet heute nicht mehr<br />
mit seinem Silberfuß die Himmels Wege.<br />
Trüb, verschleiert, gestützt auf diese Urne,<br />
beweint er sein erloschenes Leben.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
Wo bist Du, Tod? Komm doch, Tod! Wo bist du?<br />
Öne den verwandten Seelen diese Pforten!<br />
Pentimento<br />
Auf Erden ist fürderhin kein Tod für mich.<br />
Amor verso dio<br />
Um meinen tödlichen Schmerz zu verewigen,<br />
fuhr er zum Himmel auf, weilt nicht mehr hier.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
O Weh! Trauriges Schicksal!<br />
Den Tritt ins Paradies wagte der Tod.<br />
- 128 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 129 -
Amor verso dio<br />
Amico e qual conforto appresti à miei lamenti.<br />
Pentimento<br />
Se'l mio Signor è morto<br />
non hò in me, che tormenti.<br />
Amor verso dio<br />
Sospirando s'accresche il Martire.<br />
Pentimento<br />
Lagrimando l'annnegli il dolore.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
Nel ebile humore ne i nostri sospiri sbilla<br />
il cor l'alma spiri spilla il cor.<br />
Sonata<br />
Pentimento<br />
D'occhi privi oh Dio<br />
si si restin pur gl'orbi rotanti se<br />
del Ciel racchiude i vanti<br />
una pietra in questo di ...<br />
Amor verso dio<br />
... restin pur gli Astri, e le sfere sregolate<br />
ogn'hor confuse già<br />
per me sono deluse le speranze del godere.<br />
Amor verso dio<br />
Freund welchen Trost hast du für meine Klagen?<br />
Pentimento<br />
Da mein Herr tot ist,<br />
trage ich nichts als Qualen in mir.<br />
Amor verso dio<br />
Seufzend wächst die Pein.<br />
Pentimento<br />
Weinen mag den Schmerz ersticken.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
In Fluten der Zähren verströme sich das Herz!<br />
Mit unseren Seufzern hauche die Seele ihr Leben aus!<br />
Sonate<br />
Pentimento<br />
Des Augenlichts beraubt, blind nur,<br />
dreht sich der Erdkreis weiter –<br />
O Gott! Wenn an diesem Tag ein Grab<br />
von Stein des Himmels Glorie verbirgt und einschließt, so …<br />
Amor verso dio<br />
… mögen Sterne und Welten-Sphären<br />
in ewiger Verwirrung verharren!<br />
Jegliche Honung auf irdischen Genuß ist ja enttäuscht.<br />
- 130 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 131 -
Pentimento<br />
freddo marmo al mio cordoglio amollisci tua durezza<br />
le tue viscere di scogli al mio pianto ò prega,<br />
ò spezza al mio pianto o piega ò spezza.<br />
Amor verso dio<br />
Lagrime amare scendete irrigate<br />
non siete avare di vostre stille<br />
e à mille à mille scorrete te grondate grondate da gl'ochi<br />
dolenti in vivi torrenti.<br />
Rendimi il mio Giesu. Sasso immortale rendimi<br />
il mio Giesu sasso immortale ch'in si ero martoro<br />
la tua pietade la tua pietade imploro.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
La terra s'inondi<br />
Il mondo s'aondi da l'acque il suolo s'ingobre il Cielo<br />
S'oscurino i Cieli<br />
e l'aria si veli da l'ombre il Cielo s'ingombre.<br />
Amor verso dio<br />
Andiam Compagno altrove<br />
per far più grave il nostro aanno<br />
in tanto che leggiero è quel duol,<br />
che sfoga in pianto.<br />
Pentimento<br />
Signore ohimé senza te che faró? Moriró.<br />
Pentimento<br />
Kalter, harter Marmor, weiche meinem Gram!<br />
Biege dich, du felsiger Schoß oder brich entzwei,<br />
vor meinem Weinen!<br />
Amor verso dio<br />
Bittere Tränen, stürzt herab! Ihr Wasserbäche,<br />
geizt nicht mit eueren Tropfen!<br />
Tausendfach rinnet aus meinen schmerzenden Augen<br />
in lebendigen Strömen!<br />
Gib mir meinen Jesum wieder, ewiger Fels!<br />
In wilder Pein erehe ich deine Barmherzigkeit.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
Versinke in Fluten, o Erde!<br />
Ertrinke im Wasser, o Welt!<br />
Himmel, vernstre dich,<br />
verhülle, verschatte Dich, Luft!<br />
Amor verso dio<br />
Andere Wege lass uns suchen, mein Gefährte,<br />
unseren Schmerz zu vertiefen,<br />
da doch der Schmerz sanfter wird,<br />
wenn er im Weinen zergeht.<br />
Pentimento<br />
Herr, ach ohne dich, was soll ich tun? Sterben will ich.<br />
- 132 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 133 -
Amor verso dio & Pentimento<br />
si si moriamo e se il morir c'è tolto con disusate tempre<br />
gema il cor pianga il Ciglio,<br />
e l'Alma sempre con disusate tempre gema il cor.<br />
Sonata<br />
Maria<br />
Questa, Maria, questa questa e la sponda funesta<br />
questo è l' Anello del mio Filgio, e Signore<br />
glio del glio ascolta il mio dolore<br />
Tu nel trovar il solo solinga hor qui mi lasci priva<br />
di tramontana in Mar di duolo Tu mentre<br />
al Ciel salisti l'inferno<br />
al Cor m'appristi in tanto aanno<br />
oh Dio chi mi dà il glio mio priva d'humanita<br />
a ita nel tuo morir<br />
ohimè muor la mia vita.<br />
Ahi sospiri ahi sospiri uscite pur uscite pur uscite<br />
mà non partite nò nò non partite<br />
che mentre i miei martiri uscendo allegerite piu tardi morirò.<br />
Sonata<br />
Maddalena<br />
Oh Madre sconsolata o Maria sventurata<br />
datemi il mio Signore o notte o giorno<br />
chi di voi me lo invola? Chi mi lo rende oimè<br />
chi mi consola? Voi Celesti Potente.<br />
Amor verso dio & Pentimento<br />
So wollen wir sterben.<br />
Und ist dies verwehrt, so ächzen und<br />
weinen maßlos Augen und Herz.<br />
Sonate<br />
Maria<br />
Maria, dies ist das unselige Geld,<br />
dies ist der Ring, das Siegel meines Sohnes, meines Herrn.<br />
Sohn aller Söhne, Einziger, gib acht auf meine Schmerzen.<br />
Du Unvergleicher im Finden, lässest mich nun allein,<br />
ohne Kraft, in einem Meer von Schmerzen.<br />
Da du zum Himmel auuhrest<br />
önete sich das Inferno des Leidens meinem Herzen.<br />
Ach Gott, wer gibt mir meinen Sohn zurück?<br />
In deinem Sterben stirbt mein Leben,<br />
bar jeden menschlichen Beistands.<br />
Ach, ihr Seufzer, gehet aus!<br />
Doch, nein, verlasst mich nicht!<br />
Denn ihr erleichtert meine Martern, ehe ich sterbe.<br />
Sonate<br />
Maddalena<br />
O trostlos betrübte Mutter! Ach unglückliche Maria! O Tag!<br />
O Nacht! Ach, gebt mir meinen Herrn!<br />
Wer hat ihn entwendet, wer gibt ihn mir wieder?<br />
Ach, wer tröstet mich? Ihr hohen Mächte!<br />
- 134 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 135 -
se pur merta pietà<br />
chi seco più non l'hà Voi pietose<br />
al mio duolo concedetemi solo<br />
o che venga il mio nume à questo seno,<br />
o che di doglia al n qui venga meno.<br />
Ahi sospiri trattener non vi sò, mà pur uscite<br />
si e in queasto di il Cor turbato<br />
spiri anch'esso frà voi l'ultimo ato.<br />
Maria<br />
Mio celato tesoro per cui vivendo io moro<br />
pupilla del Cor mio povera,<br />
e cieca senza te son io.<br />
Maddalena<br />
Mà qual inigua sorte tiene quest'Alma in vita<br />
trà continui tormenti in rio Martiro?<br />
Se pur non è la Morte altro ch'è sol sospiro!<br />
Maria<br />
No che morir non deggio ... mà se già morta sono ...<br />
mà se le l'Alma è partita come qui resto in vita<br />
cadavere già fatto è questo corpo esangue<br />
e freddo corre entro le vene il sangue.<br />
Wenn nur der Erbarmen verdient,<br />
wer von allem Erbarmen verlassen ist, so neiget euch<br />
zu meinem Schmerz und gewährt mir einzig,<br />
dass mein Gott entweder an diesen Busen komme,<br />
oder dass ich vor Schmerzen hier den Geist aufgebe!<br />
Ach Seufzer! Ich kann Euch nicht zurückhalten, entfahret nur!<br />
Und mit euch soll an diesem Tage<br />
auch dies verwirrte Herz den letzten Atemzug tun.<br />
Maria<br />
Mein geheimer Schatz, durch den ich lebendig sterbe,<br />
du armer Augenstern meines Herzens!<br />
Ohne Dich bin ich NICHTS, gar nichts.<br />
Maddalena<br />
Doch, welch niederträchtiges Schicksal hält diese Seele im Leben,<br />
inmitten ständiger Qualen, grausamer Marter?<br />
Wenn doch der Tod nichts anderes mehr ist, als nur ein Seufzer?<br />
Maria<br />
Nein, sterben darf ich nicht.<br />
Doch wenn die Seele entohen ist, wie soll ich hier leben?<br />
Ein Kadaver ist dieser blutleere Körper schon geworden.<br />
Kalt ießt in den Adern das Blut.<br />
- 136 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 137 -
Maddalena<br />
Nò che morir non deggio mà se già morta sono<br />
come qui resto in vita; mà se in te vivo o Dio hor,<br />
che da me sei tolto almen<br />
nel tuo viva il mio Cor sepolto.<br />
Maria & Maddalena<br />
Nel mondo nel Cielo non resti pupilla,<br />
ch'in humida sbilla<br />
non scenda dal Ciglio non resti pupilla.<br />
Maddalena<br />
Chi mi da mio Maestro, ...<br />
Maria<br />
... chi mi rende il mio glio?<br />
Tu che suggesti il sangue?<br />
Ch'io già per allatarti al sen mi tratti, deh per pietà ritorna<br />
vieni, e rasciugua omai con tue lucide bende<br />
quel sangue che da gl'occhi hora mi scende<br />
mà non v'è chi m'ascolti?<br />
Chi il mio gli m'invola<br />
chi mi lo rende ohimè chi mi consola.<br />
Sonata<br />
Peccatore 1mo<br />
Versate pur versate in liquidi torrenti occhi miei lagrimosi i<br />
nostri guai da la bocca esalate rapidi miei sospiri<br />
e con lievi respiri ristorate per poco i miei scontenti.<br />
Maddalena<br />
Nein, sterben darf ich nicht. Doch wenn die Seele entohen ist,<br />
wie kann ich hier leben? Wenn ich nun in dir lebe, O Gott,<br />
jetzt da du mir genommen bist, dann lebe mein Herz,<br />
begraben in dem Deinen.<br />
Maria & Maddalena<br />
Auf Erden, im Himmel verbleibe kein Auge unausgeweint,<br />
und keine Wimper sei,<br />
von der nicht nass die schweren Tränentropfen fallen.<br />
Maddalena<br />
wer gibt mir meinen Meister, …<br />
Maria<br />
… wer meinen Sohn mir wieder?<br />
Blut saugtest du aus meiner Brust, als ich dich nährte.<br />
Ach um der Barmherzigkeit willen, komm zurück!<br />
Komm und trockne mit deinen leuchtenden Blicken<br />
jenes Blut, das jetzt aus meinen Augen niederstürzt!<br />
Ist da denn niemand, der mich hörte?<br />
Wer stiehlt mir meinen Sohn?<br />
Wer gibt ihn mir zurück? Ach, wer tröstet mich?<br />
Sonate<br />
Peccator 1mo<br />
Zerießet, ihr weinenden Augen in Fluten der Zähren,<br />
über unserem Unheil. Entringt euch dem Munde, ihr Seufzer,<br />
und erquicket mit sanftem Atem ein wenig mein Unglück.<br />
- 138 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 139 -
Dal Vostro mormorio cessate in tanto<br />
o fonti che scendendo da monti m'intonate<br />
à l'orecchio oeso Dio ahi che scuotendo<br />
i Venti de gli arbori<br />
le frondi dicono in accenti<br />
Perdo Perdo,<br />
Dio ti chiama e non rispondi? Non rispondi?<br />
À la morte d'un Dio per cui spezzanti<br />
i marmi sarà intiero il cor mio?<br />
Troppo grave è il mio peccato<br />
il mio peccato qui fermar<br />
io voglio i passi se fui molle,<br />
e delicato unó spirar soura de'sassi spirar soura de'sassi.<br />
Hora si che ben m'avegg'io ch'immortal<br />
è il languir mio ed'eterno è<br />
il dolor mio s'una Vita dogliosa è il mio morire.<br />
Folle come credei<br />
trà caduche bellezze<br />
lontan da la Morte i pensier miei?<br />
E pur non è beltade altro<br />
che un ore che se in nobil recinto<br />
pomposo un di si mostra nascé col giorno<br />
et è col giorno estinto.<br />
Peccatori<br />
Non cosi ratto si strugge il candor di bianca<br />
neve come il ben da noi se'n fugge al girar di tepo lieve.<br />
Sonatina<br />
Lasst ab von eurem Murmeln,ihr Quellen.<br />
Euer brausender Sturz vom Berge herab<br />
tönt mir im Ohr wie des beleidigten Gottes Stimme,<br />
der im Winde die Bäume schüttelt,<br />
das Laub in stummen Akzenten reden macht:<br />
»Treuloser, Heimtückischer!«<br />
Gott ruft dich und du antwortest nicht?<br />
Bei Gottes Tod spalten sich die Felsen.<br />
Und mein Herz sollte nicht brechen?<br />
Zu schwer ist meiner Sünden Schuld.<br />
Hier will ich die Schritte verhalten,<br />
will ganz weich und zart werden,<br />
um hinzusterben über diesen Felsen.<br />
Nun merk' ich wohl, dass mein Schmachten unendlich ist<br />
und ewig meine Qual, da mein Sterben<br />
sich schmerzlich nur dem Leben entringt.<br />
Du Narr! Wie konntest du glauben,<br />
durch vergängliche Schönheit<br />
die Gedanken des Tod zu bannen?<br />
Ist Schönheit ja nichts anderes<br />
als die Blume im edlen Hag,<br />
die voller Pracht sich zeigt an einem Tag,<br />
und am anderen schon verlöscht.<br />
Peccatori<br />
Schneller als die Reinheit des Schnees vergeht, ieht das Gute<br />
von uns im unbemerkten Dreh'n der Zeit, im Nu.<br />
Sonatine<br />
- 140 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 141 -
Peccatore 2do<br />
Scelerato se vissi ingoiami pur terra<br />
con dispietata guerra mi tormentin<br />
gl'Abbissi nascondetemi o rupi<br />
lá ne'centri più cupi<br />
forsenate mie brame<br />
à la giusta vendetta<br />
in van mi celo se fui prodigo<br />
e indegno a le miserie<br />
hor mi condanna il Cielo.<br />
Peccatori<br />
Ben comprendo<br />
Hora intendo che quel ch'il Mondo dà tutto<br />
é fumo tutt'è un ombra, e vanità.<br />
Maddalena<br />
Se peccaste infelici piangete i nostri falli,<br />
ch'una goccia di pianto<br />
che pentita sgorgo da mesto lume<br />
suole portar d'eterno bene un ume.<br />
Maria<br />
Nel bagno ne l'onda che scorre, che gronda da gli occhi<br />
dolenti si lavi ogni errore<br />
si mondi del core le piaghe fetenti.<br />
Peccatori<br />
Al lume giocondo de l'Alba<br />
nascente al sol moribondo.<br />
Peccator 2do<br />
Oh, ich Frevler, ich Missetäter! Und ich lebe noch?<br />
Verschlingt, bekämpft mich nicht ohn' Erbarmen die Erde,<br />
foltern mich nicht die Abgründe?<br />
Verbergt mich, ihr Felsen, in innerster, tiefster Finsternis!<br />
Dorthin, ins Herz des Dunkels<br />
zieht mich mein verrücktes Verlangen.<br />
Umsonst verstecke ich mich vor der gerechten Rache.<br />
Mich, den unwürdigen, verlorenen Sohn,<br />
verdammt nun der Himmel zur Pein.<br />
Peccatori<br />
Gut, verstehe ich / Nun begreife ich:<br />
die Gaben der Welt<br />
sind Rauch, Schatten und Wahn.<br />
Maddalena<br />
Unglückliche Sünder, weinet über unsere Fehltritte!<br />
Denn schon der Tropfen einer einzigen Träne,<br />
quellend voll Reue aus trauerndem Auge,<br />
kann uns einen Strom ewigen Gutes zuießen lassen.<br />
Maria<br />
Im Bad, in der Welle, die aus trauernden Augen gleitet,<br />
wäscht jeder Fehler sich rein.<br />
Im Herzen reinigen sich die abscheulichsten Wunden.<br />
Peccatori<br />
Beim heiteren Licht der aufsteigenden Morgendämmerung<br />
Für den einsam Sterbenden.<br />
- 142 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 143 -
se'l Ciel mirerò aitto, e gemente ogn'hor piangerò<br />
À l'emenda à l'emenda si si ne disperiam nò nò<br />
che se proprio è di noi peccar sovente.<br />
Iddio perdona ogn'hor perdona ogn'hor<br />
à chi si pense à chi si pense si pense.<br />
Maddalena<br />
Farfalletta semplicetta,<br />
che volasci di due lumi à i bei splendori d'eternare<br />
se pensate la tua Vita<br />
in sozziardori t'inganasti.<br />
Maria & Maddalena<br />
Cosi qui si pesca cosi si nascode<br />
col' homo ne l'onde la morte ne lesca.<br />
Sonata<br />
Peccatori<br />
Speranze gradite se per mio conforto<br />
dal Cielo venite nel Cor già ui porto<br />
ben care apparite speranze gradite.<br />
Sonatina<br />
Maria & Maddalena<br />
Troppo folle e chi segue un van piacere<br />
se travia dal buon<br />
sertiere troppo in sù pazzo l'estolle.<br />
Im Anblick des Himmels<br />
werde ich stets betrübt und seufzend weinen.<br />
Die Versöhnung ist da, es weicht die Verzweiung.<br />
Immer wieder vergibt Gott<br />
dem reuigen Sünder.<br />
Maddalena<br />
Kleiner, naiver Schmetterling,<br />
Du ogst auf den Glanz zweier blendender Augensterne.<br />
Dachtest Du dein Leben zu verewigen,<br />
indem Du es beeckst, so täuschtest Du Dich.<br />
Maria & Maddalena<br />
Der Fischer versteckt in den Wellen die Angel,<br />
den Köder, den Tod.<br />
Sonate<br />
Peccatori<br />
Erwünschte Honung, wenn Du zu meinem Trost<br />
vom Himmel kommst, so trage ich dich schon im Herzen.<br />
Erscheine, Du teure, ersehnte Honung, komm!<br />
Sonatine<br />
Maria & Maddalena<br />
Verrückt ist, wer eitlem Vergnügen folgt.<br />
Er kommt vom rechten Wege ab<br />
und rühmt sich wie ein Narr.<br />
- 144 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 145 -
Peccatori<br />
E troppo fragille vostra beltà troppo èmutabile<br />
la vostra eta troppo troppo emutabile la vostra età.<br />
Maddalena<br />
Se nutri di speranza<br />
tuoi desir vani, e infermi sappio ò Mortal,<br />
ch al n solo s'avanza penitenza Terror, sepolcro,<br />
e vermi sepolcro e vermi.<br />
Maria, Maddalena, Peccatori<br />
Sappi o mortal,<br />
che solo s'avanza peniteza terror, sepolcro,<br />
e vermi sepolcro, e vermi.<br />
Peccatori<br />
Zerbrechlich ist unsere Schönheit,<br />
gebrechlich unser Alter.<br />
Maddalena<br />
Nährst Du nur Honungen,<br />
sind deine Wünsche eitel und krank, so wisse Du Sterblicher:<br />
Am Ende bleiben nur Reue, Angst und Schrecken,<br />
Grab und Würmer.<br />
Maria, Maddalena, Peccatori<br />
Wisse dies, o Sterblicher!<br />
Am Ende bleiben nur Reue, Angst und Schrecken,<br />
Grab und Würmer.<br />
- 146 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 147 -
Echo du Danube<br />
Der Name gefällt mir immer noch, auch wenn sich manche<br />
mit der Aussprache schwer tun. Der Begri Echo hat Poesie,<br />
er ist musikalisch, klingend. Ohne Zweifel gibt es Echos,<br />
doch haben sie etwas Immaterielles, als pendelten sie zwischen<br />
zwei Welten. Und die Donau, an der ich aufgewachsen<br />
bin, liebe ich ja sowieso.<br />
Es gefällt mir, Freunde einzuladen, mit ihnen Projekte zu<br />
verfolgen, Pläne zu schmieden über Musik zu diskutieren,<br />
Auührungskonzepte zu entwickeln und am allermeisten<br />
gemeinsam Musik zu machen.<br />
Inzwischen waren wir auf Festivals, in recht fernen Ländern,<br />
haben musikalische Schätze ans Tageslicht gebracht, haben<br />
einfach viel Schönes gemeinsam erlebt. Ich hoe es geht so<br />
weiter.<br />
Seit seiner Gründung im Jahr 1999 begeistert Echo du Danube<br />
das Publikum bei Festivals und Konzerten im In- und Ausland.<br />
So gastierte es bei renommierten Festivals, wie dem Resonanzen-Festival<br />
Wien, den Feste Musicali Köln, dem Carinthischen<br />
Sommer, Österreich, dem Krakau-Festival, Polen und<br />
dem Shakespeare-Festival, Neuss, dem MDR Musiksommer und<br />
gab umjubelte Konzerte in ganz Europa, Marokko, im Liba-<br />
non und Südkorea. Zahlreiche CD- und Rundfunkaufnahmen<br />
(Accent, Naxos, Hessischer Rundfunk, Bayerischer Rund-<br />
funk, Deutschlandfunk) dokumentieren den außergewöhnlichen<br />
Klang und die umfassende Vitalität des Ensembles.<br />
Programme von Echo du Danube sind oft Wiederentdeckungen,<br />
die intensive Recherchen und Bibliotheksarbeit voraussetzen.<br />
Diese oft spannende und langwierige Arbeit sieht<br />
die Gruppe als wichtigen Aspekt des Musikerdaseins und als<br />
Quelle neuer Inspiration.<br />
Ann Allen wurde in England geboren.<br />
Sie studierte Musikwissenschaft an der Universität<br />
von Manchester und Barockoboe und<br />
Blocköte in London an der Royal Academy<br />
of Music, bevor sie nach Basel an die Schola<br />
Cantorum Basiliensis kam. Hier spezialisierte<br />
sie sich auf Musik des Mittelalters und das Spiel der Schalmei.<br />
Mit ihrem Ensemble Mediva, das sich der Musik des<br />
Mittelalters widmet, behauptete sie sich als Finalistin beim<br />
EMN Young Artists Competition (England) und der Antwerp<br />
Young Artists Presentation (Belgien). Sie arbeitet als Barockoboistin<br />
und als Spielerin früher Holzblasinstrumente mit unterschiedlichen<br />
Ensembles und Orchestern in ganz Europa.<br />
2003 rief Ann Allen das Nox Illuminata Festival ins Leben,<br />
in der Musik mit Licht, Dekorationen, Visuals und eater<br />
lebendig gemacht wird. Das Festival ndet jährlich in Basel<br />
statt und wurde vom Festspielhaus St. Pölten (Österreich) in<br />
sein Programm aufgenommen. Darüberhinaus inszeniert Ann<br />
Allen die Konzertreihe »ILLUMINATIONEN« im Burghof<br />
Lörrach (Deutschland).<br />
- 148 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 149 -
Hannah Morrison<br />
Die aus einer schottisch-isländischen<br />
Familie stammende junge Sopranistin<br />
Hannah Morrison wuchs in Holland auf,<br />
wo sie am Maastrichter Konservatorium<br />
von 1998 bis 2003 Gesang und Klavier<br />
studierte. Nach dem Diplom wechselte sie an die Hochschule<br />
für Musik Köln, Abteilung Wuppertal, und schloss ihre Ausbildung<br />
bei Frau Prof. Barbara Schlick Anfang 2009 mit dem<br />
Konzertexamen ab. Gleichzeitig machte sie den »Masters in<br />
Music in Performance« in der Londoner Guildhall School of<br />
Music and Drama bei Prof. Rudolf Piernay. Diverse Meisterkurse<br />
bei berühmten Künstlern wie Matthias Goerne, Christoph<br />
Eschenbach, Roger Vignoles, Sir omas Allen und Dame<br />
Kiri Te Kanawa rundeten ihre Ausbildung ab.<br />
Erste Bühnenerfahrung sammelte Hannah als Carolina in Cimarosas<br />
»Il matrimonio segreto« am Stadttheater Aachen.<br />
Hannah Morrisons besondere Leidenschaft gilt dem Konzert<br />
und dem Lied. Hier war sie schon viel solistisch im In- und<br />
Ausland tätig: Im Oratorienbereich u.a. mit J.S.Bachs «Weihnachtsoratorium«,<br />
der »Matthäuspassion«, G.F. Händels<br />
»Jephta«, Haydns »Schöpfung« und »Sieben letzten Worte«.<br />
Sie gastiert regelmäßig mit den Ensembles Les Arts Florissants<br />
unter Paul Agnew und William Christie, Holland Baroque<br />
Society, L'arte del mondo unter Werner Erhardt, Echo du<br />
Danube und L'Arpeggiata unter Christina Pluhar. Seit 2009<br />
bildet sie ein Duo mit der aus Südafrika stammenden Pianis-<br />
tin Lara Jones. Im Liedbereich feierte Hannah schon Erfolge<br />
in England (Oxford Festival, London, King's Place, Wigmore<br />
Hall u.a.) mit den Pianisten Eugene Asti und Graham Johnson.<br />
Franz Vitzthum, geboren in der Oberpfalz,<br />
erhielt seine erste musikalische Ausbildung<br />
bei den Regensburger Domspatzen.<br />
Sein Gesangsstudium absolvierte er 2007 bei<br />
Kai Wessel an der Musikhochschule Köln. Schon<br />
während seiner Ausbildung erhielt er zahl-<br />
reiche Preise und Stipendien.<br />
Die Presse lobt Franz Vitzthums Stimme als intonationssicheren,<br />
linear geführten Countertenor, der mühelos in die<br />
Mezzolage reicht und durch außergewöhnliche Klangschön-<br />
heit überzeugt. Mittlerweile folgten Einladungen zu Solo-<br />
Abenden beim Rheingau Musik Festival, den Händel-Festspielen<br />
in Halle, Karlsruhe und Göttingen, zu La Folle Journée<br />
in Nantes und dem Bach Festival Philadelpia. Er arbeitete u.a.<br />
mit den Dirigenten Nicolas McGegan, Andrew Parrott,<br />
Hermann Max, Peter Neumann und Christoph Poppen zusammen.<br />
Desweiteren hat er bei diversen Opern- und Oratorienproduktionen<br />
mitgewirkt, u.a. bei Scherz, Satire, Ironie<br />
und tiefere Bedeutung (Glanert), Jephta und Solomon (Händel),<br />
Orfeo (Gluck) und Orlando generoso (Steani) und zuletzt in<br />
Spartaco (Porsile) an der Winteroper in Schwetzingen.<br />
Franz Vitzthum ist auch vielgefragter Kammermusikpartner.<br />
So konzertiert er regelmäßig mit dem Lautenisten Julian<br />
Behr, dem Basler Ensemble Capricornus und singt mit dem<br />
von ihm gegründeten Vokalensemble Stimmwerck. Diese vielseitige<br />
Tätigkeit spiegelt sich in seiner Diskographie wider:<br />
Nach seiner Debüt-CD Ich will in Friede fahren mit dem Gambenconsort<br />
Les Escapades hat Vitzthum kürzlich unter dem<br />
Titel Himmels-Lieder eine weitere Solo-CD mit geistlichen<br />
Barockliedern für das Label Christophorus aufgenommen.<br />
- 150 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 151 -
Der Tenor Andreas Post wird besonders<br />
für seine stimmschönen und eindringlichen<br />
Interpretationen der großen<br />
Evangelistenpartien von Johann Sebastian<br />
Bach geschätzt.<br />
Seine Konzerttätigkeit führt ihn auch regelmäßig<br />
ins Ausland, wobei vor allem Frankreich, Italien,<br />
Skandinavien, Luxemburg und die Niederlande sowie Israel,<br />
Mazedonien, Südafrika, die Ukraine und Singapur zu<br />
nennen sind. Er arbeitet mit Dirigenten wie Hermann Max,<br />
Helmuth Rilling, Philippe Herreweghe, Ludger Rémy, Jos van<br />
Veldhoven, Jan Willem de Vriend oder Michael Hofstetter und<br />
mit Ensembles wie Concerto con Anima, Le Chardon, Les Amis<br />
de Philippe, Combattimento Consort Amsterdam, Hannoversche<br />
Hofkapelle, Musica Alta Ripa, Collegium Vocale Gent, Monteverdichor<br />
Hamburg und der Nederlandse Bachvereniging.<br />
Andreas Post ist gern gesehener Gast der Telemannfesttage<br />
Magdeburg, Musikfestspiele Dresden, Tage Alter Musik Regensburg,<br />
Händelfestspiele Halle, Ludwigsburger Schloßfestspiele und<br />
Mozartfest Augsburg.<br />
Auf der Opernbühne gestaltete er den Astromonte in der<br />
wiederentdeckten Oper »Der Stein der Weisen« an der unter<br />
anderem auch Mozart komponierte, Palemone in Josef Schusters<br />
wieder entdeckter Oper »Amor e Psiche«, »Pedrillo« in<br />
Mozarts »Die Entführung aus dem Serail«, einer Koproduktion<br />
des Göttinger Sinfonieorchesters und des Deutschen eaters<br />
Göttingen in der Saison 2006/07, Tamino in »Die Zauberöte«<br />
bei den Festspielen Gut Immling 2008 und Uriel in einer<br />
Bühnenversion von Haydns Oratorium »Die Schöpfung«<br />
anlässlich des 300. Jubiläums der Stadt Ludwigsburg 2009.<br />
<strong>2012</strong> wird er bei den Tagen Alter Musik Regensburg erneut in<br />
einer Oper von Josef Schuster mitwirken.<br />
Sein besonderes Engagement gilt dem Kunstlied, dem er sich<br />
seit 1995 gemeinsam mit der Pianistin und Liedbegleiterin<br />
Tatjana Dravenau intensiv widmet. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit<br />
sind drei Solo-CDs erschienen, zuletzt 2008<br />
»Die schöne Müllerin« von Franz Schubert. Seit 2008 erarbeitet<br />
Andreas Post zeitgenössisches Liedrepertoire zusammen<br />
mit Axel Bauni, mit dem er Lieder von Reimann und Rihm<br />
beim Kissinger Sommer zur Urauührung brachte. 2011 gestaltete<br />
er zusammen mit Jan Philip Schulze die Urauührung<br />
von Trojahns Rilke-Zyklus »Dir zur Feier«.<br />
Zahlreiche CD- und Rundfunkproduktionen dokumentieren<br />
sein breit gefächertes Repertoire. In <strong>2012</strong> erscheint eine<br />
CD mit Arien von J.S. Bach, C.P.E. Bach, G.Ph. Telemann<br />
und R. Keiser, die Andreas Post zusammen mit dem Orchester<br />
Le Chardon eingespielt hat. Andreas Post absolvierte sein<br />
Gesangsstudium in der Klasse von Prof. KS Soto Papoulkas<br />
an der Folkwang-Hochschule in Essen. Das Konzertexamen<br />
bestand er mit Auszeichnung. Der Preisträger des 11. Internationalen<br />
Bach-Wettbewerbs Leipzig lebt in Essen.<br />
Markus Flaig kam über die Orgel zur<br />
Musik und über ein Schul- und Kirchenmusikstudium<br />
zum Gesang. In Horb am<br />
Neckar geboren, studierte er bei Prof.<br />
Beata Heuer-Christen in Freiburg und bei<br />
Prof. Berthold Possemeyer in Frankfurt am<br />
Main; seit Herbst 2006 arbeitet er mit Carol Meyer-Bruetting.<br />
- 152 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 153 -
Konzertreisen führten den Bassbariton durch ganz Europa,<br />
nach Kolumbien, Mexiko und Korea sowie nach Japan für<br />
eine Tournee unter Masaaki Suzuki, im Herbst 2010 schließlich<br />
nach Brasilien, Uruguay und Argentinien für Auührungen<br />
der »h-moll-Messe« mit dem omanerchor Leipzig.<br />
Zahlreiche Rundfunk-, Fernseh- und CD-Produktionen unter<br />
Dirigenten wie omas Hengelbrock, Hermann Max und<br />
Konrad Junghänel zeugen von seinem breit gefächerten Repertoire.<br />
Es reicht von der Renaissance über die Oratorien<br />
aus Barock, Klassik und Romantik bis hin zu Urauührungen<br />
zeitgenössischer Komponisten.<br />
2004 wurde Markus Flaig Preisträger des Internationalen<br />
Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerbs Leipzig. Vor kurzem hat<br />
er für die edition chrismon zusammen mit dem Ensemble Alta<br />
Ripa sein erstes Solo-Album eingespielt mit Kantaten von<br />
Bach (BWV 82), Telemann und Graupner.<br />
Bereits während seines Kirchenmusikstudiums erhielt er einen<br />
ersten Gastvertrag an den Städtischen Bühnen Freiburg<br />
für die Partie des Azarias in Benjamin Brittens Kirchenparabel<br />
»e burning ery furnace«. Seither war er in Opern<br />
von Strauss, Schwehr, Monteverdi, Purcell und Rameau auf den<br />
Bühnen von Baden-Baden, Schwetzingen, Bayreuth, Hannover<br />
und Frankfurt zu sehen.<br />
Seit 1997 erarbeitet er sich mit dem Pianisten Jörg Schweinbenz<br />
ein umfangreiches Liedrepertoire.<br />
Christian Zincke, geboren in Wien,<br />
studierte Viola da gamba bei Jaap ter<br />
Linden, Rainer Zipperling und Philippe<br />
Pierlot und absolvierte sein Diplom am<br />
Koninklijk Conservatorium in Den Haag.<br />
Er konzertiert europaweit als Solist und<br />
Continuospieler.<br />
Christian Zincke ist Mitglied namhafter Ensembles wie La<br />
Stagione Frankfurt, Camerata Köln, dem Main-Barockorchester<br />
Frankfurt, Capella uringia, Bell Arte Salzburg u.a. mit denen<br />
er CDs und Rundfunkaufnahmen einspielt und in ganz Europa<br />
konzertiert.<br />
Im Jahr 1999 gründete er das Ensemble Echo du Danube.<br />
Christian Zincke liebt es in Bibliotheken, Dissertationen und<br />
dem Internet nach bislang unerhörter Musik zu forschen. Einige<br />
