PDF-Download - Kulturnews
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uMagazine.de 01|2014 2,20 EURO<br />
music and style<br />
4 196654 902206 01<br />
MACH’S DIR UNBEQUEM!<br />
JENNIFER ROSTOCK<br />
Warum wir die Berliner Krawallband nicht unterschätzen sollten
PRIVATE<br />
AKADEMIE<br />
DER MODE<br />
ERKENNE<br />
DEINE<br />
FÄHIGKEITEN<br />
UND GESTALTE<br />
DEN WEG<br />
DEINES LEBENS.<br />
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uMag 03<br />
Nicht gesucht. Gefunden.<br />
Foto: José Haro<br />
Guck mich nicht an wie das Reh den Jäger. Ich will diese Verantwortung nicht.<br />
Szenenbild aus „Carmina o Revienta“ über eine Kioskbesitzerin aus Sevilla und ihre junge Tochter, die keinen rechten Plan vom Leben hat –<br />
dem ersten spanischen Film, der gleichzeitig im Kino, im Internet (Pay-per-View) und auf DVD startete.
uMag 04<br />
Inhalt<br />
08<br />
SINNBUS<br />
Foto: Rosa Merk<br />
Foto: Melt! Booking<br />
18<br />
BANKS<br />
10<br />
M.I.A.<br />
Foto: Silke Zander<br />
36<br />
STUDIO<br />
BESAU MARGUERRE<br />
Foto: Leo Ritz<br />
20<br />
MESSER<br />
40<br />
LÉA SEYDOUX<br />
Foto: Daniel Sannwald<br />
Foto: Shane McCauley<br />
16<br />
PAPER & PLACES<br />
Foto:Alamode Film<br />
Foto: GHvC<br />
22<br />
CLICKCLICKDECKER<br />
Foto: Sophie Krische<br />
12<br />
JENNIFER<br />
ROSTOCK<br />
30<br />
ARMEDANGELS<br />
Foto: Armedangels<br />
06 Oscar Isaac<br />
Folk + Film = fabelhaft<br />
06 Helene Hegemann<br />
Comeback mit Oper<br />
08 Sinnbus<br />
Zehn Jahre von Herzen<br />
10 M.I.A.<br />
Freundeskreis<br />
12 Jennifer Rostock<br />
Titten, Tattoos, Thesen<br />
16 Paper & Places<br />
Berlin ist nicht genug<br />
18 BANKS<br />
Das Sorgentelefon<br />
20 Messer<br />
Unangepasst neben dem Beat<br />
22 ClickClickDecker<br />
Entspannung am Limit<br />
23 MØ<br />
Kein Püppchen<br />
25 Unmap<br />
Wegwerfgemeinschaft<br />
27 Justine Electra<br />
Nostalgischer Spielzeuglärm<br />
30 Armedangels<br />
Lässige Mode? Ökorevolution!<br />
36 Studio Besau Marguerre<br />
Kupfer fürs Stylerzuhause<br />
40 Léa Seydoux<br />
Kompromisslos offen<br />
43 Javier Bardem<br />
Altmuckerschick im Kino<br />
43 Global Activism<br />
Kunst und Revolte<br />
44 Joshua Groß<br />
Debüt mit Detektivroman<br />
46 Christoph Schlingensief<br />
Ein Schlachtfest<br />
50 Stefan Sichermann<br />
Der Postillon spricht!<br />
Titelfoto: © Shane McCauley
uMag 05<br />
Editorial<br />
Wir haben großartige Musik<br />
gehört, das ganze Jahr lang.<br />
2014 wird so weitergehen. Und<br />
beginnt ungewohnt.<br />
Wir bleiben nämlich im Land. Wir befassen uns mit Sinnbus, Messer,<br />
ClickClickDecker, Jennifer Rostock, Unmap und Paper & Places, unsere<br />
Gespräche erwähnen Münster, Nürnberg, Regensburg, Emmelsbüll,<br />
Hamburg (immerhin!) und Berlin, Gott sei Dank auch Berlin. Natürlich ist<br />
Berlin der Bezugspunkt für alle.<br />
Der äußere jedenfalls. Der künstlerische ist eher ortlos, es gibt keine Schule –<br />
und vielleicht ist es sogar die einzig spannende Identität für eine Band,<br />
möglichst gar keine zu haben, überlegt Carsten Schrader in seinem Text<br />
über Paper & Places auf den Seiten 16/17. Passt zum Zeitgefühl und zu den<br />
Widersprüchen, die aufkommen, wenn Jennifer Rostock im „Fernsehgarten“<br />
auftreten (mehr in der Titelstory) und die Gruppe Messer Deutschlands<br />
wichtigsten Karriereplaner engagiert (dazu: Seite 20).<br />
Mit Widersprüchen lebt auch die Modeszene, Stichwort: Exploitation. Da ist<br />
es einfach besser, auf ganzer Linie dagegen anzugehen. Martin Höfeler tut<br />
das mit seinem Fashionlabel Armedangels. Ellen Stickel hat ihn interviewt<br />
und traf einen Mann, der die üblichen BWL-Regeln gegen den Strich bürstet:<br />
„Das Gefühl, das ich hatte, als ich aus Indien nach Hause gekommen bin …<br />
ich wusste einfach, dass ich beweisen will, dass man tatsächlich gut produzieren<br />
und trotzdem ein profitables Unternehmen aufbauen kann.“<br />
Mehr ab Seite 28.<br />
Und wenn am Ende, nämlich in unserer Rubrik Zoom, Falk Schreiber über<br />
den Bildenden Künstler Christoph Schlingensief schreibt (ab Seite 46), geht<br />
es nicht besonders viel um Musik, aber sehr viel um Widersprüche und<br />
Grenz gängertum. Geht schon in diesem Land. Man muss sich bloß trauen.<br />
Jutta Rossellit<br />
Chefredakteurin
uMag 06<br />
Geta<br />
ggt<br />
Oscar Isaac<br />
Dass die Coen-Brüder großartige<br />
Filme drehen? Geschenkt. Dass ihr<br />
neuer Film zum Reinspringen gut<br />
aussieht und zum Auswendiglernen<br />
gut geschrieben ist? Jaja. Dass man<br />
danach mit Fo<br />
lkmusik,<br />
die ja erst seit Mumford & Sons sexy<br />
ist, seinen MP3-Player vollstopft?<br />
Jetzt geh! Denn das eigentlich Sensationelle an „Inside Llewyn<br />
Dav<br />
is“, diesem bittersüßen Porträt der Folkszene in New Yo<br />
rk Anfa<br />
ng<br />
der 60er,<br />
ist der Mann, der in jeder Szene zu sehen ist: Oscar Isaac<br />
spielt den erfo<br />
lglosen Sänger Llewyn Dav<br />
is, und dass er singt wie<br />
ein Popstar (auch zusammen mit Marcus Mumford!) und<br />
klampft<br />
wie ein Profi<br />
? Zugegeben. Die Sensation hinter der Sensation<br />
ist, wie es dem „Drive“-Nebendarsteller gelingt, einem den eher<br />
unsympathischen Llewyn ans Herz zu binden. Denn Isaac macht mit<br />
Hundeblick, Muckertolle und hippem Vo<br />
llbart die Tr<br />
aurigkeit<br />
sichtbar (und die Unfä<br />
higkeit, diese zu zeigen), die missgünstige<br />
Menschen erst zu Arschlöchern macht. Ein ambivalenter Held,<br />
wie ihn lange kein Film besaß. Ein Oscar für Oscar? Wä<br />
r’n Hit. vs<br />
Helene Hegemann<br />
Helene Hegemann ist wieder da. Hat ein zweites Buch<br />
veröffentlicht, „Jage zwei Tiger“ (erschienen bei<br />
Hanser), das überraschenderweise gar nicht mal schlecht<br />
ist. Hat für den Komponisten Michael Langemann ein<br />
Opernlibretto geschrieben. Und inszeniert besagte<br />
Oper auch gleich: „Musik“ feiert am 7.<br />
12. mit dem hegemannesken<br />
Untertitel „I make Hits Motherfucker“ an der<br />
Oper Köln Premiere. Man könnte jetzt kritteln, dass<br />
Opernregie etwas ist, das eine gewisse Erfa<br />
hrung und vielleicht<br />
auch Lehrzeit benötigt. Aber dann müsste man auch<br />
sagen, dass 21 Jahre noch kein Alter für ein Comeback ist.<br />
Und, Ficken!, das sagt doch überhaupt nichts aus.<br />
Geht eben alles ein wenig schneller,<br />
bei der jungen Frau. fi<br />
s<br />
Die vier Jungs von der irischen Band The Strypes sind zwar alle noch<br />
keine 18, fi<br />
nden aktuelle Musik aber konsequent kacke und<br />
orientieren sich auf ihrem Debüt „Snapshot“ lieber am Bluesrock der<br />
60er und 70er. Mit der<br />
guten Kinderstube ist es<br />
aber nicht weit her. Da<br />
tut man ihnen schon den<br />
Gefa<br />
llen und stellt ihnen<br />
die rockonkelige<br />
The Strypes<br />
Fr<br />
age, in welches Jahr sie mit einer Zeitmaschine zurückreisen<br />
würden, und bekommt dann von Sänger Ross folgende Antwort:<br />
„W<br />
ir würden nicht einsteigen und lieber in der Gegenw<br />
art bleiben.<br />
Dank Yo<br />
utube haben wir doch einen viel besseren Blick auf die<br />
Ve<br />
rgangenheit und müssen uns nicht für John Lee<br />
Hooker,<br />
die Stones oder wen auch immer entscheiden.“ Rotzlöffel! cs<br />
Foto: Universal Music
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22.02.2014 OSNABRÜCK · 23.02.2014 DÜSSELDORF<br />
25.02.2014 SAARBRÜCKEN · 26.02.2014 WÜRZBURG<br />
27.02.2014 CHEMNITZ · 28.02.2014 DRESDEN<br />
01.03.2014 BERLIN<br />
26.12.2013 WEIDEN · 27.12.2013 ROSENHEIM · 28.12.2013 GERSTHOFEN · 29.12.2013 NEUNBURG VORM WALD · 30.12.2013 BAYREUTH<br />
31.12.2013 ASCHAFFENBURG · 02.01.2014 STUTTGART · 03.01.2014 NÜRNBERG · 04.01.2014 WÜRZBURG · 05.01.2014 FÜSSEN<br />
06.01.2014 LANDSBERG / LECH · 07.01.2014 BALINGEN · 08.01.2014 DONAUESCHINGEN · 09.01.2014 GÜNZBURG ·10.01.2014 FREIBURG<br />
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17.01.2014 CH-ZÜRICH · 18.01.2014 CH-BASEL · 19.01.2014 CH-THUN · 20.01.2014 CH-GENF · 21.01.2014 FRIEDRICHSHAFEN<br />
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05.02.2014 WUPPERTAL · 06.02.2014 REUTLINGEN · 07.02.2014 NIEDERNHAUSEN · 08.02.2014 VOHBURG · 09.02.2014 SCHWÄBISCH GMÜND<br />
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18.02.2014 PADERBORN · 19.02.2014 OSNABRÜCK · 20.02.2014 CELLE · 21.02.2014 JENA · 22.02.2014 OLSBERG · 23.02.2014 PEINE<br />
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23.01.2014 NEU-ISENBURG · 24.01.2014 L-ESCH ALZETTE · 25.01.2014 SAARBRÜCKEN · 26.01.2014 RASTATT<br />
29.01.2014 ALSDORF · 30.01.2014 NEUSTADT · 31.01.2014 HAMM · 01.02.2014 HALLE / WESTFALEN<br />
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14.02.2014 VIERSEN · 15.02.2014 PADERBORN
uMag 08<br />
Musik<br />
BODIBILLDING<br />
10 Jahre Sinnbus. Das Berliner Label feiert runden Geburtstag – mit allen Ecken und Kanten.<br />
VON LASSE NEHREN<br />
Foto: Rosa Merk<br />
Daniel Spindler und Martin Eichhorn grinsen sich an. Ob ihr<br />
Label Sinnbus gerade seine beste Zeit hat? „Das kommt drauf<br />
an, auf welcher Achse man es betrachtet“, antwortet Spindler<br />
etwas ernster. „Cool ist, dass es trotz aller Windungen bergauf geht. Es<br />
ergeben sich neue Dinge, wir können uns öffnen und die Musik rausbringen,<br />
die wir gut finden. Genauso gut könnte man sagen: Es ist starrer<br />
geworden.“ Er erinnert sich, wie sie früher Platten veröffentlichten:<br />
nach Bock und Bauchgefühl, entgegen wirtschaftlicher Erwartbarkeit.<br />
Kleineres Label, kleinere Auflage. Kleineres Risiko. „Früher war klar:<br />
Wenn Kam:as ne Platte rausbringen wollen, machen wir das. Heute …“<br />
Weiter kommt er nicht. Eichhorn fällt ihm spielerisch ins Wort: „Wobei<br />
wir das heute unbedingt wieder machen würden.“ Wieder lachen die<br />
beiden auf diese liebevoll verschwörerische Art. „Zwar auf ganz andere<br />
Art als Bodi Bill, aber diese Band war auch essentiell für uns: Da hatten<br />
wir Orgasmen auf den Konzerten“, fährt Spindler fort, und Eich horn<br />
löst die Situation auf: „Das ist ein Insiderwitz. Kam:as sind unsere un -<br />
erfolgreichste Band.“<br />
Ein Witz, in dessen Fußnoten die Erklärung für die Beständigkeit des<br />
Ber liner Indielabels steckt. Als Sinnbus im Jahr 2003 gegründet wurde,<br />
war die Motivation weniger eine perspektivische als eine dringliche.<br />
„Es war uns ein großes Anliegen, unseren musikalischen Freundeskreis<br />
zusammenzuhalten, die Talente, die wir schon immer gesehen haben,<br />
zu bündeln“, erinnert sich Eichhorn. „Hätten wir ein Label gegründet<br />
und wären auf Künstlersuche gegangen, wäre das wahrscheinlich zum<br />
Scheitern verurteilt gewesen.“ Und sein Partner bringt es auf den Punkt:<br />
„Was man außer dem Rausbringen von CDs als Label so macht, davon<br />
hatten wir nicht wirklich einen Plan.“ Aus der Mitte einer künstlerischen<br />
Com munity heraus setzten sich die Sinnbus-Macher zum Ziel, interessante<br />
Konzerte zu veranstalten. Das Projekt wuchs sich zu einem Kon vo lut<br />
aus Label, Vertrieb, Bookingagentur und einem nach nur einer Nacht<br />
wieder geschlossenen Club aus. Während ein vergleichbares Indie label<br />
wie Grand Hotel van Cleef im Laufe der Jahre derlei Geschäfts stellen<br />
mit in die Strukturen aufgenommen hat, um ein zweites oder drittes<br />
Standbein zu errichten, fiel bei Sinnbus alles weg – bis auf das Label, das<br />
inzwischen um einen Musikverlag erweitert wurde. Dem sel ben kreativen<br />
Umfeld, aus dem Sinnbus hervorgegangen ist, entstieg auch die Band,<br />
welche die Zukunft des Labels entscheidend beeinflussen sollte. Seit<br />
ihrem ersten Album im Jahr 2007 sind Bodi Bill bei Sinn bus unter Vertrag.<br />
„Sie haben Genres auf eine sehr natürliche Art aufge brochen und so auch<br />
Indiefans an Techno herangeführt“, sagt Spindler. Die Heranführung hat<br />
eine Weile gedauert, doch das Festhalten an Bodi Bill hat sich gelohnt. Als<br />
das Trio 2011 sein viertes Album „What?“ veröffentlichte, konnten sich<br />
plötzlich alle auf Bodi Bill einigen – und man avancierte gemeinsam.<br />
Seitdem hat sich die öffentliche Wahrnehmung von Sinnbus gewandelt.<br />
Man kennt außer Bodi Bill vor allem Hundreds und Me And My<br />
Drum mer– dabei nahm alles mit einigen Postrockbands und, Achtung,<br />
O-Ton: „verquerem Indiezeug“ seinen Anfang. Das Roster hat sich mit<br />
dem Musikgeschmack der Labelchefs gewandelt. Sie sind kein<br />
Genrelabel, sondern vier Menschen auf der Suche nach Musik, die<br />
etwas anregt. Eichhorn ereifert sich: „Es gibt eine Qualität, die man<br />
sehen kann, aber nicht beschreiben. Sie ist wie eine Farbe. In einigen<br />
Fällen ist das eine handwerkliche Qualität wie die Wahnsinnsstimme<br />
von Charlotte von Me And My Drummer, in anderen Fällen eine Haltung<br />
oder das, was auf der Bühne passiert. Man kann diese Qualität nicht<br />
beschreiben – sie ist es aber, die die Dinge eint, die uns begeistern.“<br />
Als wir im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten mit dem neuen Projekt<br />
Unmap sprechen, soundcheckt Eva von Hundreds im Hintergrund mit<br />
„Happy Birthday“, und Peter Gruse, dritter der vier Labelchefs, schaut<br />
wieder holt rein, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. Es steckt<br />
viel Herzblut in diesem Label, und deshalb glauben wir Daniel<br />
Spindler auch, wenn er sagt: „Das klingt jetzt vielleicht ein wenig<br />
pathetisch – aber wenn das Label nicht da wäre, würden wir was an -<br />
deres zusammen machen.“<br />
REBECCA FERGUSON<br />
FREEDOM<br />
Das neue Album der Ausnahmestimme<br />
aus Liverpool<br />
mit den Hits „I Hope“ und „Light On“<br />
Die spektakuläre Live-Show endlich auf<br />
DVD/Blu-ray.<br />
Das komplette Konzert aus Melbourne<br />
plus exklusivem Material von den Proben<br />
zur Tour. Mehr als 2 Stunden P!NK pur.<br />
David Bowie<br />
The Next Day Extra<br />
Das Comebackalbum des Jahres – jetzt als spezielle Sammleredition<br />
auf 2 CD + DVD erhältlich<br />
Mit fünf neuen Songs, zwei exklusiven Remixen und den<br />
spektakulären Videos zu „Where Are We Now?“,<br />
„The Stars (Are Out Tonight)“, „The Next Day“ und „Valentine’s Day“<br />
Das Hitalbum<br />
inkl. „Dear Darlin‘“<br />
& „Troublemaker“<br />
+ 7 zusätzl. Songs<br />
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Konzert aus der<br />
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Die Special-Edition des Erfolgsalbums, mit den Hits<br />
„Dear Darlin‘“ und „Troublemaker“, sieben brandneuen<br />
Tracks und dem kompletten Konzert der<br />
„Right Place Right Time Tour“ aus der Londoner 02-Arena.
