Die aktuelle Ausgabe als PDF - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Die aktuelle Ausgabe als PDF - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Die aktuelle Ausgabe als PDF - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
echt<br />
Patientenrechte<br />
Das neue Patientenrechtegesetz<br />
Teil 1: Der Behandlungsvertrag<br />
Lange wurde um den Inhalt gerungen, nun ist es vom<br />
Bundestag verabschiedet: Das neue Gesetz zur Verbesserung<br />
der Rechte von Patientinnen und Patienten tritt<br />
demnächst in Kraft. Obwohl das maßgebliche Ziel darin<br />
bestand, Transparenz und Rechtssicherheit hinsichtlich<br />
der bereits bestehenden Patientenrechte herzustellen,<br />
bringt das Gesetz Änderungen für <strong>Ärzte</strong> und ihre Patienten<br />
mit sich. Das niedersächsische ärzteblatt will daher<br />
in einer kleinen Artikelserie die neue Rechtslage darstellen<br />
und Hinweise für Kliniken und Praxen zur Umsetzung<br />
des Patientenrechtegesetzes<br />
geben. In dieser <strong>Ausgabe</strong> beginnen<br />
wir mit dem Behandlungsvertrag.<br />
Kernstück des Gesetzes ist die Einfügung<br />
eines neuen Untertitels in das<br />
Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), mit<br />
dem die Kernpunkte des Behandlungsvertrages<br />
<strong>als</strong> neuer spezieller<br />
<strong>Die</strong>nstvertragstyp in den §§ 630a bis<br />
630h des BGB geregelt werden. Damit<br />
wird klargestellt, dass auch gesetzlich<br />
Versicherte auf der Grundlage eines<br />
privatrechtlichen Vertrages untersucht<br />
und behandelt werden und lediglich<br />
die Zahlung der Vergütung von anderer<br />
Seite übernommen wird. Nimmt<br />
der Patient IGeL-Leistungen in Anspruch,<br />
erfolgt auch dieses im Rahmen<br />
des einheitlichen Behandlungsvertrages.<br />
Vertragspartner des Behandlungsvertrages ist derjenige,<br />
welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt,<br />
<strong>als</strong>o das Krankenhaus, der niedergelassene Vertragsarzt,<br />
die Berufsausübungsgemeinschaft oder das medizinische<br />
Versorgungszentrum; erfasst wird von § 630a BGB<br />
aber im Gegensatz zu ambulanten Pflegeleistungen auch die<br />
medizinische Behandlung durch Angehörige der Gesundheitsfachberufe<br />
(Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und<br />
andere) sowie Heilpraktiker. <strong>Die</strong>se Gleichstellung mag zunächst<br />
befremden. Aber auch der <strong>Die</strong>nstvertrag hat eine<br />
große Spannbreite und passt sich flexibel dem jeweiligen<br />
Vertragsgegenstand an – vom Architektenvertrag bis hin<br />
zur Lebensberatung durch Kartenlegen.<br />
16 niedersächsisches ärzteblatt 2 | 2013<br />
Merkwürdig ist allerdings, dass auch das Krankenhaus beziehungsweise<br />
die Trägergesellschaft in der Sprache des Gesetzes<br />
zum Behandelnden erklärt wird und mit dem Patienten<br />
zur Durchführung der Behandlung zusammenwirken<br />
soll. Immerhin wird damit klargestellt, wer für die Leistung<br />
der versprochenen Behandlung letztverantwortlich ist.<br />
Für schuldhaft begangene Behandlungsfehler haftet das<br />
Krankenhaus; die bei ihm beschäftigten <strong>Ärzte</strong> und Pflegenden<br />
sind seine Erfüllungsgehilfen, für deren Fehler es<br />
dem Patienten gegenüber einzustehen hat. Das Gesetz entlastet<br />
<strong>Ärzte</strong> jedoch dadurch nicht von<br />
der eigenen Haftung: <strong>Die</strong> den Arzt treffenden<br />
Haftungstatbestände im sogenannten<br />
Deliktsrecht bleiben von dem<br />
neuen Gesetz unberührt.<br />
Das Patientenrechtegesetz gibt in<br />
§ 630a Absatz 2 BGB vor, dass die Behandlung<br />
nach den zum Zeitpunkt der<br />
Behandlung bestehenden, allgemein<br />
anerkannten fachlichen Standards zu<br />
erfolgen hat, sofern nicht etwas anderes<br />
vereinbart wurde. Damit nimmt<br />
das Gesetz Formulierungen auf, die<br />
sich auch im Sozialgesetzbuch (SGB) V<br />
finden. Allgemein anerkannt ist ein<br />
Standard, wenn er dem von der großen<br />
Mehrheit der einschlägigen Fachleute<br />
akzeptierten Kenntnisstand entspricht.<br />
Aus der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen,<br />
dass der Gesetzgeber auch eine ordnungsgemäße Organisation<br />
dem einzuhaltenden medizinischen Standard zuordnet.<br />
Haften soll ein Krankenhaus auch dann, wenn die<br />
Schädigung des Patienten auf einer in sich nicht schlüssigen<br />
oder zuverlässigen Planung der Arbeitsabläufe oder des<br />
Personaleinsatzes beruht. Es ist eine der offenen Fragen,<br />
ob die Rechtsprechung dieser Sichtweise des Gesetzgebers<br />
folgen wird oder Organisationspflichten weiterhin primär<br />
aus dem Deliktsrecht ableitet. Unabhängig hiervon gilt, dass<br />
das Krankenhaus haftet, wenn Zuständigkeiten nicht klar<br />
geregelt oder Kompetenzbereiche von Mitarbeitern nicht<br />
klar festgelegt werden. Über das Haftungsrecht sind damit<br />
Maßnahmen zur Patientensicherheit indirekt aufgewertet<br />
worden.<br />
Foto: J. Markwort (Archiv)