(Hans Lochmann) - pdf - Museumsverband Brandenburg e.V.
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Nachhaltig Sammeln<br />
(Arbeitstitel)<br />
Ein Leitfaden des Deutschen<br />
Museumsbundes<br />
vorgestellt von <strong>Hans</strong> <strong>Lochmann</strong><br />
1
Handreichungen des DMB<br />
• Positionspapier zur Abgabe 2004<br />
• Standards für Museen 2006<br />
• Bürgerschaftliches Engagement in<br />
Museen<br />
• Bildungsarbeit in Museen<br />
• Wiss. Volontäre an Museen<br />
• Dokumentation (in Vorbereitung)<br />
2
Neue Handreichung zum Thema<br />
Sammeln und Abgeben<br />
Anlass:<br />
• Unzufriedenheit mit Positionspapier 2004<br />
• Anhaltende Diskussion um Abgabe und<br />
Verkäufe<br />
AG des DMB 2006 gebildet<br />
• Ziel: praktische Anleitung für die Museen<br />
geben<br />
• Neu: Kriterien für das Sammeln<br />
thematisieren<br />
3
• Einführung<br />
Gliederung (Stand Nov. 2009)<br />
• Kernaufgabe Sammeln<br />
• Voraussetzungen für die Abgabe von<br />
Museumsobjekten<br />
• Die Auswahl der Objekte<br />
• Durchführung der Abgabe von<br />
Museumsobjekten<br />
• Positionen aus den Museumssparten<br />
4
Genese des Textes<br />
• Vierköpfige AG formuliert den Entwurf<br />
• Stellungnahmen der<br />
Fachgruppensprecher/innen<br />
• Vorstellung auf Jahrestagung der<br />
Museumsämter und -verbände Juli 2009<br />
• Stellungnahmen der KMBL Sept. 2009<br />
• Befassung im DMB Vorstand 2010<br />
5
Problemlage<br />
Die Diskussion über Sammeln und Abgeben ist<br />
lange überfällig – jetzt fällt sie mit ökonomischen<br />
Krisen zusammen<br />
• der Staat hat weniger Geld für Subventionen<br />
• die Museen brauchen immer mehr Raum, ihre<br />
Sammlungen unterzubringen – Gebäude kosten<br />
Geld, Unterhaltung, Energie<br />
• Marktpreise für Kunst steigen – Museen können<br />
immer weniger mithalten und der Staat besinnt<br />
sich der Werte in den Museen<br />
6
Beispiel 1: das Kunstmuseum einer<br />
größeren Stadt: „Leichen im Keller“<br />
• das Sammlungsspektrum unterscheidet<br />
sich wenig von anderen Kunstmuseen<br />
• gezeigt werden die wichtigsten<br />
Kunstströmungen – von allem etwas<br />
• im Depot lagern ganze Nachlässe örtlicher<br />
Künstler, die nicht die Qualität der übrigen<br />
Sammlung erreichen – sie werden<br />
größtenteils nie ausgestellt werden<br />
7
Beispiel 2: das Stadtmuseum einer<br />
Kleinstadt: kein aktives Sammeln<br />
• Gründung vor 100 Jahren<br />
• Ansammlung von bürgerlichem Hausrat<br />
• Typische Objektgruppen: Möbel,<br />
Wandschmuck, Kleidung etc.<br />
• Gesammelt wurde nach Schönheit /<br />
ästhetischem Wert<br />
• Das aktive Sammeln hat vor 50 Jahren<br />
nachgelassen, die jüngere Zeit fehlt (nicht<br />
alt genug?)<br />
8
Beispiel 3: das kleine Heimatmuseum:<br />
Sammeln und Ausstellen<br />
• Ort der Dorfgemeinschaft<br />
• Hort für Dinge, die man nicht wegwerfen will<br />
(Erinnerungsstücke)<br />
• Typische Bestandsgruppen: Spinnräder, Webstühle,<br />
Bügeleisen, Landmaschinen etc. (Kriterien häufig: Alter,<br />
Schönheit, Symbolwert)<br />
• Das Museum darf nicht „Nein“ sagen, sonst bekommt es<br />
nichts mehr<br />
• Einfache Alltagsdinge fehlen<br />