uMag 10<br />
Fr<br />
eun<br />
desk<br />
reis<br />
M.I.A.<br />
Musik, Kunst, Politik: M.I.A. kann irgenwie alles –<br />
bloß nicht den Mund halten.<br />
Foto: Didi Zill<br />
1<br />
Foto: Universal Music<br />
5<br />
Foto: Julia Schoierer<br />
4<br />
Foto: Senator Home Entertainment<br />
6<br />
Foto: Daniel Sannwald<br />
7 8<br />
Foto: Warner Music<br />
Früher zwang ihr Onkel sie, zu Boney M. (1) zu tanzen, heute steht<br />
Mathangi Arulpragasam alias M.I.A. neben Madonna (2) und Missy<br />
Eliott (3). Nicht nur aufg<br />
rund ihres Erfolgs scheint es mittlerweile unmöglich,<br />
M.I.A. etwas aufz<br />
uzwingen – weder mit popkulturellen noch<br />
mit politischen Statements hält sich die 28-Jährige zurück. So erteilte<br />
die tamilisch-britische Rapperin Barack Obama den Rat, seinen Fr<br />
iedensnobelpreis<br />
wieder abzugeben, während sich Rihanna (4), Sting<br />
und Bruno Mars nach ihrem Auft<br />
ritt bei den diesjährigen Grammym s den<br />
Vo<br />
rwurf anhören mussten, sie hätten Elemente von M.I.A.s Bühnenshow<br />
gestohlen. Der Enthüllungsplattform Wikileaks widmete sie hingegen<br />
ein Mixtape, woraufhin der Gründer Julian Assange (5; die<br />
Wikileaks-Doku „W<br />
e steal Secrets“ ist am 14. 11. bei Universal Pictures<br />
auf DVD erschienen) im Gegenzug eines ihrer Konzerte via Skype eröffnete.<br />
M.I.A. beschränkt sich aber nicht auf politischen Aktivismus:<br />
Jude Law (6), zuletzt in „Side Effects – Tödliche Nebenw<br />
irkungen“ (auf<br />
DVD und Blu-Ray<br />
bei Senator Home Entertainment erschienen) zu<br />
sehen, kauft<br />
e ein Graffif tigemälde der Künstlerin, und zwar lange bevor<br />
sie als Musikerin sowohl für die Grammym s als auch für einen Oscar<br />
nominiert wurde. Diese Doppelnominierung ist eine Adelung, die auch<br />
Kollegen wie Eminem (7) und Phil Collins (8) zuteil ward. Nachdem<br />
M.I.A. ihren Eltern je ein Album gewidmet hat, fokussiert sich das<br />
Multitalent mit seiner aktuellen Platte „Matangi“ auf sich selbst. Mal<br />
sehen, wen M.I.A. damit in ihren Bann zieht. Oder wer in ihre<br />
Schusslinie gerät. ae
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DIE FREIHEIT<br />
DER UNCOOLEN<br />
Was haben Jennifer Rostock eigentlich auf dem uMag-Cover zu suchen? Ziemlich viel: Wer die<br />
Berliner als prollige Titten-und-Tattoo-Kombo abtut, verpasst eine extrem meinungsstarke Band.<br />
INTERVIEW: CARSTEN SCHRADER<br />
Foto: Shane McCauley
uMag 13<br />
Musik<br />
CHECKBRIEF<br />
BANDNAME Jennifer Rostock<br />
MITGLIEDER Jennifer Weist (Gesang)<br />
Johannes „Joe“ Walter (Keyboard)<br />
Christoph Deckert (Bass)<br />
Alex Voigt (Gitarre)<br />
Christopher „Baku“ Kohl (Schlagzeug)<br />
GENRE Rock, Glampunk, Elektropop<br />
ORT Berlin<br />
HERKUNFT Jennifer Weist und Joe Walter<br />
stammen aus Zinnowitz (Usedom)<br />
GRÜNDUNGSJAHR 2007<br />
LIEBLINGSFEIND Tim Bendzko<br />
AKTUELLES ALBUM „Schlaflos“ erscheint<br />
am 17. Januar 2014<br />
GÄSTE In dem Song „K.B.A.G.“<br />
(Kein Bock aber Gästeliste) setzen sie<br />
sich kritisch mit der Musikindustrie<br />
auseinander, und weil sie ein „Feature,<br />
das niemand braucht“ besingen, führen<br />
sie die vielen prominenten Gastsänger<br />
des Songs nicht explizit auf<br />
LIVE<br />
31. 1. München<br />
8.+ 9. 2. Hamburg<br />
11. 2. Köln<br />
16. 2. Berlin<br />
uMag: Jennifer, Joe, Christoph, warum gibt es so viele Berührungsängste<br />
und Vorurteile in Bezug auf Jennifer Rostock?<br />
Joe Walter: Wir waren nie eine Imageband, die ganz bewusst mit einer Zielgruppe plant.<br />
Man kann etwas auf Massengeschmack bürsten, oder man kann auf cool, alternativ, indie<br />
machen. Aber wir sagen eben nicht, dass wir die neuen Silbermond sind, und wir inszenieren<br />
uns auch nicht als Indieband, sondern wir finden irgendwo dazwischen statt. Das<br />
verwirrt die Leute. Deswegen finden sie uns komisch und doof, deswegen verstehen sie<br />
uns oft nicht.<br />
Jennifer Weist: Man kann da eine lange Liste anlegen: Wir reißen immer unsere Fressen<br />
auf und sagen, was wir denken. Es wird sicherlich auch einige abschrecken, dass wir<br />
auf der Bühne viel Alkohol trinken. Wir trinken ja schon vor einem Konzert, quasi zum<br />
Vorglühen, damit der Auftritt dann für uns wie eine Party ist. Und dann gibt es auch<br />
noch die sehr expliziten Sexsachen.<br />
Christoph Deckert: Der große Vorteil dabei ist aber: Wenn man nie ernsthaft cool war,<br />
muss man sich um viele Dinge auch keinen Kopf machen. Das gibt uns eine gewisse<br />
Narrenfreiheit.<br />
uMag: Wenn man sich anschaut, worauf ihr euch bisher so eingelassen<br />
habt, dann muss es bei euch schon eine sehr grenzwertige Lust<br />
an trashigen TV-Formaten geben.<br />
Deckert: Wir haben sehr viele fragwürdige Fernsehauftritte gemacht, und es ist auch da<br />
so, dass wir nicht mit jeder Entscheidung glücklich sind, die wir getroffen haben. Aber<br />
wir haben das vorher immer abgestimmt. Es hat uns nie jemand gezwungen, in den<br />
„Fernsehgarten“ oder zu „The Dome“ zu gehen.<br />
Weist: Viele greifen uns deswegen an, aber ich muss ganz ehrlich sagen: Ich stehe zu<br />
allem, was wir gemacht haben. Wir hätten sonst nie fünf so spaßige Jahre gehabt.<br />
Walter: Vielleicht würden wir uns heute anders entscheiden, aber wir sind froh, dass<br />
wir diese Erfahrungen machen konnten.<br />
Deckert: Bei Sachen wie dem „Fernsehgarten“ sind wir ja auch nicht davon ausgegangen,<br />
dass wir einen Nutzen davon haben. Es war schon im Vorfeld klar, dass sich keiner der<br />
Zuschauer für uns interessiert. Wir wollten einfach mal diesen Schlagerfreizeitpark sehen und<br />
dann zu Vollplayback in einem Pool stehen und so tun, als würden wir einen Song spielen.<br />
uMag: Verhindern solche Auftritte nicht eine tiefergehende<br />
Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass Jennifer als sehr<br />
selbst bewusste Frau auf der Bühne steht, die sich zu ihrer<br />
Sexualität bekennt und sie offensiv auslebt? Jennifer, warum warst du<br />
bisher noch nie auf dem Cover der Missy?<br />
Deckert: Stimmt eigentlich, dein Umgang mit weiblicher Sexualität ist ja<br />
schon ziemlich fortschrittlich.<br />
>>
uMag 14<br />
Musik<br />
Weist: Vermutlich werfen sie mir Sexismus vor und<br />
machen keinen Unterschied, weil ich eine Frau bin.<br />
Ich finde ja auch, dass es etwas anderes ist, wenn<br />
ich bei Konzerten von den Mädels fordere, sie sollen<br />
sich ausziehen. Ich bin eben eine Frau, und meine<br />
Titte ist auf der Bühne auch schon rausgerutscht.<br />
uMag: Vor allem, weil du dabei ja ganz genau<br />
die Reaktion der Typen beobachtest und gegen<br />
chauvinistisches Gebaren scharf vorgehst. Wenn<br />
sie glimpflich davonkommen, sprichst du sie auf<br />
die Größe ihres Geschlechtsteils an oder forderst<br />
sie auf, ihren Schwanz mal vorzuzeigen.<br />
Weist: Trotzdem würde ich nicht sagen, dass ich<br />
das mache, weil es mir wichtig ist, den Feminismus<br />
voranzutreiben. Ich habe mal ein Seminar für junge<br />
Mädchen gegeben, die auch auf die Bühne wollten.<br />
Die haben mir dann etwa erzählt, dass sie nicht<br />
damit klarkommen, wenn der Techniker sie anmault,<br />
weil sie nicht wissen, was sie machen sollen. Mich<br />
mault auf der Bühne jedenfalls keiner an, weil ich<br />
ganz deutlich mache, dass das meine Bühne ist,<br />
und da spielt es auch keine Rolle, dass ich nicht bei<br />
jedem Stecker genau weiß, wo der reingesteckt<br />
wird. Da geht es um Selbstbewusstsein und meinetwegen<br />
auch um das Selbstbewusstsein, sich mal an<br />
Technik zu wagen. Wenn ich zu den Mädels im<br />
Publikum sage, sie sollen mal ihre Titten zeigen,<br />
dann ist doch klar, dass ich nicht Titten sehen will.<br />
Da steckt etwas dahinter, und danach könnte man<br />
mich schon mal fragen – aber irgendwie macht das<br />
keiner. Das ist dann wohl dieses Abgestempele.<br />
INCLUDING THE HITS<br />
STRONG &<br />
WASTING MY YOUNG YEARS<br />
OUT NOVEMBER 15<br />
WWW.UNIVERSAL-MUSIC.DE<br />
uMag: Mit dieser Stigmatisierung habt ihr auch<br />
ein Problem, wenn ihr verkündet, ihr wollt bei<br />
euren Konzerten keine Leute mit Shirts von<br />
Frei.Wild oder den Böhsen Onkelz sehen.<br />
Statt Anerkennung zu bekommen, weil ihr gegen<br />
Bands aus der Grauzone Stellung bezieht, wird<br />
euch auch noch vorgeworfen, ihr nutzt den Kampf<br />
gegen Bands mit rechtem Image für PR-Zwecke.<br />
Walter: Wir haben diesen Facebook-Eintrag nachts<br />
um eins im Tourbus geschrieben, und als wir am<br />
nächsten Morgen aufgestanden sind, hatten wir 6 000<br />
Kommentare. Sogar Todes drohungen waren dabei.<br />
Weist: Jetzt hat es diesen Shitstorm gegeben, dabei<br />
hatten wir vor drei Jahren auf einem Festival schon<br />
eine ganz ähnliche Situation. Da habe ich zu einem<br />
im Publikum gesagt, entweder er zieht sein Frei.Wild -<br />
Shirt sofort aus, oder er soll sich verpissen. Damals
,,<br />
uMag 15<br />
Musik<br />
Mich mault auf der<br />
Bühne jedenfalls keiner<br />
an, weil ich ganz deutlich<br />
‘‘<br />
mache, dass das<br />
meine Bühne ist.<br />
Jennifer Weist<br />
ist nichts passiert, das ist irgendwie untergegangen,<br />
was vielleicht daran liegt, dass Frei.Wild damals<br />
noch relativ unbekannt waren. Aber es ist schon<br />
interessant, dass uns jetzt vorgehalten wird, wir<br />
wären auf eine Welle aufgesprungen.<br />
Deckert: Die deutsche Poplandschaft ist so unfassbar<br />
bequem. Niemand will irgendwo anecken, und<br />
deswegen hält man sich schön aus allem raus.<br />
Wenn, dann sagt man höchstens, dass man Nazis<br />
doof findet. Aber klar: Alle außer den Nazis finden<br />
Nazis doof. Natürlich wollen auch wir nicht mit<br />
erhobenem Zeigefinger durch die Gegend laufen,<br />
wir wollen Freiraum lassen und nicht einfach nur<br />
eine Meinung vorgeben. Deswegen lassen wir einfach<br />
mal bestimmte Dinge fallen, und dann können sich<br />
die Leute selbst informieren.<br />
Weist: Zu unserer Single „Ein Schmerz und eine<br />
Kehle“ haben wir ein Statement zu Putin und der<br />
Diskriminierung von Homosexuellen in Russland<br />
aufgenommen, aber das wurde von den Medien<br />
ignoriert. Da gab es dann Dinge, die wichtiger<br />
waren: Tim Bendzko tanzt für seine neue Single<br />
auf einem Seil.<br />
uMag: Wobei „Ein Schmerz und eine Kehle“ ja<br />
nun auch nicht gerade der radiotauglichste Song<br />
von eurem neuen Album „Schlaflos“ ist …<br />
Weist: Radio ist für uns eh durch, die wollen uns<br />
einfach nicht.<br />
Walter: Man bekommt von den Sendern ja Feed -<br />
backzettel, und der schönste Kommentar war:<br />
„Nein, wir spielen die neue Single nicht, denn<br />
Jennifer Rostock sind komische Menschen.“<br />
Das war das schönste Kompliment, das wir bisher<br />
von einem Radiosender bekommen haben.
BIGGER ALS BERLIN<br />
Eigentlich wollten Paper & Places nur die Hauptstadt erobern. Doch das Indiepoptrio<br />
hat etwas, was sie auch international interessant macht: keine Identität.<br />
VON CARSTEN SCHRADER<br />
Foto: GHvC<br />
Jetzt bin ich also angekommen: in einem Dönerladen in Prenzlauer<br />
Berg“, sagt Harrison McClary und klammert sich an seine Flasche<br />
Augustinerbräu, die für ihn zwar kein Stück Heimat, wohl aber<br />
Repräsentant einer noch sehr jungen Vergangenheit ist. Vor anderthalb<br />
Jahren veröffentlichte die Regensburger Band Paper & Places eine<br />
EP namens „To Berlin“, und im Titelsong träumte der damals noch<br />
nicht volljährige McClary von seiner Flucht aus der Provinzstadt. „Es war<br />
als Chiffre fürs Unabhängigsein und die 1 001 Möglichkeiten der Großstadt<br />
gemeint. Die Stadt stand damals für die Fantasiewelt in meinem Kopf“,<br />
erklärt er.<br />
Getrieben von einer neuen Dringlichkeit<br />
Eins zu eins konnte Berlin auch gar nicht gemeint gewesen sein: Zum<br />
Zeitpunkt der Entstehung war McClary noch nie dort gewesen, und erst<br />
ein paar Tage nach der EP-Veröffentlichung absolvierte das Trio sein<br />
erstes Hauptstadtkonzert. „Ich war dann schon ein bisschen erleichtert,<br />
dass ich mit meinen Projektionen nicht so falsch gelegen habe und<br />
es mich wirklich gereizt hat, nach Berlin zu ziehen“, kommentiert er<br />
grinsend. Für einen definitiven Abgleich zwischen Fantasie und<br />
Realität ist es allerdings noch ein bisschen zu früh: „Ich wohne erst seit<br />
zwei Wochen und noch ohne Wohnung hier, und vermutlich verkläre<br />
ich auch, wenn ich sogar das Hinterzimmer von einem Durch schnitts -<br />
imbiss als sehr stimmig und stimmungsvoll empfinde“, sagt er und<br />
nimmt einen großen Schluck aus seiner Bierflasche.<br />
Es wird wohl noch ein bisschen dauern, bis sich bei ihm ein objektives<br />
Berlingefühl einstellt, denn die nächsten Wochen dürften für den<br />
Paper-&-Places-Sänger vor allem hektisch werden. Seit zwei Wochen<br />
läuft die Uni, zwischendurch hetzt er zu WG-Besichtigungen – und<br />
Ende November erscheint mit „No Home“ auch schon das Debütalbum<br />
seiner Band. Dann gilt es auch, logistische Probleme zu stemmen, weil<br />
Schlagzeuger Jo han nes an der Musikhochschule in Nürnberg studiert.<br />
Auch Bassist Marc weilt im Süden und ist derzeit noch unsicher, ob er<br />
den Sprung nach Berlin wagen soll.<br />
Vor allem wird McClary jetzt wieder viel über Regensburg reden müssen.<br />
Bei „To Berlin“ war die Sache noch klar – da waren Paper & Places<br />
einfach sehr junge Foals-Fans mit einem außergewöhnlichen Talent für<br />
Songwriting. „Die Foals sind der Grund, warum es unsere Band überhaupt<br />
gibt“, sagt McClary und hat überhaupt kein Problem mit seiner<br />
Liebe zu den britischen Kollegen. „Vor allem ich war da ein bisschen<br />
crazy: Ich habe die Foals vergöttert, und mit unserer Mischung aus Pop<br />
und innovativer Gitarrenmusik wollte ich ein ganz ähnliches Gefühl<br />
vermitteln wie sie.“ Doch wenn jetzt „No Home“ erscheint, reicht der
uMag 17<br />
Musik<br />
CHECKBRIEF<br />
BANDNAME Paper & Places<br />
MITGLIEDER Harrison McClary<br />
(Gesang, Gitarre), Marc Rauscher<br />
(Bass), Johannes Koch (Schlagzeug)<br />
GENRE Indiepop<br />
HERKUNFTSORT Regensburg<br />
JUGENDHELDEN Foals<br />
NAMENSÄNDERUNG Hießen früher<br />
Brics, mussten sich aber umbenennen,<br />
da das Wort bereits als Marke<br />
verwendet wurde<br />
AKTUELLES ALBUM „No Home“<br />
erscheint am 29. November<br />
ANSPIELTIPPS „Lovestuff“, „Whisper<br />
Whisper“, „Something Electric“<br />
LIVE 28. 12. Bielefeld,<br />
29. 12. Hamburg,<br />
30. 12. Berlin<br />
Verweis auf die Jugendhelden nicht mehr aus. Die zwölf neuen Songs<br />
sind von einer Dringlichkeit getrieben, die mit jugendlicher Be geister ung<br />
und Imitation längst nicht mehr zu erklären ist.<br />
Man wird den Mythos Provinz bemühen, um die Strahlkraft der drei<br />
Jungs zu erklären. „Natürlich bekommst du in einer Stadt wie Regens -<br />
burg sehr schnell Aufmerksamkeit, wenn es neben dir noch bestenfalls<br />
zwei andere Bands in deinem Alter gibt“, sagt McClary und grinst.<br />
„Aber ich kann nicht das Klischee befeuern, dass ich übermäßig gelitten<br />
hätte. Ich finde Regensburg nicht scheiße, schon allein deshalb nicht,<br />
weil es der erste Ort gewesen ist, an dem ich mehrere Jahre am Stück<br />
leben konnte“, spielt er auf seine amerikanische Herkunft an, die man<br />
zwar auch an einem leichten Akzent hört, die aber vor allem dann<br />
durchkommt, wenn er in emotionalen Momenten plötzlich englisch<br />
einstreut und sich dann nicht in der Lage sieht, eine deutsche Übersetzung<br />
zu finden, die eine ähnliche Tiefe ausdrücken kann.<br />
In der frühen Jugend ist er zwischen NRW und Tennessee gependelt,<br />
dann kam Regensburg, und bis zum Abi letztes Jahr ging das auch<br />
okay. Auf „No Home“ erzählt er von der Zeit zwischen der Fantasiewelt<br />
Berlin und seinem endgültigen Entschluss umzuziehen. „Regensburg<br />
ist gut, aber es geht noch besser“, bilanziert er die Trennungs ge schich te,<br />
an deren Ende die Erkenntnis stand, zu anders und zu ambitioniert für<br />
die Provinzstadt zu sein. Doch auch wenn es kein leichtes Jahr für<br />
McClary gewesen ist, haben nicht Hass, Wut und Verzweiflung den<br />
Albumtitel diktiert, sondern bestenfalls ein leichter Trotz: „Für mich<br />
steckt die Erkenntnis darin, dass ich momentan noch nicht einsehen<br />
will, ohne ein Zuhause womöglich nicht bestehen zu können.“<br />
Doch wenn es nicht das ganz große Provinzdrama war – wie sind Paper<br />
& Places dann zu diesem Album gekommen, auf dem sie so selbstverständlich<br />
zwischen unsagbar eingängigen Popsongs à la „Lovestuff“<br />
oder „Speak up“ und melancholischen Mini-Epen wie „Whisper<br />
Whisper“ und „Something Electric“ pendeln? „Ich weiß es nicht“,<br />
gesteht McClary, doch sein ratloses Gesicht verrät auch, dass es ihm<br />
durchaus Freude macht, über diese Frage nachzudenken. So stellt er<br />
nach kurzer Überlegungszeit das hohe Konfliktpotenzial zur Dis kus sion:<br />
„Unsere Band basiert nicht auf ähnlichen ästhetischen Konzepten: Wir<br />
sehen unterschiedlich aus, hören mit Ausnahme der Foals komplett<br />
verschiedene Musik, und selbst für die Entscheidung, welches Cover<br />
wir nehmen, brauchen wir unendlich lang und sind immer kurz davor,<br />
uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.“<br />
So nervig die Grabenkämpfe auch sind, für ihn sind sie unverzichtbar.<br />
„Deswegen spiele ich ja auch in einer Band. Denn der Gedanke, Songs<br />
ohne die Gegenwehr der anderen zu schreiben, reizt mich überhaupt<br />
nicht“, erklärt McClary, der bei Paper & Places den Popansatz vertritt,<br />
während Marc sich für Verschwurbelungen stark macht und Schlag -<br />
zeuger Johannes vom Jazz kommt. „Aber das ist eben auch der Grund,<br />
warum es bei uns keine klar ausformulierten Ziele gibt und bisher<br />
alles einfach so passiert ist.“<br />
Musik für identitätslose Boys und Girls<br />
Paper & Places haben nie davon geträumt, bei bestimmten Festivals zu<br />
spielen; gefragt jedoch wurden sie immer. Das Hamburger Label Grand<br />
Hotel van Cleef nahm sie unter Vertrag, ohne dass sie vorher monatelang<br />
nach einer Plattenfirma suchen mussten. Und sie haben sich nicht<br />
beraten, wie sie „No Home“ auf internationales Niveau bringen, auch<br />
das ist einfach passiert. „An schlechten Tagen halte ich uns deswegen<br />
für eine identitätslose Band, und da beruhigt mich dann nur der<br />
Gedanke, dass es in meiner Generation womöglich eh nur identitätslose<br />
Boys und Girls gibt.“<br />
Vielleicht ist es genau die Tatsache, dass Paper & Places nicht aus -<br />
definiert sind, weshalb sie zu den derzeit aufregendsten Newcomern<br />
zählen. Und vielleicht ist für eine Band mittlerweile die einzige überhaupt<br />
spannende Identität möglichst gar keine zu haben. Womöglich<br />
überwinden Acts wie Sizarr, Roosevelt, Pool und jetzt auch Paper &<br />
Places das Stigma eines deutschen Sounds, weil sie zu locker und zu<br />
offen für Schablonen sind. „Lassen wir es doch einfach sein, wie es ist“,<br />
sagt McClary lachend, während er aufsteht und sich seine schwarze<br />
Lederjacke anzieht. Er muss sich beeilen; zu seiner WG-Besichtigung in<br />
Pan kow kommt er bereits jetzt zu spät. Doch wenn die potentiellen Mit -<br />
bewohner schlau sind, lassen sie den Ex-Regensburger trotzdem nicht<br />
wieder gehen.
