Dr. Peter Bahl / Referat - pdf - Museumsverband Brandenburg e.V.
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<strong>Dr</strong>. <strong>Peter</strong> <strong>Bahl</strong><br />
Vorsitzender der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark <strong>Brandenburg</strong>,<br />
Lehrbeauftragter am Institut für Geschichte und Kunstgeschichte der Technischen<br />
Universität Berlin<br />
Landesgeschichte in Berlin-<strong>Brandenburg</strong> heute – institutionelle Anbindungen,<br />
Organisationsformen und Perspektiven<br />
Eröffnungsreferat zur Tagung des <strong>Museumsverband</strong>es des Landes <strong>Brandenburg</strong> in<br />
der Bibliothek der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark <strong>Brandenburg</strong> in<br />
Berlin am 3. März 2008<br />
Meine Damen und Herren,<br />
eingangs soll es nun zunächst „nur“ um die Rahmenbedingungen gehen, unter<br />
denen wir uns mit – wie auch immer gearteter – Forschung zu bestimmten<br />
geographisch abgegrenzten Einheiten befassen. Wir wissen alle, dass Forschung<br />
letztlich nicht von der Verbreitung ihrer Ergebnisse getrennt werden sollte. Gerade<br />
die epochenübergreifende Landesgeschichte hat ja traditionell wie aktuell eigentlich<br />
einen Wettbewerbsvorteil, indem sie gleichsam über ein regionales<br />
Sinnstiftungspotential verfügt, das vielen anderen historischen Teildisziplinen als<br />
Chance, aus dem fachinternen Diskurs herauszutreten, fehlt. Landesgeschichte und<br />
eben auch landesgeschichtliche Forschung ist daher von Anfang an sehr viel stärker<br />
mit dem Publikum verbunden. Außerdem wissen wir, dass die institutionellen und<br />
finanziellen Rahmenbedingungen Forschung ohnehin aus dem Elfenbeinturm<br />
herausgeholt haben. Öfter denn je haben sich Forscher mit der Frage nach der<br />
praktischen Relevanz ihrer Arbeit zu beschäftigen.<br />
Lassen Sie mich aber an dieser Stelle die Forschung in den Mittelpunkt stellen. Was<br />
Vermittlung und Verbreitung historischer Kenntnis und Erkenntnis anbelangt,<br />
tummeln sich, denke ich, inzwischen so überaus viele Anbieter im Lande, dass die<br />
Analyse dieses Marktes wohl ein eigen Ding wäre und eine eigene Tagung<br />
erforderte.<br />
Mit „Kulturland <strong>Brandenburg</strong>“ wurde uns eine ordnende Hand geschenkt, die zumal<br />
in Zeiten sogenannter knapper Kassen kurzfristig Wunder wirken kann. Gewiss<br />
bieten auch zeitlich begrenzte Projekte Chancen, die Forschung voranzubringen. Ein<br />
Beleg hierfür mag das „<strong>Brandenburg</strong>ische Klosterbuch“ sein, das zwar unter<br />
ungewöhnlichem Zeitdruck entstanden ist, dessen Organisatoren und Bearbeiter<br />
aber für Qualität bürgen und die sich nicht zur Verwendung heißer Nadeln haben<br />
hinreißen lassen. Das vorzeigbare Ergebnis wäre in dieser Form jedoch gänzlich<br />
undenkbar ohne teilweise jahrzehntelange indirekte Vorarbeiten vieler Beteiligten.<br />
Diese „Vorarbeiten“ dürfen wir wohl als Grundlagenforschung bezeichnen, und nur<br />
um sie soll es hier gehen.<br />
Landes- und ortsgeschichtliche Grundlagenforschung sind unverzichtbare Teile einer<br />
funktionierenden Geschichtsarbeitswelt. Ohne diese sichere Basis, ohne die<br />
Rückendeckung durch methodisch geschulte und über den engeren Raum blickende,<br />
