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4 - Kulturnews

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Mai 2010 // Nr. 235 // kulturnews.de<br />

buch //<br />

„Zehn Tipps, das Morden<br />

zu beenden und<br />

mit dem Abwasch<br />

zu beginnen“<br />

von Hallgrímur Helgason<br />

kino //<br />

„Baarìa“<br />

von Giuseppe<br />

Tornatore<br />

musik //<br />

Amanda<br />

Jenssen<br />

David<br />

Rhodes<br />

Train<br />

Lunik<br />

Marina &<br />

The Diamonds<br />

kulturnews Highlight<br />

Fertig, Los!<br />

Foto: Frank Eidel<br />

Der Takt des Herzens<br />

Toni<br />

Braxton<br />

40 Seiten magazin // platten // bücher // krimispecial // kino // dvds // tourtipps // citymag<br />

Foto: WMG


#05<br />

neu<br />

Jetzt am Kiosk!<br />

GESCHLECHTERSPIEL<br />

Die Folkschwestern CocoRosie verwandeln Stil in Statements<br />

FOALS Die Angst vorm Erfolg und die Folgen<br />

HEIDE NORD Schmerz ohne Pathos: Neue Kunst aus Leipzig<br />

NICO SEMSROTT Der (Anti-)Star des Poetry Slam<br />

FRIEDRICH VON BORRIES Architekt der Zukunft<br />

MASHUP Genial – aber leider nicht legal<br />

KÜNSTLERSTADT BERLIN Aus für das Kreativparadies


musik //<br />

6<br />

Titelstory<br />

Toni Braxton<br />

Der Takt des Herzens<br />

8 Train<br />

Wieder im Gleis<br />

10 Harper Simon<br />

Ganz der Papa<br />

12 David Rhodes<br />

300 Alben später<br />

14 Sophie Hunger<br />

Treib gut<br />

15 Fertig, Los!<br />

Stilvoll fies<br />

16 Amanda Jenssen<br />

Alte Seele<br />

18 Lunik<br />

Auf großer Suche<br />

20 Hamel<br />

Starke Schwächen<br />

21 Tok Tok Tok<br />

Universelle Gefühle<br />

22 Marina And The Diamonds<br />

Unamerikanische Träume<br />

leute //<br />

4 onstage<br />

Bacon Brothers<br />

Joe Bonamassa<br />

Amanda Seyfried<br />

Clemens Meyer<br />

Foto: Steve Double<br />

Foto: Autumn de Wilde<br />

91 Abo 98 Impressum<br />

Tickets, News und<br />

das komplette Kinoprogramm<br />

www.kulturnews.de<br />

kulturnews 5/10 // inhalt 3<br />

Foto: Sony Music<br />

live //<br />

28 Auf Tour<br />

Tipps und Interviews<br />

67 Entertainment<br />

Kabarett, Comedy + Show<br />

Programm-Magazin<br />

35 citymag<br />

Tipps und Termine<br />

aktion //<br />

79 3 Day-Of-Song-Pakete<br />

98 1 Berlin-Weekend-Package<br />

1 Platz in JACK’s Roadie Team<br />

magazin //<br />

68–79 Platten<br />

Pop, Rock + Dance<br />

Foals: „Total Life Forever“<br />

Band Of Horses: „Infinite Arms“<br />

Jazz + Classics<br />

W. Muthspiel & M. Goodrick:<br />

„Live at the Jazz Standard“<br />

80–85 Bücher<br />

Hallgrímur Helgason<br />

Lachen im Keller<br />

Krimi-Special<br />

Josh Bazell: „Schneller als der Tod“<br />

Yishai Sarid: „Limassol“<br />

Jan Seghers: „Die Akte Rosenherz“<br />

86–93 Kino<br />

„The Crazies –<br />

Fürchte deinen Nächsten“<br />

Unsere kleine Mörderstadt<br />

„Baarìa“ Es war einmal in Sizilien<br />

„Vertraute Fremde“ von S. Gabarski<br />

„The exploding Girl“ von B. R. Gray<br />

94–97 DVDs<br />

„Triangle“ von Christopher Smith<br />

Foto: Clare Shilland<br />

_<br />

premium<br />

Selbst wenn sie<br />

schläft, sieht sie<br />

schuldig aus ...<br />

Originalausgabe<br />

_ premium<br />

340 Seiten ¤ 13,90<br />

ISBN 978-3-423-24781-8<br />

Wencke Tydmers hat sich in den USA<br />

als Profilerin ausbilden lassen und<br />

arbeitet jetzt beim LKA in Hannover.<br />

Ihr erster Fall führt sie zu einem<br />

scheinbar klassischen Ehrenmord:<br />

Die Kurdin Shirin Talabani wird erwürgt<br />

aufgefunden. Gegen alle Dienstvorschriften<br />

stürzt sich Wencke in die Ermittlungen.<br />

Denn sie fühlt, dass Shirins Bruder<br />

den Mord nicht begangen hat.<br />

www.dtv.de


4 leute //<br />

Hollywood singt<br />

Bruce Willis liebt es, Kevin Costner auch, Scarlett Johansson, Charlotte<br />

Gainsbourg und Juliette Lewis sowieso, selbst Johnny Depp, Adam<br />

Sandler, Jared Leto, Zooey Deschanel und Joaquin Phoenix können<br />

nicht widerstehen, und auch Minnie Driver, Dennis Quaid oder Robert<br />

Pattinson tun es längst: nein, nicht koksen (das vielleicht auch), sondern<br />

singen. Eher selten beglücken die Hollywoodstars allerdings auch die deutschen<br />

Fans mit Album und Tour. Zu den Ausnahmen gehört Kevin Bacon<br />

(„Mystic River“, „Frost/Nixon“), der gemeinsam mit seinem Bruder Michael<br />

schon seit 1995 die Rockband Bacon Brothers betreibt. Am 21. Mai<br />

kommt ihre CD „New Year’s Day“ in den Handel, ab September marodieren<br />

sie dann durch deutsche Städte. Alle Daten unter www.baconbros.com.<br />

(mw)<br />

Die Falschmacher<br />

Die Jury des Berliner Theatertreffens tut mir leid. Alles machen die sieben Herren und<br />

Damen falsch. Auch dieses Jahr wird wieder auf sie eingeprügelt, zu wenig aus dem Osten<br />

hätten sie vom 7. bis 24. Mai eingeladen, zu wenig Frauen, zu wenig Provinz. Zu wenig avanciertes<br />

Theater, zu wenig Tradition, überhaupt könne man mit einem Festival deutschsprachigen<br />

Theaters die Internationalität der Szene nicht angemessen würdigen. Stimmt ja alles. Was<br />

uns aber nicht daran hindern soll, uns auf Stücke wie Elfriede Jelineks „Die Kontrakte des<br />

Kaufmanns“ (Schauspiel Köln/Thalia Hamburg, unsere Abbildung) zu freuen. Ehrlich. (fis)<br />

Bonamassas Klampfenmassen<br />

Wie wird man eigentlich zu einem der besten Bluesgitarristen der Welt? Anscheinend hängt<br />

das auch mit der Zahl der Gitarren zusammen, die man besitzt. Joe Bonamassa jedenfalls<br />

hat Massen davon angehäuft – doch er legte ja auch schon mit 12 los, als sein Vater ihm<br />

eine maßstabsgetreu verkleinerte Chiquita-Klampfe in die kleinen Hände drückte. Am 8.<br />

Mai wird der New Yorker Saitenstar 33, und das schönste Geschenk,<br />

das man ihm machen kann, ist mit Sicherheit – keine<br />

weitere Gitarre, sondern ein temperiertes, feuchtigkeitsreguliertes<br />

und bewachtes Lagerhaus …<br />

(mw)<br />

kulturnews 5/10<br />

Foto: Hypertension Music<br />

Foto: David Baltzer/bildbuehne.de<br />

Foto: Rick Gould


Comeback des Schmollmunds<br />

Jede Dekade hat ihre Lolitas. Die 70er: Jodie Foster und Nastassja Kinski. Die<br />

80er: Vanessa Paradis und Brooke Shields. Die 90er: Christina Applegate und<br />

Natalie Portman. Im vergangenen Jahrzehnt füllten dann Britney Spears und<br />

Mena Suvari die regelmäßig aufreißende Lücke. Und wer ist es aktuell?<br />

Amanda Seyfried – und das, obwohl die Blonde aus Pennsylvania schon 24<br />

ist. Doch ihre Rollen schwanken höchst Lolita-kompatibel zwischen Kindlichkeit<br />

und Koketterie, ihr Kullerblick erzählt von Unschuld und Verruchtheit, und<br />

Seyfrieds Schmollmund kündet von Babyspeck und Sinnlichkeit zugleich. Ihren<br />

Ruhm aus „Mamma Mia!“ nutzt sie zurzeit geschickt, um sich in den wichtigsten<br />

Genres zwischen Thriller und Schnulze unentbehrlich zu machen. In Atom<br />

Egoyans Meisterwerk „Chloe“ (seit Ende April im Kino) gibt sie mit frühreifer<br />

Perfidie eine Verführerin, die vor keinem Geschlecht und keiner Altersgruppe<br />

Halt macht, und in der Fernbeziehungsschnulze „Das Leuchten der Stille“ (Start:<br />

6. Mai) stürzt sie als Unschuld vom Lande einen Irak-GI ins größte Glück und<br />

(natürlich) die größte Krise. Das Tolle an Seyfried: Auch in den falschen Filmen<br />

macht sie alles richtig. Sie könnte eine Große werden – selbst wenn ihr das<br />

Lolitöse bald abhandenkommt und wir notgedrungen nach der nächsten Nymphe<br />

suchen müssen. (mw)<br />

Foto: Jürgen Bauer<br />

DIESES JAHR BEGINNT DER<br />

SOMMER ETWAS<br />

FRÜHER.<br />

Das Sommeralbum.<br />

HAMEL. NOBODY‘S TUNE.<br />

Ab 14.5. im Handel.<br />

Kostenloser Download zum Kennenlernen<br />

und alle Tourdaten unter: www.hamelmusic.de<br />

Foto: Kinowelt<br />

// leute 5<br />

„Ich glaube, bei Leuten, die sich<br />

bewusst einen Vollbart wachsen lassen,<br />

stimmt irgendwas nicht.“<br />

Der Autor Clemens Meyer zeigt in der Zeitschrift uMag wenig Verständnis für Menschen mit<br />

Gesichtsbehaarung. Meyers neues Buch „Gewalten. Ein Tagebuch“ ist vor kurzem bei<br />

Fischer erschienen.


6 musik // R’n‘B<br />

kulturnews 5/10<br />

Foto: WMG<br />

Toni Braxton<br />

Der Takt des Herzens<br />

R’n’B-Star Toni Braxton muss mal was klarstellen –<br />

zum Beispiel warum Diven toll sind, sie ihre Karriere doch nicht<br />

hingeschmissen hat und am liebsten ihre eigene Realityshow schwänzt.<br />

kulturnews: Ehrlich gesagt, Ms Braxton, habe ich mir bisher ein völlig falsches Bild von<br />

Ihnen gemacht.<br />

Toni Braxton: Was haben Sie denn erwartet?<br />

kulturnews: Eine Diva – und keine nette, total normale Person.<br />

Braxton: Ich verrate Ihnen was: Ich gehöre zu den wenigen Leuten, die den Begriff Diva<br />

durchaus als Kompliment empfinden. Weil ich da keine arrogante Zicke vor Augen habe,<br />

sondern eine selbstbewusste Frau, die ganz genau weiß, was sie will. Wer keinen Kampfgeist<br />

hat, der wird auf Dauer nicht im Musikgeschäft überleben.<br />

kulturnews: Finden Sie nicht, dass zum Beispiel jemand wie Mariah Carey da oft übers<br />

Ziel hinausschießt?<br />

Braxton: Nun, eine Frau muss manchmal ein Stück weit bitch sein, um in einer Männerdomäne<br />

den nötigen Respekt zu kriegen. Aber das darf selbstverständlich kein Dauerzustand<br />

werden.<br />

kulturnews: Trotzdem frage ich mich: Wo sind die Grenzen? Seine gesamte Umgebung zu<br />

terrorisieren ist ja wohl übertrieben, oder?<br />

Braxton: Ach, wissen Sie, als Frau drückt man Ihnen schnell den Stempel „launisch“ auf, bloß<br />

weil Sie sich über irgendwas aufregen. Gibt ein Mann dagegen contra, dann heißt es: Supertyp,<br />

der steht wenigstens zu seiner Meinung. Das ist doch nicht fair!<br />

kulturnews: Hat man Sie denn ständig bevormundet, als Sie Ihre jüngste CD aufgenommen haben?<br />

Braxton: Gott sei Dank nicht. Dass ich keine Newcomerin bin, hat die Sache natürlich enorm erleichtert.<br />

Als gestandene Sängerin werde ich ernst genommen. Überhaupt musste ich mich kein bisschen verbiegen,<br />

um den Vorstellungen meiner Plattenfirma zu entsprechen.<br />

kulturnews: Dennoch kann sich Ihre erste Single „Yesterday“ bisher nicht mit dem Erfolg Ihres Hits „Unbreak<br />

my Heart“ messen.<br />

Braxton: So war das auch gar nicht gedacht. Ich sehe das Lied eher als eine Art Intro, nach dem<br />

Motto: Hey, hier bin ich wieder! Abgesehen davon glaube ich ganz fest an mein Comeback. Das 21.<br />

Jahrhundert gehört nämlich den Diven: Whitney Houston ist zurückgekehrt, Mariah Carey und Mary<br />

J. Blige sind immer noch im Geschäft – jetzt füge ich mich in diese Riege ein.<br />

kulturnews: Ist das ein lang gehegter Wunsch?<br />

Braxton: Nicht unbedingt. Eigentlich wollte ich ja in den Ruhestand gehen.<br />

kulturnews: Sie scherzen!<br />

Braxton: Nein, ernsthaft. Es gab viele Gründe, die dafür gesprochen haben. Zuallererst wurde<br />

bei meinem jüngsten Sohn Diesel Autismus diagnostiziert. Dann bekam ich Herzprobleme.<br />

Meine Krankheit hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Ich traute mich gar nicht mehr, das<br />

Haus zu verlassen, weil ich Angst hatte, diese schlimmen Schmerzen könnten jederzeit wiederkommen.<br />

kulturnews: Wie haben Sie Ihre Panikattacken überwunden?<br />

Braxton: Während meiner Kur lernte ich eine ältere Frau kennen. Obwohl sie gerade ihren<br />

vierten Herzinfarkt hinter sich hatte, war sie unglaublich dynamisch. Ich habe von ihr<br />

gelernt, dass ich einfach leben muss und mich nicht von meiner Furcht einschränken lassen<br />

darf. Jetzt bin ich wieder im Einklang mit meinem Herzschlag – und darum heißt meine<br />

CD „Pulse“.<br />

kulturnews: Sie haben ein typisches R’n’B-Album eingespielt. Dabei müsste Ihnen doch als Pastorentochter<br />

der Gospel wesentlich näherstehen.<br />

Braxton: Jedenfalls war es unmöglich, diesen spirituellen Liedern in meiner Kindheit aus dem Weg


zu gehen … Im Ernst: Ich denke tatsächlich darüber nach, demnächst mit<br />

meinen Schwestern eine richtige Gospelplatte aufzunehmen. Dabei wollte ich<br />

als Teenager unbedingt weltliche Musik hören. Die war bei uns daheim allerdings<br />

absolut tabu. Zum Glück hatte der Fahrer meines Schulbusses immer<br />

sein Radio eingeschaltet. Durch ihn habe ich Steely Dan, Journey oder<br />

Chicago entdeckt. Das war für mich wie eine Erleuchtung.<br />

kulturnews: Und dann haben Sie gegen das Verbot Ihrer Eltern rebelliert?<br />

Braxton: Ich hörte zu Hause heimlich Radio – bis mich meine Mutter dabei<br />

erwischt hat. Das gab ziemlichen Ärger … Erst auf dem College konnte ich<br />

meinen Musikgeschmack frei entfalten. Weil meine Eltern endlich akzeptiert<br />

hatten, dass ich erwachsen war und meinen eigenen Weg gehen wollte.<br />

kulturnews: Haben Sie sich trotzdem ein bisschen von Ihrer religiösen Erziehung<br />

bewahrt?<br />

Braxton: Nun, ich bin seit Jahren nicht mehr in die Kirche gegangen. Ich hatte<br />

immer Schwierigkeiten damit, mir von jemand vorschreiben zu lassen, wie<br />

ich meinen Glauben zu leben habe. Deswegen trenne ich Religion und Spiritualität<br />

strikt voneinander. Ich bin spirituell, aber eben nicht religiös.<br />

kulturnews: Sie sind also das schwarze Schaf der Familie.<br />

Braxton: Ach was! Meine Geschwister ticken ähnlich wie ich. Und auch meine<br />

Eltern haben sich etwas von ihren Traditionen gelöst. Meine Mum wird sogar<br />

mit meinen Schwestern in der Serie „Braxton Family Values“ zu sehen sein.<br />

kulturnews: Das klingt nach einer Realityshow.<br />

Braxton: Genau. Ich selbst werde aber nur sporadisch dort auftreten, weil ich<br />

mich mit diesem Format sehr schwertue. Als ich schwanger war, hatte ich<br />

ein VH-1-Team an meiner Seite. Ich fand es fürchterlich, ständig eine Kamera<br />

in meiner Privatsphäre zu haben. Deswegen nehme ich mich jetzt ein bisschen<br />

zurück.<br />

kulturnews: Hatten Sie denn mehr Spaß daran, vor dem gesetzteren Publikum<br />

in Las Vegas aufzutreten?<br />

Braxton: Sie machen sich ein völlig falsches Bild von Vegas! Die Stadt hat ihre<br />

Rat-Pack-Zeiten längst hinter sich gelassen. Heute zieht sie gerade junge<br />

Leute an, es gibt dort tolle Einkaufsmöglichkeiten und die besten Restaurants<br />

der Welt.<br />

kulturnews: Aber ist es nicht langweilig, Abend für Abend die gleiche Show<br />

abzuspulen?<br />

Braxton: So läuft das nicht! Das Publikum ist ja immer anders, darauf muss<br />

man sehr, sehr spontan reagieren. Wenn ich gemerkt habe, dass etwas nicht<br />

ankam, habe ich mich schnell auf die Wünsche der Zuschauer umgestellt.<br />

Sonst wäre das Konzert ein totaler Reinfall geworden.<br />

Pulse erscheint am 4. Mai.<br />

R’n‘B // musik 7<br />

Interview: Dagmar Leischow<br />

kulturnews 5/10<br />

FAITHLESS<br />

THE DANCE<br />

FAITHLESS<br />

THE DANCE<br />

ALBUM OUT MAY 14<br />

Incl. the Hit Single<br />

“NOT GOING HOME”<br />

LIVE<br />

29.04 - München - Tonhalle<br />

01.05 - Köln - E Werk<br />

02.05 - Berlin - Huxley’s<br />

18.06 - Southside Festival<br />

20.06 - Hurricane Festival<br />

WWW.FAITHLESS.CO.UK<br />

WWW.PIAS.COM


8 musik // Poprock<br />

Train<br />

Wieder im Gleis<br />

Wenn Train-Sänger Patrick Monahan sich weiter so um Kopf und<br />

Kragen redet, könnte die Band auch in Deutschland das werden,<br />

was sie in den USA schon ist: ganz groß.<br />

kulturnews: Patrick, euer Album heißt „Save me, San Francisco“. Wovor soll<br />

die Stadt dich retten?<br />

Patrick Monahan: Wir haben uns 1995 in Los Angeles getroffen, Train gegründet<br />

und schnell beschlossen, dass wir nach San Francisco ziehen. Weil<br />

die Stadt nicht so überfüllt ist mit Leuten, die dasselbe wollen wie wir. Die<br />

Entscheidung war damals goldrichtig, die Stadt war stets wundervoll zu uns.<br />

Uns fiel das anfangs nicht in den Schoß mit der Musik, wir hatten echt zu<br />

kämpfen, aber es waren die Bewohner von San Francisco, die unsere Band am<br />

stärksten unterstützten. Und als wir 2001 diesen Megahit mit „Drops of Jupiter“<br />

hatten, dachten wir, wir hätten es geschafft und zogen zurück nach L. A.<br />

kulturnews: Blöder Fehler …<br />

Monahan: Genau. Mittlerweile sind wir wieder zurück, und mit diesem Album<br />

wollen wir San Francisco, dem wir so viel verdanken, unsere Referenz<br />

erweisen. Und wir bleiben nun hier, das kann ich versprechen.<br />

kulturnews: Die neuen Songs hören sich frisch an. Eine Rückkehr zur alten<br />

Form?<br />

Monahan: Sehr richtig! Wir hatten vor dieser Platte eine Pause von vier Jahren,<br />

wir mussten zu uns kommen. Wir haben viele Fehler gemacht, uns zum<br />

Beispiel nach „Drops of Jupiter“ nicht mehr um Europa gekümmert, wir waren<br />

nicht mehr bei euch auf Tour. Wir dachten, alles läuft jetzt von selbst so<br />

weiter. Tat es natürlich nicht. Also musste ein neuer Anfang her. Und neue<br />

Grundregeln.<br />

kulturnews: Welche Regeln waren das?<br />

Monahan: Entspannen. Damit aufhören, krampfhaft Hits schreiben zu wollen.<br />

Das wird nämlich nie was. Stattdessen schrieben wir fröhlich drauflos, und<br />

auf einmal hatten wir „Hey, Soul Sister“, unseren möglicherweise größten Hit<br />

aller Zeiten.<br />

kulturnews: Klingt trivial.<br />

kulturnews 5/10<br />

Monahan: Ist aber so. Jedes Mal, wenn ich probiert habe, ein Lied auf Erfolg<br />

und auf Radioeinsätze zu trimmen, ging das voll in die Hose. Was ich den<br />

Hörern nicht verübeln kann. Wie sollen die etwas ins Herz schließen, das nicht<br />

von Herzen kommt? Ich bin ein Popsänger, ich liebe Popsongs, die auf der<br />

ganzen Welt gehört werden. Aber auch Mainstreampop kann, darf und muss<br />

Klasse haben.<br />

kulturnews: In „Hey, Soul Sister“ schwärmst du von der Band Mr. Mister, die<br />

vor 25 Jahren mit „Broken Wings“ einen Welthit hatte und schon damals als<br />

uncool galt.<br />

Monahan: Ich war 16 und habe diesen Song und diese Band über alles geliebt.<br />

Train waren außerdem auch nie die coolsten Kids von nebenan.<br />

kulturnews: Hat dich das je gestört?<br />

Monahan: Eine Zeit lang haben wir uns danach gesehnt, cool und angesagt<br />

zu sein. So ein Quatsch! Heute sind wir stolz darauf, wer wir sind. Wir verrenken<br />

uns nicht mehr. Wir geben uns mit dem zufrieden, was wir haben,<br />

und sind nicht mehr neidisch auf die Trendykids. Was uns wiederum cooler<br />

macht, denke ich …<br />

kulturnews: Du bist 41. Macht dich auch das Alter ruhiger?<br />

Monahan: Ach, alt werden ist Mist, aber die Alternative ist sterben, und das will<br />

ich erst recht nicht. Nein, ich habe nicht vor, jung von dieser Welt zu verschwinden.<br />

Zum Glück erlaubt es mir mein Beruf, mich ungefähr wie 24 zu benehmen.<br />

kulturnews: Guckt man sich deine Texte näher an, dann scheinst du ein Vollblutromantiker<br />

zu sein.<br />

Monahan: Danke. Man gibt sich Mühe. Meine Frau, wie alle Frauen auf diesem<br />

Planeten, verdient einen romantischen Mann. Als Musiker und Mensch tue<br />

ich mein Bestes. Ob ich damit Erfolg habe, weiß ich nicht.<br />

kulturnews: Du bist also bereits glücklich verheiratet. An wen wendest du<br />

dich denn im Song „Marry me“?<br />

Monahan: An alle Frauen, mit denen ich nicht verheiratet bin. Wir Männer verlieben<br />

uns an jeder Straßenecke. Im Kopf überlegen wir uns dann, wie es<br />

wäre, diese Frau zu einer Tasse Kaffee einzuladen und sie nach einer Minute<br />

zu fragen, ob sie uns heiraten möchte.<br />

kulturnews: Okay, ich nehme das mit dem Vollblutromantiker zurück … Du<br />

scheinst mir eher der Tiger Woods des Softrock zu sein.<br />

Monahan: Oh nein! Der war ich mal, in einem früheren Leben. Meiner Frau<br />

Amber bin ich zu hundert Prozent treu. Kleine Fluchten in die Welt der wilden<br />

Affären erlaube ich mir höchtens noch in meiner Musik.<br />

Interview: Steffen Rüth<br />

Save me, San Francisco erscheint Ende April.<br />

Von Herzen uncool: Patrick Monahan (M.) mit Bandkollegen<br />

Foto: Mark Holthusen


»HAPPYLAND«<br />

Der Newcomer-Geheimtipp mit der Hammerstimme –<br />

Amanda Jenssen, eine alte Seele in einem jungen Körper!<br />

FolgeAmandaJensseninsHAPPYLAND und gewinne<br />

eine Reise nach LAS VEGAS!<br />

Mehr Infos und Musik unter www.amandajenssen.de<br />

Album »HAPPYLAND« ab 07.05.2010 überall!


OUT NOW<br />

JOE BONAMASSA BLACK ROCK<br />

“SO UNANGESTRENGT, SO KREATIV UND<br />

DOCH SO UNVERWECHSELBAR WURDE DER<br />

BLUES LANGE NICHT MEHR GESPIELT.”<br />

STEFAN WOLDACH<br />

JOEBONAMASSAONTOUR:<br />

04.06 MAGIC BIKE - RUEDESHEIM<br />

05.06ULMERZELT-ULM<br />

15.07 TOLLWOOD - MÜNCHEN (MIT JEFF BECK)<br />

19.07MUSEUMSMEILE-BONN(MITJEFFBECK)<br />

20.07 HOHNBERGSOMMER - TUTTLINGEN<br />

Vö.2.APRIL<br />

PHILIP SAYCE INNEREVOLUTION<br />

WHERE BLUES MEETS ROCK<br />

DISTRIBUTION: ROUGHTRADE<br />

WWW.PROVOGUERECORDS.COM<br />

WWW.MYSPACE.COM/PROVOGUERECORDS<br />

PRD 7307 2<br />

PRD 7300 2<br />

SOUVERÄN, VIRTUOS UND DENNOCH<br />

ZUGÄNGLICH: PACKENDER LASSEN SICH DIE<br />

KLANGWELTEN VON LENNY KRAVITZ, JIMI<br />

HENDRIX UND STEVIE RAY VAUGHAN NICHT<br />

UNTER EINEN HUT BRINGEN.<br />

DANIEL BÖHM<br />

ROCKS, AMM UND GUITAR PRÄSENTIEREN:<br />

PHILIP SAYCE & BAND ON TOUR:<br />

15.05 USLAR - KULTURBAHNHOF / 16.05 BERLIN -<br />

LIDO/17.05BREMEN-MEISENFREI/18.05KÖLN-<br />

UNDERGROUND/19.05ASCHAFFENBURG-COLOS<br />

SAAL/20.05HEIDELBERG-SCHWIMMBADMUSIK<br />

CLUB/21.05A-VELDEN-BLUSIANA/27.05CH-BASEL-<br />

GRAND CASINO / 28.05 MÜNCHEN - BACKSTAGE<br />

Vö. 16. APRIL<br />

DE STAAT WAIT FOR EVOLUTION<br />

CGR 7309 2<br />

“DE STAAT KLINGEN ALT UND NEU, VERRÜCKT<br />

UND BEKANNT, SCHMUTZIG UND SEXY, TOT UND<br />

LEBENDIG ZUR GLEICHEN ZEIT. ES IST SO ALS<br />

WÜRDEN ELVIS, TOM WAITS UND DIE QUEEN OF<br />

THE STONE AGE GEMEINSAM URLAUB MACHEN.”<br />

3VOOR12-GRÖSSTES NIEDERLÄNDISCHES<br />

ALTERNATIVE MAGAZIN ÜBER DE STAAT<br />

VISIONS UND WESTZEIT PRÄSENTIEREN:<br />

DESTAATLIVEINCONCERT<br />

03.04DORTMUND-FZW(VISIONSPARTY)<br />

06.05 OSNABRÜCK - KLEINE FREIHEIT<br />

07.05 OBERHAUSEN - ZENTRUM ALTENBERG<br />

08.05KÖLN-MTC<br />

WWW.COOLGREENRECORDINGS.COM<br />

10 musik // Folkpop<br />

Harper Simon<br />

Ganz der Papa<br />

Harper Simon legt sein Debütalbum in<br />

einem Alter vor, in dem andere bereits<br />

auf Oldiepartys spielen. Der Grund heißt<br />

Paul – und ist sein Vater.<br />

Harper Simon ist wütend und lässt Dampf ab.<br />

„Ich habe leider keinerlei Kontrolle darüber, was<br />

manche Journalisten für einen Dreck ablassen“,<br />

wettert er und wirkt plötzlich gar nicht mehr so<br />

entspannt, wie man es seinem Naturell nachsagt.<br />

Es ist halt immer das Gleiche: Harper Simon versucht<br />

sein Debütalbum zu thematisieren – und<br />

bekommt stets Fragen über Papa Paul serviert.<br />

„Es haben tolle Musiker mitgespielt, es war ein<br />

toller Prozess für mich. Ich weiß nur nicht, warum<br />

alle immer über meinen Vater schreiben, wo er<br />

doch für diese Platte so gut wie keine Relevanz<br />

kulturnews 5/10<br />

besitzt“, zetert Harper. Und er habe seinen Vater<br />

bitte sehr auch nicht als 12-Jähriger auf dessen<br />

„Graceland“-Tour begleitet, wie der Spiegel kürzlich<br />

aus dem Internet abschrieb.<br />

Wahr ist aber, dass der heute 38-Jährige eine<br />

interessante künstlerische Entwicklung durchlaufen<br />

hat. Nicht schnell, aber eigen. Als Spross<br />

eines der stilprägendsten Folkies der 60er verbot<br />

es sich schließlich quasi qua Geburt von selbst,<br />

die Akustische zu klampfen, geschweige auch noch<br />

dazu zu singen. Er wäre natürlich sofort als Papas<br />

Plagiat medial gesteinigt worden. Also studierte<br />

Harper Musik, statt sie zu spielen, verweigerte sich<br />

dem Folksound und hörte sich woanders um. Vornehmlich<br />

bei den Ramones, Blondie und Television.<br />

„Ich war gerade mal zwei Jahre an der Uni<br />

und mit meinen Gedanken eigentlich ganz woanders“,<br />

gesteht er. Sein Handwerkszeug hat er<br />

trotzdem mitbekommen: Harmonielehre, Gehörbildung,<br />

Notation. Gitarre hatte er ja schon als<br />

Kind gelernt, sie aber lieber nur heimlich gespielt.<br />

Jahrelang lud der Promisohn auf der winzigen<br />

Bühne des Club Largo in Los Angeles zu seiner<br />

„Harper Simon & Friends“-Show, bei der ihn an-


fangs Papas Freunde wie Benmont Tench, Gillian<br />

Welch und David Rollins unterstützten. „Ich spielte<br />

mittwochs und samstags, viele Monate lang“, erinnert<br />

sich Simon. „Der Raum war ziemlich klein,<br />

aber die Konzerte immer rappelvoll. Ich hatte drei<br />

Gäste pro Show, aber dadurch heute einen guten<br />

Draht zur Musikszene“, sagt Junior stolz. Das zeigt<br />

auch sein Debüt, für das er eine exzellente Riege<br />

hochkarätiger Studiomusiker anheuern konnte –<br />

unter der Aufsicht von Produzent Bob Johnson,<br />

der pikanterweise bereits für Simon & Garfunkels<br />

„Sound of Silence“ an den Reglern saß.<br />

Als Gast schaute Kumpel Sean Lennon vorbei.<br />

„Uns verbindet eine lange Freundschaft“, berichtet<br />

Simon. Und wittert sofort neue Kritik. „Bestimmt<br />

gibt es wieder Journalisten, die daraus ein Projekt<br />

reicher Promisöhnchen machen.“ Nun, schlimmer<br />

wäre wohl ein Duett mit Arthur James gewesen,<br />

dem Sohn von Art Garfunkel … Natürlich steht<br />

die Frage des privilegierten Slackers im Raum, der<br />

jahrelang auf Papas Kreditkarte durch die Welt<br />

reist, es sich gutgehen lässt und 38 werden muss,<br />

ehe er sein Debüt hinkriegt. Am Know-how kann<br />

es kaum gelegen haben. Schließlich erklärte der<br />

kleine Harper bereits als vierjähriger Dreikäsehoch<br />

Folkpop // musik 11<br />

mit seinem Daddy in der Sesamstraße, wie man<br />

eine Platte aufnimmt. „Es ist eine Sache, ein Album<br />

aufzunehmen“, seufzt er, „und eine andere,<br />

seinen Platz in der Musikwelt zu finden.“ Den hat<br />

er jetzt gefunden. Harper Simon steht ab sofort<br />

für verträumte, sanfte Songs zwischen Tradition<br />

und Moderne, zwischen Pop, Rootsrock und Americana-Flair.<br />

„With a steel guitar and a microphone/I<br />

hope that you will find your way“, singt er in<br />

„Shooting Star“. Ist ihm zu wünschen.<br />

Starthilfe hat er auch noch bekommen, obwohl<br />

er diesen special guest am liebsten verschwiegen<br />

hätte: Papa Paul. „Ich hätte nie vermutet, dass er<br />

ins Studio kommt, noch hätte ich ihn von mir aus<br />

darum gebeten mitzumachen“, schwört Junior.<br />

Doch ganz am Ende, beim letzten Song, lässt Harper<br />

ihn dann doch noch raus, den Sound des Seniors,<br />

in der Akustikgitarrenballade „Berkeley Girl“.<br />

Erstaunlich, wie ähnlich Harper Paul plötzlich<br />

klingt. Wenn er will.<br />

Stefan Woldach<br />

Harper Simon erscheint am 7. Mai.<br />

Foto: Autumn de Wilde<br />

kulturnews 5/10<br />

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12 musik // Artrock<br />

David Rhodes<br />

300 Alben<br />

später<br />

Der Gitarrist David Rhodes prägt seit<br />

25 Jahren den Sound von Peter Gabriel,<br />

und das schlägt sich auch in seinem<br />

brillanten Soloalbum „Bittersweet“ nieder.<br />

Auf Gabriel ist er dennoch im Moment<br />

nicht gut zu sprechen.<br />

kulturnews: David, ein Freund von mir hat deine<br />

CD gehört und gesagt: „Mann, das klingt wie das<br />

beste Peter-Gabriel-Album seit zwei Dekaden!“<br />

Ist das unvermeidlich, wenn man seit 25 Jahren<br />

für Gabriel arbeitet?<br />

David Rhodes: Sehr schmeichelhaft. Ich bin aber<br />

definitiv kein Klon, ein genauer Vergleich zwischen<br />

uns würde das sehr deutlich machen. Aber sind<br />

kulturnews 5/10<br />

wir nicht eh alle geprägt von unseren Genen und<br />

der Umgebung?<br />

kulturnews: In Wahrheit bist du wahrscheinlich<br />

heimlich verantwortlich für das ganze Peter-Gabriel-Ding.<br />

Hier ist deine Chance, dieses Riesenmissverständnis<br />

endlich aufzuklären …<br />

Rhodes: Hmm, würde ich mir das wünschen?<br />

Eher nicht. Andererseits wäre es schon schön,<br />

wenn ich mehr wäre als nur ausführendes Organ<br />

seiner Kreativität.<br />

kulturnews: Gabriel hat sein aktuelles Coveralbum<br />

„Scratch my Back“ erstmals seit einem Vierteljahrhundert<br />

ohne dich aufgenommen. Erinnerst<br />

du dich daran, wie er dir das beigebogen hat?<br />

Rhodes: Das hat alles sehr langsam angefangen,<br />

und ich war in seine Pläne eingeweiht, da gab<br />

es also nichts beizubiegen. Kurz nach Ankündigung<br />

der Tour wurde die alte Garde allerdings in<br />

einer ziemlich förmlichen Mail darüber informiert,<br />

dass unsere Dienste nicht benötigt würden. Ich<br />

empfand das als schäbig.<br />

kulturnews: Dann bin ich mal gespannt, ob ihr<br />

eure Zusammenarbeit fortsetzt … Träumt eigentlich<br />

jeder Studiomusiker davon, selbst irgendwann<br />

als Star im Rampenlicht zu stehen?<br />

Rhodes: Jeder hat mal das Gefühl, nicht genug<br />

gewürdigt zu werden. Ich weiß aber nicht, ob man<br />

das mit dem Wunsch verwechseln sollte, ein Star


zu sein. Du müsstest dein komplettes Verhalten<br />

ändern – der Letzte sein, der das Hotel verlässt,<br />

lang aufbleiben wegen Proben und Soundchecks,<br />

all so was.<br />

kulturnews: Neben deinem Gitarrenspiel für unzählige<br />

Künstler arbeitest du auch als Sänger, Produzent<br />

und Komponist. Gibt es eigentlich künstlerische<br />

Felder, vor denen du zurückschreckst?<br />

Rhodes: Man sollte niemals Angst davor haben,<br />

etwas Neues auszuprobieren. Gleichwohl gibt es<br />

für mich eine Grenze: das Improvisieren. Ich mag<br />

Jazz, habe mich aber noch nicht in der Lage<br />

gefühlt, da mitzumachen.<br />

kulturnews: Als du dein Soloalbum angingst, hast<br />

du mal erwogen, eine Art Patchwork deiner Fähigkeiten<br />

auszubreiten, die sich bisher hinter all den<br />

großen Namen verstecken mussten?<br />

Rhodes: Ich habe die Songs zwar über einen größeren<br />

Zeitraum zusammengestellt, aber es klingt<br />

nicht nach einem Patchwork. Das Album soll kein<br />

Schaufenster für meine beschränkten Fähigkeiten<br />

sein, sondern einfach nur ehrliches Singen und<br />

Gitarrieren …<br />

kulturnews: Du spielst auf fast 300 Alben. Eins davon<br />

ist Scott Walkers rätselhaftes Werk „Tilt“. Ist<br />

es eigentlich immer wichtig für einen Studiomusiker,<br />

das Ziel einer Komposition komplett zu verstehen,<br />

um seinen Part bestmöglich zu bewältigen?<br />

Artrock // musik 13<br />

Rhodes: Uff, darüber habe ich noch nie nachgedacht<br />

… Für mich ist „Tilt“ jedenfalls nicht rätselhaft.<br />

Es ist ein sehr wagemutiges Album, und ich<br />

bin glücklich, dabei gewesen zu sein. Aufregender<br />

Stoff! Scott sagt dir, welcher emotionale Grundton<br />

ihm vorschwebt, und er tut das oft sehr plastisch.<br />

Es war ein großes Vergnügen und eine Herausforderung,<br />

für ihn zu arbeiten.<br />

kulturnews: Du kommst jetzt mit sehr melodischem,<br />

softem Progrock um die Ecke, mit sehr eingängigen<br />

Songs wie „Monster Monster“ oder „Reality<br />

slips“. Was würde es dir bedeuten, wenn Peter<br />

Gabriel einen davon auf „Scratch my Back Part<br />

2“ covern würde?<br />

Rhodes: „Melodischer, softer Progrock“: mein Gott,<br />

was für eine Schublade … Nun, ich würde den<br />

Einkommensschub sicher freudig begrüßen – und<br />

ihn dann zu einem tollen Dinner einladen.<br />

Interview: Matthias Wagner<br />

Tour 1. 5. Münster, 2. 5. Köln, 3. 5. Aschaffenburg,<br />

4. 5. Stuttgart, 6. 5. Karlsruhe, 11. 5. Hamburg,<br />

13. 5. Berlin<br />

Bittersweet ist über die Website<br />

www.davidrhodes.org erhältlich.<br />

Foto: Music Matters<br />

kulturnews 5/10<br />

08.06. BERLIN / POSTBAHNHOF<br />

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25.05. Nürnberg / Löwensaal<br />

26.05. Potsdam / Waschhaus<br />

27.05. Bremen / Modernes<br />

28.05. Hannover / Capitol<br />

29.05. Leipzig / Halle 2<br />

30.05. Berlin / Astra<br />

01.06. Dortmund / FZW<br />

02.06. Linz / Posthof<br />

03.06. Augsburg /Kantine<br />

05.06. Stuttgart / LKA Longhorn<br />

06.06. Worms / Jazz + Joy Festival<br />

07.06. Köln / Live Music Hall<br />

08.06. Ulm / Ulmer Zelt<br />

07.09. Trier / Ex-Haus Open Air Bühne<br />

08.09. Offenbach/Main / Capitol<br />

09.09. K‘lautern / Kammgarn<br />

10.09. Haslach / Stadthalle<br />

11.09. Bonn / Museumsplatz<br />

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präsentiert ////////////////


14 musik // Chansonpop<br />

Sophie Hunger<br />

Treib gut<br />

Die Schweizerin Sophie Hunger hat kein Ziel – und findet trotzdem<br />

immer dorthin. Das Porträt einer Musikerin, die nicht mal weiß,<br />

was das ist.<br />

Vielleicht wird die Veränderung, die Sophie Hunger in den letzten ein, zwei<br />

Jahren durchlebt hat, am deutlichsten beim direkten Vergleich der Songtitel.<br />

Sang sie auf ihrem zweiten Album „Monday’s Ghost“ 2008 noch den „Walzer<br />

für niemand“, so stimmt sie nun den „Lovesong to everyone“ an. Umarmt<br />

die spröde Songschreiberin also jetzt die ganze Welt?<br />

„Sicher“, sagt Sophie Hunger, „bin ich nicht mehr ganz so stark in mich gekehrt.<br />

Doch je stärker und selbstbewusster ich mich nach außen richte, desto<br />

mehr fällt das auch wieder auf mich selbst zurück.“ Sie verweist auf das<br />

Covermotiv ihres neuen Albums „1983“. Darauf hält sie die Hände wie zwei<br />

Pistolen: Die rechte auf den Betrachter, die linke an die eigene Schläfe. Inspiration<br />

war das Bild „Du oder ich“, auf dem sich die österreichische Malerin<br />

Maria Lassnig als nackte alte Frau in gleicher Pose präsentiert. „Ich liebe das<br />