uMag 18<br />
Musik<br />
GESTATTEN:<br />
BANKS<br />
Wenn es derzeit jemanden gibt, der in puncto<br />
Offenheit keine halben Sachen macht, dann ist es<br />
Jillian Banks.<br />
Man muss nicht bis zum Sündenfall zurückdenken, um zu<br />
begreifen, dass Reiz und Risiko mitunter dicht beisammen<br />
stehen. Eine, die diese ambivalente Melange derzeit in Musik<br />
gießt, ist Jillian Banks, oder: BANKS. Den Songs der in Los<br />
Angeles lebenden Musikerin ist eine Schönheit eigen, die<br />
sich aus ihrer eigenen Abgründigkeit speist. Es wirkt, als<br />
beherrsche Banks ihre Songs im gleichen Maße wie sie von<br />
ihnen beherrscht wird. Ihre Vocals wirken einerseits kräftig,<br />
andererseits heiser und geradezu brüchig, die Stimme dringt<br />
durch Hallbeschichtung und windet sich inmitten zerhackter<br />
Basslandschaften. Die Texte verarbeiten universelle Themen,<br />
doch fällt es schwer wegzuhören. Denn Banks ist offen, macht<br />
sich verletzlich – etwas, zu dem sie nach eigenen Angaben<br />
ihr musikalisches Vorbild Fiona Apple inspiriert hat.<br />
„Before I ever met you<br />
I never knew that my heart could love so hard.<br />
Before I ever met you<br />
I never knew I could be enemies with this regard.<br />
Before I ever met you<br />
I never knew that I liked to be kissed for days.<br />
Before I ever met you<br />
I never knew I could be broken in so many ways.“<br />
aus: „Before I ever met you“<br />
Zwei EPs hat Banks in diesem Jahr veröffentlicht, „Fall over“<br />
und „London“, und bereits jetzt hat sie eine beachtenswerte<br />
Gruppe von Weggefährten – oder womöglich: -bereitern – für<br />
sich gewinnen können: S O H N, Totally Enormous Extinct<br />
Dinosaurs und Jamie Woon sind bereits als Produzenten für<br />
die Autodidaktin in Erscheinung getreten. Als Banks 15 Jahren<br />
war, bekam sie ein Spielzeugkeyboard geschenkt. Emotionale<br />
Stressbewältigung war damals ihr Antrieb zum Musikmachen<br />
und ist es offenbar noch heute: Jederzeit scheint das Risiko<br />
gegeben, man könnte etwas erfahren, dem man nicht ge -<br />
wachsen ist. Eben diesem Risiko setzt sich auch Banks aus –<br />
auf ihrer Facebook-Seite. Da steht: „Hello world! I like making<br />
connections outside of a computer screen. Twitter, Facebook<br />
and Instagram have never really been my thing. So my manager<br />
is going to run the Social Media stuff. If you ever want to<br />
talk, call me“. Ergänzt um ihre echte Telefonnummer. lan<br />
Foto: Melt! Booking
uMag 20<br />
Musik<br />
DIE ZWEISCHNEIDIGEN<br />
Postpunk 2013: Ist es jetzt unangepasst, wenn die Gruppe Messer Deutschlands wichtigsten<br />
Karriereplaner engagiert?<br />
VON CARSTEN SCHRADER<br />
Foto: Leo Ritz
uMag 21<br />
Musik<br />
CHECKBRIEF<br />
BANDNAME Messer<br />
MITGLIEDER Pascal Mayburg (Gitarre),<br />
Hendrik Otremba (Ge sang), Pogo<br />
McCartney (Bass), Philipp Meynberg<br />
(Schlagzeug)<br />
GENRE Postpunk, Wave<br />
HERKUNFTSORT Münster<br />
SONSTIGE BESCHÄFTIGUNGEN Neben<br />
der Arbeit an der Uni Münster und<br />
seiner Lehrtätigkeit an der Fach hoch -<br />
schule für Design arbeitet Hendrik als<br />
Lektor, malt die Cover der Messer-<br />
Platten und veröffentlicht journalistische<br />
Texte und Essays; Pogo ist Sozial<br />
arbeiter; Pascal studiert Kunst ge -<br />
schichte; Philipp macht einen zweiten<br />
Master in Literatur wissen schaft<br />
NERDTUM Bis vor kurzem haben sich<br />
die Bandmitglieder mit anderen<br />
Freunden regelmäßig zu einem<br />
Platten zirkel getroffen<br />
COVERVERSION Gemeinsam mit dem<br />
Schweizer Schlagersänger Dagobert<br />
haben sie „Bonnie and Clyde“ von<br />
Serge Gainsbourg und Brigitte Bardot<br />
gecovert<br />
AKTUELLES ALBUM<br />
„Die Unsichtbaren“<br />
Hendrik Otremba weiß, wie man Bomben platzen lässt: „Ich lebe<br />
gern und bin eigentlich ein recht glücklicher Mensch“,<br />
behauptet er mit einer ganz und gar eigenen Mischung aus<br />
Trotz und Belustigung. Natürlich ist dem Messer-Sänger nur zu<br />
bewusst, wie spektakulär seine Behauptung ist. Denn seit vor knapp<br />
anderthalb Jahren ihr Debüt „Im Schwindel“ erschien, wurde die<br />
Münsteraner Band für so ziemlich alles gefeiert – nur nicht für Lebens -<br />
freude. Selbst das Feuilleton würdigte ihren an Postpunk und ganz<br />
frühe Hamburger Schule erinnernden Sound mit kilometerlangen<br />
Analysen, in denen immer wieder Namen wie Kolossale Jugend, DAF,<br />
Einstürzende Neubauten, Sonic Youth und Fehlfarben fielen. Trotzdem<br />
scheint Otremba es mit seinem Beharren auf Auch-mal-gut-drauf aber<br />
ernst zu meinen: „Natürlich sind wir wütend, weil die Welt in vielen<br />
Belangen nun mal ganz schön scheiße ist, aber es gibt auch schöne<br />
Aspekte, an denen wir uns erfreuen.“ Und als würde er dem leicht<br />
gestelzten Ton auch nicht so ganz trauen, springt Schlagzeuger Philipp<br />
Waynberg seinem Bandkollegen bei: „Wenn mich an der ganzen Auf -<br />
merksamkeit im letzten Jahr etwas gestört hat, dann ist es die Tatsache,<br />
dass überall Hendriks Textzeile ,Die Wut, die mich zerfrisst, weil das<br />
Leben eine Lüge ist’ zitiert wurde – aber niemand beachten wollte, dass<br />
es dann mit ,weil das Leben meine Liebe ist’ weitergeht.“ Und da<br />
lächelt Otremba dann auch. „Genau, der zweite Teil tauchte nie auf,<br />
dabei ist diese Ambivalenz extrem wichtig.“<br />
Ambivalent ist auch die Erfolgsgeschichte von Messer. Die vier mit<br />
Punk sozialisierten Bandmitglieder veröffentlichen ihre Musik bei dem<br />
ebenfalls in Münster ansässigen Einmannlabel This Charming Man, das<br />
ansonsten nur rabiate Hardcoreplatten vertreibt, für die sich ausschließlich<br />
eine kleine, klar definierte Szene interessiert. Zwar findet<br />
man bei Messer durchaus auch zugänglichere Momente und<br />
Popsprengsel, die als Haltegriffe funktionieren, doch das Grundgerüst<br />
ist schroff. Und wenn man bedenkt, dass ihre Songs einer längeren<br />
Auseinandersetzung bedürfen und sich nicht zum Nebenbeihören eignen,<br />
verwundert der Massenzuspruch. „In Münster hat mir mal<br />
jemand die Theorie unterbreitet, dass die Leute den total weichgespülten<br />
Kram einfach satthaben, der in den letzten zwei Jahrzehnten die<br />
Indieszene dominiert hat“, versucht sich Otremba an einer Erklärung.<br />
Wenn man bedenkt, was etwa 20 Jahre nach der Hamburger Schule in<br />
der Stadt los war, könnte das zutreffen: Am Ende stand der<br />
Kumpelrock von Bands wie Tomte oder Kettcar, der die Ecken und<br />
Kanten zugunsten des Chartserfolgs abgeschliffen hatte. „Diese<br />
Wohlfühlmusik, die den Rückzug ins Private proklamiert, passt nicht<br />
mehr so recht in die Gegenwart“, kommentiert Waynberg. „Deswegen<br />
finde ich es gut, dass es in Deutschland gerade wieder einige Bands<br />
gibt, die versuchen, ein bisschen unangepasster zu sein.“ Er nennt Die<br />
Nerven, deren Berlinkonzert sich die beiden Messer am Vorabend mit<br />
großer Begeisterung angesehen haben. Und mit Bands wie Trümmer<br />
und 1000 Robota beziehen sich auch wieder junge Hamburger auf die<br />
borstigeren Traditionen ihrer Stadt.<br />
Aber wie geht das mit der Tatsache zusammen, dass sich Messer<br />
pünktlich zum zweiten Album von Deutschlands derzeitigem It-<br />
Manager Beat Gottwald vertreten lassen? „Wir wären unglaubwürdig,<br />
wenn wir die Entscheidungsgewalt abgegeben hätten, wie man uns<br />
vermarktet und anpreist, aber wir haben noch immer die Kontrolle<br />
darüber, wo wir stattfinden und wo nicht“, verteidigt Waynberg die<br />
Entscheidung, mit Gottwald zu arbeiten, der auch bei Casper und<br />
Kraftklub die Strippen zieht. Und Otremba freut sich, dass selbst aus<br />
ihrer alten DIY-Szene bisher nur selten der Ausverkauf-Vorwurf kam.<br />
„Die schätzen es, dass wir uns nicht verbiegen und trotzdem konsequent<br />
mit der Band weitermachen.“<br />
Hört man das neue Album, ist es tatsächlich kaum vorstellbar, dass<br />
sich Messer dazu bereit erklären würden, für Casper in Hallen mit<br />
Hartschalensitzen die Vorband zu geben. Trotzdem machen sie mit<br />
„Die Unsichtbaren“ einen großen Schritt nach vorn: Die Platte ist aufwändiger<br />
produziert; obwohl Messer die Postpunk-Referenzen etwa<br />
durch die Wahl bestimmter Effektgeräte noch verstärkt haben, steckt<br />
viel mehr Gegenwart in dem Album, und das durch die große<br />
Aufmerksamkeit gewonnene Selbstvertrauen spiegelt sich nicht zuletzt<br />
in den mitunter sehr persönlichen Texten Otrembas. Etwa in dem Song<br />
„Tiefenrausch“, in dem es um seinen schon vor längerer Zeit verstorbenen<br />
Vater geht. „Natürlich rede ich mit Leuten darüber, und ich habe<br />
auch früher mit Leuten darüber gesprochen, als mich das vielleicht<br />
noch mehr bewegt hat, aber sich auf dieser Ebene damit auseinanderzusetzen,<br />
ist einfach richtig geil. Gerade weil ich nicht richtig traurig<br />
bin und es mich fertig macht, sondern weil ich es in Kanäle leite, die<br />
es für mich zu Energie werden lassen“, erklärt er. „Das Schöne an diesem<br />
Song ist die Zweiteiligkeit: Ich singe den Text in dem sehr runtergefahrenen<br />
Part, dann gibt es eine Zäsur, und danach startet der instrumentale<br />
Part mit sehr viel mehr Drive. Wenn wir den Song live spielen,<br />
dann ist da bei mir das Gefühl: Nachdem ich es gesagt habe, legen die<br />
anderen los, die Fahrt geht voll nach vorn. Und das sagt mir dann: Es geht<br />
weiter.“ Und da ist sie dann wieder, die extrem wichtige Ambivalenz.