• Es wird alles ausgestellt<br />
• Wenn Erben etwas wieder haben wollen, wird das Objekt<br />
wieder herausgegeben<br />
9
Beispiel 4: das Industriemuseum:<br />
erst einmal Alles annehmen<br />
• Museum wird Ort der Erinnerung an eine / mehrere<br />
Industriebetriebe der Stadt<br />
• Es wird alles gesammelt, was zum Thema passt: von der<br />
Kaffeetasse bis zur tonnenschweren Maschine<br />
• Das Bergen von Sammlungsgut muss oft sehr schnell<br />
gehen („Rettung in letzter Sekunde“)<br />
• Meist provisorisches Lagern in großen Fabrikhallen<br />
• Masse und Gewicht erschwert das Ordnen<br />
• Wenn Kosten für Hallen nicht mehr aufgebracht werden<br />
können: überstürzte Entsorgungsaktionen meist nicht<br />
dokumentierter Bestände<br />
10
Sammlungsgeschichte aufarbeiten<br />
• Sammlungsgeschichte ist selten<br />
wissenschaftlich erforscht<br />
• Wissen über Sammlerpersönlichkeiten<br />
(Direktoren, Mitarbeiter, Freiwillige) ist<br />
wichtig (was waren deren Intentionen?)<br />
• Bedeutung von Sondersammelgebieten<br />
muss geklärt werden<br />
11
Grundposition der Handreichung<br />
• es muss Regeln und Kriterien für die<br />
Annahme von Sammlungsgut geben<br />
• ein Museum muss sich ein<br />
Sammlungskonzept geben, das<br />
regelmäßig überprüft wird<br />
• es muss darin entsprechende Regeln zur<br />
Abgabe von Sammlungsgut geben<br />
12
Kriterien des Sammelns müssen<br />
reflektiert werden<br />
• Kriterien der Auswahl werden selten offen<br />
gelegt<br />
• es wird viel zu wenig reflektiert, nach<br />
welchen Kriterien gesammelt wird (Alter?<br />
Schönheit? Seltenheit? Symbolcharakter?)<br />
• Die Bewertungskriterien unterliegen einem<br />
Wandel<br />
13
Widerstreitende grundsätzliche<br />
Positionen der Museumsarbeit<br />
• Langfristiger Bestand konzeptueller Ideen<br />
• Fixierung auf den Sammlungserhalt<br />
• Nachfrageorientiertes Handeln im Hier und<br />
Jetzt<br />
• Autonomie der Entscheidungen der<br />
Museumsfachleute<br />
(Vgl. Walz 2009, S. 168)<br />
14
Gezieltes Sammeln?<br />
• Viele Zugänge haben Museen dem Zufall<br />
zu verdanken – so, wie „die Geschichte<br />
die Dinge ins Haus spült“<br />
• Viele Museumskolleg/innen lieben diesen<br />
Zufall – planvolles Sammeln ist die<br />
Ausnahme<br />
• Repräsentieren diese Sammlungen<br />
unsere Geschichte und unsere heutige<br />
Gesellschaft?<br />
15
Gründe für fehlendes Sammlungs-<br />
konzept oder Sammlungsstrategie<br />
• Unantastbare Autorität der Museen<br />
• „Erfurcht“ vor Konzepten der Vorgänger<br />
• Sich nicht festlegen wollen<br />
• Fehlender Plan für das Sammeln<br />
• fehlendes Budget<br />
• Notwendigkeit der Absprache mit Museen<br />
der Region<br />
16
Sammlungsgrundsätze<br />
Jedes Museum sollte Grundsätze definieren z.B.:<br />
• Sammle so wenig wie nötig, dokumentiere so<br />
viel wie möglich – ergiebiger als das Sammeln<br />
von Einzelobjekten ist das Sammeln von<br />
Dokumentationseinheiten (z.B. Ding + Foto +<br />
Interview + Bibliografie)<br />
Aus: Zielgerichtet Sammeln – Ein Leitfaden für die Bündner<br />
Museen (CH-Ardez 2006)<br />
17
Kriterien für Aufnahme in<br />
Sammlung (Auswahl)<br />
• Passt zu Sammlungsbereich<br />