Bild, aber der Titel ist falsch“, behauptet sie. „Für mich bedeutet es ,Du UND<br />

ich‘. Denn wenn ich auf jemanden schieße, dann treffe ich auch mich selbst.“<br />

Wer sich mit der in Bern als Diplomatentochter geborenen und seit früher<br />

Kindheit umhergereisten Musikerin unterhält, wird nicht immer schlau aus<br />

ihren Aussagen – in dieser Hinsicht ist sich Sophie Hunger treu geblieben.<br />

Sie begreift sich selbst als wandelnden Widerspruch. „Ich habe meine Widersprüche<br />

akzeptiert“, sagt Hunger, „denn ich habe verstanden, dass ich sie nicht<br />

verhindern kann und dass sie zu mir gehören.“ Auch Musikmachen ist für<br />

diese Frau ein Rätsel. Und zwar eines, dessen Geheimnisse sie gar nicht ergründen<br />

möchte. Sie tut es einfach. Vor gut fünf Jahren nahm sie ihre erste<br />

Demokassette auf, machte sich in der kleinen Schweiz schnell einen Namen<br />

und begann live aufzutreten. Das Studium ließ sie sausen, sie schien ihre Be-<br />

kulturnews 5/10<br />

stimmung gefunden zu haben. Oder? „Ich weiß nicht, ob ich wirklich eine<br />

Musikerin bin“, sagt Hunger. „Ich weiß auch nicht, wie Songschreiben geht.<br />

Ich glaube, es wäre das Ende, wenn ich die Wegbeschreibung dorthin finden<br />

würde. In der Musik braucht man keine Regeln, man braucht nur Freiheit.“<br />

Sophie Hunger ist eine Frau, die sich treiben lässt und keine Angst dabei<br />

empfindet, wenn sie nicht weiß, wo sie landet. Ihre liebste Freizeitbeschäftigung<br />

ist anlassunabhängiges Zugfahren, während dessen sie am liebsten gar<br />

nichts macht außer aus dem Fenster zu schauen. Bei den neuen Stücken,<br />

die sie zumeist während der langen letztjährigen Tournee verfasste, hat sich<br />

Hunger stilistisch noch breiter aufgestellt. Pop, Volkslied, Folk, Jazz und Chanson<br />

sind allesamt noch vertreten auf „1983“, auch ihren vier Sprachen (Hochdeutsch,<br />

Schweizer Mundart, Englisch, Französisch) hält sie die Treue. Neu<br />

in Sophies Welt sind jedoch die Beats, das HipHoppige, etwa im Stück „Invisible“.<br />

„Zum ersten Mal habe ich ein Album selbst produziert und dabei<br />

einfach diese Lust verspürt, an den Beats herumzuschnipseln. Das hat mir<br />

Spaß gemacht.“<br />

Sie macht im Gespräch einen eher sanften Eindruck, kann aber auch<br />

fuchtig werden – noch so ein Kontrast. Als Hunger den Text ihres Liedes<br />

„Your personal Religion“ erklärt, in dem sie sich sehr über Menschen aufregt,<br />

die „nach ihren eigenen, egoistischen Regeln leben“, fliegen einem die nicht<br />

druckbaren Worte nur so um die Ohren.<br />

Dafür, dass ihre Musik vergleichsweise unkommerziell ist, hat Sophie<br />

Hunger großen Erfolg. „Monday’s Ghost“ verkaufte sich 60 000-mal, es war<br />

außer in der Schweiz vor allem in Frankreich und Deutschland erfolgreich.<br />

„1983“ stieg vor kurzem direkt auf Rang eins der Schweizer Albumcharts<br />

ein. Dass der Titel – ihr Geburtsjahr – kein Statement à la „Generation Sophie“<br />

sein soll, versteht sich von selbst. „Jeder, der 1983 geboren ist, ist typisch<br />

– und nicht typisch für 1983. Die Summe ist der Typus.“<br />

Ein typischer Sophie-Hunger-Satz.<br />

Steffen Rüth<br />

Tour 17. 5. Frankfurt, 18. 5. Leipzig, 19. 5. Hannover, 22. 5. Bremen, 23. 5. Köln,<br />

27. 5. Berlin, 28. 5. Dresden, 29. 5. Ulm, 30. 5. Ludwigsburg<br />

1983 erscheint Ende April.<br />

Foto: Indigo


Fertig, Los!<br />

Stilvoll fies<br />

Julia Viechtl, Philipp Leu und Florian Wille von Fertig, Los! spielen<br />

gewieften Deutschpop und studieren nebenbei – aber nur unter<br />

einer Bedingung.<br />

kulturnews: Florian, Philipp, warum braucht ihr eigentlich Synchronfrisuren?<br />

Florian Wille: Wir wollen, dass es auch optisch eine sinnvolle Einheit ergibt.<br />

Wenn wir da mit unseren Trainingsjacken ständen, würde vermutlich niemand<br />

solche Musik dahinter vermuten, wie wir sie machen. Wir haben auch sehr<br />

viel Wert darauf gelegt, wie unser Album aussieht, wie wir uns optisch präsentieren<br />

wollen. Nämlich mit rosa und schwarzen Dreiecken auf dem Cover<br />

und Julia ohne Nase.<br />

kulturnews: Lieder und Haare wirken inspiriert von den 80ern.<br />

Philipp Leu: Ohne Zweifel. Bei mir waren Depeche Mode sehr prägend, aber<br />

auch Devo. Wir haben auch viel mit 80er-Equipment aufgenommen.<br />

kulturnews: Euer zweites Album klingt poppiger als das drei Jahre alte Debüt<br />

„Das Herz ist ein Sammler“.<br />

Leu: Ja. Unser Stil hat sich geändert, seitdem unser Gitarrist ausgestiegen ist.<br />

Der kam eher aus der Hardrockfraktion. Seit ich selbst die ganzen Gitarren<br />

spiele, ist der Sound androgyner und feingliedriger geworden. Wir haben keinen<br />

Bock mehr gehabt auf Gibson-Gitarre mit Marshall-Verstärker. Das ist der<br />

Ultraprolosound, bei dem ich kotzen könnte. Wir haben eine komplett Marshall-<br />

und Gibson-freie Platte aufgenommen. Weil wir es gern stilvoll mögen.<br />

kulturnews: Weniger stilvoll, nämlich richtig gemein ist die Art und Weise, auf<br />

die du im Text des Titelstücks Schluss machst. Ist das wirklich so passiert, dass<br />

du dir von deiner Freundin, von der du dich trennen wolltest, Konzertkarten<br />

hast schenken lassen, mit ihr beim Konzert warst und ihr es erst danach gesagt<br />

hast?<br />

Leu: Ja, das war schon blöd … Ich steckte damals echt in der Zwickmühle<br />

zwischen Etikette und dem Drang, meinen Gefühlen aus dem Weg zu gehen.<br />

kulturnews: Ihr seid vor drei Jahren gut gestartet, habt 200 Konzerte gespielt,<br />

aber dann war es lange still um euch. Wo steht ihr?<br />

Leu: Man fängt immer wieder von vorne an, das gilt auch für größere Bands<br />

wie die Sportfreunde oder Wir Sind Helden. Man fragt sich immer wieder<br />

Dinge wie: Spielt uns das Radio oder spielt es uns nicht? Wir fühlen uns<br />

nicht etabliert.<br />

kulturnews: Kann man davon leben?<br />

Leu: Reich werden kann man nicht. Aber man kommt auf Tour nicht zum<br />

Geldausgeben. Du kriegst Essen, hast einen Kühlschrank mit Bier und am<br />

nächsten Morgen Frühstück. Das ist ein Leben, für das andere Leute Geld bezahlen<br />

würden. Oder du fliegst mal schnell für ein paar Interviews nach Berlin.<br />

Was auch cool ist. Nebenbei studieren wir aber auch noch.<br />

kulturnews: Was denn?<br />

Wille: Ich studiere Medizin. Mir macht es auch echt Spaß, mich mit meinem<br />

Studium zu beschäftigen. Natürlich hat man nicht so viel Zeit zu lernen wie<br />

die meisten anderen, aber solange mich niemand rausschmeißt, will ich das<br />

gerne weitermachen. Julia studiert Grundschullehramt mit Hauptfach Musik.<br />

Leu: Ich studiere Kunstgeschichte und beschäftige mich speziell mit Rumänien.<br />

kulturnews: Wieso ausgerechnet Rumänien?<br />

Leu: Meine Eltern sind Rumänen, sie sind unabhängig voneinander vor dem<br />

Kommunismus geflohen und haben sich in Deutschland kennengelernt. Ich<br />

bin also früh schon mit politischen Fragen konfrontiert worden. Mein Vater ist<br />

damals über die Türkei geflohen, meine Mutter musste ihre Mutter in Rumänien<br />

zurücklassen und hat sie 15 Jahre lang nicht gesehen. Du kannst dir<br />

das gar nicht vorstellen. Die dürfen ja nichts mitnehmen, was ihnen wichtig<br />

ist, denn sonst wärst du aufgefallen: Du gehst also mit dem Koffer weg und<br />

kommst nicht wieder.<br />

Wille: Unserem Manager mussten wir übrigens versprechen, dass wir mit<br />

dem Studieren aufhören, falls wir in die Top Ten kommen.<br />

Pläne für die Zukunft ist ab Mitte Mai erhältlich.<br />

Deutschpop // musik 15<br />

Auf die Plätze: Florian Wille, Julia Viechtl, Philipp Leu<br />

Foto: Frank Eidel<br />

Interview: Steffen Rüth<br />

kulturnews 5/10


16 musik // Retropop<br />

Amanda Jenssen<br />

Alte Seele<br />

Retropop aus Schweden: Amanda Jenssen (21) kann sich<br />

locker mit Duffy & Co. messen. Sie muss nur noch ein kleines<br />

Imageproblem lösen.<br />

kulturnews: Amanda, wer bei einer Castingshow antritt, hat schnell einen<br />

schlechten Ruf …<br />

Amanda Jenssen: Äh … ja. Was meine Teilnahme bei „Idol“ betrifft: Ich habe<br />

mich nicht freiwillig beworben. Ein Freund hat mich einfach angemeldet. Mir<br />

blieb also gar nichts anderes übrig, als mitzumachen.<br />

kulturnews: Du hättest auch ablehnen können.<br />

Jenssen: Hab ich aber nicht … Wäre auch ziemlich dumm gewesen, so eine<br />

Chance sausen zu lassen. Aber es stimmt: Ich hatte vorher gewisse Vorbehalte<br />

gegen diese Show. Weil ich geglaubt habe, eine Musikerin wie ich gehört<br />

da eigentlich nicht hin. Ich sehe mich nämlich in erster Linie als Songwriterin<br />

und nicht als Interpretin.<br />

kulturnews: Ich könnte mir vorstellen, dass du dich während des gesamten Wettbewerbs<br />

unwohl gefühlt hast.<br />

Jenssen: Nein. Ich habe mir ganz fest vorgenommen, keinesfalls meinen Stil<br />

aufzugeben und mir treu zu bleiben. Natürlich war das nicht immer leicht. Es<br />

gab jedes Mal ein Motto, zu dem wir aus einer Liste ein Lied aussuchen<br />

konnten. Manchmal dachte ich: Eigentlich will ich keins dieser Stücke singen.<br />

Aber für irgendwas musste ich mich ja entscheiden.<br />

kulturnews: Warum fiel deine Wahl meist auf Klassiker wie etwa Leonhard<br />

Cohens „Hallelujah“?<br />

Jenssen: Weil ich fast nur die alten Sachen höre. Edith Piaf, Johnny Cash,<br />

Cab Calloway, Billie Holiday, Tom Waits, Bob Dylan – das sind meine Helden.<br />

Sie haben mich dazu gebracht, Musikerin zu werden.<br />

kulturnews: Ich weiß nicht, ob du bei diesen Leuten mit einem zweiten Platz<br />

bei „Idols“ punkten könntest. Wie zufrieden warst du denn damit?<br />

Jenssen: Ich war stolz – sehr stolz, um genau zu sein. Dass ich so weit kommen<br />

würde, hätte ich mir nämlich nicht träumen lassen. Abgesehen davon ist<br />

für uns Schweden ein Sieg nicht das einzig Erstrebenswerte. Übertriebener<br />

Ehrgeiz ist bei uns eher untypisch, wir gehen die Dinge lieber entspannt an.<br />

kulturnews: Trotzdem hast du dein Debütalbum „Killing the Darlings“ dann<br />

recht schnell veröffentlichen müssen.<br />

Jenssen: Ja, und deshalb hatte ich leider nicht die Zeit, alle Lieder selbst zu<br />

schreiben. Aber ich habe mich schwer damit getan, fremde Songs zu interpretieren.<br />

Konsequenz: Ich wollte nur noch eigene Titel auf meinen CDs haben.<br />

Das muss meine Plattenfirma akzeptieren.<br />

kulturnews: Und? Hat sie das getan?<br />

Jenssen: Na klar! Die Leute von meinem Label haben mich bei „Happyland“<br />

einfach machen lassen. Nur für die Musik habe ich mir Unterstützung geholt:<br />

bei Pär Wiksten, dem Gitarristen der Wannadies. Etwa die Hälfte der Nummern<br />

haben wir gemeinsam komponiert.<br />

kulturnews: Deine Stücke klingen ziemlich nostalgisch, finde ich.<br />

Jenssen: Kein Wunder, ich habe mich vom Jazz der 20er- bis 40er-Jahre inspirieren<br />

lassen. Ich wollte diesen Big-Band-Sound: rau, unpoliert, nicht zu<br />

retro. Meine Musik soll durchaus einen Bezug zur Gegenwart haben, ohne<br />

dabei ihre Wurzeln zu verleugnen.<br />

kulturnews: Wie kommt es, dass dich aktuelle Trends so wenig reizen?<br />

Jenssen: Ich bin zwar erst 21, aber meine Seele ist sehr viel älter. Vielleicht<br />

haben alte Dinge deswegen einen ganz besonderen Charme für mich. Das gilt<br />

kulturnews 5/10<br />

übrigens für Musik und Mode gleichermaßen. Ich liebe es, in Vintageläden<br />

zu stöbern. Dort habe ich schon manchen Schatz entdeckt.<br />

kulturnews: Zum Beispiel das passende Outfit für einen Abend im „Happyland“<br />

…?<br />

Jenssen: Ach, das existiert doch gar nicht. Ich habe es für den Titelsong erfunden.<br />

Wobei ich ein klares Bild vor Augen hatte: einen Nachtclub aus den<br />

30ern, mit roten Samtvorhängen und Kronleuchtern. Er ist ein bisschen runtergekommen,<br />

genau wie die Gäste, die dort für ein paar Stunden vor der<br />

Realität fliehen wollen.<br />

kulturnews: Würdest du dich dort wohl fühlen?<br />

Jenssen: Auf jeden Fall. Auch wenn das nur ein Ort des temporären Glücks<br />

ist, würde er mich geradezu magisch anziehen. Vielleicht sollte ich ernsthaft<br />

darüber nachdenken, ein „Happyland“ in Stockholm zu eröffnen …<br />

Happyland ist seit Ende April auf dem Markt.<br />

Foto: Sony Music<br />

Interview: Dagmar Leischow


16 musik // Retropop<br />

Amanda Jenssen<br />

Alte Seele<br />

Retropop aus Schweden: Amanda Jenssen (21) kann sich<br />

locker mit Duffy & Co. messen. Sie muss nur noch ein kleines<br />

Imageproblem lösen.<br />

kulturnews: Amanda, wer bei einer Castingshow antritt, hat schnell einen<br />

schlechten Ruf …<br />

Amanda Jenssen: Äh … ja. Was meine Teilnahme bei „Idol“ betrifft: Ich habe<br />

mich nicht freiwillig beworben. Ein Freund hat mich einfach angemeldet. Mir<br />

blieb also gar nichts anderes übrig, als mitzumachen.<br />

kulturnews: Du hättest auch ablehnen können.<br />

Jenssen: Hab ich aber nicht … Wäre auch ziemlich dumm gewesen, so eine<br />

Chance sausen zu lassen. Aber es stimmt: Ich hatte vorher gewisse Vorbehalte<br />

gegen diese Show. Weil ich geglaubt habe, eine Musikerin wie ich gehört<br />

da eigentlich nicht hin. Ich sehe mich nämlich in erster Linie als Songwriterin<br />

und nicht als Interpretin.<br />

kulturnews: Ich könnte mir vorstellen, dass du dich während des gesamten Wettbewerbs<br />

unwohl gefühlt hast.<br />

Jenssen: Nein. Ich habe mir ganz fest vorgenommen, keinesfalls meinen Stil<br />

aufzugeben und mir treu zu bleiben. Natürlich war das nicht immer leicht. Es<br />

gab jedes Mal ein Motto, zu dem wir aus einer Liste ein Lied aussuchen<br />

konnten. Manchmal dachte ich: Eigentlich will ich keins dieser Stücke singen.<br />

Aber für irgendwas musste ich mich ja entscheiden.<br />

kulturnews: Warum fiel deine Wahl meist auf Klassiker wie etwa Leonhard<br />

Cohens „Hallelujah“?<br />

Jenssen: Weil ich fast nur die alten Sachen höre. Edith Piaf, Johnny Cash,<br />

Cab Calloway, Billie Holiday, Tom Waits, Bob Dylan – das sind meine Helden.<br />

Sie haben mich dazu gebracht, Musikerin zu werden.<br />

kulturnews: Ich weiß nicht, ob du bei diesen Leuten mit einem zweiten Platz<br />

bei „Idols“ punkten könntest. Wie zufrieden warst du denn damit?<br />

Jenssen: Ich war stolz – sehr stolz, um genau zu sein. Dass ich so weit kommen<br />

würde, hätte ich mir nämlich nicht träumen lassen. Abgesehen davon ist<br />

für uns Schweden ein Sieg nicht das einzig Erstrebenswerte. Übertriebener<br />

Ehrgeiz ist bei uns eher untypisch, wir gehen die Dinge lieber entspannt an.<br />

kulturnews: Trotzdem hast du dein Debütalbum „Killing the Darlings“ dann<br />

recht schnell veröffentlichen müssen.<br />

Jenssen: Ja, und deshalb hatte ich leider nicht die Zeit, alle Lieder selbst zu<br />

schreiben. Aber ich habe mich schwer damit getan, fremde Songs zu interpretieren.<br />

Konsequenz: Ich wollte nur noch eigene Titel auf meinen CDs haben.<br />

Das muss meine Plattenfirma akzeptieren.<br />

kulturnews: Und? Hat sie das getan?<br />

Jenssen: Na klar! Die Leute von meinem Label haben mich bei „Happyland“<br />

einfach machen lassen. Nur für die Musik habe ich mir Unterstützung geholt:<br />

bei Pär Wiksten, dem Gitarristen der Wannadies. Etwa die Hälfte der Nummern<br />

haben wir gemeinsam komponiert.<br />

kulturnews: Deine Stücke klingen ziemlich nostalgisch, finde ich.<br />

Jenssen: Kein Wunder, ich habe mich vom Jazz der 20er- bis 40er-Jahre inspirieren<br />

lassen. Ich wollte diesen Big-Band-Sound: rau, unpoliert, nicht zu<br />

retro. Meine Musik soll durchaus einen Bezug zur Gegenwart haben, ohne<br />

dabei ihre Wurzeln zu verleugnen.<br />

kulturnews: Wie kommt es, dass dich aktuelle Trends so wenig reizen?<br />

Jenssen: Ich bin zwar erst 21, aber meine Seele ist sehr viel älter. Vielleicht<br />

haben alte Dinge deswegen einen ganz besonderen Charme für mich. Das gilt<br />

kulturnews 5/10<br />

übrigens für Musik und Mode gleichermaßen. Ich liebe es, in Vintageläden<br />

zu stöbern. Dort habe ich schon manchen Schatz entdeckt.<br />

kulturnews: Zum Beispiel das passende Outfit für einen Abend im „Happyland“<br />

…?<br />

Jenssen: Ach, das existiert doch gar nicht. Ich habe es für den Titelsong erfunden.<br />

Wobei ich ein klares Bild vor Augen hatte: einen Nachtclub aus den<br />

30ern, mit roten Samtvorhängen und Kronleuchtern. Er ist ein bisschen runtergekommen,<br />

genau wie die Gäste, die dort für ein paar Stunden vor der<br />

Realität fliehen wollen.<br />

kulturnews: Würdest du dich dort wohl fühlen?<br />

Jenssen: Auf jeden Fall. Auch wenn das nur ein Ort des temporären Glücks<br />

ist, würde er mich geradezu magisch anziehen. Vielleicht sollte ich ernsthaft<br />

darüber nachdenken, ein „Happyland“ in Stockholm zu eröffnen …<br />

Happyland ist seit Ende April auf dem Markt.<br />

Foto: Sony Music<br />

Interview: Dagmar Leischow


18 musik // Rockpop<br />

Lunik<br />

Auf großer Suche<br />

Bei uns muss man immer noch dazuschreiben, dass Jaël Krebs<br />

und ihre drei Schweizer Jungs von Lunik feinsten Pop im Stile der<br />

Cardigans spielen. Doch das wird sich jetzt ändern.<br />

kulturnews: Jaël, bist du wirklich so traurig, wie du dich anhörst in vielen<br />

Liedern eures neuen Albums? Eins der Stücke heißt ja sogar „Born to be sad“.<br />

Jaël Krebs: (lacht) Den Song sollte man jedoch besser nicht wortwörtlich auf<br />

mich anwenden … Als ich den geschrieben habe, lief bei mir gerade gar<br />

nichts so, wie es sollte und ich wollte. Ich habe mich gesuhlt im Selbstmitleid.<br />

Wenn du mich heute fragst, dann glaube ich nicht, dass ich geboren bin,<br />

um traurig zu sein. Es geht mir eigentlich ganz gut. Aber als Momentaufnahme<br />

trifft „Born to be sad“ zu. Traurige Gefühle sind ja nichts, was man an die<br />

große Glocke hängt. Das geschieht eher hinter verschlossener Tür. Ich hole<br />

diese Stimmung aus dem Dunkeln und bringe sie ans Licht.<br />

kulturnews: Was war denn der Auslöser für deine Deprimiertheit?<br />

Krebs: Die große Suche. Bei mir fand das extrem zwischen 20 und 27 statt.<br />

Im Job, in der Beziehung, überall stellten sich mir die Fragen: Was will ich<br />

eigentlich hier? Wo möchte ich hin? Was erwarte ich vom Leben? In den letzten<br />

zwei, drei Jahren habe ich gemerkt, dass bei mir und auch im Freundeskreis<br />

Ruhe einkehrt. Die eine hat einen Job, die anderen haben geheiratet, man<br />

kommt so langsam an den Ort, an den man hingehört. Die Wellen sind nicht<br />

mehr so hoch. Ich genieße das.<br />

kulturnews: Du bist jetzt 29, hast auf Grundschullehramt studiert und singst<br />

seit zwölf Jahren bei Lunik. Das hört sich recht gefestigt an.<br />

Krebs: Die Selbstzweifel sind trotzdem immer wieder gekommen. Nach meinem<br />

Studium habe ich ein Jahr als Vertretungslehrerin gearbeitet, aber das ging<br />

nicht neben der Band, weil das jeweils Jobs sind, die ich nicht mit halber<br />

kulturnews 5/10<br />

Zu groß für die Schweiz: Sängerin Jaël mit ihren Kollegen von Lunik<br />

Kraft machen konnte. Dann habe ich jahrelang irgendwelche Geldjobs gemacht<br />

neben Lunik, am Existenzminimum gelebt, kaum die Miete zahlen können.<br />

Gleichzeitig aber war ich Nummer eins mit Lunik und wurde von den Leuten<br />

angehimmelt. Das war eigenartig, aber so ist das bei uns in der kleinen Schweiz.<br />

kulturnews: Mittlerweile kannst du von der Musik aber leben.<br />

Krebs: Ja, das passt ganz gut. Aber ich und wir alle in der Band spüren<br />

schon immer wieder den Drang rauszugehen. Lunik muss größer werden.<br />

Wir fühlen uns wie in einer Dose, bei der endlich mal jemand den Deckel<br />

heben und uns rauslassen muss. Manchmal ist das frustrierend.<br />

kulturnews: Du schreibst sehr viele Texte übers Zwischenmenschliche. Hast<br />

du auch liebestechnisch zu dir gefunden?<br />

Krebs: Ja, ich hoffe … Seit anderthalb Jahren sind mein Freund und ich wieder<br />

zusammen, inklusive gemeinsamer Wohnung. Ich bin froh, dass wir<br />

unserer Liebe noch eine zweite Chance gegeben haben.<br />

kulturnews: Und um welche Gefühle geht es in „Everything means nothing“?<br />

Krebs: Den Song habe ich nach einem anstrengenden Tag im Zug geschrieben.<br />

Zürich–Bern, 56 Minuten. Ich fahre das andauernd, weil ich in Bern<br />

lebe, aber oft in Zürich zu tun habe. In dem Stück geht es – wie in meinem<br />

Leben – um die sehr notwendige Entschleunigung. Man will ja immer alles<br />

noch irgendwie hinkriegen, alles reinquetschen, auf nichts verzichten. Ich<br />

hatte durch den Stress schlimme körperliche Effekte – vor allem ein so heftiges<br />

Asthma, dass mir eine Rippe gebrochen ist und ich eines Nachts dachte,<br />

ich müsste ersticken.<br />

kulturnews: Ich habe gelesen, dass du eine ziemlich wilde Jugend hattest.<br />

Kann man sich gar nicht vorstellen.<br />

Krebs: Ich war immer das Brävchen, das aufgepasst hat, dass meine Freunde<br />

nicht total abstürzten. Mit 14 kam der Moment, als ich mit meinem großen<br />

Bruder mitgehen durfte. Meine Eltern meinten, der passt auf mich auf. Ja –<br />

so lernte ich Kiffen und Kotzen kennen. Im Moment bin ich wieder auf dem<br />

Gesundheitstrip. Rauchen geht wegen des Asthmas sowieso nicht, aber ich<br />

trinke auch keinen Alkohol mehr, laufe fast jeden Morgen und ernähre mich<br />

vegan. Die Entscheidung für die Musik bedeutet gleichzeitig eine Entscheidung<br />

gegen das wilde Rockerleben.<br />

Interview: Steffen Rüth<br />

Small Lights in the Dark ist Anfang Mai erhältlich.<br />

Foto: Steve Double


THE<br />

SERIOUS ART<br />

OF PROMOTION<br />

Nothing But Love World Tour 2010<br />

12.5. BERLIN O 2 WORLD<br />

13.5. LEIPZIG ARENA<br />

16.5. HANNOVER TUI ARENA<br />

17.5. HAMBURG COLORLINEARENA<br />

21.5. MÜNCHEN OLYMPIAHALLE<br />

22.5. STUTTGART SCHLEYERHALLE<br />

26.5. OBERHAUSEN ARENA<br />

27.5. NÜRNBERG ARENA<br />

29.5. MANNHEIM SAP ARENA<br />

31.5. FRANKFURT FESTHALLE<br />

A PRESENTATION IN ASSOCIATION WITH AND<br />

MIT & SPECIAL GUESTS<br />

03.05. HAMBURG STAGE CLUB<br />

04.05. KÖLN DIE WERKSTATT<br />

05.05. MÜNCHEN 59:1<br />

AND THE<br />

TRUE LOVES<br />

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29.5. KÖLN<br />

RHEIN-ENERGIE-STADION<br />

2.6. HEILBRONN<br />

FRANKENSTADION<br />

3.6. 50. HESSENTAG<br />

HESSENTAGSARENA<br />

STADTALLENDORF *<br />

6.6. MÜNCHEN<br />

REITSTADION RIEM<br />

8.6. BERLIN<br />

WALDBÜHNE<br />

ausverkauft<br />

ausverkauft<br />

ausverkauft<br />

* OHNE PAOLO NUTINI<br />

A presentation in association with<br />

and<br />

www.pinkspage.com www.pink-music.de<br />

30.05. KÖLN STUDIO 672<br />

04.06. STUTTGART RÖHRE<br />

09.06. BERLIN PRIVATCLUB<br />

LEONARD<br />

COHEN<br />

WORLD<br />

TOUR<br />

2010<br />

18.08. BERLIN<br />

WALDBÜHNE<br />

03.09. WIESBADEN<br />

BOWLING GREEN<br />

27.09. HANNOVER<br />

TUI-ARENA<br />

29.09. DORTMUND<br />

WESTFALENHALLE<br />

01.10. STUTTGART<br />

SCHLEYERHALLE<br />

LEONARDCOHEN.AEGLIVE.COM<br />

SPRING TOUR mit ERIK PENNY<br />

10. 05. 2010 MÜNCHEN Zenith<br />

11. 05. 2010 FRANKFURT<br />

Jahrhunderthalle<br />

12. 05. 2010 MÜNSTER Halle Münsterland<br />

13. 05. 2010 SAARBRÜCKEN E-Werk<br />

14. 05. 2010 KARLSRUHEEuropahalle 15. 05. 2010 OBERHAUSEN<br />

König Pilsener Arena<br />

SUMMER TOUR<br />

25. 08. 2010 HANNOVER Parkbühne<br />

27. 08. 2010 GELSENKIRCHEN<br />

Amphitheater<br />

28. 08. 2010 HAMBURG Stadtpark<br />

31. 08. 2010 BERLIN Zitadelle<br />

01. 09. 2010 LEIPZIG Parkbühne<br />

02. 09. 2010 KÖLN Tanzbrunnen<br />

03. 09. 2010 STUTTGART Killesberg<br />

04. 09. 2010 FREIBURG Ganter Open Air<br />

JOE JACKSON<br />

02.11. Mainz Phoenixhalle<br />

05.11. Leipzig Haus Auensee<br />

08.11. Köln Gloria<br />

10.11. Hamburg Fabrik<br />

11.11. Berlin Postbahnhof<br />

14.11. München Muffathalle<br />

LIVE 2010<br />

www.joejackson.com


PRÄSENTIERT:<br />

16.05.’10 HAMBURG - PRINZENBAR<br />

17.05.’10 KÖLN - UNDERGROUND<br />

18.05.’10 BERLIN - TACHELES<br />

19.05.’10 MÜNCHEN - BACKSTAGE<br />

20.05.’10 FRANKFURT - PONYHOF<br />

SUPPORT<br />

Aktuelles Album<br />

im Handel erhältlich!<br />

07.05.2010<br />

BERLIN - PRIVATCLUB<br />

13.05.2010<br />

KÖLN - UNDERGROUND<br />

KARTEN AN ALLEN BEK. VVK.-STELLEN<br />

BUNDESWEITE TICKETHOTLINE:<br />

01805 - 9 69 00 00*<br />

(*14 Ct./Min. Mobilfunkpreise max. 42 Ct./Min.)<br />

TICKETS IM INTERNET:<br />

www.livenation.de<br />

20 musik // Popjazz<br />

Hamel<br />

Starke<br />

Schwächen<br />

Triste Vergangenheit, glänzende Zukunft?<br />

Mit eigenen Songs will sich das holländische Landei<br />

Wouter Hamel in die Liga von Jamie Cullum<br />

hochsingen.<br />

kulturnews: Wouter, es heißt, am Konservatorium solltest<br />

du zum nächsten Sinatra aufgebaut werden …<br />

Wouter Hamel: Ganz so war das nicht. Als ich mein<br />

Studium begonnen habe, da hatte ich eine ziemlich<br />

dünne Stimme. Mein erster Lehrer wollte, dass ich kräftiger<br />

singe. Darum gab er mir einige Sinatra-Kassetten.<br />

Sie haben mir tatsächlich geholfen, einen männlicheren<br />

Klang zu entwickeln.<br />

kulturnews: Trotzdem hast du dich auf deinem Album<br />

nicht an die Standards rangetraut.<br />

Hamel: Wenn man ein Faible für Jazz hat, ist es fast<br />

unmöglich, den Klassikern aus dem Weg zu gehen. Also<br />

hatte ich anfangs sehr viel von Horace Silver im Repertoire.<br />

Oder von Nina Simone. Bis mir klar geworden ist:<br />

Ich kann nur mit meinen eigenen Liedern ein richtig guter<br />

Musiker werden.<br />

kulturnews: Warum das denn?<br />

Hamel: Na ja, bei diesen Nummern aus dem American<br />

Songbook hatte ich ständig das Gefühl, einer unter vielen<br />

zu sein. Sicher kann Michael Bublé mit seiner tollen<br />

Stimme aus diesen alten Sachen etwas wirklich Einzigartiges<br />

machen. Leider habe ich diese Gabe nicht.<br />

kulturnews 5/10<br />

Darum singe ich lieber etwas völlig Neues.<br />

kulturnews: Dass jemand eine Schwäche eingesteht, ist<br />

eher ungewöhnlich.<br />

Hamel: Wieso? Was kann einem Besseres passieren, als<br />

sich auf verschiedenen Gebieten auszuprobieren? Dabei<br />

greift man eben auch mal daneben. Zum Beispiel<br />

haben mir meine zwei Semester Journalismus überhaupt<br />

nichts gebracht. Immer nur Nachrichten schreiben,<br />

das hat mich tödlich gelangweilt.<br />

kulturnews: Weshalb hattest du dich überhaupt für dieses<br />

Fach eingeschrieben?<br />

Hamel: Weil ich total fasziniert von den Zeitschriften<br />

Interview oder Vanity Fair war. Ich habe ja auf dem Land<br />

gewohnt, deshalb waren diese Magazine mein Tor zur<br />

Welt. Das Leben in der Großstadt schien mir so viel aufregender<br />

als mein eigenes tristes Dasein, wenn ich<br />

diese witzig-ironischen Artikel las.<br />

kulturnews: Mit anderen Worten: Du warst ein völlig frustrierter<br />

Teenager …<br />

Hamel: Jein. Daheim habe ich nur in meinem Zimmer<br />

gehockt und Radiohead gehört. Das war ziemlich deprimierend.<br />

Andererseits: In der Schule stürzte ich mich<br />

mit jugendlichem Enthusiasmus in diverse Aktivitäten.<br />

Ich habe in einer Band gespielt, bei der Schülerzeitung<br />

mitgemacht und so weiter. Eigentlich war mir jedes<br />

Projekt recht, das mich davon abgehalten hat, nach<br />

Hause radeln zu müssen.<br />

Interview: Dagmar Leischow<br />

kulturnews präsentiert<br />

Tour 14. 7. Jena, 15. 7. Kassel, 1. 9. Braunschweig<br />

(weitere Termine in Planung für November)<br />

Nobody’s Tune erscheint Anfang Mai.<br />

Rezension auf Seite 78<br />

Foto: Kai Z Feng


Tok Tok Tok<br />

Universelle<br />

Gefühle<br />

Morten Klein hatte das Rote Album, Tokunbo<br />

Akinro das Blaue – und beide schon lange den<br />

Plan, mit ihrer Band Tok Tok Tok Beatles-Cover<br />

aufzunehmen. Braucht das die Welt? Klar!<br />

kulturnews: Coversongs habt ihr schon in der Frühzeit<br />

eurer Band gespielt. Weshalb jetzt die Beatles?<br />

Morten Klein: Wir machen keine Beatles-Platte, weil unsere<br />

Ideen für eigene Stücke erschöpft wären. Die Lieder<br />

begleiten uns einfach schon lange, viel länger, als es die<br />

Band gibt.<br />

Tokunbo Akinro: Das ist ja so spannend: Da lernt man<br />

sich viele Jahre später kennen und entdeckt dann immer<br />

mehr gemeinsame Vorbilder. Und die perfekte Verschmelzung<br />

von Melodie und Text bei den Beatles und<br />

die Vielseitigkeit der Stile haben uns beide schon immer<br />

inspiriert.<br />

kulturnews: Dies ist also ein ebenso persönliches Album<br />

wie eure Platten mit eigenen Stücken?<br />

Akinro: Das Interessante ist ja: Wenn man eine bestimmte<br />

Musik sehr früh kennen gelernt hat und sie mit einer<br />

bestimmten Lebensphase verbindet, dann geht das so<br />

richtig rein. Wenn man die Songs wieder hört, findet da<br />

emotional etwas anderes statt, als wenn ich heute etwas<br />

Neues entdecke.<br />

Klein: Stimmt. Bei den Beatles schwingt immer die Kindheit<br />

mit.<br />

Popjazz // musik 21<br />

The Fab Two: Morten Klein und Tokunbo Akinro auf den Spuren der Beatles<br />

Akinro: Als ich Lennons „Help!“ als Teenager hörte, dachte<br />

ich, dass der mein Leben beschreibt, die Zerrissenheit,<br />

die ich damals gefühlt habe.<br />

kulturnews: Obwohl der kulturelle Hintergrund der katholischen<br />

Jungs aus Liverpool ja kaum unterschiedlicher<br />

sein könnte …<br />

Akinro: Das Gefühl ist universell, und deswegen hat ihre<br />

Musik auch so eine Tragweite, weil die Identifikation so<br />

stark ist.<br />

kulturnews: Jeder verbindet mit diesen Liedern etwas. Ist<br />

es da nicht eine besonders große Herausforderung, mit<br />

einer eigenen Interpretation zu kommen?<br />

Klein: Ja, du kannst nicht einfach aufkreuzen und sagen:<br />

So, jetzt machen wir mal ein Beatles-Album, das ist eine<br />

total neue Superidee. Auf der anderen Seite hat uns das<br />

schon lange vorgeschwebt. Dem stand im Wege, dass wir<br />

erst einmal unsere eigenen Sachen machen wollten, aber<br />

jetzt, zum 50-jährigen Beatles-Jubiläum, haben wir uns<br />

gesagt, jetzt setzen wir es endlich um. Ja, und dann steht<br />

man da …<br />

Akinro: Wir wollten, dass die Songs die Songs bleiben. Die<br />

Quintessenz sollte Bestand haben.<br />

Klein: Das hat natürlich von Stück zu Stück ganz unterschiedliche<br />

Formen angenommen, aber es musste eben<br />

auch zu uns passen. Wir könnten nun schlecht Beatmusik<br />

machen. Und weil die Beatles am Anfang ja eine reine<br />

Gitarrenband waren, haben wir ganz klar gesagt: Gitarre<br />

findet auf dieser Platte einfach nicht statt.<br />

kulturnews: Manche Stücke habt ihr auf diese Weise radikal<br />

verändert.<br />

Klein: Das alles genau wie die Beatles zu spielen, hätte<br />

sicher auch Spaß gemacht, aber uns war schon klar: Das<br />

braucht die Welt jetzt gar nicht …<br />

Revolution 69 ist Anfang Mai im Handel.<br />

Foto: BHM Music<br />

Interview: Rolf von der Reith<br />

kulturnews 5/10


22 musik // Dramapop<br />

kulturnews 5/10<br />

Fotos: Clare Shilland


Marina And The Diamonds<br />

Unamerikanische Träume<br />

„Hollywood“ ist großer Pop – und Marinas erster großer Hit. Wer<br />

deswegen aber denkt, die 24-jährige Waliserin mit der außergewöhnlichen<br />

Stimme sei bloß die nächste Mainstreamnudel, täuscht<br />

sich gewaltig.<br />

kulturnews: Marina, gerade ist dein Debütalbum fertig geworden, nachdem<br />

du vor über zwei Jahren die ersten Demos in Eigenregie aufgenommen hast.<br />

Bist du erleichtert, dass das geschafft ist?<br />

Marina: Nee. Jetzt ist das Album zwar fertig, und die Leute können es sich<br />

anhören – aber ich weiß, dass ich nicht in der Lage bin aufzuhören, mir den<br />

Hintern abzuarbeiten, bis die Sache auch ein Erfolg geworden ist. Schließlich<br />

wissen die meisten Menschen doch noch nicht mal, dass ich existiere.<br />

Eigentlich fängt jetzt alles erst richtig an. Und: Ich bin bereit dafür! Ich freue<br />

mich drauf.<br />

kulturnews: Du bist auch in den vergangenen Jahren schon aufgetreten, doch<br />

jetzt kann man Vergleiche ziehen – und feststellen, dass die Platte im Gegensatz<br />

zu deinen Live-Gigs verdammt poppig geworden ist. Hast du keine Angst,<br />

dass die alten Fans abspringen? Und die neuen beim Konzert ratlos dastehen?<br />

Marina: Nein. Überhaupt nicht! Ich mag beides, und es wird den Leuten<br />

schon gefallen, mich auch mal allein am Piano zu sehen. Bei den akustischen<br />

Live-Versionen kann ich meine Stimme viel stärker einsetzen.<br />

kulturnews: Und einfach ganz auf die runtergekochteren Versionen zu setzen,<br />

auch auf der Platte, war keine Option?<br />

Marina: Also, wenn ich Pop nicht mögen würde, hätte ich das Album ja ganz<br />

bestimmt nicht so produziert! Ich stehe einfach auf ein bisschen Drama. Ich<br />

mag akustische Versionen, und wenn ich komponiere, bin ich ganz allein mit<br />

meinem Klavier. Also wird diese Seite an mir immer wieder durchkommen,<br />

und ein wirklich guter Song funktioniert auch immer ohne große Produktion<br />

und technische Spielereien. Andererseits hat man im Studio so viele Möglichkeiten,<br />

mit seinem Sound zu experimentieren, dass es eine Schande wäre,<br />

es nicht zu tun. Du kannst dort ganz neue Welten erschaffen.<br />

kulturnews: Schreibst du alle deine Songs selbst?<br />

Marina: Wenn es nach mir geht schon. Für das Album habe ich bei „Champagne“,<br />

„Girls“ und „Oh no“ mit anderen zusammengearbeitet, und ich finde,<br />

das hört man auch. Der Sound ist irgendwie simpler, während ich mich bei<br />

meinen eigenen Songs beim Schreiben der Melodien einfach gehenlassen<br />

kann und auch mal richtig durchdrehe, wenn keiner neben mir sitzt, der mich<br />

stoppt.<br />

kulturnews: Auch mit deiner Stimme experimentierst du gern.<br />

Marina: Ja, das wäre doch auch eine Schande, immer nur in einem Stil zu<br />

singen! Die Stimme ist ein Instrument, dessen verschiedene Klangfarben<br />

man erforschen sollte. Ich habe lange überhaupt kein Instrument gespielt, und<br />

meine Stimme war das Einzige, womit ich experimentieren konnte.<br />

kulturnews: Die hohen Töne haben dir – noch nachvollziehbar – Vergleiche<br />

mit Kate Bush eingebracht. Aber warum bitte finden Leute, du klängest wie<br />

Lady Gaga?<br />

Marina: Ehrlich? Ich habe keine Ahnung. Ich verstehe den Vergleich nicht mal.<br />

