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Das Eidgenössische Telegraphen- und Patentamt - Rykart Architekten

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<strong>Das</strong> <strong>Eidgenössische</strong> <strong>Telegraphen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Patentamt</strong><br />

Die Liegenschaft Speichergasse 6/Hodlerstrasse 5 in Bern<br />

herausgegeben von <strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG<br />

anlässlich der Erneuerung 2006–2008<br />

verfasst von Veronika Niederhauser


Impressum<br />

Verfasserin<br />

Veronika Niederhauser, dipl. Arch. ETH/SIA<br />

<strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Gümligen bei Bern<br />

Herausgeberin<br />

<strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Gümligen<br />

Beratung<br />

Christoph Schläppi, Architekturhistoriker, Bern<br />

Fotografien<br />

imbild Dominique Plüss, Fotografin, Bern<br />

Grafische Gestaltung<br />

Mendieta Design+Grafik, Bern<br />

Mit finanzieller Unterstützung von:<br />

AXA Winterthur AG, Winterthur<br />

BDO Visura, Solothurn<br />

bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung, Bern<br />

Boess + Partner AG, Elektroingenieure, Bern<br />

Frey + Cie Elektro AG, Interlaken<br />

G+P Grolim<strong>und</strong> & Partner AG, Bauphysik, Bern<br />

Heiz Malerei AG, Bern<br />

klimag ag, Lüftungsanlagen, Bern<br />

LICHT+RAUM, Beleuchtungsplaner, Ittigen<br />

Nydegger + Finger AG, dipl. Bauingenieure, Bern<br />

Roschi + Partner AG, HLKS-Planer, Ittigen<br />

Bern, 2008<br />

4


Inhalt<br />

Im Lauf der Zeit<br />

1890–2005<br />

Erneuerung<br />

2006–2008<br />

Anhang<br />

5<br />

8<br />

11<br />

12<br />

16<br />

17<br />

18<br />

21<br />

22<br />

24<br />

30<br />

36<br />

38<br />

40<br />

42<br />

44<br />

46<br />

50<br />

51<br />

52<br />

53<br />

Vorwort<br />

<strong>Das</strong> <strong>Eidgenössische</strong> <strong>Telegraphen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Patentamt</strong><br />

Die <strong>Architekten</strong> Dorer & Füchslin<br />

Die städtebauliche Entwicklung<br />

Bern als junge B<strong>und</strong>esstadt<br />

Die Moderne in Bern<br />

Die Erweiterung des O.T.D.-Gebäudes<br />

Der Ingenieur Robert Maillart<br />

Ein Zeuge der Landesverteidigung<br />

Die innere Verdichtung der Parzelle<br />

Bauen im historischen Kontext<br />

<strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Gümligen<br />

Speichergasse 6<br />

Hodlerstrasse 5<br />

Der Innenhof als städtische Oase<br />

Moeri Landschaftsarchitekten AG, Bern<br />

Erdbebensicherheit<br />

Nydegger + Finger AG, Bern<br />

Fachbereich Elektro<br />

Boess + Partner AG, Bern<br />

Haustechnik<br />

Roschi + Partner AG, Ittigen<br />

Bauetappen <strong>und</strong> Eigentumsverhältnisse<br />

Bauherrschaft <strong>und</strong> Planerteam<br />

Kennzahlen<br />

Quellen<br />

3


Vorwort<br />

Für das ehemalige <strong>Eidgenössische</strong> <strong>Telegraphen</strong>amt in Bern ging im Jahr 2005 mit der<br />

Verlegung des Swisscom-Hauptsitzes nach Liebefeld eine über 100-jährige Ära<br />

der Telekommunikation zu Ende. Die Eigentümerin AXA Winterthur AG beauftragte<br />

zur Überprüfung der weiteren Nutzbarkeit des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes<br />

die <strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG als Generalplanerin mit der Zustandsbeurteilung<br />

der Liegenschaft <strong>und</strong> der Erarbeitung von mehreren Vorprojektvarianten, woraus sich<br />

das 2006–2008 realisierte Umbau- <strong>und</strong> Sanierungsprojekt entwickelte.<br />

Zwischen der Erstellung des <strong>Eidgenössische</strong>n <strong>Telegraphen</strong>gebäudes an der Speichergasse<br />

6 in Bern <strong>und</strong> den Erweiterungsbauten an der Hodlerstrasse 5 liegen nur<br />

50 Jahre. Dennoch manifestiert sich der zwischenzeitliche Wandel des gesellschaftlichen<br />

Bewusstseins <strong>und</strong> der bautechnischen Möglichkeiten in eindrücklicher Weise:<br />

hier der historisierende, in der Tradition der Ecole des Beaux-Arts reich ausgestattete<br />

<strong>und</strong> verzierte Hauptbau, da die Erweiterungsbauten im puristischen Ausdruck der<br />

Moderne, Stahlbeton-Skelettbauten in zurückhaltender <strong>und</strong> präziser Materialisierung<br />

<strong>und</strong> Detaillierung.<br />

Im Rahmen der 2006 erfolgten Zustandsaufnahmen offenbarte das Gebäudeensemble<br />

eine eigenartige Ambivalenz: Hinter den in den 1990ern sanierten, repräsentativen<br />

Fassaden trafen die Planer auf eine bedrückend enge <strong>und</strong> teilweise komplett verbaute<br />