auch vergleichend arbeitende Landeshistoriker würden all unsere schönen<br />
Wechselausstellungen und Events oberflächlich und in der Gesamtgewichtung wie in
mancherlei Detail angreifbar werden. Die Medien sind ohnehin schon voll davon, in<br />
den Buchhandlungen und erst recht im Internet wimmelt es nur so von<br />
wohlmeinenden, aber nur zu oft schlecht informierten Beiträgen. Weder Geldgeber<br />
noch Publikum sind – wie man immer wieder feststellen muss – wirklich in der Lage,<br />
die Spreu vom Weizen zu trennen. Lassen sie mich daher einmal jene Institutionen<br />
vor unserem geistigen Auge Revue passieren lassen, die aufgrund ihrer Kompetenz<br />
das Notwendige zu liefern in der Lage wären.<br />
Nehmen wir zunächst die Situation an den Universitäten. Noch in den neunziger<br />
Jahren hatten wir eine durchaus rosige Situation. Der in Potsdam nach der Wende<br />
neu geschaffene Lehrstuhl für brandenburgisch-preußische Landesgeschichte war<br />
mit einem Fachmann für die Welt des brandenburgischen Adels der Frühen Neuzeit<br />
besetzt worden, <strong>Peter</strong>-Michael Hahn, dessen persönliche Lehrbefugnis neben der<br />
neueren Geschichte ausdrücklich auch auf Landesgeschichte lautete. Schließen wir<br />
die aus seiner Schule stammenden Arbeiten mit ein, so sind es eine ganze Reihe<br />
von hochinteressanten Dissertationen und Sammelbänden vor allem zur barocken<br />
Welt in Berlin-<strong>Brandenburg</strong>, sichtlich interdisziplinär belebt durch die zeitweise<br />
praktrizierte Zusammenarbeit mit dem Berliner FU-Kunsthistoriker Hellmut Lorenz.<br />
Was ist davon heute übrig? Die landesgeschichtliche Professur hat seit langem einen<br />
KW-Vermerk, Hellmut Lorenz ist schon vor Jahren nach Wien gewechselt. Der Noch-<br />
Museumsmann Oliver Hermann (Wittenberge) stammt aus der Hahn-Schule, andere<br />
sind in den Schuldienst gegangen oder auf dem Wege dorthin. Einen<br />
landesgeschichtlich interessierten wissenschaftlichen Nachwuchs, der auch noch in<br />
adäquate Stellen gelangen könnte, gibt es nicht mehr in ausreichender Zahl. Einige<br />
anderen Potsdamer Lehrstühle bemühen sich zwar durchaus, landesgeschichtliche<br />
Fragen einzubeziehen, doch muss für sie dieses Gebiet eines neben anderen<br />
bleiben. Von Interdisziplinarität ist ohnehin keine Rede mehr. Wie da die Zukunft in<br />
der Ausbildung landesgeschichtlicher Forscher aussehen soll, weiß ich nicht.<br />
An den Berliner Universitäten sieht es noch schlimmer aus. Geradezu umgekehrt zur<br />
inflationären Vermehrung des Universitätsbegriffs entwickelt sich die<br />
landesgeschichtliche Disziplin an den Universitäten. An der Humboldt-Universität zu<br />
Berlin wurde der Lehrstuhl des gerade auch (und dies international) als<br />
interdisziplinär ausgewiesenen Landeshistorikers Winfried Schich, dessen<br />
Forschungen etwa zur mittelalterlichen Siedlungs- und Städtegeschichte für uns in<br />
<strong>Brandenburg</strong> von eminenter Bedeutung sind, nicht wieder besetzt. Landesgeschichte<br />
wurde vielmehr – mit anderer, nicht mehr interdisziplinärer Ausrichtung – nur noch<br />
als halbe Stelle mit einer halben Akademie-Professorenstelle kombiniert. Der<br />
territorialgeschichtliche Lehrstuhl von Laurenz Demps existiert nicht mehr. Der von<br />