Ich finde Lady Gaga zwar unglaublich, aber mehr, als dass wir beide Frauen<br />

sind, haben wir nun wirklich nicht gemeinsam. Den Kate-Bush-Vergleich verstehe<br />

ich schon eher, wenn es um Stimmumfang geht. Der ist schon ähnlich.<br />

Allerdings bin ich angesichts ihres Erfolgs ein Krümel – noch.<br />

kulturnews: Ist der Text von „Hollywood“ eigentlich eine Reaktion auf die<br />

ewigen Vergleiche?<br />

Marina: Gar nicht! „Hollywood“ ist sogar der älteste Song, der es auf die<br />

Platte geschafft hat. Es ist zweieinhalb Jahre her, dass ich ihn geschrieben<br />

habe. Deswegen kann ich nur lachen über Kommentare wie: „Oh, Marina ist<br />

so kommerziell geworden, seit sie einen Plattenvertrag hat.“ Das kannst du<br />

im Internet zuhauf lesen. Ich war echt abgebrannt, als ich den Song geschrieben<br />

habe, und es wollte einfach nicht vorangehen in meinem Leben.<br />

Das genaue Gegenteil einer Erfolgsgeschichte! Ich war das Gegenteil des<br />

amerikanischen Traums. Deswegen habe ich einen Song drüber geschrieben.<br />

kulturnews: Hört sich ja fast magisch an. Was du schreibst, wird wahr?<br />

Marina: (lacht) Manchmal! Meist schaffe ich mir mit meinen Songs irgendwelche<br />

Sorgen vom Hals. So hat es der Song „Oh no“ mit den Zeilen „I know<br />

exactly what I want and who I want to be“ noch in letzter Minute aufs Album<br />

geschafft. Als ich das vor drei Monaten geschrieben habe, hatte ich mich<br />

nämlich selbst ein halbes Jahr lang so unter Druck gesetzt, dass ich unbedingt<br />

erfolgreich sein muss, dass ich an nichts anderes mehr denken konnte,<br />

als an einen möglichen Misserfolg. Und zum Glück scheinen Probleme tatsächlich<br />

zu verschwinden und ihre Macht über mich zu verlieren.<br />

Family Jewels erscheint am 14. Mai.<br />

Dramapop // musik 23<br />

Interview: Katharina Behrendsen<br />

// Mehr von Marina gibt’s auf den folgenden Seiten<br />

kulturnews 5/10


24 musik // Dramapop<br />

kulturnews 5/10


Marina & The Diamonds<br />

„Oh my god, you look just like Shakira<br />

No no, you’re Catherine Zeta<br />

Actually, my name’s Marina.“<br />

aus „Hollywood“<br />

Dramapop // musik 25<br />

kulturnews 5/10


26 musik // Dramapop<br />

kulturnews 5/10<br />

Marina & The Diamonds<br />

„Ich hatte nie einen Plan B.<br />

Ich fand es zu gefährlich,<br />

schon im Hinterkopf zu<br />

haben, dass man auch<br />

scheitern könnte. Scheitern<br />

war für mich überhaupt<br />

keine Option! Ich habe<br />

meine Mutter echt<br />

wütend gemacht mit<br />

dieser Einstellung.“


Dramapop // musik 27<br />

kulturnews 5/10


28 live // kulturnews präsentiert<br />

Stanfour<br />

4. 5. // Recklinghausen, Vest Arena<br />

6. 5. // München, Theaterfabrik<br />

7. 5. // Berlin, Huxleys Neue Welt<br />

Klingen tun sie ja wie eine typische Amirockband<br />

– und das, obwohl sie von der<br />

Nordseeinsel Föhr kommen. Ihr US-Sound<br />

kommt in Deutschland gut an: Erst holte Til<br />

Natalie Merchant<br />

12. 5. // Köln, Kulturkirche<br />

14. 5. // Hamburg, Uebel & Gefährlich<br />

15. 5. // Berlin, Admiralspalast<br />

17. 5. // München, Freiheiz<br />

Die kreative Pause, die Natalie Merchant<br />

nach der Geburt ihrer Tochter einlegte, ist<br />

endgültig vorbei: Mit „Leave your Sleep“<br />

legte die Mittvierzigerin aus den Staaten<br />

ein Doppelalbum vor, für das sie Gedichte<br />

und Sagen aus verschiedenen Jahrhunderten<br />

vertonte. Zudem kommt die ehemalige<br />

10 000-Maniacs-Sängerin nach langer<br />

Zeit wieder auf Europatournee, um die<br />

Fans mit ihren Folkpopsongs zu erfreuen.<br />

Silly<br />

11. 5. // Köln, Gloria<br />

12. 5. // Stuttgart, Theaterhaus<br />

15. 5. // Berlin, Huxleys Neue Welt<br />

16. 5. // Hamburg, Fabrik<br />

16. 7. // Mainz, Volkspark Mainz<br />

Kein leichtes Erbe, das die Schauspielerin<br />

und Sängerin Anna Loos da in der Ostpopband<br />

Silly angetreten hat: Sie ersetzt die<br />

legendäre, 1996 leider verstorbene Sängerin<br />

Tamara Danz. Aber das Experiment ist<br />

kulturnews 5/10<br />

8. 5. // Hamburg, Docks<br />

11. 5. // Köln, E-Werk<br />

12. 5. // Stuttgart, LKA Longhorn *<br />

Schweiger sie auf den „Zweiohrküken“-Soundtrack,<br />

nun wurde die Tour in größere Hallen<br />

verlegt, und im Sommer dürfen sie Popstar<br />

P!nk auf Tour begleiten. Nicht schlecht!<br />

23. 7. // Chemnitz,<br />

Wasserschloss Klaffenbach<br />

22. 8. // Braunschweig,<br />

Volksbank BraWo Bühne<br />

27. 8. // Berlin, Zitadelle *<br />

geglückt. Nicht nur auf dem ersten Silly-<br />

Album namens „Alles rot“ seit vierzehn Jahren,<br />

sondern auch bei Liveauftritten weiß<br />

Loos bisher zu überzeugen.<br />

Foto: Philip Lethen<br />

Foto: Mark Seliger<br />

Foto: Jim Rakete<br />

Whitney Houston<br />

12. 5. // Berlin, O2 World<br />

17. 5. // Hamburg, O2 World Hamburg<br />

21. 5. // München, Olympiahalle<br />

22. 5. // Stuttgart, Schleyer-Halle<br />

26. 5. // Oberhausen, König-Pilsener-Arena<br />

27. 5. // Nürnberg,<br />

Arena Nürnberger Versicherung<br />

29. 5. // Mannheim, SAP Arena<br />

31. 5. // Frankfurt, Festhalle *<br />

Stimmprobleme, eine Atemwegserkrankung,<br />

abgesagte Konzerte – die<br />

Rückkehr auf die Bühne läuft für<br />

Whitney Houston bisher nicht so gut<br />

wie ihr gefeiertes Plattencomeback.<br />

Aber die US-Sängerin gibt sich kämpferisch,<br />

und wer weiß: Vielleicht braucht<br />

Houston nur ein bisschen Anlaufzeit,<br />

um zu ihrer alten Form zurückzufinden.<br />

Runrig<br />

10. 5. // München, Zenith<br />

28. 8. // Hamburg, Stadtpark<br />

11. 5. // Frankfurt, Jahrhunderthalle 31. 8. // Berlin, Zitadelle<br />

12. 5. // Münster, Halle Münsterland 2. 9. // Köln, Theater am Tanzbrunnen<br />

13. 5. // Saarbrücken, E-Werk<br />

15. 5. // Oberhausen, König-Pilsener-Arena<br />

27. 8. // Gelsenkirchen, Amphitheater<br />

3. 9. // Stuttgart,<br />

Freilichtbühne Killesberg *<br />

Mit Dudelsack und Rockgitarren hat sich<br />

das schottische Sextett Runrig in den letzten<br />

dreißig Jahren eine treue Fangemeinde erspielt.<br />

Auch hierzulande stößt ihr Folkrock<br />

mit gälisch-keltischen Einschlägen auf offe-<br />

Richard Hawley<br />

19. 5. // Berlin, Passionskirche<br />

20. 5. // Hamburg, Gruenspan<br />

21. 5. // Köln, Gloria<br />

Als Richard Hawley seine Musikerkarriere<br />

begann, spielten in seiner Heimatstadt<br />

Sheffield alle Bands plötzlich nur<br />

noch elektronisch. Ein kleines Wunder,<br />

dass der Sänger mit seinem sanften<br />

Folkrock dort trotzdem Erfolge feiern<br />

konnte. Die neue Platte „Trueloves<br />

Gutter“ bleibt diesem Sound treu. Im<br />

Mai tourt Hawley damit auch durch<br />

Deutschland. Hier spielte er bereits im<br />

Alter von 14 zum ersten Mal.<br />

ne Ohren: Die deutschen Fans, genannt Riggies,<br />

halten sogar Stammtische ab und lassen<br />

kein Konzert aus. Umso größer ist die<br />

Freude, dass nach der abgesagten Tournee<br />

2009 nun doppelt Nachschub kommt.<br />

* Die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights gibt es auf www.kulturnews.de/onstage.<br />

Foto: Patrick Demarchelier<br />

Foto: Joe Dilworth<br />

Foto: Harald Hoffmann


The Baseballs<br />

25. 5. // Nürnberg, Hirsch<br />

26. 5. // Potsdam, Waschhaus<br />

27. 5. // Bremen, Modernes<br />

30. 5. // Berlin, Astra Kulturhaus<br />

1. 6. // Dortmund, FZW<br />

// live 29<br />

5. 6. // Stuttgart, LKA Longhorn<br />

6. 6. // Worms, Jazz + Joy Festival<br />

7. 6. // Köln, Live Music Hall<br />

8. 6. // Ulm, Ulmer Zelt<br />

23. 7. // München, Tollwood Festival*<br />

Die Rockabilly-Jungspunde Sam, Digger und Basti sehen zwar aus wie Elvisse, in<br />

Sachen Rock’n’Roll-Lifestyle brauchen sie aber dringend Nachhilfe.<br />

kulturnews: Basti, wie bekommt man so eine schöne Tolle hin?<br />

Basti: Unterschiedlich. Digger baut seine Tolle ausschließlich mit Fön und Haarspray.<br />

Sam benutzt sehr viel Pomade. Und ich schmiere ins nasse Haar erst so einen Kleber,<br />

um Struktur reinzubekommen, dann föhne ich in Tollenrichtung und schließe mit Pomade<br />

und Spray ab.<br />

kulturnews: Wie lange dauert die Verwandlung?<br />

Basti: Das geht schnell. Innerhalb einer halben Stunde sind wir bühnenfertig.<br />

kulturnews: Neulich bei der „Echo“-Verleihung, bei der ihr den Preis als „Beste Newcomer“<br />

erhalten habt, war auch Rihanna anwesend. Kennt sie eure Version von<br />

„Umbrella“?<br />

Basti: Wir hätten ihr unser Lied sehr gerne vorgesungen, aber an Rihanna war absolut<br />

kein Rankommen. Die hatte mehr Bodyguards als wir Musiker in unserer Band.<br />

Wer uns wirklich nett begrüßt hat, waren Udo Lindenberg und Sasha.<br />

kulturnews: Noch erfolgreicher als in Deutschland seid ihr in Skandinavien, vor allem<br />

in Finnland. Euer Album „Strike“ stand dort zwölf Wochen lang auf Platz 1 der<br />

Charts.<br />

Basti: Genau. Warum die Finnen so ausflippen? Wir haben da eine Vermutung. Der<br />

Rock’n’Roll, den Finnen gemeinhin hören, ist sehr düster. Wir dagegen kommen mit<br />

unserer sehr fröhlichen Rockmusik daher. Wir besetzen dort wohl eine Nische. Und<br />

mit Haartollen kennt der Finne sich seit den Leningrad Cowboys ohnehin bestens aus.<br />

kulturnews: Geht ihr drei euch eigentlich manchmal auf den Sack?<br />

Basti: Auf Tour sind wir mit Musikern und Crew immer so elf bis zwölf Leute im Bus.<br />

Wenn du da auf den einen mal keinen Bock hast, dann unterhältst du dich halt mit<br />

dem nächsten. Klar gibt es Reibereien, aber dann trinkt man am nächsten Tag trotzdem<br />

wieder seine Limonade zusammen.<br />

kulturnews: Mit Schnaps drin?<br />

Basti: Dem Klischee von Sex, Drugs & Rock’n’Roll entsprechen wir nur in sehr geringem<br />

Maße. Wir trinken mal ein Glas Bier nach der Show, aber dabei belassen wir es auch.<br />

kulturnews: Ihr seid ausschließlich Jungs im Tourbus. Wie sieht es mit Mädchen aus?<br />

Basti: Die Goldene Regel lautet: Im Bus sind Frauen verboten. Das ist quasi unser<br />

Wohnzimmer, da liegen auch alle unsere Sachen rum. Mädchen stören da. Außer der<br />

Mama, die darf vielleicht mal kurz reingucken. Dass einer von uns ein Mädchen<br />

abgeschleppt hat, das habe ich sowieso noch nicht erlebt. Meist bleibt es bei einem<br />

netten Gespräch.<br />

kulturnews: Wärt ihr denn bereit für Schweinereien?<br />

Basti: Das kommt wirklich sehr darauf an, wer fragt.<br />

Interview: Steffen Rüth<br />

Foto: Sven Sindt<br />

kulturnews 5/10<br />

KARSTEN JAHNKE KONZERTDIREKTION GMBH<br />

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In Zusammenarbeit mit ENGELHARDT PROMOTIONS GmbH<br />

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Buena Vista Social Club® is a registered trademark of World Circuit Ltd<br />

<br />

Echo-Gewinner „Sänger des Jahres international“<br />

17.&18.07. Stuttgart // Jazzopen<br />

31.07. Berlin // Jazz in Town Festival<br />

01.08. Dortmund // Domicil<br />

03.08. Bremen // Schlachthof<br />

05.08. Dresden // Neumarkt<br />

(vor der Frauenkirche)<br />

16.09. Braunschweig // Kultur im Zelt<br />

CURTIS STIGERS<br />

Curtis Stigers (voc, sax), Matthew Fries (p), Cliff Schmitt (b), Keith Hall (dr)<br />

TICKETS: 01805 - 62 62 80* und 040 - 413 22 60** • www.karsten-jahnke.de<br />

und an allen bekannten Vorverkaufsstellen. *( 0,14/Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk max. 0,42/Min) **(Mo–Fr, 10–18 Uhr)<br />

10.05.2010 HAMBURG - COLOR LINE ARENA KARTEN AN DEN BEK. VORVERKAUFSSTELLEN. TICKETHOTLINE FÜR<br />

HAMBURG & BERLIN: 0 18 05 - 57 00 70* (*14 Ct./Min aus dem deutschen Festnetz-<br />

Mobilfunkpreise max. 42. Ct/Min.)<br />

11.05.2010 BERLIN - O2 WORLD<br />

TICKETHOTLINE FÜR<br />

(*14 Ct./Min aus dem deutschen Festnetz-<br />

OBERHAUSEN: 0 18 05 - 9 69 00 00* Mobilfunkpreise max. 42. Ct/Min.)<br />

24.05.2010 OBERHAUSEN - KÖNIG-PILSENER-ARENA TICKETS IM INTERNET: WWW.LIVENATION.DE<br />

LADYGAGA.COM • MYSPACE.COM/LADYGAGA<br />

Produced by Live Nation Global Touring


30 live // kulturnews präsentiert<br />

Lyambiko & Band<br />

22. 7. // München, Residenz<br />

18. 9. // Berlin, Postbahnhof<br />

20. 9. // Münster, Hot Jazz Club<br />

23. 9. // Hamburg, Stage Club<br />

25. 9. // Osnabrück, Lagerhalle<br />

Die Wurzeln von Sängerin Lyambiko liegen<br />

in Tansania, doch geboren wurde sie in<br />

Thüringen. Gemeinsam mit ihren drei<br />

Kollegen bildet sie seit Jahren das gleichnamige<br />

Jazzquartett. Zusammen schreiben<br />

Oh No Ono<br />

22. 5. // Hamburg, Prinzenbar<br />

23. 5. // Berlin, Comet Club<br />

24. 5. // Köln, Studio 672<br />

Bei Oh No Ono gibt’s einiges, was abschrecken<br />

könnte: das Micky-Maus-Falsett<br />

von Sänger Malte Fischer. Oder der psychedelische<br />

Irrsinn und die ständigen Tempowechsel<br />

des zweiten Albums „Eggs“. Aber<br />

kulturnews 5/10<br />

26. 9. // Düsseldorf, Savoy Theater<br />

29. 9. // Mainz, Frankfurter Hof<br />

1. 10. // Stuttgart, BIX Jazzclub<br />

6. 10. // Kaiserslautern, Kammgarn<br />

7. 10. // Freiburg, Jazzhaus *<br />

sie eigene Stücke und gönnen sich zuweilen<br />

auch den Spaß, Soul- und Popklassiker<br />

auf ihre Weise neu zu interpretieren. Wie<br />

zum Beispiel auf dem neuen Album den<br />

Grunge-Hit „Black Hole Sun“. Spannend.<br />

Shakespear’s Sister<br />

25. 5. // Frankfurt, Nachtleben<br />

26. 5. // München, 59:1<br />

gibt man den fünf Jungs aus dem dänischen<br />

Aalborg erst mal eine Chance, wird<br />

man merken: Die sind zwar nicht einfach,<br />

aber dafür richtig, richtig gut!<br />

Foto: Uwe Arens<br />

1. 6. // Köln, Tsunami<br />

2. 6. // Hamburg, Fabrik<br />

3. 6. // Leipzig, Moritzbastei<br />

4. 6. // Berlin, C-Club<br />

1988 trennte sich Siobhan Fahey von ihrer<br />

damaligen Band Bananarama und nahm die<br />

Arbeit an ihrem Soloprojekt „Shakespear’s<br />

Sister“ auf. Unterstützt wurde sie dabei von<br />

Musikerin Marcella Detroit. Zusammen landeten<br />

sie Hits wie „Hello (Turn your Radio<br />

on)“. Bald kam, was kommen musste: die<br />

Auflösung. 2009 meldete sich Fahey mit<br />

neuer Platte, aber ohne Marcella Detroit als<br />

Shakespear’s Sister zurück.<br />

Foto: Rasmus Weng Karlsen-Klein<br />

Al Jarreau<br />

5. 7. // Paderborn, Paderhalle<br />

8. 7. // Köln, Philharmonie<br />

24. 7. // Osnabrück, Osnabrückhalle<br />

25. 7. // Braunschweig, Stadthalle<br />

29. 7. // Nürnberg, Serenadenhof<br />

3. 8. // Hanau, Amphitheater<br />

Bevor Jazzstar Al Jarreau sich ganz der<br />

Musik widmete, war er erfolgreicher Basketballspieler<br />

und Psychologiestudent. In<br />

den 60ern entschied er sich aber für<br />

den musikalischen Weg und gründete<br />

zusammen mit dem Gitarristen Julio<br />

Martinez die Band „Jarreau“. Heute kann<br />

das 70-jährige Stimmwunder aus Amerika<br />

auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken<br />

– und denkt anscheinend noch<br />

nicht ans Aufhören.<br />

Switchfoot<br />

2. 6. // Köln, Luxor<br />

3. 6. // Berlin, Postbahnhof<br />

Mit neuem Album im Gepäck touren die<br />

fünf Kalifornier von Switchfoot gerade<br />

durch Nordamerika und kommen im Juni<br />

auch für drei Konzerte nach Deutschland.<br />

Spirituelle, sozialkritische Texte und der<br />

rockig-alternative Sound sind seit Grün-<br />

Dawn Landes<br />

5. 6. // Köln, Studio 672<br />

6. 6. // Hamburg, Knust<br />

7. 6. // Berlin, C-Club<br />

Die US-Amerikanerin Dawn Landes ist<br />

eine jener Musikerinnen, die zwei<br />

unterschiedliche Welten vereinen: Sie<br />

liebt die Country- und Folkeinflüsse aus<br />

ihrer Heimat Kentucky, ist den<br />

Indiesounds ihres Wohnortes New York<br />

aber ebenfalls nicht abgeneigt, was<br />

auch ihr drittes Album „Sweet Heart<br />

Rodeo“ auszeichnet. Auf Tour mag sie<br />

es abwechslungsreich: Immerhin war<br />

sie schon mit Feist, The Weakerthans<br />

und Nada Surf unterwegs.<br />

8. 6. // Hamburg, Knust<br />

dung Aushängeschild der Band. Sie bleiben<br />

sich treu auf ihrer neuen Platte<br />

„Hello Hurricane“; Fans können sich live<br />

also auf Klassiker und neue Hits freuen.<br />

* Die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights gibt es auf www.kulturnews.de/onstage.<br />

Foto: Neuland Concerts<br />

Foto: Alex Solmss


Agnes Obél<br />

13. 5. // Hamburg, Prinzenbar<br />

14. 5. // Berlin, Admiralspalast<br />

Manche reißen sich ein Bein aus für die Karriere. Die Dänin<br />

Agnes Obél musste nichts weiter tun als abwarten, bis ihr<br />

Song „Just so“ von einem Mobilfunkanbieter entdeckt wurde.<br />

kulturnews: Agnes, deinen Song „Just so“ sollst du in deinem<br />

Schlafzimmer in deiner Wahlheimat Berlin produziert haben.<br />

Agnes Obél: Dort gab es nur mich, mein Piano und einen<br />

Computer. Ich schrieb das Stück ein Jahr bevor es auf MySpace<br />

für die Mobilfunkwerbung entdeckt wurde. Mittlerweile gibt es<br />

aber ein richtiges Studio, wo ich mein erstes Album aufnehme.<br />

kulturnews: Hattest du beim Schreiben passend zum Werbespot<br />

auch ein Bett aus Rosenblättern im Kopf?<br />

Obél: Nein, die eigentliche Idee dahinter war überhaupt nicht<br />

romantisch. Ich habe den Song für meinen Vater geschrieben,<br />

der zu der Zeit depressiv war und nicht mehr aus dem Bett aufstehen<br />

wollte. Diese Gefühlswelt beschreibt das Lied. Es sollte<br />

ihm aber auch zeigen, dass es gute Gründe gibt aufzustehen.<br />

kulturnews: Und dass „Just so“ nun in einem so positiven<br />

Kontext eingesetzt wird, stört dich nicht?<br />

Obél: Es ist schon merkwürdig, wenn ich dazu glückliche<br />

Menschen in einem Meer von Rosen herumspringen sehe. Aber<br />

mir gefällt die Ambivalenz von Traurigem und Positivem.<br />

kulturnews: Bist du so zerbrechlich wie deine Songs?<br />

Obél: Ich selbst empfinde die Songs gar nicht als zerbrechlich.<br />

Meine Stücke sind langsam. Aber um sie rüberzubringen,<br />

braucht es Stärke. Es wäre einfacher, sich hinter einem coolen<br />

Genre zu verstecken. Und offensichtlich ermutigt es viele Mädchen,<br />

selbst mit ihrer Gitarre Coverversionen davon für YouTube<br />

aufzunehmen.<br />

18. 5. // Köln, Studio 672<br />

20. 5. // München, Cord<br />

// live 31<br />

kulturnews: Würdest du deine Musik als Folk bezeichnen?<br />

Obél: Man könnte sie als Folk- oder Popmusik definieren. Ich<br />

mag die Simplizität am Folk. Und auch die Art, wie man in den<br />

Songs eine Story erzählt. Aber ich bin auch sehr inspiriert von<br />

klassischer Musik – wo das Piano wie eine Stimme funktioniert.<br />

kulturnews: Das Credo für deine Musik scheint „Weniger ist<br />

mehr“ zu sein!<br />

Obél: Das war keine bewusste Entscheidung. Da ich alles selber<br />

mache, keine fette Rockband oder ein Orchester zur Verfügung<br />

habe, gibt es nun mal Beschränkungen.<br />

kulturnews: Bei deinen Konzerten wirst du aber von Anne<br />

Ostsee am Cello begleitet.<br />

Obél: Wir haben Spaß! Wenn ich eine Band hätte, wären das<br />

auch nur Mädchen. Ich war früher mal das einzige Mädchen in<br />

einer Jungsband – das wollte ich anders haben. Das Musikbusiness<br />

wird schließlich genug von Männern dominiert.<br />

kulturnews: Hat es eine besondere Bewandtnis mit dem Eulen-<br />

Foto?<br />

Obél: Ich mag den Hitchcock-Film „Die Vögel“. Die haben<br />

damals fantastische Fotografien dazu gemacht, wo man die<br />

Darstellerin Tippi Hedren mit den Tieren sieht. Tierfotos haben<br />

immer irgendwie eine Symbolik, die nicht einfach zu entschlüsseln<br />

ist. Die Augen der Eule sehen aus, als wäre das Tier am<br />

Leben gewesen. Dabei war es ausgestopft.<br />

Foto: ASS Concerts<br />

Interview: Katja Schwemmers<br />

kulturnews 5/10


32 live // kulturnews präsentiert<br />

Jessica Gall<br />

15. 9. // Darmstadt, Centralstation<br />

16. 9. // Stuttgart, BIX Jazzclub<br />

17. 9. // Dortmund, Domicil<br />

18. 9. // Köln, Studio 672<br />

Die Musikalität liegt bei Jessica Gall in der<br />

Familie. Vater, Mutter und Großmutter singen<br />

oder spielen Klavier, da wundert es<br />

nicht, dass Jessica den gleichen Weg einschlug.<br />

Durch Pianist Bene Aperdannier<br />

Curtis Stigers<br />

Foto: Andy Lawless<br />

17.+18. 7. // Stuttgart, Jazz Open<br />

31. 7. // Berlin, Jazz in Town Festival<br />

1. 8. // Dortmund, Domicil<br />

3. 8. // Bremen, Schlachthof<br />

5. 8. // Dresden, Frauenkirche<br />

Als Jazzsaxofonist und -sänger zu großer<br />

Bekanntheit aufzusteigen, ist gar<br />

nicht so einfach. Aber Curtis Stigers<br />

hat ein Rezept gefunden, das aufgeht:<br />

Jazzstandard + Rockhit = Erfolg. Mit<br />

seinen verjazzten Klassikern begeistert<br />

der US-Amerikaner seit Jahren, aber<br />

vergangenes Jahr hat er mit seinem<br />

Album „Lost in Dreams“ nochmals ein<br />

ansehnliches Scherflein an musikalischem<br />

Gespür draufgelegt.<br />

23. 9. // München, Unterfahrt<br />

28. 9. // Hamburg, Fabrik<br />

29. 9. – 1. 10. // Berlin, A-Trane *<br />

wurde die Berlinerin endgültig vom Jazz<br />

überzeugt, und zusammen mit Bene und<br />

anderen Musikern gründete sie ihre eigene<br />

Jazzpopband. Im Mai erscheint bereits<br />

das zweite Album.<br />

Kris Kristofferson<br />

17. 7. // Tuttlingen, Honberg-Sommer<br />

18. 7. // München, Tollwood Festival<br />

19. 7. // Nürnberg, Serenadenhof<br />

Foto: Bremme & Hohensee Konzerte<br />

Eigentlich könnte er schon in Rente<br />

sein. Doch wer sollte an seiner Stelle so<br />

klassische Countrymusik machen, mit<br />

Mundharmonika und Gitarre und umjubelten<br />

Texten? Eben. Deshalb wird der<br />

74-jährige Kris Kristofferson auch dieses<br />

Jahr mit neuen Songs wie Klassikern<br />

im Gepäck auf Tournee gehen,<br />

und, wenn noch Zeit bleibt, sich auch<br />

seiner zweiten Leidenschaft widmen:<br />

dem Schauspiel.<br />

Dockville 2010<br />

13. 8. – 15. 8. // Hamburg, Hamburg-Wilhelmsburg<br />

2010 geht das Hamburger Dockville Festival<br />

bereits in die vierte Runde. Das stetig<br />

wachsende Festival ist eine Mischung aus<br />

Kunst und Musik und findet auf Hamburgs<br />

Elbinsel Wilhelmsburg statt. Im von<br />

Joe Jackson<br />

2. 11. // Mainz, Phönix-Halle<br />

5. 11. // Leipzig, Haus Auensee<br />

8. 11. // Köln, Gloria<br />

Joe Jackson hat schon viele verschiedene<br />

Arten von Musik gemacht: Punk, Klassik,<br />

Jive und Pop. Immer dabei jedoch ist sein<br />

Piano. Für sein aktuelles Album „Rain“<br />

setzt der Wahl-Berliner auf Minimalismus:<br />

Künstlern gestalteten Umfeld spielen Bands<br />

aus der ganzen Welt. Dieses Jahr mit dabei:<br />

Klaxons, Jan Delay & Disko No.1, Wir Sind<br />

Helden, Portugal. The Man (Foto), The<br />

Whip, Jamie T., Delphic und viele mehr.<br />

The Hold Steady<br />

15. 6. // Köln, Gebäude 9<br />

16. 6. // Berlin, Frannz-Club<br />

17. 6. // München, 59:1<br />

Obwohl The Hold Steady erst seit 2003 in<br />

jeder gut sortierten Indierock-Sammlung zu<br />

finden sind, bringen sie 2010 mit „Heaven<br />

is whenever“ schon ihr fünftes Album auf<br />

den Markt. Auch auf dieser Platte liefern<br />

uns die vier New Yorker wieder feinsten<br />

Indierock, der sofort ins Herz und vor allem<br />

in die Beine geht. Im Juni machen sie für<br />

drei Konzerte Halt bei uns in Deutschland.<br />

10. 11. // Hamburg, Fabrik<br />

11. 11. // Berlin, Postbahnhof<br />

14. 11. // München, Muffathalle<br />

Foto: Peter Rieger Konzertagentur<br />

Nur Schlagzeug, Bass und natürlich Klavier<br />

begleiten seine Stimme. Und der Titel<br />

kommt auch nicht von irgendwoher: Regen<br />

war während der Arbeit an der neuen<br />

Platte Jacksons ständiger Begleiter.<br />

kulturnews 5/10 * Die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights gibt es auf www.kulturnews.de/onstage.<br />

Foto: www.x-why-z.eu<br />

Texte: kat/mss


Jim Kerr<br />

25. 5. // Hamburg, Knust<br />

26. 5. // Köln, Stadtgarten<br />

// live 33<br />

Nach einer Weltkarriere mit den 80er-Heroen Simple Minds, die zuletzt wieder<br />

deutlich an Schwung gewann, will der schottische Sänger Jim Kerr es nun auch<br />

solo endgültig wissen. Dazu hat sich der 50-Jährige eine zweite Identität<br />

geschaffen: Lostboy! A.K.A. Und die ist schon erklärungsbedürftig …<br />

kulturnews: Jim, wer oder was um alles in der Welt ist denn „Lostboy! A.K.A“?<br />

Jim Kerr: „Lostboy!“ ist ein echtes Alter Ego von Jim Kerr, ein zweites Ich oder – um<br />

es einfacher zu sagen – eine Persona innerhalb einer Person. Und „Lostboy! A.K.A“<br />

ist die Musik, durch die die Vision dieser Persona gekennzeichnet ist.<br />

kulturnews: Aha … Was war denn der Auslöser, diese Persona zu entwickeln?<br />

Kerr: Ich habe mich danach gesehnt, etwas Brandneues zu schaffen, etwas, das mir<br />

eine Rückkehr zu meinen Wurzeln ermöglicht – und das nicht von dem Ruhm abhängt,<br />

den ich erreicht habe.<br />

kulturnews: … nämlich mit den Simple Minds. Bedeutet dieses Soloprojekt, dass deine<br />

Zeiten in der Band jetzt vorbei sind?<br />

Kerr: Nein! Lostboy! A.K.A kann und wird eine Zukunft parallel zur Geschichte der<br />

Simple Minds haben, die ebenfalls weitergeht. Ich bin überzeugt, dass sich beide musikalischen<br />

Säulen eher ergänzen und gegenseitig befruchten, als dass sie sich behindern.<br />

kulturnews: Und dieser Lostboy! A.K.A wird also auch auf Tour gehen.<br />

Kerr: Ja, wird er. Lostboy! A.K.A ist geradezu für die Bühne gemacht, und seine Musik<br />

schreit danach, live gehört zu werden.<br />

kulturnews: Und wie klingt er?<br />

Kerr: Nach großen Melodiebögen, nach Turborhythmen, nach schimmernden Gitarren.<br />

Eine lärmige, jugendliche Explosion, verursacht von einem weisen Kopf und einem<br />

Herzen mit Erfahrung. Rasselnder Rock’n’Roll mit Sequenzern und versteckten Sinfonien.<br />

Retro und futuristisch – Lostboy! A.K.A klingt in meinen Ohren völlig zeitlos.<br />

Lostboy! A.K.A Jim Kerr erscheint Mitte Mai.<br />

Foto: Ear Music<br />

Bearbeitung: Matthias Wagner<br />

kulturnews 5/10<br />

Tickethotline: 01805 - 447044<br />

Booking GmbH präsentiert: (0,14 /Min. aus dem dt. Festnetz. Mobilfunk max. 0,42 /min)<br />

09.11. Ch-Zürich – Hallenstadion 10.11. Mannheim – Sap Arena 11.11. Bremen – Arena 13.11. Dresden – Messehalle<br />

14.11. Karlsruhe – Europahalle 15.11. Kempten – Big Box 16.11. A-Graz – Stadthalle 18.11. Trier – Arena<br />

20.11. Frankfurt – Festhalle 21.11. Oberhausen – König Pilsener Arena 22.11.Berlin – O2 World 23.11. Hamburg – Color Line Arena<br />

24.11. Köln – Lanxess Arena 26.11. München – Olympiahalle 27.11. Nürnberg – Arena 28.11. Würzburg – S. Oliver Arena<br />

09.05. Tübingen – Sudhaus 10.05. Heidelberg – Karlstorbahnhof<br />

11.05. Karlsruhe – Tollhaus 13.05. CH-Solothurn – Kofmehl<br />

14.05. CH-Schafhausen – Kammgarn 15.05. Soest – Alter Schlachthof<br />

17.05. A-Salzburg – Rockhouse 18.05. Erlangen – E-Werk<br />

19.05. Düsseldorf – Zakk 20.05. Hannover – Faust<br />

21.05. Potsdam – Lindenpark<br />

& Band<br />

27.05. Darmstadt – Schlossgrabenfest<br />

05.06. Buchenheim – Southern Vibes 16.06. Görlitz – Campus Open Air<br />

18.06. Heidenheim a d. Brenz – Brenzpark Open Air<br />

02.07. Köln – Summerjam 03.07. S - Borlänge – Peace & Love festival<br />

17.07. Cuxhaven – Deichbrand Festival<br />

22.07. Tübingen – Sudhaus Open Air @ Waldbühne<br />

23.07. Freiburg – ZMF 24.07. Münster – Sommer Fieber Open Air<br />

25.07. Mülheim a.d. Ruhr – Ruhr Reggea Summer<br />

06.08. A - Lustenau – Szene Open Air<br />

14.08. Aschaffenburg – Afrika Karibik Festival<br />

20.08 Wirges – Spack Festival 27.08. Übersee – Chiemsee Reggea Summer<br />

29.08. Fulda – Schlosshof Open Air 04.09. Trier – Kaiserthermen<br />

12.09. Rastatt – Murgtal Open Air<br />

Neues Album „Sky Rider“ im Frühsommer 2010!<br />

04.05.<br />

Hamburg – Knust<br />

05.05.<br />

Berlin – Festsaal Kreuzberg<br />

07.05.<br />

München – Ampere<br />

08.05.<br />

Mülheim A. D. Ruhr – Ringlokschuppen<br />

17.05. Köln – Luxor<br />

19.05. Berlin – Magnet<br />

20.05. München – Atomic Café<br />

07.05. Kassel – Alter Schlachthof<br />

08.05. Erfurt – Mehlhose<br />

12.05. Dresden – Scheune<br />

13.05. Frankfurt – Das Bett<br />

14.05. Magdeburg – Projekt 7<br />

15.05. Hamburg – Übel & Gefährlich<br />

16.05. Krefeld – Kulturfabrik<br />

18.05. Stuttgart – Schocken<br />

20.05. Augsburg – Schwarzes Schaf<br />

21.05. Heidelberg – Karlstorbahnhof<br />

23.05. A-Wien – B 72<br />

25.05. München – Ampere<br />

26.05. Berlin – Comet Club<br />

27.05. Leipzig – UT Connewitz<br />

28.05. Köln – Gebäude 9<br />

07.05.<br />

Dortmund – FZW @ Visions Party<br />

08.05.<br />

Köln – Werkstatt @ Visions Party<br />

12.05.<br />

Berlin – Bang Bang Club


34 live // Ruhr Kultur<br />

RUHR.2010: Hier kommt der Beweis!<br />

Das Ruhrgebiet trägt jetzt den Titel „Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010“.<br />

Zum ersten Mal erhält eine ganze Region diese Auszeichnung. 53 Ruhrstädte<br />

haben sich zu einer kulturellen Pilgerstätte für ganz Europa zusammengeschlossen<br />

und bieten das ganze Jahr über ein gigantisches Programm.<br />

Es war schon lange an der Zeit, den vollzogenen Imagewechsel des<br />

Potts – weg vom Industriestandort hin zur Kulturmetropole – nach außen zu<br />

transportieren. So präsentiert sich die Metropole Ruhr nun selbstbewusst<br />

und mit massig kultureller Erfahrung aus vergangenen Jahren. Und falls<br />

Wie schön: Ein Stau!<br />

Still-Leben Ruhrschnellweg // 18. 7., 11–17 Uhr<br />

Autobahn A40/B1 // Infos und Tischvergabe unter: www.ruhr2010.de/still-leben<br />

Stau auf der A40? Das ist normal, denkt<br />

jeder, der sich jemals auf der Autobahn<br />

zwischen Duisburg und Dortmund bewegt<br />

hat. Stauverursacher sind am 18.<br />

Juli jedoch keine Baustellen und zum<br />

Glück auch keine Unfälle, sondern feiernde<br />

Menschen. Da wird nämlich kurzerhand<br />

die Hauptverkehrsader des Ruhrgebietes<br />

gesperrt, und statt einer miefenden<br />

Blechschlange findet man an diesem<br />

Tag eine Tafel aus 20 000 Tischen<br />

auf 60 Kilometern zwischen Duisburg<br />

Henze-Hommage<br />

und Dortmund, wobei jeder Tisch eine<br />

kleine Bühne ist. Am Programm kann sich<br />

jeder Bürger beteiligen und mit Bands,<br />

Tanzgruppen, Vereinen und allem, was<br />

einem sonst einfällt und gefällt, aufwarten.<br />

Zu Fuß, auf dem Fahrrad oder mit anderen<br />

motorlosen Gefährten – Menschen<br />

aller Generationen und Nationen sind eingeladen,<br />

ein rauschendes Fest zu feiern,<br />

das aus der Vogelperspektive wie ein überdimensionales<br />

Stillleben aussehen wird.<br />

Das Henze-Projekt. Neue Musik für eine Metropole<br />

ganzjährig in der Metropole Ruhr // www.ruhr2010.de/henze-projekt<br />

Die Metropole Ruhr hat sich für eine<br />

Hommage an Hans Werner Henze zusammengeschlossen:<br />

Der in Gütersloh<br />

geborene Künstler gehört zu den wichtigsten<br />

Komponisten der Gegenwart. Er<br />

war einer der Ersten, der in den 60ern<br />

Förderprojekte für junge Talente gegründet<br />

und geleitet hat. Seine Musik appelliert<br />

an die Gemeinschaft der Menschen<br />

und spiegelt die Haltung von RUHR.2010<br />

kulturnews 5/10<br />

Grafik: RUHR.2010 GmbH /<br />

TAS Emotional Marketing GmbH<br />

wider, wenn es darum geht, sich miteinander<br />

zu verbinden und gemeinsam<br />

kreativ zu sein. Das ganze Jahr lang werden<br />

Henzes Werke in über 40 Institutionen<br />

gespielt, wird sein gesellschaftliches<br />

Handeln geehrt. Ob in Opern und<br />

Balletten, Konzerten, Tanzaufführungen,<br />

Lesungen oder Filmen – die Botschaft<br />

Henzes wird im ganzen Ruhrpott zu spüren<br />

sein.<br />

Foto: RUHR.2010/Ursula Kaufmann<br />

es doch noch nicht bis in den letzten Winkel Europas vorgedrungen sein<br />

sollte, dass der Ruhrpott sich zwar seinen Industriecharme erhalten hat,<br />

doch schon lange nicht mehr nur aus rauchenden Schornsteinen und<br />

Steinkohlenbergwerken besteht: Hier kommt der Beweis!<br />

Weitere Informationen: www.ruhr2010.de<br />

Info-Hotline RUHR.2010: Tel. +49 (0) 1805-45-2010*<br />

* Festnetztarif 0,14 EUR/Min., Mobilfunkpreis max. 0,42 EUR/Min.<br />

Wo alles begann<br />

SchachtZeichen // 22.–30. 5, Metropole Ruhr<br />

Ein Bild für den Wandel in der Metropole Ruhr // www.ruhr2010.de/schachtzeichen<br />