Entdeckungen aus dieser Tätigkeit gibt er in der Edition<br />
Walhall heraus. Diese äußerst spannende Arbeit sieht er als<br />
wichtigen Aspekt des Musikerdaseins und als Quelle neuer<br />
Inspiration. Außerdem versucht er Menschen aller Altersgruppen<br />
das Gambenspiel zu vermitteln.<br />
Christian Zincke spielt auf einer Viola da gamba aus Sachsen,<br />
ca. 1710 bzw. einem Violone aus dem Alemannischen Raum<br />
aus dem frühen 18. Jahrhundert.<br />
- 154 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 155 -
Freitag, 14.09. | 18.30 Uhr<br />
Rathaus St. Veit<br />
Sweeter than Roses<br />
Sweeter than roses, or cool evening breeze<br />
on a warm flowery shore ...<br />
Ghislieri Consort<br />
Clare Wilkinson: Mezzosopran<br />
Marco Bianchi: Violine I<br />
Barbara Altobello: Violine II<br />
Chiara Zanisi: Viola<br />
Alberto Guerrero: Barockcello<br />
Franco Pavan: eorbe<br />
Maria Cecilia Farina: Orgel<br />
Einleitung<br />
Music for a While<br />
Das Programm des heutigen Abends widmet sich vorwiegend<br />
der von Henry Purcell für das eater geschriebenen<br />
Vokalmusik.<br />
Der Stil Purcells ist so hochgradig individuell, dass er bis heute<br />
in der Geschichte der britischen Musik als Einzelfall gilt.<br />
Die Wurzeln seines Schaens reichen tief in den Boden der<br />
englischen Kultur, seine Werke aber sind mehr als nur Früchte<br />
eines bestimmten Umfelds; es sind einzigartige Blüten, die<br />
nur Purcell hervorzubringen vermochte und die sein Schaen<br />
zu etwas völlig Außergewöhnlichem machen – zu einer von<br />
der Welt losgelösten, glücklichen Insel, die derart unabhängig<br />
ist, dass sie ganz ohne den sie umgebenden Kontext auszukommen<br />
scheint.<br />
Das eaterschaen von Purcell beginnt im Jahre 1680 mit<br />
der Komposition der Szenenmusik zum Drama »eodosius«<br />
von Nathaniel Lee. Von da an schreibt Purcell bis zu seinem<br />
Tode unzählige Bühnenwerke und widmet sich diesem<br />
Schaensbereich in den letzten sechs Lebensjahren mit besonderer<br />
Intensität.<br />
- 156 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 157 -
Doch werfen wir einen Blick auf die Epoche, in der Purcell<br />
aktiv ist: Zu jener Zeit unterliegt das musikalische Leben auf<br />
der britischen Insel ganz anderen Bedingungen und Richtlinien<br />
als auf dem restlichen europäischen Kontinent. Insbesondere<br />
ist im damaligen England die Tradition des dramatischen<br />
eaters verankert, und so sehr die Musik auch als<br />
wichtiges Element der eaterhandlung anerkannt scheint,<br />
wird sie oft nur als Beiwerk zum Bühnengeschehen gesehen.<br />
Der größte Teil der von Purcell verfassten Szenenmusik, von<br />
der das heutige Programm einige Kostproben geben möchte,<br />
besteht aus kurzen Kompositionen, die problemlos aus dem<br />
eaterkontext, für den sie ursprünglich vorgesehen waren,<br />
herausgelöst werden können, sich also ebenso gut dazu eignen,<br />
separat gesungen oder gespielt zu werden.<br />
Einen wesentlichen Beitrag stellen fünf Werke dar, die in<br />
den letzten sechs Schaensjahren des Autors entstanden:<br />
»Dioclesian« aus dem Jahre 1690 nach dem Libretto von<br />
Beaumont und Fletcher; »King Arthur« von 1691 zu einem<br />
Text von John Dryden; »e Fairy Queen« von 1692 zum<br />
»Sommernachtstraum« von Shakespeare; »e Indian Queen«<br />
von 1695 und »e Tempest« aus dem selben Jahr zum<br />
gleichnamigen Werk von Shakespeare. Alles Kompositionen,<br />
die schon zu Lebzeiten Purcells ein zweifelsohne starkes Interesse<br />
und Echo hervorriefen.<br />
Die Wiederauührung dieser Stücke ist heutzutage als Opern-<br />
inszenierung im etymologischen Sinne des Begries undenk-<br />
bar, da die zitierten Werke sowohl in der italienischen – insbesondere<br />
der venezianischen – als auch in der französischen<br />
Tradition eine barocke Grandiosität verlangen, die in der<br />
Vergangenheit den Durst nach imposanten Bühneneekten,<br />
Erhabenheit und Prunk stillen sollte. So nährt sich die<br />
moderne Auührung dieser Werke zwar nicht mehr von jener<br />
Bühnenaufmachung, doch aber von der Großartigkeit<br />
der Musik Purcells, deren Prächtigkeit nach wie vor ihre<br />
wichtigste Stärke darstellt. Höhepunkte dieses prunkvollen<br />
Werkes sind die zahlreichen Sologesänge, die die Bühnenhandlung<br />
bereichern.<br />
Besondere Hervorhebung verdient »Dido and Aeneas«,<br />
das erstmalig 1689 in einer Mädchenschule von Chelsea<br />
aufgeführt wurde. Es handelt sich um eine ernste Oper im<br />
wahrsten Sinne des Wortes, wenn auch um eine Miniatur von<br />
kaum einer Stunde Dauer, in der die Wiederaufnahme eines<br />
wiederholten und sehr charakteristischen Typs von begleiteter<br />
Monodie erkennbar ist, der sich zwar grundlegend von<br />
den Rezitativen der italienischen Komponisten unterscheidet,<br />
dennoch aber seine Wurzeln in den »Nuove musiche«<br />
des Italieners Caccini hat. Nebst diesem außergewöhnlichen<br />
Typ von Arioso sind auch Chöre und Tänze wiederzuerkennen,<br />
die zum Teil unter dem Einuss des französischen Stils<br />
stehen. Die dabei zustande kommende Mischung ist weder<br />
italienisch noch französisch oder englisch gefärbt, sondern<br />
ein Beispiel für den nur Purcell eigenen Stil.<br />
Kehren wir an dieser Stelle wieder zum anfangs formulierten<br />
Konzept zurück. Henry Playford, der den ersten Band von »Orpheus<br />
Britannicus« – hierbei handelt es sich um eine Sammlung<br />
von Purcell-Arien – herausgibt, schreibt im Vorwort<br />
- 158 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 159 -
zur zweiten Auage: Das außergewöhnliche, alle Musikbereiche<br />
umfassende Talent des Autors ist wohlbekannt; doch<br />
besondere Bewunderung verdienen seine Vokalkompositionen,<br />
in denen er auf geniale Weise die Energie der englischen<br />
Sprache zum Ausdruck zu bringen und damit die<br />
Zuhörer zutiefst zu verblüen und zu bewegen wusste.<br />
In der Tat erlaubt der Großteil seiner Arien bis heute keine<br />
Zuschreibung zu einem der »englischen Stile«, und dies eben<br />
dank ihrer Fähigkeit, die Bedeutung der Worte so vollständig<br />
auszuschöpfen, dass diese mit der Musik in völligen Einklang<br />
treten, wodurch eine fesselnd einfache Struktur entsteht, die<br />
die einzigartige melodische Sprache des Autors prägt. Daher<br />
ordnen viele die Arien Purcells eben nicht der englischen<br />
Musik als solche oder einer der britannischen Strömungen<br />
zu, sondern denieren sie schlicht und einfach als »Purcellstil«.<br />
Dieser ist mit der Zeit zu einem Inbegri geworden,<br />
zu einem unverwechselbaren stilistischen Kodex, durch den<br />
sich nur das Werk des Meisters aus Westminster auszeichnet.<br />
Raaella Valsecchi, übersetzt von Sibylle Kirchbach<br />
- 160 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 161 -
Programm<br />
Henry Purcell<br />
(1659 – 1695)<br />
1. Ouvertüre in d-moll<br />
2. Fairest Isle<br />
Aus King Arthur<br />
3. Music for a While<br />
Aus der Bühnenmusik zu Oedipus, King of ebes<br />
4. Prelude, Hornpipe, Air, Chaconne<br />
Aus e Fairy Queen<br />
5. If love's a sweet passion<br />
Aus e Fairy Queen<br />
6. When I have often heard<br />
young maids complaining<br />
Aus e Fairy Queen<br />
7. Fantasia Upon One Note<br />
8. Hark how all Things with one Sound rejoice<br />
Aus e Fairy Queen<br />
Pause<br />
9. Sonata IV<br />
aus der Sonate in 4 Teilen<br />
10. Sweeter than Roses<br />
Aus Pausanius, the Betrayer of his Country<br />
11. Ouvertüre 'in Mr P. Opera'<br />
Wahrscheinlich die Ouvertüre zum Prolog aus<br />
Dido and Aeneas<br />
12. Dry those eyes<br />
Aus e Tempest<br />
13. Bonduca Ouvertüre<br />
14. Dido's Lament<br />
aus Dido and Aeneas<br />
- 162 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 163 -
Texte<br />
2. Fairest Isle<br />
Fairest isle, all isles excelling,<br />
Seat of pleasure and of love<br />
Venus here will choose her dwelling,<br />
And forsake her Cyprian grove.<br />
Cupid from his fav'rite nation<br />
Care and envy will remove;<br />
Jealousy, that poisons passion,<br />
And despair, that dies for love.<br />
Gentile murmurs, sweet complaining,<br />
Sighs that blow the re of love,<br />
Soft repulses, kind disdaining,<br />
Shall be all the pains you prove.<br />
Ev'ry swain shall pay his duty,<br />
Grateful ev'ry nymph shall prove;<br />
And as these excel in beauty,<br />
ose shall be renown'd for love.<br />
2. Du schönste Insel<br />
Du schönste Insel, bist schöner als alle deines gleichen,<br />
bist Heim von Leidenschaft und Liebe.<br />
Venus wird dich für sich auserwählen,<br />
wird für dich ihren Hain auf Cypern ganz vergessen.<br />
Amor wird dich, liebstes seiner Länder,<br />
erlösen von allem Leid und Neid,<br />
wird dich befreien von der Eifersucht, dem Gift der Gefühle, und<br />
von der Verzweiung derer, die sich in Liebesqualen verzehren.<br />
Leises Murren, sanftes Stöhnen,<br />
stilles Seufzen, dass die Liebe neu entfacht,<br />
sanfte Ablehnung, zärtliche Verwehrung,<br />
sollen die schlimmsten Qualen sein.<br />
Jeder Liebender wird großzügig geben,<br />
Jede Nymphe wird dankbar erwidern;<br />
Und während die Damen durch ihre Schönheit betören,<br />
vollbringen die Männer im Namen der Liebe Heldentaten.<br />
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3. Music for a While<br />
Music for a while<br />
Shall all your cares beguile.<br />
Wond'ring how your pains were eas'd<br />
And disdaining to be pleas'd<br />
Till Alecto free the dead<br />
From their eternal bands,<br />
Till the snakes drop from her head,<br />
And the whip from out her hands.<br />
5. If Love's a Sweet Passion<br />
If Love's a Sweet Passion,<br />
why does it torment?<br />
If a Bitter, oh tell me<br />
whence comes my content?<br />
Since I suer with pleasure,<br />
why should I complain,<br />
Or grieve at my Fate,<br />
when I know 'tis in vain?<br />
Yet so pleasing the Pain is,<br />
so soft is the Dart,<br />
at at once it both wounds me<br />
and tickles my Heart.<br />
I press her hand gently<br />
Look languishing down,<br />
And by Passionate Silence<br />
3. Musik für einen Augenblick<br />
Musik für einen Augenblick<br />
wird alle deine Sorgen heilen.<br />
Während du staunst wie deine Schmerzen vergehen,<br />
und das Vergnügen noch verschmähst,<br />
bis Alekto die Toten befreit<br />
von ihren ewigen Banden,<br />
bis die Schlangen von ihrem Haupt abfallen<br />
und die Peitsche aus ihren Händen gleitet.<br />
5. Wenn die Liebe eine süße Leidenschaft sein soll<br />
Wenn die Liebe eine süße Leidenschaft sein soll,<br />
warum bringt sie mir dann so viel Qualen?<br />
Ist sie Bitterkeit, so sag,<br />
warum zerschmelze ich vor Freude?<br />
Ihretwegen leide ich voller Vergnügen,<br />
warum sollte ich mich dann beklagen,<br />
warum sollte ich meines Schicksals wegen jammern,<br />
weiß ich doch, wie nichtig es ist?<br />
Der Schmerz ist so erfüllend,<br />
seine Pfeile stechen so süß,<br />
dass sie zu ein und der selben Zeit<br />
das Herz verletzen und es wohlig kitzeln.<br />
Sanft drücke ich ihre Hand,<br />
senke den schmachtenden Blick,<br />
und im leidenschaftserfüllten Schweigen<br />
- 166 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 167 -
I make my love known.<br />
But oh! how I'm blest<br />
When so kind she does prove,<br />
By some willing mistake<br />
To discover her love.<br />
When in striving to hide,<br />
She reveals all her ame,<br />
And our eyes tell each other<br />
What neither dares name.<br />
6. When I have often heard<br />
When I have often heard<br />
Young maids complaining<br />
at when men promise most<br />
ey most deceive,<br />
en I thought none of them<br />
Worthy my gaining;<br />
And what they swore,<br />
I would never believe.<br />
But when so humbly one<br />
made his addresses, with looks so soft<br />
and with language so kind,<br />
I thought it sin to refuse his caresses;<br />
Nature o'ercame,<br />
and I soon chang'd my mind.<br />
Should he employ all his wit in deceiving,<br />
Stretch his invention, and artfully feign,<br />
lasse ich sie meine Liebe erraten.<br />
Doch wie glücklich bin ich,<br />
wenn sie sich zärtlich zeigt,<br />
und durch vorgetäuschte Ungeschicktheit<br />
auch mir ihre Verliebtheit zu verstehen gibt.<br />
Wenn sie so tut, als ob sie versuchen würde, sie zu verstecken,<br />
und so das Brennen in ihrer Brust erst richtig verrät.<br />
Mit den Blicken erklären wir einander<br />
alle unaussprechlichen Gefühle.<br />
6. Wie oft habe ich gehört<br />
Wie oft habe ich gehört<br />
wie die Mädchen sich beklagten,<br />
dass die Männer, je mehr sie versprechen,<br />
um so mehr bereit sind, ihre Versprechen zu brechen,<br />
daher war ich vollauf überzeugt, dass niemals<br />
ein Mann mein Herz erobert hätte;<br />
denn niemals hätte ich<br />
seinen Schwüren Glauben geschenkt.<br />
Doch dann kam dieser demütige Jüngling<br />
und umwarb mich, schaute mich so zärtlich an<br />
und sprach so voller Liebenswürdigkeit,<br />
dass es eine Sünde gewesen wäre,<br />
sich seinen Liebkosungen zu verwehren;<br />
die Natur hat über mich gesiegt<br />
und hat mich zu anderen Überzeugungen gebracht.<br />
Mag er mir auch falsche Versprechen geben,<br />
mag er mich mit Kunst und List verführen,<br />
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I nd such charms,<br />
such true joy in believing,<br />
I'll have the pleasure,<br />
let him have the pain.<br />
If he proves perjur'd,<br />
I shall not be cheated,<br />
He may deceive himself, but never me;<br />
'Tis what I look for,<br />
and shan't be defeated,<br />
For I'll be as false and inconstant as he.<br />
8. Hark how all Things with one Sound rejoice<br />
Hark how all things with one sound rejoice,<br />
And the world seems to have one voice!<br />
10. Sweeter than Roses<br />
Sweeter than Roses,<br />
or cool evening breeze<br />
On a warm owery shore<br />
Was the dear kiss,<br />
First trembling made me freeze,<br />
en shot like re all o'er.<br />
What magic has victorious love!<br />
For all I touch or see<br />
Since that dear kiss, I hourly prove,<br />
All is love to me.<br />
ich fühle mich ganz verzaubert dabei,<br />
schenke ihm Glauben mit solchem Genuss,<br />
dass ich nur Freude haben kann<br />
und alle Qualen ihm überlassen werde.<br />
Sollte er seine Versprechen brechen,<br />
werde nicht ich die Betrogene sein,<br />
nur sich selbst kann er belügen, mich aber niemals;<br />
ich habe gefunden, was ich begehrte,<br />
und ich werde mich nicht geschlagen geben,<br />
werde lieber meineidig und wankelmütig werden wie er.<br />
8. Hör, wie alles in einem Klang sich vereint<br />
Hör, wie alles in einem Klang sich vereint,<br />
wie die ganze Welt eine einzige Stimme zu haben scheint.<br />
10. Süßer als Rosen<br />
Süßer als Rosen<br />
und süßer als Abendfrische<br />
war auf dem blumenübersäten Strand<br />
jener kostbare Kuss,<br />
der mich zuerst zitternd erstarren ließ<br />
und dann wie ein Brand meinen ganzen Körper verschlang.<br />
Wie zauberhaft ist doch die Liebe, wird sie erwidert!<br />
Denn alles was ich nun sehe und berühre<br />
verwandelt sich nach diesem Kuss<br />
in Liebe.<br />
- 170 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 171 -
12. Dry those eyes<br />
Dry those eyes which are o'erowing,<br />
All your storms are over blowing.<br />
While you in this isle are biding,<br />
You shall feast without providing.<br />
Ev'ry dainty you can think of,<br />
Ev'ry wine that you can drink of<br />
Shall be yours and want<br />
Shall shun you,<br />
Ceres' blessing too is on you.<br />
14. Dido's Lament<br />
When I am laid in earth<br />
May my wrongs create<br />
No trouble in thy breast;<br />
Remember me, but ah! forget my fate.<br />
12. Trockne deine Augen<br />
Trockne deine Augen, die vor Traurigkeit zerschmelzen,<br />
denn die dunklen Wolken werden sich bald verziehen.<br />
Während du auf dieser Insel weilst,<br />
kannst du sorglos glücklich sein.<br />
Jeden Leckerbissen, der dir vorschwebt,<br />
jeden Wein, den dein Herz begehrt,<br />
sollst du haben und an nichts<br />
soll es dir fehlen.<br />
Für uneingeschränkte Hülle und Fülle will Ceres bürgen.<br />
14. Dido's Lamento<br />
Wenn ich liegen werde, liegen in der Erde,<br />
Soll keines meiner Versagen<br />
dir irgendeine Qual bereiten.<br />
Gedenke meiner, doch bitte! vergiss mein Los.<br />
- 172 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 173 -<br />
Übersetzungen Sibylle Kirchbach
Ghislieri Consort & Choir wurde 2003 von<br />
dem italienischen Dirigenten Giulio Prandi, der Organistin<br />
Maria Cecilia Farina, dem Violinisten Marco Bianchi und dem<br />
Cellisten Alberto Guerrero ins Leben gerufen. Das auf historischen<br />
Instrumenten musizierende Ensemble vereint 20<br />
Choristen mit einigen der erfahrensten und angesehensten<br />
italienischen Barock-Instrumentalisten, die zugleich langjährige<br />
Mitglieder renommierter italienischer Gruppen sind.<br />
Das Ensemble widmet sich insbesondere der Neuentdeckung<br />
des sakralen Chor- und Instrumentalrepertoires Italiens aus<br />
dem 18. Jahrhundert und bringt in seinen Konzerten gern<br />
seltene und unveröentlichte Werke von Komponisten dieser<br />
Epoche zur Auührung. Schon bald nach seiner Gründung<br />
wurde das Ghislieri-Consort zu einem der gefragtesten jungen<br />
Ensembles Italiens und trat mit Solisten wie Roberta Invernizzi,<br />
Gloria Banditelli, Romina Basso, Christian Senn, Emanu-<br />
ela Galli, Maria Grazia Schiavo und José Maria Lo Monaco auf.<br />
Im Jahr 2010 erschien eine für das italienische Magazin<br />
Amadeus eingespielte CD-Monographie über Giacomo Antonio<br />
Perti (Bologna, 1661 – 1756), im selben Jahr begann das<br />
Ensemble die Zusammenarbeit mit Sony Deutsche Harmonia<br />
Mundi, wobei die erste CD aus dieser Kooperation im kommenden<br />
November erscheinen wird.<br />
Das Ghislieri-Consort ist Ensemble in Residence am Collegio<br />
Ghislieri in Pavia, einer der renommiertesten Hochschuleinrichtungen<br />
Italiens, sowie Mitglied des Circuito Lombardo di<br />
Musica Antica und gastiert regelmäßig in Mailand, Villa Reale<br />
di Monza, Brescia und Mantua.<br />
Clare Wilkinson, Mezzosopran, wurde<br />
in Manchester in eine Musikerfamilie<br />
geboren und gab bereits im Alter von 17<br />
Jahren ihr erstes professionelles Konzert.<br />
Sie studierte Altphilologie am Trinity<br />
College in Cambridge und sang dort im<br />
international renommierten Chor. Im Anschluss daran folgte<br />
ein Aufbaustudium im Fach Gesang am Trinity College of<br />
Music in London.<br />
Im Jahr 2004 traf sie erstmals auf Sir John Eliot Gardiner.<br />
Seither sang sie alle großen Werke von Bach und zahlreiche<br />
Werke anderer Komponisten unter seiner Leitung. Darüber<br />
hinaus hat Clare in Bach-Projekten Andrew Parrotts – dem<br />
Weihnachtsoratorium sowie der von ihm rekonstruierten<br />
Trauer-Music – gesungen und mit renommierten Künstlern<br />
wie Daniel Reuss, Michael Willens, Laurence Cummings,<br />
Christophe Rousset, Nicolas Kramer, Bart Van Reyn, Richard<br />
Egarr und Charles Olivieri-Munroe zusammengearbeitet. Als<br />
leidenschaftliche Kammermusikerin tritt sie regelmäßig mit<br />
den Gamben-Ensembles Fretwork und e Rose Consort of Viols<br />
auf. Clare fühlt sich auch auf der Schauspielbühne zuhause.<br />
Als Mitglied von I Fagiolini wirkte sie an dem mehrfach<br />
ausgezeichneten szenischen Projekt »e Full Monteverdi«<br />
mit. Weitere Rollen waren die der Messagiera in Monteverdis<br />
»L'Orfeo«, Venere in Monteverdis »Ballo dell' Ingrante«,<br />
Galatea in Händels »Acis and Galatea«, die Zweite Witwe in<br />
Purcells »Dido and Aeneas«, Zinnia in Chabriers »L'Etoile«<br />
sowie Penelope in Guido Morinis »Odissea«.<br />
Zahlreiche CD-Aufnahmen zeugen von Clares reichem, künstlerischen<br />
Schaen. Die Aufnahme von Händels »Messiah«<br />
- 174 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 175 -
mit dem Dunedin Consort wurde mit dem Gramophone Award<br />
ausgezeichnet. Von der Kritik gelobt wurde außerdem die<br />
Aufnahme der »Matthäuspassion« (Dunedin Consort), die<br />
Aufnahme der »Markuspassion« mit Amarcord und der Kölner<br />
Akademie sowie ihr Album »Four Gentlemen of the Chapel<br />
Royal« mit dem Rose Consort of Viols.<br />
Zu den gegenwärtigen und künftigen Engagements zählen<br />
das »Weihnachtsoratorium« mit dem Scottish Chamber Orchestra<br />
/ Richard Egarr, der »Messias« mit e Netherlands<br />
Bach Society / Jos van Veldhoven, die »Bach-Kantaten« mit der<br />
Capella Augustina / Andreas Spering in Brühl, die »Matthäuspassion«<br />
für den Bachkoor Holland / Gijs Leenaers und Haydns<br />
»Nelson-Messe« für das SCO / Adam Fischer.<br />
Einige der jüngst veröentlichten CDs von Clare sind »Welt,<br />
Gute Nacht« von J. C. Bach mit den English Baroque Soloists /<br />
Gardiner sowie die »Trauermusik« J. S. Bachs für Fürst Leopold<br />
mit den Taverner Players / Parrott. Eine gemischte Recital-<br />
CD mit Fretwork »e Silken Tent« steht auf der Website<br />
von Fretwork (www.fretwork.co.uk) zum Download zur Verfügung.<br />
www.clare-wilkinson.com<br />
- 176 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 177 -
Freitag, 14.09. | 21 Uhr<br />
Rathaus St. Veit<br />
Alehouse-Session No. 2<br />
Barokksolistene<br />
Bjarte Eike: Violine, Leitung<br />
Milos Valent: Violine, Viola<br />
Mattias Frostenson: Violone<br />
Fredrik Bock: eorbe, Gitarre<br />
Hans Knut Sveen: Cembalo<br />
Helge Norbakken: Percussion<br />
Tuva Semmingsen: Mezzosopran<br />
Thomas Guthrie: Bass<br />
Steve Player: Barockgitarre, Tanz<br />
www.barokksolistene.no<br />
Der Klang der Londoner taverns und alehouses<br />
im 17. Jahrhundert, versetzt mit guter Laune,<br />
Humor und Bier.<br />
supported by<br />
Einleitung<br />
Für Bjarte Eike, dem heurigen Titelhelden der trigonale und<br />
Leiter von Barokksolistene (BAS), ist es gleichsam eine Conditio-sine-qua-non,<br />
Auftritte im Rahmen unseres Festivals<br />
damit zu verknüpfen, auch einen Abend in Form einer Alehouse-Session<br />
gestalten zu dürfen. Nach dem überwältigenden<br />
Erfolg der ersten Alehouse-Session bei der trigonale<br />
2010 kommen wir deswegen seinem Wunsch gerne nach –<br />
wohl sehr zur Freude unseres Publikums.<br />
Doch wer meint, es handle sich hierbei um eine Wiederholung,<br />
der irrt. Was sich nicht ändert, ist die Idee, traditionelle<br />
Folk Music auf Kompositionen von Henry Purcell und<br />
seinesgleichen treen zu lassen – das alles im Ambiente der<br />
Londoner Tavernen und Alehäuser des 17. Jahrhunderts.<br />
Neu ist hingegen, dass mit Steve Player ein herausragender<br />
Barockgitarrist und Tänzer auf der Bühne steht, der diese<br />
Alehouse-Session zu einem Musikereignis machen wird, das<br />
Sie nicht nur akustisch in Erinnerung behalten werden. Mit<br />
dem slowakischen Geigenvirtuosen Milos Valent und der norwegischen<br />
Mezzosopranistin Tuva Semmingsen können wir<br />
zwei weitere trigonale-Debütanten bei uns begrüßen.<br />
- 178 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 179 -
An Alehouse Session –<br />
Pub-Musik wie in alten Zeiten<br />
Pubs – auch als taverns oder Alehäuser bekannt – sind dem<br />
Engländer seit dem Mittelalter ein zweites Zuhause. Seit jeher<br />
erfüllten hier Smalltalk, Gesang, Musik und nie nachlassendes<br />
Klirren der Biergläser die Räume mit Leben. Im<br />
ausgehenden 17. Jahrhundert, als die eater aus religiösen<br />
Gründen geschlossen waren, wurden viele dieser Gaststätten<br />
zu so genannten »Musickhouses«, in denen Musiker zusammentrafen,<br />
um vor einem ebenso enthusiastischen wie bierdurstigen<br />
Publikum Konzerte im intimen Rahmen zu geben.<br />
In diesen Etablissements begegnete man außerdem den Sängern<br />
der zahlreichen »Song-Clubs« mit ihren Darbietungen<br />
zu mehr oder weniger frechen bzw. kritischen Texten. Auch<br />
Henry Purcell und andere bekannte Musiker traten hier auf<br />
und präsentierten ihre neuen Werke oder lieferten sich lebhafte<br />
musikalische Gefechte mit den lokalen Vertretern der<br />
Populären Musik.<br />
»Ein Haus der Sünde könnte man sagen, nicht aber ein Haus der<br />
Dunkelheit, da die Kerzen nie verlöschen … Es ist wie in einem<br />
jener Länder weit im Norden, wo es um Mitternacht ebenso hell<br />
ist wie am Mittag.«<br />
John Earle, Microcosmographie: Or a Peece of the World<br />
Discovered (1628)<br />
Wandernde Musikanten –<br />
im London des 17. Jahrhunderts und heute<br />
Das Londoner Musikgeschehen in der Barockzeit war von<br />
Dynamik, Energie und pulsierender Lebensfreude gekennzeichnet.<br />
Zahlreiche Komponisten und Musiker strömten<br />
aus ganz Europa in diese Stadt, in der Honung, ihren Lebensunterhalt<br />
in einem der vielen Musikhäuser oder in den<br />
neu erbauten eatern und Opernhäusern verdienen zu können.<br />
Musik erfreute sich in England großer Beliebtheit, und<br />
London war voller Musiker, die von einem Auührungsort<br />
zum nächsten eilten – ein Phänomen, das freischaenden<br />
Musikern der heutigen Zeit nicht unbekannt sein dürfte ...<br />
Im Gegensatz zu Italien, Frankreich und Deutschland im 17.<br />
und 18. Jahrhundert gehörten in England die Orchester weder<br />
dem Hof noch waren sie Bestandteil der aristokratischen<br />
Kultur. Der Englische Hof und seine Kultur wurden durch<br />
die puritanische Revolution und den Beginn des Commonwealth<br />
zeitweilig abgeschat. König Charles II. wurde 1660<br />
zusammen mit seinem Hofstaat wieder eingesetzt, hatte aber<br />
mit den ständigen Querelen zwischen Katholiken und Protestanten,<br />
Whigs und Tories, Stadt und Hof und mit dem<br />
Parlament zu kämpfen, das dem englischen Haushalt sehr<br />
strae Zügel anlegte.<br />
Ebenso wie sein Mentor und nanzieller Förderer Ludwig<br />
XIV. hatte Charles II. eine Gruppe von 24 Streichern eingestellt.<br />
Ludwig konnte es sich leisten, seine Musiker in Vollzeit<br />
zu beschäftigen, die Musiker von Charles hingegen mussten<br />
- 180 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 181 -
zusätzlich in den eatern und öentlichen Konzerthäusern<br />
der Stadt arbeiten, um ein ausreichendes Einkommen zu erzielen.<br />
Die englischen Aristokraten stellten Musiker zu bestimmten<br />
Anlässen ein; außerdem kauften sie Abonnements für die<br />
Opern- und Konzertsaison. Auch der König war Abonnent,<br />
da ihm weder die eater noch die Konzertsäle noch die<br />
in ihnen spielenden Orchester gehörten. Im 18. Jahrhundert<br />
wurde es üblich, dass die Veranstalter und Förderer von<br />
Konzerten Anzeigen in den Zeitungen veröentlichten und<br />
Karten über Abonnements, in Läden oder an der Haustür<br />
verkauften. Die Kartenverkäufe waren oen für alle – man<br />
musste nicht Mitglied der Aristokratie sein, um Musik hören<br />
zu können.<br />
Musik sorgte in London im 17. und 18. Jahrhundert für Begeisterungsstürme,<br />
zugleich aber gab es keine Orchester, die<br />
Musikern eine Vollzeitanstellung boten. Dies führte dazu,<br />
dass London vor freischaenden Musikern schier überquoll.<br />
Musiker, die in einem Moment zwischen Biergläsern und<br />
schreienden Menschen auf einem der vielen informellen<br />
volkstümlichen Konzerte in den Tavernen und Alehäusern<br />
und im nächsten Augenblick auf den großen Wohltätigkeitsveranstaltungen<br />
der Stadt spielten, bevor sie zu einer Opernauührung<br />
in Bühnenhäusern wie dem King's eatre im<br />
Haymarket eilten. Zwischen Mai und September, außerhalb<br />
der eaterspielzeiten, waren die Musiker in den so genannten<br />
Pleasure Gardens anzutreen – riesigen Freiluftveranstaltungen<br />
mit Musik.<br />
Musiker im London des 18. Jahrhunderts zu sein, bedeutete<br />
eine äußerst vielseitige Schaensweise und ausreichend Kapazität,<br />
um das ganze Jahr über zu spielen. Für die meisten<br />
bedeutete es aber auch eine so geringe Bezahlung, dass sie<br />
konstant arbeiten mussten, damit Essen auf dem Tisch stand.<br />
Sie hatten keinerlei Sicherheit und nur sehr wenig Rechte,<br />
und oft genug waren sie gezwungen, ohne Gage zu spielen,<br />
in der Honung, dass ein reicher Gentleman im Publikum<br />
ihnen aus Mitleid ein paar shillings geben würde.<br />
Wie ist es dem freischaenden Musiker in den letzten 350<br />
Jahren ergangen?<br />
Die Mitglieder von Barokksolistene spielen und singen mit einer<br />
Menge unterschiedlicher Ensembles in Kirchen und Kon-<br />
zertsälen, in eatern, Opernhäusern, Pubs sowie – wenn ihnen<br />
danach ist – auf der Straße (oftmals in Verbindung mit einem<br />
Besuch im Pub). Manchmal sind sie so in Zeitnot, dass vor dem<br />
Konzertsaal bereits ein Taxi wartet, um sie von einem Gig<br />
zum nächsten zu bringen. Dann wieder ist der Terminkalender<br />
so leer, dass sie sich fragen, ob die Welt sie vergessen hat.<br />
Es fällt auf, dass sich im Leben freischaender Musiker in<br />
den letzten 350 Jahren verblüend wenig geändert hat – vielleicht<br />
mit der Ausnahme, dass ein Musiker mit den heutigen<br />
Gagen ein relativ anständiges Einkommensniveau erreichen<br />
kann. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die deutlichsten<br />
Parallelen vielleicht zwischen den Musikern der<br />
Barockzeit und den heutigen Interpreten dieses Repertoires<br />
bestehen. Bjarte Eike<br />
- 182 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 183 -