Hartmut Harnisch nach der Wende geführte Lehrstuhl für preußische Geschichte ist<br />
mit seinem Abgang nicht wieder ausgeschrieben worden. Derzeit laufen<br />
Vorbereitungen für einen neuen Preußen-Lehrstuhl, doch darf man nach allem, was<br />
dazu zu hören ist, getrost davon ausgehen, dass die Landesgeschichte hier eine<br />
untergeordnete Rolle spielen dürfte. An der Freien Universität ist weder der alte<br />
Lehrstuhl für Historische Landeskunde (erst Heinz Quirin, dann Gerd Heinrich), der<br />
einmal eine eigene Abteilung bildete und mit Wolfgang H. Fritze auch für die<br />
Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Germania Slavica wichtig war, wieder besetzt<br />
worden noch der für die Geschichte Berlins, dessen Inhaber Wolfgang Ribbe<br />
bekanntlich auch zur brandenburgischen Geschichte wesentliche Beiträge geleistet<br />
hat und leistet. An der Technischen Universität Berlin sind gerade in den letzten<br />
Jahren mancherlei Arbeiten entstanden, die wenn nicht als landesgeschichtlich zu
verstehen, so doch wichtige Beiträge hierfür zu leisten in der Lage waren. Ich nenne<br />
nur Heinz Reif und sein Adelsforschungsprojekt (einer der Doktoranden, dessen für<br />
uns relevante Arbeit über den Großgrundbesitz in <strong>Brandenburg</strong> handelt, ist aus heute<br />
in der Computerbranche tätig und – wie viele andere – für die Landesgeschichte<br />
verloren). Einer der kenntnisreichsten Landeshistoriker Berlin-Barndenburgs, Felix<br />
Escher, wurde dort jüngst auf eine Mittelalter-Professur berufen, doch das gesamte<br />
Institut wird schon in wenigen Jahren geschlossen werden, es nimmt schon seit<br />
mehreren Semestern keine neuen Studenten mehr auf. Cottbus und Frankfurt (Oder)<br />
haben keine Historischen Institute und müssen sich stärker auf die Geschichte von<br />
Umwelt und Technik (Cottbus) oder deren kulturwissenschaftliche Einbettung<br />
(Frankfurt/Oder) konzentrieren. Dass an beiden Stellen Gutes geleistet wird, werden<br />
wir auch heute noch sehen, doch fehlt eben auch dort ein übergreifendes Zentrum<br />
landesgeschichtlicher Fragestellungen. So bleibt landesgeschichtliches Arbeiten<br />
vielfach dem Zufall persönlicher Initiative und persönlicher Spezialinteressen<br />
überlassen bzw. muss außeruniversitär oder ehrenamtlich gepflegt werden. Ob das<br />
einer interdisziplinären und modern-methodenoffenen Ausformung förderlich sein<br />
kann dürfte eine rhetorische Frage sein.<br />
Nun ist es keineswegs so, dass wir <strong>Brandenburg</strong>er mit einem solchen Befund ganz<br />
allen wären. Auch in anderen Bundesländern bläst der Landesgeschichte als<br />
universitärem Fach der Wind ins Gesicht. Auch außeruniversitäre oder diesen<br />
benachbarte landesgeschichtliche Institute werden geschlossen wie etwa das<br />
renommierte Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande in Bonn. Dem<br />
liegen zum einen Grabenkämpfe innerhalb der historischen Wissenschaft zugrunde,<br />
die manchem Fachvertreter und manchem Geldgeber in den letzten Jahren die<br />
sogenannte traditionelle Landesgeschichte als obsolet und reformunfähig erscheinen<br />
ließen. Zum anderen ist aber vielerorts auch das Bewusstsein dafür verloren<br />
gegangen, dass gerade jene ja durchaus boomende, identitätsstiftende und für<br />
Tourismus wie für Wirtschaftsansiedlung förderliche Beschäftigung mit regionaler<br />