Noch bevor die allerletzten Steinkohlenzechen<br />

im Ruhrgebiet geschlossen werden,<br />

kann man sich durch RUHR.2010<br />

die Geschichte des Bergbaus und den<br />

einhergehenden Wandel der Region auf<br />

einzigartige Weise vor Augen führen lassen.<br />

Und zwar werden bis zu 350 ehemalige<br />

Schachtanlagen mit gelben Heli-<br />

Alte Schätze<br />

umballonen markiert, die bis zu 80 Meter<br />

weit in den Himmel ragen. Somit ergibt<br />

sich nicht nur eine 4 000 qkm große<br />

Kunstinstallation, sondern ein imposantes<br />

Bild der Geschichte, wenn die Ballone<br />

wie Stecknadeln die ehemaligen<br />

Zechenanlagen markieren.<br />

„Das schönste Museum der Welt“ // 20. 3.–25. 7., Museum Folkwang, Essen<br />

www.ruhr2010.de/das-schoenste-museum-der-welt<br />

Im Neubau des Museum Folkwang findet<br />

die erste große Sonderausstellung statt,<br />

die der Folkwang-Sammlung und ihrer<br />

Geschichte gewidmet ist. Der Ausstellungstitel<br />

„Das schönste Museum der Welt“<br />

beruht auf einem Zitat von Paul J. Sachs,<br />

dem Mitbegründer des New Yorker Museum<br />

of Modern Art. Als er 1932 das Museum<br />

Folkwang mit diesem Kompliment<br />

Foto © Jesiorkowski/<br />

Moos/SchachtZeichen<br />

bedachte, hingen dort noch die Meisterwerke<br />

von Künstlern wie Kandinsky, Matisse<br />

und Kirchner, welche wenige Jahre<br />

später von den Nazis konfisziert wurden.<br />

Nun ist eine Rekonstruktion der Museumsgeschichte<br />

zu sehen, und für vier Monate<br />

sind auch die Werke der ganz Großen<br />

wieder nach Essen zurückgekehrt.<br />

Foto: Museum Folkwang, Essen


Michael Ehnert<br />

Das Tier in mir – Deutschland primat<br />

6.–8. 5. // Vorpremieren in Aachen, Göttingen, Plön<br />

ab 8. 6. // Hamburger Kammerspiele<br />

Er ist der Meister des epischen Form:<br />

Wie bisher kein anderer Kabarettist hat er<br />

bereits in seinem ersten Soloprogramm<br />

„Mein Leben“ klargemacht, warum er mit<br />

klassischem Kabarett nichts mehr anfangen<br />

kann, wieso er keinen eindeutig beziehbaren<br />

Standpunkt mehr einnehmen<br />

kann und warum er dennoch auf die Bühne<br />

geht. Ehnert ist außerdem einer der<br />

wenigen seiner Zunft, die gerne plötzlich<br />

mit jeglicher Ironie brechen. Das sind die<br />

Matze Knop<br />

Momente, in denen sein Programm zum<br />

Stillstand kommt und Ehnert völlig ernst<br />

wird – aber eben nicht kitschig-pathetisch.<br />

Er zwingt sein Publikum in die Vollbremsung,<br />

und mit einem Schreck fährt<br />

diesem ein Erkenntnismehrwert in die<br />

Glieder. Im neuen Programm will sich der<br />

Ehnert mit der zunehmenden Relativierung<br />

von Standpunkten kritisch auseinandersetzen<br />

– bahnt sich da etwa erneut<br />

ein Paradigmenwechsel an?<br />

Operation Testosteron (DVD, Spassgesellschaft!)<br />

Operation Testosteron (Live) 3. 6.– 20. 11. // Hildesheim, Wipperfürth, Aschaffenburg,<br />

Bremen, Aurich, Cloppenburg, Kaiserslautern, Mendig, Bad Harzburg,<br />

Malsch, Hennef, Witten, Basel, Hückeswagen, Mülheim, Schwerte, Bünde<br />

Obwohl er in den letzten Jahren bis zu<br />

250 000 Besucher in seine Shows locken<br />

konnte, ist Matze Knop den meisten<br />

Menschen schlicht nicht bekannt. Und<br />

das, wo auch sie ihn so oft sehen. Knop<br />

imitiert und persifliert gerne Personen des<br />

öffentlichen Lebens. Nein, Politiker nicht,<br />

er ist schließlich Comedian. Knop geht<br />

dahin, wo er sich auskennt: ins TV-Showbizz,<br />

und hier dorthin, wo es weh tut.<br />

Gerne und oft war er Partner von Oliver<br />

Pocher in dessen Einspielern aus der FC-<br />

Bayern-WG, wo er den Comedy-Titanen<br />

immer an die Wand spielte. In seiner Paraderolle<br />

als Franz Beckenbauer wird er<br />

gar in Talkshows eingeladen. Live auf der<br />

Bühne und jetzt auch auf DVD hingegen<br />

gibt Matze Knop den klassischen Comedian,<br />

der, wie Mario Barth auch, sein Leben<br />

zum Zentrum des Programms macht.<br />

Wem das zu wenig ist: Aufgelockert wird<br />

der Abend immer wieder durch Videoeinspieler,<br />

in denen Knop sein phänomenales<br />

Sprachgefühl, seine treffsichere Körpersprache<br />

und sein Einfühlungsvermögen<br />

in die Ticks und Absonderheiten seiner<br />

kopierten Helden unter Beweis stellt.<br />

Knop hat im Vergleich zu einem Mario<br />

Barth so verdammt viel Talent. Er hat es<br />

bei weitem noch nicht ausgeschöpft.<br />

Buddy Ogün<br />

V.I.P. Was’ los! (DVD, Spassgesellschaft!)<br />

„V.I.P. Was’ los!“-Tour 7. 5.–9. 10. // Deutschlandtournee<br />

Buddy Ogün ist ein Phänomen. Über den<br />

Menschen, der diese Kunstfigur erschaffen<br />

hat, weiß man nichts, der war in diesem<br />

Punkt bereits absolut professionell,<br />

als seine Videoclips ab 2007 zuerst nur<br />

von wenigen, dann aber in atemberaubender<br />

Geschwindigkeit von immer mehr<br />

YouTube-Schauern angeklickt wurden. Was<br />

macht Ogün? Zunächst: Er kann Milieuzugehörigkeit<br />

auf ein Klingelzeichen hin<br />

perfekt wechseln, von tumb auf intelligent<br />

umschalten, von aggro auf kuschelig-unterwürfig.<br />

Die Parodie z. B. auf das Klischee<br />

eines Möchtegerngangsters entwickelt<br />

sich weniger in der Rolle des Ogün<br />

Bastürk selbst als vielmehr im rasanten<br />

Rainald Grebe<br />

Wechsel hin zu den anderen Rollen: der<br />

von Alman, dem Bruder von Denise, der<br />

Rolle von Sönkes Freund oder der von<br />

Florian, der in der WG von Sönkes Freund<br />

wohnt. Die schnellen Wechsel der Rollen<br />

erfolgen ausschließlich am Telefon und<br />

funktionieren perfekt über die Sprache,<br />

die in unserer Gesellschaft (fast) alles<br />

bestimmt – und auch verrät. In all diesen<br />

Fällen ist es das Aufgesetzt-Affektierte,<br />

das uns zeigt: Hier stimmt nix, hier ist<br />

alles nur Fassade, und alle sind gleich.<br />

Der Türke aus dem Hamburger Vorort hat<br />

mit kulturell interessierten und im Asta<br />

aktiven Studenten in der Innenstadt mehr<br />

gemein, als beiden lieb sein dürfte.<br />

Rainald Grebe: Die besten Lieder meines Lebens (DVD, Broken Silence)<br />

Rainald Grebe und die Kapelle der Versöhnung: Sommer spezial<br />

1.–30. 6. // Hamburg, Münster, Köln, Darmstadt, Karlsruhe, Mülheim, Bremen,<br />

Oldenburg, Hannover, Leipzig<br />

Ganz alleine am Klavier hat Rainald Grebe<br />

im Berliner Admiralspalast vor vollem<br />

Haus die DVD eingespielt, die laut Titel<br />

die besten Lieder seines Lebens enthält.<br />

Ein paar Songs fehlen – leider. So die legendäre<br />

Präsidenten-Nummer, in der Grebe<br />

das Unnütze, Lächerliche und Selbstbetrügerische<br />

einer Repräsentationsfigur<br />

wie der des Bundespräsidenten offenbart.<br />

Es kann nur einen Grund geben: Sie lässt<br />

sich ohne Band nicht adäquat spielen.<br />

Apropos Band: Nur noch diesen Monat<br />

müssen Grebe-Fans sich mit der DVD-<br />

Konserve begnügen, dann kommt der<br />

Entertainment // live 67<br />

Meister der Mischung aus Nonsens und<br />

Liedermaching wieder auf Tour – mit Unterstützung<br />

seiner Kapelle. Im Interview<br />

auf der DVD erklärt Grebe, wie ihm, der<br />

seine Jugend fast komplett ohne die Sozialisation<br />

von Rock und Pop verbrachte,<br />

die Band neue Wege eröffnete. Das<br />

stimmt: Grebe rockt. Er rockt immer mehr,<br />

je länger er sich dem Band-Experiment<br />

hingibt. Der Entlarver des Spießigen im<br />

Alternativbürgerlichen („30jährige Pärchen“)<br />

entwickelt sich eben immer weiter.<br />

Mal seh’n, wo das noch hinführt!<br />

kulturnews 5/10


68 musik // Pop, Rock + Dance<br />

Platte des Monats<br />

Andrew Collberg<br />

On the Wreath<br />

SONGWRITER-<br />

POP<br />

Groove<br />

Attack<br />

Kaum steigt die Temperatur in wohlige<br />

Plusbereiche, sitzen die Filzmützen wieder<br />

lockerer und die Cordhosen auf Hochwasser.<br />

Und weil die jungen Liedermacher<br />

meist noch wenig zu erzählen haben, beklampfen<br />

sie natürlich die Schönheit der<br />

Mädchen. Andrew Collberg reiht sich hier<br />

mit seinen 21 Lenzen tadellos ein, mixt<br />

Saitengesäusel, sandige Pedal-Steels und<br />

entspannte Bläser so reibungslos, dass<br />

man seinen Dolch schon im Herzen von<br />

Jason Mraz stecken sieht. Der gebürtige<br />

Schwede transportiert jene verträumte Vielschichtigkeit<br />

der frühen Shout Out Louds<br />

in seine neue Heimat Arizona. Klar, das<br />

gibt’s wie Sand am Meer, aber warum diskutieren,<br />

wenn als einzige Antwort käme:<br />

„Chill, Dude!“ Collberg bedient diese<br />

Nische äußerst gekonnt. Und die nächste<br />

Chilloutsession mit seufzenden Girls kommt<br />

bestimmt. (ms)<br />

kulturnews 5/10<br />

-Bewertung<br />

4//<br />

Foals<br />

Total Life forever<br />

DANCEROCK<br />

Warner<br />

Angus & Julia Stone<br />

Down the Way<br />

FOLKPOP<br />

Rough<br />

Trade<br />

5//<br />

Die Foals haben den Sound von 2008 definiert,<br />

indem sie auf ihrem Debüt die Dynamik elektronischer Clubmusik ins Bandformat<br />

übersetzten. Songs wie „Cassius“ und „Balloons“ wurden zu Hits, obwohl sie zugunsten<br />

mathematischer Rhythmusarbeit auf eingängige Refrains verzichteten. Beim Nachfolger<br />

hätte sich das Quintett aus Oxford alles erlauben können. Stattdessen orientieren sie<br />

sich an konventionellen Songstrukturen und emotionalen Popmomenten – für die Querdenker<br />

der denkbar mutigste Schritt. Nachdem er beim Debüt meist dem Sprechgesang<br />

verfiel, croont sich Yannis Philippakis plötzlich durch Songs wie „Blue Blood“ und erinnert<br />

oft an Cure-Sänger Robert Smith. Stadionhymnen wie „Miami“ sind Bloc Party seit<br />

ihrem ersten Album schuldig geblieben, und der melancholische Siebenminüter „Spanish<br />

Sahara“ ist ein radikaler Befreiungsschlag. Passend dazu sind auch Philippakis’ Texte<br />

sehr viel persönlicher: Zwar gibt es mit den Bezügen auf den US-Futuristen Raymond<br />

Kurzweil noch immer einen gedanklichen Überbau, doch zwischen den Zeilen versteckt<br />

der Foals-Sänger komplett uncodierte Gedanken. Sie hätten grandios scheitern können,<br />

doch weil sie bei aller Eingängigkeit die komplexen Untertöne und ihren charakteristischen<br />

Sound nie ganz aus den Augen verlieren, sind die Foals über jeden Banalitätsverdacht<br />

erhaben. „Total Life forever“ definiert ganz sicher nicht den Sound von 2010,<br />

doch es zählt zu den besten Alben des Jahres. (cs)<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

5//<br />

Nur zwei weitere Gründe, um sich in<br />

Angus & Julia Stone zu verlieben: „If you<br />

love me, I’ll make you a star in my universe,<br />

you’ll never have to go to work, you’ll<br />

spend everyday shining your light my way“,<br />

verspricht Julia mit ihrer kantig-prägnanten<br />

Stimme in „For you“. Und Angus<br />

steht ihr in nichts nach, wenn er zu Beginn<br />

von „Hush“ mit klarer Jungsstimme<br />

haucht: „If you wake to find you’re alone,<br />

call me up on the telephone, and I’ll say<br />

,Come on ’round, kick up your feet, I’ll<br />

check to see if your heart still beats.‘“<br />

Nachdem das Geschwisterpaar aus Sydney<br />

mit seinem Debüt „A Book like this“ die<br />

Folkfans in aller Welt erobert hat, legen<br />

sie jetzt nach. Wirklich verändern mussten<br />

sie nichts; mal versetzen sie ihre Akustiksongs<br />

mit Pop, mal mit sanftem Rock.<br />

Dabei bleiben die Stones ihrer strikten<br />

Arbeitsteilung treu: Wer den Song geschrieben<br />

hat, übernimmt das Mikro, während<br />

sich der andere um die Arrangements kümmert,<br />

die ihre herzerweichenden Kompositionen<br />

abrunden. Weil „Down the Way“<br />

während ihrer Dauertour in den letzten<br />

zwei Jahren entstand, spielten sie das Album<br />

an so kuriosen Orten wie einem Sägewerk<br />

in Cornwall oder einem riesigen Wassertank<br />

im australischen Coolangatta ein,<br />

und auch den Produzentenjob übernahmen<br />

sie gleich selbst. (cs)<br />

Band Of Horses<br />

Infinite Arms<br />

INDIEPOP<br />

Sony<br />

Music<br />

Wer so schwelgt wie die Band Of Horses,<br />

wer sich so lustvoll suhlt im Epischen und<br />

die Nüstern derart weitet, um Melancholie<br />

einzusaugen, bis sie sich in ein Aphrodisiakum<br />

verwandelt, dem kann keine Krise<br />

etwas anhaben, im Gegenteil: Sie ist sein<br />

Elixier. Schon das Eröffnungsstück „Factory“<br />

glänzt mit geschlagenen Akustikgitarren<br />

vor einem Meer aus Streichern, in dem die<br />

hohe, durchweg in die Ferne gemischte<br />

Stimme Ben Bridwells schwerelos schwebt.<br />

Nicht immer strebt der Sound so entschlossen<br />

nach Übergröße, doch alle Songs, auch<br />

die streicherlosen, feiern konsequent die<br />

Emphase. Das alles ist produziert mit viel<br />

Retropatina. Es riecht und schmeckt nach<br />

Popunschuld, nach 60ern (man beachte<br />

die Beats in „Compliments“ oder die E-<br />

Sitar in „Trudy“), manchmal nach dem versonnenen<br />

Harmonypop von America („Infinite<br />

Arms“), nach großen Fluchten also –<br />

und jener Aufbruchseuphorie, die eigentlich<br />

nur frischen Bands eigen ist. Doch die<br />

Band Of Horses aus South Carolina entstand<br />

bereits 2004, und das auch noch<br />

aus den Trümmern einer Vorgängerband.<br />

Dieses Quintett ist schon da, wo die Fleet<br />

Foxes erst hinkommen müssten – wenn<br />

sie jetzt überhaupt noch wollten. (mw)<br />

Booka Shade<br />

More<br />

ELEKTROPOP<br />

Universal<br />

5//<br />

5//<br />

Anfang des Jahrtausends waren Arno<br />

Kammermeier und Walter Merziger Musikberater<br />

für Star Search, sie komponierten<br />

für die Werbung und belieferten Acts wie<br />

Culture Beat und No Angels mit Radiohits.<br />

Dann gründeteten sie ihr Label Get Physical,<br />

auf dem sie als Produzenten für die<br />

Etablierung von Elektrohouse und Minimal<br />

Techno sorgten. Doch so sehr sich die<br />

beiden mit ihrem eigenem Projekt Booka<br />

Shade auch bemühten, düstere und sperrige<br />

Alben zu veröffentlichen: Um Clubund<br />

Szenehits wie „Body Language“ kamen<br />

sie nicht herum. Heute zählen Booka<br />

Shade zu den weltweit erfolgreichsten<br />

Elektroacts, die sowohl in den größten<br />

Clubs als auch auf Rockfestivals funktionieren.<br />

Mit ihrem vierten Album trauen<br />

sie sich jetzt endlich, all die Erfahrungen<br />

ihrer Chartspopzeit zu nutzen. Sie wissen<br />

mit der ganz großen Studiotechnik umzugehen,<br />

und auf „More“ setzen sie sie ein,<br />

um das Maximum an unpeinlicher Tanzbarkeit<br />

rauszuholen. Da ist der von Chelonis<br />

R Jones gesungene Neohouse-Ohrwurm<br />

„Bad Love“, das atmosphärische<br />

„Teenage Spaceman“ und vor allem mit<br />

„Regenerate“ die Ravehymne dieses Sommers.<br />

Doch Booka Shade sorgen sich<br />

auch um die Albumdramaturgie, indem<br />

sie die Tanzflächenfüller etwa mit einem<br />

Soft-Cell-Zitat oder einer Hommage ans<br />

Schweizer Duo Yello durchsetzen. Und<br />

genau das hievt „More“ auf eine Ebene<br />

mit Genreklassikern von Underworld, Daft<br />

Punk oder den Chemical Brothers. (cs)<br />

Broken Social Scene<br />

Forgiveness Rock Record<br />

INDIEROCK<br />

Rough<br />

Trade<br />

5//<br />

Sie verraten den Kollektivgedanken – und<br />

man hört es nicht. Als Kanada vor etwa<br />

zehn Jahren zu einem der wichtigsten Länder<br />

auf der Indiepopkarte wurde, lag das<br />

nicht zuletzt an Broken Social Scene. So<br />

ziemlich jeder, der in den Musikszenen<br />

von Montreal und Toronto wichtig war,<br />

mischte bei dem Bandprojekt kreativ mit,<br />

und sowohl „You forgot it in People“ als<br />

auch „Broken Social Scene“ zählen zu den<br />

wichtigsten Alben des letzten Jahrzehnts.<br />

Jetzt, nach fünf Jahren Plattenpause, hat<br />

sich um die beiden Initiatoren Kevin Drew<br />

und Brendan Canning erstmals ein eingespieltes<br />

Kernsextett gebildet, das sogar mit<br />

John McEntire (Tortoise) einen Produzenten<br />

zur Seite hatte. Natürlich sind trotzdem<br />

unzählige Gäste dabei; neben den üblichen<br />

Verdächtigen auch Jason Tait (Weakerthans)<br />

oder Sebastian Grainger. Und trotz der<br />

Stammformation bleiben BSS unberechen-


ar: Mit nahezu jedem Song wechseln sie<br />

das Genre, selbst innerhalb der Songs bieten<br />

sie unverschämt viele Hooks und Richtungswechsel.<br />

Da konzentriert sich „Chase-<br />

Scene“ mit Discostreichern voll auf den<br />

Groove, während „Water in Hell“ dem<br />

schraddeligen Alternativesound der 90er<br />

Referenz erweist. Da haben sie mit dem<br />

Instrumentalsong „Meet me in the Basement“<br />

ein Krautrockmonster, während sich<br />

„Romance to the Grave“ in einen Ambientkokon<br />

hüllt. Und für den absoluten Höhepunkt<br />

der Platte schauen noch mal alle<br />

Genossen der guten alten Zeit vorbei: Feist,<br />

Amy Millan und Metrics’ Emily Haines befeuern<br />

die flirrende Indiepophymne „Sentimental<br />

X’s“. (cs)<br />

Chapelier Fou<br />

613<br />

Pop, Rock + Dance // musik 69<br />

ELEKTROPOP<br />

Cargo<br />

5//<br />

Chapelier fou bedeutet frei übersetzt „verrückter<br />

Hutmacher“. Und schon ploppen<br />

Assoziationen auf wie Werbe-Pop-ups für<br />

Lewis Carrolls unendliche Märchenwelt.<br />

Aber damit hat Chapelier Fou alias Louis<br />

Warynski im wahrsten Sinne des Wortes<br />

nichts am Hut. Der 24-jährige Franzose<br />

geht zum Glück ganz eigene Wege. „613“<br />

ist sein erstes Album auf Yann Tiersens<br />

Hauslabel „Ici d’ailleurs“. Warynski verschmilzt<br />

Klassik und Elektronik, schafft<br />

verspielte Klänge und aufbrausende Melodien.<br />

Ständig pendelt man zwischen Orchesterraum<br />

und Traumland hin und her<br />

und fühlt sich mal erinnert an kurvenreiche<br />

Vespafahrten durch Paris oder ans<br />

Dahingleiten in einer venezianischen Gondel.<br />

Eine Metapher vom Wunderland –<br />

vom Wunderland des Kompositionstalents<br />

Warynski. Keins seiner Stücke fällt qualitativ<br />

ab, alle haben sie Tiefgang, sind<br />

packend und ein wenig verrückt. Und so<br />

passt sein Name dann doch wieder. (ml)<br />

St. Pauli Einhundert (Indigo) umfasst 100 Songs von<br />

100 Bands sowie ein 100-seitiges Buch mit 100<br />

Künstlerstatements, und das alles zum 100. Geburtstag<br />

des Hamburger Kultvereins. So ein Projekt<br />

gab’s noch nie für einen Kickerclub. Von den<br />

Dickies bis Turbonegro sind alle dabei. Jetzt muss<br />

der FC St. Pauli nur noch aufsteigen …<br />

Geschichten, Interviews, Porträts:<br />

Noch mehr online unter<br />

www.kulturnews.de<br />

Deftones<br />

Diamond Eyes<br />

ALTERNATIVE<br />

METAL<br />

Warner<br />

Um die Deftones war es in den letzten<br />

Jahren auffällig still geworden. Was zum<br />

einen an der sowieso eher langsamen Produktionsweise<br />

der Kalifornier lag, zum<br />

anderen aber auch daran, dass Bassist<br />

Chi Cheng nach einem Autounfall lange<br />

im Koma lag. Vorübergehend schrubbt<br />

nun Quicksands Sergio Vega den Bass.<br />

Möglicherweise eine Initialzündung, denn<br />

dieses sechste Album ist wieder eine ganze<br />

Spur härter als seine Vorgänger. Ein<br />

tiefengesättigter Sound, wuchtige Gitarren<br />

und eine durchaus wieder hörbare Metalattitüde<br />

– die Deftones graben sich schnurgerade<br />

zu ihren Wurzeln zurück und wildern<br />

mit gestöhntem Sprechgesang und<br />

Schnarrgitarren sogar zeitweise in alten<br />

Korn-Revieren. Dazu werden die zeitweise<br />

übermächtig gewordenen Synthies vom<br />

verschwurbelten Artrockniveau wieder auf<br />

hymnische Refrains heruntergebrochen.<br />

Das tut gut: „Diamond Eyes“ fräst sich in<br />

Windeseile in die Gehörgänge und könnte<br />

damit ein würdiger Nachfolger für den<br />

Meilenstein „White Pony“ werden. (es)<br />

Dirtmusic<br />

BKO<br />

AFROROCK<br />

Indigo<br />

4//<br />

4//<br />

Page & Plant dürften sich wie Ideengeber<br />

fühlen. Denn auch das Rocktrio Dirtmusic<br />

– bestehend aus den drei bekannten<br />

Nasen Chris Eckman (Walkabouts), Chris<br />

Brokaw (Lemonheads) und Hugo Race –<br />

reiste nach Afrika und hatte dort derart<br />

viel Spaß mit einheimischen Musikern,<br />

dass flugs ein gemeinsames Album aufgenommen<br />

wurde, welches genauso erdig<br />

klingt wie das Cover aussieht. Die Gäste –<br />

allen voran das Tuareg-Trio Tamikrest –<br />

liefern zum Glück mehr als nur exotischen<br />

Zierat. Mit Gesängen, Juchzen, Afrogitarre<br />

und viel Perkussion bepinseln sie den<br />

elektrischen Rocksound, bis wirklich ein<br />

schön anzuschauendes Ethnorockgemälde<br />

entsteht, wenn auch mit manch<br />

schriller Farbkombination („Niger Sundown“).<br />

Das Konzept funktioniert sogar<br />

kulturnews 5/10


17.11. Wien Stadthalle<br />

19.11. Dresden Kulturpalast<br />

20.11. Nürnberg Meistersingerhalle<br />

21.11. Berlin Tempodrom<br />

23.11. Hannover Theater am Aegi<br />

24.11. Hamburg CCH 2<br />

25.11. Bochum RuhrCongress<br />

26.11. Trier Arena<br />

28.11. Frankfurt Jahrhunderthalle<br />

30.11. München Philharmonie<br />

Shooter Promotions präsentiert<br />

Tour 2010<br />

www.someren.de<br />

01.12. Stuttgart Liederhalle<br />

02.12. Zürich Kongresshaus<br />

04.12. Ravensburg Oberschwabenh.<br />

05.12. Freiburg Konzerthaus<br />

06.12. Rosenheim Ku‘Ko<br />

08.12. Münster Halle Münsterland<br />

09.12. Heilbronn Harmonie<br />

10.12. Düsseldorf Philipshalle<br />

11.12. Bielefeld Stadthalle<br />

Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen!<br />

Telefonische Kartenreservierung: 01805-570070<br />

(0,14 €/Min. aus dem deutschen Festnetz Mobilfunkpreise max. 0,42 €/Minute)<br />

Im Internet unter: www.eventim.de<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

70 musik // Pop, Rock + Dance<br />

bei Covers wie Velvet Undergrounds „All<br />

tomorrow Parties“, dem exotisches Geklöppel<br />

jede urbane Düsternis austreibt.<br />

Ry Cooder wird sich jedenfalls in den Hintern<br />

beißen, weil er nicht eingeladen war.<br />

Als Bonus gibt es eine DVD mit Dokumentation<br />

und Liveaufnahmen. (mw)<br />

Diverse<br />

Kitsuné Maison Compilation 9:<br />

The Cotton Issue<br />

FRENCH<br />

ELEKTRO<br />

Rough<br />

Trade<br />

Die „Kitsuné Maison“-Sampler lassen<br />

uns jedes Jahr aufs Neue wissen, wer gerade<br />

angesagt ist in Sachen Elektro und<br />

Indierock. Das französische Label ist berühmt<br />

dafür, Trends früh zu erkennen und<br />

zu prägen. Für die neunte Ausgabe der<br />

Kompilation reisten die Macher nun zurück<br />

in die 90er und ließen sich dort von Lounge<br />

und Chillout inspirieren. Steht uns also<br />

ein Comeback der Daunenklänge bevor?<br />

Auf der „Cotton Issue“ jedenfalls werden<br />

diese Genres geschickt mit feinstem Elektropop<br />

von Yuksek, Crookers und Two Door<br />

Cinema Club verbunden, und fürs Abhängen<br />

nach durchtanzten Nächten sorgen<br />

dann Feldberg, The Good Natured und<br />

Monarchy, die mit sanften Beats und Stimmen<br />

das Tempo runterregulieren. (mss)<br />

Ellie Goulding<br />

Lights<br />

ELEKTROPOP<br />

Universal<br />

Was für eine süße Popzuckerschnute! Das<br />

ist der erste Gedanke beim Hören des Debüts<br />

der 23-jährigen Britin. Das geht schon<br />

rein. Was aber wichtiger ist: Ellie Goulding<br />

geht nicht gleich wieder raus. Trotz reichlich<br />

Beats und elektronischen Effekten<br />

auch auf der Stimme steckt im Partyoutfit<br />

nämlich eine echte Songwriterin mit Gespür<br />

für Melodien und Texte. In soften<br />

Soundscapes sinniert Goulding über Beziehungen,<br />

die eigentlich nie eine Chance<br />

haben, oder über die Sinnlosigkeit romantischer<br />

Konventionen. Anders als Kolleginnen<br />

wie Kate Nash oder Lily Allen setzt<br />

sie dabei aber nicht auf einen direkten<br />

Clash von Form und Inhalt. Goulding er-<br />

kulturnews 5/10<br />

5//<br />

4//<br />

zählt keine Alltagsgeschichten, es wird<br />

auch nicht „Fuck“ gesagt. Nein, poetisch<br />

sind ihre Texte, und sie fahren die gleiche<br />

Taktik wie der Sound: Was Ellie Goulding<br />

macht, drängt sich nicht auf – es bleibt<br />

hängen. (kab)<br />

Gisbert zu Knyphausen<br />

Hurra! Hurra! So nicht.<br />

LIEDER-<br />

MACHER<br />

Rough<br />

Trade<br />

Der Erfolg seines Debüts war eine der<br />

größten Überraschungen 2008: ausverkaufte<br />

Konzerte mit textfestem Publikum<br />

und überall nur Lob für den kauzigen<br />

Songwriter, der mit melancholischen Akustiksongs<br />

für eine Renaissance der Berufsbezeichnung<br />

Liedermacher sorgte. Umso<br />

erfreulicher, dass Gisbert zu Knyphausen<br />

mit dem Nachfolger jetzt nicht auf den<br />

großen Durchbruch schielt. Unter der<br />

Regie von Tobias Levin hat er ein düsteres<br />

und introvertiertes zweites Album aufgenommen.<br />

Es ist zwar komplexer arrangiert<br />

und überrascht etwa beim Opener „Hey“<br />

mit einem noisigen Gitarrensturm, doch<br />

auf dem Weg zum echten Bandalbum ist<br />

diese CD nur ein Zwischenschritt. Unverständlich<br />

nur, warum man in seinen Texten<br />

auf so viel Selbsthass stößt. Mit „Melancholie“<br />

beschimpft er sich selbst –<br />

dabei schimmert selbst aus seinen hoffnungslosesten<br />

Zeilen immer noch ein bisschen<br />

Hoffnung. Und „Ich bin ein Freund<br />

von Klischees und …“ muss man fast als<br />

Absicherung verstehen – wo doch gerade<br />

zu Knyphausen wie derzeit kein Zweiter<br />

mit überraschenden Bildern aufwartet.<br />

Vielleicht sollte er sich selbst mal wieder<br />

„Kräne“ anhören: Der unangefochtene<br />

Albumhöhepunkt zählt zu den besten<br />

Songs, die je über Hamburg geschrieben<br />

wurden. (cs)<br />

Grovesnor<br />

Soft Return<br />

ELEKTROPOP<br />

Alive<br />

4//<br />

3//<br />

Wenn einer von Hot Chip was am Start<br />

hat, ist man immer geneigt, das präventiv<br />

gut zu finden. Bei Grovesnor, dem Projekt<br />

von Rob Smoughton, sollte man trotzdem


Pop, Rock + Dance // musik 71<br />

Der in Berlin lebende Schweizer Robi<br />

Insinna ist ein gefragter DJ und Produzent,<br />

remixt Bands wie The Gossip und Franz<br />

Ferdinand, veröffentlicht unter den Pseudonymen<br />

Manhead und Headman Dancealben,<br />

betreibt sein eigenes Nu-Disco-<br />

Label „Relish“ und ist nebenbei auch<br />

noch Grafiker und Maler. Uff. Von Stress<br />

ist auf seinem viertem Album aber nichts<br />

zu spüren. „1923“ versprüht das kühle<br />

Flair der frühen 80er und soll die musikalische<br />

Umsetzung der klaren Linien des<br />

Bauhaus-Stils sein. Das klappt: Disco,<br />

Postpunk und Techno laufen zu einer reduzierten<br />

Tanzplatte zusammen, die von ,<br />

düsteren Bässen und fragmentarischen<br />

Textzeilen gleichermaßen lebt. Die Verbeugung<br />

vor den 80ern gipfelt in „Gimme“,<br />

wo Yello-Sänger Dieter Meier als grummeliger<br />

Alter gegen flotte Beats ansingt – was<br />

man ironisch nehmen oder hassen kann.<br />

Dafür veredelt Steve Mason von der Beta<br />

Band das flirrende „Private Show“, während<br />

„Blue Boys“ sich in dunkler Zurückhaltung<br />

übt und „Assassin“ freudig vor sich<br />

hinknarzt. Auch wenn es für den großen<br />

Wurf etwas zu abstrakt ist und die zwingenden<br />

Hooks fehlen: Als puristische Danceperle<br />

geht „1923“ allemal durch. (kat)<br />

Jamie Lidell<br />

Compass<br />

genauer hinhören – oder eben auch nicht.<br />

Wenn schon auf dem Beipackzettel gefragt<br />

wird, ob diese auf Disco getunte<br />

Fahrstuhlmusik (die dort viel eleganter<br />

„Future Pop“ heißt) ernst gemeint ist –<br />

dann ist sie es vielleicht. Oder auch nicht.<br />

Im Endeffekt egal: Ernst nehmen kann und<br />

FUNKPOP<br />

muss man sie nicht. Was uns Grovesnor<br />

hier als „Soft Return“ unterjubeln will, ist<br />

nämlich nichts weniger als eine unsanfte<br />

Rough<br />

Trade 5//<br />

Rückkehr der 80er, inklusive ihrem Jeder Versuch, Jamie Lidell anhand sei-<br />

Kitsch. Das kann auch mal gutgehen. nes Werdegangs so zu beschreiben, dass<br />

„Nitemoves“ zum Beispiel haftet eine an- auch nur ein halbwegs richtiges Bild<br />

rührende Zerbrechlichkeit und Unentschlos- dabei entsteht, muss scheitern. Zu vielseisenheit<br />

an. „Dragon Tree“ verhebt sich tig, der Mann! Vom Dancefloorproduzen-<br />

stimmlich so sehr, dass es verdammt ten wurde er zum Retrosouler, doch auch<br />

charmant klingt. Und der instrumentale das war nur eine Episode im Leben Lidells.<br />

Titeltrack darf gar als jazzig bezeichnet „Compass“ hat mit seinem Vorgängeralbum<br />

werden. Insgesamt gehen diese Schman- „Jim“ nämlich nur noch wenig zu tun.<br />

kerl dann aber doch zu sehr unter in Syn- Soul und Funk bleiben zwar Bestandteile<br />