Situation. Die noch erhaltenen originalen Interieurs lagen oftmals unter mehreren Materialschichten<br />

verborgen. Die Arbeit der <strong>Architekten</strong> stand somit stets im Spannungsfeld<br />

von Bewahrung der Originalsubstanz <strong>und</strong> gezieltem Rückbau, sanfter Sanierung<br />

des Bestandes <strong>und</strong> der Integration von Neubauteilen zur Erfüllung der heutigen Anforderungen<br />

an ein Bürogebäude. Als augenfälligster Eingriff ist im Kern der Liegenschaft<br />

durch das Anheben des Innenhofes auf das ursprüngliche Niveau der Aussenraum neu<br />

gestaltet worden. Nach r<strong>und</strong> zweijähriger Bauzeit konnte das Objekt im Frühjahr 2008<br />

den neuen Nutzern übergeben werden.<br />

<strong>Das</strong> umfangreiche historische Planmaterial hat vielerlei Aufschlüsse über die Ent-<br />

wicklung des Gebäudeensembles ermöglicht <strong>und</strong> die <strong>Architekten</strong> im Entwurfsprozess<br />

massgebend geleitet. Die vorliegende Publikation fokussiert deshalb nicht ausschliesslich<br />

auf die aktuelle Erneuerung, sondern verweist auch auf die historische Entwicklung<br />

der Liegenschaft <strong>und</strong> das jeweilige Umfeld der Bauten. Aufgr<strong>und</strong> der guten Quellenlage<br />

bietet sich damit die Gelegenheit, quasi exemplarisch ein Stück Baugeschichte der<br />

Stadt Bern nachzuzeichnen.<br />

Die durch die Stadt Bern verliehene Auszeichnung der aktuellen Erneuerung mit<br />

dem Dr. Jost Hartmann-Preis erfüllt uns mit Freude <strong>und</strong> bestärkt uns in unserer<br />

täglichen Arbeit.<br />

<strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Gümligen bei Bern<br />

5


7<br />

Im Lauf der Zeit<br />

1890–2005


<strong>Das</strong> <strong>Eidgenössische</strong> <strong>Telegraphen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Patentamt</strong><br />

Albert Einstein 1879–1955<br />

<strong>Das</strong> <strong>Telegraphen</strong>gebäude an der Speichergasse 6 in Bern wird von 1891–1893 im Auftrag<br />

der Direktion der <strong>Eidgenössische</strong>n Bauten erstellt. Aus dem durch die Schweizerische<br />

Eidgenossenschaft ausgelobten Architekturwettbewerb war das drittrangierte<br />

Projekt der Aargauer <strong>Architekten</strong> Otto Dorer <strong>und</strong> Adolf Füchslin zur Ausführung<br />

empfohlen worden. Die <strong>Architekten</strong> erhielten den Auftrag, obwohl die Wettbewerbsjury<br />

die Fassadengestaltung kritisch würdigte: «Die Architektur (...) wirkt etwas monoton,<br />

dieselbe trägt eher den Charakter einer Uhrmacherschule.»<br />

<strong>Das</strong> Verwaltungsgebäude ist von 1893–1907 Domizil des <strong>Eidgenössische</strong>n <strong>Telegraphen</strong><strong>und</strong><br />

<strong>Patentamt</strong>es <strong>und</strong> von 1902–1907 auch Arbeitsplatz von Albert Einstein, der im<br />

<strong>Patentamt</strong> eine Anstellung als «Experte 3. Klasse» innehat. In dieser Zeit erarbeitet der<br />

Physiker <strong>und</strong> spätere Nobelpreisträger seine bahnbrechende Relativitätstheorie, welche<br />

er 1905 veröffentlicht. Darin erscheint zum ersten Mal die wohl berühmteste Formel<br />

der Welt: E = mc ² .<br />

Der Bau spricht eine historistische Formensprache. Der Einfluss der Ecole des Beaux-<br />

Arts in Paris, an welcher die <strong>Architekten</strong> ausgebildet wurden, ist augenfällig. Der Bau<br />

weist einen winkelförmigen Gr<strong>und</strong>riss mit einem übereck ausgebildeten Eingangsrisalit<br />

an der Ecke Speichergasse/Genfergasse auf. Die Strassenfassaden sind in Sandstein<br />

plastisch gestaltet <strong>und</strong> umfassen das mit einer Raumhöhe von fünf Metern repräsentative<br />

Erdgeschoss sowie drei niedrigere Obergeschosse. Ursprünglich verfügte das<br />

Gebäude über ein Mansartdach mit Lukarnen.<br />

Aufwendig ausgestaltet ist die Haupterschliessung. Die Eingangshallen präsentieren<br />

sich mit Säulen in Stuckmarmor, Stuckaturen an Wänden <strong>und</strong> Decken sowie farbigen<br />

Keramik-Bodenbelägen. Mit grosszügiger Geste öffnet sich die in Kalkstein ausgebildete<br />

Treppe zur Eingangshalle. <strong>Das</strong> Gebäude verfügt zusätzlich über ein bescheideneres<br />

Nebentreppenhaus mit einer Kutschendurchfahrt zum ursprünglich auf dem<br />

Niveau der Speichergasse angelegten Hof.<br />

Die beiden Flügel des Gebäudes weisen jeweils eine zweibündige Struktur mit tragenden<br />

gemauerten Korridorwänden <strong>und</strong> massiven Sandsteinfassaden auf. Die Bürobereiche<br />

wurden konventionell mit Holzbalkendecken versehen. In den Korridorbereichen<br />

wurden Hourdis-Decken mit Stahlträgern eingebaut, was dem damals neuesten Stand<br />

der Technik entsprach.<br />

8


Im östlichen Bereich des Erdgeschosses befinden sich grosse Säle mit Bogenöffnungen<br />

zum Korridor, der westliche Bereich des Erdgeschosses wurde als Magazin genutzt.<br />