uMag 22<br />
Musik<br />
FRISCH ERSCHÖPFT<br />
Wenn Ruhe eine Tugend ist, ist Unruhe ihre Voraussetzung.<br />
Zumindest für Kevin Hamanns Projekt ClickClickDecker.<br />
Foto: Sophie Krische<br />
uMag: Kevin, gerade scheint die Zeit zufriedenstellender Rückschauen<br />
zu sein: Dein Label Audiolith hat vor ein paar Monaten zehnjähriges<br />
Bestehen gefeiert, und ClickClickDecker gibt es nun bereits seit zwölf<br />
Jahren. Verblassen angesichts dieser Beständigkeit die Zukunftsängste?<br />
Kevin Hamann: Diese Angst ist zum Glück immer da. Ich finde, es ist<br />
auch ein Antrieb, keine Gewissheit zu haben. Sonst wird man unbissig,<br />
ge setzt und vielleicht auch langweilig – und langweilt sich selbst.<br />
Sich er lich entwickelt sich eine gewisse Vertrautheit, aber an sich ist der<br />
Gedanke, wie lange es eigentlich noch weitergehen kann, wie lange<br />
man so weitermachen wird, immer da. Ich habe zum Beispiel seit zwei<br />
Jahren wieder einen festen Job. Das liegt nicht nur daran, dass ich es<br />
mit der Musik allein nicht schaffen würde, sondern auch daran, dass<br />
ich nach so vie len Jahren einfach mal wieder Lust hatte, einen richtigen<br />
Job zu machen.<br />
uMag: Und wo arbeitest du?<br />
Hamann: Ich arbeite gerade bei Barner 16, einer inklusiven Stätte in<br />
Hamburg Altona. Ich bin dort als Musiker angestellt und betreue mehrere<br />
Musikprojekte. Das Kollektiv Barner 16 beispielsweise, das ist eine<br />
Band, in der nur Musiker mit Handicap spielen.<br />
uMag: Könntest du dir vorstellen, etwas zu tun, das rein gar nichts mit<br />
Musik zu tun hat?<br />
Hamann: Zur Zeit eigentlich nicht, nein. Gerade bin ich sehr zufrieden,<br />
besonders weil ich meine Ausbildung zum Erzieher und die Musik verbinden<br />
kann. Das ist für mich ein Traum. Und hier komme ich auf<br />
deine Ausgangsfrage nach den Gedanken darüber zurück, wie lange so<br />
eine Musikkarriere anhalten kann: Ich versuche, mir wieder ein zweites<br />
Standbein aufzubauen und auch aus dieser Arbeit schöpfen zu können.<br />
uMag: Kommen wir dennoch auf deine Musik zu sprechen. Die musikalische<br />
Ausrichtung von ClickClickDecker hat sich während all der<br />
Jahre kaum verändert. Werden dir Nebenprojekte wie Bratze zu<br />
Ventilen für andere Bedürfnisse?<br />
Hamann: Genau, das ist ja das Schöne! Sei es Bratze als Elektro-, My<br />
First Trumpet als Instrumentalprojekt oder Ludger als Punkband: Ich<br />
kann mich austoben. So hat man nie den Drang, sich verändern zu<br />
müssen, sondern kann in den Schubladen hin und her springen. Ich<br />
fand es total super, in einem Jahr hundert Konzerte lang die Rampen -<br />
sau zu spielen, mich zum Schwitzen zu bringen und am Gerüst herumzuklettern.<br />
Und im nächsten Jahr stehe ich nur mit der Gitarre auf der<br />
Bühne und spiele den Weltumarmer. Bei ClickClickDecker konzentriere<br />
ich mich wieder aufs Texten – mir gefallen diese Gegensätze.<br />
uMag: Die Texte stehen auch auf deiner neuen Platte „Ich glaub dir gar<br />
nichts und irgendwie doch alles“ wieder sehr zentral und wirken in<br />
ihrer befindlichen, introvertierten Art wie Teil einer Hamburger Szene,<br />
die inzwischen so nicht mehr existiert.<br />
Hamann: Als Teil einer Szene habe ich mich nie gefühlt. Ich kam erst<br />
nach der Hamburger Schule und mochte irgendwie alles: den Befind -<br />
lichkeitsrock von Kettcar, den Schnödderrock von Element Of Crime,<br />
den Erzähler-Country von Nils Koppruch. Ich habe versucht, aus all dem<br />
zu schöpfen, und bin dann dann eben eher auf die Empfindsamkeits -<br />
schiene geraten – das habe ich mir schon mal anhören dürfen. (lacht)<br />
Und ich kann ja auch nachvollziehen warum.<br />
uMag: Wo wir schon bei Rückschauen sind: Mit „Emmelsbüll und die<br />
letzten 12“ erscheint bald ein Film über dich – eine nostalgische<br />
Aufarbeitung?<br />
Hamann: Ja, eine Aufarbeitung beziehungsweise Abarbeitung der letzten<br />
zwölf Jahre. Die Fotografin, Regisseurin und Filmerin, die ihn<br />
gemacht hat, hat uns jetzt anderthalb Jahre begleitet, war bei allen<br />
Aufnahmen zur neuen Platte dabei, hat Fotos gemacht und gefilmt, und<br />
das schöpfen wir komplett aus. Nebenbei hat sie Interviews mit vielen<br />
Leuten geführt, die an unserer oder meiner Seite gestanden haben und<br />
teilweise immer noch stehen. Mein Herz pocht schneller, wenn ich ihn<br />
sehe. Ich kann es nicht erwarten, ihn Leuten zu zeigen. lan
uMag 23<br />
Musik<br />
AKTION<br />
MIT JACK DANIEL´S<br />
WINTER JACK KANN<br />
DER WINTER KOMMEN<br />
Foto: Chess Club/RCA Victor<br />
BOSS OF THE BOYS<br />
Die Dänin Karen Marie Ørsted alias MØ nimmt politische<br />
Statements nicht allzu ernst. Dabei hat sie wichtige Dinge<br />
zu sagen.<br />
uMag: Karen, seit deinem letzten Gespräch mit uMag hat sich viel<br />
getan – vor allem hast du bei Sony unterschrieben. Strebst du<br />
bewusst die internationale Karriere an?<br />
Karen Marie Ørsted: Wir haben uns für Sony entschieden, weil sie<br />
mich nicht in irgendeiner Art verändern wollten. Sie waren bereit,<br />
meine Visionen, meine Ideen und mein Aussehen beizubehalten, und<br />
sie wollten mit den Songs weitermachen, die ich bereits geschrieben<br />
hatte. Ich könnte mich auch gar nicht vollkommen ändern, das jungenhafte<br />
Mädchen bin ich immer schon gewesen. Ich will einfach<br />
keine dieser Frauen sein, die jungen Mädchen vormachen, dass man<br />
perfekt und schön sein muss – davon gibt es genug!<br />
uMag: Anstatt dich mit musikalischen Vergleichen zu konfrontieren,<br />
machen wir es doch einmal andersherum: Gibt es Vergleiche, die dir<br />
schmeicheln würden?<br />
Ørsted: Die zwei Frauen, zu denen ich immer aufgeschaut habe, sind<br />
Kim Gordon von Sonic Youth und Karen O von den Yeah Yeah Yeahs.<br />
Ich finde nicht, dass ich ihnen musikalisch ähnle, möchte in meiner<br />
Musik aber dieselbe Energie transportieren wie sie. Vielleicht schaffe<br />
ich das irgendwann. Sie sind einfach die coolsten Frauen der Welt!<br />
uMag: Im Video zu „Glass“ trägst du eine Jacke mit der Aufschrift<br />
„Boss of the Boys“ – ein feministisches Statement?<br />
Ørsted: Ich bin durchaus eine Feministin, dieser Umstand sollte aber<br />
nicht wichtiger werden als die Musik selbst. Viele meiner besten<br />
Freunde sind Jungs, da fand ich es lustig, der „Boss of the Boys“ zu<br />
sein. Es ist ein wenig ironisch gemeint, aber natürlich kann man<br />
sagen, dass es eine feministische Aussage ist. Allgemein finde ich es<br />
wichtig, seine Position in der Musik zu vertreten und kritisch über die<br />
Gesellschaft zu urteilen, die ja vollkommen kaputt ist. Die politische<br />
Seite sollte aber nicht allein im Fokus stehen. all<br />
Bald glitzert alles wieder wie gezuckert, weil der Schnee Stadt und<br />
Land in eine weiße Pracht gehüllt hat. Jetzt heißt es: Winterjacke an<br />
und dann mit den Freunden raus zum Rodeln! Zum Abschluss eine<br />
gepflegte Schneeballschlacht und dann gemeinsam noch einen entspannten<br />
Abend verbringen – herrlich! Wie, du hast gar keinen<br />
Schlitten? Dann gewinne jetzt mit Jack Daniel’s Winter Jack alle<br />
Zutaten für coole Wintertage mit deinen Freunden. Damit kannst du<br />
nach dem Rodeln leckeren Jack Daniel’s Winter Jack aus Original -<br />
bechern genießen. Mit dem feinen Geschmack von Zimt, Nelken und<br />
weihnachtlichen Gewürzen erobert die Mischung aus Apfelsaft und<br />
Jack Daniel’s Tennessee Whiskey alle Jahre wieder Herzen und<br />
Gaumen ihrer Fangemeinde. Weitere Infos dazu gibt es auf<br />
www.winterjack.de.<br />
Wer dieses tolle Winter-Jack-Paket, bestehend aus dem legendären<br />
Winter-Jack-Schlitten, einer Flasche Jack Daniel’s Winter Jack<br />
und zwei passenden Bechern, gewinnen möchte, schickt einfach<br />
bis zum 29. Januar eine E-Mail mit dem Betreff „Jack Daniel’s<br />
uMag“ an info@bunkverlag.de.<br />
Teilnahme ab 18 Jahren.<br />
www.massvoll-geniessen.de
uMag 24<br />
uMag präsentiert<br />
LIVETIPP<br />
ORCHESTRIERTER<br />
WAHNSINN MIT<br />
JÄGERMEISTER<br />
Ein überdimensionaler Ghettoblaster, das<br />
legendäre Hamburger DJ Orchester und die<br />
Crème de la Crème des deutschen HipHop – das<br />
sind die Zutaten für den orchestrierten Wahn -<br />
sinn, mit dem die „Wolfenbütteler Festspiele“,<br />
die neue Musikplattform von Jägermeister, am<br />
13. De zember im Uebel & Gefährlich ihr Debüt<br />
feiern. Die Show wartet mit einem neuen,<br />
abgefahrenen Konzept auf: Das Ham burger DJ<br />
Orchester führt nicht nur durch den Abend,<br />
die Jungs mischen sich auch unters Publikum<br />
und dirigieren von dort aus die überdimensionale<br />
Boom box auf der Bühne. Der wird im<br />
Laufe des Abends alles entsteigen, was im deut -<br />
schen HipHop Rang und Namen hat. Freut<br />
euch also auf fantastische Live auf tritte eurer<br />
HipHop-Helden und einen Wahn sinnstrip<br />
durch die Geschichte des Rap. Die „Wolfen -<br />
bütteler Fest spiele“ nehmen euch mit auf<br />
einen Flug durch Zeit, Raum, Beats und Raps.<br />
Tickets gibt es für 10 Euro an der Abendkasse,<br />
Einlass ab 0 Uhr.<br />
Weitere Informationen gibt es auf<br />
www.jaegermeister.de/festspiele.<br />
Jägermeister ab 18 – für verantwortungsvollen Genuss<br />
DEAR READER<br />
Foto: Cameron Wittig Foto: Ravi Panchia<br />
POLIÇA<br />
Der düstere Pop hybrid<br />
von Poliça ist weit<br />
mehr als die Summe<br />
seiner Teile. Gleich<br />
zwei Schlagzeuge<br />
sorgen für vielseitige<br />
Beats, ein Bass für die<br />
Tiefen und Channy Leaneaghs geisterhafter<br />
Gesang für Härte und Fragilität zugleich. Der<br />
Zauber Poliças schwebt irgendwo inmitten<br />
all dessen.<br />
TOUR 25. 1. Hamburg – 27. 1. Berlin – 28. 1. Köln<br />
SATELLITE STORIES<br />
Foto: FKP Scorpio<br />
Ha! Die Finnen können gar nicht nur Metal<br />
und Hardrock: Satellite Stories erinnern un -<br />
weigerlich an Two Door Cinema Club und<br />
liefern mit ihrem flirrenden Indiepop Sturm<br />
und Drang in Songform. Bloghype hin,<br />
Vergleiche her, we are dancing everywhere.<br />
TOUR 4. 2. Hamburg – 9. 2. Köln – 19. 2. München – 20. 2. Berlin<br />
Die Dear-Reader-Vorsteherin Cherilyn MacNeil<br />
kann die Füße einfach nicht stillhalten: Nach<br />
Soundtrackarbeiten zum Indiekinohit „Oh<br />
Boy“ nahm sie erst ein Studio- und im An -<br />
schluss ein Livealbum mit Orchester auf. Für<br />
die aktuelle Tour reduziert die gebürtige<br />
Südafrikanerin sich wieder aufs klassische<br />
Bandformat, um ihre zart gesungenen Kom -<br />
po sitionen zwischen Indie- und Kammerpop<br />
auf die Bühne zu bringen.<br />
TOUR 2. 12. Jena – 1. 1. Berlin – 15. 1. Nürnberg<br />
16. 1. Stuttgart – 17. 1. Regensburg – 18. 1. Mannheim<br />
19. 1. Frankfurt – 21. 1. Aachen – 22. 1. Bochum<br />
23. 1. Halle – 24. 1. Bremen – 25. 1. Osnabrück<br />
MILKY CHANCE<br />
Begonnen als Solo -<br />
projekt, hat sich Milky<br />
Chance inzwischen<br />
zum Duo erweitert.<br />
Clemens Rehbein und<br />
Philipp Dausch verzah -<br />
nen zurückhaltende<br />
elektronische Beats mit Reggae, Folk und Pop<br />
– und schmieden daraus unbestreitbare Ohr -<br />
würmer wie „Stolen Dance“ und „Feathery“.<br />
Foto: David Ulrich<br />
TOUR 31. 1. Osnabrück – 3. 2. Hamburg – 5. 2. Bremen<br />
6. 2. Kiel – 7. 2. Berlin – 11. 2. Dresden – 12. 2. Leipzig<br />
14. 2. Nürnberg – 17. 2. München – 22. 2. Frankfurt<br />
24. 2. Konstanz – 28. 2. Stuttgart<br />
BLITZKIDS MVT.<br />
Zuletzt waren Blitz -<br />
kids mvt. als Support<br />
für Icona Pop unterwegs<br />
– das gibt in<br />
Sachen Feiertauglichkeit<br />
schon einmal die<br />
Hausnummer vor. Das Kollektiv um Sängerin<br />
Noma heizt Tanzwütigen mit Elektropop und<br />
Euphorie ein – die Clubs auf ihrer ersten<br />
Headliner show dürften brennen.<br />
Foto: Björn Jonas<br />
TOUR 23. 1. Hamburg – 24. 1. Frankfurt – 25. 1. Karlsruhe<br />
31. 1. Braunschweig – 1. 2. Nürnberg – 2. 2. München<br />
3. 2. Berlin
uMag 25<br />
Musik<br />
BYE BYE, BEIWERK<br />
Das Bodi-Bill-Splitprojekt Unmap ist von der Kunstin<br />
die Popwelt umgezogen. Und Umzüge sind stets<br />
Anlass, überflüssigen Krempel wegzuschmeißen.<br />
Foto: Christoph Neumann<br />
Unmap<br />
uMag: Mariechen, Alex, Thomas, Matze, das Unmap-Debüt<br />
„Pressures“ ist gerade erschienen – das Ende einer Reise, die<br />
ganz anders begonnen hat, oder?<br />
Mariechen Danz: Ich wollte echte Poplieder für meine<br />
Performances, die mehr waren als: Ich singe, du machst den<br />
Beat. Ich brauchte mehr Zugänglichkeit. Also hat Alex begonnen,<br />
mit mir Songs zu schreiben.<br />
Alex Stolze: Und als klar wurde, dass es sehr bass- und<br />
schlagzeuglastiges Material war, das geil umgesetzt werden<br />
musste, haben wir uns 2011 mit Matze und Thomas zwei Leute<br />
vom Fach dazugeholt.<br />
uMag: Es fallen bei euch dementsprechend die Kunst- und die<br />
Musikwelt zusammen.<br />
Stolze: Seit ich sie kenne, hat Mariechen ein Faible für die<br />
Popwelt – und ich wiederum für Kunst. Wir konnten uns austauschen<br />
und haben einander verstanden. Es war wie eine<br />
Sprache, die sowieso im Raum stand.<br />
uMag: Also gab es keinen ersichtlichen Graben zwischen<br />
euren Welten?<br />
Stolze: Ein Freund hat es mal sehr treffend gesagt: In der<br />
Kunstwelt versucht man, eine klare Linie zu fahren, und am<br />
Ende gibt es hoffentlich einen Käufer. In der Popwelt will man<br />
zwar auch etwas Einzigartiges schaffen, doch man versucht,<br />
damit eine Breite zu erreichen. Man öffnet sich der großen Welt.<br />
uMag: Die eher archaischen Texte legen nahe, dass ihr auf<br />
dem Weg zum Endergebnis viel experimentiert und wieder<br />
verworfen habt.<br />
Thomas Fietz: Das Studio war wie ein Sieb mit einer Presse<br />
darunter. Bevor wir ins Studio gegangen sind, war vieles total<br />
überladen und entfremdet, und in den ersten Tagen haben wir<br />
bestimmt 50 Prozent wieder verworfen.<br />
Stolze: Das Tolle war, dass im Grunde die Ursprungsideen, die<br />
schon ein oder zwei Jahre alt waren, übriggeblieben sind.<br />
Danz: Das ist eh eine gute Art zu arbeiten: mit viel beginnen und<br />
dann wegschmeißen, bis nur noch bleibt, was man braucht. lan<br />
21.03.14 MÜNCHEN<br />
22.03.14 A-WIEN<br />
24.03.14 FREIBURG<br />
25.03.14 STUTTGART<br />
27.03.14 HANNOVER<br />
06.03.14 A-WIEN<br />
07.03.14 A-WIEN<br />
11.03.14 MANNHEIM<br />
12.03.14 STUTTGART<br />
13.03.14 FREIBURG<br />
14.03.14 KARLSRUHE<br />
ADEL TAWIL TOUR 2014<br />
28.03.14 SCHWERIN<br />
29.03.14 BERLIN<br />
31.03.14 MAGDEBURG<br />