thiegeblubber und Banalbeats. (kab) von Lidells Musik – alles andere wäre<br />

auch ein Jammer gewesen bei einem, der<br />

schon mit Prince verglichen wurde. Doch<br />

Headman<br />

Elektro und schräges Songwriting grät-<br />

1923<br />

schen in den Sound und bewahren ihn<br />

vor jeder Form von Gefälligkeit. Dieser<br />

NEW WAVE<br />

Groove<br />

Attack<br />

Kompass zeigt keine Richtung auf, sondern<br />

zelebriert vielmehr das Suchen danach<br />

in relaxter Selbstverständlichkeit – und<br />

auf höchstem musikalischen Niveau. (kab)<br />

4//<br />

Juan MacLean<br />

DJ-Kicks<br />

ELEKTROROCK<br />

Alive<br />

3//<br />

Zur Ehre, eine „DJ-Kicks“-CD zu gestalten,<br />

kamen seit jeher nur ausgewählte<br />

Musiker. Namen wie Booka Shade oder<br />

Kruder & Dorfmeister standen für eine<br />

Qualität der Mixes, wie sie eben nicht<br />

jeder Dorf-DJ zustande bringt. Jetzt darf<br />

sich als 32. auch Juan MacLean, Gründer<br />

des Dancelabels DFA, zum erlauchten<br />

Kreis zählen. Seinem alten Hang zum<br />

Dancepunk frönt er hier aber nicht, sondern<br />

konzentriert sich auf House. Dieser<br />

Wechsel klingt interessant, doch beim<br />

Reinhören stellt man fest: Die Songauswahl<br />

ist, gutmütig betrachtet, zwar konzeptionell<br />

konsequent, bei kritischer Beobachtung<br />

aber durchwachsen. Sie reißt<br />

kaum mit, klingt manchmal zu kitschig,<br />

stimmlastig, zu luftig-leicht. Dem Mix hätten<br />

ein, zwei Songs mehr von der Sorte<br />

„Like a Child“ – der uns in den Magen boxt<br />

und auf die Tanzfläche zieht – gut zu Gesicht<br />

gestanden. So allerdings bleibt das<br />

Wichtigste eines DJ-Sets, die Interaktion<br />

mit dem Hörer, leider auf der Strecke. (ml)<br />

kulturnews 5/10<br />

DAS ALBUM <br />

AB JUNI IM HANDEL<br />

DIE SINGLE <br />

JETZT ÜBERALL ALS CD & DOWNLOAD<br />

www.jan-sievers.de www.warnermusic.de


Das Album „PLÄNE FÜR DIE ZUKUNFT“<br />

inkl. der SINGLE „WENN DU MICH BRAUCHST“<br />

ab Mai überall im Handel<br />

25.05.10 Leipzig Moritzbastei<br />

26.05.10 Berlin Magnet<br />

27.05.10 Hamburg Grüner Jäger<br />

28.05.10 Köln MTC<br />

29.05.10 Darmstadt Schlossgrabenfest<br />

30.05.10 Wien Chelsea<br />

31.05.10 München Backstage<br />

02.06.10 Hannover Capitol*<br />

04.06.10 Nürburgring Rock am Ring<br />

05.06.10 Nürnberg Rock im Park<br />

08.06.10 Zürich Hafenkneipe<br />

09.06.10 Stuttgart Universum<br />

10.06.10 Paderborn Sommerfestival<br />

12.06.10 Kirchanschöring Im Grünen Festival<br />

17.07.10 Aubing Open Air am Lußsee<br />

10.08.10 München Theatron<br />

21.08.10 Hannover Bootboohook Festival<br />

23.10.10 Bayreuth Komm<br />

*Support von Sportfreunde Stiller<br />

Fertig, Los! präsentiert von Prinz, Intro und Piranha.<br />

www.fertiglos.com<br />

www.myspace.com/fertiglos<br />

72 musik // Pop, Rock + Dance<br />

Julia A. Noack<br />

69.9<br />

FOLKPOP<br />

Timezone<br />

Im Sommer 2007 überzeugte die Berliner<br />

Musikerin Julia A. Noack auf ihrem Album<br />

„Piles & Pieces“ als zupfende Folklady. Mit<br />

schlichtschönen Songs wie damals wartet<br />

sie auch diesmal auf, doch nun stecken<br />

sie dank der ambitionierten Produktion (verantwortlich:<br />

Gerald Oppermann und die<br />

Künstlerin selbst) in einem erheblich vielfältigeren<br />

Klangkleid. Dem programmatischen<br />

„Redefine“ fahren elektronische Störer<br />

in die Parade, in „Sudden Twist“ dräut<br />

die Orgel unheilvoll, und das geheimnisvoll<br />

geraunte Titelstück verzichtet zwar<br />

auf den Beat, nicht aber auf geisterhafte<br />

Stimmen, die dem Song die Aura eines<br />

japanischen Gruselfilms verleihen. „Me &<br />

the AD“ will dann fast schon Schunkelpop<br />

sein, doch Noacks wahre Persona ist noch<br />

immer die der zupfenden Folklady; das<br />

vermögen auch die Soundtricksereien nicht<br />

zu verbergen. Sehr ohrenfällig wird das<br />

im Genremix „Bee buzzin’“, wo der intime<br />

Charme ihres Folks auf Passagen im fast<br />

schon Smith’schen Indiepopstil trifft – und<br />

gewinnt. (mw)<br />

LCD Soundsystem<br />

This is happening<br />

DANCE-<br />

CROSSOVER<br />

Capitol<br />

Er ist eine Liebeserklärung ans Jetzt,<br />

doch vor allem ist der Titel des neuen Albums<br />

eine Drohung: James Murphy hat<br />

erklärt, nach dem dritten Album und der<br />

anschließenden Welttour mit LCD Soundsystem<br />

Schluss zu machen. Besonders<br />

bitter, denn der New Yorker Dancepunkerfinder<br />

und Gründer des DFA-Labels ist so<br />

gut wie nie zuvor. „You wanted a hit, but<br />

maybe we don’t do hits, I try and try, it<br />

ends up kind of wrong“, heißt es in „You<br />

wanted a Hit“ – gelogen! Schon „Dance<br />

yrself clean“ ist eine dramaturgische Meisterleistung<br />

in neun Minuten, die mit Perkussion<br />

und verhaltenem Singalong beginnt<br />

und natürlich auf der Tanzfläche<br />

endet. Die Single „Drunk Girls“ schrammelt<br />

mit ihrer Anlehnung an den Blur-Hit<br />

„Parklife“ haarscharf am Trash vorbei und<br />

kulturnews 5/10<br />

4//<br />

5//<br />

wird gerade deshalb in diesem Sommer<br />

zu den Höhepunkten jeder Clubnacht<br />

zählen. „All I want“ klingt wie einer der<br />

besten Strokes-Songs – wenn die Band<br />

nur jemals Mut zum Experimentieren<br />

gehabt hätte. Und der Sprechgesang von<br />

„Pow Pow“ dockt an LCD-Klassiker wie<br />

„Losing my Edge“ oder „Daft Punk is<br />

playing at my House“ an und wird wegen<br />

seiner verspielten Prolligkeit vor allem in<br />

England für Aufregung sorgen. Wir sollten<br />

einfach mit dem LCD Soundsystem tanzen<br />

– solange wir noch können. (cs)<br />

Le Le<br />

Le Classics<br />

ELEKTROFUNK<br />

Groove<br />

Attack<br />

Statt neue Songs aufzunehmen, wühlten<br />

die drei Niederländer von Le Le in ihrer<br />

Diskografie herum und kramten zehn<br />

Stücke von einstigen EPs und des 2008<br />

in Benelux erschienen Debütalbums „Flage“<br />

heraus. Daraus entstand das Quasi-Bestof<br />

„Le Classics“, in dem sich die gesamte<br />

Skurrilität der Band spiegelt – angefangen<br />

bei „Esperantology“, einer Mixsprache aus<br />

Deutsch, Englisch, Niederländisch, Französisch<br />

und Kauderwelsch, die den funkigen,<br />

durchgeknallten Elektro begleitet, bis<br />

hin zur merkwürdigen Besetzung aus Rapper,<br />

Elektrosurfer und Illustrator. Letzterer<br />

heißt Parra und ist bekannt für seine farbenfrohen<br />

Entwürfe. Natürlich quillt auch<br />

der Sound vor Farbe und Witz nur so<br />

über, wie man auch am Highlight des<br />

Albums, „Skinny Jeans“, erkennen kann.<br />

Der Song war 2008 ein Clubhit in Benelux,<br />

man kann kaum verstehen, was gesungen<br />

wird, doch es klingt wunderbar<br />

entspannt, und die Beats quietschen dazu<br />

angemessen trashig. Überhaupt: Bei „Le<br />

Classics“ kommt Freude auf – auch wenn<br />

die Songs nicht brandneu sind. (ml)<br />

Matthew Herbert<br />

One One<br />

EXPERIMENTAL<br />

POP<br />

Rough<br />

Trade<br />

4//<br />

4//<br />

Pssst, seid mal leise! Habt Ihr das gehört?<br />

Wir befinden uns in Whitstable, Kent, und<br />

da drüben ist das Studio von Matthew


Herbert. Schaut, da sitzt er ja, ganz allein<br />

in einem schwarzen Smoking, umgeben<br />

von zahlreichen Instrumenten und einer<br />

Flasche Rotwein. Muss er sich etwa Mut<br />

antrinken? Schließlich hat er für dieses<br />

Album nicht nur geschrieben und produziert,<br />

sondern auch alles eigenhändig gespielt<br />

und eingesungen. Dabei konnte er<br />

viele der Instrumente anfangs kaum bedienen<br />

und war sehr unsicher, wie sich<br />

sein Gesang machen würde. Doch du<br />

kannst beruhigt sein, lieber Matthew, alles<br />

bestens, auch ohne den Bombast der<br />

2 000 Samples, die wir aus deinen Big-<br />

Band-Zeiten gewohnt sind. Und somit<br />

haben wir hier den wohl persönlichsten<br />

Matthew-Herbert-Moment seit seinem<br />

ersten Auftritt 1995 als Wishmountain,<br />

damals lediglich in Begleitung einer Pfeffermühle.<br />

„One One“ ist der erste Teil einer<br />

Trilogie, deren Abschluss „One Pig“ bilden<br />

wird. Darauf sollen dann wieder Samples<br />

zu hören sein, und zwar die eines Schweins,<br />

das auf einer Farm in Kent aufgezogen,<br />

geschlachtet und verarbeitet wird … Peta<br />

hat sich dazu auch bereits geäußert. Doch<br />

dazu dann später mehr. (suz)<br />

Noisia<br />

Split the Atom<br />

Pop, Rock + Dance // musik 73<br />

DRUM & BASS<br />

Alive<br />

5//<br />

„Split the Atom“ ist Noisias erstes Album,<br />

doch die drei Holländer gehören schon<br />

länger zur ersten Liga im Drum & Bass.<br />

Das verdanken sie ihren Remixen für namhafte<br />

Künstler wie The Prodigy oder Moby,<br />

dem eigenen Label Vision und weltweiten<br />

DJ-Sets. Ihr Debüt ist ein Mix aus Drum &<br />

Bass, Dub und Elektronika; die englische<br />

Band Foreign Beggars steuert auf zwei<br />

Tracks Raps bei, und Noisia gelingt es,<br />

die Grenzen zwischen den verschiedenen<br />

Genres zu verwischen. Sie beweisen damit,<br />

wie variabel und vielfältig Elektronik<br />

sein kann, und greifen Ansätze von Bands<br />

wie Aphex Twin und Massive Attack auf,<br />

die schon in den 90ern anfingen, diese<br />

Genres zu mischen. Die Rückbesinnung<br />

auf 90er-Elektro und dessen Weiterentwicklung<br />

scheint ein aufkommender Trend zu<br />

sein, dem auch Noisia folgt. Und da „Split<br />

the Atom“ eben kein reines Dancealbum<br />

ist, besteht die Platte auch abseits der<br />

Tanzfläche. Insgesamt ein Debüt mit durchweg<br />

eigenständigen Tracks, deren Wirkung<br />

sich jedoch erst dann komplett entfaltet,<br />

wenn man sie am Stück durchhört. (mss)<br />

Ólafur Arnalds<br />

And they have escaped<br />

the Weight of Darkness<br />

KLASSIKPOP<br />

Indigo<br />

Wer Sigur Rós’ Weg in die Fröhlichkeit<br />

nicht mitmachen will und nach Jonsis poppigem<br />

Soloalbum kurz vor der Verzweiflung<br />

steht, kann sich von Ólafur Arnalds<br />

die Seele streicheln lassen. Nicht gerade<br />

zufällig war der 23-Jährige aus Reykjavík<br />

vor zwei Jahren mit Sigur Rós auf Tour,<br />

um sein Debüt „Eulogy for Evolution“ vorzustellen.<br />

Zwar spricht auch Arnalds von<br />

positiver Energie und größerer Zugänglichkeit,<br />

um sein neues Album zu charakterisieren<br />

– doch da hat er selbst wohl eine<br />

sehr eigene Bewertungsskala. Okay, inzwischen<br />

hat er Songtitel, doch da die auf<br />

Isländisch sind, dürfte das für deutsche<br />

Fans nicht viel verändern. Und auch subtil<br />

eingesetzte Synthies oder die Gastauf–<br />

tritte von Bassist Tony Levin bedrohen<br />

weder die majestätische Wirkung der<br />

Streicher noch Arnalds fragiles Pianospiel.<br />

Nur Islandklischees sollte man besser im<br />

Schrank lassen. Einige der Songs entstanden<br />

auf Tour – in München und Braunschweig.<br />

(cs)<br />

Ougenweide<br />

Herzsprung<br />

FOLK<br />

Indigo<br />

4//<br />

5//<br />

Vor einigen Jahren entdeckte ich bei einem<br />

Konzert (wohl von Laurie Anderson)<br />

Frank Wulff unter den Begleitmusikern und<br />

sprach ihn in der Pause an auf die großen<br />

Ougenweide-Zeiten der späten 70er, die<br />

wir geteilt hatten – er auf der Bühne, ich<br />

anonym davor. Er war traurig, dass der<br />

Backkatalog in den Archiven verdämmerte,<br />

trotz des Erfolges aktueller Mittelalterbands,<br />

denen Ougenweide jede denkbare Vorlage<br />

geliefert hatten. Nach 15 Jahren Pause<br />

und neun Jahren Arbeit erscheint nun ein<br />

neues Ougenweide-Album, Frank Wulff<br />

hatte dem Termin entgegengefiebert – und<br />

erlebt nun die Veröffentlichung nicht mehr.<br />

Am 19. März starb er, mit 57, und das<br />

melancholische Werk wird zum Erbe des<br />

grandiosen Multiinstrumentalisten. Es vereint<br />

alle Stärken der Folkband: die instru-<br />

kulturnews 5/10


74 musik // Pop, Rock + Dance<br />

mentale Exotik (was ist eine Nyckelharpa???);<br />

das Verschmelzen von gestern und<br />

heute; die tiefe Verwurzelung in der Folktradition,<br />

die von Tümelei so weit entfernt<br />

ist wie Woody Guthrie von Rednecks –<br />

und natürlich die pure Freude an Klängen,<br />

Melodien und Ensemblespiel. Die<br />

hatte das Hamburger Virtuosenensemble<br />

selbst in den 80ern nicht verloren, als es<br />

sich zu sehr an den Zeitgeist schmiegte<br />

und so an Bedeutung verlor. „Herzsprung“<br />

ist ein großartiges Vermächtnis, das sich<br />

mit Verlust und Vergänglichkeit beschäftigt<br />

und dabei immer den richtigen Ton trifft.<br />

Vielleicht entdeckt ja jetzt jemand den Archivschatz<br />

der alten Ougenweide-Alben<br />

und remastert sie anständig. Man wäre<br />

es dem großen Frank Wulff schuldig. (mw)<br />

Rufus Wainwright<br />

All Days are Nights: Songs for Lulu<br />

PIANOPOP<br />

Universal<br />

4//<br />

Zuletzt trug Rufus Wainwright ganz dick<br />

auf: Mit dem üppig arrangierten Studioal-<br />

bum „Release the Stars“, der Judy-Garland-<br />

Hommage „Milwaukee at last!!!“ und<br />

seiner Oper „Prima Donna“ machte er in<br />

Gigantomanie. Jetzt folgt die radikale Abkehr,<br />

denn mit „All Days …“ vertraut er<br />

nur auf seinen Gesang und das Klavier –<br />

auch wenn der gedankliche Überbau natürlich<br />

trotzdem wieder in den Himmel<br />

ragt: Wainwright will einen klassischen<br />

Kunstliedzyklus à la Franz Schubert schaffen,<br />

mit den Songs verarbeitet er den Tod<br />

seiner Mutter, der Bezug auf Wedekinds<br />

literarische Gestalt Lulu soll den Kampf<br />

mit den inneren Dämonen symbolisieren,<br />

und indem er auch drei Shakespeare’sche<br />

Sonette vertont, kämpft er mal eben mit<br />

Komponisten wie Verdi. Natürlich zeigt<br />

der unverstellte Blick auf seine Songs,<br />

was für ein herausragender Songwriter er<br />

ist. Nicht nur persönliche Bezüge sorgen<br />

für Gänsehaut, etwa wenn er mit „Martha“<br />

seine Schwester anfleht, den Schmerz<br />

über den Verlust der Mutter gemeinsam<br />

durchzustehen. Wainwright brilliert auch<br />

bei den ganz hochgesteckten Zielen, und<br />

so ist das herzergreifende „Sonnet 20“<br />

der Höhepunkt des Albums. Doch die freie<br />

Sicht macht auch deutlich, wie wichtig<br />

bei ihm die Glitzershow ist, um seine Vielseitigkeit<br />

zu unterstreichen: Mit Pomp ist<br />

Wainwright einfach noch ein klein bisschen<br />

besser. (cs)<br />

Sarah Blasko<br />

As Day follows Night<br />

INDIEPOP<br />

Universal<br />

3//<br />

Diese süßsanfte Stimme, eine reduzierte<br />

Instrumentierung, luftigleicht arrangiert:<br />

Dem ersten Song kann man einiges abgewinnen.<br />

Genauso wie den restlichen elf<br />

auf dem dritten Album der Australierin<br />

Sarah Blasko – vorausgesetzt, man hört<br />

sie einzeln. Denn im Paket bietet die 33-<br />

Jährige zu wenig Abwechslung. Klar, was<br />

Blasko da mit Björn Yttling in Schweden<br />

aufgenommen hat, ist kunstvoll angejazzter<br />

Pop, der durchaus Qualitäten hat: Der<br />

Gesang wiegt sich mal bluesig, mal unschuldig<br />

im Ryhthmus von Streichern,<br />

Banjo, Bläsern, alle aufs Nötigste reduziert.<br />

„As Day …“ ist Blaskos erstes Album<br />

ohne Keyboards und E-Gitarren, und die<br />

reduzierte Ästhetik steht ihrer Stimme gut.<br />

Nur baut sie kein eindeutiges Stimmungsbild<br />

auf: Die Songs sind weder fröhlich<br />

noch traurig, weder zornig noch nachdenklich<br />

– und komplett durchgehört fast schon<br />

meditativ langweilig. (kat)<br />

Sennen<br />

Age of Denial<br />

<br />

<br />

SHOEGAZER<br />

Broken<br />

Silence<br />

4//<br />

Shoegaze fällt immer wieder auf die Füße.<br />

Immer wenn man glaubt, der Drops mit<br />

den unzähligen Klangspuren, Soundwabereien<br />

und Effektpedalgetrete sei gelutscht,<br />

kommen wieder Vertreter auf den Plan,<br />

die das Genre neu rechtfertigen. Sennen<br />

könnte eine dieser Bands sein, wenn ihre<br />

Variante, die überraschend geradlinig am<br />

Dreampop vorbeischrammt, sich noch<br />

konsequenter zum Shoegaze bekennen<br />

würde. In süßen Momenten hört man im<br />

dritten Album der Briten leise Asobi Seksu<br />

trapsen, dann wieder Ride vorbeidonnern,<br />

siehe das hervorragend für die Autobahn<br />

geeignete „Can’t see the Light“. Zum<br />

Genredefibrillator fehlen ihnen zwar noch<br />

ein paar Volt, etliche wohlige, kleine Schübe<br />

kann man sich aber durchaus abholen.<br />

Beim nächsten Album einfach noch<br />

ein paar Gitarren mehr dazu, und dem<br />

nächsten Shoegazerevival steht nichts<br />

mehr im Weg. (ms)


The Marble Man<br />

Later, Phoenix<br />

SINGER/<br />

SONGWRITER<br />

Broken<br />

Silence<br />

5//<br />

Er war das deutsche Wunderkind des Jahres<br />

2007. Sein Debüt „Sugar Rails“ brachte<br />

dem Marble Man den Titel eines bayerischen<br />

Conor Obersts ein. Bevor er sich<br />

versah, verschlug es den blutjungen Chiemgauer<br />

vom Dachbodenheimstudio bei seinen<br />

Eltern auf die große Bühne. Josef<br />

Wirnsdorfer scheint das alles ganz gut weggesteckt<br />

zu haben – zumindest ist sein<br />

Songwriting zwar reifer geworden, doch<br />

immer noch genauso unprätentios und<br />

ergreifend wie damals. Die Zutaten sind<br />

ebenfalls dieselben geblieben: Anleihen bei<br />

großen Traurigen wie Elliot Smith und Nick<br />

Drake, kombiniert mit der Lust an verspielten,<br />

doch stets einfachen Arrangements.<br />

Gerade der Hang zum Einfachen ist ihm<br />

beim Arbeiten an Album Nummer zwei<br />

im Profistudio zugutegekommen: Die elf<br />

Songs haben dadurch nichts von ihrem<br />

simplen Charme verloren, und fast jeder<br />

ist ein Anwärter auf den Titel „persönli-<br />

cher Favorit“. Das leicht rockige „Holden“,<br />

das traurige „At the Beach“ oder das fast<br />

freudige „Beautiful Morning“: Alle treffen<br />

sie schnörkellos ins Schwarze. (kat)<br />

The National<br />

High Violet<br />

INDIEPOP<br />

Indigo<br />

5//<br />

National-Sänger Matt Berninger wollte<br />

endlich mal ein fröhliches Album machen<br />

und pflasterte seine Umgebung mit Notizzettelchen,<br />

auf die er lebensbejahende<br />

Botschaften schrieb. Hat nicht funktioniert,<br />

denn die fünfte Platte des aus Ohio stammenden<br />

Exil-New-Yorkers startet gleich<br />

mit „Terrible Love“, und im folgenden „Sorrow“<br />

singt Berninger: „I live in a city sorrow<br />

built, it’s in my honey, it’s in my milk.“<br />

Weil die poetische Schwarzseherei bei<br />

ihm längst auf Autopilot läuft, frohlockt<br />

Berninger lieber melodisch. Zwar ist „High<br />

Violet“ das musikalisch komplexeste National-Album,<br />

bei dem sie ohne Zeitdruck<br />

im eigenen Studio Schicht um Schicht<br />

perfektionieren konnten, doch gleichzeitig<br />

klang das Quartett nie zuvor so eingängig<br />

und hymnenhaft. So bekommen The National<br />

jetzt wohl endlich die verdiente Anerkennung,<br />

und selbst Auskenner, die sie<br />

bereits für „Alligator“ und den meditativen<br />

Vorgänger „Boxer“ als beste Baritonband<br />

der Welt gefeiert haben, werden sich an<br />

Hits wie „Bloodbuzz Ohio“ und „Conversation<br />

16“ nicht satthören können. (cs)<br />

Unbunny<br />

Moon Food<br />

Pop, Rock + Dance // musik 75<br />

FOLKROCK<br />

Indigo<br />

5//<br />

Beim Krisengerede über die Musikindustrie<br />

ist immer wieder zu hören, Plattenfirmen<br />

seien längst überflüssig geworden. Ausgerechnet<br />

vom Hamburger Einmannlabel<br />

Affairs Of The Heart kommt jetzt der überzeugendste<br />

Gegenbeweis. Betreiber Jan<br />

Schewe veröffentlichte hierzulande bereits<br />

vor zwei Jahren mit „Snow Tires“ das Meisterwerk<br />

aus dem Backkatalog des US-Singer/Songwriters<br />

Unbunny alias Jarid del<br />

Deo. Der führt in den USA ein Nomadendasein<br />

und bekommt sein Leben nicht<br />

auf die Reihe. Eigentlich schlecht für Unbunny,<br />

doch gut für seine Kreativität –<br />

und für Schewe. Als er eine Postkarte erhielt,<br />

Unbunny habe nach über sechs<br />

Jahren Plattenpause wieder genug Material<br />

für ein neues Album, entschied er sich<br />

ohne zu zögern, die zehn wunderschönen<br />

Tränendrüsendrücker zwischen Gitarrenfolk<br />

und Lo-Fi-Pop zu verbreiten. Und weil<br />

Unbunny auch gewillt ist, „Moon Food“<br />

mit einer Deutschlandtour vorzustellen, sich<br />

aber die Flugkarten für eine komplette Band<br />

nicht leisten kann, ist es Schewe natürlich<br />

eine Herzensangelegenheit, zusammen<br />

mit Unbunny und ein paar Freunden selbst<br />

auf die Bühne zu steigen. (cs)<br />

Unkle<br />

Where did the Night fall<br />

ELEKTROROCK<br />

Indigo<br />

5//<br />

Drei Jahre und etwa 40 neue Songs sind<br />

seit dem letzten Album „War Stories” ins


76 musik // Pop, Rock + Dance<br />

Land gegangen – und mit seinem vierten<br />

Werk gelingt James Lavelle ein sicherer<br />

Anwärter auf den Titel „Album des Jahres“.<br />

Sein neu gegründetes Label Surrender All<br />

scheint ihm nicht nur alle Freiheiten einzuräumen,<br />

sondern hat auch eine unglaubliche<br />

Produktivität freigesetzt. 14 von 40<br />

Stücken haben es auf dieses bombastische<br />

Meisterwerk geschafft, und der fette, tiefer<br />

gelegte Unkle-Sound wildert in Krautrock,<br />

Techno oder Psychedelic Pop – und<br />

wird gekrönt von großartigen Sängern.<br />

Bereits Track 1, „Follow me down“ mit<br />

Sleepy Sun aus San Francisco, ist ein Highlight<br />

und wird nicht nur in Londons Underground<br />

abgehen. Die Single „Natural<br />

Selection“ mit The Black Angels galoppiert<br />

nostalgisch über ein Synthierockbett,<br />

während ein New-Order-Schredderbass<br />

brummt – einer, der auch bei „On a Wire“<br />

New-Wave-Gefühle zum Leben erweckt.<br />

Zu guter Letzt kommt auch Meister Lavelle<br />

selbst auf dem streichersatten „Ablivion“<br />

zu Wort – großartig. Weitere Gäste: Gavin<br />

Clark, Elle J. oder Autolux. Eine Perle von<br />

einem Album, das vor Intensität und Vielseitigkeit<br />

aus allen Nähten platzt. (suz)<br />

Kick-Ass (Universal) ist eine Kinokomödie über Superhelden,<br />

deren Soundtrack ebenfalls Ungewöhnliches<br />

gelingt: nämlich The Prodigy, Ellie Goulding<br />

und Elvis auf eine Platte zu packen. Passt aber. //<br />

Melissa Etheridge nullt erst wieder nächstes Jahr<br />

– was ihr Alter angeht. Bei den Alben macht sie<br />

mit „Fearless Love“ (Universal) die zehn voll und ist<br />

vor allem in jener Hinsicht ohne Angst, ihr altbewährtes<br />

Rezept aus Rock und Reibeisenstimme zu<br />

benutzen. Fans können also schon mal (vor-)feiern.<br />

We Have Band<br />

WHB<br />

INDIEPOP<br />

Indigo<br />

5//<br />

We Have Band haben sich endlich bequemt,<br />

ihr Debüt zu veröffentlichen! Schon<br />

im Sommer 2008 drohte die britische Tageszeitung<br />

The Guardian: „Wenn die Band<br />

nicht bald jemand unter Vertrag nimmt,<br />

dann machen wir es.“ Seit zwei Jahren<br />

liefert das Londoner Trio mit Songs wie<br />

der Dancefunkhymne „Oh!“ und der Disco-<br />

Reaktivierung „Hear it in the Cans“ die<br />

Höhepunkte so ziemlich jeder Clubnacht,<br />

doch statt überstürzt im Studio zu verschwinden,<br />

waren das Ehepaar Thomas<br />

und DeDe WP und Sänger Darren Bancroft<br />

ununterbrochen auf Tour. Die Verzögerungstaktik<br />

zahlt sich jetzt aus: Mit Gareth Jones<br />

(Grizzly Bear, These New Puritans) konnten<br />

sie einen der derzeit angesagtesten Produzenten<br />

gewinnen, und unter den zwölf<br />

Songs sind nicht nur alle bereits bekannten<br />

Hits, sondern auch viele neue Tanzflächenfüller.<br />

Vor allem aber sind ihnen<br />

auch ruhigere Töne gelungen. Wenn im<br />

Eröffnungsstück „Piano“ ebenjenes dräut<br />

und Bancrofts Stimme bei „Buffet“ an Damon<br />

Albarn erinnert, bekommt man melancholische<br />

Ohrwürmer, auf die man seit<br />

Blur-Zeiten warten musste. 2008 hätten<br />

sie vielleicht ein Debüt mit Hits und durchschnittlichem<br />

Füllmaterial abliefern können.<br />

Doch „WHB“ hat Dramaturgie – und<br />

keinen einzigen Ausfall. (cs)<br />

Willie Nelson<br />

Country Music<br />

COUNTRY<br />

Universal<br />

4//<br />

Der Albumtitel „Country Music“ trifft bei<br />

einigen Songs nur aufs Ursprungsgenre<br />

dieser Covers zu, nicht auf die Stilistik, mit<br />

der Produzent T Bone Burnett und die<br />

knorrige Eiche Willie Nelson sie umsetzen.<br />

So geben sie der ausweglosen Selbstanklage<br />

„Nobody’s fault but mine“ und dem<br />

trotzigen Gospel „Satan, your Kingdom must<br />

come down“ etwas Gotisches, wenn Twangund<br />

Steelgitarre traurig durch einen von<br />

Bass und Geige gedehnten Hallraum<br />

schlurfen. Ansonsten wird es meist hübsch<br />

bluegrassig, Studiocracks wie der Mandolinist<br />

Ronnie McCoury sorgen für jenes Maß<br />

an Locker- und Lässigkeit, das nur Virtuosen<br />

hinkriegen, die nicht mehr über jeden<br />

Rhythmuswechsel erst mal nachdenken<br />

müssen. Nelson steht dieses direkt aus<br />

dem Mutterboden der amerikanischen Traditionen<br />

herausgewachsene Klangoutfit<br />

weit besser als das großorchestrale von<br />

„American Classic“. Die wahre amerikanische<br />

Klassik ist eh der Country, und das<br />

hat Willie anscheinend jetzt auch gemerkt.<br />

(mw)<br />

The Coal Porters spielen ihren modernen Bluegrass<br />

so gut, dass sie praktisch kein schlechtes Album<br />

aufnehmen können. Gilt auch für „Durango“ (Rough<br />

Trade), das neben eigenen Songs auch klasse Klassiker<br />

wie Neil Youngs „Like a Hurricane“ ins Appalachische<br />

übersetzt.<br />

<br />

<br />

Jim Kerr, Stimme und Mastermind von SIMPLE MINDS, einer der einflussreichsten<br />

Musiker der letzten 30 Jahre mit seinem ersten Soloprojekt.<br />

<br />

<br />

Erhältlich als CD, limitierte CD mit 3 Bonustracks<br />

sowie der streng limitierten und handsignierten<br />

„Collector’s Edition” mit zwei bisher unveröffentlichten<br />

Tracks auf einer 7“-Vinyl<br />

Archiv + Repertoire<br />

Dire Straits<br />

Alchemy live<br />

POPROCK<br />

// DVD<br />

Warner<br />

Nach ihrem Erscheinen im März 1984 hielt<br />

sich die VHS „Alchemy live“ über drei Jahre<br />

in den Top 100 der britischen Charts. Es<br />

war die Zeit, als die Dire Straits mit „Brothers<br />

in Arms“ zu Megastars aufstiegen. Erstaunlicherweise<br />

feiert dieser Chartsknüller<br />

erst jetzt sein DVD/Blu-ray-Debüt. Wenn<br />

man sich ansieht, was Restaurator Dick<br />

Carruther aus dem Material gemacht hat,<br />

fragt man sich schon, wie mies das einst<br />

auf VHS ausgesehen haben muss. Das<br />

Bild grisselt, die Konturen fransen bisweilen<br />

aus, Lichtschlieren überlappen Details. Tontechnisch<br />

klingt das aber hervorragend –<br />

und musikalisch ist eh nichts zu sagen gegen<br />

eine Band im Zenit ihres Schaffens,<br />

die sich mit Furor und handwerklich perfekt<br />

durchs brillante Repertoire spielt. Mode<br />

und Frisuren sind zum Schmunzeln (ah,<br />

die 80er!), doch wessen Hände, bitte schön,<br />

tänzelten seither je wieder so lässig-leichtfingrig<br />

übers Gitarrenbrett wie die des dylanesk<br />

grummelnden Mark Knopfler? Die<br />

Deluxeedition enthält zusätzlich zu Konzertfilm,<br />

TV-Auftritten und einer einstündigen<br />

Dokumentation noch die Audio-Doppel-CD;<br />

und wer die Blu-ray-Fassung kauft, kann<br />

sich die MP3s aus dem Web ziehen. (mw)<br />

WE LET THE MUSIC DO THE TALKING.<br />

WWW.LOSTBOYAKA.COM WWW.EAR-MUSIC.NET<br />

4//


Jazz-Platte des Monats<br />

Anne Hartkamp Quintet<br />

Momentum<br />

-Bewertung<br />

VOCAL JAZZ<br />

Rough<br />

Trade<br />

5//<br />

Anne Hartkamp singt eigenständig, aber<br />

traditionsbewusst eigene und fremde Titel<br />

Wolfgang Muthspiel &<br />

Mick Goodrick<br />

Live at the Jazz Standard<br />

GITARRENJAZZ<br />

Harmonia Mundi<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

6//<br />

Der bedeutende New Yorker Gitarrenguru<br />

Mick Goodrick, Lehrer von Pat Metheny oder<br />

John Scofield, sagte über seinen Schüler<br />

Wolfgang Muthspiel: „Ich habe die Vergangenheit der Gitarre kennengelernt, und jetzt<br />

kenne ich auch die Zukunft.“ Die CD gibt 45 von 90 Minuten eines in jeder Hinsicht<br />

einmaligen Konzerts 2008 im New Yorker Club Jazz Standard wieder, das klanglich perfekt<br />

aufgenommen wurde (rechter Kanal: Goodrick, linker: Muthspiel). Die Musik verschafft<br />

Gitarrenfreaks und Jazzperfektionisten eine euphorische Klangerfahrung, fast<br />

möchte man eher von Gitarren-„Philosophie“ als von Gitarrenmusik sprechen. Das<br />

Können der beiden ist so exorbitant, dass sie reine Virtuosität nicht mehr nötig haben,<br />

wenn sie über altbekannte und im variantenreich reharmonisierten Akkordkleid kaum<br />

wiederzuerkennende Jazzstandards wie „All the Things you are“ oder „Stella by Starlight“<br />

improvisieren. Die ohne Drums swingend musizierte CD ist randvoll mit zeitlos modernem<br />

Jazz an der Grenze zu moderner Kammermusik, wie man sie in ähnlicher Qualität<br />

vielleicht vor langer Zeit einmal vom Modern Jazz Quartet gehört hat. (jn)<br />

(u. a. von Bill Evans und Thelonius Monk),<br />

und dabei hat man einerseits das Gefühl,<br />

der alte Bebop lebte weiter und der Free<br />

Jazz sei wiederauferstanden; andererseits<br />

spricht und singt Anne Hartkamp ihre<br />

eigene moderne Musiksprache, die von<br />

tief bluesigen Stimmungen wie in der<br />

Eigenkomposition „Paper Bird“ bis zu virtuoser<br />

perkussiver Mundakrobatik in „Für<br />

und wider“ reicht. Hervorragend ist das<br />

Zusammenspiel mit der Band. Claudius<br />

Valk findet mitreißende Soli mit und ohne<br />

Mairegen<br />

Vokalbeteiligung auf Sopran-, Tenorsax<br />

und Bassklarinette. Die Rhythmusgruppe<br />

mit Thomas Rückert (Piano), André Nendza<br />

(Bass) und Oliver Rehmann (Drums) hält<br />

das Quintett ständig äußerst kreativ auf<br />

Trab und zählt sicherlich mit zu den derzeit<br />

besten in Deutschland. (jn)<br />

Chris Gall Trio feat. Enik<br />

Hello Stranger<br />

INDIEJAZZ<br />

Edel<br />

Harmonisch jazzaffines Pianospiel an die<br />

Kandare straighter Rockrhythmen zu nehmen:<br />

Das kennen wir mittlerweile zur Genüge.<br />

Chris Gall gibt sich damit nicht zufrieden,<br />

sondern beschreitet mit Indiepopsänger<br />

Enik seit zwei Jahren andere Pfade.<br />

Wenn die beiden lustvoll die Rockgeschichte<br />

plündern, klingt’s mal tonal nach<br />

Lou Reeds „Walk on the wild Side“, mal<br />

textlich nach Zappas Faible für surreale<br />

Untiefen. Galls Problem: Pop und Rock<br />

sind vom klassischen Hörverständnis her<br />

unumstößlich gitarrendefinierte Stile, und<br />

so bleibt „Hello Stranger“ allein durch die<br />

Dominanz des Tasteninstruments ein gehöriges<br />

Stück Jazzanmutung erhalten. Gall<br />

und Enik haben ihre musikalischen Welten<br />

zur größtmöglichen Kongruenz gebracht<br />

und vielleicht die sprachlichen Vorgaben<br />

eines im Entstehen begriffenen Genres<br />

geschaffen. (ron)<br />

Jazz + Classics // musik 77<br />

5//<br />

Esperanza Spalding<br />

Junjo<br />

GROOVEJAZZ<br />

In-<br />

Akustik<br />

5//<br />

Wer die Faszination beschreiben will, die<br />

von Esperanza Spalding ausgeht, faselt<br />

meist von einer schönen Frau, die sinnlich<br />

mit ihrem mindestens ebenso schönen<br />

Instrument verschmilzt. Zu hinreißend,<br />

ungewöhnlich und innig ist ja auch die<br />

Beziehung der Musikerin zu ihrem Kontrabass,<br />

als dass sie unerwähnt bleiben<br />

könnte. Doch „Junjo“ wäre auch dann ein<br />

wunderbares Album, hätte es ein buckliger<br />

90-Jähriger eingespielt. Sanft und<br />

geradezu selbstvergessen perlen Klavier<br />

und Kontrabass ineinander, Drums komplettieren<br />

das Trio, ab und zu setzt Spalding<br />

ihre Stimme wie ein viertes Instrument<br />

ein. Gespielt werden Eigenkompositionen<br />

von Spalding und ihren Mitmusikern<br />

Aruán Ortiz und Francisco Mela,<br />

aber auch Interpretationen von Jimmy<br />

Rowles, Egberto Gismonti und Chick<br />

Corea. Mit „Cantora de Yala“ von Gustavo<br />

Leguizamón und Manuel Castilla lässt<br />

sich Spalding sogar auf Melodie und Text<br />

ein und zeigt, dass sie auch hier zu brillieren<br />

versteht. Angesichts ihrer sensiblen<br />

Instrumentalstücke mag man es ihr allerdings<br />

keineswegs übelnehmen, dass sie<br />

sich in der Regel lieber abseits des Vocal<br />

Jazz bewegt. (kab)<br />

„Lieder sind meine Chronik.<br />

Sie sind mein Leben,<br />

meine Arbeit, meine Freude,<br />

Anfechtung und Trost…“<br />

Mairegen www.reinhard-mey.de<br />

Das neue Album<br />

Ab 7. Mai überall erhältlich o


78 musik // Jazz + Classics<br />

Etta Cameron<br />

Etta<br />

VOCAL JAZZ<br />

Sunny<br />

Moon<br />

Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wie<br />

stark Etta Cameron vor knapp einem Jahr<br />

gespürt haben mag, dass sie zum letzten<br />

Mal Studioboden unter den Füßen haben<br />

würde. Fest steht, dass die auf den Bahamas<br />

geborene Wahldänin an der Seite<br />

ihres Pianisten Nikolaj Hess den letzten<br />

Winkel ihrer Seele öffnete, um Balladenklassiker<br />

wie „Summertime“, „Love me or<br />

leave me“ oder „God bless the child“ zu<br />

interpretieren. Entscheidenden Anteil an<br />

der spirituellen Tiefe dieser Aufnahmen<br />

haben die Begleitmusiker: Marilyn Mazur<br />

etwa, deren Perkussion an keinem Punkt<br />

die vokale Phrasierung einengt; oder aber<br />

Palle Mikkelborgs überirdischer Trompetenton,<br />

der sich an Camerons erdiges Timbre<br />

schmiegt. Nun ist aus diesen Momenten<br />

großer, leiser Emotion ein inniges Vermächtnis<br />

geworden: Anfang März erlag<br />

die Sängerin einem Krebsleiden. (ron)<br />

Françoise Hardy<br />

La Pluie sans Parapluie<br />

CHANSON<br />

5// Capitol 2//<br />

Wer hat Angst vor Virginia Woolf? Und<br />

wer erinnert sich noch an „Tous les Garçons<br />

et les Filles“ von 1962, als die französische<br />

Yé-yé-Girls-Welle mit France Gall,<br />

Sylvie Vartan oder Rita Pavone ganz Europa<br />

überrollte? Es ehrt Françoise Hardy,<br />

Jahrgang 1944, dass sie später alles Mögliche<br />

unternommen hat, um diese Zeit<br />

ihrer Karriere vergessen zu machen. Sie<br />

besang je eine Plattenseite von drei Udo-<br />

Jürgens-LPs, mimte 1970 in einen Clip<br />

Marlene Dietrich („Träume“), sang mit<br />

Iggy Pop im Duett und war in Frankreich<br />

weiterhin erfolgreich. Trotzdem erschien<br />

2001 eine Kompilation mit 50 frühen<br />

Liedern. Den unschuldigen Teeniecharme<br />

der Jungen und Mädchen, die sich nach<br />

Liebe sehnen, kann ihre neue Produktion<br />

indes keineswegs durch musikalische<br />

Reife ersetzen. Im Gegenteil: Françoise<br />

Hardy ist mit ihren Songs ergraut – und<br />

ihre Stimme versinkt müde und oft unsauber<br />

in den orchestralen Weichspülklängen<br />

eines geschickten Arrangeurs. (jn)<br />

Hamel<br />

Nobody’s Tune<br />

JAZZPOP<br />

Universal<br />

Wouter heißt der junge Mann mit Vornamen<br />

– das ist schon ganz nah dran an<br />

der Simpsons-Witzfigur Uter. Der lieber<br />

unter seinem Nachnamen Hamel singende<br />

Niederländer ist zwar jung, aber kein<br />

kleiner, dicker, gelber Junge. Und Austauschschüler<br />

ist er auch höchstens in dem Sinne,<br />

dass er zwischen Pop und Jazz herumreist.<br />

Popcrooner, Swing- und Posterboy<br />

in einem: Hamel hat wirklich gute Chancen,<br />

auch außerhalb seiner Heimat mit<br />

schaumigem, romantischem Sommerjazzpop<br />

in den Charts heimisch zu werden.<br />

Die Konkurrenz ist überschaubar. Mit<br />

den Big-Band-Jungs legt er sich nämlich<br />

gar nicht erst an, und neben Jamie Cullum<br />

Foto: Uwe Arens<br />

4//<br />

ist noch viel Platz. Fehlende Tiefe könnte<br />

man bemängeln. Existenzielles Kratzen,<br />

unbequeme Zwischentöne: So was spart<br />

sich der Jungspund. Somit ist „Nobody's<br />

Tune“ vielleicht nicht für den Auftakt einer<br />

heißen Nacht geeignet, sondern eher für<br />

den Ausklang eines heißen Tages, doch<br />

als Karriereauftakt funktioniert es bestens.<br />

(kab)<br />

Jacques Schwarz-Bart<br />

Rise above<br />

Lyambiko & Band<br />

SOULJAZZ<br />

Soulfood<br />

4//<br />

Saxofonist Jacques Schwarz-Bart und<br />

seine singende Partnerin Stephanie McKay<br />

riskieren viel: „Rise above“ ist vom Konzept<br />

her ein ausgesprochen songorientiertes<br />

Album, kommt allerdings mit einer so<br />

faustdicken Loungeattitüde daher, dass es<br />

Gefahr läuft, als dezente Soundtapete in<br />

Szeneläden sein Dasein zu fristen. Das<br />

hätte Barts Songwriting ebenso wenig verdient<br />

wie sein expressives Tenorspiel, das<br />

präsentiert<br />

22. 7. // München Brunnenhof der Residenz<br />

17. 9. // Dresden Jazztage<br />

18. 9. // Berlin Postbahnhof<br />

20. 9. // Münster Hot Jazz Club<br />

21. 9. // Oldenburg Kulturetage<br />

22. 9. // Kiel KulturForum<br />

23. 9. // Hamburg Stage Club<br />

24. 9. // Worpswede Music Hall<br />

25. 9. // Osnabrück Lagerhalle<br />

26. 9. // Düsseldorf Savoy Theater<br />

28. 9. // Bonn Harmonie<br />

29. 9. // Mainz Frankfurter Hof<br />

30. 9. // Trier Varieté Chat Noir<br />

1. 10. // Stuttgart Bix<br />

2. 10. // Pforzheim Kulturhaus Osterfeld<br />

6. 10. // Kaiserslautern Kammgarn<br />

7. 10. // Freiburg Jazzhaus<br />

11.10. // Illingen Konzerthaus „Illipse“<br />

Tickets und mehr über<br />

Lyambiko & Band auf kulturnews.de


er schon im „D’angelo“-Projekt und an der<br />

Seite Roy Hargroves an den Tag legte. Immerhin<br />

setzt der Musiker aus Guadeloupe<br />

auf seinem aktuellen Album auch so viele<br />

starke solistische Akzente („Busted“), dass<br />

die Angst vorm Muzakschicksal vielleicht<br />

doch überzogen ist. (ron)<br />

Meshell Ndegeocello<br />

Devil’s Halo<br />

JAZZ-<br />

CROSSOVER<br />

Ndegeocellos Stücke, schieben Stimmen<br />

und Sound übereinander, bis manchmal<br />

am Ende bloß entspanntes Dröhnen übrig<br />

bleibt – aber nur, um im Gegenzug so<br />

melodisch zu werden, dass ein Song wie<br />

„Mass Transit“ auch von einer Band wie<br />

Bloc Party stammen könnte. Ihr Album ist<br />

wie eine Reise vom sicheren Ufer in unbekannte<br />

Gewässer. Es nimmt dich mit,<br />

lässt dich alleine, um sich nur noch um<br />

sich selbst zu drehen – und lässt dich<br />

doch nicht los. (kab)<br />

Moreland & Arbuckle<br />

Flood<br />

Zigarrenkiste den Deltablues reanimiert.<br />

Was dereinst Bands wie Canned Heat zur<br />

Kunstform hochstilisieren wollten, bringen<br />

Moreland & Arbuckle konsequent zurück<br />

auf die Straße: nervös pulsierende Geschichten<br />

von der Unmöglichkeit der<br />

Liebe, Songs mit Tränen in der Seele und<br />

Dreck unter den Fingernägeln. Das alles<br />

klingt auf „Flood“ so authentisch, als könne<br />

man jederzeit in einem schlechteren Viertel<br />

irgendeiner US-Großstadt hinter der<br />

nächsten Ecke über die beiden stolpern –<br />

auf dem Bürgersteig, mit ihren Instrumenten<br />

in der Hand und einem Hut vor sich,<br />

der weder Nickels noch Dimes verdient<br />

hat, sondern ganz große Scheine. (ron)<br />

Jazz + Classics // musik 79<br />

und Barockmusik, die Blockflöte, wird hier<br />

ihrer natürlichen Umgebung entzogen und<br />

outet sich als vollwertiges Rockjazzinstrument.<br />

Vom braven Kuckucksuhrton bleibt<br />

nichts mehr übrig, wenn Nadja Schubert<br />

(Blockflöte), Denis Cosmar (Keyboards),<br />

Ulli Brodersen (Gitarre), Sascha Delbrouck<br />

(Bass, Loops) und Oliver Rehmann (Drums)<br />

loslegen. Diese Blockflöte schreit, jault,<br />

zischt und spuckt, wenn der Ausdruck es<br />

nötig macht, erzeugt flächige Ambientsounds<br />

oder improvisiert lustig drauflos.<br />

Nadja Schubert ist dabei durchaus die<br />

Attraktion der Band, deren eingängiger<br />

elektrischer Rockjazz nicht unbedingt ungewöhnlich,<br />

aber gut konsumierbar ist. (jn)<br />

Universal 5//<br />

Meshell Ndegeocello hatte nie vor, es<br />

DELTABLUES<br />

Nadja Schubert &<br />

Electric Band<br />

MoreorlessJazz Seven (Wavemusic) serviert uns<br />

Songperlen auf dem Silbertablett des stilvollen<br />

Easyjazz. Neben Jacqui Taylor oder Gare Du Nord<br />

sich und ihren Hörern leicht zu machen.<br />

Back on the Block<br />

taucht auch der grandiose Jeb Loy Nichols auf. //<br />

Rock und Jazz paart sie, ohne Jazzrock<br />

zu fabrizieren, Soul und Funk fließen ein,<br />

In-Akustik 4//<br />

ROCKJAZZ<br />

Snowball funk- und jazzrockten sich 1979 auch<br />

dank ihres damals neuen Gitarristen Frank Diez<br />

doch wer versucht, sie auf ein Genre fest-<br />

mit Furor durchs zweite Album „Cold Heat“<br />

zunageln, muss scheitern. So ist es viel- Dustin Arbuckle atmet vorzugsweise in<br />

(Broken Silence). Die Wiederauflage kommt ohne<br />

leicht am ehesten ihre Verweigerung, durch- tiefen Zügen Straßenstaub ein und aus<br />