Infolge diverser Umbauten sind die Interieurs in diesen Bereichen des Erdgeschosses<br />

leider nicht mehr vorhanden.<br />

Die Obergeschosse sind als Bürogeschosse ausgebildet. Die Ausstattung der Arbeitsräume<br />

umfasst Kastenfenster mit gestemmten Einfassungen, Eichenparkett-Böden,<br />

Holzfuttertüren sowie profilierte Sockelbretter. Im ersten Obergeschoss, dem «Piano<br />

nobile», sind die Aussenwände mit kassettiertem Wandtäfer raumhoch verkleidet. Die<br />

Korridore wiesen eine Farbfassung auf, welche innerhalb weniger Jahrzehnte mehrmals<br />

neu gestaltet wurde. Die originalen Interieurs in den Korridoren <strong>und</strong> Bürobereichen<br />

sind weitgehend erhalten.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Eidgenössische</strong> <strong>Telegraphen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Patentamt</strong> in Bern um 1895. Archiv Zentralbibliothek Zürich<br />

9


Baueingabe 1891. Planarchiv der Stadt Bern<br />

10


Die <strong>Architekten</strong> Dorer & Füchslin<br />

Technikum Burgdorf 1891<br />

Der in Baden aufgewachsene Otto Dorer beginnt seine Architekturstudien am<br />

<strong>Eidgenössische</strong>n Polytechnikum in Zürich bei Gottfried Semper. 1877 wechselt er<br />

an die Ecole des Beaux-Arts in Paris <strong>und</strong> arbeitet anschliessend im Büro des<br />

<strong>Architekten</strong> Henri Dubois. Während seines siebenjährigen Parisaufenthaltes trifft<br />

Dorer seinen späteren Geschäftspartner Adolf Füchslin, der seine Studien an<br />

denselben Architekturschulen wie Dorer absolviert hat.<br />

Um 1890 erfolgt die Gründung des Architekturbüros Dorer & Füchslin mit Sitz in<br />

Baden <strong>und</strong> Zürich. <strong>Das</strong> vielseitige Werk des Büros umfasst sowohl Privatobjekte als<br />

auch öffentliche Bauten. Lassen sich anfänglich noch spätklassizistische Züge<br />

erkennen, überwiegt bei den öffentlichen Bauten ab 1900 die Formensprache des<br />

Historismus. Nach der Jahrh<strong>und</strong>ertwende verwenden Dorer <strong>und</strong> Füchslin vermehrt<br />

auch Elemente des Jugendstils <strong>und</strong> des Heimatstils.<br />

Gerade in den frühen Jahren ist die Beteiligung <strong>und</strong> der Erfolg an Wettbewerben für<br />

öffentliche Bauvorhaben bemerkenswert: 1889 erhalten sie beim Wettbewerb für<br />

zwei neue Realschulhäuser der Stadt St. Gallen den 2. Preis, für ihren Entwurf eines<br />

Nationalmuseums in Bern ebenfalls den 2. Preis (beide nicht ausgeführt) sowie den<br />

3. Preis für ihr zur Ausführung bestimmtes Projekt des <strong>Eidgenössische</strong>n <strong>Telegraphen</strong>amtes<br />

in Bern. 1891 werden sie als Gewinner des 1. Preises mit der Ausführung des<br />

Technikums in Burgdorf beauftragt <strong>und</strong> 1896–99 errichten sie das <strong>Eidgenössische</strong><br />

Post-, <strong>Telegraphen</strong>- <strong>und</strong> Telephongebäude in Winterthur nach Überarbeitung ihres<br />

viertplatzierten Projektes.<br />

Nach 1900 realisieren Dorer & Füchslin nebst Privatobjekten weitere öffentliche<br />

Bauten: das Primarschulhaus Ländli, das Städtische Krankenhaus <strong>und</strong> die Synagoge<br />

in Baden, den chirurgischen Pavillon des Kantonsspitals in Aarau sowie die Klinik<br />

Barmelweid. Die zahlreichen Aufträge der öffentlichen Hand sowie die Berufungen<br />

in Wettbewerbjurys zeugen von der hohen Wertschätzung der beiden <strong>Architekten</strong>.<br />

11


Die städtebauliche Entwicklung<br />

Stadt Bern, Matthäus Merian 1635<br />

Die Situation bis 1830<br />

Die städtebauliche Entwicklung an der Speichergasse/Hodlerstrasse in Bern lässt sich<br />

anhand von historischem Planmaterial bis ins 17. Jahrh<strong>und</strong>ert zurückverfolgen. Der<br />

Plan von Matthäus Merian zeigt den Zustand der Stadt Bern um 1635. Die Altstadt ist<br />

durch die mittelalterliche Stadtmauer mit ihren Stadttoren <strong>und</strong> Wehrtürmen gegen<br />

Westen abgeschlossen. Die sternförmige Schanzenanlage war im Rahmen des Dreissigjährigen<br />

Krieges zur besseren Befestigung der Stadt errichtet worden.<br />

Die Ausdehnung der Stadt Bern bleibt bis zur Schleifung der Befestigungsanlagen um<br />

1830 weitgehend unverändert. Die spätere Genfergasse verläuft in wesentlichen Zügen<br />

innerhalb der Stadtmauer. Die Parzelle Speichergasse/Hodlerstrasse weist Gärten <strong>und</strong><br />

eine spärliche Randbebauung auf (rot eingekreist).<br />

12


Kunstmuseum 1876–78<br />

<strong>Telegraphen</strong>gebäude 1891–93<br />

Städtebauliche Situation von 1891–1936<br />

Die Gründerjahre<br />

Nach der Abtragung der Befestigungsanlagen erfolgt die Ausdehnung der Stadt<br />