01.04.14 KÖLN<br />
03.04.14 HAMBURG<br />
KURT KRÖMER<br />
KURT KRÖMER TOUR 2014<br />
16.03.14 ZWICKAU<br />
17.03.14 NÜRNBERG<br />
18.03.14 MÜNCHEN<br />
20.03.14 MÜNSTER<br />
21.03.14 BREMEN<br />
22.03.14 HAMBURG<br />
04.04.14 OBERHAUSEN<br />
05.04.14 NÜRNBERG<br />
07.04.14 LEIPZIG<br />
08.04.14 CHEMNITZ<br />
09.04.14 SAARBRÜCKEN<br />
24.03.14 FRANKFURT<br />
25.03.14 CH-ZÜRICH<br />
26.03.14 CH-ZÜRICH<br />
28.03.14 LEIPZIG<br />
29.03.14 LEIPZIG<br />
31.03.14 DRESDEN<br />
11.04.14 FRANKFURT<br />
12.04.14 ERFURT<br />
13.04.14 HALLE / WESTF.<br />
LIVE!<br />
01.04.14 DRESDEN<br />
03.04.14 BERLIN<br />
04.04.14 BERLIN<br />
05.04.14 BERLIN<br />
06.04.14 BERLIN<br />
TICKETS SIND ERHÄLTLICH UNTER WWW.TICKETMASTER.DE<br />
UND AN ALLEN BEKANNTEN VORVERKAUFSSTELLEN<br />
WWW.LIVE-LEGEND.DE
LANG LEBE LOFI!<br />
Für ihr zweites Album „Green Disco“ hat Justine Electra<br />
verflixte sieben Jahre gebraucht. Doch die in Berlin lebende<br />
Australierin ist sich sicher: Weird-Pop und Spielzeuglärm<br />
haben wir immer noch dringend nötig.<br />
uMag 26<br />
Musik<br />
uMag: Justine, das Vice-Magazin hat das Cover von „Green Disco“ zum<br />
hässlichsten Cover aller Zeiten gekürt. Wie findest du das?<br />
Justine Electra: Was? Ich dachte bloß zum hässlichsten Cover des Monats!<br />
Das ist aber gemein (lacht) Nein, ich mag es sehr. Es ähnelt dem Cover<br />
von „Soft Rock“; ich denke, das nennt man Branding. (lacht)<br />
uMag: Warum hat es so lange gedauert, dein zweites Album aufzunehmen?<br />
Electra: Wenn du keinen Plattenvertrag hast, der für drei Alben in<br />
Folge abgeschlossen wurde, wartest du darauf, dass dein Label das<br />
neue Material veröffentlichen will. Meine Plattenfirma wollte zwar ein<br />
zweites Album machen, aber sie waren zu beschäftigt mit anderen<br />
Sachen. Als klar war, dass sie keine Zeit hätten, die Platte rauszubringen,<br />
war schon ziemlich viel Zeit vergangen. Ich musste also nach<br />
einer anderen Möglichkeit gucken, die neuen Songs zu veröffentlichen.<br />
uMag: Wie schon auf dem Debüt bedienst du dich vieler LoFi-<br />
Elemente. Wieso, denkst du, hat das in diesem hochtechnologischen<br />
Zeitalter noch seinen Reiz?<br />
Electra: Die Leute wollen überrascht werden, und sie mögen die<br />
Intimität, die dieser Sound schafft. Er löst etwas Bestimmtes in ihnen<br />
Foto: Hannes Frueh<br />
Electra<br />
aus, weckt nostalgische Gefühle und spendet eine Geborgenheit, die<br />
Techno logie so nicht geben kann. Kennst du Tunng? Ich mag, wie sie<br />
Dance-Landschaften in ihren Sound integrieren und diese so verändern,<br />
wie es der Song erfordert. Ich habe bei „Wild Country Boy“ auch<br />
versucht, den Sound durch den Song galoppieren zu lassen.<br />
uMag: Und wer rappt auf „Boozy Shoes“?<br />
Electra: Na, ich natürlich! vr
uMag 27<br />
uMag hat gewählt<br />
Foto Lasse Nehren und Carsten Schrader: Elisabeth Graf Gatterburg, Foto Mitja Steffens: privat<br />
DIE BESTEN ALBEN UND SONGS 2013<br />
CARSTEN SCHRADER<br />
ärgert sich, dass der Mercury Prize schneller<br />
war als seine Jahrescharts. Ob James Blunt<br />
seine Liebe jetzt noch würdigt? Außerdem<br />
hat er die Songliste nur mit dem Zusatz<br />
„unter Vorbehalt“ rausgerückt: Am 6. Dezember erscheint<br />
eine neue Single von Ja, Panik, die bei Redaktions schluss<br />
noch nicht vorlag.<br />
DIE BESTEN ALBEN<br />
1. James Blake: Overgrown 2. Disclosure: Settle 3. Every -<br />
thing Everything: Arc 4. London Grammar: If you wait<br />
5. Atoms For Peace: Amok 6. Daughter: If you leave 7. Son<br />
Lux: Lanterns 8. Tocotronic: Wie wir leben wollen 9. Poliça:<br />
Shulamith 10. Arcade Fire: Reflektor 11. Mount Kimbie: Cold<br />
Spring fault less Youth 12. John Grant: Pale green Ghosts<br />
13. Moderat: II 14. King Krule: Six Feet beneath the Moon<br />
15. Austra: Olympia 16. No Ceremony///: No Ceremony///<br />
17. Vampire Weekend: Modern Vampires of the City 18. These<br />
New Puritans: Field of Reeds 19. Coco Rosie: Tales of a Grass -<br />
Widow 20. Trentemøller: Lost<br />
DIE BESTEN SONGS<br />
1. Daughter: Youth 2. James Blake: Retrograde 3. S O H N:<br />
Bloodflows 4. London Grammar: Wasting my young Years<br />
(H. Schwartz Remix) 5. Baths: Miasma Sky 6. Son Lux: Lost<br />
it to trying 7. Der Ringer: Ein Jahr mehr 8. Arthur Bea trice:<br />
Grand Union 9. Mr. Little Jeans: Oh Sailor 10. The Dash woods:<br />
Passin’ Youth 11. Foals: My Number 12. Trümmer: In all<br />
diesen Nächten 13. The Hidden Cameras: Gay Goth Scene<br />
14. Messer: Neonlicht 15. Chvrches: The Mother we share<br />
16. Moderat: Bad Kingdom 17. Aluna George: Attracting Flies<br />
18. The National: I should live in Salt 19. Maya Jane Coles:<br />
Everything 20. Vampire Weekend: Step<br />
LASSE NEHREN<br />
hätte seinen inoffiziellen Jahreshit ja gern in<br />
die Charts aufgenommen, nur hat sich bislang<br />
kein Label bereit erklärt, den Crystal-<br />
Castles-Wannabe-Song des Brötchenback -<br />
automaten aus dem lokalen Supermarkt zu veröffentlichen.<br />
Hat nun außerdem die Hoffnung, dass sich Cold-Laugen -<br />
knoten-Wave 2014 als Genre etabliert.<br />
Foto: Scott Barber<br />
DIE BESTEN ALBEN<br />
1. Moderat: II 2. Daughter: If you leave 3. James Blake:<br />
Overgrown 4. Son Lux: Lanterns 5. Poliça: Shulamith<br />
6. No Ceremony///: No Ceremony/// 7. Disclosure: Settle<br />
8. Autre Ne Veut: Anxiety 9. Jon Hopkins: Immunity<br />
10. Mount Kimbie: Cold Spring Fault Less Youth 11. Darkside:<br />
Psychic 12. Deptford Goth: Life after Defo 13. Everything<br />
Everything: Arc 14. Bonobo: The North Borders 15. Majical<br />
Cloudz: Impersonator 16. Lapalux: Nostalchic 17. Flume:<br />
Flume 18. Tricky: False Idols 19. DJ Koze: Amygdala<br />
20. Savages: Silence yourself<br />
DIE BESTEN SONGS<br />
1. Grizzly Bear: Sleeping Ute (Nicolas Jaar Remix)<br />
2. Son Lux: Lost it to trying 3. Daughter: Youth 4. James<br />
Blake: Take a Fall for me 5. S O H N: Red Lines 6. Mount<br />
Kimbie: Made to stray 7. Moderat: Milk 8. Flume: Sleepless<br />
feat. Jezzabell Doran 9. S O H N: Lessons (XO Edit) 10. Aluna -<br />
George: Attracting Flies 11. Hannes Rasmus: Wir sind hier<br />
nicht in Detroit, Dirk 12. Barbarossa: The Load 13. Foals:<br />
Late Night 14. Autre Ne Veut: Counting 15. Disclosure: Latch<br />
feat. Sam Smith 16. Kisses: The hardest Part 17. Mø: Waste<br />
of Time 18. Rhye: Hunger 19. New Found Land: Everything<br />
works 20. The National: I should live in Salt<br />
MITJA STEFFENS<br />
hat Milky Chance in der Juni-Ausgabe mit<br />
einem Gestatten-Text vorgestellt, ein halbes<br />
Jahr später führt das Kasseler Duo mit<br />
„Stolen Dance“ die deutschen Singlecharts<br />
an. Seitdem belagern Plattenfirmenmitarbeiter und Head -<br />
hunter jeglicher Art die Redaktionsräume, um ihm unmoralische<br />
Angebote zu machen.<br />
DIE BESTEN ALBEN<br />
1. Milky Chance: Sadnecessary 2. Woodkid: The golden Age<br />
3. Kakkmaddafakka: Six Months is a long Time 4. HVOB:<br />
HVOB 5. Devendra Banhart: Mala 6. Daft Punk: Random<br />
Access Memories 7. DJ Koze: Amygdala 8. David August:<br />
Times 9. Stimming: Stimming 10. Is Tropical: I’m leaving<br />
11. Moderat: II 12. Darkside: Psychic 13. Jack Johnson: From<br />
here to now to you 14. Junip: Junip 15. Disclosure: Settle<br />
16. Atoms for Peace: Amok 17. Gesaffelstein: Aleph 18. Super<br />
Flu: Halle Saale 19. Daniel Bortz: Patchwork Memories<br />
20. Girls In Hawaii: Everest<br />
DIE BESTEN SONGS<br />
1. Woodkid: Run Boy run 2. Only Real: Backseat Kissers<br />
3. Vance Joy: Riptide 4. Uniform Motion: The Telephone<br />
Box 5. Claire: Games 6. Rhye: Open 7. Fyfe: St. Tropez<br />
8. James Blake: Retrograde 9. Crystal Fighters: You & I<br />
10. Steven Maff: Johnny 11. Jungle: Platoon 12. The XX:<br />
Reconsider (Jamie XX Edit) 13. Kanye West: Black Skinhead<br />
14. Robosonic & Adana Twins: La Fique 15. Bilderbuch:<br />
Maschin 16. Mikhael Paskalev: I spy 17. Daniel Dexter:<br />
Sirens (Gramufon Con Carbe Remix) 18. Marika Hackman:<br />
Bath is black 19. DE NA: Cash, diamond Rings, Swimming<br />
Pools 20. King Krule: Border Line<br />
TYLER WARD<br />
DER YOUTUBE STAR AUS DEN USA<br />
DAS NEUE<br />
ALBUM<br />
HONESTLY<br />
JETZT IM HANDEL!<br />
INKL. HIT-SINGLE<br />
FALLING (FEAT. ALEX G.)<br />
www.youtube.com/tylerwardmusic // www.tylerwardmusic.com // www.twitter.com/tylerwardmusic // www.facebook.com/tylerwardmusic
KETTENREAKTION, BITTE!<br />
Mode muss schön sein! Falsch, Mode muss vor allem: niemandem wehtun. Martin Höfeler will<br />
das mit seinem nachhaltigen Fashionlabel Armedangels erreichen. Nebenbei strebt er auch noch<br />
die Weltherrschaft an.<br />
VON ELLEN STICKEL
uMag 28<br />
Style<br />
CHECKBRIEF<br />
NAME Martin Höfeler<br />
ALTER 31<br />
AUS Köln<br />
STUDIERT BWL –<br />
mehr oder weniger<br />
PLANT die Ökorevolution<br />
LABEL Armedangels<br />
www.armedangels.de<br />
Eingestürzte Textilfabriken, verseuchtes Grundwasser, Kinder -<br />
arbeit – wenn man sich in ein tolles neues Shirt verliebt und es<br />
kauft, sind das sicher nicht die Bilder, die vor dem inneren<br />
Auge aufpoppen. Für Martin Höfeler schon, denn der Gründer des Ökomodelabels<br />
Armedangels kämpft seit einigen Jahren gegen die Wind -<br />
mühlen, die Textilbranche heißen. Seine Waffen: Überzeugungskraft, jede<br />
Menge Enthusiasmus und ein Schuss naiven Glaubens<br />
,,<br />
an das Gute.<br />
Ob das ausreicht? Sieht so aus.<br />
uMag: Martin, euer Label Armedangels habt<br />
ihr vor sechs Jahren während des Studiums<br />
gegründet, eigentlich eher als Übungsprojekt.<br />
Inzwischen ist es deutlich mehr als das …<br />
Martin Höfeler: Ja, ich habe während des BWL-<br />
Studiums Anton Jurina kennengelernt, und wir<br />
haben beide schnell gemerkt, dass wir eigentlich<br />
nur studieren, um irgendwann ein eigenes<br />
Unternehmen aufbauen zu können. Wir habe<br />
nicht darüber nachgedacht, dass Armedangels<br />
irgendwann so groß werden könnte, dass wir<br />
nicht mehr zum Studieren kommen. Ich bin zwar<br />
immer noch eingeschrieben, weil es meinen<br />
Eltern sehr wichtig war, dass ich mein Studium<br />
zu Ende mache. Aber mittlerweile ist ihnen<br />
das wohl auch schon fast egal.<br />
uMag: Ihr habt relativ schnell prominente<br />
Testi monials wie Thomas D, Jürgen Vogel oder Sibel Kekilli an Land<br />
gezogen. Wie wichtig war das für euch?<br />
Höfeler: Für uns ist alles wichtig, was die Marke weiterträgt. Dazu<br />
gehören die Testimonials, aber auch die Kunden, die davon weiter -<br />
erzählen. Ganz am Anfang haben wir unsere Idee auf einem Blatt<br />
Papier skizziert, hatten aber nicht das nötige Geld, denn bei der Textil -<br />
produktion muss man am Anfang viel in Vorleistung gehen. Wir haben<br />
verschiedene Investoren angefragt, aber die meisten sagten uns: Ihr<br />
habt ja gar keine Chance. Ihr produziert für mehr Geld als konventionelle<br />
Marken, zahlt locker das Doppelte, wollt aber mit den Preisen<br />
nicht höhergehen. Wir sagten aber: Doch, das wird funktionieren. Klar,<br />
wir machen vielleicht nicht die Gewinne wie die anderen und können<br />
nicht so viel für Marketing ausgeben, aber vielleicht ist das auch gar<br />
nicht notwendig. Vielleicht können sich manche Dinge auch einfach<br />
dadurch entwickeln, dass sie weitergetragen werden.<br />
Wenn du ein T-Shirt<br />
hast, das eine super Ökobilanz<br />
hat, aber leider<br />
völlig kratzt oder komplett<br />
einläuft, dann ist uns auch<br />
‘‘<br />
nicht geholfen.<br />
Martin Höfeler<br />
uMag: Was waren die größten Veränderungen seit Gründung des Labels?<br />
Höfeler: Puh, viele! Zu Anfang haben wir mit gerade mal sechs<br />
ver schiedenen Printshirts angefangen, unsere aktuelle Kollektion hat<br />
450 Teile. Außerdem haben wir in den vergangen Jahren sehr hart<br />
daran gearbeitet, unsere gesamte Produktionskette so zu gestalten,<br />
dass wir sicherstellen können, dass umweltgerecht produziert wird und<br />
faire Arbeitsbedingungen herrschen. Früher waren unsere Produkte<br />
lediglich Fairtrade, aber dieses Zertifikat<br />
bezieht sich hauptsächlich auf den Rohstoff<br />
Baumwolle an sich. In der Textil branche ist es<br />
aber ja so, dass sehr viele Schritte notwendig<br />
sind, bis ein Kleidungs stück entsteht.<br />
uMag: Baumwolle ist ein sehr beliebtes<br />
Material, braucht aber sehr viel Wasser im<br />
Anbau. Wie geht ihr damit um?<br />
Höfeler: Es gibt harte Diskussionen darüber,<br />
welche Rohstoffe die beste Ökobilanz haben.<br />
Wichtiger finde ich aber, dass das Wasser,<br />
was die Pflanzen wieder in den Boden ab -<br />
geben, nicht verseucht ist. Beim konventionellen<br />
Baumwollanbau werden unglaublich<br />
viele Schädlingsbekämpfungs- und Dünge -<br />
mittel ins Grundwasser gespült. Wenn man<br />
vor Ort ist und sich das anschaut, dann will<br />
man das Glas Wasser, das sie einem anbieten,<br />
echt nicht trinken. Beim Bioanbau wird mit<br />
Mist gedüngt und Spritzmittel aus heimischen Pflanzen hergestellt.<br />
Natürlich ist es wichtig, neue Fasern zu entwickeln, aber bisher gibt es<br />
noch keine, die in der Gesamtbilanz so viel besser wäre als Baum -<br />
wolle. Und wenn du ein T-Shirt hast, das eine super Ökobilanz hat,<br />
aber leider völlig kratzt oder komplett einläuft, dann ist uns auch nicht<br />
geholfen.<br />
uMag: Wären eure Produktionsmethoden für die ganze Branche machbar,<br />
wenn man mal vom Finanziellen absieht?<br />
Höfeler: Du sagst es schon: wenn man vom Finanziellen absieht. Denn<br />
was man machen muss, ist natürlich teurer. Hinter der Textilbranche<br />
steckt sehr viel Lobbyarbeit, und Moderiesen wie H&M, Zara und Co.<br />
behaupten ja immer, dass man für ihren Bedarf auf den vorhandenen<br />
Flächen gar nicht genug Biobaumwolle anbauen könne. Meiner Erfah rung<br />
nach stimmt das nicht. Die Bauern, die zur traditionellen Anbauweise<br />
zurückgekehrt sind und mit denen ich gesprochen habe, sagten, dass<br />
>>
uMag 30<br />
Style<br />
auf lange Sicht die Erträge bei Bioanbau höher sind. In Indien wurde<br />
früher praktisch alles ökologisch angebaut, da gab es einfach noch nichts<br />
anderes. Dann kamen die großen Düngemittel- und Saatgut konzerne<br />
wie Monsanto und schwatzten den Bauern ihr genmani pu lie rtes Saatgut<br />
auf und versprachen doppelte Erträge. Das hat auch am Anfang funktioniert,<br />
dann mussten die Bauern aber natürlich auch spezielle Dünge -<br />
mittel einkaufen, was sie viel Geld gekostet hat. Und am Ende hat man<br />