Boni aus, steckt aber in einem schicken Digipakkommerzialisierte<br />

Songs zu schreiben, die<br />

sie dem Jazz als Sammelbecken alles<br />

und filtert den ganzen Highwaysiff durch<br />

die Metallzungen seiner Bluesharp. Seit<br />

Broken<br />

Silence 4//<br />

Klappcover.<br />

Virtuos-Undefinierbaren zufallen lässt. einer Session in Wichita ist Aaron Moreland<br />

Und natürlich ihr E-Bass, den sie beherrscht an seiner Seite, der vom Bluesrock kam Diese CD hat den Charme einer neuen<br />

wie kaum eine Zweite. Vielschichtig sind und jetzt am liebsten auf einer viersaitigen Erfindung. Denn der Inbegriff von Schul-<br />

Foto: © Sonja Werner<br />

Musikalische Bürgerbewegung<br />

Die Botschaft des DAY OF SONG ist einfach: Jeder kann singen! Damit<br />

das Ganze dann auch noch gut klingt, wird RUHR.2010 dieses<br />

Jahr ein Gesangsprojekt in völlig neuer Dimension entstehen lassen.<br />

Gesungen wird überall: auf der Straße, in Kaufhäusern, in Parks, Cafés,<br />

auf Wiesen und auf dem Rhein-Herne-Kanal. Ob Profi oder Amateur:<br />

Jeder kann teilnehmen und in die Songs aus den Bereichen Pop,<br />

Volksmusik, Klassik oder Jazz einstimmen.<br />

Höhepunkt ist ein großes Konzert am 5. Juni in der VELTINS-Arena in<br />

Gelsenkirchen. Mit mehr als 65 000 Sängerinnen und Sängern wird<br />

an diesem Abend der größte Chor auftreten, der je mehrstimmig in<br />

Deutschland gesungen hat. Mit dabei sind außerdem die Wise Guys,<br />

Bobby McFerrin und Opernstar Vesselina Kasarova.<br />

kulturnews verlost 3 x 2 Tickets für das große Abendkonzert des DAY<br />

OF SONG am 5. Juni um 20.30 Uhr in der VELTINS-Arena in Gelsenkirchen.<br />

Zusätzlich bekommen die Gewinner das Ruhrbuch (erschienen<br />

im dtv-Verlag) sowie das passende Outfit: ein schönes T-Shirt aus<br />

dem Onlineshop: www.ruhr2010-shop.de<br />

Wer gewinnen möchte, schickt einfach bis zum 25. Mai eine E-Mail mit<br />

dem Betreff „RUHR.2010“ an info@bunkverlag.de. Wir drücken die Daumen!<br />

Aktion


Tatort Großstadt<br />

Die Krimi-Highlights 2010<br />

Jochen Senf<br />

Kindswut<br />

......................................<br />

Tatort Berlin · 322 S. · € 11,90<br />

Berlin-Charlottenburg. Fritz<br />

Neuhaus gerät in einen merkwürdigen<br />

Fall: Der 17-Jährige<br />

Sohn seiner Nachbarin sitzt<br />

verstört in einem Schrank,<br />

trägt eine Pitbull-Maske und<br />

äußert sich nur in Tierlauten.<br />

Und bald ist klar: Zwischen<br />

Sohn und Mutter tobt ein<br />

mörderischer Zweikampf …<br />

Klaus Erfmeyer<br />

Tribunal<br />

......................................<br />

Tatort Ruhrgebiet · 324S.· 11,90<br />

Der Dortmunder Anwalt<br />

Stephan Knobel sitzt in der<br />

Falle: Eine Führung durch<br />

Deutschlands größte unterirdische<br />

Bunkeranlage wird<br />

zur Entführung – und für die<br />

Geiseln zur Konfrontation mit<br />

einem Täter, der eine zynische<br />

Abrechnung zelebrieren<br />

will …<br />

Bärbel Böcker<br />

Henkersmahl<br />

......................................<br />

Tatort Köln · 371 S. · € 11,90<br />

Florian Halstaff, Redakteur<br />

einer TV-Talkshow, bereitet<br />

eine Sendung über unerklärliche<br />

Krankheits- und Todesfälle<br />

vor, die ganz Köln in<br />

Atem halten. Als er einen<br />

dubiosen Drohanruf erhält<br />

und daraufhin die Show abgesagt<br />

wird, klingeln bei Florian<br />

sämtliche Alarmglocken …<br />

Edi Graf<br />

Bombenspiel<br />

......................................<br />

Tatort Stuttgart · 324 S. · 11,90<br />

Die ganze Welt fiebert der<br />

Fußball-WM 2010 in Südafrika<br />

entgegen, doch Journalistin Linda<br />

Roloff steckt in der Klemme:<br />

Ein Mann, der sie in Stuttgart<br />

treffen wollte, liegt jetzt erschossen<br />

vor ihr. Der Ingenieur war<br />

beim Bau des Stadions in Durban<br />

offenbar auf ein tödliches<br />

Geheimnis gestoßen …<br />

Martin Mucha<br />

Papierkrieg<br />

......................................<br />

Tatort Wien · 372 S. · € 11,90<br />

Arno Linder, Anfang dreißig,<br />

schlägt sich als lausig bezahlter<br />

Sprachwissenschaftler der Uni<br />

Wien mehr schlecht als recht<br />

durchs Leben. Als ihm eines<br />

Nachts ein betrunkenes Mädchen<br />

mit geladenem Revolver in<br />

die Arme fällt, hat Arno kurze<br />

Zeit später einen Haufen ernsthafter<br />

Probleme am Hals …<br />

Wir machen’s spannend<br />

80 bücher // Neue Literatur<br />

Hallgrímur Helgason<br />

Lachen<br />

im Keller<br />

„101 Reykjavík“-Autor Hallgrímur Helgason<br />

wollte ein lustiges Buch schreiben –<br />

raus kam ein Roman über den Balkankrieg.<br />

kulturnews: Herr Helgason, in Ihrem Roman flüchtet ein amerikanischer<br />

Auftragskiller kroatischer Abstammung nach<br />

Island – getarnt als Priester. Wie kamen Sie auf diese abstruse<br />

Kombination?<br />

Hallgrímur Helgason: Das war eigentlich ein Mix aus zwei<br />

Ideen. Ich saß mal im Flugzeug nach Norwegen neben einer<br />

Priesterin, die auf dem Weg zu einer Konferenz in Oslo<br />

war. Kurz vor der Landung ging sie auf die Toilette und ließ<br />

all ihre Sachen auf dem Sitz liegen, auch die Ausweise für<br />

die Konferenz. Ihr Name klang klang ziemlich maskulin, und<br />

ich dachte mir: Ich könnte ihre Sachen nehmen und für eine<br />

Woche sie sein – und keiner würde es merken. Die Story<br />

habe ich dann zwei Jahre hin und her gewälzt, und auf<br />

Lesereise in Berlin kam mir schließlich spontan der Einfall,<br />

noch einen kroatischen Auftragskiller in die Geschichte<br />

einzubinden.<br />

kulturnews: In Island fliegt seine Täuschung dann jedoch<br />

auf, und der Killer wird ungewollt von christlichen Fernseh-<br />

kulturnews 5/10<br />

predigern unter die Fittiche genommen. Ein ganz schönes<br />

Kontrastprogramm …<br />

Helgason: Ja, ich fand das sehr lustig. Wir haben in Island<br />

diesen religiösen Fernsehsender, und da wir so wenige Programme<br />

haben, landet man irgendwann immer auf diesem<br />

Kanal. Diese Leute haben sicherlich ihre Fehler, doch<br />

im Grunde repräsentieren sie das Gute. Und auch wenn<br />

mein Protagonist kein gläubiger Mensch ist und seine Retter<br />

eigentlich drollig und dumm findet, muss er zugeben, dass<br />

sie ein besseres Leben führen als er.<br />

kulturnews: Auch in Ihrem Erfolgsroman „101 Reykjavík“<br />

stand der Protagonist an einem Wendepunkt in seinem Leben.<br />

Ist das Ihre Masche?<br />

Helgason: Es ist nun mal so: Erst wenn Menschen etwas<br />

Schlimmes passiert, sieht man, wie sie wirklich sind. Meine<br />

Charaktere sind tatsächlich oft ziemlich extrem. (lacht) Vielleicht<br />

sollte ich mal anfangen, über normale Leute zu schreiben.<br />

Eigentlich wollte ich auch unbedingt ein lustiges Buch<br />

machen. Doch dann schlich sich wieder ein ernstes Thema<br />

ein. Das Leben kann auf eine traurige Weise sehr lustig<br />

sein. Das hat auch Shakespeare schon so gemacht, da werden<br />

Leute begraben und trotzdem macht noch einer Witze.<br />

kulturnews: Im Buch sagen Sie: „Wenn es schwule Nationen<br />

gäbe, gäbe es weniger Krieg.“<br />

Helgason: Ich fand vor allem die Idee schön, dass es ein<br />

ganzes Land von Homosexuellen gäbe. (lacht) Ich glaube,<br />

solche Nationen hätten einfach mehr Spaß daran, zu tanzen<br />

oder sich den Eurovision Song Contest anzuschauen,<br />

statt in den Krieg zu ziehen.<br />

Interview: Ellen Stickel<br />

„Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem<br />

Abwasch zu beginnen“ ist auf www.kulturnews.de besprochen.<br />

Foto: Marijan Murat


Krimi des Monats<br />

Max Bronski<br />

Nackige Engel<br />

Krimi-Special // bücher<br />

KRIMI<br />

Kunstmann, 2010<br />

206 S.<br />

16,90 Euro<br />

3//<br />

Dass München mit Nackerten kein Problem<br />

hat, ist spätestens jedem Touri klar,<br />

wenn er einmal durch den Englischen Garten<br />

gelatscht ist. Bei Max Bronskis viertem<br />

Krimi ist der Name aber nicht Programm,<br />

sondern vielmehr Marketingstrategie. Hierum<br />

geht es wirklich: Trödelhändler Gossec<br />

ist in schnapsseliger Laune als Hitler verkleidet<br />

durchs Schlachthofviertel getapert –<br />

und wurde prompt fotografiert. Glücklicherweise<br />

wird die Tat einem bekannten Kabarettisten<br />

in die Schuhe geschoben, doch<br />

der wird ein paar Tage später tot aufgefunden.<br />

Für Hobbyermittler Gossec ein gefundenes<br />

Fressen. Nach und nach kommen<br />

noch ein Nazi-Geheimbund, korrupte Beamte<br />

und diverse Prügeleien hinzu. Die<br />

Geschichte überzeugt im ersten Teil vorrangig<br />

durch Wortwitz und wunderbar krea-<br />

Josh Bazell<br />

Schneller als der Tod<br />

THRILLER<br />

Aus d. Amerik. v. Malte Krutzsch<br />

Fischer, 2010<br />

304 S., 19,95 Euro 5//<br />

Mafiathriller: Wie langweilig ist das denn! Doch<br />

der Amerikaner Josh Bazell verleiht dem Hypegenre<br />

der letzten Jahre mit seinem Debütroman<br />

tatsächlich neuen Schwung. Zum einen durch<br />

seinen ungewöhnlichen Icherzähler: Peter Brown<br />

ist ein zynischer Exmafioso, der dank Zeugenschutzprogramm<br />

mittlerweile als Arzt arbeitet;<br />

ein Beruf, der dem des Killers an Brutalität in<br />

nichts nachsteht. Als Dr. Brown eines Tages einen alten Mobster-Kollegen behandelt,<br />

fliegt seine Deckung auf, und zwischen OP-Tisch und Chefarztvisite muss er sich mit<br />

seiner blutigen Vergangenheit herumschlagen. Zweiter Pluspunkt: Josh Bazell pflegt einen<br />

Schreibstil, der eher nach Quentin-Tarantino-Drehbuch als nach Krimi-Einheitskost klingt.<br />

Bitterböse, extrem explizit und zugleich irre komisch sind die Beschreibungen des Klinikalltags<br />

und die Rückblenden in Peter Browns Auftragsmörderdasein. „Alle lieben Notrufe“,<br />

lässt Bazell seinen Helden sagen, „weil man sich dann aufführen kann wie im<br />

Fernsehen. Wenn man nicht dazu kommt, an den Defibrillatorpaddeln ,Zurück!‘ zu schreien,<br />

kann man vielleicht wenigstens den Beatmungsbeutel drücken.“ Ganz klar: Nach<br />

diesem Roman möchte man definitiv lieber zur Mafia als jemals wieder in irgendein<br />

Krankenhaus eingeliefert werden. (jul)<br />

-Bewertung<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

tive Sprache, diverse Seiten später verliert<br />

sich diese dann aber im struppigen Dickicht<br />

der Handlung. Da helfen leider auch die<br />

nackten Engel nicht weiter. (es)<br />

Yishai Sarid<br />

Limassol<br />

KRIMI<br />

Aus d. Hebr. v.<br />

Helene Seidler<br />

Kein & Aber, 2010<br />

240 S.<br />

16,90 Euro<br />

5//<br />

Yishai Sarid ist kein Gegner der harten<br />

Hand, wenn es um die Verteidigung Israels<br />

durch Mordkommandos des Geheimdienstes<br />

geht. Das machte der im Hauptberuf<br />

als Staatsanwalt tätige Israeli in einem Interview<br />

unmissverständlich klar. Der Held<br />

seines Debüts verliert aber gleich zu Beginn<br />

die Nerven. Immer wieder wendet<br />

Inlandsgeheimdienstler Schabak Verhörmethoden<br />

an, die seit 1999 vom Obersten<br />

Gericht Israels für illegal erklärt wurden,<br />

weil sie schlicht Folter sind. Als er den<br />

Aufenthaltsort eines Selbstmordattentäters<br />

kulturnews 5/10<br />

81 Humor ist, wenn<br />

man trotzdem fliegt<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Lach oder stirb!


Es mag zufall sein, dass<br />

Gerade du diese<br />

kulturnews in den<br />

.. ..<br />

HAnden hAlst.<br />

Vielleicht aber auch nicht.<br />

Vielleicht habe ich dich<br />

schon lange im Visier und<br />

beobachte dich, wAhrend<br />

du diese zeilen liest.<br />

Ich kenne dein<br />

kleines geheimnis.<br />

Es lastet wie ein dunkler<br />

Schatten auf deiner Seele.<br />

Keine Angst.<br />

Ich werde dich<br />

davon erlösen!<br />

ISBN 978-3-404-16421-9 | € 9,99 [D] (UVP)<br />

ISBN 978-3-7857-3690-6 |<br />

€ 19,99 [D] (UVP)<br />

..<br />

www.luebbe.de<br />

82 bücher // Krimi-Special<br />

ermitteln soll, kommt ein Palästinenser bei einem Verhör<br />

ums Leben, und der Agent wird vom Dienst im Verhörraum<br />

suspendiert. Sarid hat den Druck, unter dem sein<br />

Protagonist steht, hervorragend herausgearbeitet. Sein<br />

Chef will Ergebnisse sehen, und seine Frau möchte Israel<br />

verlassen. Derweil steckt der Agent längst in seinem<br />

nächsten Fall, und der ist genau ein Fall zu viel. Undercover<br />

erwirbt er sich das Vertrauen der israelischen Schriftstellerin<br />

Daphna, weil die mit dem Vater eines palästinensischen<br />

Terroristen befreundet ist … Lakonisch und knapp<br />

schildert Yishai Sarid eine israelische Gesellschaft, deren<br />

Mitglieder zwischen Selbstverteidigung und Rechtsstaat<br />

zerrieben werden. (jw)<br />

Francisco González Ledesma<br />

Der Tod wohnt nebenan<br />

KRIMI<br />

Aus d. Span. v. Sabine Giersberg<br />

Ehrenwirth, 2010<br />

336 S.<br />

19,90 Euro<br />

Außergewöhnlich: Von Anfang an ist klar, wer den Mord<br />

begangen hat, an dem der alternde, verbitterte Inspector<br />

Mendez ermittelt. Umso unklarer ist jedoch, wann und<br />

wo der unausweichliche zweite Mord stattfinden wird, dem<br />

genauso wie dem ersten ein bestechendes Rachemotiv<br />

zugrunde liegt. Der Gejagte wiederum weiß von der Gefahr,<br />

und versucht dem Täter zuvorzukommen. Es beginnt<br />

eine Jagd durch das von käuflichem Sex, Armut und Kapitalismus<br />

geprägte Barcelona. Francisco González Ledesma<br />

räumt mit seiner Mendez-Serie seit nunmehr 25 Jahren<br />

regelmäßig spanische Buchpreise ab. Das erste seiner<br />

Bücher, „Der Tod wohnt nebenan“, neunter Teil der Reihe,<br />

erscheint nun auf Deutsch. Daraus ergibt sich eine logische<br />

Schwäche. Mendez selbst wird von Ledesma nur<br />

noch am Rande eingeführt, das Hauptaugenmerk liegt<br />

auf seinen Gegenspielern. Ledesma selbst kann man dafür<br />

freilich keinen Vorwurf machen. Er schafft einfach eine<br />

gekonnte und pointierte Story mit schnörkelloser Kulisse,<br />

der man letztendlich doch erliegt. Bleibt nur die Forderung<br />

nach der Übersetzung der ersten acht Bände. (ml)<br />

Martin Cruz Smith<br />

Die Goldene Meile<br />

KRIMI<br />

4//<br />

Aus d. Amerik. v. Rainer Schmidt<br />

C. Bertelsmann, 2010<br />

256 S.<br />

19,95 Euro<br />

5//<br />

Arkadi Renko ermittelt wieder: Martin Cruz Smith führt<br />

uns im siebten Roman über den russischen Chefinspektor<br />

in den Moskauer Untergrund und zeichnet dabei ein<br />

kulturnews 5/10<br />

detailliertes und erschreckendes Gesellschaftsbild. Handlungsort<br />

sind die „Drei Bahnhöfe“, eine Welt aus Korruption,<br />

Kinderprostitution und Kriminalität. Arkadi und sein<br />

Kollege Viktor ermitteln im Fall einer jungen Frau, die<br />

dort tot aufgefunden wurde. Eine zweite Geschichte dreht<br />

sich um die 15-jährige Maja, deren Baby auf der Zugreise<br />

nach Moskau gestohlen wurde. Sie begibt sich zusammen<br />

mit dem Straßenjungen Schenja, dessen sich Arkadi<br />

angenommen hat, auf die gefahrvolle Suche nach dem<br />

Kind. Als beide Handlungen zusammenlaufen, scheint<br />

die Gefahr gebannt. Mit nüchternen Worten beschreibt<br />

der „Deutsche Krimipreis“-Gewinner 2008 Schicksale<br />

von Kinderprostituierten wie Maja. Die schrecklichen Tatsachen<br />

wirken noch bedrückender durch den sachlichen<br />

Erzählstil, der die Ereignisse selbstverständlich erscheinen<br />

lässt und die Resignation der Menschen sehr deutlich<br />

vermittelt. (mss)<br />

Liza Marklund/James Patterson<br />

Letzter Gruß<br />

THRILLER<br />

Aus d. Schwed. v.<br />

Anne Bubenzer u. Dagmar Lendt<br />

Limes, 2010<br />

352 S.<br />

19,95 Euro<br />

3//<br />

Auch zwei Vollprofis können ein gemeinsames Projekt<br />

vermurksen. Den Beweis treten Liza Marklund und James<br />

Patterson mit ihrem transatlantischen Gemeinschaftsthriller<br />

„Letzer Gruß“ an. Ein amerikanisches Serienmörderpaar<br />

reist durch Europa und schneidet frisch Verheirateten<br />

die Kehlen durch, um die toten Körper anschließend nach<br />

dem Vorbild bekannter Kunstwerke zu arrangieren. Zudem<br />

schicken sie anonyme Postkarten und ein Foto der Leichen<br />

an Tageszeitungsjournalisten. Ihre Verfolger: eine bisexuelle<br />

schwedische Reporterin und ein amerikanischer Cop,<br />

dessen Tochter auf ihrer Hochzeitsreise zum Opfer der<br />

Killer wurde. In ultrakurzen Kapiteln lassen Marklund<br />

und Patterson als allwissende Erzähler ihr Duo den ziemlich<br />

abstrusen Fall lösen, dichten den beiden noch fix<br />

eine Liebes- und den Verbrechern eine Inzestgeschichte<br />

an. Das Ganze ist zwar schnell zu lesen und kurzweilig,<br />

strotzt aber vor logischen Lücken und Oberflächlichkeiten.<br />

Nach 350 Seiten werden die Mörder von dem besessenen<br />

Vater und Polizisten in Schwarzenegger-Manier zur<br />

Strecke gebracht; Fall gelöst, alles gut. Einzeln sind Marklund<br />

mit ihren Annika-Bengtzon-Krimis und Patterson<br />

mit der Alex-Cross-Reihe definitiv besser. (jul)<br />

anderseits. ist das erste Hamburger Literaturfestival der unabhängigen<br />

Verlage. Vom 9. bis zum 11. Mai gibt es im Kulturhaus 73 neben<br />

klassischen Lesungen auch alternative Vortragsformen, Poetryclips,<br />

Kurzfilme, Ausstellungen und Musik. Inhaltlich im Zentrum des Festivals<br />

steht die Zukunft des Buchs: Werden bald nur noch E-Books<br />

verkauft, oder kann sich das haptische Erleben des Lesens behaupten?<br />

Dabei sind u.a. Ina Bruchlos, Andreas Stichmann und Almut<br />

Klotz.


Ulf Miehe<br />

Puma<br />

THRILLER<br />

DuMont, 2010<br />

464 S.<br />

11,95 Euro<br />

Es gab mal Zeiten, da verkauften sich deutsche Krimis<br />

in den USA wie geschnitten Brot. Ulf Miehes „Puma“ z. B.<br />

ging in den Staaten 200 000-mal über den Ladentisch.<br />

Jetzt wurde der 1976 erschienene Krimi in Deutschland<br />

wieder aufgelegt, und die Frage ist berechtigt: Bietet<br />

Miehes Krimi-Erstling heute noch den nötigen Thrill? Die<br />

Antwort ist ein klares Ja. Die Geschichte von Franz<br />

Morgenroth, der nach neun Jahren Knast in Frankreich<br />

seinen Teil von der Beute eintreiben will, dann aber doch<br />

auf Plan B ausweichen muss und die Tochter eines deutschen<br />

Waffenhändlers entführt, ist brillant. „Puma“ glänzt<br />

mit einer kargen, präzisen Sprache, einer realistischen<br />

Schilderung und erfrischend knappen Dialogen. Kenner<br />

der 70er-Jahre sehen diese vor den eigenen Augen wiederauferstehen,<br />

Nichtkennern werden sie präzise nahegebracht.<br />

Die Helden aber, allesamt nicht auf der Seite<br />

des Gesetzes, werden psychologisch gut ausgeleuchtet,<br />

ohne dass wir ihnen zu nahe kommen könnten. Ein<br />

Stockholm-Syndrom entsteht eben nur im echten Verbrechen<br />

oder im Romangeschehen selbst. (jw)<br />

Alexandra Kui<br />

Wiedergänger<br />

KRIMI<br />

Hoffmann & Campe, 2010<br />

320 S.<br />

18 Euro<br />

5//<br />

3//<br />

Eigentlich ist es von Vorteil, sich den Klappentext durchzulesen,<br />

bevor man ein Buch kauft. Schließlich will man<br />

ja wissen, was einen erwartet. Bei Alexandra Kuis neuem<br />

Roman „Wiedergänger“ sollte man es allerdings lieber lassen.<br />

Denn dann wäre es eine Geschichte über zwei charakterstarke<br />

Frauen, deren Wege sich wegen eines archaischen<br />

Fluchs kreuzen. Es wäre eine Geschichte, die die<br />

isländische Welt der Geister und Flüche der technisierten<br />

deutschen Rationalität gegenüberstellt. Kuis Soziologiestudium,<br />

zahlreiche Islandreisen und Erfahrungen im<br />

Bereich Reisereportagen spiegeln sich in einem anschaulichen<br />

Bild von Landschaft und Leuten wider. Doch von<br />

einem spannenden Roman, in dem die Protagonisten gemäß<br />

Klappentext „um ihr Leben kämpfen“, erwartet man<br />

definitiv mehr Nervenkitzel. Ein Isländer mag sich vor der<br />

Auferstehung eines Toten fürchten. Aber womöglich sind<br />

unter den deutschen Lesern einige, die unter den Geistern<br />

der Vergangenheit etwas Realeres verstehen. (bs)<br />

Krimi-Special // bücher 83<br />

Philip Kerr<br />

Die Adlon Verschwörung<br />

KRIMI<br />

Aus d. Engl. v. Axel Merz<br />

Wunderlich, 2010<br />

704 S.<br />

19,95 Euro<br />

Mit seinem Helden Bernie Gunther hat sich Philip Kerr<br />

schon so manchen Zeitsprung und Ortswechsel erlaubt.<br />

Spielte das Erstlingswerk des britischen Krimiautors noch<br />

im Berlin des Nazi-Deutschschland, so zogen die Kerr-<br />

Leser mit den folgenden Büchern in die Nachkriegszeit,<br />

wo Gunther mal in München als Privatdetektiv arbeitet,<br />

mal in Buenos Aires im Auftrag von Peróns Geheimdienst.<br />

Jetzt sind wir wieder in Berlin und diesmal ganz am<br />

Anfang: im Jahr 1934. Bernie Gunther hat die Kriminalpolizei<br />

verlassen, weil er für deren neue Aufgabenstellung<br />

im Hitler-Regime nicht zur Verfügung stehen wollte. Obwohl<br />

nur Privatdetektiv im Hotel Adlon, hat Gunther sehr<br />

schnell einen möglichen Mord an einem jüdischen Boxer<br />

am Hals. Seine Auftraggeberin: Noreen Charalambides.<br />

Die amerikanische Journalistin ist Jüdin und will mit<br />

einem entlarvenden Artikel über die antisemitische Politik<br />

Deutschlands verhindern, dass Berlin die Olympiazusage<br />

bekommt. Warum sie ihr Ziel nicht erreicht, wird hier<br />

nicht verraten, aber Bernie Gunther erhält erst Jahrzehnte<br />

später im zweiten Teil des Krimis auf Kuba die Gelegenheit,<br />

sich für das zu revanchieren, was ihm in den wenigen<br />

Wochen seiner Recherchen widerfährt. Die einzige Schwäche<br />

des genialen Thriller-Autors Kerr sind die Charaktere:<br />

Selbst Held Gunther verkommt immer wieder mal zu<br />

einem Abziehbild seiner selbst, von den Gegenspielern<br />

ganz zu schweigen. (jw)<br />

Elly Griffiths<br />

Totenpfad<br />

THRILLER<br />

Aus d. Engl. v. Tanja Handels<br />

Wunderlich, 2009<br />

320 S.<br />

19,90 Euro<br />

4//<br />

5//<br />

Was für ein Debüt! Okay, Elly Griffiths erfindet den britischen<br />

Thriller nicht neu, in dem nur auf den ersten Blick<br />

die Landschaft schön und das Leben lauschig ist. Aber<br />

der Nebel des Salzmoors, an dessen Rand die Archäologin<br />

Ruth sich in ihrem winzigen Cottage bisher so wohl gefühlt<br />

hat, kriecht einem unter die Haut. Denn Ruths Gelassenheit<br />

schwindet nach und nach – und mit ihm das<br />

Vertrauen in Freunde und Bekannte. Denn das erste entdeckte<br />

Skelett ist zwar eine historische Sensation. Hinter<br />

dem zweiten Fund jedoch verbirgt sich eine Tragödie. Und<br />

obwohl Ruth mit frischen Leichen eigentlich nichts zu tun<br />

hat, wird sie in den mysteriösen Fall hineingezogen,<br />

kulturnews 5/10<br />

Countdown<br />

in<br />

Kapstadt<br />

470 S. Geb. D (D) 19,95<br />

ISBN 978-3-352-00779-8<br />

»Einer der besten<br />

Krimiautoren<br />

weltweit.«<br />

Antje Deistler, WDR<br />

Inspektor Griessel hat 13 Stunden um<br />

2 Morde aufzuklären – und sein Leben<br />

wieder in Ordnung zu bringen.<br />

Der bisher rasanteste und hintergründigste<br />

Thriller von Deon Meyer!<br />

www.deon-meyer.de


84 bücher // Krimi-Special<br />

dessen Spuren immer tiefer ins Salzmoor,<br />

in die Frühgeschichte und letztlich in den<br />

eigenen Bekanntenkreis führen. Schnörkellos<br />

wie seine Hauptfigur ist „Totenpfad“,<br />

legt seine (teils natürlich falschen) Fährten<br />

auffällig und geschickt zugleich und verzichtet<br />

zum Glück darauf, die 316 Seiten personell<br />

zu überfrachten. Val McDermid<br />

bekommt hier eindeutig Konkurrenz. (kab)<br />

Andreas Franz<br />

Eisige Nähe<br />

kulturnews 5/10<br />

KRIMI<br />

Knaur, 2010<br />

592 S.<br />

16,95 Euro<br />

4//<br />

Andreas Franz behauptet, kein Verschwörungstheoretiker<br />

zu sein. Kann er ja ruhig.<br />

Tatsache ist aber: In seinem neuesten Kiel-<br />

Krimi wird verschworen, was das Zeug<br />

hält. Es gibt Filz und High Society, organisierte<br />

Kriminalität, Menschenhandel, das<br />

BKA, den Verfassungsschutz und dazwischen<br />

Verbindungen, dick wie Drahtseile<br />

– und einen Fall, der sich für die<br />

ehrlichen Ermittler Sören Henning und<br />

Freundin Lisa Santos als wahrer Drahtseilakt<br />

herausstellt. Dabei sieht es anfangs<br />

eigentlich noch nicht ganz so aussichtslos<br />

aus für das Paar aus Schleswig-Holstein.<br />

Der erfolgreiche Musikproduzent Bruhns –<br />

ein Egozentriker und Ehebrecher, so viel<br />

ist sattsam bekannt – wird ermordet. Bei<br />

ihm: eine junge Frau. Als die Ermittler<br />

allerdings herausfinden, dass die 18-Jährige<br />

altersmäßig schon an Bruhns Obergrenze<br />

lag und plötzlich Spuren im längst<br />

ad acta gelegten Mordfall der kleinen Nele<br />

zu dem Millionär führen, begeben sie sich<br />

in einen Sumpf, aus dem es bald kein<br />

Entkommen mehr gibt. Manchmal ist es<br />

ärgerlich, wie Henning und Santos sich<br />

voranstochern, Vertrauen verteilen, entziehen,<br />

und aus dem meisten, was passiert,<br />

nicht so recht schlau werden. Aber vielleicht<br />

ist auch das eine Portion Realitätsnähe,<br />

auf die der als Polizeikenner bekannte<br />

Franz trotz teils hanebüchen wirkender<br />

Wendungen großen Wert legt. Und<br />

letztlich ist es die Menschlichkeit der Ermittler,<br />

die „Eisige Nähe“ nicht in die Falle<br />

des abgehobenen Gangsterthrillers tappen<br />

lässt, in dem es nur noch darum<br />

geht, möglichst viele Leichen zu hinterlassen<br />

– auch wenn etwa Auftragskiller Hans<br />

Schmidt durchaus für eine anständige<br />

Totenquote in Kiel und Umgebung sorgt.<br />

(kab)<br />

Cody McFadyen<br />

Ausgelöscht<br />

THRILLER<br />

Aus d. Engl. v.<br />

Angela Koonen u.<br />

Dietmar Schmidt<br />

Lübbe, 2010<br />

459 S.<br />

19,99 Euro<br />

Cody McFadyen hat es mit den Kranken<br />

und Perversen, den seelisch verkrüppelten<br />

Serienmördern und Psychopathen. Um<br />

sie zu fangen, schickt er seine Superermittlerin<br />

Smoky Barrett nun schon zum vierten<br />

Mal in den Kampf gegen das Verbrechen<br />

in all seiner nur vorstellbaren Abscheulichkeit<br />

– und zum vierten Mal auch<br />

in den Kampf mit sich selbst und ihren<br />

Gefühlen. Doch weil Smoky sich langsam<br />

aber sicher von ihrem eigenen Schicksal<br />

zu erholen droht (Mann und Kind ermordet,<br />

sie selbst entstellt und dem Selbstmord<br />

nah), muss neuer Zündstoff her. Irgendein<br />

gefährlich gefühlloser Spinner entführt<br />

Frauen und hält sie über Jahre, Jahrzehnte<br />

gar in lichtlosen Kerkern gefangen. Warum?<br />

Weil es skrupellose Ehemänner gibt,<br />

die sich nichts sehnlicher wünschen, als<br />

die unfolgsame Frau aus dem Weg zu schaffen.<br />

Der Entführer ist also nicht das einzige<br />

Ekel, auf das Barrett im Zuge ihrer Ermittlungen<br />

stößt … Ihn jedoch lernt sie –<br />

nein, es ist nicht zu viel verraten, denn es<br />

ist fürchterlich voraussehbar – aus nächster<br />

Nähe kennen. Und die Voraussehbarkeit<br />

des Plots ist dann auch das große Problem<br />

von „Ausgelöscht“, das einfach nicht die<br />

Spannung seines Vorgängers erreichen<br />

will. Quälend lange hält McFadyen sich<br />

mit Smoky und Tommy auf – und ihren<br />

Frühstücksgewohnheiten. Das wirkt zu<br />

banal gegen die unglaubliche Gewalt des<br />

Psychopathen und banalisiert andererseits<br />

den Thrillerteil der Geschichte. (kab)<br />

Bernhard Jaumann<br />

Die Stunde des Schakals<br />

THRILLER<br />

Kindler, 2010<br />

320 S.<br />

19,95 Euro<br />

3//<br />

5//<br />

Jaumann ist eindeutig mehr als Lieferant<br />

von Spannungsliteratur: Er beobachtet seine<br />

Protagonisten, erforscht ihr Verhalten<br />

und packt das alles in eine fesselnde Kriminalgeschichte.<br />

Der Politthriller „Die Stunde<br />

des Schakals“ spielt im Süden Afrikas,<br />

im Grenzgebiet von Namibia, Botswana<br />

und Südafrika, und erzählt von einer Attentatserie<br />

auf südafrikanische Agenten im<br />

Ruhestand. Die junge Ermittlerin Clemencia<br />

Garises kennt die Apartheid nur noch<br />

aus Erzählungen, aber bei diesem Fall<br />

werden offensichtlich alte Rechnungen<br />

beglichen. (am)<br />

Martin Mucha<br />

Papierkrieg<br />

THRILLER<br />

Gmeiner, 2010<br />

380 S.<br />

11,90 Euro<br />

4//<br />

„Das war nicht der rechte Zeitpunkt, mir<br />

blöd zu kommen. Mit der Linken ließ ich<br />

den Butterfly des Russen aufschnappen,<br />

mit der Rechten packte ich Mike im Nacken.<br />

Wenn man auf den Schlachthöfen Rinderhälften<br />

schleppt, hat man Kraft.“ Die Kraft<br />

hat Arno Linder sich nur im Nebenjob<br />

geholt. Eigentlich ist der Dreißigjährige<br />

nämlich ein miserabel bezahlter Philologe<br />

an der Uni Wien. So miserabel bezahlt,<br />

dass er sofort Geld wittert, als er eines<br />

Nachts ein volltrunkenes Mädchen mit<br />

rauchender Pistole in ihre Luxuskarre stolpern<br />

sieht. Von da an setzt Martin Mucha<br />

seinen intellektuellen Debüthelden in<br />

feinster Hard-boiled-Manier allen möglichen<br />

Torturen aus: Gebrochene Nasen,<br />

üble Typen und eine Leiche nach der<br />

anderen kreuzen Linders Weg zur Kohle.<br />

Die Grobheiten verpackt Mucha aber in<br />

ein feinsinniges, humorvolles Wienporträt<br />

voller katzbuckelnder Kellner, unfähiger<br />

Beamter, Bierdosenprolls und übler Machenschaften<br />

der oberen Zehntausend. Kleine<br />

Seitenhiebe in alle Richtungen dürfen<br />

nicht fehlen: Da gibt es Louis-Vuitton-<br />

Kokstäschchen, die österreichische Polizei<br />

wird mit der Taliban verglichen, und sogar<br />

die Türken in Wien sind xenophob. Ein<br />

Riesenvergnügen für alle Wienfans oder<br />

jene, die es werden wollen. (kat)<br />

Georg Klein stellt sein frisch mit dem Preis der<br />

Leipziger Buchmesse prämiertes Werk „Roman unserer<br />

Kindheit“ bei mehreren Lesungen vor: 18. 5.<br />

Münster, 19. 5. Marburg, 25. 5. Kiel<br />

Veit M. Etzold<br />

Das große Tier<br />

THRILLER<br />

KiWi, 2010<br />

496 S.<br />

9,95 Euro<br />

Normalerweise ist der Kölner Verlag Kiepenheuer<br />

& Witsch eine recht geschmackssichere<br />

Instanz. Wie also hat es ein Buch<br />

wie dieses ins Verlagsprogramm geschafft?<br />

Vielleicht fühlte man sich angesichts der<br />

globalen Finanzkrise verpflichtet, auch<br />

mal was zum Thema Wirtschaftskriminalität<br />

zu machen – und möchte zugleich<br />

vom kommerziellen Erfolg der Verschwörungsthriller<br />

im Stile Dan Browns profitieren.<br />

Veit M. Etzold erzählt in seinem Debüt<br />

von brutalen Verbrechen in ganz<br />

hohen Wirtschaftskreisen, die im Zusammenhang<br />

stehen mit einem uralten Geheimbund.<br />

Logisch, dass der Vatikan<br />

auch mitmischen darf … Dass „Das große<br />

Tier“ zu vorsätzlich an Vorbildern wie<br />

„Sakrileg“ orientiert ist, ist ein Manko. Hinzu<br />

kommen sprachliche Mängel: Manche<br />

Satzwendungen tauchen immer wieder<br />

auf, als hätte der Autor bei sich selbst kopiert,<br />

und viele der Dialoge klingen absurd<br />

konstruiert. Schlussendlich lässt Veit M.<br />

Etzold sein Ermittlerduo – eine hübsche<br />

Berliner Hauptkommissarin und einen<br />

schüchternen Kunststudenten – zwar in<br />

den Untiefen weltumspannender Verschwörungen<br />

wühlen; simple Details vernachlässigt<br />

er dabei aber. So entdeckt die<br />

Polizei gleich zu Beginn des Buchs an<br />

einem Tatort einen lateinischen Spruch –<br />

kommt aber erst viele, viele Seiten später<br />

darauf, diesen zu übersetzen. Dass KiWi<br />

das Ganze nicht als teures Hardcover,<br />

sondern als preiswertes Paperback auf<br />

den Markt bringt, ist womöglich ein Signal<br />

dafür, dass man doch geahnt hat: Ein<br />

Knaller ist das hier nicht … (jul)<br />

Ken Follett<br />

Der Modigliani-Skandal<br />

2//<br />

KRIMI // CD<br />

Gelesen v.<br />

Simon Roden<br />

Lübbe Audio, 2010<br />

4 CDs<br />

19,99 Euro<br />

2//<br />

Es ist so eine Unsitte, altes Zeug irgendwann<br />

als Hörbuch auf den Markt zu bringen,<br />

und beim „Modigliani-Skandal“ han-


delt es sich um gehörig olle Kamellen.<br />

Folletts Erstling von 1976 hat mit späteren<br />

Büchern eigentlich nur eins gemein: Der<br />

Waliser neigt dazu, sich mit dem Personal<br />

nicht zurückzuhalten. Hier allerdings werden<br />

die Geschichten der zahlreichen Einzelnen<br />

noch nicht minutiös, sondern eher<br />

schlampig verknüpft, und die zugrunde<br />

liegende Handlung steht auf so wackligen<br />

Füßen, dass sie Folletts Wust an Ungereimtheiten<br />

nicht tragen kann. Studentin Dee<br />

erfährt in Paris, dass es irgendwo in Italien<br />

ein unbekanntes Bild von Modigliani geben<br />

soll und begibt sich mit Freund Mike<br />

auf die Suche. Zeitgleich versuchen in<br />

London ein abgebrannter Künstler und<br />

sein bester Freund, die verlogene Kunstszene<br />

reinzulegen, und ein junger Galerist<br />

bekommt weder privat noch geschäftlich<br />

ein Bein auf die Erde. Hier werden die<br />

Klischees so reichlich gedroschen, dass es<br />

weh tut, und wahrscheinlich auch vor 34<br />

Jahren schon mau war. Heute kommt<br />

erschwerend hinzu, dass man mit der Botschaft,<br />

im Kunstmarkt gehe es mehr um<br />

den Profit als um die Künstler, keinen<br />

mehr hinter dem Ofen hervorlockt. (kab)<br />

Jan Seghers<br />

Die Akte Rosenherz<br />

KRIMI // CD<br />

Gelesen v.<br />

Miroslav Nemec<br />

Argon, 2010<br />

5 CDs<br />

19,95 Euro<br />

5//<br />

Die Akte Rosenherz ist längst geschlossen.<br />

Und Hauptkommissar Marthaler hat<br />

auch genug eigene Sorgen, denn seine<br />

schwangere Freundin Tereza wurde bei<br />

einem Überfall auf einen Kunsttransport<br />

schwer verletzt. Und doch drängt sich<br />

ihm der in den 1960ern begangene Mord<br />

an der Edelprostituierten Karin Rosenherz<br />

auf. Es scheint Verbindungen zum aktuellen<br />

Verbrechen zu geben – darum setzt<br />

Marthaler alles daran, den Schuldigen zu<br />

finden. Dabei kommt ihm Journalistenschülerin<br />

Anna in die Quere, die ihre ganz<br />

eigenen Gründe hat, sich für die Aufklärung<br />

des alten Falls in Gefahr zu begeben.<br />

Je mehr Fehler Anna und der Kommissar<br />

in den alten Akten zutage fördern, desto<br />

brutaler versucht man sie von den Nachforschungen<br />

abzuhalten. Der heute noch<br />

ungelöste Mord an Helga Matura im Jahr<br />

1966 inspirierte Seghers, und er wühlte<br />

sich durch 10 000 Seiten alter Polizeiakten.<br />

Dieser Hintergrund und die genauen<br />

Frankfurt-Kenntnisse des Autors<br />

machen „Die Akte Rosenherz“ nicht nur<br />

spannend, sondern authentisch – und<br />

dass „Tatort“-Schauspieler Miroslav Nemec<br />

liest, ist das Tüpfelchen auf dem i der gelungenen<br />

Hörbuchadaption. (kab)<br />

Fred Vargas<br />

Das Orakel von Port-Nicolas<br />

KRIMI // CD<br />

Gelesen v. Suzanne<br />

von Borsody<br />

Der Audio Verlag,<br />

2010, 4 CDs<br />

19,99 Euro<br />

4//<br />

Die besten Krimis sind oft jene, bei denen<br />

man eine halbe Ewigkeit braucht, um zu<br />

erkennen, dass es sich überhaupt um einen<br />

Krimi handelt. Es sind eher Geschich-<br />

ten, die sich mehr oder weniger lose um<br />

die Aufklärung eines Verbrechens drehen.<br />

Und manchmal ist nicht mal von Anfang<br />

an klar, dass es überhaupt ein Verbrechen<br />

gibt – so geht es in „Das Orakel von Port-<br />

Nicolas“ nicht nur dem Zuhörer, sondern<br />

fast jedem. Außer dem ausgemusterten<br />

Kommissar Kehlweiler, der zwar aus einer<br />

Mücke keinen Elefanten, aber aus einem<br />

in Hundekot gefundenen Zehenknochen<br />

gleich mal einen Mord macht. Diesen<br />

klärt er dann, behäbig und am Rande der<br />

Allwissenheit, in guter alter Detektivroman-<br />

Manier, also gemeinsam mit ein paar arbeitslosen<br />

jungen Wissenschaftlern auf.<br />

Das skurrile Personal, inklusive der Exhure<br />

Marthe und Kehlweilers Kröte, gehört<br />

ebenso in einen echten Vargas wie<br />

das poetische Herumscharwenzeln. Mit<br />

Suzanne von Borsody hat der Audio Verlag<br />

auch die richtige Sprecherin ausgesucht:<br />

Spröde und gelassen führt sie den<br />

Zuhörer durch die autorisierte Lesefassung.<br />

(kab)<br />

Simon Beckett<br />

Voyeur<br />

AUFREGEND, PROVOKANT, EHRLICH<br />

THRILLER<br />

Nina Hagen nimmt die Maske ab und erzählt die wirkliche Geschichte ihres rasanten<br />