Richtung Westen. In den 1870er-Jahren setzt auch im Bereich Speichergasse/Hodlerstrasse<br />

eine rege Bautätigkeit ein. <strong>Das</strong> bis anhin durch Kleinbauten <strong>und</strong> Gärten<br />

geprägte Quartier entwickelt sich innerhalb weniger Jahre zu einem mit Grossbauten<br />

bestückten Museums- <strong>und</strong> Verwaltungsviertel. Diese öffentlichen Bauten werden<br />

weitgehend im Stil des Historismus formuliert.<br />

<strong>Das</strong> Kunstmuseum an der Hodlerstrasse (damals noch Waisenhausstrasse) wird Ende<br />

der 1870er-Jahre durch Eugen Stettler errichtet. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite<br />

folgt das Naturhistorische Museum, welches 1881 durch Albert Jahn erstellt <strong>und</strong><br />

bereits 1936 wieder abgebrochen wird. <strong>Das</strong> Gymnasium am Waisenhausplatz wird<br />

ebenfalls durch Stettler konzipiert. 1891–93 wird in unmittelbarer Nachbarschaft an<br />

der Speichergasse das <strong>Eidgenössische</strong> <strong>Telegraphen</strong>gebäude durch Dorer & Füchslin errichtet.<br />

Auf dem Situationsplan von 1932 zeigt sich der Zustand der Parzelle zwischen<br />

1891 <strong>und</strong> 1936.<br />

13


heutige Ansicht mit Aufstockung<br />

Gr<strong>und</strong>riss 5. Obergeschoss 1932<br />

Im Zug der Moderne<br />

Nach dem Brand des Mansartdaches des <strong>Telegraphen</strong>gebäudes wird auf dessen<br />

Wiederaufbau verzichtet. 1930–32 erfolgt die Aufstockung des Gebäudes um zwei<br />

gegenüber der Hauptfassade treppenartig zurückversetzte Attikageschosse.<br />

Die Fassaden dieser modernistisch ausgebildeten Geschosse werden in Kunststein<br />

ausgebildet. Beidseitig der Haupterschliessung gliedern sich grosse Säle an, welche<br />

als Zeichensäle <strong>und</strong> Plandruckereien genutzt wurden. Die Attikageschosse weisen<br />

eine Stützen-Unterzugkonstruktion in Stahlbeton auf.<br />

Die Aufstockung betont die Horizontale stark. Leider ging mit dem Brand des<br />

Mansartdaches <strong>und</strong> des Ecktürmchens die Leichtigkeit der vertikal gegliederten<br />

Fassade verloren, welche auf historischen Fotografien noch zu erkennen ist.<br />

14


Erweiterung Hodlerstrasse 1940–42<br />

Situation 2008<br />

Die Erweiterungsbauten (1940–42) der Ober-<strong>Telegraphen</strong>-Direktion an der Hodlerstrasse<br />

5 sind formal dem Neuen Bauen verpflichtet. Als Projektverfasser zeichnet<br />

das <strong>Architekten</strong>kollektiv Steffen Päder Jenny, Bern. Die beiden, entsprechend dem<br />

Verlauf der Genfergasse leicht gekrümmten Gebäudeflügel richten sich symmetrisch<br />

auf das Kunstmuseum an der Hodlerstrasse aus. Den eingeschossigen, brückenartig<br />

ausgebildeten Verbindungsbau ziert ein Fassadenrelief. Im Rahmen der Erweiterung<br />

des Gebäudeensembles wurde der Innenhof um ein Geschoss auf das Niveau der<br />

Hodlerstrasse abgetieft.<br />

15


Bern als junge B<strong>und</strong>esstadt<br />

B<strong>und</strong>eshäuser 1857–1902<br />

Bahnhof 1858<br />

Hochschule 1903<br />

Die oberen Altstadtbereiche erfahren ab 1850 in der Folge der Wahl Berns zur B<strong>und</strong>eshauptstadt<br />

grossräumige Veränderungen. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges<br />

setzt westwärts des Zytgloggeturmes eine dynamische Entwicklung der Stadt ein.<br />

Im Zeitraum von 1857 bis 1914 werden in der jungen B<strong>und</strong>esstadt Verwaltungs- <strong>und</strong><br />

Infrastrukturbauten in beeindruckendem Umfang erstellt: die B<strong>und</strong>eshäuser West,<br />

Ost <strong>und</strong> das Parlamentsgebäude, der Bahnhof, die Eisenbahn-, Kirchenfeld- <strong>und</strong> Kornhausbrücke,<br />

das <strong>Telegraphen</strong>amt, die Militäranstalten <strong>und</strong> der Schlachthof sowie das<br />

Frauen- <strong>und</strong> das neue Inselspital.<br />

Auch Bildung <strong>und</strong> Kultur erhalten ihre Bauten: Die Hochschule <strong>und</strong> das Gymnasium,<br />

das Kunstmuseum, das Historische <strong>und</strong> das Naturhistorische Museum, das Stadttheater<br />

<strong>und</strong> das Casino werden feierlich eingeweiht. <strong>Das</strong> Geschäftszentrum konzentriert sich<br />

nun in Bahnhofsnähe zwischen Zytglogge <strong>und</strong> Bubenbergplatz. Neben den eigentlichen<br />

Warenhäusern entstehen auch grosszügige Passagen <strong>und</strong> Ladeneinrichtungen.<br />

Die Wasserversorgung der Haushalte wird ab 1869 möglich, später werden ein Gas<strong>und</strong><br />

ein Elektrizitätswerk erstellt. Seit 1890 verändern auch verkehrstechnische<br />

Neuerungen das Leben in der Altstadt: Die neu erstellten Trambahnlinien ermöglichen<br />

der Bevölkerung die Bewältigung grösserer Distanzen innert kürzester Zeit.<br />

Im der unmittelbaren Nähe des Bahnhofes <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>eratshauses entstehen ab<br />

1860 durch die beiden Berner Baugesellschaften grosszügige Wohnüberbauungen.<br />

