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Sprachsystematische Aspekte der Orthografie

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<strong>Sprachsystematische</strong> <strong>Aspekte</strong> <strong>der</strong> <strong>Orthografie</strong><br />

Sommersemester 2011<br />

Said Sahel<br />

Systematik <strong>der</strong> deutschen <strong>Orthografie</strong> I


Verarbeitung von (Schrift)sprache<br />

• Verarbeitung von (Schrift)sprache:<br />

– Sprachproduktion<br />

– Sprachrezeption (Sprachverständnis)<br />

• Welche sind die kognitiven Grundlagen für die Produktion und<br />

Rezeption von Schrift(sprache)?


Was ist kognitiv?<br />

„jede beobachtbare Leistung wird als das Endprodukt einer<br />

Rih Reihe von nicht‐beobachtbaren ihtb b htb VVerarbeitungsschritten b it h itt<br />

aufgefaßt, die einer begrenzten Zahl von psychischen<br />

Verarbeitungskomponenten (Subsysteme (Subsysteme, Module)<br />

zugeschrieben werden“. (KELTER 1990:12)


<strong>Orthografie</strong> g ohne Phonologie? g<br />

• Kann es eine <strong>Orthografie</strong> ohne Phonologie geben?<br />

bzw.<br />

• Kann es Schriftsprache ohne gesprochene Sprache geben?<br />

• Dependenz vs. Autonomie <strong>der</strong> Schriftsprache


Ein Wortproduktionsmodell<br />

p


Die (3) ( ) möglichen g<br />

Schreibrouten


Autonomie <strong>der</strong> lexikalischen <strong>Orthografie</strong> g


Dependenz <strong>der</strong> lexikalischen <strong>Orthografie</strong>


• Es llassen sich h hauptsächlich h hl hd drei Verschriftungsprinzipien h f unterscheiden: h d<br />

1. ideographische g p Schrift ( (Bil<strong>der</strong>schrift): )<br />

→ ‚Die Schriftzeichen‘ verweisen unmittelbar auf den gemeinten Vorstellungsinhalt.


22. llogographische hi h Schrift: Shif<br />

Ableitung von Kanji‐Zeichen aus Piktogrammen<br />

→ Die Schriftzeichen verweisen nicht unmittelbar auf das Gemeinte, son<strong>der</strong>n auf das<br />

Wort, das das Gemeinte bezeichnet.


3. Alphabetschrift:<br />

<br />

– Die Schriftzeichen verweisen nicht ideographisch auf das Gemeinte.<br />

– Die Schriftzeichen verweisen nicht logographisch auf irgendeine Form dieses Wortes.<br />

– Die Schriftzeichen verweisen vielmehr auf die phonologische Wortform in expliziter<br />

Hochlautung und in einer bestimmten, grammatisch im Satz eingepassten Form.


• Das Grundprinzip alphabetischer Schriften ist, dass die Schrift Informationen<br />

über die phonologische Gestalt <strong>der</strong> Wörter enkodiert.<br />

• Je jünger ein alphabetisches Schriftsystem ist, desto besser lässt es sich vom<br />

geschriebenen Wort auf seine Lautgestalt schließen.<br />

• Das deutsche Schriftsystem nimmt eine Zwischenposition zwischen Englisch<br />

bbzw. FFranzösisch ö i hauf f d<strong>der</strong> einen i Si Seite und d Tü Türkisch ki h auf f d<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en d Si Seite ein. i<br />

• Es gibt viele Schreibungen, die nur historisch erklärt werden können:<br />

wie z.B. in stand im Mittelhochdeutschen noch für einen<br />

Diphthong: [ɪɛ]<br />

• Im Laufe <strong>der</strong> Sprachgeschichte wurde dieser Diphthong monophtongiert:<br />

steht im Neuhhochdeutschen für einen langen g Vokal: [] [i:]<br />

• Die alte Schreibung wurde beibehalten; das wurde als Dehnungszeichen<br />

uminterpretiert.


