09.03.2013 Aufrufe

Briefe aus Amerika (1865 - 1906) - Amerikanetz

Briefe aus Amerika (1865 - 1906) - Amerikanetz

Briefe aus Amerika (1865 - 1906) - Amerikanetz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

erlebt haben und die jetzt nicht mehr möglich sind. Mein größtes Glück und meine größte Freude ist,<br />

daß ich so gute religiöse Dienstleute angetroffen habe. Es ist mir als, wenn ich zu H<strong>aus</strong>e bin, ich kann<br />

es nicht besser verlangen. Mein Herr hat eine Sä- und Mähmaschine und eine dreieckige Egge mit<br />

geraden Zinken. Eine Egge wie bei Euch habe ich hier noch nicht gesehen. Unkraut wächst hier nicht<br />

viel, Quecken gibt es hier gar nicht.<br />

Die Auswanderer, die etwa 12 Jahre hier sind, sind alle reich. Ich bin erst gut zwei Monate hier und<br />

habe schon 37 Thaler gespart. Die Dienstleute, bei denen ich mich vermietet habe, wohnen dicht bei<br />

dem Ort Luxenburg. Die Verdienstmöglichkeiten sind hier sehr groß. Mehr will ich Euch für dieses<br />

mal nicht schreiben. Ich höre gerne von meiner Heimat Osterwick, darum beantwortet meinen Brief so<br />

schnell, wie es Euch möglich ist. Es grüßt Euch alle, auch im Namen Jesu und Maria, Euer Bruder<br />

Anton Bohr 1866.<br />

Inzwischen hatte Anton Bohr seine geliebte „Eliese“ Elisabeth geborene Heimann <strong>aus</strong> Coesfeld geheiratet<br />

und die erste Tochter war schon geboren. Der folgende Brief wurde 3 1/2 Jahre nach der Auswanderung<br />

geschrieben.<br />

So schreibet bitte in aller Kürze wieder Festina, d. 7.3.1869<br />

gelobt sei Jesus Christus<br />

Liebe Tante und Freunde!<br />

Es sind beinahe 3 ½ Jahre verflossen, daß ich von Euch geschieden. Die Freundesliebe drängt mich,<br />

Euch einen Brief zu schreiben. Ich, meine Frau „Elise“ und unser kleines Töchterchen Maria sind Gott<br />

sei Dank recht gesund und zufrieden, und wir danken Gott jeden Tag, daß er uns den Weg nach <strong>Amerika</strong><br />

gezeigt hat und uns hier mit Land, Vieh, H<strong>aus</strong> und Hof gesegnet hat. Ja, meine Teuren, ich muß<br />

laut <strong>aus</strong>rufen, hier ist es dreimal so gut wie bei Euch in Deutschland. Hier hat man mit 20 Schweinen<br />

nicht so viel Arbeit wie bei Euch mit einem Schwein. Ihr Lieben, wir sind jetzt soweit, wir haben 3<br />

Pferde, 5 Kühe, 3 Rinder, 3 Kälber, 5 Schafe, Gänse, Hühner, 18 große Mastschweine und sechs junge<br />

Schweine. Wir haben diesen Winter dreit<strong>aus</strong>end Pfund Schweinefleisch verkauft, hundert Pfund zu 10<br />

Thaler. Die Schweinepreise sind jetzt noch auf 13 Thaler auf 100 Pfund gestiegen. Ich habe so viel<br />

Land unterm Pflug, daß ich zwei Pferdegespanne halten kann. Mein ganzes Land ist guter neuer Boden.<br />

Ich denke, daß ich im Sommer 1500 Bushel Weizen ernten kann. Diese Menge wären nach deutschem<br />

Maß 150 Malter. Ich werde soviel Hafer anbauen, daß ich 2 Gespanne Pferde davon unterhalten<br />

kann. Für die Fütterung von 25 Schweinen werde ich Mais anbauen. In diesem Jahr werde ich 20<br />

Scheffelsaat Gerste anbauen.<br />

Ja, meine Lieben, Ihr werdet wohl denken: Papier ist geduldig, der Anton ist ein Prahlhans. Nein,<br />

meine Teuren, ich würde mir selber leid tun, wenn ich Lügen und Unwahrheiten verbreiten und auch<br />

noch niederschreiben würde. Ich wünschte mir, daß Ihr in unserer Mitte wäret, dann könntet Ihr sehen,<br />

daß ich die Wahrheit geschrieben habe und die Wirklichkeit noch überstiegen wird. In Deutschland<br />

herrscht die Meinung: „Berichte der Auswanderer kommen über das große Meer, jedoch ihre Wahrheit<br />

versinkt in den Fluten.“ Dann heißt es auch, daß es in <strong>Amerika</strong> keine gute Religion und keine guten<br />

Sitten gibt. Ich sage Euch fürwahr: Wir haben hier eine schöne katholische Kirche und Priester die für<br />

uns da sind. Für unsere Kinder haben wir eine gute Schule. Mit dem Pferdefuhrwerk fahren wir zu<br />

einem Ort 1 Std., und zu dem anderem Ort 20 Minuten. In beiden Orten gibt es eine katholische Kirche<br />

und Schule. Wir wohnen so nahe am Markt, daß ich, wenn ich wollte, dreimal am Tag mit einem<br />

Fuhrwerk zum Markt fahren könnte. Die Eisenbahn können wir täglich fahren sehen. Wir sind noch<br />

gerade rechtzeitig an diesem schönen Platz in <strong>Amerika</strong> eingetroffen. Das Land ist in diesen drei Jahren<br />

ungeheuer gestiegen. Ich habe für meinen Grund und Boden 3200 Thaler bezahlt; wenn wir es jetzt<br />

verkaufen würden, bekämen wir 5500 Thaler dafür. Ich konnte bis jetzt jedes Jahr 1000 Thaler sparen.<br />

Und ich sage Euch für wahr, wenn mein Bruder Bernard Bohr, der noch in Eurer Mitte wohnt, zu mir<br />

sagen würde, wir sollten t<strong>aus</strong>chen, ich würde ohne es lange zu bedenken, mit „nein“ beantworten. Ich<br />

würde mit meinem Bruder Bernard in Osterwick nicht mehr t<strong>aus</strong>chen, obschon er eine schöne Bauerei

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!