Briefe aus Amerika (1865 - 1906) - Amerikanetz
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In einem zweiten Versuch einige Jahre später machten sich die vier oben genannten Kinder<br />
dieser Familie nach <strong>Amerika</strong> auf in Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Motiv, nämlich<br />
die militärische Wehrpflicht für die Jungen zu vermeiden.<br />
Nichts ist über den europäischen Hintergrund der Familie Hemesath bekannt. Eine sprachlose,<br />
irgendwie verschlossene Haltung, wie sie für viele Emigranten charakteristisch ist, tauchte die<br />
Stellung der Familie in ein äußerstes Nichts. Diese Einstellung ist Fluchthaltung (Escapismus)<br />
genannt worden. Sich von der Heimat und den Lieben loszureißen, brachte Kummer und<br />
Sorgen. Der Leidende konnte diesen gefühlsmäßigen Umbruch am besten bewältigen durch<br />
eiserne Willenskraft und stoische Ruhe. Mit der Zeit ließen neue Abenteuer verbunden mit<br />
Bedrängnissen und Problemen das Heimweh und die Sehnsucht in den Hintergrund treten. So<br />
verloren die genauen Erinnerungen an die Lieben, die man zurückgelassen hatte, ihre Wirkung<br />
ebenso wie die Familientraditionen, und die Nachkommen wurden eines Erbes beraubt,<br />
das sie sich sehr wünschen.<br />
Als die vier Emigranten New York erreichten, ließen sie sich sofort im Einwanderungsbüro<br />
der Vereinigten Staaten registrieren. Ihre Namen erscheinen als Henry, William, Elizabeth<br />
und Frank Hemsath <strong>aus</strong> Asenbrud, Deutschland. Zu den Gründen, nach <strong>Amerika</strong> überzusiedeln,<br />
gehörte auch, daß sie einen Platz zum Leben finden wollen und Mittel, um ihren Lebensunterhalt<br />
zu erwerben.<br />
Ermutigt und angewiesen durch die städtischen Beamten wurden alle vier Deutschen möglicherweise<br />
von der Procter und Gamble Manufacturing Company angestellt, die ihren Sitz in<br />
Cincinnati, Ohio, hatte.<br />
In gleicher Weise unterstützt wurde Catherine Freulingh<strong>aus</strong>, die 1849 <strong>aus</strong> der kleinen Stadt<br />
Glenna bei Hannover, Deutschland, nach <strong>Amerika</strong> gekommen war. Wie sie im Alter von 18<br />
Jahren <strong>aus</strong>wandern konnte, ohne Bekannte oder Verwandte in <strong>Amerika</strong> zu haben, bleibt ein<br />
Geheimnis. Dieses Geheimnis hat Catherine ihr Leben lang gehütet und schließlich mit ins<br />
Grab genommen.<br />
Catherine erfuhr von verschiedenen Arbeitsmöglichkeiten in Cincinnati, Ohio. Sie übernahm<br />
dort eine Stellung als Dienstmädchen in einem Hotel für 50 Ct. pro Tag. Während der fünf<br />
Jahre in dieser Stellung lehrte eine Art Oberaufseherin Catherine die Grundzüge des Sprechens<br />
und Schreibens in der englischen Sprache. Später, nachdem Catherine entdeckt hatte,<br />
daß die Arbeit in der Fabrik besser bezahlt wurde, bewarb sie sich bei der Proctor und Gamble<br />
Manufactoring Company, wo ihr Arbeit am Fließband zugewiesen wurde. Während dieser<br />
Zeit traf sie Henry Hemesath, der als Kutscher bei derselben Gesellschaft angestellt war.<br />
Henry Hemesath und Catherine Freulingh<strong>aus</strong> heirateten 1857. Sie fuhren fort, in der Fabrik zu<br />
arbeiten bis 1858, als ihr Sohn Henry John geboren wurde. Eine Tochter Elizabeth wurde<br />
1860 geboren, und 1862 kamen Zwillingssöhne an. Einer der beiden starb bei der Geburt, der<br />
überlebende wurde John Joseph genannt.<br />
Die Landagentur der Bundesstaaten veröffentlichte Artikel in den Zeitungen des Landes, in<br />
denen Wege und Mittel beschrieben wurden, freies oder billiges Land im Mittleren Westen zu<br />
erwerben. Emigranten, die in den Städten lebten, wurden ermutigt, das Angebot der Regierung<br />
zu nutzen mit dem Versprechen nachfolgender finanzieller Hilfe.<br />
Henry und Catherine Hemesath interessierten sich dafür. Sie hatten bereits Sorgen wegen<br />
ihrer wachsenden Familie, wegen des Lebens in einer Drei-Raum-Bude und wegen der Notwendigkeit,<br />
mehr Geld zu verdienen als den kärglichen Lohn nur eines Broterwerbers.<br />
William und Elizabeth ( Henrys Bruder und Schwester) wurden durch das Angebot von<br />
Farmland ebenso neugierig gemacht. In den 1860er Jahren zogen alle außer Frank <strong>aus</strong>, um<br />
sich denen anzuschließen, die im Mittleren Westen ihre Heimstätten gründen wollten. Frank<br />
blieb zurück, weil er kein Interesse an Farmarbeit hatte und seine Arbeitsstelle bei Procter und<br />
Gamble nicht aufgeben wollte.