→ In Welcher lh Form sind d das d Sprachsystem h und d ddas Schriftsprachsystem<br />

h f h<br />

aufeinan<strong>der</strong> bezogen?<br />

• Das deutsche Schriftsystem y ist ein alphabetisches p Schriftsystem: y Die<br />

einzelnen Schriftzeichen beziehen sich primär auf die Laute <strong>der</strong> Sprache.<br />

• Es gibt allerdings keine 1:1‐Relation zwischen Phonem und Graphem:<br />

– ein i und d dasselbe d lb Phonem Ph kkann ddurch hunterschiedliche t hi dli h GGrapheme h ddargestellt t llt werden d<br />

und<br />

– ein und das selbe Graphem kann für unterschiedliche Phoneme stehen<br />

/ʃne:/ <br />

/ʃ/<br />

/ʃtaʊ/


z/ /ze:lə/<br />

/s/ // /bɪs/ / /<br />

/ʃ/ /ʃtaʊ/


• In d<strong>der</strong> Phonem‐Graphem‐Korrespondenz h h d (=phonographisches ( h h h Prinzip) )<br />

erschöpft sich das deutsche Schriftsystem allerdings nicht.<br />

• Vielmehr bezieht es sich systematisch y auch auf weitere <strong>Aspekte</strong> p <strong>der</strong><br />

Sprache.<br />

Phonologische Wortform Zielschreibung<br />

(phonographisches Prinzip)<br />

/bɪn/ <br />

Phonologische<br />

Schreibung<br />

Wortform (phonographisches<br />

Prinzip)<br />

Zielschreibung<br />

(silbisches Prinzip)<br />

/ʁu:.ən/ *


Phonologische<br />

Wortform<br />

/li:p/<br />

/kɛltɐ/<br />

Phonologisch<br />

e Wortform<br />

phonographisches<br />

Prinzip<br />

*<br />

*<br />

phonographisc<br />

hes Prinzip<br />

silbisches<br />

Prinzip<br />

silbisches Prinzip Zielschreibung<br />

(morphematisches<br />

Prinzip)<br />

*<br />

*<br />

Morphemati‐<br />

sches Prinzip)<br />

<br />

<br />

Zielschreibung<br />

(syntaktisches<br />

Prinzip)<br />

/bɛlə/ * * *


• <strong>Orthografie</strong> als natürliches System:<br />

• <strong>Orthografie</strong> hat sich als System entwickelt und funktioniert als System.<br />

• Der <strong>Orthografie</strong> liegen Regeln bzw bzw. Prinzipien zugrunde zugrunde.<br />

• Wie auch bei jedem System gilt es in <strong>der</strong> <strong>Orthografie</strong>, diese Regeln bzw.<br />

Prinzipien explizit zu machen.<br />

• Normierung <strong>der</strong> <strong>Orthografie</strong> als ‚Explizitmachung ‘ <strong>der</strong> Prinzipien, die den<br />

Schreibungen zugrunde liegen.


• Schreibungen sollen aufgrund des Regelwissens intuitiv beherrschbar<br />

sein, , wie die ggesprochene p Sprache p es ist.<br />

• Schreiben im Sinne von normgerechtem Schreiben würde nicht<br />

funktionieren, wenn es ausschließlich über explizite Regeln gesteuert<br />

wäre wäre.<br />

• Man beherrscht die deutsche Rechtschreibung, weil sie (zum großen Teil)<br />

intuitiv beherrschbar ist.<br />

• Eine Rechtschreibung ist einfach, weil sie intuitiv erfassbar ist.<br />

• Graphematik beschreibt, wie man schreibt: Graphematik als Grundlage<br />

<strong>der</strong> <strong>Orthografie</strong>.<br />

<strong>Orthografie</strong>


Prinzipien <strong>der</strong> deutschen <strong>Orthografie</strong>:<br />

• das phonographische Prinzip,<br />

• das silbische Prinzip,<br />

• das morphologische Prinzip und<br />

• das syntaktische Prinzip.

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