festgestellt, dass der Ertrag mit jeder Saison weniger<br />
,,<br />
wurde. Also zu<br />
deiner Frage: In einer perfekten Welt, in der<br />
man das Finanzielle aus klammert, würde es<br />
funktionieren. Das Finan zielle spielt aber nun<br />
einmal für die meisten Konzerne eine sehr<br />
große Rolle.<br />
uMag: Ihr seid inzwischen auch ab und an in<br />
Kaufhäusern zu finden – verträgt sich das noch<br />
mit der Street Credibility, die ja für junge Marken<br />
ein wichtiger Faktor ist?<br />
Höfeler: Nee, natürlich nicht. (lacht) Wir wissen<br />
aber auch: Wir werden nur etwas da draußen<br />
verändern können, wenn die Marke und das<br />
Unternehmen wirklich groß werden. Als ich in<br />
Indien war, habe ich gesehen, wie viel Hoff nung<br />
die Bauern haben, wenn man als Fairtrade-<br />
Abnehmer da hinkommt, und wie wenig wir<br />
damals nur abnehmen konnten. Das Gefühl,<br />
dass ich hatte, als ich nach Hause gekommen<br />
bin … ich wusste einfach, dass ich beweisen<br />
will, dass man tatsächlich gut produzieren und trotzdem ein profitables<br />
Unternehmen aufbauen kann. Mit jedem Stück, das wir verkaufen,<br />
werden die Arbeits bedingungen in der kompletten Kette verbessert,<br />
und Leute können von dem leben, was sie produzieren, ob das die<br />
Bauern sind oder die Leute, die den Stoff herstellen oder die Färber in<br />
der Färberei. Wir wollen aus der kleinen Nische raus, damit auch andere<br />
Unternehmen das Gefühl bekommen, dass man auch mit guten<br />
Arbeitsbedingungen erfolgreich sein kann.<br />
Hergestellt werden die Shirts, Kleider, Hosen und Mäntel in Fabriken in<br />
Portugal, Marokko, der Türkei und Indien. Die Produktion nach Deutsch -<br />
land zu verlegen, stand für Martin Höfeler und seine Kollegen nie zur<br />
Debatte; sie sind der Meinung, dass sich im Ausland noch viel mehr in<br />
Ich will beweisen,<br />
dass man tatsächlich gut<br />
produzieren und trotzdem<br />
ein profitables Unter neh -<br />
men aufbauen kann.<br />
Sachen Arbeits- und Sozialbedingungen bewirken lässt als hier zu lande.<br />
Und was diese Bedingungen angeht, ist Höfeler knallhart: Wenn ihm<br />
eine Fabrik oder ein Geschäftspartner suspekt sind oder die Einstellung<br />
nicht stimmt, wird auch nicht zusammengearbeitet –Preise hin oder her.<br />
uMag: Wie genau kontrolliert ihr die Produktion?<br />
Höfeler: Auf der einen Seite indem wir direkt mit den Produzenten<br />
zusammenarbeiten. Wir fahren mindestens einmal im Jahr selbst hin<br />
und gucken uns die Bedingungen an. Zum<br />
anderen ist die gesamte Produktionskette zertifiziert,<br />
was auch heißt, dass die einmal pro<br />
Jahr Besuch von Kontrolleuren bekommen,<br />
die sich alles zeigen lassen und auch<br />
‘‘<br />
Martin Höfeler<br />
Gespräche mit den Arbeitern führen, bei<br />
denen keiner sonst aus der Fabrik dabei sein<br />
darf. Schlussendlich darf man sich aber<br />
keinen Illusionen hingeben: Wenn jemand<br />
dabei ist, der einen betrügen will, dann geht<br />
das natürlich. Deshalb ist es sehr wichtig,<br />
dass wir mit Produzenten zusammenarbeiten,<br />
denen wir vertrauen können und die auch<br />
selber davon überzeugt sind, dass das die<br />
richtige Entwicklung ist. Ich gehe auch immer<br />
durch die Produktions stätten mit dem<br />
Gedanken im Hinterkopf: Würde ich selbst<br />
hier arbeiten wollen? Letztens haben wir eine<br />
Fabrik in der Türkei besichtigt, die zwar zer -<br />
tifiziert war, aber die hatten dort Dinge, die hätte ich als Arbeiter nicht<br />
aushalten können. Das war nicht menschenwürdig.<br />
uMag: Abseits der Weltherrschaft, was sind eure nächsten Pläne?<br />
Höfeler: Wir wollen bald eigene Jeans herausbringen. Das wird eine<br />
ganz große Nummer, denn Denim ist von der Produktion her ein ganz<br />
furchtbares Produkt, es ist wirklich pervers, was an Chemie eingesetzt<br />
wird, um diese ganzen Used-Effekte zu bekommen. In dieses Thema<br />
haben wir in den letzten Monaten richtig viel Arbeit reingesteckt. Aber<br />
wenn ich morgens in die Firma komme und sehe, wie vielen Leute wir<br />
mittlerweile auch hier Arbeit geben, macht mich das sehr zufrieden.<br />
Und dass wir für Menschen, die nicht täglich in den Nachrichten sind,<br />
außer es passieren irgendwelche Katastrophen, die Situation vor Ort<br />
verbessern können. Das ist echt ne gute Sache.<br />
uMag 33 31<br />
Style
uMag 32<br />
Style<br />
RAN DA!<br />
Gitarre von der Stange? Pfft! Mit dem DIY-Bausatz von Rocktile und ein wenig handwerklichem Geschick bastelt man<br />
sich ein Instrument mit Charakter.<br />
www.amazon.de
uMag 33<br />
Style<br />
PANDA!<br />
This Bear is a Rockstar! Die Frankfurterin Lin Beeser bleibt mit der „Animals gone wild“-Kollektion der expressiven<br />
Ausrichtung ihres Labels Nil&Mon treu.<br />
www.nilandmon.de
uMag 34<br />
Style<br />
DREAMS OF BLUE<br />
www.donnawilson.com<br />
Alles so grau da draußen? Manchmal hilft es tatsächlich,<br />
sich vorzustellen, man wäre bei 30 Grad<br />
am Baggersee und tauchte gerade durch das klare,<br />
blaugrüne Wasser. Die tollen Decken und<br />
Kissen von Donna Wilson leisten bei solchen<br />
Tagträumereien farbkräftige Unter stützung.<br />
Donna weiß halt, wie es geht. Ob's daran<br />
liegt, dass ihre Designs zwischen den grünen<br />
schottischen Hügeln entstehen, konnten wir<br />
nicht abschließend klären. Egal. Diese<br />
Sachen machen glücklich! es<br />
DER SCHÖNE SCHEIN<br />
www.besau-marguerre.de<br />
www.stilwerk.de<br />
Foto: Silke Zander<br />
Manchmal muss man mutig sein:<br />
„Der Zufall hat bei allen unseren<br />
Projekten eine Rolle gespielt. Wir<br />
lassen das aber auch zu oder fordern<br />
es sogar heraus“, erklärt Eva<br />
Marguerre ihre Arbeitsweise als<br />
Designerin. Gemeinsam mit ihrem Partner Marcel Besau führt<br />
sie ein Designbüro in Hamburg. Ihr neuestes Projekt ist – wie<br />
schon einige ihrer vorigen Arbeiten – für den German Design<br />
Award des Rats für Formgebung nominiert. Kollege Zufall spielte<br />
auch hier eine große Rolle: Besau und Marguerre wollten<br />
Kupferplatten durch Wärme farblich verändern, recherchierten<br />
ausgiebig und experimentierten mit Campingkochern und<br />
Herdplatten. Doch der Durchbruch kam erst, als sich ein auf<br />
einem als Abstandshalter genutzten Lochblech versehentlich<br />
klebengebliebener Barcode durch das Erhitzen auf dem Kupfer<br />
abbildete.<br />
Für die Stilwerk Limited Edition Design Gallery entwickelten<br />
die beiden aus dieser Idee das Objekt „Iridescent Copper“ –<br />
Kupferspiegel, die durch die thermische Bearbeitung auf der<br />
Herdplatte ihrer Werkstatt eine individuell schillernde<br />
Oberfläche bekommen. Der geometrische Touch kommt dann<br />
durch den Einsatz von Papierausdrucken hinzu: Der Toner auf<br />
dem Papier reagiert durch Hitze und Sauerstoff mit dem Kupfer<br />
und ergibt das vorgegebene Muster. „Kupfer ist ein Material,<br />
das die Menschheit schon seit mehr als zehntausend Jahre<br />
begleitet, das machte für mich viel der Faszination aus“, erklärt<br />
Marcel Besau. „Es hat was Archaisches, ist aber zugleich<br />
Hightech.“<br />
Ob es zum Sieg beim German Design Preis reicht, wird sich erst<br />
im Februar entscheiden. Eva Marguerre und Marcel Besau<br />
haben aber schon wieder viele andere Ideen im Kopf. Unter<br />
anderem schwebt ihnen noch ein Projekt<br />
mit Biokunststoff aus Brenn nesseln<br />
und Kartoffelstärke vor. „Uns<br />
interessiert, ob man mit Ma te -<br />
rialien aus dem Vorgarten<br />
etwas Ähnliches erreichen<br />
kann wie mit den üblichen<br />
Glas fa ser ge schich -<br />
ten“, berichtet Mar cel<br />
Besau. Dass die Optik da -<br />
bei nicht zu kurz kommt,<br />
ist ge setzt. Kurz: Die beiden<br />
sollte man im Auge<br />
behalten. es<br />
Zander<br />
Foto: Silke
uMag 35<br />
Style<br />
AKTION<br />
MIT SOUTHERN COMFORT<br />
LÄSSIG DURCH DEN WINTER<br />
uMag 36<br />
Spiele<br />
ES IST ZEIT,<br />
ALT ZU WERDEN<br />
Michael Schock kann nicht mehr so zocken wie früher<br />
„Welche der neuen Konsolen wirst<br />
du dir denn holen?“, wurde ich<br />
kürzlich gefragt. Ich antwortete,<br />
dass ich als PlayStation-Jünger<br />
wohl wieder zu Sonys Konsole<br />
greifen, mir aber etwas Zeit damit<br />
lassen würde. „Schon das neue<br />
XY durchgespielt?“ – auch das fragt<br />
andauernd immer irgendwer. Ich<br />
antworte dann, dass ich angefangen<br />
habe, mir aber Zeit damit lassen<br />
werde. Ich könnte ein Tonband<br />
aufnehmen und diese Antwort auf<br />
Knopfdruck abspielen lassen: „Ich<br />
lasse mir damit Zeit!“ Zur Hölle,<br />
die Wahrheit liegt schon in meiner<br />
Antwort: ein Tonband aufnehmen,<br />
na klar, willkommen in den 80ern. Ich bin 30, ich werde alt. Mancher<br />
wird lachen, aber in Gamerjahren ist das schon ein Dreiviertelrentner.<br />
Damit habe ich kein Problem. Doch ich merke, dass sich meine Prio -<br />
ritäten wandeln. Nicht zu reiferen Games, um Himmels Willen: nein.<br />
Aber ich spiele nicht mehr mehrere Stunden am Stück, wie ich es vor<br />
15 Jahren noch konnte. Ich spiele eine, zwei Stunden, dann reicht es<br />
mir. Ich mäkele stärker an Logiklöchern in Storys herum, und mit<br />
flacher Action kriegt man mich nicht mehr. Ich werde schlicht<br />
anspruchsvoller –schließlich habe ich über die Jahre viel gesehen und<br />
gespielt. Das ist gut, alles andere wäre Stillstand. Deswegen macht es<br />
mir nichts aus, dass Spiele kürzer, kurzweiliger und auch einfacher<br />
werden. Auf meine alten Tage will ich einfach schnell und gut von<br />
Spielen unterhalten werden. Und ich kann daran bei einem Unter -<br />
haltungsmedium wie Videospielen einfach nichts Schlechtes finden.<br />
Wirklich: Alt werden als Gamer, das ist echt okay.<br />
Foto: Vivien Gross<br />
TANK MICH AUF<br />
Großstädter belächeln sie, andere lieben sie<br />
– die „ADAC Spritpreise“-App listet in einer<br />
Kartenübersicht die günstigsten von rund<br />
140 00 Zapfsäulen. Dank Routenplaner<br />
auch in der Nähe des aktuellen Standortes.<br />
BELÄSTIGE MICH<br />
Die Lösung für die Generation Prokrastination:<br />
Die App „Hassle me“ hilft euch, wirklich<br />
wichtige To-do-Aufgaben nicht zu vergessen.<br />
Wer hier nicht alle 30 Sekunden sein<br />
Smartphone checkt, der hebe die Hand.<br />
ASSASSIN'S CREED 4:<br />
BLACK FLAG<br />
Videospiele sind oft die Antithese von<br />
Freiheit: Die Handlung ist meist linear, die<br />
Wege vorgegeben, die Welt sehr begrenzt.<br />
Erschienen für PlayStation 3,<br />
PlayStation 4, Xbox 360, Einige dieser Kriterien brach die „Assassin’s-<br />
Xbox One, Wii U und PC. Creed“-Serie erfolgreich auf. Wie oft fanden<br />
wir uns wieder, wie wir über Dächer einer Stadt in vergangenen<br />
Zeiten sprinteten, auf riesige Kathedralen kletterten oder ziellos nach<br />
kleinen Bonusfedern suchten – sehr oft! Seitdem stagniert die Reihe<br />
aber und ruht sich auf diesen Stärken aus, viel wirklich Neues passiert<br />
nicht (außer einigen Extrafunktionen und Gimmicks bei der<br />
Meuchelmörderhatz). Dafür gibt es die größte Bewegungsfreiheit eines<br />
Actionadventures dieses Mal als Piratenabenteuer verpackt: In der<br />
Rolle von Edward Kenway schlagt ihr euch als Freibeuter-Attentäter-<br />
Mix durch den karibischen Dschungel des Jahres 1715. Das lautlose<br />
Heranschleichen an Gegner ist dieses Mal wieder wichtiger als kopfloses<br />
Drauflosmetzeln, die Auswahl an Nebenabenteuern ist groß. Da<br />
schert es nicht so sehr, dass in Ubisofts Flag(piraten)schiff kein neuer<br />
Wind in die Segel pustet .. ms<br />
Foto: Ubisoft
uMag 37<br />
Film<br />
KINO<br />
ab 25. 12.<br />
im Kino<br />
Only Lovers left alive<br />
Jim Jarmusch findet, dass früher so einiges<br />
besser war – und badet mit der Geschichte<br />
eines blutkonserversüchtigen Vampirpaares<br />
(Tilda Swinton, Tom Hiddleston) genussvoll<br />
im Kulturpessimismus. vs<br />
DVD<br />
ab 16. 1.<br />
im Kino<br />
A Touch of Sin<br />
Episodenfilm über das Leid kleiner Leute im<br />
modernen China. Verzweifelte Aussage: Wem<br />
von den korrupten Eliten Gewalt angetan wird,<br />
der wehrt sich mit Gewalt. vs<br />
TV<br />
ab 16. 1.<br />
im Kino<br />
Twelve Years a Slave<br />
Sklavenhalter verschleppen 1841 den freien<br />
Afro amerikaner Solomon Northup auf eine<br />
Plantage. Zwölf Jahre dauert Solomons<br />
Martyrium. Steve McQueens Überlebens -<br />
drama handelt von Unmenschlich keit – und<br />
ist doch eine Ode an die Menschlichkeit.vs<br />
Foto: © 2013 Sony Pictures Television,<br />
Inc. and Showtime Networks Inc.<br />
Frances Ha<br />
Frances will Tänzerin werden,<br />
lebt aber vor allem in den Tag<br />
hinein, zusammen mit ihrer<br />
Freundin Sophie. Dann aber<br />
zieht Sophie zu ihrem Freund …<br />
Greta Gerwig spielt in dieser<br />
pointierten Komödie eine<br />
Mittzwanzigerin zwischen<br />
Jugend und Erwachsen werden,<br />
zwischen kurzfristiger Euphorie<br />
und langfristiger Verun -<br />
sicherung. vs<br />
VÖ 3. 12.<br />
The Bling Ring<br />
Eine Gruppe kalifornischer<br />
Jugendlicher dringt in Promi -<br />
häuser ein, um Schmuck,<br />
Klamotten und Bargeld mit -<br />
gehen zu lassen, das sie dann<br />
in den Clubs von Beverly Hills<br />
verprassen. Regisseurin Sofia<br />
Coppola schuf ein nüchternes<br />
Drama nach einer wahren<br />
Begebenheit – mit dem herausragenden<br />
Newcomer Israel<br />
Broussard. lan<br />
VÖ 19. 12.<br />
Wissenschaftsfick<br />
Wenn ein Paar in einem Krankenhauszimmer vögelt, verkabelt für EEG<br />
und EKG, beobachtet von Kameras und Menschen: Wo sind wir dann?<br />
Richtig: in den USA der 50er-Jahre. Sexualwissenschaftler William<br />
Masters hat gerade erst von einer Prostituierten – die Kunden für seine<br />
Studien manipuliert – erfahren, dass Frauen den Orgasmus simulieren,<br />
und ist mehr als nur erstaunt. Warum tun die das?! Masters (verklemmt<br />
und gleich zeitig neugierig: Michael Sheen) fasst den Plan, die weibliche<br />
Sexualität wissenschaftlich präzise zu vermessen – und wenn er dabei<br />
selbst als Testperson ran muss. Stylisch wie „Mad Men“, doch weitaus<br />
freizügiger als die Serie über die Werber in Manhattan, kommt<br />
„Masters of Sex“ daher und erzählt uns die im Kern wahre Geschichte<br />
der bahn brechenden Sexualwissenschaftler William Masters und<br />
Virginia Johnson (Lizzy Caplan, „True Blood“). jw<br />
„Masters of Sex“, ab 5. 12 immer donnerstags um 22 Uhr auf Sky Atlantic HD.<br />
Außerdem auf Sky Go und Sky Anytime.