Geschichte neben allem anderen eben auch langfristig abgesicherte<br />
Forscherpersönlichkeiten und diesen adäquate Rahmenbedingungen benötigt. Zu<br />
stark ist ja bei Geldgebern, aber auch bei Fachleuten die Auffassung auf dem<br />
Vormarsch, man könne dies alles jederzeit irgendwo auf dem Markt einkaufen und<br />
notfalls die entsprechenden Fachleute unter dem fahrenden Volk der Historiker und<br />
Ausstellungsmacher für ein paar Monate bestellen. Es gibt wenige Gegenbeispiele:<br />
Im gelobten Land Sachsen haben wir das Institut für Sächsische Geschichte und<br />
Volkskunde mit festem Mitarbeiterstamm. Es wird – zeitüblicherweise – regelmäßig<br />
evaluiert, kann aber in der Zwischenzeit so sinnvolle Grundlagenwerke erarbeiten<br />
wie die Neuausgabe des Historischen Ortslexikons für Sachsen oder die Datenbank<br />
Sächsisches Biographisches Lexikon. Solche Projekte muss man sich in<br />
<strong>Brandenburg</strong> außerhalb von Landesinstitutionen ausdenken und dann das nötige<br />
Geld über Jahre zusammenbetteln, die Bearbeiter dabei notorisch ausbeuten. So<br />
jedenfalls ist das von der <strong>Brandenburg</strong>ischen Historischen Kommission<br />
herausgegebene „<strong>Brandenburg</strong>ische Biographische Lexikon“ entstanden, und über<br />
andere Werke könnte man Ähnliches sagen. Während ein ganzes Heer von<br />
ausgewiesenen Fachleuten dem Ziel eines „<strong>Brandenburg</strong>ischen Klosterbuches“ ihre<br />
Person unterordnete und die Herausgeber mit Mühe eine Finanzierung des<br />
opulenten <strong>Dr</strong>ucks hinbekamen, verschaffte jüngst der Ministerpräsident einem<br />
ähnlich umfangreichen, aber inhaltlich – mit Verlaub – fast völlig wertlosen<br />
Chronikwerk zur Potsdamer Kulturlandschaft nicht nur seinen Segen, sondern auch<br />
erhebliche <strong>Dr</strong>uck-<strong>Dr</strong>ittmittel.
Das ist aber kein Wunder. Denn – wenn wir von den festen Institutionen zu den<br />
Kommissionen übergehen –, so konnte man beispielsweise im Jahr des 850jährigen<br />
Mark-Jubiläums hören, dass manchem Landespolitiker völlig unbekannt ist, dass es<br />
eine „<strong>Brandenburg</strong>ische Historische Kommission“ gibt, geschweige denn, worum es<br />
sich dabei handelt. Diese nach der Wende gegründete Gelehrtengesellschaft, in die<br />
in der Regel nur selbst forschende Fachleute, die durch ihre Publikationen<br />
ausgewiesen sind, per Kooptation aufgenommen werden, sieht, wie Sie wissen, ihr<br />
Ziel vornehmlich darin, Forschungsvorhaben anzuregen und zu koordinieren und<br />
Forschungsergebnisse zu publizieren, wofür sie jedoch keine Eigenmittel besitzt,<br />
sondern auf die berühmte Einwerbung angewiesen ist. Da der Herr Ministerpräsident<br />
ihr Schirmherr ist, wäre sie wohl auch als Politikberater in historischen Fragen der<br />
richtige Partner. Wenn ich es richtig sehe, sind aus der im weitesten Sinne<br />
Museumswelt bisher nur der Landesarchäologe und neuerdings Herr Streidt vom<br />
HBPG Kommissionsmitglieder.<br />
Der deutschen Teilung und ihren Folgen, aber auch der besonderen Nachbarschafts-<br />
Situation von Berlin und Potsdam verdanken wir die Tatsache, dass selbst in einer<br />
Welt knapper Kassen sogar zwei Historische Kommissionen bestehen. Denn auch<br />