Die Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />
Barokksolistene, Seite 16<br />
Bjarte Eike, Seite 17<br />
Tuva Semmingsen, Seite 114<br />
- 184 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 185 -
Samstag, 15.09. | 6 Uhr<br />
Burgkirche Hochosterwitz<br />
A la Luz del Alba<br />
Wenn der Tag anbricht …<br />
Geistliche Musik des 13. und 14. Jh. aus Spanien<br />
Catalina Vicens: Organetto und Rezitation<br />
Katharina Schmölzer: Rezitation<br />
Einleitung<br />
Der ewige Kreislauf von Tag / Nacht, Licht / Dunkelheit,<br />
Leben / Tod beschäftigt uns Menschen seit jeher. Im anbrechenden<br />
Tag besiegt das Licht die Dunkelheit, und für die<br />
Christen wird mit dem neuen Morgen die Auferstehung gepriesen.<br />
Mit geistlicher Musik zu Ehren der Jungfrau Maria, dem<br />
Morgenstern, wird dieser Kreislauf klanglich entworfen.<br />
Der Beginn dieser kontemplativen Klangreise ndet im Kloster<br />
Huelgas (»Platz der Zuucht«) nahe Burgos im nördlichen<br />
Zentralspanien statt. Dieses Kloster wurde für Frauen königlicher<br />
oder adliger Herkunft gegründet, die ein religiöses Leben<br />
anstrebten, und der Heiligen Jungfrau Maria gewidmet.<br />
Hier entstand der »Codex Las Huelgas«, eine kaleidoskopische<br />
Anthologie europäischer Mehrstimmigkeit und Einstimmigkeit,<br />
die das gesamte 13. und das frühe 14. Jahrhundert<br />
umspannt. Seine Notation gibt einen Übergangszustand<br />
zwischen der älteren modalen Notre-Dame-Notation und der<br />
denierten Mensuralnotation um 1300 wieder und enthält<br />
zahlreiche Messestücke sowie mehrere Werke, die besonders<br />
für Marienfeste und weibliche Heilige geschrieben wurden.<br />
Unter der Herrschaft Alfonso X., genannt »der Weise« (El<br />
Sabio), König von Kastilien und León, entwickelte sich nicht<br />
nur Las Huelgas zu einem kulturellen Zentrum, sondern die<br />
gesamte Region, in der die Cantigas de Santa Maria entstanden.<br />
Sie sind eine Sammlung vertonter Geschichten, welche<br />
von den Wundern der Heiligen Jungfrau Maria erzählen und<br />
in einer mittelalterlichen Sprache der iberischen Halbinsel,<br />
verfasst wurden.<br />
Im Südosten Spaniens, im heutigen Katalonien, nden wir einen<br />
anderen wichtigen Wallfahrtsort der Marienverehrung –<br />
das Kloster von Montserrat. Hier entstand im 14. Jahrhundert<br />
- 186 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 187 -
eine Handschrift mit Liedern und Gedichten, die der Marienfrömmigkeit<br />
dienten. Die Lieder der »Llibre Vermell de<br />
Montserrat« wurden für die Pilger niedergeschrieben, damit<br />
sie während ihrer Nachtwache geistliche Lieder in katalanischer,<br />
okzitanischer und lateinischer Sprache singen konnten.<br />
Die Jungfrau Maria, als eine Figur des Glaubens und der<br />
Honung, der Wunder und der Liebe, geleitet uns in einen<br />
neuen Tag.<br />
- 188 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 189 -
Programm<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
1. Maria virgo virginum<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
2. Omnium in te Christe<br />
Llibre Vermell de Montserrat (Anonym 14. Jh.)<br />
3. Splendens ceptigera<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
4. Kirie: Rex virginum amator<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
5. Gloria<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
6. Salve virgo regia<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
7. Prosa: Stabat iuxta Christi crucem<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
8. Planctus: Quis dabit capiti<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
9. Audi pontus<br />
Llibre Vermell de Montserrat (Anonym 14. Jh.)<br />
10. Maria Matrem<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
11. Motet: Salve virgo regia/<br />
Ave gloriosa/Domino<br />
Cantigas de Santa Maria (Anonym 13. Jh.)<br />
12. Miragres muitos pelos reïs faz<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
13. Benedicamus Domino<br />
Cantigas de Santa Maria (Anonym 13. Jh.)<br />
14. Quena Virgen ben servirá<br />
Llibre Vermell de Montserrat (Anonym 14. Jh.)<br />
15. Imperayritz de la ciudad joyosa<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
16. Discant: Fa fa mi/Ut re mi<br />
Llibre Vermell de Montserrat (Anonym 14. Jh.)<br />
17. Polorum regina<br />
Codex Las Huelgas (Anonym 13., 14. Jh.)<br />
18. Benedicamus domino<br />
- 190 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 191 -
Texte<br />
2. Omnium in te Christe<br />
Omnium in te christe credecium<br />
terge sordes mencium,<br />
ut hac nocte prava nocte exeamus<br />
et securi summo mane surgamus.<br />
Und allen, die wir an dich, Christus, glauben,<br />
reinige unsere Seelen von der Verderbtheit,<br />
damit wir heute Nacht dem bösen Feind entgehen<br />
und am letzten Morgen fröhlich erwachen mögen.<br />
6. Salve virgo regia<br />
Heil dir, königliche Jungfrau, Mutter des Sanftmuts,<br />
Jungfrau voll der Gnade, ruhmreiche Königin,<br />
vollkommene Mutter eines erlauchten Kindes,<br />
die du sitzt in der Herrlichkeit des Himmelreichs.<br />
Vom König der Könige im Himmel Mutter<br />
und auch Schwester,<br />
Hort der Reinheit, der hellste Stern;<br />
auf dem ron der Gerechtigkeit sitzt du<br />
im Angesicht aller himmlischen Mächte.<br />
Die Freudigen versammeln sich und schenken dir<br />
frohe Lieder verschiedenster Art:<br />
So voller Kraft, so siegesgewiss,<br />
so wunderschön, Mutter der Kirche.<br />
Du Licht der Welt und fromme Mutter,<br />
dir gehorchen die höchsten Sterne des Himmels.<br />
Sie verharren, ergrien vor Deiner Schönheit,<br />
Sonne, Mond und alle Sterne am Firmament.<br />
Jungfrau, du herrschst über alle,<br />
die Engel preisen dich über dem Äther.<br />
Heil dir, du starke Beschützerin der Geistlichkeit<br />
und wahre Helferin der Armen.<br />
Du bist der keusche Mond der Gerechtigkeit.<br />
Du Mutter der Gnade und Zuucht<br />
für das Leben der Sünder,<br />
starke Trösterin der Notleidenden: Hilf uns nach dem Tod,<br />
wenn wir das elende Leben verlassen,<br />
und aus Gnade, nicht nach unserem Verdienst,<br />
führe uns zum Vater und zum Sohn.<br />
- 192 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 193 -
7. Prosa: Stabat iuxta Christi crucem<br />
Aufrecht vor dem Kreuz Christi,<br />
Aufrecht sah sie den Meister des Lebens<br />
Vom Leben Abschied nehmen.<br />
Aufrecht, siehe die Mutter,<br />
die schon nicht mehr Mutter war.<br />
Aufrecht betrachtet die Jungfrau das Kreuz<br />
Und das Leid der beiden Lichter,<br />
Das des Gottes, das des Menschen,<br />
Doch weinte sie mehr um ihr eigenes als um das andere.<br />
Sie aufrecht, Er am Kreuze hängend,<br />
Was Er in seinem Fleisch erlitt,<br />
Verspürte sie in ihrem Busen.<br />
In ihrem Herzen ward sie an das Kreuz genagelt,<br />
In ihrem Herzen auch vom Schwert<br />
Durchbohrt, die Mutter des Lammes.<br />
In ihrem Herzen nahm sie die Krone des Martyriums,<br />
In ihrem Herzen war sie verzehrt<br />
Von der Liebe Glut.<br />
Siehe, wie diese Hände wieder zum Leben erwachen<br />
Und die Füße, vom Eisen durchbohrt,<br />
Und die oenen Augen.<br />
Siehe, das Haupt bekränzt von Dornen,<br />
Die ganze Erde fühlt mit und folgt<br />
Jeder Bewegung.<br />
Die heiligen Lippen vom Speichel beeckt,<br />
Die Haut aufgesprungen von der Geißel,<br />
So viele Ströme Blut.<br />
Und die niederträchtigen Verspottungen<br />
Vollenden, was noch gefehlt hat zum Verlust<br />
Und zum Leid der Jungfrau.<br />
Sie weiß, was Weinen heißt für eine Mutter,<br />
Wie schmerzlich es ist, zu gebären.<br />
Diesen Schmerz, den die Geburt einst heilte,<br />
Findet sie wieder vor dem Leichnam ihres Sohnes.<br />
Wohlan denn, Mutter, sei glücklich,<br />
Dass die Nacht Deiner Tränen nun,<br />
Durchtränkt vom Licht, zur Freude werde.<br />
Schenke das Glück des Morgens<br />
Auch unserer Nacht,<br />
Die länger dauert als drei Tage.<br />
Schenk' uns von nun an Deinen Sohn. Amen.<br />
9. Audi pontus, audi tellus<br />
Wasser, hört, und all ihr festen Lande,<br />
Hört, des Ozeans Gestande,<br />
Höre, du Mensche, und alles, was da lebt unter der Sonne,<br />
Er naht, Er kommt, hier ist Er,<br />
An diesem Tage, an diesem Tage jetzt,<br />
An diesem wunderbaren Tag, dem Tag der Bitternis.<br />
Bald wird der Himmel sich verdüstern,<br />
Die Sonne schwinden, und der Mond entiehen,<br />
Die Sterne werden auf die Erde fallen.<br />
Weh, weh, Unglücklicher,<br />
Ihr armen Menschenwesen,<br />
Wozu dieses Rennen nach unnützen Vergnügen?<br />
- 194 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 195 -
14. Cantiga »Quena Virgen ben servirá«<br />
Ein Mönch spazierte durch einen Garten und entdeckte<br />
dort eine Quelle. Er setzte sich hin, betete zur Jungfrau<br />
Maria und bat sie, ihm doch schon jetzt einen kleinen<br />
Vorgeschmack vom Paradies zu geben.<br />
Als er sein Gebet beendet hatte, begann ein kleiner Vogel<br />
sein Lied zu singen. Verzückt lauschte der Mönch dem<br />
lieblichen Gesang ganze 300 Jahre lang, obwohl es ihm<br />
schien, nur eine kurze Weile zugehört zu haben.<br />
Als er zum Kloster zurückging, sah er ein großes Tor, das<br />
er nie zuvor gesehen hatte. Sein altes Kloster fand er nicht<br />
wieder. Er betrat die Kirche, aber keiner seiner Mitbrüder<br />
war dort. Andere hatten ihren Platz eingenommen.<br />
Der Mönch erzählte ihnen, was er erlebt hatte, und sie<br />
lobten die heilige Jungfrau Maria für dieses Wunder.<br />
17. Polorum regina<br />
Polorum regina omnium nostra.<br />
Stella matutina dele scelera.<br />
Ante partum virgo Deo gravida<br />
Semper permansisti inviolata.<br />
Et in partu virgo Deo fecunda<br />
Semper permansisti inviolata.<br />
Et post partum virgo mater enixa<br />
Semper permansisti inviolata.<br />
Unsere Königin aller Himmel, Morgenstern,<br />
nimm unsere Sünden hinweg.<br />
Vor der Geburt, Jungfrau, befruchtet durch Gott,<br />
verbliebst du immer unversehrt.<br />
Auch bei der Geburt, Jungfrau, fruchtbar durch Gott,<br />
verbliebst du immer unversehrt.<br />
Auch nach der Geburt, Jungfrau, Mutter,<br />
verbliebst du immer unversehrt.<br />
- 196 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 197 -
Catalina Vicens, historische Tasteninstrumente<br />
und Perkussion, wurde in<br />
Santiago de Chile geboren. Bereits im Alter<br />
von 18 Jahren erhielt sie ein Stipendium,<br />
um bei Lionel Party am renommierten<br />
Curtis Institute of Music in Philadelphia,<br />
USA, Cembalo zu studieren. Ein weiteres Stipendium des<br />
DAAD ermöglichte es ihr, ihre Studien bei Prof. Robert Hill<br />
in Freiburg fortzusetzen. Anschließend studierte Catalina<br />
Cembalo bei Andrea Marcon an der Schola Cantorum Basiliensis<br />
in Basel, wo sie schließlich, verzaubert durch die Musik<br />
des Mittelalters, ein weiteres Studium mittelalterlicher Tasteninstrumente<br />
bei Corina Marti anschloss.<br />
Seit 2006 nimmt sie zusätzlich Perkussionunterricht bei<br />
Lehrern wie Glen Velez, Murat Coskun u.a., Unterricht in Historischer<br />
Perkussion bei Pedro Estevan (Hesperion XXI) und<br />
Michael Metzler, in Barockpauke bei Philip Tarr und in Iranischer<br />
Perkussion bei Madjid Khaladj.<br />
Im Jahr 2008 wurde ihr der 1. Preis beim Fritz-Neumayer-<br />
Wettbewerb für historische Tasteninstrumente verliehen. Als<br />
Solistin sowie mit verschiedenen Ensembles trat sie in den<br />
USA, Südamerika und ganz Europa in den renommiertesten<br />
eatern wie dem Teatro Colon (Argentinien), dem e Kimmel<br />
Center (USA), dem Teatro Sao Paulo (Brasilien), dem Palace<br />
of Arts (Ungarn), der Semperoper Dresden (Deutschland)<br />
und dem eater Basel (Schweiz) auf. Neben ihrer Mitwirkung<br />
bei vielen Aufnahmen und ihren Auftritten bei den<br />
wichtigsten Festivals und Konzertreihen der Alten Musik,<br />
nahm sie an Meisterkursen von Gustav Leonhardt, Jesper<br />
Christensen, Pedro Memelsdor, Christophe Deslignes, Christophe<br />
Rousset und anderen teil. Catalina unterrichtet auch selbst bei<br />
Meisterkursen in verschiedenen Ländern Europas und Südamerikas.<br />
Katharina Schmölzer, geboren in<br />
Villach, aufgewachsen in Wien. Nach der<br />
Matura Italienischstudium in Rom und<br />
anschließend Kunstgeschichtestudium in<br />
Wien. Schauspielunterricht bei Justus<br />
Neumann.<br />
Ab 1986 Schauspielstudium am Mozarteum in Salzburg. Ein<br />
prägendes Erlebnis war das Shakespeare-Seminar mit Peter<br />
Zadek. Ab 1989 Engagements an Bühnen in Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz, u.a. Stadttheater Bern, Schauspielhaus<br />
Zürich, Staatstheater Mannheim, eater in der Josefstadt,<br />
Salzburger Festspiele. Freie eaterproduktionen mit<br />
dem Klagenfurter Ensemble.<br />
Ab der Spielzeit <strong>2012</strong>/13 Ensemblemitglied am Stadttheater<br />
Klagenfurt.<br />
Katharina Schmölzer ist Mutter von zwei Töchtern und lebt<br />
mit ihrer Familie zurzeit in Villach.<br />
- 198 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 199 -
Samstag, 15.09. | 14 Uhr<br />
Burg Hochosterwitz<br />
Long, Long Time Ago ...<br />
Geschichten und Geheimnisse<br />
längst vergangener Tage<br />
Eclipse<br />
Layil Barr: Blocköten, Viola da gamba<br />
Jean Kelly: Harfen<br />
Ripton Lindsay: Tanz<br />
Johanna von der Deken: Erzählerin<br />
Kinder- und<br />
Familienkonzer t<br />
Einleitung<br />
Es gibt wohl kaum einen Ort, an dem sich mittelalterliche<br />
Sagen und Geschichten besser erzählen ließen, als auf der<br />
schon seit Jahrhunderten als Wahrzeichen unseres wunderschönen<br />
Landes geltenden Burg Hochosterwitz. Und wenn<br />
diese Geschichten noch dazu mit alter Musik zu tun haben,<br />
ist es Grund genug für uns, das diesjährige Kinder- & Famili-<br />
enkonzert im einzigartigen Ambiente der Khevenhüllerschen<br />
Burg stattnden zu lassen.<br />
Da ist zum Beispiel die Geschichte von König Richard Löwenherz<br />
und seiner Gefangennahme: Wurde er von seinem<br />
Heer befreit? Seinen Edelleuten? Seiner Familie? Nein, es<br />
war sein getreuer Troubadour Blondel, der auf der Suche nach<br />
ihm Harfe spielend durch das Land zog und ihm zur Freiheit<br />
verhalf.<br />
Doch Geheimnisse aus längst vergangenen Tagen zu lüften,<br />
ist nur ein kleiner Teil dessen, was uns das Ensemble Eclipse<br />
in diesem magischen Programm aus Sagen und Geschichten<br />
– begleitet von mittelalterlicher Musik – bereiten wird. So<br />
können wir auch alten Instrumenten lauschen, wie zum Beispiel<br />
einer mittelalterlichen Harfe, einer Doppelöte, einer<br />
Riesenöte und einer Harfe, deren Klang uns an einen Esel<br />
erinnern wird.<br />
- 200 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 201 -
Neben Musik erleben wir aber auch den beeindruckenden<br />
jamaikanischen Tänzer Ripton Lindsay, der auf seine Weise<br />
traditionellen und zeitgenössischen Tanz mit Elementen des<br />
Hip-Hop, Reggae und des Jazz verbindet.<br />
Johanna von der Deken, unserem Publikum bestens bekannt<br />
als Moderatorin des letztjährigen Kinderkonzerts, wird abermals<br />
als Erzählerin in Erscheinung treten und uns mit ihrer<br />
wunderbaren Stimme durch das Programm begleiten.<br />
Kommt und lasst euch königlich unterhalten und vergesst<br />
nicht eure Eltern und Großeltern zu diesem Konzert mitzubringen.<br />
Doch seid nicht verwundert, wenn ihr euch ganz<br />
plötzlich in der Rolle des Musikers wiedernden solltet …<br />
Eclipse<br />
Von der Harfenistin Joy Smith und der Blockötenvirtuosin<br />
Layil Barr ins Leben gerufen, bereichert dieses innovative<br />
und mitreißende Ensemble die Szene der alten Musik mit<br />
seinem hervorragenden Spiel und seiner farbenfrohen Präsentation<br />
um frischen Wind und neue Ranesse. Die Musiker<br />
stellen dabei gleichermaßen die meisterhafte Beherrschung<br />
ihrer Instrumente und ihren exquisiten Geschmack<br />
in Inhalt und Form unter Beweis.<br />
Dieses außergewöhnliche internationale Ensemble spielt<br />
auf selten gehörten und gesehenen Instrumenten und fügt<br />
so Alte Musik, zeitgenössische Musik und Tanz zu einem<br />
neuen Ganzen. Mit ihren phantasievollen Kostümen und der<br />
szenischen Gestaltung bereiten uns die Musiker von Eclipse<br />
ein Fest für die Sinne.<br />
Zu den weltweiten Engagements zählen das Brighton Early<br />
Music Festival, das Stour Early Music Festival, die Internationalen<br />
Festspiele von Mersin, die Internationale Konzertreihe<br />
von Istanbul, die Konzertreihe des Royal Northern College of<br />
Music, Barbican, Hackney Empire, Glastonbury Festival, Womad<br />
und andere mehr. Außerdem traten sie live im Fernsehen und<br />
im Rundfunk auf, darunter bei den Sendern BBC Radio 3 & 4,<br />
und wurden zu »selected artists« des Making Music Concert<br />
Promoters' Programms 2008 gewählt.<br />
Eclipse ist eines der spannendsten Ensembles in der gegenwärtigen<br />
Alten Musikszene. Mit ausgeprägtem Gespür für<br />
- 202 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 203 -
auührungstechnische Details und mit einigen der besten<br />
Musiker der jungen Generation unter seinen Mitgliedern,<br />
präsentiert das Ensemble in seinen Konzerten eine farbenfrohe<br />
Mischung aus virtuoser Musik, Erzählkunst, eater<br />
und Tanz.<br />
Johanna von der Deken wurde in<br />
Graz geboren, lernte am dortigen Konservatorium<br />
Violine und absolvierte eine<br />
Schauspielausbildung an der Schule des<br />
Wiener Volkstheaters. Es folgten Engagements<br />
in Fernsehen, Film und eater.<br />
Ihre Gesangsausbildung erhielt sie am Konservatorium der<br />
Stadt Wien, sowie im Privatstudium bei Hilde Rössel-Majdan,<br />
Hilde Zadek und Herwig Reiter. Ihr vielfältiges Repertoire erstreckt<br />
sich von Barockmusik bis zu zeitgenössischen Werken.<br />
Die lyrische Sopranistin gastierte im Rahmen von Opernprojekten<br />
am eater an der Wien, der Grazer Oper, der Berliner<br />
Staatsoper, der Wiener Kammeroper, der Neuen Oper Wien,<br />
dem Wiener Odeon, bei der Ruhrtriennale, der Oper Klosterneuburg,<br />
am Wiener Schauspielhaus, am Stadttheater Klagenfurt,<br />
beim Carinthischen Sommer, sowie an der Pariser Opéra<br />
Garnier. Im Konzertbereich wurde sie zur Zusammenarbeit<br />
mit renommierten Ensembles wie Die Reihe, das Klangforum<br />
Wien, die Wiener Akademie, Armonico Tributo, das Haydn-<br />
Trio Eisenstadt, Ensemble Prisma Wien, La Capella Reial de<br />
Catalunya sowie die Wiener Symphoniker eingeladen. Projekte<br />
der jüngsten Vergangenheit waren »König David« von Arthur<br />
Honegger im Wiener Konzerthaus, »Opern der Zukunft« an<br />
der Grazer Oper, »Death in Venice« im eater an der Wien,<br />
»Xenos-Szenen« von Beat Furrer mit dem Klangforum Wien,<br />
Haydns »Schöpfung« bei der Styriarte, »Sinfonia« von L. Berio<br />
im Herkulessaal in München unter R. Chailly sowie »Jahrlang<br />
ins Ungewisse hinab« von F. Cerha unter J. Kalitzke im Mozarteum<br />
Salzburg.<br />
Seit vielen Jahren macht Johanna von der Deken in Zusammenarbeit<br />
mit der Jeunesse, der Philharmonie Luxemburg sowie<br />
der Styriarte Kinderproduktionen, die von Opernbearbeitungen<br />
(»Die Entführung aus dem Serail«, »Die Hochzeit<br />
des Figaro«, »La nta giardiniera«, »Il mondo della luna«),<br />
über Konzertprogramme (»Es werde Licht«) bis zu eigenen<br />
Stücken (»Ein Lipizzaner in Havanna«) führen, und für die<br />
sie stets als Texterin, als auch als Sängerin tätig war. Zur Zeit<br />
schreibt sie im Auftrag der Wiener Staatsoper an dem Libretto<br />
für eine Kinderoper, die von Lisi Naske vertont wird.<br />
Layil Barr, Blocköten und Viola<br />
da gamba, gilt als eine der virtuosesten<br />
Blockötistinnen aller Zeiten. Ihr Spiel<br />
wurde als »unvergesslich« und »umwerfend«<br />
beschrieben, wobei sie in besonderer<br />
Weise für ihre dynamische Interpretation<br />
von Musik aller Epochen bekannt wurde.<br />
Sie studierte an der Rubin Academy of Music in Jerusalem<br />
und am Trinity College of Music in London bei Philip orby.<br />
Während dieser Zeit gestaltete sie Sendungen für das Jerusalem<br />
Music Centre und wurde mit verschiedenen Preisen<br />
ausgezeichnet, unter anderem mit dem Preis der Amerika-<br />
- 204 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 205 -
Israel-Kulturstiftung, dem Dorothy Stone Award und der TCM<br />
Silver Medal for Early Music. Als Solistin trat Layil Barr mit<br />
verschiedenen Orchestern auf, darunter das Royal Artillery<br />
Orchestra und das Israelische Kammerorchester, und gab Gastspiele<br />
in den USA, in China, Korea, Israel, Ägypten, Italien,<br />
Spanien, Frankreich, Irland und im Vereinigten Königreich.<br />
Während ihres Studiums am Trinity College of Music wurde<br />
sie von Alison Crum in das Spiel der Viola da gamba eingeführt.<br />
Layil Barr spielt mit zahlreichen Gruppen aus den Genres<br />
Alte Musik und Weltmusik, darunter Le Concert Des Nations<br />
unter der Leitung von Jordi Savall, e Telling, Charivari<br />
Agreable, Minerva u.a.<br />
Jean Kelly, Harfe, stammt aus einer<br />
irischen Familie, die seit mehreren Generationen<br />
professionelle Musiker hervorbringt.<br />
1996 errang Jean ein Stipendium<br />
für ein Harfenstudium am Royal College<br />
of Music in London. Seit ihrem Abschluss<br />
lebt sie in London und erfreut sich als vielseitige Harfenistin<br />
zahlreicher Engagements. Sie geht regelmäßig mit dem<br />
Locrian Ensemble auf Tournee, unter Darbietung von Harfenkonzerten<br />
und eigenen Arrangements irischer Musik. Aus<br />
der Zusammenarbeit mit dem Ensemble erwuchsen auch<br />
drei CD-Aufnahmen, darunter Händels Harfenkonzert und<br />
Mozarts Konzert für Flöte und Harfe. Eine CD mit Kammermusik<br />
von Richard Arnell wurde vom Gramophone Magazine<br />
mit einer besonderen Empfehlung versehen. Aufnahmen<br />
von Jean erschienen darüber hinaus auch beim Guild Label.<br />
Im Mai 2011 erhielt Jean eine Einladung nach Dublin, um<br />
anlässlich des historischen Besuchs von Königin Elizabeth zu<br />
spielen. Ihre Harfenmusik bildet einen Bestandteil einer Reihe<br />
von Filmmusiken. Sie hat mit Katie Melua ebenso Aufnahmen<br />
erstellt wie mit den Chieftains und für BBC Radio<br />
und Fernsehen. Im Duett mit Sir James Galway trat sie 2005<br />
auf RTE Television (Irland) zur Schlussfeier der Kulturhauptstadt<br />
Cork auf. Als Bühnenmusikerin für die Boomerang eatre<br />
Company aus Cork spielte Jean in Wien und St. Petersburg<br />
und war 2006 Teil einer Produktion der Rough Magic<br />
eatre Company am Soho eatre in London.<br />
Gemeinsam mit Nobelpreisträger Seamus Heaney trat sie bei<br />
der Erönungsfeier des Welt-Harfen-Kongresses in Dublin<br />
auf und begleitete die irische Präsidentin Mary McAleese<br />
auf einem Staatsbesuch nach Österreich. Jean hat mit dem<br />
bekannten israelischen Sänger sephardischer Lieder Yasmin<br />
Levy Harfe gespielt. Besondere Freude bereitet ihr traditionelle<br />
irische Folkmusik, zugleich spielt sie auch mittelalterliche<br />
Harfe und Fidel in der Londoner Gruppe Joglaresa, die<br />
sich auf Alte Musik spezialisiert.<br />
Jean bildet ein Duo mit ihrer Schwester Fiona Kelly, preisgekrönte<br />
Flötistin, Stipendiatin an der Juilliard School of Music<br />
und gegenwärtig in New York wohnhaft. Sie konzertierten<br />
innerhalb und außerhalb des Vereinigten Königreichs, zuletzt<br />
mit dem Irish Chamber Orchestra und einer Darbietung von<br />
Mozarts Konzert für Flöte und Harfe als Höhepunkt. Für<br />
P&O Kreuzfahrten wirkten sie bei den Classic Music Festivals<br />
at Sea mit Richard Baker als Gastgeber mit, daneben brachten<br />
sie auch mit weiteren irischen Musikern der Londoner Szene<br />
eine CD unter dem Titel »Toss the Feathers« heraus.<br />
- 206 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 207 -
»Ein Vergnügen für Ohr wie Auge, war die reizende Jean Kelly<br />
der Star in Händels köstlichem Harfenkonzert mit dem Locrian<br />
Ensemble, eine bezaubernde Kombination.« Bournemouth Echo<br />
Ripton Lindsay, Tanz.<br />
»Musik verleiht uns ein Gespür für Iden-<br />
tität, Bestimmung und Zeit.<br />
Es ist wichtig, ehrlich gegenüber sich selbst<br />
und in seinem Tun zu bleiben.«<br />
Unter Bewahrung der überlieferten Werte von Jamaika und<br />
insbesondere der Maroons, der Nachkommen geohener<br />
schwarzafrikanischer Sklaven in der Karibik und auf dem<br />
amerikanischen Kontinent, hat Ripton Lindsay seine eigene<br />
ausgeprägte Handschrift entwickelt, die traditionellen Tanz<br />
mit Hip-Hop, Reggae und Jazz vereint.<br />
Ripton gewinnt mit seinen Auftritten und Choreographien<br />
die Herzen des Publikums auf der ganzen Welt, bei Karnevalsparaden<br />
ebenso wie bei Festivals, als Darsteller gleichermaßen<br />
wie als Workshopleiter.<br />
Ripton war Gründer und von 1992 bis 2000 Künstlerischer<br />
Leiter der Nkiru Performing Troupe, die sich auf traditionellen<br />
jamaikanischen Tanz und Gegenwartstanz spezialisierte.<br />
Im Verlauf seiner Karriere hat Ripton unter anderem mit der<br />
deutschen Filmproduktionsrma Polyphon, mit MTV, der<br />
Dave Matthews Band und dem Jazzmusiker Alex Wilson zusammengearbeitet.<br />
Er absolvierte Auftritte bei zahlreichen<br />
Festivals, darunter das WOMAD (World of Music, Arts and<br />
Dance) im Vereinigten Königreich und in Abu Dhabi, in<br />
Glastonbury, beim Big Chill und dem Shambala Festival.<br />
Neben seiner Tätigkeit als Tänzer und Choreograph ist Ripton<br />
auch DJ, Moderator und Poet und hat mit Afrika Bambaataa<br />
von der Zulu Nation, mit Daddy G (Massive Attack), Aquasky,<br />
Freq Nasty, Mr Benn und anderen zusammengearbeitet.<br />
- 208 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 209 -
- 210 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 211 -
Samstag, 15.09. | 19 Uhr<br />
Rathaus St. Veit<br />
Der Kopf des<br />
Georg Friedrich Händel<br />
Aus einer Erzählung von Gert Jonke<br />
Ensemble Prisma Wien<br />
Gelesen von Markus Hering<br />
Singers in Residence<br />
Hanna Herfurtner: Sopran<br />
Ida Aldrian: Mezzosopran<br />
Jan Petryka: Tenor<br />
Ulfried Staber: Bass<br />
Thomas Fheodoroff: Leitung<br />
Ingrid Ahrer: Gestaltung/Dramaturgie<br />
Konzert mit den<br />
Singers<br />
in Residence<br />
Einleitung<br />
»Der Kopf des Georg Friedrich Händel« ist ein Projekt der<br />
trigonale <strong>2012</strong>, an dem viele Köpfe beteiligt sind. Sie alle hier<br />
aufzuzählen, ist weit weniger wichtig (die Namen stehen ja<br />
ohnehin alle im Programmheft), als darüber zu erzählen, wie<br />
all diese Köpfe in den Prozess eines »Work in progress» eingebunden<br />
sind.<br />
»Der Kopf des Georg Friedrich Händel« ist ein kurzweiliger,<br />
launischer und musikalischer Text über verschiedene Lebenssituationen<br />
des barocken Genius, wie sie sich zugetragen haben<br />
mögen – oder auch nicht! Der Kopf des Markus Hering<br />
wird beim Vortragen des Textes das eine Mal dramatisch<br />
lesen, ein anderes Mal poetisch, hier seine Stimme forte erheben,<br />
dort piano, diese Passage allegro, jene adagio anlegen,<br />
worauf der Kopf des omas Fheodoro mit seinem Ensemble<br />
und den vier Sängern in Residence musikalisch reagieren, interagieren,<br />
kontrastieren, reektieren etc. wird.<br />
Was wird gespielt? Soviel steht fest: Musik vom Kopf des<br />
Georg Friedrich Händel – Lassen Sie sich überraschen!<br />
- 212 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 213 -
Ich möchte mit der Sprache nicht nur erzählen,<br />
sondern auch Musik machen.<br />
Das ist mein Wunsch.<br />
So im guten alten homerschen Sinn.<br />
Sprache und Musik bei Gert Jonke<br />
Im 8. Feber 1946 als uneheliches Kind einer sehr begabten<br />
Pianistin geboren, die ihre aufsteigende Karriere nach der<br />
Geburt des Sohnes Gert Friedrich abbrechen mußte. Der<br />
Vater, ein Musikinstrumentenbauer und Ziehharmonika-<br />
Fabrikant, kümmerte sich nie um das Kind und blieb für den<br />
Buben eine Sehnsuchtsgur.<br />
Musik war von Anfang an bestimmend für Jonkes Leben.<br />
Die Mutter Hedy gab tagsüber Klavierunterreicht fürs Auskommen,<br />
am Abend spielte sie für den Buben Ravel, Chopin,<br />
Debussy – ein Ritual, es waren die prägenden Momente für<br />
sein Leben.<br />
Künstler wollte er werden, am besten Musiker. Es kam dann<br />
doch anders. Am städtischen Konservatorium in Klagenfurt<br />
studierte er zunächst Klavier. (Er war mit sich nicht zufrieden<br />
und führte es auf seine zu kurzen Finger zurück; später<br />
erzählte er allerdings, daß er nicht eißig genug war, und er<br />
bedauerte dies auch im Nachhinein.)<br />
Dann, nachdem er dem Mief der lust-, kunst- und phantasiefeindlichen<br />
Nachkriegs-Atmosphäre der Provinz entiehen<br />
konnte, studierte er in Wien an der Filmakademie, danach<br />
u. a. Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft.<br />
Er brach diesen Weg aber ab und schrieb in seinen damaligen<br />
Erzählungen über die Pumphosenwissenschaft, die Zwanzighosenuniversitätsmusikwissenschaft<br />
und lebte fortan als Anrainer<br />
des Geisteswissenschaftenlandstrichs.<br />
Längst hatte er zu schreiben begonnen. Schon im Gymnasium<br />
war diese zweite Leidenschaft in ihm erwacht, als der<br />
Deutschlehrer jenes Gedicht von Trakl auf die Schultafel<br />
geschrieben hatte: Der grüne Sommer ist so leise geworden.<br />
Ab diesem Augenblick begann er zu dichten. Zuerst nur im<br />