Zu den ersten Bewohnern zählen mehrheitlich B<strong>und</strong>esbeamte. Diese von der 1. <strong>und</strong><br />

2. Baugesellschaft realisierten Bebauungen weisen einen einheitlichen, additiven<br />

Charakter auf <strong>und</strong> setzen als repräsentative Boulevards neue Massstäbe im Stadtbild<br />

(B<strong>und</strong>esgasse, B<strong>und</strong>esplatz, Bubenbergplatz, Hirschengraben).<br />

Der unerwartete Ausbruch des Ersten Weltkrieges <strong>und</strong> die darauf folgende<br />

wirtschaftliche Unsicherheit bedeuten einen jähen Einbruch der florierenden<br />

Stadtentwicklung Berns.<br />

16


Die Moderne in Bern<br />

Lory-Spital 1929<br />

SUVA-Gebäude 1932<br />

Gewerbeschule 1939<br />

Die Kriegszeit erschüttert das Bewusstsein <strong>und</strong> das Selbstverständnis der Gesellschaft<br />

Europas gr<strong>und</strong>legend. Formal zeichnen sich eine Ablösung von der retrospektiven<br />

Haltung des Historismus <strong>und</strong> die Suche nach einer neuen Formensprache ab. Gleichzeitig<br />

eröffnet die Entwicklung des Stahlbetonbaus völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten.<br />

In Bern wird das Neue Bauen am Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts vor allem durch<br />

die <strong>Architekten</strong> Otto Rudolf Salvisberg, Hans Weiss <strong>und</strong> Hans Brechbühler geprägt.<br />

Otto Rudolf Salvisberg<br />

Den 1882 in Köniz geborenen <strong>und</strong> am Technikum in Biel ausgebildeten Otto Rudolf<br />

Salvisberg führen seine beruflichen Anfangsjahre vorerst nach Berlin. In den Zwanzigerjahren<br />

ist er an zwei avantgardistischen Grossprojekten, den Grosssiedlungen<br />

Onkel Toms Hütte <strong>und</strong> Weisse Stadt, beteiligt.<br />

1929 übernimmt er eine Professur an der ETH Zürich <strong>und</strong> kann zusammen mit seinem<br />

Berner Partner Otto Brechbühl das mit einer Stahlbeton-Struktur ausgeführte Lory-<br />

Spital realisieren. 1930 wird das nun gänzlich im Geist des Neuen Bauens konzipierte<br />

Säuglings- <strong>und</strong> Mütterheim in der Elfenau fertiggestellt. Wenig später gewinnen<br />

Salvisberg <strong>und</strong> Brechbühl ihren dritten Berner Wettbewerb: <strong>Das</strong> Gebäude für die fünf<br />

Universitätsinstitute wird als über 200 Meter langes Volumen in Sichtbeton ausgeführt.<br />

Salvisbergs vierter bedeutender Berner Bau ist das elegant geschwungene<br />

SUVA-Haus (1930–31) an der Laupenstrasse.<br />

Hans Weiss<br />

<strong>Das</strong> Meer-Haus an der Effingerstrasse gilt zur Zeit seiner Entstehung als das modernste<br />

Geschäftshaus in der Stadt Bern. Hans Weiss, 1894 in Bern geboren, hatte an der ETH<br />

Zürich Architektur studiert <strong>und</strong> bei Karl Moser diplomiert, bevor er in Bern sein eigenes<br />

Büro eröffnet. In den 1930er-Jahren kann Weiss weitere Objekte im Geist des Neuen<br />

Bauens realisieren. <strong>Das</strong> Projekt, mit dem sich Weiss wohl am längsten befasst, ist die<br />

Sanierung der Altstadt – die Konzepte bleiben jedoch weitgehend unrealisiert.<br />

Hans Brechbühler<br />

Wenn es ein Gebäude gibt, das in Bern den Durchbruch der Moderne darstellt, so ist<br />

es die Gewerbeschule von Hans Brechbühler am nördlichen Kopf der Lorrainebrücke.<br />

Der in Bern geborene Brechbühler hatte an der ETH Zürich <strong>und</strong> der Technischen Hochschule<br />

in Berlin-Charlottenburg studiert, um dann während seines siebenmonatigen<br />

Aufenthaltes im Büro von Le Corbusier in Paris prägende Einflüsse zu erhalten.<br />

Der junge Architekt gewinnt 1935 den Wettbewerb für die Gewerbeschule in Bern.<br />

Bedeutend ist der Bau in mehrfacher Hinsicht: als Kombination von Schule <strong>und</strong> Lehrwerkstätten<br />

<strong>und</strong> als städtebaulich exponiertes Gebäude. Le Corbusiers Programm, die<br />

«cinq points», setzt der junge Architekt in überzeugender <strong>und</strong> eigenständiger Weise um.<br />

17


Die Erweiterung des O.T.D.-Gebäudes<br />

Haupttreppenhaus<br />

Die Liegenschaft der O.T.D. (Ober-<strong>Telegraphen</strong>-Direktion) wird 1940–42 im Auftrag<br />

der Direktion der <strong>Eidgenössische</strong>n Bauten um die Flügel Ost <strong>und</strong> West sowie den<br />

dazwischen liegenden Verbindungsbau Richtung Hodlerstrasse erweitert. Als Projektverfasser<br />

zeichnet das <strong>Architekten</strong>kollektiv Steffen Päder Jenny, Bern. Die Tragstruktur<br />

wurde vom Ingenieur <strong>und</strong> Brückenbauer Robert Maillart entworfen.<br />

Die Erweiterungsbauten, obwohl kaum 50 Jahre jünger als der Bau an der Speichergasse,<br />

manifestieren den zwischenzeitlichen Wandel des gesellschaftlichen Bewusstseins<br />