die weit ältere und größere, allein an der Zahl ihrer bedeutenden Publikationen<br />
gemessen gewichtige Historische Kommission zu Berlin befasst sich in ihren drei<br />
Sektionen mit der Geschichte Berlins, <strong>Brandenburg</strong>s und Preußens. Anders als die<br />
<strong>Brandenburg</strong>ische Historische Kommission verfügt sie in dem gemeinsam mit dem<br />
<strong>Brandenburg</strong>ischen Landeshauptarchiv herausgegebenen angesehenen „Jahrbuch<br />
für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands“ – Untertitel „Zeitschrift für<br />
vergleichende und preußische Landesgeschichte“ – über ein regelmäßiges<br />
Publikationsorgan, das wesentliche Beiträge zur neuesten landesgeschichtlchen<br />
Forschung auch für <strong>Brandenburg</strong>, überdies einen Rezensions- und Zeitschriftenteil<br />
enthält.<br />
Über diesen brandenburgischen Rahmen hinaus reicht der Radius der „Preußischen<br />
Historischen Kommission“, deren Zeitschrift den berühmten Namen „Forschungen<br />
zur <strong>Brandenburg</strong>ischen und Preußischen Geschichte“ (kurz FBPG) trägt. Letztere ist<br />
natürlich auch für den Forschungsstand zur brandenburgischen Geschichte zu<br />
berücksichtigen.<br />
Enger für <strong>Brandenburg</strong> gibt es sodann in organisatorisch lockerer Form eine weitere<br />
Quasi-Kommission, die sogen. „Forschungsstelle für <strong>Brandenburg</strong>ische<br />
Landesgeschichte beim <strong>Brandenburg</strong>ischen Landeshauptarchiv“. Hierbei handelt es<br />
sich jedoch nicht, wie der Name gedeutet werden könnte, um eine mit festem<br />
Mitarbeiterstamm versehene Einrichtung, wie wir sie ja gerade nicht haben, sondern<br />
um ein im Grunde ehrenamtlich bzw. unter der dienstlichen Obhut des Archivs<br />
nebenbei betriebenes Gesprächsforum, das sich zweimal im Jahr im<br />
<strong>Brandenburg</strong>ischen Landeshauptarchiv trifft, um mit meist etwa 20 bis 30<br />
Fachwissenschaftlern, überwiegend Historikern und Archivaren, aber auch<br />
Prähistorikern und Kunsthistorikern neue Forschungsvorhaben zu diskutieren. Es ist<br />
wohl überfällig, dort auch den Kontakt zu forschenden Museen endlich herzustellen.<br />
Die Tätigkeits- bzw. Sitzungsberichte der brandenburgischen und der Berliner<br />
Kommission sowie der Forschungsstelle und des HBPG veröffentlichen wir, die
Landesgeschictliche Vereinigung für die Mark <strong>Brandenburg</strong>“, seit 2006 jährlich in<br />
unserem „Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte“.<br />
Während die bisher genannten Kommissionen und kommissionsartigen<br />
Einrichtungen sich durch Kooptation ergänzen, steht es normalerweise jedem frei, in<br />
Geschichts- und Heimatvereinen Mitglied zu werden. Das Spektrum ist bekanntlich<br />
sehr breit und reicht von solchen, die eigene Forschungen betreiben oder doch ihnen<br />
einen Rahmen bieten, und solchen, die ausgedehnte Sammlungen besitzen und<br />
zahlreiche eigene Publikatonen herausbringen, bis zum kleinsten Heimatverein, der<br />
sich redlich bemüht, aber auf wenige, voller Engagemant und Liebe zur Sache<br />
wirkende, aber nicht immer ausreichend methodisch geschulte Kräfte angewiesen<br />
bleibt. Erst vor einer Woche haben sich ja zahlreiche dieser Vereine wieder bei der<br />
„Potsdamer Geschichtsbörse“ vorgestellt, und die vielfach enge Verbindung mit den<br />