Kopf, seine »Kopfgeburten«, dann ng er zu schreiben an<br />
– im Stile Trakls natürlich. (In der damaligen Kärntner Literatur-Zeitschrift<br />
Der Bogen wurden seine Jugendversuche<br />
abgedruckt, und er wurde ganz rasch als große Nachwuchsbegabung<br />
präsentiert – auch im Rathaus von St. Veit, bei den<br />
St. Veiter Literaturtagen 1964.)<br />
Der erste große Erfolg des jungen Jonke war der Geometrische<br />
Heimatroman, den er nach einer Persien- und Afghanistanreise<br />
schrieb. Ein im gesamten deutschen Sprachraum<br />
hochgelobter ungewöhnlicher »Anti-Heimatroman« war ein<br />
Sprach-Experiment, in dem er mit seiner methodischen<br />
Forschungsarbeit begann. Form und Inhalt ergänzten sich,<br />
waren auf der Höhe des zeitgenössischen Empndens. Der<br />
junge Schriftsteller schrieb an gegen die Einverleibung von<br />
Mensch und Natur durch die Gesellschaft, gegen die vollkommen<br />
künstlich werdende Welt der totalen Machbarkeit,<br />
die durchrationalisierte Welt, die dann in Totalitarismus umschlägt.<br />
Auch in seinen beiden nächsten Romanen blieb er bei<br />
seiner konsequenten Radikalität: Glashausbesichtigung, 1970,<br />
- 214 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 215 -
und Die Vermehrung der Leuchttürme, 1971 in Berlin geschrieben<br />
und ebenfalls im deutschen Suhrkamp Verlag erschienen.<br />
M. Kersting schrieb damals in der Zeit: Es handelt sich um eine<br />
Dichtung, die ihren eigenen Apparat, die Sprache untersucht, also<br />
einen erkenntniskritischen Vorgang in das eigene Medium verlegt.<br />
Die ersten Bücher sind strenge Kompositionen. Musikalische<br />
Formen werden hier eingesetzt: musikalisch-architektonische,<br />
rondo-, refrain- und variationsartige Strukturen,<br />
Wiederholungen, Übertreibungen, Umkehrungen usw. Ganze<br />
Passagen sind in rhythmischer Prosa abgefaßt. Mit der<br />
Wort-Klang-Poetik in seinen Sprachkunstwerken erzielte<br />
Jonke höchste musikalische Wirkung.<br />
In dem Essay Die Überschallgeschwindigkeit der Musik protestiert<br />
Jonke heftig gegen Nietzsches Auassung, die Sprache<br />
könne als Organ und Symbol der Erscheinungen nie und nirgends<br />
das tiefste Innere der Musik nach außen kehren, sondern<br />
bleibe immer, sobald sie sich auf Nachahmung der Musik<br />
einläßt, nur in einer äußeren Berührung mit der Musik.<br />
In Jonkes späteren Werken, der großen Roman-Trilogie, seinem<br />
dramatischen Werk, seinen Erzählungen und Novellen,<br />
seinen Musik-Essays wird dann die Musik selbst oder der<br />
Musiker zum ema.<br />
Nach der Musikgeschichte (Literarisches Colloquium Berlin)<br />
und Beginn einer Verzweiung. Epiloge (Residenz Verlag), Im<br />
Inland und im Ausland auch usw., erscheint 1977 der Roman<br />
Schule der Geläugkeit (Suhrkamp).<br />
Mit diesem Buch verändert Jonke sein Schreiben. Weg vom<br />
radikal Experimentellen interessiert ihn nicht mehr die formale,<br />
distanzierte Herangehensweise, sondern er stellt das<br />
Subjekt, das ICH in den Mittelpunkt: Künstlerpersönlichkeiten<br />
mit ihrer Honung, mit Hilfe der Kunst der Welt<br />
zu entkommen. Die Sehnsucht nach dem Ideal ist nun ein<br />
starkes Motiv - nach einer Utopie: der idealen Kunst, Form,<br />
Sprache, Musik und - nach der idealen Frau.<br />
( Jonke ist auch hier sehr konsequent in seinen grandiosen<br />
literarisch-philosophischen Entwürfen. Seine Protagonisten<br />
treibt eine Unbedingtheit in Perfektionsexzesse, die gefährliche<br />
Grenzgänge zwischen Genie und Wahnsinn herausfordern.<br />
Die absolute Konsequenz ist die Sehnsucht nach<br />
Selbstauösung in der Kunst, im Tod, oder das Verschwinden<br />
/ die Auösung ndet gleichzeitig mit dem apokalyptischen<br />
Weltzusammenbruch statt.)<br />
In dem ersten Teil des Buches, Gegenwart der Erinnerung,<br />
wird ein Fest einer städtischen bürgerlichen Gesellschaft, zu<br />
dem auch der Komponist Burgmüller, die Hauptgur der Erzählung,<br />
vom Photographen Diabelli und seiner Schwester<br />
Johanna eingeladen wird, wiederholt – und zwar so genau,<br />
daß es keinerlei Abweichung zum Fest des Vorjahres gibt,<br />
daß Zeit und Geschichte aufgehoben scheinen - die vollständige<br />
Gegenwart der Erinnerung.<br />
Ein kaum ertragbarer Zustand, der nur durch ein wunderbares<br />
Ereignis, die Erfüllung der Sehnsucht, das Erleben<br />
des Unsagbaren, des Unbeschreiblichen – der idealen Musik auf-<br />
- 216 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 217 -
gehoben wird. Bei Jonke ist es die reine und vollkommene<br />
Naturmusik.<br />
Dem Pianisten Schleifer gelingt es, die wunderbarste Musik<br />
hörbar werden zu lassen, ohne daß er je ein Instrument »wirklich«<br />
in Einsatz gebracht hat, durch die virtuoseste der mir je<br />
untergekommenen Lautlosigkeiten, die er seinem Instrument ent-<br />
lockte. Alle Empndungs-Grenzen werden dabei überschritten,<br />
»vernichtend schöne« Todesnähe stellt sich ein – um den<br />
Preis des Vergessens, die Erinnerungslosigkeit. Die Musik ist<br />
wohl zu hören, aber niemals ist es möglich, sie zu wiederholen,<br />
sie zu notieren. Einzig mit Hilfe der Sprache kann eine<br />
solche Musik beschrieben und damit transformiert werden.<br />
(…) Als die Nachtluft plötzlich ganz leise schwingend zu klingen<br />
begann, ein leicht vibrierendes Summen war von überall auf<br />
mich eingedrungen, oder war es ein daherschwebendes Singen von<br />
Tönen in einer kaum für möglich gehaltenen Höhe, das der gerade<br />
eben aufgekommene leichte Wind zerstreute. Ich hatte die Emp-<br />
ndung von überlagerten wandernden Tonwolken und sich ballenden<br />
Klangnebeln, welche sich ineinander verschoben, herbei-<br />
und hinwegwälzten, eine ganz leise, kaum hörbare, vernichtend<br />
schöne Musik, wie sie mir bislang noch niemals untergekommen<br />
war, ganz hoch, aber gleichzeitig ganz tief wohltuend abgedunkelt;<br />
leicht verschwommene, hauchdünne Luftakkordächen, zusammengeknüpft<br />
aus den von der Landschaft aufgestiegenen Tönen,<br />
sämtlicher in der Gegend denkbarer Tonstufen (…)<br />
Ich fühlte die einzelnen Töne zart über meine Haut gleitend<br />
durch meinen Kopf streifend meinen gesamten Körper hindurch-<br />
ießend, ein mich durchutender Musikwind, der in mir unbekannte<br />
Empndungen und Gefühle auslöste, denen ich ganz<br />
kurz glaubte, nicht gewachsen zu sein, und die ich nicht benennen<br />
konnte (…), ich wurde von einer Art traumhaft glücklichen<br />
Trauer erfaßt (…), und dann beel mich unsagbar glückliche<br />
Freude. (Aus: Schule der Geläugkeit)<br />
Auch im zweiten Buch der Trilogie, Der ferne Klang, das 1979<br />
im Residenz Verlag erscheint, ist, neben der Suche nach der<br />
wunderbaren einzigen Frau, Musik als Metapher ein großes<br />
ema. Der Komponist Burgmüller und ICH-Erzähler begibt<br />
sich auf eine Reise, die immer wieder am Anfangspunkt<br />
endet. Auch hier lösen sich Raum, Zeit und Wirklichkeit auf,<br />
letztlich schwindet alles dahin. Der Komponist hat schon<br />
längst aufgehört zu komponieren, er scheitert an seinen viel<br />
zu hohen ästhetischen Ansprüchen, an der Unrealisierbarkeit<br />
dessen, was in seiner Phantasie anklingt. Er verlegt sich auf<br />
die Erforschung der Möglichkeit und der Unmöglichkeit<br />
der Musik. (Hier schließt Jonke die existentielle Krise mit<br />
der modernen Musik zusammen – die Kommunikation wird<br />
zum großen Problem.)<br />
Doch dann verwandelt sich die Landschaft in eine Musikhülle,<br />
in Tonhitzeklangwolken und Melodiegewebeschwaden,<br />
und es kommt zu einem stetigen Tönen der Landschaft,<br />
das schließlich die Zerstörung durch sich selbst ankündigt.<br />
Das Tönen des fernen Klanges überschwemmt die Stadt, die<br />
Landschaft, nimmt alles mit sich – ein überwältigend schöner<br />
Untergang – Apokalypse und Neuanfang zugleich. Jonke bezieht<br />
sich auf die Oper von Franz Schreker: Die Ouvertüre der<br />
- 218 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 219 -
überwältigenden Schönheit eines herbeigehoten Unterganges, die<br />
herbeigesehnte erregend berührende Zerstörung der Natur durch<br />
sich selbst, die nun so lange sich weiter zerstört, bis die Leute aus<br />
ihr herausverschwunden sind und sie, befreit von den Menschen,<br />
wieder neu beginnen kann (…)<br />
Der Roman hat drei grandiose Finale. Der Dichter stellt alles<br />
wieder in Frage, schat Irritation: Daß sich diese ganze Welt<br />
endgültig als eine völlig lächerlich irrtümliche geradezu göttlich<br />
überirdische Witzkosmik, als kosmischer Witz in Form einer<br />
geradezu transzendentalen Impertinenz herausstellen könnte.<br />
Doch das Besinnen auf das Brauchbarste, was wir haben, auf<br />
unsere Gefühle und Empndungen, kann auch als Auorderung<br />
genommen werden:<br />
»Ich«, was heißt denn schon »ich«? Können Sie mir das sagen?<br />
Nein? Na sehen Sie. Richtig »ich« könnte man vielleicht höchstens<br />
dann zu sich sagen, wenn die Empndungen und Gefühle, das<br />
ohnedies Brauchbarste, worüber man verfügen kann, wirklich in<br />
vollem Ausmaß empnden und fühlen könnten, was alles emp-<br />
ndbar und fühlbar wäre, wären sie nicht abhängig und gefesselt<br />
von einem anatomisch-spießbürgerlichen Körpersystem, das auf<br />
Grund seines dilettantischen Aufbaus ihre vollwertige Entfaltung<br />
verhindern muß. Und an ein solches »Ich« käme man, wenn<br />
überhaupt, ganz langsam tastend heran, und selbstverständlich<br />
ausschließlich per Sie.<br />
Ulrich Greiner schrieb bei Erscheinen des Buches am 9. 10.<br />
1979 in der FAZ:<br />
Gert Jonkes Roman »Der ferne Klang« ist ein so außergewöhn-<br />
liches und ausgefallenes Buch, daß man von der üblichen Aufgabe<br />
einer Rezension, darzustellen, wovon es handele und wie es davon<br />
handle, fast verzagen müßte, wäre nicht da der Wunsch, möglichst<br />
viele Leser möchten sich einlassen auf diese phantastische Fahrt,<br />
wo einem Hören und Sehen derart vergeht, daß man Hören und<br />
Sehen von neuem lernt.<br />
Nach den drei Romanen, in denen die erfundenen Künstler,<br />
Musikkünstler, Komponisten, deren Leben mit seinem<br />
Leben, seinen Erndungen assoziativ verwoben ist, schreibt<br />
Jonke jetzt über drei reale Komponisten, an denen er nicht<br />
nur historisch biographisch interessiert ist: Händel, Beethoven<br />
und Webern sind die Helden (s)einer absoluten Kunst.<br />
1985/86 wird der Spiellm Geblendeter Augenblick – Anton<br />
Weberns Tod (Hessischer Rundfunk) mit Peter Fitz als Anton<br />
von Webern gedreht. Jonke schreibt das Drehbuch und ist<br />
auch wesentlich an der Umsetzung beteiligt. Im Film wird<br />
Weberns Biographie mit den Lebenslinien jenes amerikanischen<br />
Besatzungssoldaten, der aus einem tragischen Versehen<br />
heraus im September 1945 den großen Komponisten<br />
in Mittersill erschoß, verknüpft und in einer »Engführung«<br />
aufeinander bezogen.<br />
Hier geht es wieder um Jonkes Zentralthema, die Suche nach<br />
der idealen Musik. Schweigen und Stille an der Grenze zum<br />
Verstummen sind Voraussetzungen für das Entstehen der<br />
wahren Musik. In der Musik Weberns scheint Hörbares nur<br />
aus der Stille hervorzubrechen, um »die Zeit aufzuheben« –<br />
ein Ideal.<br />
- 220 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 221 -
Der Dirigent Anton von Webern verlangt in einer Probe<br />
eines Violinkonzerts von Alban Berg von seinen Musikern,<br />
daß sie die Stille beherrschen, ein »schweigendes Orchester«<br />
sind. Erst die nicht gespielte Musik ist die wirkliche Musik.<br />
Die »makellose Stille, wie er sie haben wollte« wird nur<br />
ein einziges Mal erreicht. Webern versucht die Auührung<br />
zu verhindern, um die Idee dieser Musik rein zu bewahren.<br />
Jonke schreibt in seinem Essay Die Überschallgeschwindigkeit<br />
der Musik über die Verunreinigung der Musik durch Umsetzung<br />
in materielle Gestalt: Und außerdem ist ja auch jede Art<br />
von Musikwiedergabe nichts anderes als eine Art von Musikbeschreibung<br />
in einer jeweils verschiedenen Form der Wiedergabe<br />
des Notentextes, den der Komponist niedergeschrieben hat – und<br />
nicht die Musik selbst.<br />
Die Novelle Geblendeter Augenblick – Anton Weberns Tod wurde<br />
2006 im Buch Strandkonzert mit Brandung, (Verlag Jung<br />
und Jung, Salzburg/Wien) herausgegeben - gemeinsam mit<br />
Der Kopf des Georg Friedrich Händel und Seltsame Sache – Ein<br />
Melodram für Lorenzo da Ponte.<br />
Der Kopf des Georg Friedrich Händel ist zunächst eine Musikbiographie<br />
des 18. Jahrhunderts. Natürlich bleibt es bei<br />
Jonke nicht bei einer Erzählung im hergebrachten Sinn. Es<br />
beginnt 1748 mit der Feuerwerksmusik und geht dann auf<br />
den Tod Händels im Jahr 1759 über. Am 13. April ( Jonke<br />
nennt keine Jahreszahl) verlassen ihn die Kräfte. Es ist ihm,<br />
als würde er über seinem eigenen Körper … schweben, und er<br />
ist als ein durchsichtiges Spiegeln von bisher noch niemals gehörten<br />
Klängen empndbar geworden... Einen Tag danach ist<br />
Händel gestorben, wie in den Biographien nachzulesen ist.<br />
Bei Jonke kommt dann die Rückblende: Am 13. April, genau<br />
zweiundzwanzig Jahre zuvor, aber war ihm schon Ähnliches widerfahren,<br />
allerdings ohne derart hingegeben entschlossene Endgültigkeit.<br />
Händel hatte schon damals einen »Schlaguß«, der<br />
ihn halbseitig gelähmt machte, und nur in langen, energisch<br />
und berserkerhaften betriebenen Anstrengungen hatte er es<br />
damals geschat, wieder arbeitsfähig zu werden.<br />
In Händels Rückschau auf sein Leben erfährt man die für<br />
ihn guten und schlechten Begegnungen, u. a. mit John Gay,<br />
dessen erfolgreiche Beggar's Opera den italienischen Opern<br />
Händels mit ihren Luftgöttern eine große Konkurrenz gewesen<br />
war und ihn in eine schwere Krise brachte. Händels<br />
Kunstentwurf ist Jonke viel näher. Händel wird von Jonke gezeigt,<br />
wie er in seinem Schaensrausch, der den Messias hervorbringt,<br />
an die Grenzen des Vorstellbaren gelangt. - Wie<br />
er nach einem peinigenden Gefühl des Unvermögens seine<br />
Aufhebung und zugleich die höchstmögliche Steigerung in<br />
der Kunst erlebt. - Die ideale Musik: die schwebende Ambivalenz<br />
von Leben und Tod. Jonke schreibt in seinem Essay<br />
Die Überschallgeschwindigkeit der Musik davon, wie Kunst es<br />
zustandebringt, mit Worten »Unsagbares« auszudrücken, mit<br />
Tönen und Klängen »Unhörbares« erahnbar bzw. empndbar<br />
zum Fühlen zu bringen.<br />
Ein unfaßbar selbstverständliches Glücksempndungsblitzen<br />
durchdrang Händel immer wieder, und eine Freude durchutete<br />
den Komponisten wie heftiger Aschenregen, der sich aus ihm erhob<br />
und auch die letzten Spuren in ihm ausgebrannter Ruinenschatten<br />
- 222 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 223 -
fortströmte ins unerreichbar tiefe Vergessen der gewissenhaft<br />
abgeklärten Lagunen seiner Erinnerung, als wären mit seinem<br />
Wiedererwachen gemeinsam auch bisher fremd gewesene Bereiche<br />
eines ganz neuen Fühlens und Wissens hochgetaucht, die er spüren,<br />
aber nicht benennen konnte, doch, benennen, klingend übertragen,<br />
und war er allen verstecktesten Rätseln hautnah auf der<br />
Spur mit den Tönen seiner gerade neu komponierten Musik, hörbar,<br />
deren Auösung aufklingen zu lassen, bisher Unbegreiiches,<br />
Unaussprechliches und Undenkbares zu deutlich begreifbar genau<br />
vernehmlichen Gestalten geformt.<br />
Händel ist ein Ideal, ihm wird die Erfüllung zuteil. Jonke<br />
geht in seiner Dichtung wieder an den Anfang zurück – Zeit<br />
ist aufgehoben, es existiert die reine Gegenwart in der Vergangenheit<br />
und Zukunft. Im Tode schließt sich der Kreis.<br />
Händel ist der einzige Künstler, dem Jonke diese Vollendung,<br />
die ästhetische Utopie, die endgültige Erfüllung erlaubt.<br />
Und am 13. April spürte Händel, wie der Horizont von weit<br />
hinter der Stadt durch die Gassen wanderte und an seinem Bett<br />
sich niederließ (…), während er schon über seinem eigenen Körper<br />
zu schweben glaubte (…), während der Horizont mit Händel<br />
schon hinter den Stadtrand an den Saum des beginnenden Ozeans<br />
wieder zurückgelehnt war, ganz weit hinter dem stehengebliebenen,<br />
in diesem Landstrich hinter der Stadt einfach steckengebliebenen<br />
Fluß.<br />
Ingrid Ahrer<br />
- 224 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 225 -
Ensemble Prisma Wie n<br />
Prisma steht für Spielfreude, Wahrhaftigkeit und Vision in<br />
der Musik! In einem physikalischen Prisma wird einfallendes<br />
Licht in seine Strahlen aufgespalten, um dem Betrachter in<br />
seiner schönsten und reinsten Form – als Regenbogen – neu<br />
zu erscheinen.<br />
Übertragen auf das akustische Erleben nehmen wir Klang in<br />
unser Prisma auf, um ihn dem Zuhörer in seiner Reinheit<br />
und Wahrheit zu präsentieren.<br />
Prisma spielt herausragende Musik aller Stilepochen in variablen<br />
Besetzungen und natürlich auch am jeweils historischen<br />
Instrumentarium. Die Zusammenarbeit mit erstklassigen<br />
Sängern und Instrumentalisten wird gesucht, Auftragswerke<br />
an zeitgenössische Komponisten werden vergeben.<br />
Der Reiz des erhöhten künstlerischen Anspruchs an jedes<br />
einzelne Ensemblemitglied ist durch die Idee einer vergrößerten<br />
Kammermusik gegeben. Die Grenzen des Möglichen<br />
sind dabei stets Herausforderung zur Erweiterung der Besetzungsgröße<br />
– eine »gewachsene« Gruppierung also, die den<br />
hundertprozentigen Einsatz aller Beteiligten erfordert.<br />
Die mitwirkenden Musiker sind dem Gründer und Leiter<br />
des Ensembles omas Fheodoro als Kammermusik- oder<br />
Orchesterpartner, bzw. als Lehrer oder Schüler langjährig<br />
bekannt. Durch diese Wurzeln ist eine gemeinsame musikalische<br />
und stilistische Annäherung an die jeweilige Musik –<br />
gleich einem gemeinsamen »Dialekt« – gewährleistet.<br />
Prisma wurde 2004 gegründet und war u.a. bei der Styriarte,<br />
beim Klangfrühling und im Wiener Konzerthaus zu Gast.<br />
Gert Jonke, geboren am 8.1.1946 in<br />
Klagenfurt, gestorben am 4.1.2009 in<br />
Wien. Er studierte an der Universität in<br />
Wien Germanistik, Philosophie und Mu-<br />
sikwissenschaften und besuchte die Wiener<br />
Hochschule für Musik und Darstellende<br />
Kunst / Abteilung Film und Fernsehen. 1971 ging er mit<br />
einem Stipendium nach West-Berlin, wo er fünf Jahre blieb.<br />
Es folgten ein einjähriger Aufenthalt in London und ausgedehnte<br />
Reisen in den Mittleren Osten und nach Südamerika.<br />
Ab 1978 lebte Gert Jonke mit Unterbrechungen in Wien.<br />
Unter den zahlreichen Auszeichnungen: 1977 Ingeborg Bach-<br />
mann-Preis; 1997 Erich Fried-Preis; 2001 Großer Österreichischer<br />
Staatspreis für Literatur; 2005 Kleistpreis; 2006<br />
Arthur Schnitzler-Preis; »Nestroy« eater-Preis für das beste<br />
Stück des Jahres 2003, Chorphantasie, 2006 für Die versunkene<br />
Kathedrale, und 2008 für Der freie Fall.<br />
Bücher (Auswahl):<br />
Geometrischer Heimatroman. Suhrkamp, Frankfurt am Main<br />
1969, Jung und Jung, Salzburg 2004<br />
Glashausbesichtigung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1970<br />
Beginn einer Verzweiung. Residenz, Salzburg 1970<br />
Musikgeschichte. Literarisches Colloquium, Berlin 1970<br />
Die Vermehrung der Leuchttürme. Suhrkamp, Frankfurt am<br />
Main 1971<br />
- 226 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 227 -
Im Inland und im Ausland auch. Suhrkamp, Frankfurt am<br />
Main 1974<br />
Schule der Geläugkeit. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977<br />
und 2006<br />
Der ferne Klang. Residenz, Salzburg 1979; Jung und Jung,<br />
Salzburg 2002<br />
Erwachen zum großen Schlafkrieg. Residenz, Salzburg 1982,<br />
Jung und Jung, Salzburg 2011<br />
Stogewitter. Residenz, Salzburg 1996<br />
Himmelsstraße – Erdbrustplatz oder Das System von Wien.<br />
Residenz, Salzburg 1999, Jung und Jung, Salzburg 2001<br />
Chorphantasie. Literaturverlag Droschl, Graz 2003<br />
Redner rund um die Uhr. Jung und Jung, Salzburg 2003<br />
Strandkonzert mit Brandung: Georg Friedrich Händel – Anton<br />
Webern – Lorenzo da Ponte. Jung und Jung, Salzburg 2006<br />
Die versunkene Kathedrale. Verlag der Autoren, Frankfurt am<br />
Main 2006<br />
Alle Stücke. Jung und Jung, Salzburg 2008<br />
Alle Gedichte. Jung und Jung, Salzburg 2010<br />
Theaterstücke (Auswahl):<br />
Die Hinterhältigkeit der Windmaschinen. UA Steirischer<br />
Herbst 1981<br />
Damals vor Graz. UA Forum Stadtpark Graz 1989<br />
Sanftwut oder Der Ohrenmaschinist. eatersonate, UA<br />
Styriate Graz 1990. Weitere Auührungen: u.a. Hamburger<br />
Kammerspiele 1993/94 mit Ulrich Wildgruber, TV-Aufzeichnung<br />
(ORF, NDR, arte)<br />
Opus 111. UA Volkstheater Wien 1993<br />
Gegenwart der Erinnerung. UA Volkstheater Wien 1995<br />
Es singen die Steine. UA Stadttheater Klagenfurt 1998<br />
Insektarium. UA Volkstheater Wien 1999, alia-eater<br />
Hamburg <strong>2012</strong> u. a.<br />
Die Vögel. UA Volkstheater Wien 2002<br />
Chorphantasie. UA Kulturhauptstadt Europas/eater Graz/<br />
Burgtheater Wien 2003<br />
Redner rund um die Uhr. UA Semper-Depot Wien 2004<br />
Seltsame Sache. UA Ruhrtriennale 2005<br />
Die versunkene Kathedrale. UA Burgtheater Wien 2005<br />
Der freie Fall. UA Burgtheater Wien 2008<br />
Film und Fernsehen (Auswahl):<br />
Händels Auferstehung. Hessischer Rundfunk 1980, Regie:<br />
Klaus Lindemann<br />
Geblendeter Augenblick – Anton Weberns Tod. Hessischer<br />
Rundfunk 1986<br />
Redner rund um die Uhr – eine Sprechsonate. Aufzeichnung<br />
einer eaterauührung des theater 04 aus dem Semper-<br />
Depot Wien, Fernsehadaption und Bildregie: Martin<br />
Polasek, ORF/3sat 2004<br />
Reise zum unerforschten Grund des Horizonts. Ein Portrait<br />
des Dichters Gert Jonke. Buch und Regie: Ingrid Ahrer und<br />
Martin Polasek, ORF/3sat, kurtmayerlm 2008 (Österr.<br />
Fernsehpreis für Bildungsprogramme 2008)<br />
- 228 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 229 -
Thomas Fheodoroff wurde in Klagenfurt<br />
geboren und erhielt am dortigen<br />
Konservatorium seinen ersten Geigenunterricht.<br />
Nach der Matura studierte<br />
er Violine an der Wiener Musikuniversität<br />
bei Günter Pichler und Ernst Kovacic.<br />
1996 schloss er sein Studium mit Auszeichnung ab. Weitere<br />
Anregungen holte er sich von Künstlern wie Igor Ozim, Erich<br />
Höbarth, omas Zehetmair und György Kurtág.<br />
Einladungen im In- und Ausland als Solist und Ensembleleiter<br />
sowie Auftritte als Kammermusiker führen ihn in nahezu<br />
alle Länder Europas, in den Nahen Osten, nach Japan,<br />
in die USA, außerdem zu Festivals wie z.B. zur Styriarte, zum<br />
Carinthischen Sommer, zum Rheingau-Musikfestival und zu<br />
den Händelfestspielen Halle. Fheodoro gab Solokonzerte und<br />
Kammermusikabende u.a. im Wiener Musikverein und Konzerthaus.<br />
Dabei arbeitete er mit Musikern wie E. Kovacic, R.<br />
Leopold, Ch. Hinterhuber, dem Quatuor Mosaique, F. Boesch, M.<br />
Bilson, B. Fink, den Brüdern Kutrowatz uvm. zusammen.<br />
Seit 1990 ist omas Fheodoro Mitglied des Concentus<br />
Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt, außerdem ist er<br />
Professor für Violine an der Wiener Musikuniversität.<br />
Ingrid Ahrer arbeitete als Schauspielerin<br />
in Italien, Deutschland, Österreich und in<br />
den USA. Sie war zuletzt als Dramaturgin<br />
und Regisseurin und als Künstlerische Leite-<br />
rin tätig. Mit Gert Jonke verwirklichte sie<br />
Kunstprojekte und Inszenierungen. Bei dem<br />
Film »Reise zum unerforschten Grund des Horizonts«<br />
(2008), einem Portrait des Dichters Gert Jonke, führte Ingrid<br />
Ahrer gemeinsam mit Martin Polasek Regie.<br />
Markus Hering<br />
Geboren am 26.04.1960 in Siegen/Westfalen.<br />
Nach dem Abitur 1979 Ausbildung<br />
zum Tischler.<br />
1983 – 87 Ausbildung an der Hochschule<br />
für Darstellende Kunst Hannover.<br />
1987 – 89 erstes Engagement am Staatstheater Kassel.<br />
1989 – 91 Städtische Bühnen Frankfurt am Main, dort erste<br />
Arbeit mit Hans Gratzer in »Nathan der Weise«.<br />
1991 – 93 Schauspielhaus Wien, »Roberto Zucco«, »Prelude to<br />
a Kiss«, »Heimatstöhnen«, »Nietzsche«.<br />
Arbeiten mit Hans Gratzer und Andreas Vitasek.<br />
1993 – 2011 Engagement am Burgtheater. Arbeiten u.a. mit<br />
Claus Peymann, Leander Haussmann, Karlheinz Hackl, Gabor<br />
Zambeki, Tamas Ascher, eu Boermans, Stefan Kimmig, Roland<br />
Schimmelpfennig, Stefan Bachmann und mehrere Male mit<br />
Christiane Pohle, die die Stücke von Gert Jonke inszenierte.<br />
2003 »Nestroy« als bester Darsteller in Gert Jonkes »Chorphantasie«.<br />
- 230 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 231 -
2008 »Nestroy« als bester Darsteller für »Verbrennungen«,<br />
»Pool«, »Freier Fall«, letzteres wieder ein Stück von Gert Jonke.<br />
Seit 1993 auch Arbeiten für Kino und TV. Regisseure wa-<br />
ren u.a. Dieter Wedel, Michael Kreihsl, Diethard Klante, Rolf<br />
Schübel, omas Roth, Costa-Gavras.<br />
2008 »Whisky mit Wodka«, Kinolm, Regie Andreas Dresen.<br />
2010 »Das Leben ist zu lang«, Kinolm, Regie Dani Levy.<br />
Im Lauf der Jahre hat sich Markus Hering immer wieder der<br />
Literatur gewidmet und mit einer Vielzahl von Lesungen<br />
den deutschsprachigen Raum bereist. Mit seiner erfolgreichen<br />
Lesung aus dem nnischen Epos Kalevala war er<br />
auch in Helsinki zu Gast. Markus Hering hat einige Hörbücher<br />
aufgenommen. Neben dem erwähnten Kalevala war<br />
es zuletzt Arno Geigers »Alles über Sally«.<br />
Markus Hering lebt mit seiner Familie in Wien.<br />
Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />
Hanna Herfurtner, Seite 20<br />
Ida Aldrian, Seite 115<br />
Jan Petryka, Seite 116<br />
Ulfried Staber, Seite 118<br />
Foto rechts: Umschlagseite zu »Strandkonzert mit Brandung. Georg<br />
Friedrich Händel – Anton Webern – Lorenzo da Ponte«. (Verlag<br />
Jung und Jung, Salzburg 2006).<br />
- 232 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 233 -
Gert Jonke<br />
DER KOPF DES GEORG FRIEDRICH HÄNDEL<br />
In manchen Gegenden der Welt gibt es den Brauch, in der<br />
ersten Frühlingsnacht auf den höchsten Bergen und Hügeln<br />
des Landes auf riesigen Scheiterhaufen den Winter zu verbrennen.<br />
Die letzten Schneeocken, so glaubt man, wirbeln<br />
dann spätestens mit dem Aschenregen der dabei oft ent-<br />
ammt zerstäubenden Wälder davon.<br />
Im Jahre 1748 wurde der Frieden von Aachen gefeiert, indem<br />
man den Krieg verbrannte. Die besseren Zeiten sollten<br />
mit einem prächtigen Feuerwerk begonnen werden. Man<br />
stellte den Pyrotechnikern ein möglichst massives Gebäude<br />
auf, damit sie ihre brennenden Gemälde umso waghalsiger<br />
in den Nachthimmel werfen konnten. Und Händel gab man<br />
das größte Orchester, das es bis damals je gegeben haben soll,<br />
damit das Feuer seiner Musik das bunt ammende Firmamentbild<br />
würdig begleite.<br />
12.000 Menschen waren meist zu Fuß zur Veranstaltung gekommen.<br />
Leider muß das Gebäude, das man konstruiert hatte,<br />
doch nicht massiv genug gewesen sein, denn als auf dem<br />
Höhepunkt der Feier alles explodierte, niederbrannte und katastrophale<br />
Panik ausbrach, mag vielleicht Händel einer der<br />
wenigen gewesen sein, denen aufgefallen war, daß die letzten<br />
Toten dieses verbrannten Krieges auch die ersten Toten<br />
dieses neuen, schon angebrannten Friedens gewesen waren.<br />
Am nächsten Tag wiederholte er die Musik ohne Feuerbegleitung<br />
zu Gunsten eines Findlingshospitals.<br />
Am 13. April spürte Händel, wie sich der ganze Barockhorizont<br />
von weit hinter London durch die Gassen der Stadt<br />
hauseinwärts über sein Bett beugte und die Straße von draußen<br />
durchs Fenster ins Zimmer stürzte, als er schon über seinem<br />
eigenen Körper zu schweben meinte und sich darüber<br />
und darunter als ein durchsichtiges Spiegeln von zuvor niemals<br />
gehörten Klängen empfand, welche durch seine wie die<br />
Ebenen des Kontinents ausgeweitete Kammer wehten, wohin<br />
sich der Horizont mit Händel aus dessen Zimmer heraus<br />
schon wieder zurücklehnte ganz weit hinter den stehengebliebenen<br />
Fluß, aus dem jene Klänge luftaufwärts kletterten, als<br />
deren durchsichtige Spiegelung sich Händel noch eine Zeit-<br />
lang empnden konnte, und im Vergleich dazu mußte ihm das<br />
gerade noch im Ansatz hörbar gewordene Echo des beginnenden<br />
Osterglockenläutens vorgekommen sein wie das auf-<br />
dringliche Fallen eines schäbig verrosteten Blechscherbens<br />
auf den Boden des katzenkopfpastergemusterten Himmels.<br />
Am 13. April, genau zweiundzwanzig Jahre zuvor, aber war<br />
ihm schon einmal Ähnliches widerfahren, allerdings ohne derart<br />
hingegeben entschlossene Endgültigkeit. Der Diener legte<br />
die gesamte ihm verfügbare Aufmerksamkeit in die Sorgfalt<br />
bei der Verrichtung seines Dienstes an jenem Nachmittag,<br />
- 234 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 235 -
denn der Meister war, verärgert wie Iange nicht mehr, hinter<br />
dem donnernden Haustor treppenaufwärts geschäumt, weil<br />
ihn die Nachlässigkeit eines oder mehrerer Mitglieder des<br />
bei ihm angestellten schlampig singenden Vokalpersonals<br />
im eater an die Wände seines Jähzorns gedrängt hatte,<br />