<strong>und</strong> der bautechnischen Möglichkeiten in eindrücklicher Weise: hier der<br />

historisierend reich verzierte Hauptbau, da die Flügelbauten im puristischen Ausdruck<br />

der Moderne, Stahlbeton-Bauten in zurückhaltend präziser Materialisierung <strong>und</strong><br />

Detaillierung.<br />

Der Entwurf sieht zwei nutzungsneutrale, zweispännige Bürobauten vor, die, aufgr<strong>und</strong><br />

der Parzellengeometrie leicht gebogen, rechtwinklig zur Hodlerstrasse stehen. Stirnseitig<br />

bilden die axialen Treppenanlagen den Kopf der Gebäude. Ein Quertrakt<br />

im ersten Obergeschoss verbindet die beiden Flügelbauten auf der Nordseite. Die<br />

Neubauten sind als Skelettbauten konzipiert <strong>und</strong> richten sich symmetrisch auf die<br />

Fassade des gegenüberliegenden Kunstmuseums aus.<br />

Die Flügelbauten bringen formal den Geist des Neuen Bauens zum Ausdruck. Die<br />

strassenseitigen Fassaden sind mit vorgehängten, schmucklosen Sandsteinplatten,<br />

die hofseitigen Fassaden mit Kunststein verkleidet. Der strassenseitige Sockel ist mit<br />

bossierten Granitquadern ausgebildet.<br />

An den Stirnseiten der Flügel sind die Treppenhäuser durch gläsern ausgefachte Betonelemente<br />

gekennzeichnet. Die Materialisierung <strong>und</strong> Detaillierung der Erschliessungen<br />

ist edel <strong>und</strong> präzise: Granitplatten mit schwarzem Marmorsockel, Staketengeländer<br />

mit Holzhandläufen, die Türen zu den Sitzungszimmern mit Eichenfurnier belegt.<br />

Die verglasten Betonelemente der Fassade erzeugen eine angenehm helle Atmosphäre<br />

in den Treppenhäusern. Die Interieurs der Haupterschliessungen sind im Originalzustand<br />

erhalten.<br />

<strong>Das</strong> Fassadenrelief<br />

Als Fassadenschmuck ist ein Relief des Bildhauers Luigi Zanini über der Hofeinfahrt<br />

angebracht. Inhaltlich ist dieses wohl der «geistigen Landesverteidigung» der Kriegsjahre<br />

zuzuordnen: In idealisierter Weise werden kraftvolle junge Männer mit Pferden<br />

<strong>und</strong> fürsorgliche Eltern mit Kindern dargestellt, welche sich der damals zentralen<br />

Nahrungsmittelversorgung widmen.<br />

18


Tragkonzept von Maillart 1940<br />

Hodlerstrasse 5, Steffen Päder Jenny 1940–42<br />

19


Die Tragkonstruktion<br />

Querschnitt Verbindungsbau Querschnitt Flügel Ost<br />

Die Erweiterungsbauten an der Hodlerstrasse nützen die Möglichkeiten des modernen<br />

Stahlbeton-Skelettbaus. Im Erdgeschoss wurde eine für Maillart typische Pilzdeckenkonstruktion<br />

ausgeführt. In den Obergeschossen liegen einfache Unterzugsdecken in<br />

Gebäudelängsrichtung auf den im Korridorbereich platzierten Stützenreihen. Der Verbindungsbau<br />

mit einer Hohlkörperdecke steht auskragend, ähnlich einem Brückenbau,<br />

auf armierten Betonstützen <strong>und</strong> ist von den beiden Flügelbauten dilatiert.<br />

Während des Zweiten Weltkrieges waren Zement <strong>und</strong> Eisen wegen des herrschenden<br />

Materialmangels rationiert. Die optimierte Tragstruktur der Flügelbauten zeugt vom<br />

ökonomischen Umgang mit den knappen Materialressourcen. Die Errichtung einer<br />

reinen Stahlbeton-Konstruktion in den Kriegsjahren gibt jedoch einen Hinweis<br />

darauf, welche Bedeutung der Erweiterung des <strong>Telegraphen</strong>amtes zugemessen wurde.<br />

Möglicherweise wurden die Neubauten sogar im Rahmen staatlicher Massnahmen zur<br />

Arbeitsbeschaffung erstellt.<br />

20


Der Ingenieur Robert Maillart<br />

Filtergebäude in Rorschach 1912<br />

Der in Bern geborene <strong>und</strong> an der ETH Zürich ausgebildete Ingenieur Robert Maillart<br />

macht sich 1902 in Zürich selbstständig. Die Wirren des Ersten Weltkrieges bringen es<br />

mit sich, dass Maillart, der sich bei Kriegsausbruch in Riga befindet, bis nach der Revolution<br />

in Russland bleibt. 1919 eröffnet er ein Ingenieurbüro in Genf mit Dependancen<br />

in Zürich <strong>und</strong> Bern. <strong>Das</strong> Büro Maillart & Cie. wird vor allem durch seine Brückenbauten<br />

bekannt, so auch durch die zwischen 1928 <strong>und</strong> 1930 erbaute Lorrainebrücke in Bern.<br />

Maillart leistet aber auch als innovativer Hochbauer <strong>und</strong> als Autor wissenschaftlicher<br />

Beiträge Wesentliches zur Entwicklung der Betonbauweise <strong>und</strong> des konstruktiven<br />

Ingenieurbaus. <strong>Das</strong> Büro reüssiert im Hochbau im Speziellen mit Pilzdecken im<br />

Stahlbetonbau.<br />

1940 entwickelt Robert Maillart das Tragkonzept des Stahlbeton-Skelettbaus der<br />

beiden Erweiterungsbauten des O.T.D-Gebäudes an der Hodlerstrasse 5 in Bern.<br />