Museen wurde deutlich. Auch der sogen. „Tag der brandenburgischen Orts- und<br />
Landesgeschichte“ wird ja nunmehr regelmäßig am HBPG durchgeführt und soll den<br />
Individualforschern, vornmehlich den Ortschronisten, zur fachlichen Weiterbildung<br />
dienen. In ähnlicher Weise sind auch andere Institutionen nicht in erster Linie oder<br />
kaum forschend tätig, sondern sehen ihren Auftrag in verschiedenen<br />
Serviceleistungen für Fachleute und Laien, also neben der Wissenschaft auch für die<br />
Öffentlichkeit. Zu diesen zählt sich auch die Landesgeschichtliche Vereinigung für die<br />
Mark <strong>Brandenburg</strong>, für die ich sprechen kann, die Forschern und Rezipienten in<br />
breiteren Interessentenkreisen förderlich sein will, indem sie Quellen und Literatur<br />
vorhält und Foren der Präsentation sowie des Austauschs bietet. Grundsätzlich<br />
ähnliche Wege, wenn auch z. T. mit anderen Mitteln und Möglichkeiten, verfolgen<br />
Museen und Ausstellungshäuser wie das HBPG in Potsdam oder das vornehmlich<br />
auf die Neumark bzw. das historische Ostbrandenburg konzentrierte „Haus<br />
<strong>Brandenburg</strong>“ in Fürstenwalde.<br />
Die wirkliche Forschung – einmal von Hobbyforschern und überhaupt dem privaten<br />
Antrieb des Einzelnen abgesehen, dies wäre wohl wirklich ein eigenes Thema –<br />
verlagert sich aufgrund der geschilderten universitäten Situation immer mehr in<br />
Zwischenräume. Archive spielen dabei eine wichtige Rolle. Das <strong>Brandenburg</strong>ische<br />
Landeshauptarchiv nimmt zumindest mit seiner Publikationspolitik inzwischen die<br />
Rolle eines Zentrums wahr. Viele der in seinen Reihen erscheinenden Bücher<br />
entstehen aber außerhalb des Archivs unter individuell sehr unterschiedlichen<br />
Umständen, andere werden vom Archiv oder den Kommissionen oder<br />
Forschungsstellen angeregt.<br />
Die Situation in den Landschaften und einzelnen Städten und Gemeinden ist<br />
natürlich ganz anders. Hier sind die Wege zueinander schon allein näher, hier sind<br />
die Möglichkeiten, einander auszuweichen oder gar nicht zu kennen, geringer. Wenn<br />
man die Ergebnisse des historischen Arbeitens im Land, in Kreisen, Städten und<br />
Gemeinden von außen betrachtet und dabei eventuelle Konfliktfelder nicht kennt<br />
oder erkennt, so ergibt sich doch zumeist ein positives Bild des Funktionierens einer<br />
kleinen Gruppe von Kennern in Museen, Vereinen und Archiven, die unter<br />
günstigeren wie unter ungünstigeren Umständen jeweils das Beste für die regionale<br />
Geschichtsarbeit zu leisten bemüht sind. Und dennoch, so glaube ich, schafft man es<br />
in den fein säuberlich getrennten Berufswelten der Archivare, der Museologen oder<br />
der Bibliothekare nicht immer, von den in der Tradition und in den jeweiligen<br />
Legitimationsnöten begründeten formalen Zwängen loszukommen, um wirklich das<br />
gemeinsame Thema Geschichte an die erste Stelle zu stellen. Mir persönlich
jedenfalls geht es immer wieder so, dass ich mich des Eindrucks nicht erwehren<br />
kann, als wären die Synergiepotentiale noch längst nicht alle entdeckt, die<br />
Konkurrenz vielmehr zumindest unterschwellig noch immer vorhanden, und diesen<br />
Eindruck habe ich – um es ganz klar zu sagen – sowohl für Provinz wie für<br />
Metrolpole.