so daß er sein Ausbrechen in bedrohliche Handgreiichkeit<br />
nur mehr durch das Verschwinden seiner Person verhindern<br />
konnte, deren Schritte auf und ab nach wie vor erregt am<br />
Plafond zu hören waren.<br />
Die Nachlässigkeiten im Laufe der Vorbereitungen zur Aufführung<br />
hatten ein erträgliches Maß überschritten; zwar<br />
kosteten ihn die Darsteller ein Vermögen, waren aber dieses<br />
Vermögen auch einzulösen weder fähig noch bemüht.<br />
Er hielt sie nicht einmal mehr für gefühlvoll genug, die Stille<br />
eines verlassenen Zimmers, die auf einem vergilbten leeren<br />
Papier vergraben eingezeichnet gewesen wäre, vom Notenblatt<br />
schweigend herunterzusingen, und die Erregung, die<br />
ihm aus dem Kopf gestiegen, hatte schon den Plafond zum<br />
Dachboden durchbrochen, daß er nur mehr das Bedürfnis<br />
verspürte, sämtliche Tausende der abgespielt verstimmten<br />
ihm jemals zugemuteten unbrauchbaren Cembali seines Lebens<br />
gleichzeitig von der Kante des Kreidefelsens in Dover<br />
in den Kanal hinunterdonnern und am Grunde des Meeres<br />
stranden zu lassen.<br />
Die erschrockenen Sänger natürlich versuchten, ihn zu beruhigen,<br />
man habe doch gesungen, so, wie er gewollt, was,<br />
erwiderte er, gesungen, nein, er habe nichts gehört, so was<br />
nenne man also singen, und wie habe das denn geklungen,<br />
und er verfüge über völlig anderweitige Vorstellungen von<br />
der menschlichen Stimme. Aber natürlich habe das geklungen,<br />
wurde entgegnet, wie man gesungen und wie am Norenblatt<br />
vermerkt gewesen von ihm, und was, er habe gar nichts<br />
gehört, antworteten die Sänger und wollten auch gleich zum<br />
Beweis schon wieder zu singen beginnen, aber jetzt wollte<br />
Händel nichts mehr hören, aufhören, schrie er und hielt sich<br />
die Ohren zu, sofort aufhören mit Singen, er könne kein<br />
Singen mehr hören, und ab jetzt werde einfach nichts mehr<br />
gesungen.<br />
Das Haus in der Brookstreet galt schon lange vielen Nachbarn<br />
als ein Narrenhaus. Oft rauschten nachts vom wogenden<br />
Cembalo die schlafraubendsten Chaconnen oder Sarabanden<br />
durchs oen vergessene Tor, oder ackerte aus dem<br />
geöneten Fenster das schreiende Brüllen beim Singen oder<br />
brüllende Singen beim Schreien oder auch singende Schreien<br />
beim Brüllen in erstarrter Heroik italienischer Opernkonvention<br />
oder aus der Kehle des verrückt gewordenen Deutschen,<br />
einem unkorrekt musizierenden Gesangsorgan drohend um<br />
den Kopf geschlagen.<br />
Der Diener hatte es beinah soweit gebracht, mit seinen immer<br />
bauchiger gewölbten Seifenblasen das spöttische Gezeter<br />
der Lachtauben aus den Dachrinnen zu verscheuchen, als<br />
ihm eine seiner hochgestiegenen Kugeln derart übertrieben<br />
krachend zu platzen schien, daß er, um sogleich bei der Behebung<br />
einer vermuteten häuslichen Katastrophe hilfreich zur<br />
Stelle zu sein, treppenaufwärts rannte. Das Zimmer schien<br />
- 236 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 237 -
leer, als wäre es eben verlassen worden; unbesetzt das speckige<br />
Glänzen vom Sitzleder des respektgebietenden Generalmusikdirektorensessels<br />
hinterm Schreibtisch; schon wollte<br />
er wieder hinaus, da sah er den Meister reglos steif am Boden,<br />
seine Augen weit geönet ausgehöhlt im starren Blick, als<br />
strömten durch sie nicht nur die vergangenen Stunden jenes<br />
Tages, sondern langsam auch alle vorhergegangenen Wochen<br />
und Jahre aus seinem hilos mächtigen Körper ins Zimmer<br />
heraus, hinab durchs Treppenhaus ießend beim Tor auf die<br />
Straße, stadtauswärts als ein immer schwächer hörbar sich<br />
entfernendes Stöhnen und Röcheln. Auch der Kopist war ins<br />
Zimmer hereingestürzt, erschrocken, und im gemeinsamen<br />
Entsetzen der Angst um das Leben des Dienstherrn legten<br />
sie den unregelmäßig zuckenden Körper aufs Bett.<br />
Dann stürmte der Kopist, den Diener mit der Anweisung zurücklassend,<br />
Stirne und Augen des Zusammengebrochenen<br />
mit kalt gefeuchteten Tüchern zu kühlen, aus dem Haus.<br />
Ein glücklicher Zufall trieb das Gefährt eines herzoglichen<br />
Gönners herbei, der den Mann sofort erkannte und hielt.<br />
Laut wurde in die Kutsche hineingerufen, man möge bitte<br />
den Arzt zu holen behilich zu werden die Güte aufbringen,<br />
denn Händel sei gerade leider dabei, ansonsten zu sterben.<br />
Wie durch eine wild ausgebrochene Jagd scheuchte der<br />
Kutscher die Pferde zum Haus des Doktors, der sofort von<br />
der Beobachtung der wunderbaren Spektralpracht seiner<br />
gesammelten Harnproben abließ und gemeinsam mit dem<br />
Kopisten auf seinem kleinen einpferdigen Gefährt durch die<br />
Straßen zurück zu Händel trieb; er eilte das Treppenhaus besorgt<br />
aufwärts schreitend ins Zimmer, fühlte den Puls, verschnürte<br />
den schla ihm wegsinkenden Arm und verkündete<br />
laut und deutlich wie grundsätzlich zu Beginn eines jeden<br />
Krankenhausbesuches »Aderlaß«, habe man nicht gehört,<br />
»Aderlaß!«, eine Tätigkeit übrigens, die fast seine Lieblingsbeschäftigung<br />
und seiner Meinung gemäß eine stets angebrachte<br />
grundsätzliche Vorbeugemaßnahme darstellte.<br />
Der Diener war dem Verlangen nach einer Schüssel nachgekommen,<br />
schon drang die Nadel in die Vene, aus welcher<br />
durch den angeschlossenen Schlauch lange ebriges Blut ins<br />
Gefäß dampfte, bis Händel endlich erleichtert aufseufzte.<br />
Die fragenden Blicke des Kopisten, was ihm denn fehle,<br />
konnte er nur mit der Ratlosigkeit seiner Schultergesten erwidern,<br />
leider kein leichtes, sagte er dann, nicht einmal ein<br />
schweres Fieber, und auch keine Angina, eher Angina pectoris,<br />
eine vorübergehende Ohnmacht wohl in jedem Falle,<br />
entweder durch plötzliche Blutleere des Gehirns oder aber<br />
andererseits die Möglichkeit geringerer Natur einer vorübergehenden<br />
Kongestion aufgrund plötzlicher Überfüllung<br />
des Kopfes, eine nie fehlende Begleiterscheinung übrigens<br />
der beginnenden Wechseljahre, die plötzlichen Bildungen<br />
von großen Höhlungen in den Kurven der Gedankenfalten,<br />
wie er leider sehe, da sich nichts bewege, das eine Auge zum<br />
Beispiel vergesse plötzlich, ordnungsgemäß die vorschriftsgemäße<br />
Lidschlagtätigkeit richtig durchzuführen, was ihn<br />
auf leider Apoplektisches schließen lasse, ein Schlaguß,<br />
- 238 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 239 -
aufgrund zu großer Aufregungen im Laufe zu fetter und allzu<br />
ausführlicher Ernährungstätigkeit und wohl auch zu hohem<br />
Alkoholgenuß übrigens möglicherweise.<br />
Vier Monate lebte er nur in der linken Hälfte seines Körpers,<br />
die ohne die andere, nicht erfühlbare hilos im Bett baumelte<br />
und schwer neben ihm lag. So war er sich selbst widerwillig<br />
zu einem ihm anhängenden unerbittlichen Gefängniswärter<br />
geworden, der ihn hinter Schloß und Riegel hielt, zu welchen<br />
die Schlüssel verlorengegangen.<br />
Kein Wort, kein Ton entkam seinen schief herabhängenden<br />
Lippen, kein Zeichen befreite seine abgestorbene Hand aus<br />
Papier. Nur manchmal, wenn Freunde kamen, ihm Musik zu<br />
bereiten, war es, als begönnen die Töne und Klänge sich in<br />
seinen Augen zu spiegeln, als würden die ihm vorgetragenen<br />
Melodienketten von seinen Pupillen kopfeinwärts gezogen,<br />
während seine bewegliche Körperhälfte vergeblich aus dem<br />
Bett zu schwanken versuchte hausauswärts, als wollte er aus<br />
der Dämmerung der Krankenstube den wie eine im Zimmer<br />
erwachte Nachtfaltergesellschaft atternd durchs Fenster in<br />
den Tag wehenden Harmonien nachfolgen.<br />
Vor allem, um ihm aus diesem wehrlosen Stillstand zu etwas<br />
Abwechslung zu verhelfen, und wohl kaum in der Honung<br />
auf eine Besserung – auf Heilung wäre er gar nie gekommen<br />
–, empfahl der Arzt, den Komponisten in die dampfenden<br />
Kurbäder von Aachen bringen zu lassen, vielleicht erführen<br />
dort die Leiden des Meisters ein wenig der dringend nötig<br />
gewordenen Linderung.<br />
Mag diese den Reglosen fortbewegende Reise ihn auch zu<br />
einer kurzen Reise durch die erblaßten Bilderstürme seiner<br />
Erinnerung veranlaßt haben, an seine vor Jahrzehnten ständigen<br />
Reisen.<br />
Zum Beispiel nach Lübeck. Er besuchte den berühmtesten<br />
Orgelmeister des Landes, Dietrich Buxtehude, um sich um<br />
das Amt des Organisten auf der damals größten Orgel der<br />
Welt zu bewerben, das er auch liebend gern bekommen und<br />
übernommen hätte, wäre nicht die Übernahme der Stelle<br />
mit der unumgehbaren Verpichtung verknüpft gewesen, die<br />
Tochter des alten Vorgängers in den Ehestand zu übernehmen;<br />
als er aber diese zum ersten und letzten Male zu Gesicht<br />
bekommen, so daß der tragische Atem ihrer bedauernswert<br />
schuldlosen Häßlichkeit sein Gesicht streifte, hatte er<br />
sofort seine dringend erforderlich gewordene Abreise erklärt.<br />
Oder kurz danach die für ihn so entscheidende Reise nach<br />
Italien, wo ihm bald die vornehmsten und großzügigsten<br />
Mäzene die Türklinken der Eingangstore ihrer Lustschlösser,<br />
Villen und Paläste aufdrängend in die Hand hineindrückten,<br />
mit dem Ersuchen, so lange als möglich zu bleiben und seine<br />
Musik zu hören den Vorzug zu gewähren.<br />
Händel war vielleicht der erste Musiker, der sich bitten und<br />
nichts befehlen zu lassen verstanden hatte. Er saß nicht, wie<br />
viel später noch Haydn, an der Dienstbotentafel, sondern<br />
wurde von den höchsten Herrschaften als ein Herr behandelt,<br />
der sich auf die Zerlegung von Artischocken, Seespinnen,<br />
Fasanen, Hummern oder Kapaunen ebenso gut verstand<br />
- 240 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 241 -
wie auf die Zerlegung von Akkorden und Tonleitern. In<br />
Italien war fast alles erfunden worden, was für Händel lebenswichtig<br />
gewesen. Wahrscheinlich auch Italien selbst.<br />
Schon Hunderte Jahre vorher hatte ein gewisser Guido von<br />
Arezzo die Notenschrift erfunden, die es u. a. Händel erst<br />
ermöglichte, Musik zu notieren, und wodurch auch erst die<br />
sogenannte abendländische Kunstmusik entstehen konnte.<br />
In Italien wuchsen die Geigen fast schon mit den Bäumen<br />
unter der Rinde eingebaut aus der Erde, was den bis heute<br />
unübertroensten Instrumentenbauern dort daraufhin wenig<br />
Schwierigkeiten bereitete, die bis heute unübertroensten<br />
Instrumente aus dem Holz herauszuschnitzen. Etwas später<br />
hatten einige ganz besonders »Werktreue« oder Prinzipienreiter<br />
versucht, die antike Tragödie in ihren Auührungspraktiken<br />
genau wiederholend zu rekonstruieren. Aus diesem<br />
vielleicht von manchen als peinlich bezeichneten Mißverständnis<br />
heraus entstand dann die sogenannte »Oper«.<br />
Woraus man den Schluß ziehen könnte, daß der besonders<br />
starre Vorsatz absolutester Werktreue und Prinzipiengerechtigkeit<br />
entweder zu einem peinlichen Mißverständnis oder<br />
zu Jahrhunderte umwälzenden epochalen Neuerungen führen<br />
kann oder aber auch Jahrhunderte umwälzende epochale<br />
Neuerungen nichts anderes als ebenso ein peinliches Mißverständnis<br />
darstellen. Das italienische Mißverständnis »Oper«<br />
werktreu weitergeführt hat jahrhundertelang bewirkt, daß die<br />
Leute ein Musiktheater auch oder vor allem dann nur original<br />
italienisch aufgeführt bekommen haben mußten, wenn<br />
sie die italienische Sprache gar nicht verstanden. Sicher hat es<br />
auch den einen oder anderen Komponisten damals gegeben,<br />
der haufenweise italienische Libretti komponierte, ohne ein<br />
einziges Wort seiner Werke zu verstehen. Vielleicht ähnlich<br />
der katholischen Messe das Lateinische, woraus sich mancher<br />
vielleicht gar nicht schwer dazu verleiten ließe, die Oper<br />
bis heute als eine Art höherer weltlicher Kirchenanstalt zu<br />
bezeichnen.<br />
Wer aus Italien kam, war damals sofort anerkannt und weltberühmt.<br />
Deshalb wollte jeder, der etwas mehr auf sich hielt<br />
als üblich, aus Italien kommen oder Italiener sein. Halb<br />
Europa hielt etwas auf sich, hätte sich am liebsten in »Italien«<br />
umgetauft und führte deshalb die italienische Oper in<br />
ganz Europa ein. Händel z. B. in London. Er war mit seiner<br />
»Agrippina« in Venedig bekannt geworden. Im Laufe der<br />
ihm auferlegten musikalischen Wettkämpfe war ihm einzig<br />
einmal jener ihm gleichwertig befundene Domenico Scarlatti<br />
begegnet, der ihn zunächst am Flügel übertraf.<br />
Die in unüberblickbar vielfarbigem Edelsteinglitzern durch<br />
die Luft gleitenden Sonaten des Italieners waren der beängstigenden<br />
Vollstimmigkeit der die Raume ausgefüllt verschließenden<br />
Passacaglien des Deutschen einfach spielend<br />
davon gelaufen.<br />
Sein kühner Klaviersatz, seine Terzenläufe und Oktavengänge,<br />
die seine Finger oft beinahe als Lichtstrahlen erscheinen<br />
ließen, die auf die Tastatur gefallen waren, wurden ihm aber<br />
später von der Orgel, auf der ihn Händel übertraf, durch<br />
die Blasbalge einfach unsichtbar in die Pfeifen hinein verschluckt.<br />
- 242 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 243 -
Der denkwürdigste aller Mäzene war jener Ottoboni gewesen,<br />
ein Kardinal, der seine schwer zahlbaren Freundinnen zu<br />
einem einträchtigen Chor von den damals besten Malern des<br />
Landes gepinselter Ölgemälde an den Wänden seines Schlafgemachs<br />
versammelt hatte, dargestellt als locker bekleidete<br />
Gestalten berühmter weiblicher Heiliger, geordnet gemäß<br />
des laufenden römischen Kirchenkalenderjahres.<br />
Dieser sogenannte Kardinal hatte ihn zu jenen sogenannten<br />
arcadischen Gesellschaften eingeladen, im Laufe derer Parkfestlichkeiten<br />
die damals vornehmsten Leute des Landes sich<br />
in parfumierte Schäferkostüme warfen in der Begleitung des<br />
stumpfsinnigen Blökens der frisch gewaschenen und sorgfältig<br />
shampoonierten Schafe, welche sie nicht nur zu hüten,<br />
sondern immer auch ins Trockene retten zu müssen meinten;<br />
in den von ihren oft herkulisch geprüften Dienern täglich<br />
gesäuberten Augiasstallarchitekturimitationen und beim<br />
Gesang dilettierender Epigonen, derer in vergilischem Abglanz<br />
matten Verse von der unerreichbaren Schönheit des<br />
einfachen Lebens am Lande, kamen sie sich vor wie aus den<br />
vergangenen Jahrtausenden zurückgebliebene, übriggelassene<br />
Halbgötter der antiken Natur, in welcher sie das Auftauchen<br />
der Nymphen aus dem Plätschern der Bäche jede<br />
Sekunde erwarteten oder hilos durch die Sträucher baumelnd<br />
den hinterhältigen Zaubern einer verborgenen Circe<br />
sich entkommen wähnten, welche sie um ein Haar in jene<br />
Schweine verwandelt hätte, als welche sie durchaus nicht gehütet<br />
werden wollten, aber der chefgöttliche Stier, der sich<br />
der unbezwinglich schönen Europa näherte und sie vielleicht<br />
auch schon auf seine Schultern zu hieven verstanden hatte,<br />
wird wohl kaum mehr dazu gekommen sein, mit ihr im Meer,<br />
geschweige denn im Tiber davonzuschwimmen, sondern er<br />
wird sich wohl bald als ein Ochse herausgestellt haben, der<br />
auf einer Wiese über dem Feuer gespalten gedreht worden<br />
sein dürfte.<br />
Was Händel als lange danach verbliebene Erinnerung davon<br />
noch gegenwärtig geblieben war, mag ihm vielleicht viel später<br />
zur Idee seines Singspieles »Acis und Galathea« gereicht<br />
haben, jener Geschichte von dem die Schäferin liebenden<br />
Schäfer, der von der Schäferin geliebt wird, aber die rasende<br />
Eifersucht eines vom brennenden Verlangen nach der Schäferin<br />
getriebenen Polyphemen fährt dazwischen, der ob des<br />
einträchtigen Glückes der beiden verzweifelt und eines Tages<br />
einen Felsen auf den gerade genau unter ihm aufgestellten<br />
Viehhüter fallen läßt, der zu Tode getroen unterm herabgestürzten<br />
Berg begraben unterm Stein in nach wie vor fortgesetzt<br />
gesungenem Klagen anhält, welches aus dem Felsen<br />
eine klagende Quelle zu entspringen veranlaßt, aus der sich<br />
ein munter weiterklagend durchs Land davonlaufender Bach<br />
zu ergießen beginnt, dessen Wellen aber aus nichts anderem<br />
bestehen als dem immer länger bis zum Ende der Gegend<br />
gebreiteten Kleid der nach immer weiter singend den ihr<br />
weggenommenen Hirten beklagenden Hirtin, die das Wasser<br />
entlang den Wellen ihrer Kleiderschleppe folgend weitergeht,<br />
bis sie entweder in den nächsten ihren Weg kreuzenden Fluß<br />
oder aber ins Meer sich ergießt im Laufe der friedlich erlösenden<br />
Mündung.<br />
- 244 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 245 -
Während Händel die Sänger zu sich ans Cembalo rief, um<br />
mit ihnen weiter zu proben, hatte der Tanzmeister gebeten,<br />
mit seinen Darstellungsschülern zu üben beginnen zu dürfen,<br />
und zierte sich in seinen folgenden Gebärden wie ein<br />
Kammerjäger, dem eine Wanze durch die ständig herumgefuchtelten<br />
Lappen gehen könnte, während er seinen choreographisch<br />
unterwiesenen Darstellern vorzuführen begann<br />
und jene nachzumachen auorderte, wie man sich ohne von<br />
Hektik getrieben systematisch bewegt, als würde man soeben<br />
auf ein Tafelbild hinaufgezeichnet, ruhig geordnet im<br />
ständigen Blick den Betrachtern zugewandt, gemäß den<br />
unumstößlichen Regeln herrschender Dramaturgie möglichst<br />
gleichgeschaltet links und rechts zum selben Zeitpunkt<br />
auftretend, von rechts als etwas Gutes und von links als das<br />
Böse und in der Mitte nur, als sei man der leibhaftige Deus<br />
ex machina, und wie man seinen Widersacher während eines<br />
unweigerlichen Duells mit dem Dolch oder sonst einem spitzen<br />
Gegenstand, der gerade bei der Hand, im Laufe ganz<br />
bestimmter in welcher Lage auch immer mehr oder weniger<br />
günstig im Zuge was für einer Bewegung und in welchem<br />
Takt am besten ordnungsgemäß zu erstechen habe.<br />
Hauptsächlich wollte Händel Gewißheit darüber erlangen,<br />
ob die Sängerin kurz vorher, als er einmal seinen scharfüberwachenden<br />
Blick von ihr abgewandt hatte, das hohe C auch<br />
selbst gesungen oder ob schon wieder der Kastrat ihres Liebhabers<br />
den Ton aus ihrem Hals sich gescht hatte, weil er<br />
ihn besser zu treen verstand als sie, bis ihn das Schnarchen<br />
des Polyphemen, der selbst sein ihm aufgemaltes Auge auf<br />
der Stirn geschlossen hatte (aus Erschöpfung aufgrund der<br />
täglich acht- bis zehnstündigen Proben), einem Zornkrampf<br />
übergab, der ihn das eater zu verlassen zwang und der vielleicht<br />
auch jenen Schlag herbeigeleitet haben mag, der später<br />
zu Haus seinen Körper geteilt hatte.<br />
Wieviel Musik doch in ihm eingesperrt war, die immer bedrängender<br />
aus ihm herauswollte, aber im bewegungsunfähigen<br />
Körper als einem immer dichter und beinah schon<br />
bedrohlich vielstimmig verwobenen Harmonienkreislauf für<br />
immer gefangen schien und ihn manchmal schon bedenklich<br />
ungeordnet aus allen hörbaren Tönen gleichzeitig zusammengesetzt<br />
durchdrang, als hätte sein Kopf zufällig das<br />
Echo der Explosionen eines Urlauts vom Zerspritzen einer<br />
niemandem je begreiich weit entfernten fremden Sonne<br />
empfangen, und als hätte sich dann der Schatten des Lärmens<br />
ihres mehrere Millionen Dämmerungsjahre langsamen<br />
Erlöschens hinter seine Stirne verirrt. Sein Drängen, sich<br />
endlich wieder allem zu önen und die Ordnung im inneren<br />
Klanguniversum wieder herzustellen, ließ zwar sein Klagen<br />
heftiger und schmerzlicher ansteigen, ließ ihn aber zugleich<br />
immer entschlossener und stärker werden, fast ähnlich den<br />
heißen Quellen, die aus dem Innern der Erde strömten, im<br />
dampfenden Kreislauf des Planeten vom Herzschlag eingeschlafener<br />
Vulkane hochgetrieben.<br />
Von Anfang an ignorierte er die Ärzte samt deren kleinmütiger<br />
Warnung, nicht länger als täglich drei Stunden im<br />
Wasser zu schwitzen, sein Körper würde sonst von der mit<br />
dem durchs Zentrum des Planeten getriebenen Wasser hoch-<br />
geschwemmten geheimnisvollen Macht des glühenden<br />
- 246 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 247 -
Erdmittelpunktes erdrückt. Aber mehr erdrückt, als er ohnedies<br />
war, konnte er nicht werden, deshalb überließ er sich<br />
ganz den ermen, vertraute sich blind deren Gewalt an,<br />
hüllte sich derart hingegeben in den Dampf der Geysire, als<br />
ließe er sich vom Inneren des Planeten umarmen beim Versuch,<br />
sich den Körperkäg wegschwemmen und abstreifen zu<br />
lassen, fast so, als wäre er unter die unerforschte Oberäche<br />
der Welt hinabgetaucht, um sie sich in ihrer Gesamtheit als<br />
einen heißen Umschlag umzubinden.<br />
Neun Stunden ließ er sich täglich durchs Wasser gleiten, und<br />
es war, als löste sich nach und nach das unsichtbare Gefängnis<br />
von ihm, aufgebrochen in den schwefeligen Dampfwolken.<br />
Schon nach einer Woche schleppte er sich ohne Hilfe durch<br />
die vornehm gekachelten Hallen des Bades, da in seinen verwelkten<br />
Arm wieder Bewegung einkehrte, und auch seine<br />
abgeschlat hängenden Lippen begannen sich zu straen<br />
zur Formung langsam wiedergewonnener Worte und Sätze,<br />
die seine dankbare Verwunderung zu staunendem Leuchten<br />
brachte, als wäre mit den wieder ausdruckverleihbaren Gefühlen<br />
und Empndungen auch vieles, was noch nie zuvor<br />
ihm ins Gedächtnis getaucht gewesen, hochgekommen, das<br />
er zwar spüren, aber nicht benennen konnte.<br />
Am letzten Tag vor der Abreise schritt er durch die Hallen des<br />
Domes emporenaufwärts zur ihm bereits geöneten Orgel.<br />
Zunächst begann er vorsichtig nur mit der Linken allein einige<br />
Finger über das obere Manual gleiten zu lassen, und dann<br />
erst führte er die Rechte, zunächst ängstlich, am unteren Manual<br />
hinzu, und als auch deren Finger seinen Befehlen tadel-<br />
los gehorchten und seinen Anforderungen entsprachen, ließ<br />
er den gesamten Innenraum das steinernen Schies dankbar<br />
aus dem vollen Werk herausrauschen und durchs Dachgestühl<br />
uten, daß die steinernen Seitenplanken zu zittern begannen,<br />
während er seinen zu ganz neuer unbekannter Beweglichkeit<br />
erwachten Körper von der Orgel durch die ganze<br />
Halle gespannt zu fühlen meinte als einen Bestandteil jenes<br />
übermächtigen Tönens durchs Marmorschi, das berstend<br />
vollgefüllt war von den Korridoren dieser geöneten Harmonieschleusen,<br />
und beinahe schien dieses Kirchengebäude<br />
sich zu bewegen, ganz locker und leicht schwankend, als wären<br />
dem Dach des riesigen backsteingezimmerten Frachters<br />
draußen am Turm die Segel gesetzt worden für eine beginnende<br />
Reise die Ebenen Flanderns auswärts zur Küste über<br />
den Kanal des Meeres, zurück ihn sofort zu befördern, mitten<br />
hinein in die Hauptstadt der Insel.<br />
Sofort begann er so viel wie vorher noch nie zu arbeiten, um<br />
alles, was in verloren gelähmter Zeit versäumt werden mußte,<br />
zu notieren, endlich auf die Oberäche der Systematik seines<br />
Notenpapiers hinaufzubefreien, um alles, was angestaut<br />
verblieben war, musikalisch geordnet erklingbar auszubreiten.<br />
Um seinen vertragswidrig schon vor einer halben Ewigkeit in<br />
Hannover sitzengelassenen fürstlichen Dienstherrn, welcher<br />
aufgrund günstiger Verwandtschaftsverwicklungen einerseits<br />
und der englischen königlichen weiblichen Kinderlosigkeit<br />
andererseits einmal zum künftigen König der Insel vorgesehen<br />
war, wieder zu versöhnen, befahl er selbst dem Fließen<br />
der Wassermusik der emse, seinem Rhythmus und keinem<br />
- 248 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 249 -
der aufkommenden Windstöße sich unterzuordnen und deren<br />
Wellen, genau nach seiner Pfeife tanzend, an die Uferböschung<br />
und die Bordwände der über sie hinweggleitenden<br />
Schie zu schlagen.<br />
Bald aber kehrten die schlechten Zeiten wieder zu ihm zurück.<br />
Zunächst unterbrach der Tod der Königin alle Auührungen.<br />
Aber auch danach blieben die Zuschauer fern, durch<br />
einen ausgebrochenen spanischen Erbfolgekrieg vom Geldmangel<br />
überrascht oder aber übersättigt vom schnurgeraden<br />
Ernst der ihnen in jenen Krisenwochen immer unverständlicher<br />
gewordenen Erhabenheit seiner steifen italienischen<br />
Opernhelden und Heldenopern, die ihnen entweder nicht<br />
mehr fein genug waren oder zu fein geworden. Das eater<br />
blieb leer, und so verließen ihn auch bald alle anderen und<br />
selbstverständlich auch Ihre Impertinenzen, die sogenannten<br />
Herren Kastraten, welche sich aus ihrem astronomischen<br />
nanziellen, ihn ausblutenden Verdienst durch den oft nur<br />
mangelhaften Gesang seiner Arien vielfach die kuriosesten<br />
Paläste bauen lassen konnten, und hatten sie es vielleicht<br />
ihm heimzahlen wollen, was ihnen im Knabenalter angetan<br />
worden war von den unverantwortlichen Sauschneidern der<br />
fürchterlichen, den Fortbestand der Gesangskultur zu sichern<br />
vermeinenden Kinderchorleiter, vor deren verstümmelnder<br />
Gewalt keine sich der Pubertät nähernde schöne Stimme sicher<br />
sein konnte.<br />
Aber auch seine musikalischen Einfälle samt ihrer die Sinne<br />
verzaubernden Macht schienen ihn zu verlassen, denn alles,<br />
was er mit steigender Verbissenheit dagegen zu komponieren<br />
versuchte, geriet ihm nun mehr blaß zu kraftlosen Klangschattengewächsen,<br />
bis er, auch des letzten verbliebenen Mutes<br />
verlustig, zu schreiben aufhörte.<br />
Warum die heißen Quellen ihn nicht bei sich behalten hätten,<br />
und warum er einer bedenklichen Befreiung wie dieser<br />
ausgesetzt war, fragte er sich, wenn er müde abends durch<br />
die Öde der überfüllten Straßen, die ihm wie leergefegt vorkamen,<br />
irrte, und welche ihm wie von den Gefühlen seines<br />
inneren Verzweifelns aus dem eigenen Kopf auf die Dächer,<br />
Gassen und Plätze gesunken erschienen, als habe sich seine<br />
Einfallslosigkeit als ein grenzenloses Trauern um die Häuser<br />
gehüllt.<br />
Doch war es vorwiegend eine boshafte Trauer, denn die jahrelange<br />
Lästerkonkurrenz verdiente blendend, wenn auch<br />
zum Teil auf seine Kosten, indem man einigen seiner Werke<br />
ihren schnurgeraden Ernst raubte und sie in satirischer Verspottung,<br />
zu schlagkräftigen Witzen verwandelt, in die randalierende<br />
Öentlichkeit zurückschleuderte.<br />
Denn zu einem bedeutenden Anteil hatte er seinen Niedergang<br />
jener Betteloper des John Gay zu verdanken, welche das<br />
Publikum stürmte, und mit der steigenden Begeisterung der<br />
Leute an jener schien das Interesse an Händel zu versiegen<br />
angesichts eines eaters, in dem die adelige Hochnäsigkeit<br />
verkommener Grafen die Verschlagenheit heruntergekommener<br />
Gassenprostituierter ehelichte und nebenbei auch<br />
einige seiner Melodien, klug verstümmelt zu Gassenhauern,<br />
über die Bühne geworfen wurden mit derart bewundernswert<br />
- 250 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 251 -
hinterhältiger Aufrichtigkeit, daß selbst er daran noch einigen<br />
kurzweiligen Gefallen zu nden vermochte.<br />
Man habe nun endlich genug, erklärte John Gay, genug von dahergeogenen<br />
Göttern, diesen Landstreichern der Luft, Luftstreichern<br />
des Himmels, ausgestopften Herren, die wie auf Stelzen<br />
über den geschnürten Boden kämen, und auch genug von den in<br />
veredelte Wolfsfellmäntel gekleideten gütigen Schäfern und Schäferinnen,<br />
denn nun habe sich das allgemeine Interesse zu Gunsten<br />
der eher herkömmlichen Diebe, Landstreicher, Betrüger, Bettler,<br />
Zuhälterinnen und Hehlerinnen verschoben, und die Sprache, in<br />
der jene sich unterhielten, sei gar nicht minder vornehm, sondern<br />
durchaus hösch, wenn sie sich auch nur in den zwielichtigen<br />
Winkeln der Hinterhöfe versteckt halte.<br />
Alles, was man in den gefeierten Opern suche, nde man hier bei<br />
ihm ebensogut, und die gefolterten Gefangenenchöre ließen seine<br />
Kerkermauern nicht weniger erschütternd erbarmungslos bleiben<br />
als üblich, man könne beruhigt weiter weinen.<br />
Gewiß werde es vom werten Publikum gar nicht gerne gesehen, wenn<br />
dieser gerade auftauchende Mister Macheath hingerichtet werde.<br />
Aber natürlich, erwiderte der Henker, um dem Stück zu einer<br />
poetischen Vollendung, wie sie nur dem Meister Händel geläug<br />
sei, zu verhelfen, werde es günstiger sein, ihn zu hängen, denn<br />
auch die anderen Schießbudenguren dieser Geschichte seien ja<br />
wahrscheinlich entweder gehängt oder verbrannt oder deportiert<br />
worden, in alle Winde zerstreut.<br />
Nur dafür daß er aus dem Gefängnis ausgebrochen, wie man sehe,<br />
lamentierte darauf dieser durchgebrannte Windbeutelkapitän, sei<br />
er zur sofortigen Hinrichtung verurteilt worden, Deshalb gebe<br />
er allen den guten Rat, niemandem mehr zu trauen, auch nicht<br />
den eigenen Leuten, nicht einmal denen, die sich einem zutiefst<br />
anvertraut hätten, denn dann lebe man wahrscheinlich einige<br />
Monate länger als sonst.<br />
Und er vertraute auch nicht einmal seinen besten Freundinnen,<br />
die den Anblick des Strickes um seinen Hals nicht ertrugen, sondern<br />
vorgezogen hätten, mit ihm gemeinsam gehängt zu werden,<br />