Noch im gleichen Jahr verstirbt Maillart. <strong>Das</strong> Ingenieurbüro Stettler, Bern, setzt mit<br />

der Ausführung der Bauten das Projekt von Robert Maillart um.<br />

21


Ein Zeuge der Landesverteidigung<br />

Plan Ingenieurbüro Schindler Zürich 1941<br />

Ein Relikt der Kriegsjahre verbirgt sich im Innenhof der Parzelle: ein sogenannter<br />

«Schindlerturm», eine Luftschutzanlage für den Kriegsfall. <strong>Das</strong> Ingenieurbüro<br />

G. Schindler, Zürich, hatte sich auf die Projektierung <strong>und</strong> Erstellung von Schutzanlagen<br />

spezialisiert <strong>und</strong> auch in Bern verschiedene Schutzbauten realisiert.<br />

Der viergeschossige Zylinder mit zentraler Spindeltreppe wird durch drei verwinkelte<br />

Stollen von jedem Gebäudeteil her erschlossen <strong>und</strong> reicht bis 15 Meter unter<br />

das Hofniveau hinab. Die Anlage an der Speichergasse wurde als Kommandozentrale<br />

der PTT für den Kriegsfall ausgerüstet. Interessant ist die Lüftungsanlage, welche von<br />

acht Personen mit Muskelkraft betrieben werden musste. Die Anlage ist stillgelegt,<br />

gibt jedoch mit ihren Ausstattungen <strong>und</strong> Interieurs auch heute noch ein beredtes<br />

Zeugnis der Kriegsjahre ab.<br />

22


Mechanisch betriebene Lüftungsanlage Telefonautomat Fotos: Martin Egger 2006<br />

23


Die innere Verdichtung der Parzelle<br />

Auf den Plänen der PTT von 1943 ist ersichtlich, wie vor allem die Flügelbauten<br />

nach ihrer Erstellung flexibel <strong>und</strong> grossräumig genutzt wurden. Im Laufe der Zeit<br />

erfolgten diverse Umbauten sowie eine unkontrollierte innere Verdichtung der Gebäude<br />

<strong>und</strong> des Innenhofes. In den Aufnahmeplänen von 2005 zeigt sich ein vollständig<br />

verändertes Bild:<br />

Im Mittelbau an der Speichergasse wurde in den 1970er-Jahren im Erdgeschoss<br />

ein Technik-Zwischengeschoss eingezogen, <strong>und</strong> die ursprünglichen Bogenöffnungen<br />

wurden zugemauert. Die Raumhöhe des ehemals fünf Meter hohen, repräsentativen<br />

Geschosses ist damit auf etwa die Hälfte reduziert worden <strong>und</strong> strahlt eine bedrückende<br />

Enge aus. Die originalen Interieurs des Erdgeschosses wurden den Einbauten<br />

geopfert. In den oberen Geschossen sind sämtliche Räume bis auf das<br />

kleinstmögliche Raster unterteilt.<br />

Erdgeschoss Mittelbau <strong>und</strong> 1.Obergeschoss Flügel 1943<br />

24


Die Bürobereiche in den Flügeln Ost <strong>und</strong> West an der Hodlerstrasse sind durch eine<br />

Korridor-Zellenstruktur komplett zugebaut. Die ursprüngliche Grosszügigkeit der<br />

Gebäudestruktur ist aufgr<strong>und</strong> der Einbauten nicht mehr erkennbar.<br />

Im Rahmen der Abtiefung des Innenhofes war 1940 das Kellergeschoss des Mittelbaus<br />

freigelegt worden. Die Proportion der Hoffassade wurde mit diesem Eingriff<br />

empfindlich gestört. Der Innenhof ist durch den Einbau von Garagen <strong>und</strong> Vordächern<br />

weitgehend verbaut <strong>und</strong> weist einen unangenehm schluchtartigen Charakter auf.<br />

Aufnahmeplan Obergeschoss 2005<br />

25


27<br />

Erneuerung<br />

2006–2008


Bauzustände 2007<br />

29


Bauen im historischen Kontext<br />

<strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Gümligen<br />

<strong>Das</strong> denkmalgeschützte Gebäudeensemble Speichergasse 6/Hodlerstrasse 5 wird<br />

2006–2008 nach umfassenden Zustandsbeurteilungen <strong>und</strong> Variantenstudien umgebaut<br />

<strong>und</strong> saniert. Als wesentliche Vorgabe der Bauherrschaft sollen die unabhängige<br />

Nutzung der Gebäudeteile Mittelbau, Flügel Ost <strong>und</strong> Flügel West als Bürobauten<br />

sowie die unabhängige geschossweise Vermietbarkeit erreicht werden.<br />

Mittelbau Speichergasse 6<br />

Die ursprünglich repräsentative Wirkung des Erdgeschosses wird durch den Rückbau<br />

des in den 1970er-Jahren eingefügten Technik-Zwischengeschosses <strong>und</strong> durch die<br />

Auslegung als Konferenzbereich wiederhergestellt. Die Interieurs dieser Zonen werden<br />

neu gestaltet. Die Obergeschosse werden von verunklärenden Wänden befreit. <strong>Das</strong><br />

oberste Attikageschoss kann damit auf die ursprüngliche Raumstruktur der grossen<br />

Zeichensäle zurückgeführt werden. Den heutigen Komfortansprüchen wird durch die<br />

Erneuerung der bestehenden Nasszellen im Bereich West <strong>und</strong> den Einbau von neuen<br />