Lebens. Sie gefällt sich nicht in äußeren Abenteuern und Erfolgen; ihr geht es um den<br />

roten Faden, die Wahrheit ihres Lebens, ihre innere, spirituelle Reise. Auf dieser Reise<br />

hat sie der Liebe, den Drogen und dem Tod ins Auge geschaut.<br />

+++ Nina Hagen singt und liest Bekenntnisse: 11.05.2010 Kassel | 12.05.2010 Nürnberg | 13.05.2010 Stuttgart | 17.05.2010 Friedberg<br />

Bayern|19.05.2010 Berlin|20.05.2010 Mainz|21.05.2010 Köln|23.05.2010 Annaberg-Buchholz|24.05.2010 Annaberg-Buchholz|02.06.2010<br />

Rheinsberg | 04.06.2010 Neubrandenburg | 05.06.2010 Schwerin | 06.06.2010 Rostock | alle Infos unter www.droemer-knaur.de +++<br />

Krimi-Special // bücher 85<br />

Aus d. Amerik. v.<br />

Andree Hesse<br />

rororo, 2010<br />

384 S.<br />

9,95 Euro<br />

3//<br />

Beckett schreibt Bestseller – zumindest<br />

seit er den Pathologen David Hunter ermitteln<br />

lässt. Nur konsequent also, dass<br />

man auch versucht, Becketts Archivmaterial<br />

unter die Leute zu bringen. Nach<br />

„Flammenbrut“ und „Obsession“ ist „Voyeur“<br />

der dritte Alt-Beckett, eigentlich aber der<br />

erste Beckett überhaupt. Ein Muss ist die<br />

Geschichte vom missgünstigen Galeristen<br />

Donald Ramsey, der seine Assistentin mit<br />

allen, wirklich allen (!) Mitteln an sich reißen<br />

will, deswegen aber noch nicht. Klasse<br />

und Hochspannung hat Beckett nämlich<br />

erst viel später erreicht. (kab)<br />

Ilkka Remes<br />

Tödlicher Sog<br />

THRILLER<br />

Aus d. Finn.<br />

Stefan Moster<br />

dtv, 2010<br />

464 S.<br />

14,90 Euro<br />

4//<br />

Ilkka Remes aus Finnland ist einer der<br />

produktivsten Krimi-Autoren der Welt.<br />

Wahrscheinlich beschäftigt er ein ganzes<br />

Team von Assistenten, die ihm zuarbeiten,<br />

sonst könnte Remes niemals so fundierte<br />

Verschwörungsthriller wie am Fließband<br />

schreiben. Mit „Tödlicher Sog“ bringt<br />

er einen hoffnungsvollen jungen Rennfahrer,<br />

dessen ermordete Freundin, den<br />

Untergang der Estonia und einen Waffenschmugglerring<br />

in einem Buch unter –<br />

und es funktioniert. Erneut überzeugt<br />

Remes mit einem spannenden Thriller<br />

über ein globalisiertes Verbrechen, das<br />

sich mehr und mehr mit unserer Zivilgesellschaft<br />

vermischt. (am)<br />

296 Seiten | € [D] 18,- | ISBN 978-3-629-02272-1


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ist Grill-<br />

zeeitt!! zeit!<br />

Aber wie werden<br />

Rippchen, Huhn oder<br />

auch Lamm perfekt?<br />

Aus welchen Zutaten<br />

rührt man die ultimative<br />

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zusammen? Und was<br />

macht den perfekten<br />

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86 kino //<br />

„The Crazies – Fürchte<br />

deinen Nächsten“<br />

Unsere kleine<br />

Mörderstadt<br />

Remakes von Horrorfilmen sind meist<br />

furchtbar. Breck Eisner jedoch gelingt mit<br />

„The Crazies“ ein Kabinettstück: Seine postapokalyptische<br />

Vision ist um Längen besser<br />

als das Original.<br />

Es geht um das Leben und Sterben (Letzteres vor allem)<br />

in einer US-Kleinstadt. Sheriff Duton (Timothy Olyphant)<br />

und seine Frau Judy (Radha Mitchell) leben im beschaulichen<br />

Ogden Marsh in Iowa. Die Kleinstadtidylle beginnt<br />

zu bröseln, als es bei einem Baseballspiel zu einem<br />

Amoklauf kommt und bald weitere Bürger anscheinend<br />

den Verstand verlieren. Sie fackeln ihre Familien samt Farm<br />

ab oder überfahren die Liebsten mit dem Mähdrescher.<br />

Zusammen mit seinem Deputy (Joe Anderson) findet Duton<br />

die Ursache heraus: Ein Militärflugzeug ist in den<br />

nahe gelegenen Sümpfen abgestürzt, an Bord ein Virus<br />

namens „Trixie“, das biedere Bürger in rasende Mordmaschinen<br />

verwandelt. Die wahre Gefahr aber geht weniger<br />

von den Infizierten aus als vom Katastrophenmanagement<br />

der Regierung. Deren Vertreter wirken mit ihren<br />

Gasmasken und Schutzanzügen anonym und unmensch-<br />

kulturnews 4/10<br />

lich. In mit Stacheldraht umzäunten Internierungslagern<br />

treiben sie die Bevölkerung wie Vieh zusammen.<br />

Ein guter Horrorfilm erzählt stets von den Ängsten, die<br />

zum Zeitpunkt seiner Entstehung in der Gesellschaft umgehen.<br />

So lässt sich die Fülle außerirdischer Invasionen<br />

im amerikanischen Kino der 50er und 60er als Reflexion<br />

der vermeintlichen Bedrohung durch kommunistische Unterwanderung<br />

lesen. Breck Eisners Bilder erinnern eher<br />

an das Versagen der Behörden beim Hurrikan Katrina in<br />

New Orleans, an Guantánamo Bay oder die Verbrechen der<br />

Bush-Regierung.<br />

Ein solcher Subtext funktioniert aber nur, wenn der<br />

Horror angemessen Spannung und Schrecken erzeugt.<br />

Was das angeht, legt „The Crazies“ ein ungeheures Tempo<br />

vor. Seine wenigen Hauptfiguren skizziert er knapp, aber<br />

glaubwürdig. Hier gibt es keine klischeehaften Beziehungsprobleme,<br />

der Film stürmt und drängt unablässig vorwärts<br />

und schildert den Zusammenbruch der Gesellschaft in<br />

ebenso schmutzigen wie drastischen Bildern: Da wird im<br />

Leichenschauhaus mit rotierenden Kreissägen hantiert,<br />

Mistgabeln kommen zum Einsatz, und in der Waschanlage<br />

findet eine blutige Autoreinigung statt. Das Remake<br />

ist dadurch wesentlich stringenter und effektiver als das<br />

durchwachsene Original von 1973, damals inszeniert von<br />

George A. Romero, dem Großmeister des Zombiefilms.<br />

Am Ende sind die Straßen von Ogden Marsh übersät mit<br />

Leichen und brennenden Autos, die Regierung greift zur<br />

nuklearen Endlösung. Der amerikanische Traum steht wieder<br />

einmal in Flammen. Selten hat ein Film das so überzeugend<br />

in Bilder gekleidet wie dieser.<br />

Alexander Rolf Meyer<br />

The Crazies – Fürchte deinen Nächsten startet am 27. Mai.


„Baarìa“<br />

Es war einmal<br />

in Sizilien<br />

Giuseppe Tornatore hat sich viel vorgenommen:<br />

In „Baarìa“ packt er eine umfassende Familiengeschichte<br />

und ein halbes Jahrhundert italienische<br />

Geschichte in einen Film. Kann das gutgehen?<br />

Es beginnt mit einem Kartenspiel. Ein Spieler spuckt auf den Boden, schickt den jungen<br />

Peppino zum Zigarettenholen und verspricht ihm 20 Lire, wenn er es schafft, wiederzukommen,<br />

ehe die Spucke getrocknet ist. Der Junge rennt los, vorbei an sizilianischen<br />

Matronen, Gemüsekarren und einem beinlosen Bettler. Dann erhebt er sich in die Lüfte,<br />

und mit ihm setzt die Kamera zu einem Panoramaflug an, der uns den Hauptdarsteller des<br />

Films vorführt: Baarìa, eine Kleinstadt vor den Toren von Palermo.<br />

Seht her, welche Zaubermacht das Kino besitzt!, ruft uns Giuseppe Tornatore in dieser<br />

Eröffnungssequenz zu. Es kann Menschen fliegen lassen und vergangene Zeiten heraufbeschwören.<br />

Zweieinhalb Stunden dauert diese Beschwörung, die um 1930 einsetzt und<br />

erst in den 80ern endet. Durch die Zeitläufe lebt, liebt und streitet sich die Familie Torrenuova,<br />

in der Peppino (Francesco Scianna) als Sohn eines Schafhirten aufwächst. Als junger<br />

Mann tritt er in die Kommunistische Partei ein und kämpft für die bitterarme Landbevölkerung<br />

gegen Großgrundbesitzer und Mafiosi. Doch die politischen Umbrüche handelt<br />

der Film seltsam verklärt ab. Die Faschisten sind Operettenschurken, und statt von den<br />

Hintergründen der Mafia zu erzählen, schwelgt Tornatore in Aufnahmen pittoresker Skulpturen<br />

im Garten des Gangsterbosses.<br />

// kino 87<br />

Nicht die politische Geschichte treibt diesen Film voran, sondern die private. Da geht<br />

es um Liebesleid und finanzielle Sorgen, um Zitronendiebstähle und Spaghetti mampfende<br />

Wahrsagerinnen. Diese Verklärung italienischer Lebenslust erinnert an Tornatores Oscargekrönten<br />

„Cinema Paradiso“ von 1988. Diesmal aber verliert sich der Regisseur im<br />

Durcheinanderwogen seiner Figuren und reißt eine Fülle von Themen an, ohne sie zu Ende<br />

zu erzählen. Und doch entfaltet dieser üppig überquellende Film einen bildmächtigen<br />

Zauber. Es gibt imposante Kamerafahrten, wildbewegte Massenszenen und Gestalten, die so<br />

knorrig sind wie hundertjährige Korkeichen: nostalgisch verklärtes Heimatkino, das zwischen<br />

magischem Realismus und burleskem Schelmenstück schwankt.<br />

„Warum glaubt eigentlich jeder, dass Sizilianer Heißsporne wären?“, fragt Peppinos Sohn<br />

am Ende. „Weil wir stets versuchen, die Welt zu umarmen, aber unsere Arme zu kurz sind“,<br />

entgegnet der Vater. Giuseppe Tornatores Arme sind lang genug, um die Vergangenheit<br />

zu umarmen.<br />

Alexander Rolf Meyer<br />

Baarìa startet am 29. April.<br />

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88 kino //<br />

Film des Monats<br />

Vertraute Fremde<br />

DRAMA<br />

BE/LU/D 2010, 100 Min.<br />

R: Sam Gabarski<br />

D: Pascal Gréggory, Léo Legrand, Alexandra Maria Lara<br />

ab 20. 5. (Warner Bros.) 5//<br />

Am Anfang steht ein Wunder: Den Comiczeichner Thomas (Pascal Gréggory) verschlägt<br />

es auf einer Reise in sein Heimatdorf zurück in die Vergangenheit. Er steckt wieder im<br />

Körper seines 14-jährigen Alter Ego (Léo Legrand), doch er besitzt noch immer die Erinnerungen<br />

eines Erwachsenen. So beiläufig Regisseur Sam Garbarski („Irina Palm“)<br />

diese Verfilmung der Graphic Novel von Jir Taniguchi beginnt, so stilsicher erzählt er<br />

sie zu Ende. In klaren, kühlen Bildern lässt er die französische Provinz der 1960er<br />

wiederauferstehen und Mann/Kind ein zweites Coming-of-Age erleben. Das führt zu<br />

surrealen Momenten: Da prophezeit Thomas seinen irritierten Eltern den Fall der Berliner<br />

Mauer oder erzählt der Schulfreundin im Schwimmbad, dass sie zu jung für ihn<br />

sei. Als der Vater sich anschickt, ihn und die Mutter (Alexandra Maria Lara) zu verlassen,<br />

beschließt Thomas, die Vergangenheit zu ändern. Was als Zeitreisemärchen begann, ist<br />

da längst zu einer tiefschürfenden Suche nach der verlorenen Zeit geworden. (arm)<br />

Mit dir an meiner Seite<br />

ROMANZE<br />

USA 2011, 107 Min.<br />

R: Julie Anne Robinson<br />

D: Miley Cyrus, Liam Hemsworth,<br />

Greg Kinnear<br />

ab 29. 4. (Walt Disney)<br />

Verfilmungen von Nicholas-Sparks-Romanen<br />

sind die reinste Kitschgrütze.<br />

Immer ist irgendwo ein Strand, an dem<br />

Romantik und Melancholie Hand in Hand<br />

gehen. Aber ob „Message in a Bottle“ oder<br />

„Wie ein einziger Tag“: Die Adaptionen<br />

kulturnews 5/10<br />

-Bewertung<br />

2//<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

haben immer einen menschlichen, geerdeten<br />

Kern, der es schwer macht, sich<br />

ihrer emotionalen Gewalt zu entziehen.<br />

Dieses Konzept, das bisher vornehmlich<br />

auf Altstars wie Kevin Costner und Diane<br />

Lane zugeschnitten war, überträgt Julie<br />

Anne Robinson nun auf die Welt des<br />

Teenagerfilms: Veronica (Miley Cyrus<br />

alias Hannah Montana) muss einen<br />

Sommer bei ihrem Vater verbringen, dem<br />

sie die Scheidung von der Mutter übel<br />

nimmt. In einer Hütte am Meer schmollt<br />

die 17-Jährige, liest Tolstoi (!), bewacht<br />

Schildkröteneier (!!) und lernt einen traumatisierten<br />

Millionärssohn (!!!) kennen.<br />

Schließlich sitzt sie, im weichen Gegenlicht,<br />

wieder am Klavier, denn, logisch,<br />

eigentlich ist sie ein potenzieller Superstar.<br />

Auch hier: Grütze, die aber recht<br />

gut funktioniert. Bis im letzten Drittel<br />

Veronicas Launen für Spannung sorgen<br />

sollen, aber nur den Rest an Glaubwürdigkeit<br />

pulverisieren. (rk)<br />

Start 29. 4.<br />

Die Konkurrenten –<br />

Russlands Wunderkinder 2<br />

DOKUMENTATION<br />

D 2010, 98 Min.<br />

R: Irene Langemann<br />

ab 29. 4. (GM Films)<br />

Finger hasten im Zeitraffer über die Tasten,<br />

verlieren sich auf der schwarz-weißen<br />

Klaviatur, die Körper der Pianisten sind<br />

angespannt. Zehn Jahre nach ihrem Dokumentarfilm<br />

„Russlands Wunderkinder“<br />

holt Irene Langemann die vier Protagonisten<br />

von damals noch einmal vor die<br />

Kamera. Wahllos wechseln Schauplätze,<br />

Personen, Ort und Zeit, reihen sich Aufnahmen<br />

der inzwischen jugendlichen<br />

Klaviervirtuosen Elena, Dmitri, Irina und<br />

Nikita aneinander. Ohne eine konkrete<br />

Aussage verwebt Langemann Fragmente<br />

aus dem Leben der jungen Pianisten mit<br />

Rückblenden aus dem ersten Film und<br />

dokumentiert so lediglich die vergangene<br />

Zeit. Fragen nach der kaum gelebten<br />

Kindheit, nach den physischen und seelischen<br />

Schmerzen und nach der Konkurrenz<br />

zwischen den Pianisten bleiben<br />

offen und treten in den Hintergrund angesichts<br />

der Fülle an Detailaufnahmen.<br />

Keine Pausen, um Luft zu holen. (ud)<br />

I love you Phillip Morris<br />

TRAGIKOMÖDIE<br />

USA 2009, 98 Min.<br />

R: Glenn Ficarra, John Requa<br />

D: Jim Carrey, Ewan McGregor<br />

ab 29. 4. (Alamode)<br />

2//<br />

2//<br />

Eine Trickbetrüger-Dramödie mit schwuler<br />

Liebe im Gefängnis: nicht gerade der<br />

Stoff, den man Hollywood zutraut. Und<br />

man kann sich auch eine Recht-gehabt-<br />

Kerbe in die Lehne des Kinosessels<br />

schnitzen. Zu Beginn möchte man das<br />

Scheitern des Films Jim Carrey, dem personifizierten<br />

Overacting, in die Schuhe<br />

schieben. Der grimassiert sich wild<br />

durch die Geschichte des notorischen<br />

Schwindlers Steven Russell (den es übrigens<br />

wirklich gibt). Aber auch wenn<br />

Carrey den Karren in den Dreck fährt:<br />

Weder Leslie Mann als naive (Ex-)Ehefrau<br />

noch Ewan McGregor als Russells<br />

große Liebe Phillip Morris hindern ihn daran.<br />

Glatt wie ein Babypopo ist McGregors<br />

Morris, Schwulsein reduziert das Regieduo<br />

Ficarra/Requa auf Tuckigkeit und<br />

markige Sprüchen übers Ficken. Am<br />

Anfang lacht man noch über diese Diskrepanz<br />

zwischen der verbalen Offenheit<br />

und den verklemmten Bildern. Aber wenn<br />

Carrey zum zigten Mal mit dem gleichen<br />

Witzschema und den gleichen Posen zu<br />

punkten versucht, keimt der Verdacht<br />

auf, dass Jim Carreys Filme nicht an<br />

schlechten Geschichten scheitern – sondern<br />

an Jim Carrey. (kab)<br />

Sin Nombre<br />

DRAMA<br />

MX/USA 2009, 96 Min.<br />

R: Cary J. Fukunaga<br />

D: Edgar Flores, Paulina Gaitán,<br />

Kristyan Ferrer<br />

ab 29. 4. (Prokino)<br />

3//<br />

Zu hohe Erwartungshaltungen machen<br />

es Filmemachern nicht leicht. Über das<br />

Debüt des 32-jährigen Regisseurs Cary<br />

Joji Fukunaga hieß es im Vorfeld, es sei<br />

so gut wie „Amores Perros“. Dabei ist<br />

das mexikanische Drama viel eher eine<br />

fulminante Mischung aus Gangsterfilm,<br />

Roadmovie, traditioneller Liebesgeschichte<br />

und modernem Western. Weil er aus<br />

Blutrache den eigenen Gangboss getötet<br />

hat, muss El Casper (Edgar Flores) vor<br />

der Mara-Salvatrucha-Bande um sein<br />

Leben rennen. Er schließt sich einem


Haufen Flüchtlinge an, die illegal auf<br />

Zugdächern Richtung amerikanischer<br />

Grenze rumpeln, auf der Suche nach<br />

einem besseren Leben. Stark beeinflusst<br />

vom Genremeilenstein „City of God“ verhandelt<br />

der Film Moralfragen um Ehre,<br />

Schuld und Sühne, während die Kamera<br />

mit dem gefühlten Tempo einer abgefeuerten<br />

Kanonenkugel hinter den minderjährigen<br />

Darstellern hinterherjagt. Visuell<br />

zwar berauschend, mangelt es „Sin<br />

Nombre“ auf der inhaltlichen Ebene an<br />

Originalität. Der Wettlauf eines jungen<br />

Mannes mit dem Tod bleibt dann doch<br />

zu eindimensional und vorhersehbar.<br />

(ds)<br />

Verrückt nach Steve<br />

ROMANTISCHE KOMÖDIE<br />

USA 2009, 101 Min.<br />

R: Phil Trail<br />

D: Sandra Bullock, Bradley Cooper,<br />

Thomas Haden Church<br />

ab 29. 4. (20th Century Fox)<br />

4//<br />

„Diese Frau nervt“, war das übereinstimmende<br />

Argument vieler Verrisse dieses<br />

Films in den USA. Aber was nervt<br />

eigentlich? Mary (Sandra Bullock) ist<br />

Kreuzworträtselerfinderin, redet wie ein<br />

Wasserfall und hat ein gewisses Nähe-<br />

Distanz-Problem. So führt das erste Date<br />

mit dem Kameramann Steve (Bradley<br />

Cooper) zur spontanen Nummer auf dem<br />

Beifahrersitz. Von Marys ungestümer<br />

Leidenschaft überfordert, verabschiedet<br />

sich Steve zu einem weit entfernten Job.<br />

„Ich wünschte, du würdest mitkommen.“<br />

Die verliebte Mary nimmt das wörtlich<br />

und reist Steve hinterher. … Na gut,<br />

Mary nervt. Aber sie ist vor allem eine<br />

intelligente, temperamentvolle Frau, die<br />

sich nach Liebe sehnt. Aus dieser Fallhöhe<br />

macht Phil Trail eine Screwball-Komödie,<br />

die genauso schnell und gewitzt<br />

ist wie ihre Hauptfigur. Natürlich kommen<br />

die Kreuzworträtselwitze in der deutschen<br />

Fassung nicht so gut rüber, und beim<br />

Versuch, die Kurve zum Klischee-Happy-<br />

// kino 89<br />

End zu bekommen, schrammt der Film<br />

mächtig an der Leitplanke entlang. Trotzdem:<br />

„Verrückt nach Steve“ ist besser als<br />

der Ruf, der ihm vorauseilt. (rk)<br />

Zu scharf, um wahr zu sein<br />

KOMÖDIE<br />

USA 2009, 105 Min.<br />

R: Jim Field Smith<br />

D: Jay Baruchel, Alice Eve, Míke Vogel<br />

ab 29 4. (Paramount Pictures)<br />

4//<br />

Zu blöd, um wahr zu sein: Die Übersetzung<br />

von Filmtiteln ist eine schwere<br />

Kunst. Dabei ist „She’s out of my League“<br />

viel besser als sein deutscher Name. Kirk<br />

(Baruchel) wollte eigentlich Pilot werden,<br />

doch es hat nur zum Sicherheitsbeamten<br />

an der Flughafenschleuse gereicht.<br />

Dort trifft er die schöne Molly (Alice Eve),<br />

und plötzlich tun sich in seinem festgefahrenen<br />

Leben ungeahnte Möglichkeiten<br />

auf. Den altbekannten Durchschnittstyp-trifft-Traumfrau-Plot<br />

erzählt Regisseur<br />

Smith durchaus originell. Es gibt Witzchen<br />

über Schamhaarrasur und frühzeitige<br />

Ejakulation, doch meist glänzt der<br />

Film mit stillem Humor. Da wird der unscheinbare<br />

Kirk beim ersten Date von<br />

allen für einen Kellner gehalten und<br />

seine unflätige White-Trash-Familie als<br />

besitzergreifendes Monster karikiert. Wie<br />

Molly sich zögernd in den linkischen<br />

Jungen verliebt, ist so glaubhaft geschildert<br />

wie Kirks Minderwertigkeitskomplex,<br />

der die Beziehung immer wieder auf die<br />

Probe stellt. Diese ernsten Untertöne<br />

heben den Film über das Niveau einer<br />

gewöhnlichen romantischen Komödie.<br />

(arm)<br />

Noch mehr Lust auf Kino?<br />

Viele weitere Filmkritiken<br />

und Interviews<br />

unter www.kulturnews.de<br />

kulturnews 5/10<br />

NOKAN<br />

Die Kunst des Ausklangs<br />

Wunderbar!<br />

HEUTE JOURNAL<br />

Ab 1. Mai auf DVD!


90 kino //<br />

Start 6. 5.<br />

Ayla<br />

LIEBESDRAMA<br />

D 2009, 85 Min.<br />

R: Su Turhan<br />

D: Pegah Ferydoni, Mehdi Moinzadeh,<br />

Timur Isik<br />

ab 6. 5. (Zorro Film)<br />

Die Münchner Türkin Ayla (Pegah Ferydoni)<br />

verliebt sich in den Fotografen<br />

Ayhan (Mehdi Moinzadeh). Schnell merkt<br />

sie zu ihrem Erschrecken, dass der aus<br />

einer streng muslimischen Familie stammende<br />

Mann seine Schwester Hatice<br />

umbringen soll, weil die ihren Mann verlassen<br />

hat. Ayla stellt sich auf Hatice’<br />

Seite … Gut gemeint ist nicht immer gut<br />

gemacht, möchte man Regisseur Su<br />

Turhan zurufen. Ayla ist eine türkische<br />

Superfrau: Sie musste zu Hause ausziehen,<br />

hat sich mit ihrem Vater überworfen,<br />

arbeitet als Erzieherin, verdient sich<br />

als Garderobiere im nuttigen Outfit was<br />

dazu und macht Kampfsport. Fehlt nur<br />

noch, dass sie nachts als Catwoman<br />

durch die Straßen streift … Immerhin ist<br />

ihre Rolle nur grotesk überzeichnet – die<br />

Figur des Ayhan ist dagegen unverzeihlich<br />

eindimensional. Und das, obwohl<br />

der Mann mit der Entscheidung ringt,<br />

einen Mord zu begehen! Dass der Film<br />

oft unnötig dialoglastig ist, weil Turhan<br />

seinem Publikum offenbar nicht zutraut,<br />

Zusammenhänge zu verstehen, ist der<br />

Sargnagel für diesen „Ehrenmord“-Film.<br />

(jw)<br />

kulturnews 5/10<br />

2//<br />

Das Leuchten der Stille<br />

ROMANZE<br />

USA 2010, 105 Min.<br />

R: Lasse Hallström<br />

D: Amanda Seyfried,<br />

Channing Tatum, Richard Jenkins<br />

ab 6. 5. (Kinowelt)<br />

Noch mehr Lust auf Kino?<br />

2//<br />

Sie lernen sich kennen an einem perfekten<br />

Strandtag: der surfende Berufssoldat<br />

John (Channing Tatum) und<br />

Savannah (Amanda Seyfried), die gut<br />

situierte Unschuld vom Lande. Nach<br />

zwei gemeinsamen Sommerwochen<br />

zeigt uns Regisseur Lasse Hallström in<br />

Großaufnahme Johns Armeejacke: Ja,<br />

er muss in den Irakkrieg, und was den<br />

Verliebten bleibt, sind nur Briefe. Aus<br />

dem Off bekommen wir sie vorgelesen,<br />

während zu sinfonischem Pianokitsch<br />

die getrennten Leben der Liebenden<br />

vorüberziehen – bis hin zu seiner Verwundung<br />

und ihrer Verlobung (mit<br />

einem anderen) … Nach einem romantischen<br />

Melodram sollte man das Kino<br />

mit einem dicken Kloß im Hals verlassen;<br />

Zeit, sich dafür zu schämen, bleibt<br />

ja später noch. Doch dafür ist Hallströms<br />

Geschichte zu simpel und die<br />

Reinheit der Gefühle – trotz einer falschen<br />

Fährte – zu ungetrübt. Auch die<br />

Mimen patzen; Tatum mahlt meist nur<br />

wortkarg mit den Kiefern, während<br />

Seyfried die kulleräugige Güte in Person<br />

gibt. Eine züchtige, tempoarme Romanze<br />

für die Generation Twilight, die sich nichts<br />

traut: weder Sex noch echte Tragik. (mw)<br />

Viele weitere Filmkritiken, Interviews, Storys<br />

und Kinonews gibt es online<br />

unter www.kulturnews.de"


Das Summen der Insekten<br />

DOKUMENTATION<br />

CH 2009, 88 Min.<br />

R: Peter Liechti<br />

ab 6. 5. (FilmKinoText)<br />

Peter Liechtis dokumentarische Verfilmung<br />

von Shimada Masahikos titelgebendem<br />

Roman ist die qualvolle Chronik<br />

eines angekündigten Todes. Ein Mann<br />

geht in den Wald und hungert sich zu<br />

Tode. Gesprochene Tagebucheinträge<br />

protokollieren die letzten acht Wochen<br />

im Leben eines 40-Jährigen, der schreibt:<br />

„Diese Welt hat keine Bedeutung für mich.<br />

Mein langsamer, schmerzvoller Selbstmord<br />

gibt mir aber das Gefühl, etwas<br />

Eigenes geschafft zu haben.“ Der schweizerische<br />

Regisseur erzählt das in meditativen<br />

Bildern: Waldbäume, die sich im<br />

Wind wiegen, ein Boot, das verlassen<br />

auf dem Meer treibt, oder Regenwasser,<br />

das auf eine Plastikplane klatscht, die<br />

dem Mann vor seinem Tod als Dach<br />

dient. Da es sich nicht um einen fiktionalen<br />

Stoff handelt, fühlt man sich beim<br />

Betrachten dieses filmischen Essays wie<br />

ein Voyeur des Todes. Und der Tod wird<br />

hier nicht zum spirituellen Erlebnis erklärt,<br />

sondern ist schmerzvolles und einsames<br />

Ende des Lebens. Wie deprimierend.<br />

(ds)<br />

Die Eleganz der<br />

Madame Michel<br />

TRAGIKOMÖDIE<br />

F 2010, 100 Min.<br />

R: Mona Achache<br />

D: Josiane Balasko,<br />

Garance Le Guillermic, Togo Igawa<br />

ab 6. 5. (Senator)<br />

3//<br />

3//<br />

Die Verfilmung von Muriel Barberys Bestseller<br />

„Die Eleganz des Igels“ ist das Por-<br />

trät dreier Einzelgänger, die für einen<br />

kurzen Moment den Zauber des Lebens<br />

wiederentdecken. Madame Michel (Josiane<br />

Balasko) arbeitet als Concierge in<br />

einem noblen Pariser Apartmenthaus, in<br />

dem auch der japanische Witwer Kakuro<br />

(Togo Igawa) und die elfjährige Paloma<br />

(Garance Le Guillermic) wohnen.<br />

Letztere, entfremdet von der Distanz und<br />

Hochnäsigkeit ihrer bourgeoisen Eltern,<br />

will am zwölften Geburtstag Selbstmord<br />

begehen. Der brisanten Thematik begegnet<br />

Regisseurin Mona Achache mit<br />

einem unbeholfenen Sprung zwischen<br />

den Genres: Der Liebesgeschichte zwischen<br />

Witwer und Concierge setzt sie die<br />

Coming-of-Age-Story des jungen Mädchens<br />

entgegen – beide Geschichten<br />

werden so in ihrer Intensität und Tiefe<br />

nur angedeutet. Die zarten Annäherungsversuche<br />

und der langsame Erzählfluss<br />

machen den Film zu einem Äquivalent<br />

von Gesprächen mit Nachbarn im<br />

Treppenhaus: gepflegte Langeweile, die<br />

man trotzdem gerne kultiviert. (ds)<br />

Survival of the Dead<br />

// kino<br />

HORROR<br />

USA 2010, 90 Min.<br />

R: George A. Romero<br />

D: Alan van Sprang, Kenneth Welsh,<br />

Kathleen Munroe<br />

ab 6. 5. (Splendid)<br />

2//<br />

George A. Romeros künstlerisches Leben<br />

ist praktisch identisch mit seinen Zombiefilmen.<br />

Sie heißen „Night of …“ (1968),<br />

„Dawn of …“ (1978), „Day off …“ (1985),<br />

„Land of …“ (2005), „Diary of …“ (2006)<br />

und nun „Survival of the Dead“. Manche<br />

waren stilbildend – und alle besser als<br />

der neue. Während Romeros Nachfolger<br />

im Zombiegenre gerade postindustrielle<br />

Ängste durchdeklinieren, inszeniert der<br />

70-jährige Altmeister ein steril ausgeleuchtetes<br />

B-Movie ohne jede Atmosphäre,<br />

das auf einer netten Insel spielt und fatal<br />

an den hölzernen Stil des 50er-Jahre-<br />

Kinos erinnert. Immer wieder löst er<br />

kulturnews 5/10<br />

12 x kulturnews + Geschenk nach Wahl<br />

O Toni Braxton<br />

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Das gewünschte citymag und mein Geschenk habe ich angekreuzt.<br />

Sollten Sie bis sechs Wochen vor Ablauf des Abos nichts von mir hören,<br />

möchte ich kulturnews ein weiteres Jahr.<br />

O Berlin<br />

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O Köln<br />

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Pläne für die Zukunft<br />

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Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich diese Aboanforderung<br />

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92 kino //<br />

Szenen dadurch auf, dass sich jemand<br />

überraschend einmischt, der die ganze<br />

Zeit unbemerkt am Rand des Sets herumstand,<br />

was die Protagonisten eigentlich<br />

hätten merken müssen. Da war sogar<br />

„Lassie“ eleganter inszeniert. Der Grundkonflikt,<br />

den die Parteien auf der Insel<br />

blutig ausfechten – soll man Zombies<br />

abknallen oder am „Leben“ erhalten, bis<br />

ein Heilmittel gefunden ist? –, geht da<br />

völlig unter. Ein Film so untot wie die<br />

meisten seiner Figuren. Nur schießt man<br />

denen gnädigerweise die Schädel weg.<br />

(mw)<br />

The exploding Girl<br />

LOVESTORY<br />

USA 2009, 79 Min.<br />

R: Bradley Rust Gray<br />

D: Zoe Kazan, Mark Rendall,<br />

Franklin Pipp<br />

ab 6. 5. (Peripher)<br />

Sommer in New York. Die Menschen<br />

sitzen in den Parks, spielen Karten, hören<br />

Musik, vertrödeln die Tage. Mittendrin:<br />

die Studenten Ivy (Zoe Kazan) und Al<br />

(Mark Rendall), die sich in den Ferien<br />

nach längerer Zeit wiedersehen. Während<br />

Al feststellt, wie sehr er Ivy mag, wird sie<br />

am Telefon von ihrem Freund verlassen.<br />

Ivy leidet stumm, sie raucht und betrinkt<br />

sich, obwohl für sie als Epileptikerin eigentlich<br />

beides tabu ist. Al ist für sie da,<br />

auch, als sie einen Anfall bekommt. Regisseur<br />

Bradley Rust Gray beobachtet<br />

seine Protagonisten beim bloßen Sein<br />

und erzählt eine zarte Liebesgeschichte,<br />

die ganz ohne Sex, Romantik und zur<br />

Schau gestellte Leidenschaft auskommt.<br />

Viel geredet wird nicht, die meisten Aussagen<br />

treffen die Bilder selbst, die den<br />

Flug eines Taubenschwarms ausgiebig<br />

dokumentieren, während Ivys Telefonate<br />

mit ihrem Exfreund im Lärm der Stadt<br />

untergehen. Man könnte „The exploding<br />

Girl“ als ereignislos und langweilig abtun.<br />

Besser aber man genießt das kleine<br />

Stückchen Glück, das einem hier serviert<br />

wird. (jul)<br />

kulturnews 5/10<br />

5//<br />

Start 13. 5.<br />

Der fantastische Mr. Fox<br />

ANIMATION<br />

USA 2009, 87 Min.<br />

R: Wes Anderson<br />

ab 13. 5. (20th Century Fox)<br />

Regisseur Wes Anderson ist der Mann<br />

für speziell gelagerte und sonderbare Filme,<br />

die immer von der abstrusen Dynamik<br />

scheinbar dysfunktionaler Familien handeln.<br />

Nach seinem poetischen Brüderporträt<br />

„Darjeeling Limited“ geht er nun<br />

sprichwörtlich in den Untergrund und<br />

zeigt in konservativer und liebevoller<br />

Stop-Motion-Technik die Abenteuer einer<br />

Familie im Fuchsbau – da werden Erinnerungen<br />

an „Wallace & Gromit“ wach.<br />

Papa Fox (im Original gesprochen von<br />

George Clooney) klaut gerne Federvieh<br />

auf dem Land der drei benachbarten<br />

Bauern Grob, Grimm und Gräulich, die<br />

wiederum alles daran setzen, den rotfüchsigen<br />

Hühnerdieb auszuräuchern.<br />

Philosophisch, fintenreich und voller<br />

kindlicher Fantasie: Das Bilderbuchmärchen<br />

ist viel mehr als nur ein Animationsfilm<br />

– es ist eine Fabel über den<br />

jahrhundertealten Krieg zwischen Mensch<br />

und Tier, mit der Aussage, dass animalische<br />

Instinkte stets über menschliches<br />

Kalkül siegen. Zumindest in der fantasievollen<br />

Welt von Wes Anderson, wo es<br />

keine Nahrungsketten gibt, sondern nur<br />

pure Poesie. (ds)<br />

Plan B für die Liebe<br />

ROMANTISCHE KOMÖDIE<br />

USA 2010, Min.<br />

R: Alan Poul<br />

D: Jennifer Lopez, Alex O’Loughlin, Eric<br />

Christian Olsen,<br />

ab 13. 5. (Concorde)<br />

4//<br />

3//<br />

New Yorker sind merkwürdige Menschen:<br />

trinken ihren Starbucks-Kaffee auf dem<br />

Laufband im Fitnessclub, lassen Rotwein<br />

nach dem Öffnen nicht atmen und bezeichnen<br />

ihre Taxis als zweites Zuhause.<br />

Das kann man zumindest als soziokulturelle<br />

Erkenntnis aus diesem Film mitnehmen,<br />

der von einer gestressten Single-<br />

Businessfrau (typisch Großstadt) erzählt,<br />

die sich künstlich befruchten lässt, dann<br />

aber doch noch auf den moralisch unverdorbenen<br />

Mr Right (typisch Landei)<br />

trifft. Cleveres Kalkül: Zwillingsmutter<br />

Jennifer Lopez erwartet auch auf der<br />

Leinwand zwei Kinder. Dass sie, über<br />

die George Clooney einst sagte, man<br />

könne auf ihrem Hintern ein Glas Wasser<br />

abstellen, kritisch über ihre schwangerschaftsbedingten<br />

Rundungen sinniert<br />

(„Ich vermisse meinen alten Po!“), zeugt<br />

von gesunder Selbstironie. Das bewahrt<br />

den Film davor, im genreüblichen Kitsch<br />

zu versinken. Eine erfrischende Abwechslung<br />

im sonstigen Einerlei der romantischen<br />

Komödien. (ds)<br />

Schock Labyrinth 3D<br />

HORRORTHRILLER<br />

JP 2009, Min.<br />

R: Takashi Shimizu<br />

D: Yuya Yagira, Ai Maeda,<br />

Suzuki Matsuo<br />

ab 13. 5. (Senator)<br />

2//<br />

Ein verfluchtes Haus, in dessen dunklen<br />

Fluren und toten Winkeln das Böse<br />

lauert – mit seinen „The Grudge“-Filmen<br />

hat Takashi Shimizu mustergültig vorgeführt,<br />

wie man mit geringen Mitteln<br />

effektiv Spannung erzeugt. Dazu zählt<br />

vor allem, dem Zuschauer viel Platz für<br />

den eigenen Horror im Kopf zu lassen.<br />

Dazu zählt nicht die 3-D-Technik, wie sein<br />

neuer Film beweist. In „Schock Labyrinth“<br />

geht es um vier junge Erwachsene, die<br />

noch immer davon traumatisiert sind,<br />

dass vor Jahren ihre Freundin Yuki bei<br />

einem gemeinsamen Geisterbahnausflug<br />

auf geheimnisvolle Weise zu Tode kam.<br />

Nun holt Yukis Geist sie an den einstigen<br />

Tatort zurück, um sich Recht zu verschaffen<br />

und durchaus originell inszenierte<br />

Rache zu nehmen. Wieder lauert<br />

in dunklen Fluren der Tod – und lässt<br />

total kalt, weil der Blick durch die 3-D-<br />

Brille die Dinge greifbarer machen soll.<br />

Das passt aber nicht zum Horror, der vor<br />

allem aus der Angst vor dem Unfassbaren<br />

entsteht. Eine filmhistorisch interessante<br />

Erkenntnis in einem unfreiwillig<br />

komischen Film. (rk)<br />

Start 20. 5.<br />

Der Vater meiner Kinder<br />

DRAMA<br />

D/F 2010, 110 Min.<br />

R: Mia Hansen-Løve<br />

D: Louis-Do de Lencquesaing,<br />

Chiara Caselli<br />

ab 20. 5. (Farbfilm)<br />

3//<br />

2005 nahm sich Humbert Balsan das<br />

Leben. Ein Jahr zuvor lernte Mia Hansen-<br />

Løve den Filmproduzenten kennen; mit<br />

ihrem Spielfilm will die Regisseurin ihm<br />

ein Denkmal setzen. Sie erzählt die<br />

Geschichte des Produzenten Grégoire,<br />

der sich umbringt, weil seiner Firma der<br />

Bankrott droht. Der Film zerfällt in zwei<br />

Hälften: Die erste Stunde zeigt Grégoire<br />

als eifrigen Geschäftsmann und liebevollen<br />

Vater. Dann ist er tot, und Sylvia und<br />

die älteste Tochter Clémence rücken in<br />

den Mittelpunkt. Was sich nicht verändert,<br />

ist die Ästhetik des Films: lichte<br />

Bilder von Stadt und Land, die „Es geht<br />

voran“ zu rufen scheinen. Ansonsten ist<br />

„Der Vater meiner Kinder“ eher sprunghaft<br />

denn konstant. Hansen-Løve eröffnet<br />

zahlreiche Nebenhandlungen, die sie<br />

nicht zu Ende bringt und deren Funktion<br />

sich nicht erschließt. So lässt einen das<br />

Drama eher ratlos zurück. In Cannes gewann<br />

der Film 2009 dennoch einen<br />

Spezialpreis – wohl eher aus sentimentalen<br />

Gründen als für seine eigentlichen<br />

Qualitäten. (jul)