uMag 38<br />
Ernstfall Leben<br />
NICHT MEHR<br />
ODER WENIGER<br />
Foto: Elisabeth Graf Gatterburg<br />
v_sievert, unser V-Mann im Universum, macht was anders.<br />
Ich würde nicht sagen, dass nichts mehr so ist wie früher. Und erst<br />
Recht nicht, dass früher alles besser war. Es war nur … geordneter.<br />
Also, man kennt das ja beim Einkaufen im Supermarkt: Kassiererin<br />
scannt Lebensmittel, Lebensmittel rutschen hinter die Kasse auf die<br />
Ablage, man bezahlt, Nächster bitte. Damit beide Kunden in Ruhe einpacken<br />
können, gibt es diese Schiene, die den Einpackbereich einer<br />
Kasse in zwei Hälften trennt. Das ist wie beim Zugverkehr: Ist ein Gleis<br />
voll, wird ein anderes geöffnet. So verstaut jeder in Ruhe seinen Kram,<br />
und man schleppt nicht den Räuchertofu seines Kassenhintermannes<br />
nach Hause, während der ein Pfund gemischtes Hack in seine Gemüse -<br />
pfanne wirft.<br />
Doch man macht es nicht mehr wie früher. Die Leute an den Kassen<br />
verwenden diese Schiene nicht mehr. Stattdessen schieben sie<br />
Bärchen wurst, Wellnessweingummi und Milchbrötchen der Mutter mit<br />
Kind auf Salamipizza, Merlot und Schokokekse des Agentur -<br />
workaholics, als empfänden sie eine grausame Lust an ungebremsten<br />
Lebensmittelkarambolagen. Ich weiß nicht, wie lange man das schon<br />
nicht mehr macht. Aber seit mir das aufgefallen ist, denke ich darüber<br />
nach, was ich eigentlich nicht mehr mache, das ich früher gemacht habe.<br />
Ich gucke zum Beispiel nicht mehr linear Fernsehen. Was mich inter -<br />
essiert, schaue ich jetzt in Mediatheken, auf DVD oder als <strong>Download</strong>.<br />
Ich bin beim Fernsehgucken so flexibel und nutze die eingesparten<br />
Werbeunterbrechungen dazu, alte Bücher auszusortieren und dem<br />
allerübelsten Joch des Privatlebens nachzugehen: Ich putze.<br />
Ich schlafe auch nicht mehr auf dem Bauch, obwohl das früher meine<br />
liebste Einschlafposition war. Dann wurde irgendwann meine Nacken -<br />
muskulatur zu steif dafür, und seitdem schlafe ich am liebsten auf der<br />
linken Seite. Den Platz zum raumgreifenden Auf-den-Bauch-Liegen<br />
habe ich eh nicht mehr, seit ich mit meiner Freundin zusammenwohne,<br />
wodurch ich auch meist früher aufwache, weil sie morgens im Schlaf<br />
strampelt. In der dadurch entstehenden Bonuswachzeit überlege ich,<br />
welche DVDs ich wirklich noch brauche und habe auch schon einmal<br />
etwas geputzt: die Saftpresse, aber leise. Ich nicke nicht mehr so viel<br />
zustimmend, wenn mir jemand etwas erzählt. Ich nicke jetzt pointiert,<br />
also an den richtigen Stellen und gut getimt. Liegt wohl daran, dass<br />
meine Mutter manchmal einem inhaftierungsgeschädigten Zootier<br />
ähnelt, wenn sie mir zuhört und am Dauernicken ist. Da möchte man<br />
nicht hin! (wohlüberlegtes zustimmendes Nicken)<br />
Gar nicht mehr lege ich Platten von Bands auf, die ich als Teenie und<br />
Twen super fand. Ich habe mir alles von Robbie Williams bis Teenage<br />
Fanclub und von Depeche Mode bis zum „Pulp Fiction“-Soundtrack<br />
ungeheuer übergehört. Ich höre nun vermehrt nichts oder einfach das,<br />
was gerade zu hören ist, von CDs meiner Freundin bis Kranken wagen -<br />
sirenen, vom Gemurmel aus der Nachbarwohnung bis zum Rasseln der<br />
Kaffeemaschine. Das erspart es mir, aus den gefühlt Hundert Milliarden<br />
im Netz verfügbaren Songs auswählen zu müssen, und verstopft meine<br />
Festplatte nicht mit Audiofiles, die ich nie höre. Die Vorstellung, soundsoviel<br />
Gigabyte an Alben zu besitzen, die ich nie abarbeite und die<br />
kontinuierlich mehr werden, verursacht mir Herzrasen. Ich grüße nicht<br />
mehr den Mann, der bei uns das Treppenhaus reinigt, weil er nie zu -<br />
rück grüßt und ich mich darüber sonst aufrege. Ich verwende keinen<br />
Netzjargon mehr in meinen E-Mails (BTDT! Been There, Done That), da<br />
ich sonst wie ein Berufsjugendlicher rüberkomme. Ich rege mich nicht<br />
mehr über sinnlose Fotostrecken im Internet auf, sondern verlasse einfach<br />
die betreffende klickgeile Site, und auch das Naschen aus in der<br />
Küche herumstehenden Nudelgerichten vom Vortag unterlasse ich, das<br />
tut meiner Figur nicht gut.<br />
Dinge anders zu machen hat also seine Vorteile. Was die Einkaufs schiene<br />
angeht, da hat sich mir vielleicht der tiefere Sinn der Nicht benutzung<br />
noch nicht erschlossen. Ich nehme es jetzt einfach als nahrungsbasiertes<br />
Mikado, wenn sich meine Einkäufe mit dem Kunden hinter mir vermischen.<br />
Aus Sellerie, Bifi, Giotto-Stangen und Spaghetti wird sich schon was<br />
Leckeres kochen lassen. Hab ich auch früher noch nicht gemacht.
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Feine Prämien so lange der Vorrat reicht<br />
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Kino<br />
OHNE FILTER<br />
Die Schauspielerin Léa Seydoux überzeugt mit Natürlichkeit. Eindeutig ein Talent – doch nicht<br />
immer eine Tugend.<br />
Foto: Alamode Film<br />
VON LASSE NEHREN<br />
Als ich nach der Vorführung von „Blau ist eine warme Farbe“ aus<br />
dem Kino komme, wirkt der Film noch in mir nach. Immer wieder<br />
rauschen einzelne Szenen vor meinem inneren Auge vorbei:<br />
Léa Seydoux, wie sie als Kunststudentin Emma die Schülerin<br />
Adèle kennen lernt und ebenso forsch wie abgeklärt mit ihr flirtet. Léa<br />
Seydoux, wie sie in Rage flucht und schreit und schubst. Léa Seydoux,<br />
wie sie nach der Trennung von Adèle dasitzt, gefangen zwischen Liebe<br />
und Pragmatismus. Das Spiel der 28-jährigen Pariserin ist von einer so<br />
rohen Kraft, dass einem die Natürlichkeit ihrer emotionalen Darbietung<br />
nicht mehr aus dem Kopf geht. Der Film begleitet die beiden jungen<br />
Frauen von den Anfängen einer intensiven Beziehung bis zu deren<br />
Ende und noch darüber hinaus. Interesse, Leidenschaft, Eifersucht, die<br />
kalte Schulter: Seydoux lässt sich von Regisseur Abdellatif Kechiche,<br />
dessen Pendaterie bezüglich größtmöglicher Natürlichkeit bekannt ist,<br />
zu Glanzleistungen antreiben. Sie beeindruckt. Und sorgt so dafür, dass<br />
meine Vorfreude auf das Interview mit ihr zu einem nervösen Gemisch<br />
aus Neugier und Unsicherheit zerfasert. Kennt man: Jeder projiziert<br />
eine tiefenscharf gespielte Rolle gerne auf die Person, die sie verkörpert<br />
hat. Professionell ist das nicht.<br />
Am Abend vor dem Treffen sichte ich auf Youtube Interview material<br />
mit der Schauspielerin, um ihr immergleiche Fragen zu ersparen. Sey -<br />
doux scheint keine einfache Interviewpartnerin zu sein, so wie sie da<br />
wuselt und albert. Na gut, beruhige ich mich: Das war direkt nach<br />
Cannes, nachdem sie die Goldene Palme gewonnen hat, als sie unter<br />
medialer Dauerbefeuerung stand. Da kann man mal einen schlechten<br />
Tag haben.<br />
Nach einem teuren Pariser Kaffee betrete ich am nächsten Tag das noch<br />
teurere Pariser Hotel, um die beiden Aktricen und danach Regisseur<br />
Abdellatif Kechiche zum Gespräch zu treffen. Léa Seydoux begrüßt<br />
mich mit müder Höflichkeit oder höflicher Müdigkeit oder irgendetwas<br />
dazwischen. Sie scheint geschafft, was sowohl nachvollziehbar als<br />
auch verzeihbar ist. Was Seydoux im Gespräch preisgibt, ist allerdings<br />
mehr als Müdigkeit. Beziehungsweise: weniger.<br />
Ob es nicht schwierig sei, unter Kechiche zu arbeiten, der einerseits für<br />
sein Verlangen nach uneingeschränkter Natürlichkeit bekannt ist, andererseits<br />
berüchtigt dafür, einzelne Szenen stunden- oder gar tagelang<br />
immer und immer wieder einspielen zu lassen.<br />
„Ja, es ist schwer.“<br />
Genauer: Ob es nicht schwer sei, nach zig Takes noch die Verbindung<br />
zur porträtierten Figur aufrechtzuerhalten.
uMag 41<br />
Kino<br />
Dennis Lehane<br />
CHECKBRIEF<br />
NAME Léa Seydoux<br />
ALTER 28<br />
GEBOREN in Paris<br />
BERUFE Model und<br />
Schauspielerin<br />
WOMÖGLICH GESEHEN IN<br />
„Midnight in Paris“,<br />
„Inglourious Basterds“,<br />
„Robin Hood“, „Mission:<br />
Impossible – Phantom<br />
Protokoll“<br />
AUSZEICHNUNGEN Sie erhielt<br />
zwei Nominierungen für den<br />
französischen Filmpreis César;<br />
bei den Filmfestspielen in<br />
Cannes gewann sie dieses<br />
Jahr neben ihrer Film part -<br />
nerin Adèle Exarchopoulos<br />
die Goldene Palme<br />
TRADITION Ihre Familie ist<br />
tief in der französischen<br />
Filmlandschaft verwurzelt:<br />
Großvater Jérôme Seydoux<br />
war Geschäftsführer von<br />
Pathé, Großonkel Nicolas<br />
Seydoux ist derzeitiger Ge -<br />
schäfts führer von Gaumont –<br />
zwei der bedeutendsten<br />
Filmproduktionsfirmen des<br />
Landes<br />
AKTUELLER FILM „Blau ist<br />
eine warme Farbe“ startet<br />
am 19. Dezember<br />
„Ja.“<br />
Es sei schließlich kaum vorstellbar, sich nach extensiver Wiederholung noch<br />
fallenlassen zu können.<br />
„Mhm.“<br />
Halbsätze, Abbrüche, ton- und motivationslose Gesten. Keine Lust, sich zu erklären.<br />
Ihr Blick schweift durch den Raum, vielleicht auf der Suche nach jemandem,<br />
womöglich nur nach irgendetwas, das spannender sein könnte als ein Interview.<br />
Einmal wird sie dann doch noch richtig wach. Wir sprechen – oder: versuchen es<br />
– über ihre Beziehung zu den Figuren, die sie spielt. Gefragt, ob sie diese auch<br />
abseits der Arbeit mit sich herumträgt, wie es Schriftsteller manchmal beschreiben,<br />
antwortet sie: „Nein, weil die Figur aus dir selbst entsteht und nicht außerhalb<br />
deiner selbst.“ Auf das Geständnis hin, nicht genau zu verstehen, wie sie dies<br />
meine, erwidert sie gereizt: „Und ich verstehe die Frage nicht!“ Sie wendet sich<br />
ab, bestellt einen Kaffee – und fragt mich, ob ich ebenfalls einen möchte.<br />
Blitzt hier für einen Augenblick die private Léa Seydoux durch die distanzierte,<br />
ja abweisende Person, die vor mir sitzt? Eine Léa Seydoux, die zumindest einen<br />
gegenseitig respektvollen Umgang wahrt? Von Wechselseitigkeit ist im Gespräch<br />
nur wenig zu spüren, Seydoux antwortet nur selten mit mehr als zwei knappen<br />
Sätzen. Ich laufe ins Leere beziehungsweise an ihrem Schulterzucken auf. Die<br />
Aussage „Ich weiß es nicht“ ist kein kommunikativer Platzhalter, um Bedenkzeit<br />
zu bekommen. Es bedeutet schlichtweg: Ich weiß es nicht. Gefühlt: Es interessiert<br />
mich auch nicht. Punkt.<br />
Offenbar besitzt die 28-Jährige keinerlei Interesse an einer öffentlichen Präsenz,<br />
die sich über die Dauer ihrer Filme hinaus erstreckt. Zugleich aber sieht man sie<br />
auf etlichen Magazinen: nur von einem transparenten Tuch verdeckt, im abgeschminkten<br />
Lotterchic, in schlichtem Schwarz – die Inszenierungen reichen weit<br />
über Promo verpflichtungen hinaus, die ein Film mit sich bringt. Der Unterschied<br />
liegt in der eindeutigen Rollenzuweisung: Sie ist einfach da, und wir schauen.<br />
Seydoux ist fleißig. Während der vergangenen sieben Jahre spielte sie in 20<br />
Filmen, unter anderem kleine Rollen bei Woody Allen, Ridley Scott und Quentin<br />
Tarantino, doch erst mit „Blau ist eine warme Farbe“ wurde ihr die Auf merk sam -<br />
keit eines breiteren Publikums zu Teil. Die Reaktionen auf ihr Spiel sprechen für<br />
sich. Sich im Gespräch über ihre Arbeit fordern zu lassen, ist aber das Letzte, was<br />
Léa Seydoux möchte – ihre Reaktion: Sie spricht nicht. Sie ist Schauspielerin, ein<br />
gute dazu. Sie hat ihren Teil beigetragen. Den Rest sollen andere verantworten.
LORIOT<br />
Sensationen<br />
uMag 42<br />
Szene<br />
GLAUBENSFRAGEN<br />
368 Seiten, Leinen, € (D) 39.90<br />
Über 400 unveröffentlichte<br />
Zeichnungen von Loriot –<br />
dar unter 38 Möpse.<br />
Deutschlands belieb tester<br />
Humorist und Kari katurist<br />
darf neu entdeckt werden.<br />
Spätlese ver sammelt<br />
Schätze aus dem Nachlass,<br />
die bis lang unbekannt<br />
waren. Ein Fest für alle Liebhaber<br />
des feinen Humors.<br />
Foto: Anna Rozkosny<br />
Die Tage werden kurz, es schneit, vor<br />
dem Fenster hört man die Kirchen -<br />
glocken bimmeln. Du lässt das Jahr<br />
Revue passieren: Was hast du ge macht?<br />
Bist du glücklich? Was soll das hier<br />
eigentlich alles? Und kommt da noch<br />
was? Und hastdunichtgesehen bist du<br />
in der spirituellen Melancholie gefangen.<br />
Das Berliner Labor für kontrafaktisches<br />
Denken, bestehend aus der Autorin und<br />
Dramaturgin Peggy Mädler und der<br />
Kunsthistorikerin und Perfor merin Julia<br />
Schleipfer, holt einen auf den Boden der Tatsachen zurück und baut vom 4. bis 14. 12. eine<br />
theatrale Installation namens „Wer(s) glaubt, wird selig“ in die sophiensæle. Mit gottlosen<br />
Pilgerwegen durch die Hauptstadt, gemeinsamen Sternebacken und einem Exkurs in atheistische<br />
Heiligtümer. fis<br />
GENERATION ENDZEIT<br />
176 Seiten, Pappband, € (D) 26.90<br />
Loriot als Fotograf –<br />
anstatt sie in ein Gästebuch<br />
schreiben zu lassen,<br />
foto grafierte Vicco von<br />
Bülow seine Gäste lieber.<br />
Über die Jahre entstand<br />
eine Foto ga lerie, die<br />
persönliches Dokument ist,<br />
amüsantes Gesellschaftspanorama<br />
und kleine<br />
Chronik wechselnder<br />
Kleidermoden.<br />
Illustration: © Loriot<br />
Douglas Coupland<br />
Auch der neue Roman von Douglas Coupland ist extrem lesenswert: In „Spieler Eins“ entwirft<br />
der „Generation X“-Autor ein blutiges Endzeitszenario, indem er vier in einer Flughafenbar<br />
gestrandete Figuren mit dem Ende der Zivilisation konfrontiert. Doch so spannend der Plot<br />
auch ist, die wirklich wichtigen Erkenntnisse über das heutige Lebensgefühl fasst Coupland<br />
am Ende des Romans schön kompakt mit einem Glossar zusammen. Da findet man dann<br />
Einträge wie den „Zeitsnack“: „Oftmals enervierende Momente von Pseudo-Freizeit, die eintreten,<br />
wenn vom Computer keine Rückmeldung kommt, weil er eine Datei sichert, nach<br />
Software-Updates sucht oder, höchstwahrscheinlich, seine ganz eigenen Gründe dafür hat.“<br />
Auch „das Erschöpfungsgefühl, das sich einstellt, wenn man die Antwort auf praktisch alles<br />
im Netz finden kann“ bekommt mit der „Allwissenheits-Müdigkeit“ endlich ihr Schlagwort.<br />
Mit dem Problem „intraaffinitale Melancholie vs. extraaffinitale Melancholie“ dürfte sich allerdings<br />
auch schon die Generation X rumgeschlagen haben: „Was ist einsamer: als einsamer<br />
Single zu leben oder einsam in einer toten Beziehung?“ cs<br />
Foto: Martin Tessler
Foto: © 2013 Twentieth Century Fox<br />
uMag 43<br />
Szene<br />
MUCKERSCHICK<br />
Ah, Bono hat eine neue Frisur<br />
und bringt eine Solo-CD raus.<br />
Nein, Anton Corbijn hat Till<br />
Lindemann von Rammstein für<br />
einen Herrenduft fotografiert.<br />
Auch falsch. Der Herr in<br />
der stylischen 90er-Altrocker -<br />
ästhetik ist der spanische<br />
Schauspieler Javier Bardem<br />
(„No Country for old Men“),<br />
der neben Promis wie Brad Pitt<br />
und Penélope Cruz in der blutigen<br />
Gangsteraction „The<br />
Counselor“ einen schrillen<br />
Drogenboss spielt. Ist so 90er,<br />
wie es klingt, ähm: aussieht. vs<br />
»Die zahlreichen Fans<br />
von George R.R. Martin<br />
kommen bei diesem<br />
Fantasy-Epos voll auf<br />
ihre Kosten!« Library Journal<br />
NEUE KUNST<br />
Foto: Baixcentro, Courtesy: Baixcentro<br />
In der arabischen Welt werden Revolutionen durch Instagram-<br />
Filter beobachtet, und in Russland lernt der Protest gegen Putin von<br />
performativen Ästhetiken: Widerstand, Revolte, politischer Aktio -<br />
nismus sind plötzlich Teil des Kunstdiskurses. Beziehungsweise:<br />
Der Kunstdiskurs ist plötzlich adäquate Beschreibungsform von<br />
Politik. Das Karlsruher ZKM geht sogar noch weiter und bezeichnet<br />
den „globalen Aktivismus als die erste neue Kunstform des<br />
21. Jahrhunderts“. Eine Kunstform, die vom 14. 12. bis 30. 3. in der<br />
Ausstellung „Global aCtIVISm“ präsentiert wird – unter anderem<br />
mit „Na Faixa“ (Abbildung). fis<br />
512 Seiten · € 15,00 [D]<br />
ISBN 978-3-7645-3128-7<br />
Auch als E-Book erhältlich<br />
