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Heft 3 (PDF, 5,14 MB) - Speyer

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Kultur 39<br />

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Warum in die Ferne schweifen…?<br />

Dies soll das Thema meiner Überlegungen<br />

heute sein. Ich habe das schon oft<br />

angedacht und will es jetzt mal zum Ausdruck<br />

bringen.<br />

Schon vor über zwei Jahren habe ich bei<br />

einer kleinen Tischrede anlässlich meines<br />

80. Geburtstages gesagt: „Ihr alle wisst ja,<br />

dass ich mich seit einigen Monaten mit<br />

erheblichen Einschränkungen abfinden<br />

muss, aber Ihr könnt nicht wissen, wie<br />

wertvoll es da ist und wie sehr man es da<br />

genießt, immer mal wieder Menschen zu<br />

begegnen, die einem wichtig sind und so<br />

die gewohnten Kontakte pflegen zu können.“<br />

Ich begreife allmählich, dass es nicht<br />

mehr leicht ist, in die Ferne zu schweifen,<br />

und dass ich mich nun der Nähe zuwenden<br />

muss – „Warum in die Ferne schweifen,<br />

da das Schöne liegt so nah!“ Zum<br />

Beispiel: Mein geliebtes Wanderziel, der<br />

Alte Friedhof (jetzt Adenauerpark genannt),<br />

wo ich schon als Kind so gerne<br />

gespielt habe.<br />

Und da unser Haus auf der zweiten<br />

Rheinuferstufe liegt, hat man aus den<br />

Fenstern im Dachgeschoß meist einen<br />

wunderschönen Blick, zunächst über die<br />

Gärten mit auch großen Bäumen – die<br />

riesige, ausladende Eibe im Nachbargarten<br />

ist mir sei Kindertagen vertraut, sie ist<br />

über hundert Jahre alt.<br />

In Richtung Südosten drängen sich viele<br />

Turmspitzen eng zusammen: die von der<br />

Heiliggeist- und St. Ludwigskirche, der<br />

schöne Georgenturm, der für die Dreifaltigkeitskirche<br />

läutet, und die Domtürme.<br />

Das ist wirklich schon ein prächtiger, erhebender<br />

Anblick!<br />

Beglückend erscheinen in der Ferne die<br />

Spitzen der Pappeln am Rheinufer, und<br />

noch viel ferner, aber scharf umrissen die<br />

Odenwaldberge.<br />

Neulich, als ich so auf meinen Weise in die<br />

Ferne schweifte, rasselte es etwas tiefer gelegen,<br />

und dann sah ich ein Eichhörnchen<br />

in der Dachrinne hin und her wuseln und<br />

es blieb dann auch mal sitzen und blickte<br />

mich mit munteren Äuglein länger an.<br />

Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll,<br />

aber solche Erlebnisse stimmen mich nachhaltig<br />

fröhlich: Ich gehöre noch dazu, wenn<br />

mir so ein kleines Mitgeschöpf so freundlich<br />

begegnet.<br />

Schon seit Längerem habe ich diese wunderbare<br />

Erfahrung gemacht: Es gibt kaum<br />

einen Tag, an dem ich nicht nach manchen<br />

Kümmernissen dann auch ein beglückendes<br />

Erlebnis habe und so feststelle, dass es<br />

mir doch viel besser geht, als Milliarden<br />

meiner Altersgenossen.<br />

Und wenn man von solchen Erlebnissen

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