• Passt zu festgelegtem Einzugsbereich<br />
• Aussagewert für Thema des Museums<br />
• Historischer Wert<br />
• Repräsentativität<br />
• Erinnerungswert<br />
• Sinnvolle Sammlungsergänzung …<br />
Von Möglichkeit der Ablehnung Gebrauch machen<br />
18
Kriterien für Abgabe (Auswahl)<br />
• Qualitätsverbesserung<br />
• Änderung des Sammlungskonzeptes<br />
• Isolierte Position im Bestand<br />
• Passt besser in andere Sammlung<br />
• Fehlendes öffentliches Interesse<br />
• Verminderung der Verwaltungsbelastung<br />
• Objekt ohne Kontext<br />
• Objekt ist defekt …<br />
19
Kriterien gegen Abgabe (Auswahl)<br />
• Zusammenhang erhalten<br />
• Dokument der Sammlungsgeschichte<br />
• Vertrauensbruch gegenüber Schenkern<br />
• Vermutung unbekannter Zusammenhänge<br />
• Gedächtnisverlust<br />
• Archivfunktion<br />
• Zeitgeprägte Entscheidung …<br />
20
Formen der Abgabe<br />
Voraussetzung: geklärte Eigentumsrechte<br />
• Schenkung<br />
• Tausch<br />
• Verkauf an ein Museum<br />
• Verkauf auf freiem Markt<br />
• Entsorgung<br />
Obligatorisch: Abgabevorgang dokumentieren<br />
21
Kritik<br />
• Abgabe muss grundsätzlich tabu bleiben<br />
• Archivfunktion der Museen ist zu wenig<br />
berücksichtigt<br />
• Die Veröffentlichung von Argumenten ist<br />
gefährlich<br />
• Abgabevorgänge sollten nicht öffentlich<br />
stattfinden<br />
• Museen sollten eher mehr Geld zum<br />
Sammeln und Bewahren erhalten …<br />
22
Pilotprojekt in Niedersachsen<br />
Projekt „SAMMELN!“ in Ostfriesland 2005-<br />
2007<br />
• Vorbild „Entsammeln“ in den Niederlanden<br />
• Sammlungsbewertung in 15 Museen<br />
• Austausch von Objekten<br />
• Entsorgung<br />
23
Museumsregistrierung in<br />
Niedersachsen<br />
• 2006 begonnene Museumsregistrierung in<br />
Niedersachsen fordert von jedem<br />
teilnehmenden Museum ein schriftliches<br />
Sammlungskonzept<br />
• Sammlungskonzepte werden verfasst<br />
• Abgabe wird thematisiert<br />
24
Ausblick<br />
• Die Hauptfunktion der Museen ist weiterhin das<br />
Sammeln<br />
• Museen kennen ihre Sammlungsgenese<br />
• Die Museen unterziehen sich einen Prozess der<br />
Sammlungsqualifizierung<br />
• Sammlungskonzepte werden Pflicht<br />
• Die Neubestimmung gibt viel Arbeit für viele junge<br />
Wissenschaftler/innen<br />
• Es wird überraschende neue Erkenntnisse geben<br />
• Ergebnis werden Sammlungen sein, die das Wort<br />
„Kulturerbe“ verdient haben<br />
25
Auf der anderen Seite …<br />
wird es daneben weiterhin eine Reihe von<br />
„Kuriositätenkabinetten“ geben, die mehr<br />
über ihre Sammler als über unsere<br />
Geschichte aussagen<br />
VIELEN DANK für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
26
ei Fragen:<br />
<strong>Hans</strong> <strong>Lochmann</strong><br />
<strong>Museumsverband</strong><br />
für Niedersachsen und Bremen e.V.<br />
Prinzenstraße 23<br />
30159 Hannover<br />
www.mvnb.de<br />
www.museumsregistrierung.de<br />
27
Weiterführenendes:<br />
• GB: Museum Association: Programm<br />
effective collections<br />
• Australien: Sammlungshandbuch<br />
significance<br />
• Graubünden: Leitfaden „Zielgerichtet<br />
Sammeln“<br />
• Dirk Heisig: Ent-Sammeln, Aurich 2007<br />
28