www.penhaligon.de<br />
facebook.com/penhaligonverlag twitter.com/penhaligonbooks
uMag 44<br />
Szene<br />
06.03. ROSTOCK | 07.03. DRESDEN<br />
08.03. MAGDEBURG<br />
09.03. MÜNCHEN | 11.03. WIEN<br />
12.03. ZÜRICH | 14.03. STUTTGART<br />
15.03. NEU-ISENBURG<br />
16.03. KÖLN<br />
18.03. HAMBURG<br />
10.04. ERFURT<br />
11.04. HANNOVER<br />
12.04. BERLIN<br />
10.03. LEIPZIG | 11.03. HAMBURG<br />
18.03. BERLIN | 19.03. DORTMUND<br />
20.03. KÖLN | 22.03. LINZ<br />
23.03. GRAZ | 24.03. NÜRNBERG<br />
25.03. WIESBADEN<br />
27.03. STUTTGART | 28.03. ZÜRICH<br />
29.03. MÜNCHEN | 31.03. WIEN<br />
BLEIBT DAS IMMER SO TOUR 2013<br />
28.11. KÖLN<br />
29.11. DORTMUND<br />
30.11. FRANKFURT<br />
02.12. SCHORNDORF<br />
03.12. NÜRNBERG<br />
04.12. MÜNCHEN<br />
06.12. MERKERS<br />
07.12. LEIPZIG<br />
08.12. DRESDEN<br />
10.12. HAMBURG<br />
11.12. HANNOVER<br />
12.12. BERLIN<br />
phrasenmäher<br />
TENTAKELABWEHR<br />
In seinem Debütroman „Der Trost von Telefonzellen“ räsoniert Joshua Groß über Beat -<br />
literatur, buddhistische Blechelefanten, Basketball, den BND – und darüber, was anzustellen<br />
ist mit der diffusen Epoche, in der wir uns befinden.<br />
uMag: Joshua, deine beiden Protagonisten versuchen,<br />
der Banalität und angeblichen Endgültigkeit<br />
unserer Zeit zu entfliehen. Kann das gutgehen?<br />
Joshua Groß: Ich würde<br />
nicht sagen, dass sie entfliehen.<br />
Sie beginnen, die<br />
vermeintliche Endgültig keit<br />
aufzubrechen. Der Teil der<br />
Gesellschaft, der diese End -<br />
gültigkeit suggeriert, macht<br />
dann Jagd auf die Prota go -<br />
nisten, weil es in seinem<br />
Interesse ist, dass alles so<br />
bleibt, wie es ist. Den Bei -<br />
den bleibt dann nur der<br />
überlegte Rückzug, aber<br />
dann treten sie erneut<br />
gegen diese Endgültigkeit<br />
an. Ich denke, dadurch helfen<br />
sie mit, sie schrittweise<br />
aufzubrechen. Die Chance,<br />
dass das gut geht, besteht immer. Daran zu glauben<br />
ist unsere Aufgabe.<br />
uMag: Gegen Ende sind die beiden zu De tek tiven<br />
geworden. Ist das die notwendige Kon se quenz?<br />
Groß: Detektive sind stets damit beschäftigt, sich<br />
Foto: Manuel Weißhaar<br />
Joshua Groß<br />
die Tentakel, die aus unserer mysteriösen und verworrenen<br />
Epoche hängen, vom Hals zu halten. Das<br />
wissen wir spätestens seit Raymond Chandler. Das<br />
Investigative hat aber<br />
auch eine unheimliche<br />
Ele ganz. Detektive sind<br />
nicht zu vereinnahmen,<br />
aber sie sezieren die<br />
Gegenwart mit unkonventionellem<br />
Scharf sinn. Was<br />
sie allerdings auch nicht<br />
davon abhält, nebenbei<br />
die überlegene Haltung<br />
des modern day hippies<br />
zu kultivieren.<br />
uMag: Was hat das alles<br />
mit dem „Institut für<br />
Jenga-Turm-Forschung und<br />
Assoziationen“ zu tun, das<br />
im Buch öfter auftaucht?<br />
Groß: Das Institut ist ein<br />
unbestimmbarer Ort, der als flexible Keimzelle des<br />
Widerstandes fungieren kann. Dieser Ort befindet<br />
sich sowohl in der Realität als auch in der Fiktion.<br />
Jeder Mensch ist herzlich eingeladen, nach dem<br />
Institut zu suchen und mitzumachen! fis<br />
IMPRESSUM<br />
„9 HITS, 3 EVERGREENS“ TOUR 2014<br />
18 19 20.02. BERLIN<br />
21 22.02. STUTTGART<br />
23 25.02. WIESBADEN<br />
26 27 05.03. BREMEN<br />
06 07.03. REGENSBURG<br />
08 10.03. A-WIEN<br />
12 13.03. HANNOVER<br />
14 15.03. KAISERSLAUTERN<br />
BOYCE AVENUE LIVE 2014<br />
25.03. MÜNCHEN - MUFFATHALLE<br />
27.03. BERLIN - HUXLEY‘S<br />
28.03. KÖLN - PALLADIUM<br />
29.03. HAMBURG - DOCKS<br />
bunkverlag GmbH<br />
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Weitere Beiträge dieser Ausgabe von<br />
Annett Bonkowski (ab), Verena<br />
Reygers (vr), Michael Schock (ms),<br />
Mitja Joel Steffens (mjs), Manuel<br />
Weißhaar (mwe)<br />
Praktikant<br />
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Stella Distribution GmbH<br />
Frankenstraße 7<br />
20097 Hamburg<br />
web www.stella-distribution.de<br />
Webportal<br />
www.uMagazine.de<br />
Das nächste uMag<br />
erscheint am 30. Januar
uMag 45<br />
Szene<br />
SCHWARZWEISS<br />
Foto: © Pallas Film<br />
Nein, dieser Trickfilm ist nichts für Kinder. Gewalt, Folter,<br />
Depression, Einsamkeit sind die Themen in Jaroslav Rudis’ Graphic<br />
Novel „Alois Nebel“, und der tschechische Regisseur Tomás Lunák<br />
hat aus der Vorlage eine kongeniale Verfilmung gemacht. In harten,<br />
kontra streichen Bildern, schonungslos und verstörend. Ab 12.<br />
Dezember im Kino. fis<br />
UNENDLICH LANGWEILIG<br />
Das Projekt ist gelungen: Aus<br />
im Nachlass gefundenen<br />
Frag menten und Computer -<br />
dateien ist ein Roman geworden.<br />
Mit „Der bleiche König“<br />
erscheint jetzt ein letztes<br />
Meisterwerk des 2008 durch<br />
Freitod aus dem Leben<br />
gegangenen David Foster<br />
Wallace in deutscher Übersetzung,<br />
das Fans völlig zu<br />
Recht frenetisch abfeiern<br />
werden. Wer aber mit der<br />
1 500 Seiten starken Großtat<br />
„Unendlicher Spaß“ seine<br />
Probleme hatte, der sollte<br />
nicht meinen, die 640 Seiten<br />
David Foster<br />
Wallace<br />
von „Der bleiche König“ wären leichter zu nehmen. Schließlich<br />
spielt der Roman diesmal auch noch am vermutlich langweiligsten<br />
Ort der Welt: in einem Provinzbüro des Service der amerikanischen<br />
Steuerbehörde IRS. cs<br />
Foto: Marion Ettlinger<br />
13.10.2013<br />
— 23.02.2014<br />
STILL<br />
BEWEGT<br />
Ori Gersht, Pomegranate, 2006, Videostill<br />
VIDEOKUNST<br />
UND ALTE MEISTER<br />
BAD HOMBURG V. D. HÖHE<br />
Löwengasse 15<br />
www.altana-kulturstiftung.de
uMag 46<br />
Zoom<br />
Abb.: © Filmgalerie 451, Foto: Thomas Aurin<br />
Christoph Schlingensief: Freakstars 3000 (2003), v. l. n. r.: Christoph Schlingensief, Horst Gelonneck, Kerstin Graßmann, Mario Garzaner, Achim von Paczensky
uMag 47<br />
Zoom<br />
EIN SCHLACHTFEST<br />
Christoph Schlingensief war ein meisterlicher Grenzgänger zwischen Kino, Politik und Theater.<br />
Eine Ausstellung in Berlin würdigt ihn jetzt als Bildenden Künstler.<br />
VON FALK SCHREIBER<br />
E<br />
in Film: Clara macht sich auf ins Ungewisse. Sie übertritt die<br />
Grenze und trifft sympathische Eingeborene, die einem ehrbaren<br />
Gewerbe nachgehen – Metzger. Ehrbar, bis Clara realisiert, dass<br />
sie es ist, die hier zu Wurst verarbeitet werden soll … Ein Splatter.<br />
Allerdings: Clara ist DDR-Bürgerin, wir schreiben das Jahr 1989, und<br />
dass der Westen sich über die Grenzöffnung freut, hängt damit zusammen,<br />
dass der stete Zuzug aus dem Osten vor allem Frischfleisch für die<br />
Wurstproduktion bedeutet. Die Wiedervereinigung: ein Schlacht fest.<br />
„Das deutsche Kettensägenmassaker“ war 1990 der erste Film, mit dem<br />
der damals 30-jährige Christoph Schlingensief über eine kleine Trash -<br />
kinogemeinde hinaus Aufsehen erregen konnte. Dieser Erfolg hat<br />
natürlich zu tun mit der politischen Provokation, das latente Un be ha gen<br />
an den Auswüchsen der Vereinigungsbegeisterung in einen Horror film<br />
zu übertragen. Es hatte auch zu tun mit der Tatsache, dass Schlin -<br />
gensief mit Karina Fallenstein, Susanne Bredehöft oder Irm Her mann<br />
ein theatererprobtes Ensemble zur Verfügung hatte, dessen Qualitäten<br />
mehr hergaben als panisches Kreischen. Und es hatte nicht zuletzt<br />
damit zu tun, dass „Das deutsche Kettensägenmassaker“ eben auch als<br />
Horror funk tionierte, als Film, der trotz bescheidener Mittel seinem<br />
Vorbild „The Texas Chainsaw Massacre“ durchaus das Wasser reichen<br />
konnte.<br />
In der Folge baute Schlingensief seinen Ruf als detailgenauer Trash-<br />
Horror-Politfilmemacher aus – und verschwand 1997, nach „Die 120<br />
Tage von Bottrop“, bis auf weiteres als Kinoregisseur. Die Grenzen des<br />
Films waren Schlingensief zu eng geworden, er begann, im Bereich der<br />
Fernseh shows und der Aktionskunst zu arbeiten. Vor allem aber machte<br />
er immer mehr Theater: wüste, aktionistische Projekte, hauptsächlich an<br />
der Berliner Volksbühne, wo der Dramaturg Carl Hegemann früh er -<br />
kannte, dass Schlingensief der perfekte Protagonist war für ein Theater,<br />
das mehr sein wollte als bildungsbürgerliche Selbst ver gewisserung.<br />
Zum Beispiel gründete Schlingensief 1998 eine Partei an der Volks -<br />
bühne, „Chance 2000“, deren Bundes tagswahlkampf eine einzige<br />
große Performance war, er baute mit „Passion Impossible“ eine Art<br />
tempo räre Bahnhofsmission für das Hamburger Schauspielhaus, er entwickelte<br />
mit „Bitte liebt Österreich“ eine fies-politische Castingshow für<br />
>>
uMag 48<br />
Zoom<br />
Abb.: © Filmgalerie 451<br />
Abb.: © Filmgalerie 451<br />
Das deutsche Kettensägenmassaker (1990), v. l. n. r.: Eva Maria Kurz,<br />
ohne Angabe, Mike Wiedemann, Irm Hermann<br />
Christoph Schlingensief: Die 120 Tage von Bottrop (1997),<br />
abgebildet: Margit Carstensen<br />
die Wiener Fest wochen. Und nach einiger Zeit inszenierte er tatsächlich<br />
auch Theater stücke: die Politsatire „Berliner Republik“ an der Volks -<br />
bühne, „Hamlet“ in Zürich, Elfriede Jelineks „Bambiland“ am Wiener<br />
Burgtheater.<br />
Schlingensief inszenierte Starschauspieler, Laien, Obdachlose, Menschen<br />
mit Behinderung, er überforderte seine Darsteller, so wie er sich überforderte.<br />
Häufig gab es Vorwürfe, er nutze Menschen aus, die sich nicht<br />
wehren könnten. Ein wenig war da auch etwas dran, aber es war auch<br />
so, dass Schlingensief sich selbst ebenso ausnutzte. Er machte sich<br />
selbst nackt und zeigte in seinen besten Arbeiten ein rohes, un fertiges<br />
Scheitern.<br />
Ein Scheitern, das spätestens 2008 eins wurde mit der Person<br />
Schlingensief. Bei dem damals 48-Jährigen wurde Lungenkrebs diag -<br />
nostiziert, nahezu alle folgenden Arbeiten bezogen sich auf seinen Um -<br />
gang mit der Krankheit. „Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in<br />
mir“ bei der Ruhrtriennale in Duisburg, „Mea Culpa“ am Burg theater,<br />
„Via Intolleranza II“ im Hamburger Kulturzentrum Kampnagel – Kritiker<br />
mochten diesen Arbeiten Egozentrik vorwerfen: dass das allerdings
uMag 49<br />
Zoom<br />
Abb.: © Aino Laberenz<br />
Abb.: © Filmgalerie 451, Foto: Aino Laberenz<br />
Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir (2008), abgebildet: Karin Witt und Komparsen<br />
Christoph Schlingensief: The African Twintowers<br />
(2005–2009), abgebildet: Irm Hermann<br />
durch die Bank große Kunst war, ungeschützt, peinlich, selbst -<br />
entblößend, das bezweifelte niemand mehr. Als Schlingensief am 21.<br />
Au gust 2010 starb, da war sich die Kunstwelt einig, einen Jahr hun dert -<br />
künstler verloren zu haben.<br />
Einen Jahrhundertkünstler ohne Genre. Gerade in den letzten Jahren<br />
waren seine Arbeiten Grenzgänge zwischen Musik, Theater, Film,<br />
sozialer Intervention und Performance – eigentlich überraschend, dass<br />
der ohnehin nach allen Seiten offene Bereich der Bildenden Kunst<br />
Schlingensief nicht schon viel früher für sich einzuvernehmen versuchte.<br />
Erst vor drei Jahren sollte Schlingensief den deutschen Pavillon auf der<br />
Biennale von Venedig gestalten. Diesen Plan durchkreuzte der Tod des<br />
Künstlers. Stattdessen gestalteten seine Witwe, die Kostüm bilnerin<br />
Aino Laberenz, und Kuratorin Susanne Gaensheimer den Pavillon als<br />
Erinnerungsraum. In Deutschland aber wurde Schling en sief bis auf<br />
installative Einzelwerke in Hamburg, Leipzig oder Karlsruhe nie als<br />
Bildender Künstler gewürdigt. Bis jetzt. Vom 1. De zem ber bis 19. Januar<br />
zeigt das Berliner KW Institute for Contemporary Art eine erste große<br />
Retrospektive, die ab März ins New Yorker MoMA PS1 weiterzieht.
uMag 50<br />
Frequently asked Questions<br />
CHECKBRIEF<br />
NAME Stefan Sichermann<br />
BERUF Websatiriker<br />
ALTER 32<br />
HAT Abitur, Magister Artium in<br />
Alter Geschichte, Englischer<br />
Linguistik und Mittlerer<br />
Geschichte<br />
WAR MAL Werbetexter<br />
WEBSITE www.der-postillon.com<br />
SEITENAUFRUFE IM OKTOBER<br />
7 888 842<br />
POSTILLON, IST DIE WELT NICHT<br />
ZU VERRÜCKT FÜR SATIRE?<br />
INTERVIEW: VOLKER SIEVERT<br />
FACEBOOK-FANS 333 000<br />
ANDERE KANÄLE Podcast bei<br />
Bayern 3, Kanäle bei Yahoo und<br />
Youtube<br />
AUSZEICHNUNGEN<br />
„Best Weblog German“ bei The<br />
BOBs von der Deutschen Welle<br />
2010, Grimme Online Award 2013,<br />
Deutscher Webvideopreis 2013<br />
INSPIRATION die US-Satirewebsite<br />
The Onion www.theonion.com<br />
Fotos: Privat<br />
Stefan Sichermann, was hatte in letzter Zeit das größte satirische<br />
Potenzial? Die FDP? Die Energiewende? NSA? NSU? Die FDP?<br />
FDP und NSA haben sich da eigentlich ein starkes Kopf-an-Kopf-Rennen<br />
geliefert, aber inzwischen nimmt die FDP mehr tragische als komische<br />
Züge an. Im Überwachungsskandal hat aber auch weniger die NSA<br />
satirisches Potenzial als die Protagonisten in der deutschen Politik.<br />
Bitte ergänzen Sie: Satire darf …<br />
... auch mal albern und ziellos sein.<br />
Satire darf nicht …<br />
...nichts.<br />
Bei Religion hört für viele Leute der Spaß auf, manche reagieren gar<br />
mit Gewalt. Man denke nur an die Mohammed-Karikaturen. Würden<br />
Sie eine Satire über den islamischen Propheten bringen?<br />
Es gab im Postillon auch schon Satiren über Mohammed und den<br />
Islam. Bei mir beschwert haben sich bislang aber nur Christen. Am<br />
liebsten bringe ich Satire über gläubige Menschen, die sich leicht in<br />
ihren religiösen Gefühlen verunglimpft fühlen.<br />
Wenn Ihnen nichts einfällt, was tun?<br />
Krampfhaft überlegen, und wenn das nichts hilft: einfach in Panik<br />
geraten. Ich habe aber meistens noch die eine oder andere zeitlose<br />
Idee in der Hinterhand.<br />
Welcher deutsche Politiker liefert die dankbarsten Sätze?<br />
Aktuell: Hans-Peter Friedrich<br />
Ist die Wirklichkeit nicht längst verrückt genug, um Satire überflüssig<br />
zu machen?<br />
Ich arbeite daran, dass die Satire irgendwann normal genug ist, um<br />
die Wirklichkeit überflüssig zu machen.<br />
Der Newsticker auf der-postillon.com pflegt die Kunst des Kurz -<br />
kalauers. Ihre Lieblingsnews?<br />
Ich habe keinen Lieblingsticker. Aber hier zwei schöne, um das Inter -<br />
view aufzulockern: ++++ Immer nur Blasen: Ballerinas zu eng ++++<br />
Grob überschlagen: ca. 50 % der Besucher fanden Kirmes attraktion<br />
zum Kotzen ++++<br />
Sie blocken die meisten Anfragen von Journalisten ab. Warum?<br />
Na ja, ich beantworte immer gerne Fragen zu meiner Arbeit. Ich mag<br />
es nur nicht, wenn sich alles auf meine Person konzentriert. Öffentlichkeit<br />
habe ich auch so genug über die sozialen Netzwerken und<br />
über meine Seite.<br />
Und darf man das denn überhaupt: sich über andere lustig machen,<br />
aber selber den Kopf einziehen?<br />
Ich mache mich über niemandes Privatleben lustig, der es nicht<br />
selbst in der Öffentlichkeit ausbreitet.<br />
Haben Sie mit Freunden zu kämpfen, die sagen: Stefan, sei mal<br />
komisch?<br />
Nein. Die kennen mich ja schon länger und finden mich gar nicht so<br />
witzig.<br />
Bitte kommentieren Sie diesen Satz von Loriot: „Ich liebe Politiker auf<br />
Wahlplakaten. Sie sind tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen.“<br />
Ich fühle mich ehrlich gesagt unwohl, da meinen Senf dazuzugeben.<br />
Sie sind vom Werbetexter zum Satiriker geworden. Vorteil?<br />
Dass ich jetzt schreiben kann, was ich will, und nicht schreiben<br />
muss, was ein Kunde will.<br />
Im Web kann jedermann Satiriker sein – sollte das auch jedermann<br />
tun?<br />
Es spricht nichts dagegen.<br />
Zuguterletzt: Ihr Lieblingswitz …<br />
Da muss ich passen. Witze erzähle ich seltsamerweise überhaupt<br />
nicht mehr gerne, seitdem ich den Postillon mache.
Filmfan?<br />
Funschenker?<br />
Serienliebhaber?<br />
Gadgetsammler?<br />
Schenk doch mal anders mit:<br />
www.closeup.de<br />
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