anstatt allein zurückzubleiben, sondern gab ihnen nur den gutgemeinten<br />
Rat, sich doch besser nach Westindien verschien zu lassen,<br />
wo ihnen bestimmt das Glück beschieden, mindestens einen,<br />
wenn nicht zwei oder drei Ehemänner wiederzunden.<br />
Und als dann aber mindestens vier der Frauen mit seinen unehelichen<br />
Kindern auftauchten und womöglich auch noch mit ihm<br />
gehängt werden, mit ihm kommen wollten, da graute ihm nur<br />
mehr vor den vermutlich darauf bald anfallenden über-irdischen<br />
Unterhaltskosten und kosmischen Alimentenforderungen jenseits<br />
dieser Welt.<br />
Durch die feucht und staubig vom Himmel herabhängenden<br />
Finsternisfetzen ging Händel in jener Nacht zu seinem Haus<br />
zurück, wo alles schlief. Im Zimmer überkam ihn wehmütige<br />
Erinnerung an jene früheren Zeiten, als er von seinen<br />
Nachtspaziergängen stets die neue Linie einer Melodie, welche<br />
ihm aus den leisen Selbstgesprächen des Flusses von einer<br />
vorlaut hochgesprungenen Welle ans Ufer geworfen wurde,<br />
- 252 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 253 -
oder ein paar denkwürdige Akkorde aus den Faltenwürfen<br />
des über die Dachböden gebreiteten Nachtföhnes heim und<br />
gleich zu Papier gebracht hatte. Aber in diesen Wochen und<br />
Tagen hatten sich ihm auch die Atemzüge der erwachten<br />
Nächte zu verweigern angefangen, befanden ihn nicht mehr<br />
vertrauenswürdig genug, ihm das Geheimnis ihrer Geräusche<br />
zur Entzierung zu überantworten. Oder lag es an ihm, seinem<br />
Gehör, seinem Empnden, abgestumpft von der Enttäuschung<br />
über die Schmähungen treuloser Gleichgültigkeits-<br />
öentlichkeit?<br />
Der Schreibtisch war leer, wie immer.<br />
Aber da war noch was, etwas im Kerzenackern Schimmerndes,<br />
leicht bewegt im zitternden Schwanken der Flamme<br />
selbst seinen in langsamer Ratlosigkeit schwimmenden<br />
Augen entgegenwinkend ersichtlich. Ein Paket, ein Brief<br />
vom Textdichter, der ihm »Saul« und »Israel in Ägypten« zu<br />
brauchbar zurechtgeschneiderten Versen zusammengezimmert<br />
hatte.<br />
»e Messiah«. Der Titel einer neu von ihm komponiert zu<br />
werden vorgeschlagenen Textvorlage. Der wollte aus ihm<br />
noch restlos einen Narren machen, und noch dazu war es<br />
eines dieser für alle Musikkrankheiten und Klangharmonie-<br />
verstimmungen so überaus anfälligen Oratorien, die auch<br />
nicht viel weiter geführt hatten als hierher.<br />
Aber beim Lesen der ersten Zeile umng Händel eine in<br />
gerade seinem Zustand unerklärlich wohltuende, ihn beru-<br />
higende Erregung, eine Unerschrockenheit breitete sich um<br />
ihn, als wäre alles auf einmal ganz anders geworden. Er solle<br />
sich trösten, konnte er lesen, und ganz ruhig sein, und nichts<br />
mehr werde ihn ab nun bedrängen können oder behelligen,<br />
denn ab diesem Punkt des Lebens sei er aufgehoben derart,<br />
daß man ihm nichts mehr anzuhaben vermöge.<br />
Es war, als prasselte ein trockener Klangregen in einem aufgekommenen<br />
Harfengewitter auf das Dach seines Hauses,<br />
nein, über alle Dächer der Stadt und aller Städte und Dörfer,<br />
und ein Feuer schien Händel ins Zimmer gedrungen zu sein,<br />
in dem er noch immer überm Schreibtisch gebeugt saß und<br />
schon einen ganzen Stoß Notenblätter vollgeschrieben hatte,<br />
und waren es das Feuer und die seinen Kopf kühlenden<br />
Flammen eines dargebrachten Dankopfers, das er jetzt zum<br />
Klingen brachte, oder war es schon das zu ihm voraus mitten<br />
in die Nacht herbeigesandte Feuer eines bald schon neu<br />
anbrechenden Tages, der das Gestrüpp der vertrockneten<br />
Sträucher des Morgengrauens entzünden würde, das der<br />
Osten aufgefackelt hochschwemmte aus seiner Versenkung<br />
hinterm Rand des Ozeans?<br />
Es war, als hätte er sich den Äther höchstpersönlich als einen<br />
übersichtlich notenlinieng streiften Papierbogen auf den<br />
Schreibtisch geheftet und beschriebe hastig genau das<br />
Brechen der Tageszeitengewitter durch die Gezeiten der<br />
Nächte hindurch.<br />
Im Auf- und Abrufen der Chöre, die er durch die unermeßlichen<br />
Konzertsäle aller Horizonte fegte, stürzten deren vom<br />
- 254 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 255 -
aufbrausenden Geüster der Wälder begleitete Stimmen als<br />
Vogelschwärme durch die geöneten Katarakte des Himmels,<br />
unterwegs auf ihrer Besiedelung der Atmosphäre, und<br />
zerrissen die ihnen untergekommenen Wolken mit ihren<br />
Flügelschlägen in kleine Streifen und Lappen, die weit herabhingen<br />
in die Felder des Tieands, aufgelöst zu freundlichem<br />
Leuchten herabgleitender Lichthageltriller.<br />
Ein unfaßbar selbstverständliches Glücksempndungsblitzen<br />
durchdrang Händel immer wieder, und eine Freude<br />
durchutete den Komponisten wie heftiger Aschenregen,<br />
der sich aus ihm erhob und auch die letzten Spuren in ihm<br />
ausgebrannter Ruinenschatten fortströmte ins unerreichbar<br />
tiefe Vergessen der gewissenhaft abgeklärten Lagunen seiner<br />
Erinnerung, als wären mit seinem Wiedererwachen gemeinsam<br />
auch bisher fremd gewesene Bereiche eines ganz neuen<br />
Fühlens und Wissens hochgetaucht, die er spüren, aber nicht<br />
benennen konnte, doch, benennen, klingend übertragen, und<br />
war er allen verstecktesten Rätseln hautnah auf der Spur mit<br />
den Tönen seiner gerade neu komponierten Musik, hörbar<br />
deren Auösung aufklingen zu lassen, bisher Unbegreiiches,<br />
Unaussprechliches und Undenkbares zu deutlich begreifbar<br />
genau vernehmlichen Gestalten geformt.<br />
Nach drei Wochen war die Arbeit beendet. Aber noch fehlte<br />
ihm darüber ein alles nachtklängeüberspannendes weit aufwärts<br />
die Atmosphäre hindurch gebogenes hörbares Dach,<br />
das er mit allen erreichbaren, ganz wie zum erstenmal gesungenen<br />
Lichtstrahlenstimmen als eine von allen Mauerseglerschwärmen<br />
der Insel geochten zusammenklingende Kuppel<br />
über die große Landschaft des Werkes hinwegziehen wollte,<br />
daß es endgültig so würde, wie es sein sollte.<br />
Am 13. April hörte man das Werk zum erstenmal in Dublin.<br />
Seit damals brachte ihn nichts mehr aus der Fassung, obwohl<br />
er oft noch ähnlichen Mühsalen ausgesetzt war wie davor.<br />
Aber alle Anstrengung war ihm mühelos hinter sich werfbar,<br />
sämtliche ihm geltende Seitenhiebe schlugen ihm nur nicht<br />
verletzende Wunden, und durch die ihm verschlossen gebliebenen<br />
Türen ging er einfach im Vorbeigehen.<br />
Die Stiegenhäuser der Tage und Wochen und Jahre lagen<br />
ganz eben ausgebreitet vor ihm auf seiner noch oftmaligen<br />
Reise durch die buntgefärbten Luftkirchenschie im Glanz<br />
der Jahreszeiten, begleitet vom immer noch durchsichtigen<br />
Aufruhr der Sehnsucht seiner bewegten inneren Landschaftsbilder,<br />
deren Ausstrahlung aber auf seine äußere<br />
Umgebung so stark war, daß sie mehr und mehr abzufärben<br />
begannen, bis sich seine Umwelt an die Gegenden seiner inneren<br />
Bilder derart angepaßt hatte, daß die Bilder, die er um<br />
sich gebreitet sah, mit den Darstellungen, die er in seinem<br />
Innersten überschauen konnte, übereinstimmend identisch<br />
geworden waren.<br />
Auch als er blind geworden im hohen Alter, hörte er nicht auf<br />
zu sehen, sondern sah mit seinem unermeßlichen Gehör und<br />
hörte dann alles durch die Fenster seiner innersten Augen.<br />
Waren ihm seine schwer zählbaren Werke mit dem Verstreichen<br />
der Zeit vermutlich bald selbst nicht mehr überschaubar<br />
- 256 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 257 -
gewesen, so daß er vielleicht anng, sie nach und nach langsam<br />
wieder so in sich zurück hineinzuvergessen, wie sie Jahrzehnte<br />
zuvor aus ihm herausgeströmt waren, so blieb ihm<br />
der Messiah immer gegenwärtig, begleitete ihn überallhin.<br />
Er liebte das Werk, weil er mit ihm auch sich selbst ganz<br />
neu geformt erschaen empfand. Deshalb wollte er damit aus<br />
der Öentlichkeit sich verabschieden, ehe er den endgültigen<br />
Rückzug beschloß.<br />
Am 6. April führte man den schwerkranken 74jährigen zum<br />
letzten Mal nach Covent Garden aufs Podium. Seine Person<br />
war schon lange zu einer Institution geworden, bei deren Erscheinen<br />
zwei Kerzen vorangetragen aufs Cembalo gestellt<br />
wurden.<br />
Er saß da wie sein ganzes Leben bis jetzt noch immer, alleingeblieben<br />
inmitten der Menge, die er nicht sah, doch als<br />
durch die aufkommenden Cembalogewitter die undurchdringbar<br />
dichten Chöre der zurückkehrenden Zugvogelwolken<br />
die Fenster des Hauses durchstießen und herbeischwammen<br />
und schon aufgelöst im Jubel der ihm dargebrachten<br />
orkanisch berechneten Beifallskundgebungen seine Augenlider<br />
streiften, leuchtete sein vom unendlich oftmaligen Erwachen<br />
müde gewordenes Gesicht durch den Saal.<br />
Erschrocken führte man ihn zurück ins Haus, wo er sich hinlegte,<br />
ohne sich je wieder erhoben zu haben.<br />
Und am 13. April spürte Händel, wie der Horizont von weit<br />
hinter der Stadt durch die Gassen wanderte und an seinem<br />
Bett sich niederließ, während die Straße von draußen durchs<br />
Fenster ins Zimmer stürzte und er schon über seinem eigenen<br />
Körper zu schweben glaubte, der als ein durchsichtiges Spiegeln<br />
von bisher noch niemals gehörten Klängen empndbar<br />
geworden, die aus seiner Kammer, die so weit geworden war<br />
wie eine der Ebenen des Kontinents, zurückuteten, während<br />
der Horizont mit Händel schon hinter den Stadtrand an den<br />
Saum des beginnenden Ozeans wieder zurückgelehnt war,<br />
ganz weit hinter dem stehengebliebenen, in diesem Landstrich<br />
hinter der Stadt einfach steckengebliebenen Fluß.<br />
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Jung und Jung<br />
- 258 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 259 -
Samstag, 15.09. | 24 Uhr<br />
Seminarkirche Tanzenberg<br />
Forgotten Secrets<br />
Eine phantastische Reise durch Kulturen & Zeit<br />
Konzert mit trigonale-<br />
Konzert mit den<br />
Eclipse<br />
Layil Barr: Blocköten, Viola da gamba<br />
Jean Kelly: Harfen<br />
Ripton Lindsay: Tanz<br />
Singers<br />
in Residence<br />
von Elisabeth Naske<br />
Clare Wilkinson: Mezzosopran<br />
Bjarte Eike: Violine<br />
Andrea Pandolfo: Trompete<br />
Paolo Pandolfo: Viola da gamba<br />
Singers in Residence<br />
Ida Aldrian: Mezzosopran<br />
Hanna Herfurtner: Sopran<br />
Jan Petryka: Tenor<br />
Ulfried Staber: Bass<br />
Einleitung<br />
Wer sich zu mitternächtlicher Stunde aufmacht, um in einem<br />
einzigartigen Raum – der Seminarkirche Tanzenberg – Musik<br />
zu erleben, kann mit Recht mehr erwarten, als nur ein Konzert,<br />
das ebenso gut zu einer typischen Tageszeit stattnden<br />
könnte.<br />
So haben sich die Künstler des heutigen Abends vorgenommen,<br />
uns mitzunehmen auf eine Reise durch Zeit und<br />
Kulturen, auf der wir Märchen aus aller Welt, Merulas betörend<br />
schönem »Canzonetta Spirituale Sopra alla Nanna«,<br />
sephardischer und mittelalterlicher Musik, Hildegard von<br />
- 260 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 261 -
Bingens Visionen, längst vergessen geglaubten Geheimnissen<br />
und Dämonen und Kobolden begegnen werden. Durch das<br />
behutsame Einweben unseres heurigen trigonale-Auftragswerkes<br />
– geschrieben von der österreichischen Komponistin<br />
Elisabeth Naske – und von zeitgenössischem Tanz sollte es<br />
uns gelingen, die Brücke ins Hier und Jetzt zu schlagen.<br />
An dieser Stelle ist es der trigonale ein besonderes Anliegen,<br />
der Firma HSH – Holz die Sonne ins Haus – für ihre Unterstützung,<br />
die weit über das normale Maß einer Sponsortätigkeit<br />
hinausgeht, zu danken. Sie ist es auch, die das heurige<br />
Auftragswerk mit dem Titel klima.wandel ermöglicht hat.<br />
Elisabeth Naske, die Komponistin unseres<br />
Auftragswerkes, studierte Violoncello<br />
bei Heidi Litschauer am Mozarteum Salzburg<br />
und am Konservatorium Basel in der<br />
Konzertklasse von omas Demenga, wo sie<br />
1987 das Konzertreifediplom erhielt.<br />
Meisterkurse u.a. bei Frans Helmerson, Heinrich Schi,<br />
Christoph Coin und Sándor Végh folgten.<br />
Sie war Mitglied des Gustav Mahler Jugendorchesters unter der<br />
Leitung von Claudio Abbado, Vaclav Neumann u.a. und wirkte<br />
in mehreren Kammerorchestern, wie der Camerata Bern, der<br />
Serenata Basel, und der Camerata Academica Salzburg unter<br />
der Leitung von Sándor Végh mit. Die Kammermusik bildet<br />
einen wichtigen Bestandteil ihres musikalischen Wirkens mit<br />
Partnern wie omas Demenga, Heinrich Schi und omas<br />
Zehetmair, sowie dem Pascal Trio, dessen Mitbegründerin<br />
sie 1993 war und mit dem sie u.a. im Rahmen der Salzburger<br />
Mozartwoche und der Schubertiade Feldkirch konzertierte.<br />
Weiters wirkte sie in verschiedenen Barockensembles mit<br />
und trat als Partnerin von Elisabeth von Magnus und Anthony<br />
Spiri am Barockcello auf. Von 1998 bis 2003 nahm sie Kompositionsunterricht<br />
bei Tristan Schulze in Wien, mit dem sie<br />
auch gemeinsame stilübergreifende Programme als Celloduo<br />
gestaltete. Mit der Vertonung des »Kleinen Ich-bin-Ich« von<br />
Mira Lobe im Jahr 2001 erregte sie die Aufmerksamkeit sowohl<br />
des Musikverlages Schott, unter dessen Vertrag sie seitdem<br />
steht, als auch der Volksoper Wien, die sie mit einer Kinderoper<br />
beauftragte. »Die Feuerrote Friederike« nach einem<br />
Buch von Christine Nöstlinger wurde 2004 als Auftragswerk<br />
der Wiener Volksoper am Dach der Wiener Staatsoper urauf-<br />
- 262 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 263 -
geführt. Weitere Opernaufträge folgten, 2007 »Die Omama<br />
im Apfelbaum« nach einem Buch von Mira Lobe, ein Auftragswerk<br />
der Staatsoper Wien, 2008 »Die rote Zora« nach<br />
einem Buch von Kurt Held, im Auftrag des eaters Luzern in<br />
Koproduktion mit dem Grand éatre du Luxembourg. Für die<br />
Produktion »Die Glücksfee« nach einem Buch von Cornelia<br />
Funke wurde sie Preisträgerin beim Find it Wettbewerb der<br />
Jeunesses Musicales Österreich.<br />
Auch mit den Vertonungen von »Sindbad der Seefahrer«<br />
2004, »Der selbstsüchtige Riese« nach einem Märchen von<br />
Oscar Wilde 2006, »Ouroboros, eine musikalische Schöpfungsgeschichte«<br />
2009, »Des Kaisers neue Kleider« nach<br />
H.C. Anderson 2009, »Mäusemärchen – Riesengeschichte«<br />
nach einem Buch von Annegert Fuchshuber 2010, »Don Qichotte<br />
en famille« 2011 hat sich Elisabeth Naske einen herausragenden<br />
Namen im Bereich des Musiktheaters für Kinder<br />
und Jugendliche in ganz Europa erworben.<br />
Für das Jahr 2013 hat die Wiener Staatsoper neuerlich einen<br />
Opernauftrag vergeben, die Vertonung von »Das Städtchen<br />
Drumherum« von Mira Lobe.<br />
Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />
Layil Barr, Seite 205<br />
Jean Kelly, Seite 206<br />
Ripton Lindsay, Seite 208<br />
Clare Wilkinson, Seite 175<br />
Bjarte Eike, Seite 17<br />
Andrea Pandolfo, Seite 270<br />
Paolo Pandolfo, Seite 268<br />
Ida Aldrian, Seite 115<br />
Hanna Herfurtner, Seite 20<br />
Jan Petryka, Seite 116<br />
Ulfried Staber, Seite 118<br />
- 264 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 265 -
Sonntag, 16.09. | 14 Uhr<br />
Klosterkirche St. Veit<br />
Time Machine<br />
Modern Trumpet vs. ancient Viola da gamba –<br />
Modern Viola da Gamba vs. ancient Trumpet<br />
Konzert mit trigonale-<br />
Paolo Pandolfo: Viola da gamba<br />
Andrea Pandolfo: Trompete<br />
Singers in Residence<br />
Hanna Herfurtner: Sopran<br />
Ida Aldrian: Mezzosopran<br />
Jan Petryka: Tenor<br />
Ulfried Staber: Bass<br />
Konzert mit den<br />
Singers<br />
in Residence<br />
von Elisabeth Naske<br />
Einleitung<br />
Die vielfältigen Erfahrungen der beiden Musiker und ein gegenseitiges<br />
Verstehen, das ganz ohne Worte auskommt und<br />
so nur unter Geschwistern zu nden ist, erfüllen diese einzigartige<br />
musikalische Performance mit Leben.<br />
Musik des Barocks, Jazz, Folks und zeitgenössische Impro-<br />
visation begegnen einander, und auch wenn die beiden Ins-<br />
trumente uns normalerweise so weit voneinander entfernt<br />
scheinen wie die Jahrhunderte, die zwischen ihnen liegen –<br />
hier nden sie auf geheimnisvolle Weise zu einem gemeinsamen<br />
Ton, der uns völlig überrascht und dennoch überzeugend<br />
echt klingt.<br />
Paolo und Andrea Pandolfo wuchsen zusammen in Italien auf.<br />
Dann ging jeder von ihnen seinen eigenen Weg: Paolo spezialisierte<br />
sich auf Renaissance- und Barockmusik und wurde<br />
ein weltweit gefeierter und anerkannter Virtuose auf der Viola<br />
da gamba. Andrea hingegen spielte Jazz, Folk und Klezmer<br />
und begann vor einigen Jahren, für eater, Fernsehen und<br />
Film zu komponieren. Ihr erstes gemeinsames Album war<br />
»Travel Notes« im Jahr 2004. Seitdem ist jedes ihrer Treen<br />
ein weiterer Baustein zu ihrem gemeinsamen Musikprojekt<br />
»Time Machine«.<br />
- 266 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 267 -
Eine weitere Begegnung steht uns bei diesem Konzert ins<br />
Haus: Die Pandolfo-Brüder treen auf unsere Singers in Residence,<br />
um gemeinsam die trigonale-Auftragskomposition von<br />
Elisabeth Naske erklingen zu lassen, die im Mitternachtskonzert<br />
vom 15. September ihre Urauührung erlebte.<br />
Paolo Pandolfo, heute einer der<br />
Stars der Europäischen Alte-Musik-Szene,<br />
studierte zunächst am Konservatorium<br />
in Rom. Bereits während dieser Zeit<br />
begann er, sich intensiv mit Renaissance-<br />
und Barockmusik zu befassen und gründete<br />
zusammen mit dem Violinisten Enrico Gatti und dem<br />
Cembalisten Rinaldo Alessandrini das Ensemble La Stravaganza.<br />
1981 setzte er sein Studium an der Schola Cantorum<br />
Basiliensis bei Jordi Savall fort, mit dessen Ensemble Hesperion<br />
XX er bis 1990 auf der ganzen Welt auftrat und zahlreiche<br />
CDs einspielte.<br />
Seit 1990, nach seinem ersten großen solistischen Plattenerfolg<br />
mit C.P.E. Bachs Gambensonaten, ist er Professor für<br />
Viola da gamba an der Schola Cantorum Basiliensis. Neben<br />
seiner Tätigkeit als Lehrer tritt er weltweit mit Stars der Alten<br />
Musik wie Rolf Lislevand, Michael Chance, Mitzi Meyerson,<br />
Guido Morini, Emma Kirkby und Miguel Moren auf.<br />
Seit 1992 leitet er Labyrinto, eine Instrumentalgruppe, die<br />
sich dem Repertoire für Gambenconsorts widmet. Seine<br />
Konzerttätigkeit als Solist und mit Labyrinto führte ihn u.a.<br />
nach Italien, Frankreich, Deutschland, Japan, Korea, England<br />
und in die Vereinigten Staaten. Bei seinen Auftritten wird<br />
Paolo von Publikum und Presse gleichermaßen gefeiert. So<br />
wurde er im American Record Guide schon 1997 als einer der<br />
bedeutendsten Gambisten seiner Generation genannt, für<br />
Gramophone ist er einer der brillantesten und poetischsten<br />
Gambisten unserer Zeit, und der Boston Globe sieht in ihm<br />
den »Yo-Yo Ma der Gambe«.<br />
Seine zahlreichen Aufnahmen (u.a. bei Astrée, Emi, Philips,<br />
Erato, Harmonia Mundi) wurden mehrfach ausgezeichnet.<br />
Mittlerweile hat er einen Exklusivvertrag mit dem Label<br />
Glossa. Zu seinen bedeutendsten Projekten – erschienen bei<br />
Glossa – zählen seine CD »A Solo«, die 2 Marais-CDs, »Le<br />
Labyrinth ... et autres Histoires« und »Le Grand Ballet«, sowie<br />
die 2000 erschienene CD mit seiner Transkription der<br />
sechs Cello-Solo-Suiten J.S. Bachs für Viola da gamba. Im<br />
Juli 2004 erschien »Travel Notes« mit selbstkomponierter<br />
Musik. Darüber die FAZ: »...ein Hörfenster der Ausdrucksmöglichkeiten<br />
dieses Instruments, dabei weit entfernt von allen<br />
akademischen Überlegungen über historische Authentizität und<br />
historisierenden Anwandlungen«.<br />
Paolo ist davon überzeugt, dass die Alte Musik eine wichtige<br />
und reiche Quelle der Inspiration für die Zukunft der<br />
westlichen Musiktradition sein kann. Darin liegt wohl auch<br />
begründet, dass es ihm immer wieder gelingt, in seinen Projekten<br />
Brücken zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart<br />
zu schlagen, da er nicht nur Raum für Improvisation<br />
schat, sondern auch Transkriptionen und zeitgenössische<br />
Musik integriert.<br />
- 268 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 269 -
Andrea Pandolfo, Trompeter und<br />
Komponist, wurde in Rom geboren. Seit<br />
1997 ist er Mitglied des Klezmer-Ensemb-<br />
les Klezroym. Die Musiker von Klezroym<br />
schreiben und spielen Originalmelodien,<br />
für die sie sich von der Musik der<br />
jüdischen Diaspora Europas und Nordafrikas inspirieren<br />
lassen. Andrea Pandolfo war künstlerischer Leiter für Paolo<br />
Pandolfos Album »Travel Notes« und spielte in der darauolgenden<br />
Produktion »Travel Notes Project«.<br />
2007 war er Mitautor und Arrangeur in Abel Ferraras Film<br />
»Go Go Tales«. 2005 komponierte und spielte er die Musik<br />
zu dem Dokumentarlm »In un altro paese« (Excellent cadavers)<br />
von Marco Turco.<br />
Die weiteren Biografien nden Sie auf folgenden Seiten:<br />
Ida Aldrian, Seite 115<br />
Hanna Herfurtner, Seite 20<br />
Jan Petryka, Seite 116<br />
Ulfried Staber, Seite 118<br />
Elisabeth Naske, Seite 263<br />
- 270 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 271 -
Sonntag, 16.09. | 18 Uhr<br />
Dom zu Maria Saal<br />
Claudio Monteverdi (1567 – 1643):<br />
Marienvesper<br />
Otto Kargl: Musikalische Gesamtleitung<br />
Cappella Nova Graz<br />
Domkantorei St. Pölten<br />
Florian Ehrlinger: Tenor<br />
Lukas Kargl, Ulfried Staber: Bass<br />
Mitglieder von Trinity Baroque<br />
Christine Maria Rembeck,<br />
Andrea Oberparleiter: Sopran<br />
Julian Podger, Nils Giebelhausen: Tenor<br />
Les Cornets Noirs<br />
Frithjof Smith, Gebhard David,<br />
Matthijs Lunenburg : Zink<br />
Claudia Mende, Cosimo Stawiarski: Violine<br />
Brigitte Gasser: Viola da gamba, Lirone<br />
Matthias Spaeter : Chitarrone<br />
Patrick Sepec : Cello<br />
Johannes Strobl: Orgel<br />
Henning Wiegräbe, Eckart Wiegräbe,<br />
Joseph Bastian: Posaune<br />
- 272 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 273 -
Einleitung<br />
Schon seit geraumer Zeit war Claudio Monteverdi (1567 –<br />
1643) mit seiner Stellung als Kapellmeister in Mantua und<br />
vor allem mit seinem Dienstgeber Herzog Vincenzo I. Gonzaga<br />
unzufrieden. Als er seine verstorbene Frau 1607 in seiner<br />
Heimatstadt Cremona beerdigte, wollte er nicht mehr nach<br />
Mantua zurückkehren, doch trotz eines Bittgesuchs seines<br />
Vaters beorderte ihn der Herzog zurück an seinen Hof, für<br />
den Monteverdi unter anderem die beiden sehr erfolgreichen<br />
Opern »L'Orfeo« (1607) und »L'Arianna« (1608) komponiert<br />
hatte. Zu dieser Zeit dürften auch schon Teile der »Marienvesper«<br />
entstanden sein, die unter anderem durch die festliche<br />
Intonatio, die Monteverdi auch als Eingangs-Toccata im<br />
»L'Orfeo« verwendet hatte und die wiederum auf der Gonzaga-Fanfare<br />
beruhte, sowie durch die Widmung an Maria, die<br />
Schutzheilige der Stadt, starke Bezüge zu Mantua aufweist.<br />
Gemeinsam mit der »Missa in illo tempore« wurde die »Marienvesper«<br />
1610 in Venedig gedruckt; beide Werke wurden<br />
Papst Paul V. gewidmet. Den Namen erhielt das Werk nicht<br />
nach dem am Originaldruck angegebenen Titel, sondern nach<br />
der Bemerkung »Vespro della B[eata] Vergine da concerto,<br />
composto sopra canti fermi«, die vor dem »Domine ad adjuvandum«<br />
im Stimmheft des Generalbasses angebracht ist.<br />
Mit diesen wie auch anderen Kompositionen reiste Monteverdi<br />
im Herbst desselben Jahres nach Rom. Hier wollte er<br />
nicht nur für seinen Sohn um eine Stelle im römischen Seminar<br />
bitten, sondern zugleich wohl auch für sich selbst eine<br />
Stellung erlangen. Die unterschiedlichen traditionellen wie<br />
auch modernen Formen und Stile, der Einsatz der Instrumente<br />
sowie die festlichen wie auch meditativen Elemente,<br />
die Monteverdi in der »Marienvesper« aekt- und abwechslungsreich<br />
verwendete, erscheinen wie eine musikalische<br />
Visitenkarte, mit der der Komponist seine vielfältigen Fähigkeiten<br />
unter Beweis stellen wollte. Eine Anstellung beim<br />
Papst bekam Monteverdi nicht, wohl aber wurde er 1612 nach<br />
dem Tod Herzog Vicenzos in Mantua entlassen und ging im<br />
Jahr darauf als maestro di cappella an San Marco nach Venedig.<br />
Hier ist auch für das Jahr 1613 eine Auührung der<br />
»Marienvesper« belegt.<br />
Eine Vesper ist das Stundengebet am Abend. Sie beginnt mit<br />
der Invitation aus Psalm 69 »Deus in adjutorium« und dem<br />
Responsorium »Domine ad adjuvandum«. Danach folgen<br />
fünf Psalmen, die sich nach dem Anlass der Feier oder nach<br />
dem Kirchenjahr richten. In der »Marienvesper« sind dies<br />
»Dixit Dominus« (Psalm 109/110), »Laudate pueri« (Psalm<br />
112/113), »Laetatus sum« (Psalm 121/122), »Nisi Dominus«<br />
(Psalm 126/127) und »Lauda Jerusalem« (Psalm 147). Abschließend<br />
erklingen der Hymnus »Ave maris stella« und das<br />
»Magnicat«.<br />
Vor und nach jedem Psalm werden normalerweise die entsprechenden<br />
Antiphonen gesungen, die jedoch in Monteverdis<br />
»Marienvesper« nicht aufscheinen. Vermutlich an<br />
ihrer statt fügte Monteverdi fünf nicht liturgische Stücke<br />
im monodisch-konzertanten Stil ein, bei denen es sich um<br />
die auf der Titelseite des Drucks angeführten »sacris concentibus«<br />
handeln dürfte: »Nigra sum«, »Pulchra es«, »Duo<br />
- 274 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 275 -
Seraphim«, »Audi coelum« und »Sonata sopra Sancta Maria<br />
ora pro nobis«. Im Gegensatz zu den polyphonen Psalmen,<br />
die größer besetzt sind, cantus rmi zur Grundlage haben<br />
und somit auf modalen Kirchentonarten beruhen, sind diese<br />
kleiner besetzten Concerti, abgesehen von der Sonata, frei<br />
komponiert, virtuoser und verweisen bereits auf die Funktionsharmonik<br />
des beginnenden Barockzeitalters. Nicht zuletzt<br />
deshalb gilt die »Marienvesper« als »das früheste der<br />
wirklich bedeutsamen großen Werke abendländischer Kirchenmusik«<br />
(Helmuth Rilling). Und über den Komponisten,<br />
der als Begründer der nuove musiche, der neuen, um 1600<br />
entstehenden Tonsprache, bezeichnet wird, sagte sein späterer<br />
Kollege Domenico Guaccero: »Monteverdi stellte die Zukunft<br />
vor, sein Werk […] ist sozusagen der Topf, in dem die ganze<br />
moderne Musik gekocht ward – mit ihrer Humanität und mit<br />
ihren Widersprüchen.«<br />
Eva Maria Hois<br />
- 276 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 277 -
Texte<br />
Intonatio<br />
Deus in adiutorium meum intende!<br />
Responsorium<br />
Domine ad adiuvandum me festina.<br />
Gloria Patri et Filio et Spiritui Sancto.<br />
Sicut erat in principio et nunc et semper<br />
et in saecula saeculorum.<br />
Amen.<br />
Alleluia.<br />
Psalmus 109 (110)<br />
Dixit Dominus Domino meo:<br />
Sede a dextris meis:<br />
Donec ponam inimicos tuos<br />
scabellum pedum tuorum.<br />
Virgam virtutis tuae<br />
emittet Dominus ex Sion:<br />
Dominare in medio inimicorum tuorum.<br />
Tecum principium in die virtutis tuae<br />
in splendoribus sanctorum:<br />
Ex utero ante luciferum<br />
genui te.<br />
Iuravit Dominus,<br />
et non poenitebit eum:<br />
Tu es sacerdos in aeternum<br />
Intonation<br />
Gott, komm mir zu Hilfe!<br />
Responsorium<br />
Herr, eile, mir zu helfen.<br />
Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste.<br />
Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar<br />
und von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />
Amen.<br />
Alleluja.<br />
Psalm 109 (110)<br />
So sprach der Herr zu meinem Herrn:<br />
Setze dich zu meiner Rechten,<br />
bis ich dir deine Feinde<br />
als Schemel unter deine Füße lege.<br />
Weit sendet der Herr das Zeichen<br />
deiner Macht über Zion hinaus!<br />
Herrsche inmitten deiner Feinde.<br />
Das Königtum ist bei dir am Tage<br />
deines Sieges in heiligem Glanze.<br />
Wie den Tau vor dem Morgenstern<br />
habe ich dich gezeugt.<br />
Geschworen hat es der Herr,<br />
und es wird ihn nicht reuen:<br />
Du bist Priester in alle Ewigkeit<br />
- 278 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 279 -
secundum ordinem Melchisedech.<br />
Dominus a dextris tuis confregit<br />
in die irae suae reges.<br />
Judicabit in nationibus,<br />
implebit ruinas:<br />
Conquassabit capita in terrae multorum.<br />
De torrente in via bibet:<br />
Propterea exaltabit caput.<br />
Gloria Patri et Filio ...<br />
Concerto<br />
Nigra sum, sed formosa,<br />
liae Jerusalem.<br />
Ideo dilexit me rex<br />
et introduxit me in cubiculum suum<br />
et dixit mihi:<br />
Surge, amica mea, et veni.<br />
Iam hiems transiit,<br />
imber abiit et recessit,<br />
ores apparuerunt in terra nostra.<br />
Tempus putationis advenit.<br />
nach der Ordnung des Melchisedech.<br />
Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert<br />
die Könige am Tage seines Zorns.<br />
Die Völker wird er richten,<br />
die Toten aufhäufen,<br />
in allen Landen die Schädel zerschlagen.<br />
Vom Wildbach am Wege wird er trinken<br />
und darum sein Haupt erheben.<br />
Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />
Concerto<br />
Ich bin schwarz und dennoch schön,<br />
ihr Töchter Jerusalems.<br />
Darum hat mich der König auserwählt,<br />
mich in sein Schlafgemach geführt<br />
und zu mir gesagt:<br />
Erhebe dich, meine Freundin, und komm.<br />
Der Winter ist bereits vergangen,<br />
der Regen vorbei und versiegt,<br />
die Blumen sprießen auf unserer Erde.<br />
Es wird Zeit, die Bäume zu beschneiden.<br />
(Das Hohelied 1,5 und 2,10–12)<br />
- 280 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 281 -
Psalmus 112 (113)<br />
Laudate, pueri, Dominum,<br />
laudate nomen Domini.<br />
Sit nomen Domini benedictum,<br />
ex hoc nunc et usque in saeculum.<br />
A solis ortu usque ad occasum<br />
laudabile nomen Domini.<br />
Excelsus super omnes gentes Dominus,<br />
et super coelos gloria eius.<br />
Quis sicut Dominus Deus noster,<br />
qui in altis habitat, et humilia respicit<br />
in coelo et in terra?<br />
Suscitans a terra inopem,<br />
et de stercore erigens pauperem,<br />
ut collocet eum cum principibus,<br />
cum principibus populi sui.<br />
Qui habitare facit sterilem in domo,<br />
matrem liorum laetantem.<br />
Gloria Patri et Filio ...<br />
Concerto<br />
Pulchra es, amica mea,<br />
suavis et decora sicut Jerusalem,<br />
terribilis ut castrorum acies ordinata.<br />
Averte oculus tuos a me,<br />
quia ipsi me avolare fecerunt.<br />
Psalm 112 (113)<br />
Lobet den Herrn, ihr Kinder Gottes,<br />
lobt den Namen des Herrn.<br />
Der Name des Herrn sei gepriesen,<br />
jetzt und in alle Ewigkeit.<br />
Vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang<br />
sei der Name des Herrn gepriesen.<br />
Hoch über allen Völkern ist der Herr erhaben,<br />
seine Herrlichkeit ist über den Himmeln.<br />
Wer ist wie der Herr, unser Gott,<br />
der in der Höhe wohnt und auch das Geringe im Himmel<br />
und auf Erden sieht?<br />
Den Ohnmächtigen richtet er auf,<br />
den Armen hebt er aus dem Staub,<br />
um ihn neben die Mächtigen zu setzen,<br />
neben die Edlen seines Volkes.<br />
Er lässt die Unfruchtbare im Hause leben,<br />
als glückliche Mutter inmitten ihrer Kinder.<br />
Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />
Concerto<br />
Schön bist du, meine Freundin,<br />
lieblich und anmutig wie Jerusalem,<br />
erschreckend, einer vor dem Lager<br />
aufgestellten Schlachtordnung gleich.<br />
Wende deine Augen von mir,<br />
denn sie zwangen mich, vor dir zu iehen.<br />
(Das Hohelied 6,4–5 und 10)<br />
- 282 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 283 -
Psalmus 121 (122)<br />
Laetatus sum in his,<br />
quae dicta sunt mihi:<br />
in domum Domini ibimus.<br />
Stantes erant pedes nostri<br />
in atriis tuis,<br />
Jerusalem, Jerusalem,<br />
quae aedicatur ut civitas:<br />
cuius participio eius in idipsum.<br />
Illuc enim ascenderunt tribus,<br />
tribus Domini:<br />
testimonium Israel<br />
ad contendum nomini Domini,<br />
quia illic sederunt sedes in iudicio,<br />
sedes super domum David.<br />
Rogate quae ad pacem sunt Jerusalem;<br />
et abundantia<br />
diligentibus te.<br />
Fiat pax in virtute tua,<br />
et abundantia in turris tuis.<br />
Propter fratres meos et proximos meos,<br />
loquebar pacem de te.<br />
Propter domum Domini<br />
Dei nostri,<br />
quaesivi bona tibi.<br />
Gloria Patri et Filio ...<br />
Psalm 121 (122)<br />
Voll Freude bin ich über die,<br />
die mir sagten:<br />
Wir werden in das Haus des Herrn gehen.<br />
So stehen unsere Füße<br />
in den Vorhöfen deiner Paläste,<br />
Jerusalem, Jerusalem,<br />
das man als eine Stadt erbaut hat,<br />
in der man zusammenkommen soll.<br />
Hierher wanderten nämlich die Stämme,<br />
die Stämme des Herrn,<br />
um, wie das Gesetz Israel beehlt,<br />
dort den Namen des Herrn zu feiern;<br />
stehen hier doch die Sitze zum Gericht,<br />
die ronsitze für das Geschlecht Davids.<br />
Erbittet, was Jerusalem Frieden schenkt.<br />
Möge es allen Überuss schenken,<br />
die dich lieben!<br />
Friede sei innerhalb deiner Mauern<br />
und Reichtum sei in deinen Palästen!<br />
Um meiner Brüder und Freunde willen<br />
rufe ich: Friede sei mit dir!<br />
Um des Hauses des Herrn,<br />
unseres Gottes, willen<br />
erehe ich das Heil für dich.<br />
Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />
- 284 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 285 -
Concerto<br />
Duo Seraphim clamabant alter ad alterum:<br />
Sanctus Dominus Deus Sabaoth.<br />
Plena est omnis terra gloria eius.<br />
Tres sunt, qui testimonium dant in coelo:<br />
Pater, verbum et Spiritus Sanctus.<br />
Et hi tres unum sunt.<br />
Sanctus Dominus Deus Sabaoth.<br />
Plena est omnis terra gloria eius.<br />
Psalmus 126 (127)<br />
Nisi Dominus aedicaverit domum,<br />
in vanum laboraverunt<br />
qui aedicant eam.<br />
Nisi Dominus custodierit civitatem,<br />
frustra vigilat qui custodit eam.<br />
Vanum est vobis<br />
ante lucem surgere;<br />
surgite postquam sederitis,<br />
qui manducatis panem doloris.<br />
Cum dederit dilectis suis somnum.<br />
Ecce, haereditas Domini lii,<br />
merces, fructus ventris.<br />
Sicut sagittae in manu potentis,<br />
ita lii excussorum.<br />
Beatus vir, qui implevit<br />
desiderium suum ex ipsis,<br />
non confundetur<br />
Concerto<br />
Zwei Seraphim riefen einander zu:<br />
Heilig ist Gott, der Herr Zebaoth.<br />
Alle Lande sind voll seines Ruhmes.<br />
Drei sind, die Zeugnis geben im Himmel:<br />
Vater, Wort und Heiliger Geist.<br />
Und diese drei sind eins.<br />
Heilig ist Gott, der Herr Zebaoth.<br />
Alle Lande sind voll seines Ruhmes.<br />
(Jesaja 6,2–3 und Johannes 5,7–8)<br />
Psalm 126 (127)<br />
Wenn der Herr nicht das Haus baut,<br />
so arbeiten alle umsonst,<br />
die daran bauen.<br />
Behütet der Herr nicht die Stadt,<br />
wacht vergebens, der sie behütet.<br />
Vergeblich erhebt ihr euch<br />
vor Tagesanbruch,<br />
um hernach umso länger aufzusitzen,<br />
ihr, die ihr das Brot mit Sorgen esst;<br />
denn denjenigen, die er liebt, gibt er es im Schlafe.<br />
Siehe, Kinder sind eine Gabe des Herrn,<br />
und die Leibesfrucht ist ein Geschenk.<br />
Wie Pfeile in der Faust des Mächtigen,<br />
so sind die Söhne der Jugendkraft.<br />
Wohl dem Manne, der sein Verlangen<br />
nach ihnen gestillt hat;<br />
denn er wird nicht zuschanden,<br />
- 286 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 287 -
cum loquetur<br />
inimicis suis in porta.<br />
Gloria Patri et Filio ...<br />
Concerto<br />
Audi coelum, verba mea,<br />
plena desiderio<br />
et perfusa gaudio.<br />
… audio.<br />
Dic, quaeso, mihi:<br />
qua est ista,<br />
quae consurgens ut aurora rutilat,<br />
ut benedicam?<br />
… dicam.<br />
Dic nam ista pulchra ut luna,<br />
electa ut sol,<br />
replet laetitia terras,<br />
coelos, maria.<br />
… Maria.<br />
Maria virgo illa dulcis,<br />
praedicta de propheta Ezechiel,<br />
porta orientalis?<br />
… talis.<br />
Illa sacra et felix porta,<br />
per quam mors fuit expulsa,<br />
introduxit autem vita?<br />
… ita.<br />
Quae semper tutum est medium<br />
inter homines et Deum,<br />
wenn er sich mit seinen Feinden<br />
am Tore auseinandersetzt.<br />
Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />
Concerto<br />
Höre, o Himmel, meine Worte,<br />
die voll Verlangen sind<br />
und vor Freude überströmen.<br />
Ich höre.<br />
Sage mir, ich ehe dich an,<br />
wer ist sie,<br />
die leuchtend wie die Morgenröte aufgeht,<br />
damit ich sie preise?<br />
Ich werde es sagen.<br />
Sprich, ist sie doch schön wie der Mond,<br />
erlesen wie die Sonne,<br />
erfüllt mit Freude den Erdkreis,<br />
die Himmel und die Meere.<br />
Maria.<br />
Die Jungfrau Maria, jene liebliche,<br />
geweissagt vom Propheten Ezechiel,<br />
die Pforte des Ostens?<br />
So ist sie.<br />
Sie, die heilige, die gesegnete Pforte,<br />
durch die der Tod vertrieben,<br />
das Leben aber hereingeführt wurde?<br />
So ist es.<br />
Die immer sichere Vermittlerin<br />
zwischen den Menschen und Gott,<br />
- 288 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 289 -
pro culpis remedium?<br />
… medium.<br />
Omnes hanc ergo sequamur,<br />
qua cum gratia mereamur<br />
vitam aeternam. Consequamur!<br />
… sequamur.<br />
Praestet nobis Deus,<br />
pater hoc et lius et mater<br />
praestet nobis.<br />
Pater hoc et lius et mater,<br />
cuius nomen invocamus<br />
dulce miseris solamen.<br />
… amen.<br />
Benedicta es, virgo Maria,<br />
in saeculorum saecula.<br />
Psalmus 147<br />
Lauda, Jerusalem, Dominum,<br />
lauda Deum tuum, Sion.<br />
Quoniam confortavit<br />
seras portarum tuarum:<br />
benedixit liis tuis in te.<br />
Qui posuit nes tuos pacem<br />
et adipe frumenti satiat te.<br />
Qui emittet eloquium suum terrae:<br />
Velociter currit sermo eius.<br />
Qui dat nivem sicut lanam,<br />
nebulam sicut cinerem spargit.<br />
Mittit crystallum suam sicut buccellas.<br />
das Heilmittel für unsere Schuld?<br />
Die Vermittlerin.<br />
Dann lasset uns alle ihr folgen,<br />
durch deren Gnade wir<br />
das ewige Leben erringen. Folgen wir ihr!<br />
Wir folgen ihr.<br />
Dazu helfe uns Gott,<br />
der Vater, der Sohn und die Mutter<br />
mögen uns helfen.<br />
Vater, Sohn und Mutter,<br />
deren Namen wir anrufen,<br />
süßer Trost für uns Elende.<br />
Amen.<br />
Gesegnet seiest du, Jungfrau Maria,<br />
von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />
Psalm 147<br />
Lobe, Jerusalem, den Herrn,<br />
lobe deinen Gott, o Zion.<br />
Denn er hat die Riegel<br />
deiner Tore befestigt:<br />
Er segnet deine Kinder in dir.<br />
Er schat deinen Grenzen Frieden<br />
und sättigt dich mit bestem Getreide.<br />
Er richtet sein Wort an den Erdkreis,<br />
schnell wie der Blitz eilt sein Gebot.<br />
Er schüttet Schnee aus, weiß wie Wolle,<br />
Nebel, grau wie Asche, breitet er aus.<br />
Er schleudert den Hagel wie Steine.<br />
- 290 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 291 -
Ante faciem frigoris eius quis sustinebit?<br />
Emittet verbum suum<br />
et liquefaciet ea,<br />
abit spiritus eius<br />
et uent aquae.<br />
Qui annuntiat verbum suum Jacob,<br />
iustitias et iudicia sua Israel.<br />
Non fecit taliter omni nationi,<br />
et iudicia sua non manifestavit eis.<br />
Gloria Patri et Filio ...<br />
Sonata sopra Sancta Maria<br />
Sancta Maria, ora pro nobis.<br />
Hymnus<br />
Ave maris stella,<br />
Dei Mater alma<br />
atque semper virgo,<br />
felix coeli porta.<br />
Sumens illud Ave<br />
Gabrielis ore.<br />
Funda nos in pace,<br />
mutans Evae nomen.<br />
Solve vincla reis,<br />
profer lumen caecis,<br />
Wer kann seiner Kälte widerstehen?<br />
Doch er spricht sein Wort<br />
und lässt schmelzen Hagel und Schnee,<br />
er lässt den Tauwind wehen,<br />
und schon ießen die Gewässer.<br />
Er verkündet Jakob sein Wort,<br />
Israel sein Recht und sein Gesetz.<br />
So hat er an keinem anderen Volk getan<br />
und ihnen seine Gebote oenbart.<br />
Ehre sei dem Vater und dem Sohne ...<br />
Sonata sopra Sancta Maria<br />
Heilige Maria, bitte für uns.<br />
Hymnus<br />
Sei gegrüßt, du Stern des Meeres,<br />
gütige Mutter Gottes<br />
und immer Jungfrau,<br />
selige Pforte des Himmels.<br />
Aus Gabriels Mund hast du<br />
den Gruß vernommen.<br />
Gib uns Frieden,<br />
wende Evas Namen.<br />
Löse die Sünder aus ihren Fesseln,<br />
erleuchte die Blinden,<br />
- 292 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 293 -
mala nostra pelle,<br />
bona cuncta posce.<br />
Monstra te esse matrem,<br />
sumat per te preces,<br />
qui pro nobis natus,<br />
tulit esse tuus.<br />
Virgo singularis,<br />
inter omnes mitis.<br />
Nos culpis solutos,<br />
mites fac et castos.<br />
Vitam praesta puram,<br />
iter para tutum,<br />
ut videntes Jesum<br />
semper collaetemur.<br />
Sit laus Deo Patri,<br />
summo Christo decus,<br />
Spiritui Sancto<br />
tribus honor unus.<br />
Amen.<br />
Magnificat<br />
Magnicat anima mea Dominum<br />
et exultavit spiritus meus<br />
in Deo salutari meo.<br />
vertreibe unsere Gebrechen,<br />
erwirke für uns alles Gute.<br />
Erweise dich als unsere Mutter,<br />
durch dich empfange unser Gebet,<br />
der um unseretwillen<br />
dein Sohn wurde.<br />
Auserkorene Jungfrau,<br />
freundlich vor allen.<br />
Erlöse uns von allen Sünden,<br />
mach uns friedfertig und keusch.<br />
Schenke uns ein reines Leben,<br />
beschütze unseren Weg,<br />
damit wir einst Jesus sehen<br />
und uns allezeit freuen.<br />
Lob sei Gott, dem Vater,<br />
Ehre sei Christus, dem Allerhöchsten,<br />
und dem Heiligen Geist,<br />
Lob und Preis sei allen dreien.<br />
Amen.<br />
Magnificat<br />
Meine Seele erhebt den Herrn,<br />
und mein Geist freut sich<br />
in Gott, meinem Heiland.<br />
- 294 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 295 -
Quia respexit humilitatem<br />
ancillae suae.<br />
Ecce enim ex hoc beatam<br />
me dicent omnes generationes.<br />
Quia fecit mihi magna<br />
qui potens est<br />
et sanctum nomen eius.<br />
Et misericordia eius a progenie in<br />
progenies timentibus eum.<br />
Fecit potentiam in brachio suo,<br />
dispersit superbos mente cordis sui.<br />
Deposuit potentes de sede,<br />
et exaltavit humiles.<br />
Esurientes implevit bonis<br />
et divites dimisit inanes.<br />
Suscepit Israel puerum suum,<br />
recordatus misericordiae suae.<br />
Sicut locutus est ad patres nostros,<br />
Abraham et semini eius in saecula.<br />
Gloria Patri et Filio<br />
et Spiritui Sancto.<br />
Denn er hat die Niedrigkeit<br />
seiner Magd angesehen.<br />
Siehe, von nun an werden mich selig<br />
preisen alle Kinder und Kindeskinder.<br />
Denn er hat große Dinge an mir getan,<br />
der da mächtig ist<br />
und dessen Name heilig ist.<br />
Und seine Barmherzigkeit währet für und für<br />
bei denen, die ihn fürchten.<br />
Er übt Gewalt mit seinem Arm<br />
und treibt die auseinander, die Hoart in ihrem Herzen tragen.<br />
Er stößt die Gewaltigen vom ron<br />
und erhebt die Niedrigen.<br />
Die Hungrigen füllt er mit Gütern<br />
und lässt die Reichen leer.<br />
Er gedenkt der Barmherzigkeit<br />
und hilft seinem Diener Israel auf.<br />
Wie er geredet hat zu unseren Vätern,<br />
zu Abraham und seinem Samen ewiglich.<br />
Ehre sei dem Vater und dem Sohne<br />
und dem Heiligen Geiste.<br />
- 296 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 297 -
Sicut erat in principio et nunc et semper<br />
et in saecula saeculorum.<br />
Amen.<br />
Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar<br />
und von Ewigkeit zu Ewigkeit.<br />
Amen.<br />
- 298 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 299 -
Otto Kargl, geboren 1957 in der<br />
Gaal bei Seckau, studierte von 1977 bis<br />
1984 an der Hochschule für Musik und<br />
darstellende Kunst in Graz Kirchenmusik,<br />
Konzertfach Orgel und Instrumentalpädagogik.<br />
Er schloss sein Studium mit<br />
Auszeichnung und einem Würdigungspreis des Bundesmi-<br />
nisteriums für Wissenschaft und Forschung ab.<br />
Zwischen 1990 und 1993 besuchte er Interpretations-Seminare<br />
der Bachakademie und des Europäischen Musikfestes<br />
in Stuttgart, wo er entscheidende Impulse hinsichtlich dirigiertechnischer<br />
Aspekte von John Eliot Gardiner beziehungsweise<br />
wissenschaftlicher Kompetenz von Peter Gülke erhielt,<br />
vor allem aber die theologisch-spirituellen Dimensionen der<br />
Geistlichen Musik durch Helmut Rilling erfuhr. Angeregt<br />
wurde er auch in Kursen von Josef Mertin (Alte Musik) und<br />
Godehard Joppich (Gregorianik).<br />
1983 gründete Kargl gemeinsam mit Studienkollegen die cappella<br />
nova graz, die 1993 Preisträger beim EBU-Wettbewerb<br />
war und 1997 den Ferdinand Grossmann-Preis für vorbildliche<br />
Interpretation zeitgenössischer Musik erhielt. Von 1984<br />
bis 1992 war Kargl Regionalkantor der Diözese St. Pölten, seit<br />
1992 ist er Domkapellmeister an der Kathedralkirche zu St.<br />
Pölten, wo er die Domkantorei gründete und am Konservatorium<br />
für Kirchenmusik Gregorianik, Chordirigieren und<br />
Chorsingen unterrichtet. Kargl ist seit 1992 künstlerischer<br />
Leiter des Festivals Musica Sacra in Niederösterreich. 2004<br />
erhielt er den Förderpreis der Landeshauptstadt St. Pölten für<br />
Wissenschaft und Kunst.<br />
Kargls Repertoire reicht von der Gregorianik bis zu Werken<br />
des 20. und 21. Jahrhunderts, er leitete unter anderem die<br />
Urauührungen von Bruno Strobls »Vesper« (1992), Christoph<br />
Czechs Kantate »B.A.C.H.« (1996) und omas Daniel Schlees<br />
»Der Baum des Heils« (1993), »Dann steht der Mandelbaum<br />
in Blüte« (1995), »... und ich sah« (2003) sowie Franz Danksagmüllers<br />
»Passio« (2001). Er ist Jurymitglied bei Kompositions-<br />
und Chorwettbewerben sowie Leiter von Werkwochen<br />
für Kirchenmusik in Salzburg und Brixen.<br />
2001 folgte er einer Einladung zum Festival für Alte Musik<br />
nach Finnland, wo er mit großem Erfolg ein deutsches Barockprogramm<br />
mit dem Rundfunkchor Helsinki erarbeitete,<br />
das im nnischen Rundfunk direkt übertragen wurde. Nach<br />
Presseberichten war mit dem Chor »ein Wunder geschehen.<br />
Niemals ist der Klang so warm und hell gewesen, niemals hat das<br />
Ensemble so miteinander gelebt.«<br />
Mit den Ensembles der Dommusik und der cappella nova graz<br />
machte Kargl zahlreiche Rundfunkaufnahmen und CD-<br />
Produktionen, unter anderem in der Edition für Alte Musik<br />
des ORF.<br />
Die Domkantorei St. Pölten wurde 1992 von Domkapellmeister<br />
Otto Kargl gegründet. Es handelt sich um ein<br />
Spezialensemble, das unter besonderer Bedachtnahme auf<br />
Stilsicherheit, Stimmhomogenität, Präzision und Intonation<br />
– auch in historischen Stimmungen – geführt wird und<br />
sich längst einen Spitzenplatz in der heimischen Chorszene<br />
ersungen hat.<br />
- 300 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 301 -
Die rund zwanzig Mitglieder beschäftigen sich vorwiegend<br />
mit Musik bis 1800 sowie mit zeitgenössischer Chorliteratur.<br />
Neben dem liturgischen Dienst an der Kathedralkirche zu<br />
St. Pölten kommt das Ensemble einer regen Konzerttätigkeit<br />
nach.<br />
Zum Repertoire zählen die A-cappella-Literatur des 16. sowie<br />
die Kirchenmusik des 17. Jahrhunderts. Mit dem Ensemble<br />
Private Musicke musizierte die Domkantorei Werke<br />
wie beispielsweise die »Musicalischen Exequien« von Heinrich<br />
Schütz und »Membra Jesu nostri« von Dietrich Buxtehude.<br />
Weitere Höhepunkte bilden auch Urauührungen zeitgenössischer<br />
Komponisten wie Christoph Czech und Michael<br />
Radulescu sowie Rundfunk- und CD-Aufnahmen in Zusammenarbeit<br />
mit dem ORF. Die Interpretationen alter, aber<br />
auch zeitgenössischer Kirchenmusik wecken stets aufs Neue<br />
das Interesse der Musikwelt.<br />
Gemeinsam mit der cappella nova graz, dem Barockorchester<br />
Solamente Naturali Bratislava und dem L'Orfeo Barockorchester<br />
werden seit Ende der 1990er Jahre große kirchenmusikalische<br />
Chor-Orchesterwerke erarbeitet, darunter Johann<br />
Sebastian Bachs »Johannes-« und »Matthäuspassion« sowie<br />
die »Messe in h-Moll«, Georg Friedrich Händels »Messiah«,<br />
»Alexander's Feast«, »Joshua«, »Solomon« und »Israel in<br />
Egypt«, Joseph Haydns »Schöpfung« sowie »Requiem« und<br />
»Messe in c-Moll« von Wolfgang Amadeus Mozart. Viele dieser<br />
Konzerte wurden vom ORF aufgenommen. In der kommenden<br />
Saison stehen Bachs »Weihnachtsoratorium« und<br />
Anton Bruckners »Messe in e-Moll« auf dem Programm.<br />
Die Hauptintention der Cappella Nova Graz, gegründet<br />
1983, ist die Auseinandersetzung mit der musikalischen<br />
Sprache verschiedener Komponisten, um höchste Klangintensität<br />
und Aussagekraft in der Interpretation zu erreichen.<br />
Bewusst stellt der künstlerische Leiter Otto Kargl immer<br />
wieder geistliche Musik bis 1800 zeitgenössischen Werken<br />
gegenüber.<br />
Das Ensemble war Gast bei renommierten Musikfestivals<br />
wie den Eggenberger Schlosskonzerten in Graz, der Musica Sacra<br />
Linz, den Oberösterreichischen Stiftskonzerten, dem Aschermittwoch<br />
der Künstler in der Wiener Michaelerkirche, dem Festival<br />
Musica Sacra in St. Pölten, der Brixner Initiative Musik<br />
und Kirche, den Internationalen Barocktagen Stift Melk, dem<br />
Attergauer Kultursommer, den Abendmusiken in Graz-Mariahilf<br />
sowie dem Carinthischen Sommer.<br />
Durch seine konsequente und kompromisslose musikalische<br />
Arbeit ist das Ensemble schon seit einigen Jahren ein Begri<br />
für »erstklassige Vokalkultur« (Neue Zeit). 1993 war die cappella<br />
nova graz Preisträger beim Chorwettbewerb der Union<br />
europäischer Rundfunkanstalten (EBU), 1997 wurde ihr der<br />
Ferdinand Grossmann Preis zuerkannt. Für die Auührung<br />
von omas Daniel Schlees Oratorium »und ich sah« erhielt<br />
das Ensemble 2005 bei einem Kultur-Ranking der Tageszeitung<br />
Die Presse Gold.<br />
- 302 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 303 -
Florian Ehrlinger, geboren in Oberösterreich,<br />
begann bereits in frühen Jahren<br />
seinen musikalischen Werdegang. So war<br />
er als Knabensolist, in der Titelrolle des<br />
Musicals »Oliver Twist« von Lionel Bart,<br />
am Linzer Landestheater zu sehen.<br />
Es folgte ein Gesangsstudium bei Andreas Lebeda sowie bei<br />
KS Adele Haas und Prof. Annamaria Rott an der Universität<br />
für Musik und darstellende Kunst Wien. Weiters absolvierte er<br />
den Operettenlehrgang am Konservatorium Wien bei Wolfgang<br />
Dosch. Bei Auftritten arbeitete er unter anderem mit<br />
dem Bach Consort Wien, dem Concerto Stella Matutina, dem<br />
Ensemble Leopoldina oder der capella incognita zusammen.<br />
Konzerte im Rahmen eines Symposiums bei Wien modern,<br />
beim Konzert der Freunde der Wiener Staatsoper im Herbert v.<br />
Karajan Centrum, bei einem Operettenabend im Konzerthaus<br />
Wien, beim Liszt Festival in Raiding, bei den Tiroler Festspielen<br />
Erl oder auch beim Kammermusikfest in Lockenhaus<br />
runden sein breit gefächertes Repertoire ab. Er ist Mitglied<br />
zahlreicher Spezialensembles, wie dem Vokalquartett 4sam,<br />
der Company of music oder dem Origen-Ensemble. Bei Liederabenden<br />
in der Schweiz, Italien oder Deutschland stellte er<br />
sein Können unter Beweis. Zu seiner Bühnenerfahrung zählen<br />
unter anderem Partien vom Buo bis zum Charaktertenorfach.<br />
Zuletzt verkörperte er zum Beispiel den Oronte in<br />
Händels Barockoper »Alcina«, den Pappacoda in der »Nacht<br />
in Venedig«, den Alfred in »e little Sweep« von Benjamin<br />
Britten, den Don Basilio in »Figaros Hochzeit«, den Casscada<br />
und den Raul de St. Brioche in der »Lustigen Witwe« oder die<br />
Knusperhexe in E. Humperdincks »Hänsel und Gretel«. Neben<br />
seinem künstlerischen Schaen wirkt er als Gesangspädagoge<br />
in Wien und unterrichtet regelmäßig bei Gesangskursen.<br />
Lukas Kargl, Bariton, wurde in der<br />
Steiermark geboren und begann sein<br />
Gesangsstudium an der Universität für<br />
Musik und darstellende Kunst Wien und<br />
schloss 2008 mit dem »Master of Music«<br />
im Opernkurs der GSMD (Guildhall<br />
School of Music and Drama) bei Rudolph Piernay in London<br />
ab. Er besuchte Meisterkurse von Helmut Deutsch, Christian<br />
Gerhaher, Graham Johnson, Martin Katz, Emma Kirkby und<br />
John Tomlinson.<br />
Lukas ist »Samling Scholar« und »Britten-Pears Young Artist«,<br />
erhielt den Youngsters of Art-Hauptpreis der Stadt St.<br />
Pölten und wurde mit dem Patrick Libby-Preis der GSMD<br />
ausgezeichnet. 2007 war er Seminalist beim Internationalen<br />
Wettbewerb für Liedkunst der Hugo-Wolf-Akademie in Stuttgart<br />
und 2008 Seminalist beim Wettbewerb Das Lied in Berlin.<br />
2009 debütierte Lukas Kargl mit der Rolle des Phoebus in<br />
Purcells »Fairy Queen« unter William Christie beim Glyndebourne<br />
Opernfestival und bei den BBC Proms.<br />
Auf der Opernbühne sang er die Titelrolle (Mozart, »Don<br />
Giovanni«) mit La Fabrique Opera in Grenoble, Guglielmo<br />
(Mozart, »Cosí fan tutte«) mit Clonter Opera, Polyphemus<br />
(Händel, »Acis and Galatea«) mit New European Opera, Dancaïro<br />
(Bizet, »Carmen«) bei den Schlossfestspielen Zwingenberg,<br />
Sam (Bernstein, »Trouble in Tahiti«) im Wiener Musikverein,<br />
Badger/Priest (Janacek, »Cunning Little Vixen«) und Lorenzo<br />
- 304 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 305 -
(Bellini, »I Capuleti e i Montecchi«) im Schlosstheater Schönbrunn;<br />
Papageno (Mozart, »Die Zauberöte«), Graf (Strauss,<br />
»Capriccio«), Bobinet (Oenbach, »La vie parisienne«) und Don<br />
Parmenione (Rossini, »L'occasione fa il ladro«) an der GSMD;<br />
Als Lied und Konzertsänger war er in der Barbican Hall, St.<br />
John's Smith Square und Cadogan Hall in London, beim Oxford<br />
Liederfestival, beim Aldeburgh Oster Festival, in L'Abbaye<br />
de Fontevraud, im Wiener Musikverein, im Festspielhaus St. Pölten,<br />
im Linzer Brucknerhaus, im Orlandosaal in München, bei<br />
den Mozartwochen in Bratislava und beim Skupina Festival in<br />
Postojna zu hören.<br />
Ulfried Staber wurde in Fohnsdorf in<br />
der Steiermark geboren. In der örtlichen<br />
Musikschule erhielt er seine erste musikalische<br />
Ausbildung auf der Violine und<br />
am Klavier. 1995 begann er an der Universität<br />
für Musik und darstellende Kunst<br />
Graz das Lehramtsstudium für Musik. Im Rahmen dieses<br />
Studiums bekam er erstmals Gesangsunterricht bei Elisabeth<br />
Batrice und begann 1998 ein Gesangspädagogikstudium bei<br />
Martin Klietmann, das er im Juni 2005 mit ausgezeichnetem<br />
Erfolg abschloss. Während seines Studiums entdeckte er<br />
die Liebe zur Chormusik. Er war Mitglied der Domkantorei<br />
Graz, cantus, cappella nova und anderen Chören und Ensembles<br />
mit denen er in ganz Europa und Asien viele Konzerte bei<br />
verschiedensten Festivals bestreiten durfte.<br />
Seine solistische Konzerttätigkeit erstreckt sich auf ganz Österreich,<br />
Italien und Deutschland, wo er u.a. die Oratorien<br />
sowie zahlreiche Kantaten von Bach, »Die Schöpfung« von<br />
Haydn oder die »Marienvesper« von Monteverdi sang.<br />
Auftritte im Rahmen zahlreicher Festivals, u.a. styriarte, Carinthischer<br />
Sommer, trigonale, Feste musicale per S.Rocco/Venedig,<br />
la strada, Psalm 2003, Ecchi Lontani Cagliari.<br />
Er ist Mitglied des Renaissance-Vokalensembles Cinquecento,<br />
das sich mit der Vokalpolyphonie des 16. Jh. beschäftigt<br />
(zahlreiche preisgekrönte CD-Erscheinungen bei hyperion),<br />
sowie des Männerquartetts schnittpunktvokal, welches seinen<br />
Bogen vom Kärntnerlied über Auftragskompositionen bis hin<br />
zur Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Wolfgang Puschnig<br />
spannt (Pasticciopreis Jänner 2007, Hans Koller Preis 2007<br />
mit W. Puschnig). Er arbeitet immer wieder mit verschiedenen<br />
Ensembles wie Weserrenaissance (M. Cordes), dem Clemencic<br />
Consort, dem Huelgas Ensemble (P. van Nevel) oder dem Balthasar<br />
Neumann Chor (. Hengelbrock) zusammen.<br />
Christine Maria Rembeck ist in<br />
Bayern geboren und aufgewachsen und<br />
erhielt schon als Kind eine vielseitige<br />
musische und musikalische Ausbildung<br />
in Tanz, Gesang, Klavier und Blocköte.<br />
Nach dem Abitur folgte ein Studium im<br />
Fach »Rhythmik« (Musik- und Bewegungserziehung) an der<br />
Musikhochschule in Wien. Die intensive Beschäftigung mit<br />
freier Improvisation sowie mit instrumentaler Lied- und Bewegungsbegleitung<br />
zählten zu den Studienschwerpunkten.<br />
Zeitgleich studierte sie Blocköte, die ihre Begeisterung für<br />
die Literatur des Früh- und Hochbarock entfachte.<br />
- 306 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 307 -
Ihrer großen Liebe – dem Gesang – folgend, absolvierte Christine<br />
Maria Rembeck ein Gesangsstudium mit dem Schwerpunkt<br />
»Musik des 17./18. Jahrhunderts« an der Musikhochschule<br />
in Leipzig. Es folgten Meisterkurse und weitere<br />
Studien in London bei Jessica Cash, in Paris am Conservatoire<br />
Supérieur National und in Dresden bei Karin Mitzscherling.<br />
Als freischaende Sängerin ist CMR heute eine gefragte Sopranistin<br />
für die Musik der Renaissance, des (Früh-)Barocks<br />
und der Frühklassik. Ihr künstlerisches Schaen zeigt sich<br />
in der Zusammenarbeit mit international renommierten En-<br />
sembles, in zahlreichen CD- und Rundfunkaufnahmen so-<br />
wie auch in Solokonzerten, in denen sie sich selbst am Klavier<br />
begleitet und mit eigenen Lied-Arrangements und Kompositionen<br />
präsentiert.<br />
Andrea Oberparleiter, die Südtiroler<br />
Sopranistin, wuchs in einer Familie<br />
auf, in der das Singen und Musizieren in<br />
vielfältiger Weise gepegt wurde. Neben<br />
Kirchenmusik und mehrstimmigem<br />
Volkslied gehörten auch Gospel und Jazz<br />
zum Repertoire.<br />
Nach der Matura ergri sie zunächst einen kaufmännischen<br />
Beruf, entschied sich dann aber für ein klassisches Gesangspädagogikstudium<br />
mit Schwerpunktfach Jazz- und Popularmusik<br />
bei Prof. Karlheinz Hanser, BA Martin Senfter und<br />
Stephan Costa am Mozarteum Salzburg.<br />
Nach ihrem Abschluss mit Auszeichnung 2008 folgte das<br />
Diplomstudium Lied/Oratorium bei Mag. Sébastièn Soules<br />
am Tiroler Landeskonservatorium, welches sie 2011 ebenfalls<br />
mit Auszeichnung abschloss.<br />
Meisterkurse bei Prof. Kurt Widmer und KS Brigitte Fassbaender<br />