Du sollst nicht lieben<br />

DRAMA<br />

IL/F/D 2009, 90 Min.<br />

R: Haim Tabakman<br />

D: Zohar Strauss, Ran Danker,<br />

Tinkerbell<br />

ab 20. 5. (Edition Salzgeber)<br />

Erst sind es nur Blicke und zufällige<br />

Berührungen, bis Aaron (Strauss) und<br />

Ezri (Danker) schließlich ihre Gefühle<br />

füreinander nicht mehr unterdrücken<br />

können. Was zwischen dem angesehenen<br />

Fleischer in der ultra-orthodoxen<br />

jüdischen Gemeinde in Jerusalem und<br />

dem Talmudstudenten geschieht, ist in<br />

ihrer Welt nicht vorgesehen. Wenn sich<br />

dort zwei Männer lieben, können sie<br />

keine Toleranz erwarten … Der israelische<br />

Regisseur Haim Tabakman hat mit<br />

seinem Debüt für heftige Diskussionen<br />

gesorgt. Sein Film bricht ein Tabu und<br />

thematisiert ein gesellschaftspolitisches<br />

Problem, für das es keine einfachen<br />

Lösungen gibt. Die Geschichte zollt<br />

dabei in ihrer feinfühligen Inszenierung<br />

dem Glauben und der Liebe gleichermaßen<br />

Respekt. Und: Ganz beiläufig hat<br />

man Teil am orthodoxen Alltagsleben,<br />

einer befremdlichen, archaischen Welt,<br />

die ihren Mitgliedern durch ein festes<br />

Regelwerk sozialen Halt gibt, aber auch<br />

völlige Kontrolle bedeutet. (ascho)<br />

Die Beschissenheit der Dinge<br />

TRAGIKOMÖDIE<br />

BE 2010, 108 Min.<br />

R: Felix van Groeningen<br />

D: Kenneth Vanbaeden,<br />

Koen De Graeve, Wouter Hendrickx<br />

ab 20. 5. (Camino)<br />

4//<br />

4//<br />

Die Mutter abgehauen, der Vater ein<br />

Säufer, die Onkel Säufer, und alle woh-<br />

nen zusammen bei der Oma, deren Mann<br />

sich totgesoffen hat. Mit dieser Kindheit<br />

wird man entweder selber Säufer – oder<br />

schreibt einen Roman drüber. Die Verfilmung<br />

von Dimitri Verhulsts autobiografischem<br />

Roman erzählt die Geschichte<br />

des 13-jährigen Gunther Strobbe (Kenneth<br />

Vanbaeden) und wie er sich aus dem<br />

asozialen 80er-Jahre-Umfeld befreit, das<br />

von Bier, Schnaps, Freiluftkacken und<br />

Saufwettbewerben geprägt ist. Die heruntergekommenen<br />

Trinker, denen die<br />

Katze morgens die Kotze vom Kopfkissen<br />

schleckt, glorifiziert der Film nie, er sentimentalisiert<br />

aber auch Gunthers Situation<br />

nicht. Das Leben mit seiner Sippe<br />

ist so trist wie die belgische Kleinstadt,<br />

in der die Strobbes hausen, und so deprimierend<br />

wie das Schlafzimmer, in<br />

dem sein Onkel reihenweise Frauen vor<br />

Blümchentapeten vernascht, während<br />

Gunther schlafen muss. Eine Parallelhandlung<br />

zeigt den erwachsenen Gunther,<br />

der sich die Vergangenheit buchstäblich<br />

von der Seele schreibt, nie ganz frei von<br />

Rausch und Rücksichtslosigkeit. Ein<br />

authentischer Blick in die Gosse Belgiens,<br />

nach dem man eins sicher nicht braucht:<br />

einen Drink. (vs)<br />

Keep Surfing<br />

DOKUMENTATION<br />

D 2010, 94 Min.<br />

R: Björn Richie Lob<br />

ab 20. 5. (Prokino)<br />

4//<br />

Wer surfen möchte, muss nicht unbedingt<br />

zum nächsten Ozean fahren – da<br />

reicht auch ein Ticket zum Münchner<br />

Eisbach. Wie dort Enthusiasten auf einer<br />

stehenden Welle reiten und artistische<br />

Kapriolen schlagen, hat Björn Richie Lob,<br />

selbst leidenschaftlicher Surfer, über<br />

Jahre mit der Kamera festgehalten. Weil<br />

surfende Menschen in der Stadt nicht<br />

abendfüllend sind, porträtiert er sechs<br />

dieser Fanatiker und begleitet sie auch<br />

auf andere Surftrips: in Hochwassergebiete<br />

nach Frankreich etwa oder zu<br />

lebensgefährlichen Stromschnellen in<br />

Kanada. Manches ist wackelig und<br />

unscharf mit der Digitalkamera gedreht,<br />

anderes aufwändig mit der High-Speed-<br />

Kamera inszeniert und vermag so bestens<br />

die Faszination dieses Sports zu<br />

transportieren. Doch Lob traut seinem<br />

Material und seinen Protagonisten nicht<br />

immer und will mit vielen Schnitten und<br />

Sprüngen das Interesse der Zuschauer<br />

permanent hochhalten. Für einen Surfer<br />

ist offensichtlich nichts erschreckender<br />

als ein Moment der Ruhe. (ascho)<br />

Start 27. 5.<br />

Die Eroberung<br />

der inneren Freiheit<br />

DOKUMENTATION<br />

D 2009, 85 Min.<br />

R: Silvia Kaiser,<br />

Aleksandra Kumorek<br />

ab 27. 5. (Real Fiction)<br />

4//<br />

Der Philosoph als Hebamme, die dem<br />

Menschen hilft, Erkenntnisse zu gebären:<br />

Nach dieser Vorstellung führen zwei<br />

Philosophen im Gefängnis Berlin-Tegel<br />

sokratische Gespräche mit den Gefangenen.<br />

Silvia Kaiser und Aleksandra<br />

Kumorek haben das Modellprojekt mit<br />

der Kamera begleitet. Abwechselnd zeigt<br />

ihr Film die lebhaften und sehr persönlichen<br />

Gesprächsrunden (Wie entsteht<br />

Moral?), begleitet die Teilnehmer auf ihre<br />

Zellen, wo sie über ihren bisherigen Lebensweg<br />

sprechen, und hält minutenlang<br />

in unbewegten Nahaufnahmen fest,<br />

wie die Männer schweigen und rauchen<br />

oder durch Gitterstäbe in den Schnee<br />

hinausblicken. Wer im Knast sitzt, hat<br />

viel Zeit, zum Nachdenken und zur<br />

Selbstreflexion. Nicht alle Inhaftierten<br />

können sich auf die philosophischen Gespräche<br />

einlassen; das zeigt der Film,<br />

ohne seine Protagonisten vorzuführen.<br />

Im Gegenteil: „Die Eroberung der inneren<br />

Freiheit“ räumt auf mit gängigen<br />

Klischees von Gefängnisinsassen und<br />

ihrem Alltag. Das ist eine große Qualität,<br />

auch wenn der Dokumentation oft die<br />

Zeit zum Nachfragen fehlt. (jul)<br />

Tandoori Love<br />

// kino 93<br />

LIEBESKOMÖDIE<br />

CH 20008 92 Min.<br />

R: Oliver Paulus<br />

D: Lavinia Wilson, Vijay Raaz,<br />

Martin Schick<br />

ab 27. 5. (Arsenal)<br />

3//<br />

Klingt eigentlich vielversprechend: Eine<br />

indische Filmtruppe reist ins Berner<br />

Oberland, um vor himmelblauer Alpenkulisse<br />

eine Bollywood-Schmonzette zu<br />

drehen. Rajah, der Koch des Teams, verliebt<br />

sich in die einheimische Kellnerin<br />

Sonja (Lavinia Wilson), Tandoori trifft auf<br />

Rösti, und Liebe geht durch den Magen.<br />

Und doch lässt einen diese Culture-Clash-<br />

Komödie so kalt wie eine Runde Nacktski.<br />

Die Witze über knorrige Schwyzer<br />

und heißblütige Inder bleiben im Klischee<br />

verhaftet, die Charaktere oberflächlich<br />

und die Geschichte so unentschlossen<br />

wie die rehäugige Sonja, die<br />

ewig braucht, um sich zwischen Rajah<br />

und ihrem Verlobten zu entscheiden. Zudem<br />

nutzen die Figuren jede mögliche<br />

und unmögliche Gelegenheit, um in hölzern<br />

choreografierte Tanzeinlagen auszubrechen.<br />

In Fahrt kommt der Film nur in<br />

den Kochszenen. Da schneiden, reiben,<br />

rühren und sieden die Figuren in grandios<br />

rhythmisierten Sequenzen, Südfrüchte<br />

tanzen im Takt der Musik, und<br />

die Sinnlichkeit des Kochens wird erfahrbar.<br />

Satt macht das aber nicht. (arm)<br />

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kulturnews 5/10


94 dvds //<br />

DVD des Monats<br />

Die allein erziehende Mutter Jess (Melissa<br />

George) hat ein ungutes Gefühl, als sie mit<br />

Freunden auf einen Segeltörn geht. Mit Recht:<br />

Das Boot kentert, sie retten sich auf einen<br />

vermeintlich menschenleeren Ozeanriesen –<br />

wo die Schiffbrüchigen allerdings nach und<br />

nach dezimiert werden. Und Jess weiß plötzlich auch, von wem … Was klingt wie ein handelsüblicher<br />

10-kleine-Negerlein-Langweiler, entpuppt sich unter der Regie des „Severance“-<br />

Machers Christopher Smith als hochkomplexer Zeitschleifenthriller mit vielen Spiegelallegorien,<br />

der geschickt klassische Motive des Horrorkinos wie z. B. aus „Dr. Jekyll und<br />

Mr. Hyde“ oder „Shining“ miteinander verschmilzt. Das Drehbuch ist von teuflischer<br />

Raffinesse – eine mörderische Variante von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ –, und<br />

wie der Regisseur uns im Lauf des Films nonchalant über alle Zeitparadoxa hinwegsehen<br />

lässt, das ist meisterlich. Eine mithilfe von Zeitsprüngen und Perspektivenwechseln multipel<br />

erzählte Schreckensgeschichte über Determinismus, aus der es keinen Ausweg gibt –<br />

auch nicht, wenn der Film längst zu Ende ist. (mw)<br />

Film 5<br />

Extras Making of, Interviews, Beim Dreh, Trailer, Trailershow<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

Dr. House – Season 5<br />

TV-SERIE<br />

USA 2008<br />

D: Hugh Laurie,<br />

Lisa Edelstein,<br />

Robert Sean<br />

Leonard<br />

Vö: 6. 5.<br />

(Universal)<br />

„Enjoy yourself, it’s later than you think.“<br />

Als die längst tote Ärztin Amber ihm in einer<br />

Halluzination diesen ursprünglich von Doris<br />

Day locker-fröhlich interpretierten existenzialistischen<br />

Song vorträgt, und zwar auf eine<br />

erschreckende Weise sanft und eiskalt<br />

spöttisch, bittet House seinen Freund Wilson<br />

erstmals um Hilfe. Er ist am Tiefpunkt angelangt.<br />

Wann das passiert ist? Wird nicht<br />

verraten. Vorher aber agiert das brillante<br />

Ekelpaket, aufgeputscht von Schmerzmitteln,<br />

wie eh und je: House spioniert im<br />

Privatleben seiner ihm untergebenen Ärzte<br />

herum und natürlich auch in dem von<br />

Freund Wilson, stellt sogar auf Krankenhauskosten<br />

einen Privatdetektiv ein, beerdigt<br />

seinen Vater, mobbt seine Chefin Dr.<br />

Cuddy, wo es ihm nur möglich ist, löst<br />

zwischendurch hoffnungslose Fälle oder<br />

kulturnews 5/10<br />

-Bewertung<br />

Triangle<br />

HORRORTHRILLER<br />

UK/AU 2009<br />

R: Christopher Smith<br />

D: Melissa George, Liam Hemsworth, Emma Lung<br />

Vö: 6. 5. (Ascot Elite)<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

auch nicht, kurz: Es ist wie immer auf eine<br />

erfrischende Art kurzweilig, und das mit<br />

Tiefgang. Und doch: Man merkt, dass es<br />

bald nicht mehr so weitergehen kann. Der<br />

Schmerzmittelmissbrauch kann in einer<br />

derart realistisch angelegten Serie über<br />

Krankheiten nicht ohne Folgen bleiben. (jw)<br />

Film 5<br />

Extras Gäste-Casting, Featurettes,<br />

Kommentare der Drehbuchschreiber und<br />

Produzenten<br />

Zombieland<br />

ZOMBIEFILM<br />

USA 2009<br />

R: Ruben Fleischer<br />

D: Woody<br />

Harrelson,<br />

Jesse Eisenberg,<br />

Abigail Breslin<br />

Vö: 20. 5. (Sony)<br />

Am amerikanischen Softgebäck Twinkie<br />

scheiden sich bekanntlich die Geister: Was<br />

für die einen genial ist, auch wenn der<br />

Nährstoffgehalt und der Nährwert meilenweit<br />

auseinanderklaffen, ist für andere nur<br />

widerlich. Woody Harrelson als Twinkie-<br />

süchtiger Zombiekiller ist natürlich auf der<br />

Seite des Trashigen – und der Film, in dem<br />

er selbigen spielt, ist es auch. Der Plot ist<br />

zombiemäßig simpel: Die lebenden Toten<br />

breiten sich seuchenartig aus, die letzten<br />

Menschen wehren sich mit allen Mitteln. Im<br />

Film von Regisseur Ruben Fleischer nerven<br />

sich die Lebenden aber auch gegenseitig<br />

reichlich an – sich und ihre Zuschauer.<br />

Film 2<br />

Extras Entfallene Szenen, Kommentare,<br />

Blicke hinter die Kulissen, Demo-Trailer,<br />

Visuelle Effekte /Entstehungsszenen<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

Die vierte Art<br />

MYSTERY-<br />

HORROR<br />

USA 2009<br />

R: Olatunde Osunsanmi<br />

D: Milla Jovovich, Elias<br />

Koteas, Will Patton<br />

Vö: erschienen<br />

(Ascot Elite)<br />

Wenn man mal davon absieht, dass dieser<br />

Film die Verschwörungstheorien der UFO-<br />

Überzeugten nicht nur als Gerüst verwendet,<br />

sondern sogar noch massiv propagiert;<br />

wenn man als rational veranlagter Mensch<br />

also mal über seinen Schatten springt,<br />

dann, ja dann ist dieser Film echt zu empfehlen!<br />

Milla Jovovich („Resident Evil“,<br />

„Das fünfte Element“) brilliert in der Rolle<br />

der Psychologin Abigail Tyler, die nicht nur<br />

gerade ihren Mann verloren hat, sondern<br />

in der Stadt Nome in der Wildnis Alaskas<br />

auch noch mit einer Massenpsychose<br />

konfrontiert wird. Immer mehr Menschen<br />

berichten von Schlaflosigkeit, quälender<br />

Angst und etwas Undefinierbarem, das sie<br />

verfolgt. Der Versuch, durch Hypnose mehr<br />

zu erfahren, entwickelt sich zu einem tödlichen<br />

Fiasko, und plötzlich muss sich Dr.<br />

Tyler vor der Polizei verantworten. Das<br />

Perfide des Films steckt in der Parallelmontage<br />

von vermeintlich echten Aufnahmen<br />

im „Blair Witch Project“-Wackelstil und<br />

nachträglich hinzugefügtem, spielfilmähnlichem<br />

Material; bis zu sechs Bildschirme<br />

tun sich bei dramaturgischen<br />

Höhepunkten im Splitscreenverfahren auf<br />

und ziehen den Zuschauer in den Film<br />

wie einen Entführten ins UFO: Man hat<br />

keine Chance auf Entkommen. Getragen<br />

wird die Grundstimmung des Films aber<br />

nicht von den Horrorelementen, sondern<br />

von der tiefen Verzweiflung Dr. Tylers, die<br />

miterleben musste, wie ihr Mann neben<br />

ihr im Bett ermordet wurde. (jw)<br />

Film 4<br />

Extras Entfallene Szenen, Featurette,<br />

TV-Spots, Kinotrailer<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

Boston Legal 5<br />

TV-SERIE<br />

USA 2008<br />

R: Mike Listo u. a.<br />

D: James Spader,<br />

William Shatner,<br />

Candice Bergen<br />

Vö: 14. 5. (Twentieth<br />

Century Fox)<br />

Eine Männerfreundschaft wird abgewickelt:<br />

Denny Crane (nie war er so gut:<br />

William „Captain Kirk“ Shatner) und Alan<br />

Shore (James „Sex, Lügen und Videos“<br />

Spader) sitzen noch genau 13-mal abends<br />

bei einer Zigarre und einem Scotch auf<br />

der Terrasse, dann ist für immer Schluss<br />

mit der Anwaltskanzlei Crane, Poole &<br />

Schmidt. Zum letzten Mal sehen wir in<br />

origineller und bisweilen spektakulärer<br />

Inszenierung aktuelle zivil- und strafrechtliche<br />

Fälle der US-Justiz, warten auf die<br />

Auseinandersetzungen zwischen dem<br />

Republikaner Crane und dem Demokraten<br />

Shore. „Boston Legal“ ist aber nicht nur<br />

eine Gerichtsserie mit Realitätsbezug, sie<br />

ist in der Komik ihrer Dialoge fast schon<br />

eine in Handlung gepackte Stand-up-<br />

Comedy. Dass Komik und ernster Ansatz,<br />

der in dieser letzten Staffel sogar ins<br />

Tragische kippt, zusammen funktionieren,<br />

dass die Serie diesen Spagat hinkriegt,<br />

macht „Boston Legal“ so verdammt wertvoll.<br />

(jw)<br />

Film 5<br />

Extras entfallene Szenen, Featurettes<br />

Fatso<br />

KOMÖDIE<br />

NO 2008<br />

R: Arild Fröhlich<br />

D: Nils Jørgen<br />

Kaalstad, Josefin<br />

Ljungman,<br />

Kyrre Hellum<br />

Vö: 7. 5. (Sunfilm)<br />

Rino (Nils Jørgen Kaalstad) ist ein Wichser.<br />

Das wird in dieser norwegischen Komödie<br />

nicht nur ausgiebig thematisiert,<br />

sondern auch gezeigt. Anfangs ist es noch<br />

zum Lachen, wenn der Typ, der angesichts<br />

seiner Schüchternheit, Leibesfülle und Stillosigkeit<br />

verständlicherweise Dauersingle<br />

ist, sich an echten Melonen abreagieren<br />

muss. Solchen pubertären Jungsfantasien<br />

wird aber leider keine sonderlich gute Story<br />

zur Seite gestellt, und die Wohnung der<br />

verstorbenen Oma ist zwar ein scheußlichschöne<br />

Kulisse, aber das alleine ist ja nicht<br />

genug. Rinos Verliebtheit in seine Mitbewohnerin<br />

grenzt an Stalking, und die Comicsequenzen,<br />

in denen der Dicke seine


Ängste und Fantasien in Nashorngestalt<br />

auslebt, kann man nur pornografisch<br />

nennen. Da wird aus Sympathie ziemlich<br />

schnell Mitleid – und ein bisschen Ärger.<br />

Film 3<br />

Extras Trailer<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

Nokan –<br />

Die Kunst des Ausklangs<br />

DRAMA<br />

JP 2008,<br />

R: Yojiro Takita<br />

D: Masahiro Motoki,<br />

Ryoko Hirosue,<br />

Tsutomu Yamazaki<br />

Vö: erschienen<br />

(good!movies)<br />

Einen Toten waschen? Ihn ankleiden,<br />

schminken? Dafür sorgen, dass keine<br />

Leichenflüssigkeit austritt? Wer den diesjährigen<br />

Oscar-Preisträger für den besten<br />

fremdsprachigen Film sieht, kriegt genau<br />

mit, wie das alles geht. Der arbeitslose<br />

Cellist Daigo ist Aufbahrer und kotzt erst<br />

einmal geraderaus, weil seine erste Leiche<br />

schon seit zwei Wochen tot ist und entsprechend<br />

aussieht … Keine Sorge: Re-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

gisseur Yojiro Takita setzt grotesk-komische<br />

Momente wie diesen selten und genau<br />

pointiert ein. Den Film dominiert etwas<br />

ganz anderes: die vollkommene Entschleunigung<br />

und der Blick in die Gesichter –<br />

lebendige wie tote. Daigo (grandios in seinem<br />

zärtlichen Umgang mit den Körpern:<br />

Masahiro Motoki) beginnt, seinen neuen<br />

Beruf mit Passion auszuüben. Jede Geste,<br />

jeder Handgriff wird von den trauernden<br />

Angehörigen und der Kamera gleichermaßen<br />

eingefangen; Trauer und Anteilnahme<br />

übertragen sich auf den Zuschauer, sodass<br />

eine seltene Intimität entsteht – eine<br />

Intimität mit dem Tod. Ach: Und „Nokan“<br />

ist außerdem eine perfekte Liebesgeschichte<br />

und ein Film über ein extrem gestörtes<br />

Vater-Sohn-Verhältnis. (jw)<br />

Film 5<br />

Extras Trailershow, Interview<br />

Lust auf mehr Heimkino?<br />

Über 1 000 DVD-Kritiken<br />

online lesen unter<br />

www.kulturnews.de<br />

„Ein ganz gemeiner Horrorfilm.“<br />

NEON<br />

„Ein echter Gruselschocker, der die Nerven<br />

blank legt und zu Tode erschreckt.“<br />

ROLLING STONE<br />

„Regie führt die Fantasie, die Stille macht Angst.“<br />

BILD AM SONNTAG<br />

<br />

<br />

<br />

13 Semester –<br />

Der frühe Vogel kann mich mal<br />

STUDENTEN-<br />

KOMÖDIE<br />

D 2009<br />

R: Frieder Wittich<br />

D: Max Riemelt,<br />

Alexander Fehling<br />

Vö: 7. 5. (Twentieth<br />

Century Fox)<br />

Mit Max Riemelt und Alexander Fehling<br />

an Bord kann nichts mehr schiefgehen?<br />

Nun ja, grundsätzlich talentierte Schauspieler<br />

brauchen trotzdem noch ein anständiges<br />

Drehbuch. Das von „13 Semester“<br />

hat aber leider den Fehler, dass es jedes,<br />

aber auch wirklich jedes Studentenklischee<br />

abfeiern muss. Zwischen Party, Lerngruppe<br />

und WG-Trott hätte gern mehr Raum für<br />

ernsthaftes studentisches Coming-of-Age<br />

sein können. Ein paar Gaudipunkte greift<br />

Regisseur Wittichs Kinodebüt trotzdem ab.<br />

Film 3<br />

Extras Entfallene & erweiterte Szenen,<br />

Interview, Spaß am Set, Live-Musikvideo<br />

„Too Much“ von Bonaparte, Hinter den<br />

Kulissen<br />

Avatar<br />

// dvds 95<br />

SCI-FI<br />

USA 2009<br />

R: James Cameron<br />

D: Sam Worthington,<br />

Zoë Saldaña,<br />

Sigourney Weaver<br />

Vö: erschienen<br />

(Twentieth Century Fox)<br />

Was, „Avatar“ jetzt schon auf DVD? Lief<br />

der nicht grad noch im Kino? Ja – und ja.<br />

Für das außerordentlich erfolgreiche 3-D-<br />

Märchen wirkt die übliche Blockbuster-Zweitverwertungsfrist,<br />

die mittlerweile bei unter<br />

einem halben Jahr liegt, absurd. Noch absurder<br />

ist allerdings, den Film vor der bald bevorstehenden<br />

Einführung der 3-D-Technik<br />

fürs Heimentertainment in 2-D zu veröffentlichen.<br />

Nun gut, die Sci-Fi-Story von den<br />

edlen Wilden auf einem fernen, naturverbundenen<br />

Planeten und den menschlichen<br />

Ausbeutern und Kriegstreibern funktioniert<br />

auch ohne Effekte. Ob einen die sattgrünen<br />

Dschungelfantasien Camerons aber<br />

daheim ebenso flashen, hängt wohl auch<br />

von der vorhandenen Bildschirmdiagonale<br />

ab.<br />

Film 5<br />

Extras keine<br />

Auch als Blu-ray-Disc!


Ein Polizist, der unschuldig<br />

im Gefängn is saß.<br />

50 Millionen Dollar Entschädigung.<br />

Eine Vorliebe für Obst.<br />

Film © 2008/2009 Universal Studios. Alle Rechte vorbehalten. Artwork © 2010 Universal Studios. Alle Rechte vorbehalten.<br />

96 dvds //<br />

Gesetz der Rache<br />

ACTIONTHRILLER<br />

USA 2009<br />

R: F. Gary Gray<br />

D: Gerard Butler,<br />

Leslie Bibb, Jamie<br />

Foxx<br />

Vö: 20. 5.<br />

(Paramount)<br />

Als seine Familie ermordet wird, hofft Clyde<br />

(Gerard Butler) noch auf Gerechtigkeit.<br />

Doch Staatsanwalt Nick (Jamie Foxx) lässt<br />

sich auf eine zweifelhafte Absprache ein.<br />

Was als Auseinandersetzung mit dem US-<br />

Justizsystem beginnt, wird zu einem blutigen<br />

Racheepos. Das ist moralisch bedenklich,<br />

weil Regisseur F. Gary Gray einerseits<br />

Gewalt kritisiert, sie aber zugleich<br />

ebenso drastisch wie konsumierbar in bester<br />

„Saw“-Tradition inszeniert. Clyde wird<br />

wegen Selbstjustiz verurteilt und verübt<br />

aus dem Gefängnis heraus Anschläge auf<br />

Richter und Anwälte, und letztlich wird der<br />

fintenreiche Thriller zum Duell zweier Männer.<br />

Die Inszenierung setzt auf Explosionen<br />

und rasante Helikopterflüge und entwickelt<br />

die größte Wucht doch gerade dann, wenn<br />

sie auf Konventionen verzichtet und nichts<br />

außer zwei Köpfen zeigt: Butler und Foxx,<br />

bildschirmfüllend vor Gitterstäben und graublau<br />

verschwimmenden Wänden, verstrickt<br />

in einen tödlichen Streit der Worte.<br />

Film 4<br />

Extras Featurettes, Making-of, Interviews,<br />

Audiokommentar, Darstellerinfos<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

Tortuga – Die unglaubliche<br />

Reise der Meeresschildkröte<br />

DOKUMENTATION<br />

GB/AT 2009<br />

R: Nick Stringer<br />

Vö: erschienen<br />

(Polyband)<br />

Die Unechte Karettschildkröte hat nur ein<br />

Ziel: Sie schlüpft am Strand von Florida<br />

und schwimmt über die Sargassosee und<br />

den Nordatlantik mehrere Jahre lang bis<br />

zu den Azoren – um dann umzukehren<br />

kulturnews 5/10<br />

und über die Karibischen Inseln an ihren<br />

Heimatstrand zurückzukehren, weil sie dort<br />

ihre Eier legen will. Das ist eine der längsten<br />

Wanderungen, die in der Natur überhaupt<br />

vorkommen, und nur eine von 10 000<br />

Schildkröten überlebt sie. Regisseur Nick<br />

Stringer dokumentiert die Reise der Caretta<br />

caretta dank moderner HD-Technik in einzigartigen<br />

Bildern: Im Großformat gleiten<br />

Buckelwale, Blauhaie oder Seepferdchen<br />

in den verschiedensten Farben schillernd<br />

durch das weite Meer, das in sämtlichen<br />

Schattierungen von Lichtreflexen durchzogen<br />

leuchtet. Ein faszinierender Einblick<br />

in Naturwelten und das Leben eines 150<br />

Millionen Jahre alten Geschöpfes, das so<br />

vorher noch nie zu sehen war.<br />

Extras Making-of, Interviews, Trailer<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

Schreibe mir –<br />

Postkarten nach Copacabana<br />

FAMILIENDRAMA<br />

BO/D 2009<br />

R: Thomas Kronthaler<br />

D: Júlia Hernández<br />

Fortunato, Friedrich<br />

Mücke, Carla Ortiz<br />

Vö: 12. 5.<br />

(Eurovideo)<br />

Bayern, so lässt sich die Botschaft des<br />

Films kurz zusammenfassen, sind die<br />

besseren Männer – selbst in Bolivien.<br />

Enkelin Alfonsina, Mutter Rosa und Oma<br />

Elena leben in Copacabana, einem Wallfahrtsort<br />

am Ufer des auf 3 800 Meter gelegenen<br />

Titicacasees. Die einheimischen<br />

Kerle sind entweder dumme Machos oder<br />

vorzeitig verschieden. Richtig glücklich<br />

werden die Heldinnen mit lederbehosten<br />

Immigranten von der anderen Seite der<br />

Welt. Regisseur Thomas Kronthaler ist ein<br />

modernes Märchen gelungen, in dem die<br />

verschiedenen Handlungsstränge, Zeitebenen<br />

und Realitäten kunstvoll ineinander<br />

verwoben sind.<br />

Film 3<br />

Extras keine<br />

Lust auf mehr Heimkino?<br />

Über 1 000 DVD-Kritiken online lesen unter<br />

www.kulturnews.de


Texte (wenn nicht anders angegeben): kab<br />

Charlie Chaplin –<br />

Frühe Meisterwerke 1<br />

Küss den Frosch<br />

TRICKFILM<br />

USA 2009<br />

R: John Musker,<br />

Ron Clements<br />

Vö: erschienen<br />

(Walt Disney)<br />

Disney macht mit seinem jüngsten Trickfilm<br />

nicht nur ästhetisch einen Ausflug in gute<br />

alte Zeiten. Auch der jazzige Soundtrack des<br />

umgedrehten Märchens vom Froschkönig<br />

erinnert an Klassiker wie „Das Dschungelbuch“.<br />

Extras Musikvideo „Never knew I needed“<br />

mit Cassandra Steen & Ne-Yo, Zusätzliche<br />

Szenen, Interaktives Spiel<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

This is Love<br />

STUMMFILM<br />

USA 1918-1923<br />

R: Charles Chaplin<br />

D: Charles Chaplin,<br />

Edna Purviance, Tom<br />

Wilson<br />

Vö: 6. 5. (Kinowelt)<br />

Animierdamen, streunende Hunde, Käse<br />

als Kriegswaffe und ein unorthodoxer Gottesdienst<br />

mit einem falschen Pfarrer: In den<br />

drei frühen Filmen „Ein Hundeleben“, „Gewehr<br />

über!“ und „Der Pilger“, entstanden<br />

zwischen 1918 und 1923, ging es noch<br />

derbe zu.<br />

Extras Chaplin-ABC, Trailer, Fotogalerien<br />

DRAMA<br />

D 2009<br />

R: Matthias Glasner<br />

D: Corinna Harfouch,<br />

Jens Albinus, Lisa<br />

Nguyen<br />

Vö: 20. 5.<br />

(Kinowelt)<br />

Polizistin Maggie (Corinna Harfouch) kommt<br />

nach 16 Jahren immer noch nicht mit dem<br />

Verschwinden ihres Mannes klar, und Chris<br />

(Jens Albinus) ist am Zerbrechen, weil er<br />

getötet hat. Das Verhör ist von Regisseur<br />

Matthias Glaser („Der freie Wille“) als undurchsichtiges<br />

Rückblenden-Drama inszeniert.<br />

Extras Deleted Scenes, Audiokommentar,<br />

Fotogalerie, Interviews, Trailer<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

// dvds 97<br />

Barbapapa Classics Box<br />

TV-SERIE<br />

JP ab 1973<br />

Vö: 28. 5.<br />

(Universum)<br />

Die bunten, unförmigen Barbapapas sind<br />

Kult, seit den 70ern aus keinem Kinderzimmer<br />

mehr wegzudenken, und auch Erwachsene<br />

finden sie verdammt süß. Die<br />

Gesamtübersicht all ihrer Filmchen zeigt<br />

allerdings: Da spielt zumindest bei den<br />

Großen auch eine Menge Nostalgie mit.<br />

Extras keine<br />

Sherlock Holmes<br />

ACTIONKOMÖDIE<br />

GB 2009<br />

R: Guy Ritchie<br />

D: Robert Downey<br />

Jr., Jude Law,<br />

Rachel McAdams<br />

Vö: 28. 5.<br />

(Warner)<br />

Während „Avatar“ noch immer die 3-D-Säle<br />

der Kinos belegt, war die Actionvariante<br />

von Sir Conan Doyles klassischer Detektivfigur<br />

dort nur kurz zu Besuch. Ob das auf<br />

Effekte getrimmte Abenteuer im Heimkino<br />

mehr überzeugen kann, ist fraglich.<br />

Extras Featurette<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

Surrogates – Mein zweites Ich<br />

SCI-FI-ACTION<br />

USA 2009<br />

R: Jonathan Mostow<br />

D: Bruce Willis,<br />

Radha Mitchell,<br />

Rosamund Pike<br />

Vö: 20. 5.<br />

(Walt Disney)<br />

In einer Welt voller Roboter ist Bruce<br />

Willis der Einzige, der sich noch mit seinem<br />

echten Körper prügelt. Sci-Fi-Action<br />

nach der gleichnamigen Graphic Novel; gut<br />

umgesetzt, wenn auch nicht so tiefsinnig<br />

wie die Vorlage.<br />

Extras Audiokommentar, Musikvideo<br />

Auch als Blu-ray-Disc!<br />

kulturnews 5/10<br />

Wilco<br />

präsentiert<br />

20. 9. // Düsseldorf Tonhalle<br />

21. 9. // Offenbach Capitol<br />

24. 9. // München Circus Krone<br />

26. 9. // Hamburg Laeiszhalle<br />

27. 9. // Berlin Admiralspalast<br />

Tickets und mehr<br />

über Wilco auf<br />

kulturnews.de


98 aktion //<br />

Karibisches Wochenende in Berlin<br />

Die Black Eyed Peas stehen für einen individuellen und kreativen Musikstil, der Lebenslust<br />

vermittelt. Passender könnte die Wahl der Band also nicht sein, die sich Bacardi<br />

für ein karibisches Feeling in Berlin ausgesucht hat. Das Konzert der alternativen Hip-<br />

Hopper am 15. Mai ist längst ausverkauft? Richtig, doch Bacardi hat noch zwei Karten<br />

inklusive Hotelübernachtung und Aftershowparty in petto. Auf der Party dürfen die<br />

Gewinner dann kostenfreie Bacardi-Cocktails trinken und den offiziellen Tour-Cocktail<br />

Bacardi V.I.Pea genießen. Und um schon richtig auf den Cocktailgeschmack zu kommen,<br />

besuchen die Ehrengäste am Vortag die Bacardi-Cocktailschulung in der Casa Bacardi<br />

in Berlin-Friedrichshain, zu der eigentlich nur professionelle Bartender Zugang haben.<br />

kulturnews und Bacardi verlosen ein Berlin-Weekend-Package inklusive An- und<br />

Abreise sowie eine Hotelübernachtung in Berlin. Die Gewinner dürfen am 15. Mai<br />

zum Konzert der Black Eyed Peas mit anschließender Aftershowparty und machen<br />

einen Cocktailkurs in der Casa Bacardi. Einfach bis zum 10. Mai unter unserer<br />

Gewinnhotline 0137-989 89-81 (0,50 Euro/Anruf) anrufen und mit etwas Glück<br />

gewinnen. Viel Erfolg!<br />

Teilnahme ab 18 Jahren<br />

Impressum //<br />

kulturnews erscheint monatlich und wird herausgegeben<br />

und verlegt von der bunkverlag GmbH<br />

Zeisehallen, Friedensallee 7–9, 22765 Hamburg<br />

VERLAG<br />

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REDAKTION<br />

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CHEFREDAKTEURIN<br />

Dr. Jutta Rossellit (v.i.S.d.P.)<br />

MUSIK Matthias Wagner (mw)<br />

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DVD Katharina Behrendsen (kab)<br />

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ENTERTAINMENT Jürgen Wittner (jw)<br />

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kulturnews 5/10<br />

KINO Volker Sievert (vs)<br />

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LITERATUR Carsten Schrader (cs)<br />

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KUNST + THEATER Falk Schreiber (fis)<br />

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LIFESTYLE Ellen Stickel (es)<br />

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LIVE + ONLINE Kathrin Kaufmann (kat)<br />

fon -81 | E-Mail kkaufmann@bunkverlag.de<br />

TERMINE UND PROGRAMM siehe citymag, S. 3<br />

WEITERE BEITRÄGE DIESER AUSGABE<br />

Ulrike Dinse (ud), Suzen Flauers (suz),<br />

Ron Haller (ron), Ralf Krämer (rk),<br />

Dagmar Leischow, Marten Lorenzen (ml),<br />

Alexander Rolf Meyer (arm), Albert Munz (am),<br />

Dr. Justus Noll (jn), Rolf von der Reith, Steffen<br />

Rüth (sr), Juliane Rusche (jul), Axel Schock<br />

(ascho), Michael Schock (ms), David Siems (ds),<br />

Bernadett Skala (bs), Stefan Woldach<br />

Praktikantinnen:<br />

Peggy Neidel (pei), Katharina Röben (kmr)<br />

Online-Praktikantin:<br />

Marlen Seibel (mss)<br />

Auf ins Tourleben<br />

Leben wie ein Rockstar, aber kein Talent? Dann ist Roadie der perfekte Beruf!<br />

Für den Einstieg bietet Jack Daniel’s jetzt die beste Möglichkeit. Vom 18.–20. Juni<br />

findet das 14. Hurricane-Festival in Scheeßel statt. Rund 60 Bands werden vor Ort<br />

vom JACK's Roadie Team unterstützt – mit allem was dazu gehört. Neben der<br />

schweißtreibenden Arbeit hinter der Bühne können die Roadies Rockstarluft schnuppern,<br />

denn nirgendwo sonst kommt man den Bands so nah wie hier. Unterbringung<br />

und Verpflegung sind natürlich frei. Alle Infos unter www.jack-lives-here.de<br />

kulturnews verlost einen der begehrten Plätze im JACK’s Roadie Team. Einfach bis<br />

zum 26. Mai unter unserer Gewinnhotline 0137-989 89-80 (0,50 Euro/Anruf)<br />

anrufen und mit etwas Glück gewinnen. Wir drücken die Daumen!<br />

Teilnahme ab 18 Jahren<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

unbedingt die Meinung des Herausgebers oder<br />

des Verlags wieder. Für unverlangt eingesandte<br />

Materialien kann keine Gewähr übernommen<br />

werden. Die Urheberrechte für Anzeigen, Entwürfe,<br />

Fotos, Vorlagen sowie der grafischen Gestaltung<br />

bleiben beim Verlag und können nur mit<br />

dessen Genehmigung weiterverwendet werden.<br />

Veranstaltungshinweise werden kostenlos abgedruckt.<br />

Fotos, die Veranstaltungshinweise illustrieren,<br />

können nur frei abgedruckt werden; der<br />

Verlag setzt bei Eingang voraus, dass alle Honorarfragen<br />

vom Veranstalter bereits geklärt sind.<br />

ART DIRECTION Nils Heuner<br />

GRAFIK Inke Cron, Anna Diem<br />

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ANZEIGENLEITER Helge Löbel (v.i.S.d.P.)<br />

fon -16 | E-Mail hloebel@bunkverlag.de<br />

ANZEIGENBERATUNG Mathias Harringer<br />

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ANZEIGENBERATUNG Gunnar Lampe<br />

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ANZEIGENBERATUNG Jürgen Peters<br />

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ANZEIGENBERATUNG Skadi Schmidt<br />

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AKTIONEN + DISPOSITION Esther Ahrens<br />

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ABO/LESERSERVICE Sarah Schneider (sas)<br />

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ANZEIGENSCHLUSS 6/10: 14. 05. 10<br />

Es gilt Anzeigenpreisliste XVII v. 1. 1. 2010<br />

Printed in Germany.<br />

Der Bezug per Abonnement beträgt für<br />

zwölf Ausgaben 21 Euro (inkl. Porto & MwSt.).<br />

NÄCHSTE AUSGABE 6/10: 27. 05. 10


Kinogutschein *<br />

Für Filme, Drinks oder Snacks<br />

ab €5,00<br />

9. Mai<br />

Muttertag<br />

Liebe in Dosen **<br />

2x Kino<br />

2x Getränke<br />

1x Snack<br />

€22,50<br />

Verschenken Sie schöne Momente mit Liebe in Dosen oder einem Kinogutschein.<br />

Dazu empfehlen wir die Verfilmung von Nicholas Sparks’ Bestseller Das Leuchten<br />

der Stille. Mehr Infos und teilnehmende Kinos unter www.cinestar.de<br />

*Die Gutscheine sind an der Kinokasse und am Snacktresen einlösbar. **Aus unserem<br />

speziellen Muttertagsangebot am Snacktresen. Einlösbar ab 09.05.10. Gilt nicht für<br />

3D-Vorführungen und nur in teilnehmenden Kinos.<br />

Unser<br />

Filmtipp<br />

Für die Frau<br />

Deines Lebens!<br />

Die Geschenkideen zum Muttertag.

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