rundeten ihre Ausbildung ab.<br />
2009 begann sie zusätzlich zum Gesangsstudium ein Diplom-<br />
studium in Komposition und Musiktheorie bei Prof. Franz<br />
Baur am Tiroler Landeskonservatorium. Einige ihrer Kompositionen<br />
wurden bereits im Rahmen von Rundfunkaufzeichnungen<br />
aufgeführt (z.B. Mini-A-Touren).<br />
Neben ihrer solistischen Tätigkeit im Rahmen von Messen<br />
und Oratorien in Österreich und Italien gibt sie regelmäßig<br />
Liederabende und Kirchenkonzerte. Weiters gehören Uraufführungen<br />
und Interpretationen zeitgenössischer Werke (z.B.<br />
»White Foam«, Wolfgang Mitterer, Ensemble Novo Sono) zu<br />
ihrem Repertoire.<br />
Als freischaende Künstlerin ist sie zurzeit in verschiedenen<br />
professionellen Ensembles wie RIAS Kammerchor, MDR<br />
Rundfunkchor, Trinity Baroque, Zürcher Sing-Akademie und<br />
Capella Wilthinensis europaweit tätig.<br />
Julian Podger begann seine Laufbahn<br />
als Leiter und Dirigent während seiner<br />
Schulzeit in Kassel. Er erhielt 1987 ein<br />
Stipendium für das Trinity College in<br />
Cambridge, wo er sein Ensemble Trinity<br />
Baroque gründete, das ihm auch bei seinem<br />
Studium der historischen Auührungspraxis half. Inzwischen<br />
leitet er in ganz Europa Projekte und ist als Gastdirigent<br />
und Dozent tätig.<br />
- 308 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 309 -
Als Sänger ist Julian Mitglied mehrerer renommierter Ensembles,<br />
u.a. Gothic Voices und e Harp Consort. Als Solist<br />
ist er besonders gefragt als Evangelist in den Passionen von<br />
Bach, Telemann und Schütz. Weiters ist er regelmäßig in den<br />
Hauptrollen von frühen Opern zu sehen. Höhepunkte seiner<br />
bisherigen Laufbahn waren Projekte mit Andrew Parrott,<br />
John Eliot Gardiner (Bach Cantata Pilgrimage) und als Ulisse<br />
(Monteverdi) mit dem Ricercar Consort und der Handspring<br />
Puppet Company.<br />
Nils Giebelhausen, Tenor, studierte<br />
Gesang bei Hanno Blaschke (München),<br />
Anna Maria Castiglioni (Mailand) und Wilfried<br />
Jochens (Hamburg). Meisterkurse bei<br />
Barbara Schlick ergänzten seine Ausbildung.<br />
Bereits 1992 war er Preisträger beim Gesangswettbewerb<br />
des Deutschen Tonkünstlerverbandes.<br />
1998 gab er in Rimini sein Operndebüt in A. Draghis Barockoper<br />
»La patienza di Socrate con due mogli« unter der-<br />
Leitung von Alan Curtis. Im Frühjahr 2000 wirkte er dann<br />
an der Bayerischen Staatsoper in München in C. Monteverdis<br />
»Orfeo« als Pastore mit. 2004 sang er bei den Tagen alter Musik<br />
in Bamberg den Blil in F.-A. Philidors Oper »Tom Jones«.<br />
Auch als Oratorientenor ist er in ganz Deutschland zu hören,<br />
sein besonderes Interesse gilt dabei Bachs Oratorien und Passionen.<br />
Konzertreisen führten ihn bisher auch nach Italien,<br />
Frankreich, Spanien, Dänemark, Belgien, Österreich und<br />
in die Niederlande, Ungarn, Kanada und Japan. Außerdem<br />
singt er auf dem Gebiet der »Alten Musik« regelmäßig in<br />
Ensembles wie dem Balthasar-Neumann-Chor, Trinity Baroque,<br />
Himlische Cantorey, dem Johann-Rosenmüller-Ensemble,<br />
Chapelle Rhenane sowie dem Orlando di Lasso-Ensemble und<br />
arbeitet mit Dirigenten wie omas Hengelbrock, Frieder Bernius<br />
und Peter Neumann zusammen.<br />
Les Cornets Noirs<br />
Spezialisiert auf die Musik des italienischen und deutschen<br />
Frühbarocks, hat sich das Instrumentalensemble Les Cornets<br />
Noirs in der jüngeren Vergangenheit international einen Namen<br />
gemacht.<br />
Die sechs Musiker unterschiedlicher Herkunft haben sich<br />
während gemeinsamer Studienjahre an der Schola Cantorum<br />
Basiliensis, dem Lehr- und Forschungsinstitut für Alte Musik<br />
an der Musikakademie Basel, kennen gelernt und seither ihr<br />
gemeinsames Interesse für die Musik des 17. Jahrhunderts in<br />
kontinuierlicher Arbeit weiterentwickelt. Dabei beschäftigt<br />
sich das 1997 von Gebhard David und Bork-Frithjof Smith<br />
gegründete Ensemble vor allem mit der Solo- und Ensemble-<br />
literatur für den Zink (ital. »cornetto«, frz. »cornet«, aufgrund<br />
seiner Lederumwicklung auch »schwarzer Zink« genannt),<br />
der in dieser Epoche südlich und nördlich der Alpen seine<br />
Blütezeit erlebte.<br />
Les Cornets Noirs sind Preisträger des concours musica antiqua<br />
beim Festival van Vlaanderen, Brugge, 2000. Seither konzertierte<br />
das Ensemble bei Festivals in der Schweiz, in Österreich,<br />
Deutschland, Tschechien, Polen, Frankreich, Italien<br />
- 310 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 311 -
und Portugal sowohl mit eigenen Programmen als auch in<br />
Zusammenarbeit mit Vokalensembles in Auührungen groß<br />
besetzter Musik des Frühbarocks wie der »Marienvesper«<br />
von Claudio Monteverdi oder der geistlichen Musik von Giovanni<br />
Gabrieli, Heinrich Schütz und deren Zeitgenossen.<br />
2004 konnten Les Cornets Noirs der Öentlichkeit eine erste<br />
CD vorstellen (»O dilectissime Jesu« – Motetten und Sonaten<br />
von Giovanni Legrenzi; Monika Mauch & Les Cornets<br />
Noirs, Edition Alte Musik ORF) und sich über große Zustimmung<br />
bei Publikum und Presse freuen. 2009 ist bei audite unter<br />
dem Titel »Echo & Risposta« eine zweite Aufnahme des<br />
Ensembles erschienen, ein abwechslungsreiches Programm<br />
mit doppelchöriger Instrumentalmusik des 17. Jahrhunderts,<br />
aufgenommen an den historischen Bossard-Orgeln der Klosterkirche<br />
Muri (Schweiz).<br />
- 312 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 313 -
- 314 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 315 -
Unsere Verkaufsstellen<br />
Buchhandlung Heyn<br />
Kramergasse 2 – 4, 9020 Klagenfurt<br />
Buchhandlung Hermagoras<br />
Viktringerring 26, 9020 Klagenfurt<br />
Kärntner Buchhandlung<br />
Neuer Platz 14, 9020 Klagenfurt<br />
Kärntner Buchhandlung<br />
8. Mai Platz 3, 9500 Villach<br />
Landhaus Buchhandlung<br />
Wiesbadener Straße 5, 9020 Klagenfurt<br />
Buchhandlung Besold<br />
Hauptplatz 14, 9300 St. Veit/Glan<br />
Buchhandlung Nest<br />
Hauptplatz 2, 9800 Spittal/Drau<br />
Kleintierpraxis Dr. Ladstätter<br />
Gailtalstraße 33, 9620 Hermagor<br />
Buchhandlung – Galerie Magnet<br />
Hauptplatz 6, 9100 Völkermarkt<br />
Kärntner Buchhandlung<br />
Am Weiher 7, 9400 Wolfsberg<br />
Trafik Kohlweg<br />
Hauptstraße 3, 9063 Maria Saal<br />
Alpen-Adria-Universität<br />
Abteilung Musikwissenschaft, Raum I.1.36 (Nordtrakt),<br />
Universitätsstr. 65 – 67, 9020 Klagenfurt<br />
Für Kelag-Pluskunden gelten die üblichen Ermäßigungen<br />
(siehe Kelag-PlusClub-News). Online ist die Bezahlung aus-<br />
nahmslos nur mit Kreditkarte möglich. Bei Online-Buchung<br />
erhalten Sie eine Bestätigung per E-mail, die Karten liegen<br />
dann an der Konzertkasse für Sie bereit.<br />
- 316 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 317 -
Das Landesmuseum Kärnten<br />
im Überblick <strong>2012</strong><br />
Landesmuseum Kärnten – Rudolnum<br />
Museumgasse 2, 9021 Klagenfurt am Wörthersee<br />
T +43 (0)50 536-30599<br />
Entdecken Sie in Kärntens größtem Museum einzigartige<br />
Natur- und Kunstschätze zur Kärntner Landeskunde. Unzählige<br />
Exponate der ständigen Sammlung zeichnen in über<br />
30 Schauräumen die Kärntner Natur- und Kulturgeschichte<br />
nach. Wechselnde emen- und Sonderausstellungen setzen<br />
aktuelle Akzente. Erleben Sie Forschung in 10 Disziplinen<br />
und Wissenschaft zum Angreifen im Landesmuseum Kärnten<br />
– Rudolnum!<br />
Unter dem Dach »Landesmuseum Kärnten« versammeln<br />
sich neben dem Haus am Klagenfurter Viktringer Ring (Rudolnum)<br />
und dem Großen Wappensaal im Landhaus Klagenfurt<br />
auch das Kärntner Botanikzentrum am Fuße des Kreuz-<br />
bergls mit dem sehenswerten botanischen Garten und dem<br />
Kärntner Landesherbar, der Archäologische Park Magdalensberg,<br />
eine der größten und bedeutendsten Ausgrabungsstätten im<br />
Ostalpenraum, und das Römermuseum Teurnia bei Spittal/<br />
Drau mit dem berühmten frühchristlichen Mosaikboden.<br />
Das Landesmuseum Kärnten steht außerdem vielen Institutionen<br />
mit wissenschaftlicher Fachkompetenz zur Seite, dem<br />
Freilichtmuseum Maria Saal etwa, oder dem Museum Globasnitz,<br />
den Ausgrabungen am Hemmaberg oder auch der Keltenwelt<br />
Frög bei Rosegg.<br />
Wappensaal im Landhaus Klagenfurt<br />
Landhaushof, 9020 Klagenfurt am Wörthersee<br />
T +43 (0)463 57757-215<br />
Der Wappensaal im Landhaus zählt mit seinen 665 Wappen<br />
und dem Fürstenstein zu den wichtigsten Zeitzeugen des<br />
- 318 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 319 -
Landes. Josef Ferdinand Fromiller, der bekannteste Kärntner<br />
Barockmaler, hat die Wappen in handwerklicher Präzision<br />
und barocker Üppigkeit für unzählige Fürsten und Adelshäuser<br />
gemalt und damit einen der schönsten und eindrucksvollsten<br />
Säle des Landes geschaen.<br />
Das Landhaus in Klagenfurt entspricht in seiner Gesamtkonzeption<br />
dem Kunstwollen des 16. Jahrhunderts und beeindruckt<br />
durch seine renaissancezeitliche Architektur. Nach<br />
einem Brand im Jahr 1723 hat Kärntens bedeutendster Barockmaler<br />
Josef Ferdinand Fromiller (1693 – 1760) die bis<br />
heute erhaltene künstlerische Ausstattung geschaen. Im<br />
großen Wappensaal geben die Wandfresken mit historischen<br />
Darstellungen, das Deckenfresko und die über 665 Wappen<br />
eindrucksvoll Zeugnis von der Macht und dem Einuss der<br />
Kärntner Landstände. Hier wird auch der Fürstenstein, eines<br />
der ältesten Rechtsdenkmäler Europas, präsentiert. Von Fromiller<br />
stammen ebenfalls die Wandmalereien im kleinen Wappensaal,<br />
der bis heute als Beratungs- und Sitzungssaal des<br />
Kärntner Landtags dient. Der Rundgang führt weiter in den<br />
großen Plenarsaal mit den Kärntner Volksabstimmungsfresken<br />
von Switbert Lobisser aus dem Jahre 1928 und mit einer<br />
farbenprächtigen Darstellung der Karte mit den Grenzen des<br />
Landes Kärnten des Malers Karl Brandstätter. Darüber hinaus<br />
hat die Kärntner Künstlerin Gudrun Kampl für das Foyer<br />
zwei Wandteppiche gestaltet. Besonders sehenswert ist<br />
der vom zeitgenössischen Künstler Cornelius Kolig rekonstruierte<br />
Anton-Kolig-Saal. Die originalen Fresken von Anton<br />
Kolig aus dem Jahre 1930 wurden zur Zeit des Nationalsozialismus<br />
abgeschlagen und zur Gänze zerstört.<br />
Kärntner Botanikzentrum<br />
Prof.-Dr.-Kahler-Platz 1, 9020 Klagenfurt am Wörthersee<br />
T +43 (0)463 502715<br />
Das Kärntner Botanikzentrum, bestehend aus Botanischem<br />
Garten, Kärntner Landesherbar und einer Fachbibliothek,<br />
liegt am Fuße des Kreuzbergls im historischen Steinbruch<br />
der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee. Besucher-<br />
Innen durchwandern im Botanischen Garten die faszinierende<br />
Panzenwelt Kärntens, ergänzt durch Besonderheiten aus<br />
aller Welt. Schwerpunkte des Gartens sind die Erhaltung seltener<br />
oder bedrohter Arten, Forschung, Beratung, Bildung<br />
und Erholung. Zusätzlich wird jährlich ein »Index Seminum«<br />
für den internationalen Austausch von Jungpanzen<br />
und Samen herausgegeben. Zu den Highlights des Gartens<br />
zählen neben der beeindruckenden Felskulisse mit dem Alpinum<br />
eine Wasserlandschaft mit Wasserfall, Bach und Teich,<br />
das Sukkulentenquartier sowie der Bauerngarten mit zum<br />
Teil in Blindenschrift ausgeführten Beschriftungstexten.<br />
- 320 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 321 -
Das Kärntner Landesherbar beherbergt neben dem ältesten<br />
Herbarium in Kärnten, dem Herbarium Vivum aus dem Jahre<br />
1752, eine ganze Reihe wertvoller Sammlungen. Es benden<br />
sich hier 180.000 Belege von getrockneten und präparierten<br />
Blütenpanzen, Farnen und Schachtelhalmen, Algen, Moosen,<br />
Flechten und Pilzen. Sie dienen zur Erforschung und<br />
Dokumentation der Panzenwelt und ihrer Veränderungen.<br />
Weiters besitzt das Kärntner Landesherbar bedeutende Sondersammlungen:<br />
historische Belegsammlungen, Fixierungen,<br />
Früchte und Zapfen, Biograen, historische wissenschaftliche<br />
Instrumente, ethnobotanische Objekte und Dias. Zusätzlich<br />
ist hier eine umfassende Dokumentation vorwiegend<br />
von Panzenfossilien aus Kärnten untergebracht. Schwerpunkte<br />
des Herbars sind Forschung, Dokumentation, Datenbereitstellung<br />
sowie Wissensvermittlung und die Herausgabe<br />
der internationalen Fachzeitschrift »Wulfenia«. Als Grundlage<br />
für sämtliche Arbeiten in Herbarium und Garten dient<br />
die umfangreiche Bibliothek mit über 30.000 Büchern, Zeitschriftenheften<br />
und Fachbeiträgen.<br />
Sommervorträge zu einem aktuellen ema im Botanischen<br />
Garten: Die Sommervorträge im Botanischen Garten des<br />
Kärntner Botanikzentrums haben bereits Tradition! Von Mai<br />
bis Ende September, jeweils mittwochs um 17 Uhr, haben Sie<br />
die Gelegenheit, Wissenswertes, Interessantes und Spannendes<br />
zu vielfältigen und stets aktuellen emen aus der<br />
Welt der Botanik zu erfahren. Die Veranstaltungen nden<br />
bei jedem Wetter statt! Eintritt frei!<br />
Archäologischer Park Magdalensberg<br />
Magdalensberg 15, 9064 Pischeldorf<br />
T +43 (0)4224 2255<br />
Besuchen Sie mit dem Archäologischen Park Magdalensberg<br />
eine der größten römerzeitlichen Ausgrabungsstätten des<br />
Ostalpenraumes. Seit über 60 Jahren wird das einstige Wirtschaftszentrum<br />
freigelegt und restauriert. Auf dem geschichtsträchtigen<br />
Gelände begegnen Sie dem Jüngling vom<br />
Magdalensberg und vielen weiteren Funden, die vom römischen<br />
Leben in der Stadt auf dem Magdalensberg zeugen.<br />
Inneralpine Kelten versuchten 186 v. Chr. im Raum des späteren<br />
Aquileia eine befestigte Siedlung zu gründen, wurden<br />
jedoch von den Römern vertrieben. Die Funde auf dem Magdalensberg<br />
zeigen einen Beginn der Besiedlung ab ca. 50 v.<br />
Chr. Das Ausmaß einer keltischen Siedlung, in der sich italische<br />
Händler niederließen, ist noch nicht bekannt. Im Jahr<br />
15 v. Chr. besetzten die Römer das Königreich Noricum und<br />
bauten das Zentrum des okkupierten Gebietes und des Handels<br />
zur ersten Hauptstadt der Provinz aus. Auf dem Gipfel<br />
- 322 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 323 -
des Berges entstand ein weithin sichtbarer Tempel mit Hallen<br />
und Gebäuden, die für den Betrieb eines zentralen Heiligtums<br />
notwendig waren. Die Dimensionen des Kultplatzes<br />
lassen sich mit großen Anlagen des Mittelmeerraumes vergleichen.<br />
Um Christi Geburt wurde der Gottheit u.a. die<br />
Bronzestatue eines Jünglings von zwei Freigelassenen gestiftet,<br />
die 1502 entdeckt wurde und in der napoleonischen Zeit<br />
verloren ging. Sie blieb uns aber in einem Abguss des 16.<br />
Jahrhunderts im Kunsthistorischen Museum in Wien erhalten.<br />
Mit der Verlagerung der Verwaltung in die neu gegründete<br />
Stadt Virunum im Zollfeld endete das rege Leben auf dem<br />
Magdalensberg gegen 50 n. Chr.<br />
Der archäologische Park umfasst vier Hektar und zeigt mit<br />
seinen Ruinen wesentliche Bereiche der einstigen Stadt: eine<br />
Marktbasilika, in der Amts- und Handelsgeschäfte abgewickelt<br />
wurden, einen Tempel des Kaisers Augustus und der<br />
Stadtgöttin Roma, das sogenannte Händlerforum, Handwerkerviertel,<br />
Badeanlagen und eine amtliche Werkstätte zur<br />
Fertigung von Goldbarren. Eindrucksvoll wird auch die Produktion<br />
von Werkzeugen aus norischem Stahl dargestellt, der<br />
in der römischen Welt berühmt war. Eine ansässige Bildhauerwerkstatt<br />
hinterließ zahlreiche Zeugnisse ihrer Kunst. Die<br />
Wandmalereiausstattung von oziellen und privaten Gebäuden<br />
führten Spezialisten aus dem Süden aus.<br />
Römermuseum Teurnia<br />
St. Peter in Holz 1a, 9811 Lendorf bei Spittal/Drau<br />
T +43 (0)4762 33807<br />
Der Siedlungshügel von St. Peter in Holz war bereits seit 1200<br />
v. Chr. besiedelt, als im 3. Jahrhundert v. Chr. die Kelten an<br />
Einuss gewannen. Nach der römischen Besetzung im Jahr<br />
15 v. Chr. erhielt die Siedlung Teurnia mit ihrem großen Verwaltungsbezirk<br />
gegen 50 n. Chr. das Stadtrecht. Zahlreiche<br />
öentliche und private Bauten entstanden. Um 400 ließ der<br />
Bischof der Stadt eine Kirche errichten, während die staatliche<br />
Verwaltung für die Befestigungsmauer der neuen Hauptstadt<br />
der Provinz Noricum in der Zeit der Völkerwanderung<br />
sorgte. Nach 488 war Teurnia auch der Sitz des Militärkommandanten<br />
der Provinz, der auch als Stifter des berühmten<br />
Mosaiks in der Friedhofskirche auftritt. Um 610 endete mit<br />
der Einwanderung der Slawen das rege Leben der Stadt. Im<br />
9. Jahrhundert wurde der Hügel neuerlich besiedelt, eine Kirche<br />
errichtet und ringsum die Toten bestattet.<br />
Das neue Römermuseum liegt im Mittelpunkt der antiken<br />
Stadt Teurnia und ist modern, besucherfreundlich und nach<br />
- 324 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 325 -
museumspädagogischen Gesichtspunkten gestaltet. Marmorbildwerke,<br />
Inschriften, Schmuck, Waen, Werkzeuge,<br />
Münzen usw. sind im Römermuseum nach kulturhistorischen<br />
emen geordnet und erzählen uns von Gesellschaft, Alltagsleben<br />
und Kunst der Römer und Kelten. Ein anspruchsvoller<br />
Schutzbau überspannt die älteste Bischofskirche Österreichs,<br />
die ein besonderes Zeugnis des frühen Christentums<br />
darstellt. Außerhalb der Stadt bendet sich die Friedhofskirche<br />
mit dem berühmten Mosaikboden aus der Zeit um 500<br />
n. Chr. Mit seinen plakativen Tiergleichnissen spiegelt das<br />
Mosaik die Gedankenwelt der frühen Christen wider. Aufgrund<br />
seiner Gestaltung und einmaligen Aussagekraft ist es<br />
zum Weltkulturerbe zu rechnen.<br />
Institut für Kärntner Volkskunde<br />
Domplatz 3, 9063 Maria Saal<br />
T +43 (0)4223 3166<br />
In der ehemaligen Propstei in Maria Saal bendet sich seit<br />
1992 das Institut für Kärntner Volkskunde als Außenstelle des<br />
Landesmuseums für Kärnten. Am Institut bendet sich eine<br />
Bibliothek mit umfangreicher volkskundlicher Fachliteratur<br />
(ca. 38.000 Werke) aus dem Nachlass von Prof. Dr. Oskar<br />
Moser (1914 – 1996), welche mittels Datenbank erfasst ist<br />
und die Volkskultur mit all ihren emenschwerpunkten dokumentiert.<br />
Eine Photo- und Diathek ergänzt die Dokumentation<br />
der europäischen Volkskunde sehr anschaulich.<br />
Durch Kooperationen mit universitären Einrichtungen wie<br />
der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und dem Volkskundeinstitut<br />
der Karl-Franzens-Universität Graz bietet das Institut<br />
eine Plattform für Studenten und Fachkollegen zur Unterstützung<br />
fundierter wissenschaftlicher Arbeit. Seit der<br />
Zeit seiner Gründung wird ein langfristig geplantes Projekt<br />
zur systematischen Erfassung der aktuellen Bausubstanz im<br />
ländlichen Raum durchgeführt und in Datenbanken gespeichert.<br />
Durch die Visualisierung der erhobenen Daten in thematischen<br />
Karten können Siedlungsstrukturen, die Einhaltung<br />
von Bebauungsplänen und Dorfentwicklungstrends<br />
anschaulich dargestellt werden.<br />
Das dem Institut angeschlossene Möbelmuseum mit Bauerntruhen<br />
und Kästen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert gibt<br />
einen einmaligen Einblick in die Wohnkultur und Volkskunst<br />
des Landes.<br />
Das nahegelegene Freilichtmuseum Maria Saal als ältestes<br />
Museum seiner Art in Österreich beherbergt bäuerliche<br />
Haus- und Hoormen aus den verschiedensten Landesteilen,<br />
welche einen Einblick in die Wohn- und Wirtschaftsweise<br />
vergangener Zeiten ermöglichen. Neben den interessanten<br />
Bauernhäusern wird dem Besucher auch das bäuerliche<br />
- 326 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 327 -
Handwerk im sogenannten »Industriegelände« vor Augen<br />
geführt. Eine ländliche Gaststätte sorgt für das leibliche<br />
Wohl der Gäste. Im Rundgang durch das Kärntner Freilichtmuseum<br />
ist auch ein Naturlehrpfad integriert, welcher den<br />
Besucher mit landestypischen Panzen und deren Lebensräumen<br />
vertraut macht.<br />
WWW.LANDESMUSEUM.KTN.GV.AT<br />
- 328 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 329 -
In eigener Sache<br />
Wir freuen<br />
uns über<br />
Ihre Spende!<br />
Das trigonale-Unterstützungskonto:<br />
Raiffeisenlandesbank Kärnten<br />
Konto-Nr.: 9.01.123.322<br />
BLZ: 39000<br />
- 330 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 331 -
Michael Wersin: Schubert hören<br />
Eine Anleitung<br />
Mit 31 Notenbeispielen und 11 Abbildungen<br />
210 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag<br />
Format: 12,2 x 19,5 cm<br />
Euro (D) 19,95 / Euro (A) 20,50 / CHF 28,50<br />
ISBN 978-3-15-010872-7<br />
Originalausgabe<br />
Anhand aussagekräftiger Beispiele (u. a. Erlkönig, Winterreise,<br />
Unvollendete) und exemplarisch vertiefender Analysen<br />
der Schubertschen Tonsprache erschließt Wersin auf seiner<br />
Entdeckungsreise auch für den musikalischen Laien die Bedeutung<br />
dieses großen Komponisten des frühen 19. Jahrhunderts.<br />
Die analytischen Betrachtungen werden eingebettet in<br />
zeitgeschichtliche Zusammenhänge und um Einblicke ins<br />
Biograsche ergänzt.<br />
Michael Wersin, geb. 1966, ist Dozent für kirchenmusikalische<br />
Fächer in St. Gallen. Er lehrt außerdem in Augsburg und<br />
Luzern, tritt als Sänger und Continuo-Organist mit verschiedenen<br />
Pro-Ensembles auf und schreibt als Musikjournalist<br />
u. a. für das Klassikmagazin RONDO.<br />
www.reclam.de www.reclam.de<br />
- 332 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 333 -
Aus meines Herzens Grunde<br />
Die schönsten alten Kirchenlieder<br />
Ein ökumenisches Liederbuch<br />
94 Kirchenlieder in den Fassungen, wie sie früher gesungen<br />
wurden<br />
Hrsg. von Richard Mailänder in Kooperation mit Caritas<br />
und Diakonie<br />
Mit 45 farbigen Illustrationen von Barbara Trapp<br />
124 Seiten, Flexicover, Großdruck, A4-Format<br />
Mit im Buch: Instrumental-CD (Orgel- oder Klavierbegleitung)<br />
zum Mitsingen<br />
Noten, Texte, Harmonien<br />
Euro (D) 24,95 / Euro (A) 25,70 / CHF 35,50<br />
ISBN 978-3-15-010864-2<br />
Die thematisch aufgebaute Sammlung (Lob, Dank, Vertrauen,<br />
Glaube, Schöpfung, Kirchenjahr, Maria und Heilige,<br />
Morgen und Abend) wendet sich schwerpunktmäßig<br />
an ältere Menschen, die die ihnen aus Kindheit und Jugend<br />
vertrauten Kirchenlieder wieder singen möchten. Die Lieder<br />
sind im Großdruck wiedergegeben, der Band ist mit stimmungsvollen<br />
Bildern von Barbara Trapp illustriert. Eine<br />
Mitsing-CD liegt bei. Im Anhang nden sich praktische<br />
Hinweise zum Singen mit älteren Menschen.<br />
www.reclam.de www.reclam.de<br />
- 334 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 335 -
Johann Sebastian Bach: Motetten<br />
Meines Herzens Weide<br />
Trinity Baroque, Julian Podger<br />
Best.-Nr.: RK 2601<br />
Derart lebendig in Tempo und Phrasierung, homogen im Ensembleklang,<br />
aber auch derart innig und berührend, hat man Bachs Motetten lange<br />
Zeit nicht gehört. BR-Klassik<br />
Una musa plebea<br />
Das »gemeine« Repertoire<br />
der italienischen Renaissance<br />
Ensemble Lucidarium & Traditionelle Poeten<br />
aus der Toskana und Korsika<br />
Best.-Nr.: RK 2410<br />
Eine Muse ... nimmt sich unbekümmert Zeit. Und damit Freiraum – für<br />
ihre ganz eigene Version eines leuchtenden Utopia aus der Vergangenheit.<br />
CD-Tipp, HR 2<br />
Rosenmond und Lindentraum<br />
Lieder von Liebe und Leben<br />
Christine Maria Rembeck – Gesang, Klavier<br />
Emilia Gliozzi – Violoncello<br />
Best.-Nr.: RK 3002<br />
Schlicht und zugleich kunstvoll sind diese Arrangements ...<br />
FAZ, 21. 5. 2011<br />
Bon Voyage –<br />
Musik von Giovanni Paolo Foscarini<br />
e Foscarini Experience<br />
Frank Pschichholz – Chitarra Spagnuola<br />
Nora iele – Percussion<br />
Daniel Zorzano – Violone<br />
Best.-Nr.: RK 2904<br />
Einmal mehr Musik des 17. Jahrhunderts mit viel Drive und Beat.<br />
Dem Label entsprechend wunderbar aufgenommen. Radio Stephansdom<br />
Modena 1665<br />
Georg Kallweit – Violine<br />
Björn Colell – eorbe, Barockgitarre<br />
Best.-Nr.: RK 2905<br />
Hier stimmt einfach alles, das Können auf dem Instrument, die Klanggebung,<br />
die Beweglichkeit der langen Töne, die rasante Spieltechnik …<br />
Bernhard Morbach, RBB<br />
Endzeitfragmente<br />
Sequentia<br />
Benjamin Bagby, Norbert Rodenkirchen<br />
Best.-Nr.: RK 2803<br />
Die Produktion ermöglicht mit vielen bislang nicht oder nur wenig<br />
bekannten Sequenzen einen weiteren Einblick in die tiefe, mystische Welt<br />
des mittelalterlichen Denkens und Fühlens. BR-Klassik<br />
- 336 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 337 -
Winterreise<br />
Nataša Mirković-De Ro – Gesang<br />
Matthias Loibner – Drehleier<br />
Best.-Nr.: RK 3003<br />
Nicht nur wegen des letzten Lieds (Der Leiermann) eine Idealbesetzung!<br />
Das gilt auch für Nataša Mirkovic-De Ro, die ungekünstelt und tief<br />
ergreifend interpretiert. CD-Tipp, Ö1<br />
… großartig! BR-Klassik<br />
Mütterkinderlieder<br />
(Bertl Mütter nach Gustav Mahler)<br />
Bertl Mütter – Posaune<br />
Best.-Nr.: RK 3009<br />
Heinrich Schütz –<br />
Ich hebe meine Augen auf<br />
Musik aus der Dresdner Schlosskapelle I<br />
Cappella Sagittariana Dresden,<br />
Norbert Schuster<br />
Best.-Nr.: RK 3001<br />
Schütz-Interpretation auf sehr hohem Niveau … Die Einspielung zeigt<br />
Heinrich Schütz als Meister des Klangeekts und als Souverän der<br />
expressiven Möglichkeiten im Frühbarock. Klassik.com<br />
Von den letzten Dingen<br />
Barocke Trauermusiken<br />
aus Mitteldeutschland<br />
amarcord, Cappella Sagittariana Dresden<br />
Best.-Nr.: RKap 30107<br />
Trauermusik als beseelter Klangzauber! MDR-Figaro<br />
Rose van Jhericho<br />
Das Liederbuch<br />
der Anna von Köln (um 1500)<br />
Ars Choralis Coeln, Maria Jonas<br />
Best.-Nr.: RK 2604<br />
Die volle Stimme von Maria Jonas mit ihrer leidenschaftlichen<br />
Betonung gibt den Melodien ihre große Überzeugungskraft.<br />
Le monde de la musique 6/2007<br />
Vita S. Elisabethæ<br />
Das Leben der heiligen Elisabeth<br />
von Thüringen (1207–1231),<br />
erzählt in mittelalterlichen<br />
Liedern und Texten<br />
Ioculatores, Ars Choralis Coeln, amarcord<br />
Best.-Nr.: RK 2605<br />
Über fast 80 Minuten entfaltet sich ein Spannungsbogen, der der Chronologie<br />
der Ereignisse von Ungarn über die Wartburg bis nach Marburg<br />
folgt, um schließlich im überirdischen Mönchsgesang mit dem Wort<br />
›Elisabeth‹ zu verklingen. Minnesang.com<br />
- 338 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 339 -
Frolich, zärtlich, lieplich ...<br />
Oswald von Wolkenstein –<br />
Liebeslieder<br />
Ensemble Unicorn, Michel Posch<br />
Best.-Nr.: RK 2901<br />
Tromba Hispanica<br />
Battallas y Canciones<br />
Barocktrompeten Ensemble Berlin<br />
Johann Plietzsch<br />
Best.-Nr.: RK 2906<br />
Les Caractères de la Danse<br />
Purcell, Corelli, Rebel,<br />
Albinoni, Telemann<br />
Harmony of Nations Baroque Orchestra<br />
Alfredo Bernardini – Oboe<br />
Best.-Nr.: RK 2704<br />
Virgo Sancta Caecilia<br />
Gesänge aus dem Antiphonar<br />
der Anna Hachenberch<br />
Candens Lilium, Norbert Rodenkirchen<br />
Best.-Nr.: RKma 20044<br />
Der Erlauchte Fürst<br />
Höfische Kultur zur Zeit<br />
des Naumburger Meisters<br />
Ioculatores & Jörg Peukert<br />
Best.-Nr.: TAL 90003<br />
Amours me fait desirer<br />
Liebeslieder aus dem<br />
14. Jahrhundert<br />
Ensemble Alta musica, Rainer Böhm<br />
Best.-Nr.: TAL 90004<br />
Chanterai d’aquestz Trobadors<br />
Live at montalbâne<br />
Ensemble Belladonna<br />
Best.-Nr.: TAL 90006<br />
Raumklang & Talanton<br />
Schloss Goseck | D-06667 Goseck<br />
Fon: +49 - 3443 - 348008-0 | Fax: +49 - 3443 - 348008-9<br />
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- 340 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 341 -
EINE UNSERER CLUBGARNITUREN.<br />
- 342 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 343 -<br />
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- 344 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 345 -<br />
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- 346 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 347 -
- 348 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 349 -
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- 350 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Anhang - 351 -
Impressum<br />
<strong>Trigonale</strong> FestivalbetriebsgmbH<br />
Geschäftsführer Ing. Stefan Schweiger<br />
Winklern 17<br />
A - 9063 Maria Saal<br />
Telefon: +43 - (0)4223 - 29079<br />
E-Mail contact@trigonale.com<br />
Internet www.trigonale.com<br />
Herausgeber <strong>Trigonale</strong><br />
Redaktion Stefan Schweiger<br />
Redaktionsassistenz Gerda Heger, Nicole Kelner<br />
Artdirector Anne Hooss<br />
Fotograe Ingrid Ahrer, Lukas Beck, Silvia Csibi,<br />
Philippe Parent, Stefan Schweiger<br />
Übersetzungen Gregor Chudoba, Anne Marie Dragosits,<br />
Sibylle Kirchbach, Almut Lenz-Konrad,<br />
Elfriede Schweiger<br />
Herstellung Philipp Reclam jun.<br />
Graphischer Betrieb GmbH,<br />
Ditzingen<br />
Stand August <strong>2012</strong>, Änderungen vorbehalten<br />
- 352 - Impressum