Nasszellen im Bereich Ost Rechnung getragen. Die wertvollen historischen Ausstattungen<br />

der Erschliessungen <strong>und</strong> der Bürobereiche sowie die originalen Kastenfenster<br />

erfahren eine sorgfältige Sanierung.<br />

Flügel Ost <strong>und</strong> West Hodlerstrasse 5<br />

Die Bürobereiche werden durch den Rückbau späterer Einbauten auf die ursprünglich<br />

flexible Grossraumstruktur zurückgeführt. Einschneidende Eingriffe stellen der<br />

notwendige Einbau von zusätzlichen Fluchttreppenhäusern <strong>und</strong> durchlaufenden<br />

Betonscheiben zur Erdbebenertüchtigung dar. Diese Massnahmen werden koordiniert<br />

<strong>und</strong> lokal konzentriert. Die Nasszellen erfahren eine komplette Erneuerung <strong>und</strong> die<br />

Personenaufzüge aus der Bauzeit werden ersetzt. Dank der sanften Überholung der<br />

weitgehend originalen Interieurs der Haupttreppenhäuser bleibt die ursprüngliche<br />

Wirkung der edlen Materialität erhalten. Mit der Neugestaltung der Eingangsbereiche<br />

an der Hodlerstrasse werden die Flügelbauten als Adresse aufgewertet.<br />

Innenhof<br />

Als augenfälligster Eingriff wird im Kern der Liegenschaft durch das Anheben des<br />

Innenhofes auf das ursprüngliche Niveau der Aussenraum neu gestaltet. Die Proportionen<br />

des Hofes <strong>und</strong> der Hoffassade des Mittelbaus können durch diese Intervention<br />

geklärt werden. Die eingebaute Betondecke ist als «Tisch» in den Hof gestellt <strong>und</strong><br />

durch ein umlaufendes Oblicht-Band von den Fassaden der Flügelbauten abgelöst.<br />

Die Doppelnutzung des Innenhofes wertet die Liegenschaft bedeutend auf: Zur<br />

Hodlerstrasse erschliesst sich eine Einstellhalle <strong>und</strong> auf Niveau Speichergasse<br />

steht den Mietern ein gestalteter Aussenbereich zur Verfügung.<br />

30


Arbeitsmodelle <strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> 2006<br />

31


Projektpläne <strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> 2006<br />

33


Speichergasse 6<br />

Haus der Kantone<br />

<strong>Das</strong> altehrwürdige ehemalige «<strong>Eidgenössische</strong> <strong>Telegraphen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Patentamt</strong>» an der<br />

Speichergasse beherbergt seit 2008 als «Haus der Kantone» die Stabstellen der kantonalen<br />

Direktorenkonferenzen. Die nahezu vollständig erhaltenen <strong>und</strong> sorgfältig<br />

sanierten historistischen Interieurs der Erschliessungs- <strong>und</strong> Bürobereiche des ehemaligen<br />

B<strong>und</strong>esbaus bilden den Rahmen für die heutige interkantonale Zusammenarbeit.<br />

Für den regen Sitzungsbetrieb stehen im Erdgeschoss neu gestaltete, multimedial<br />

ausgestattete Konferenzsäle zur Verfügung. <strong>Das</strong> Farb- <strong>und</strong> Materialkonzept dieser<br />

Zonen entwickelt sich in subtiler Weise aus der vorgef<strong>und</strong>enen historischen Ausstattung<br />

der übrigen Raumbereiche. Themen wie Fenstereinfassungen, Bodenbeläge<br />

oder Leuchtkörper werden aufgenommen <strong>und</strong> in einer zeitgenössischen Formensprache<br />

variiert. Durch die edle Materialität entsteht eine schlichte, grosszügige<br />

Raumatmosphäre.<br />

36


Hodlerstrasse 5<br />

Flügel Ost <strong>und</strong> West<br />

Mit ihrer zurückhaltenden, präzisen Materialisierung <strong>und</strong> Detaillierung geben die<br />

im Geist des Neuen Bauens erstellten Flügel der ehemaligen «Ober-<strong>Telegraphen</strong>-<br />

Direktion» eine gediegene Geschäftsadresse an der Hodlerstrasse ab. Die Bauten<br />

tragen die Handschrift des Ingenieurs <strong>und</strong> Brückenbauers Robert Maillart. Noch<br />

heute beeindruckt die kräftige Tragstuktur der Stahlbeton-Skelettbauten.<br />

Die Bürobereiche der beiden Flügel wurden von jüngeren Einbauten befreit <strong>und</strong> auf<br />

das ursprüngliche Konzept von Grossraumstrukturen zurückgeführt. Dieses flexible<br />

Konzept wird durch die Mieter denn auch in unterschiedlicher Weise genutzt: Die<br />

Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu nimmt mit Glas- <strong>und</strong> Leichtbauwänden eine<br />

Unterteilung in Zellenbüros vor, bei der Treuhandfirma BDO Visura erstreckt sich ein<br />

«open space» über die ganze Länge des Flügels.<br />

38


Der Innenhof als städtische Oase<br />

Moeri Landschaftsarchitekten AG, Bern<br />

«Landschaftsarchitektur des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts ist keine Frage des Stils, sondern<br />

beantwortet die Frage, wie das Umfeld des Menschen zu konzipieren ist.»<br />

aus: Christopher Tunnard «Gärten für Morgen – Entwürfe für das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert»<br />

Der Innenhof wird durch die markanten Fassaden des ehemaligen <strong>Eidgenössische</strong>n<br />

<strong>Telegraphen</strong>gebäudes <strong>und</strong> dessen Erweiterung gebildet. Die historisierenden Fassaden<br />

des ersten Baus von 1893 stehen in einem angenehmen Spannungsverhältnis zu den<br />

Fassaden des Erweiterungsbaus der Moderne von 1942. Die Krümmung der beiden Gebäudeflügel<br />

<strong>und</strong> der eingeschossige Verbindungsbau bewirken eine präzise Ausrichtung<br />

des Hofes auf die Fassade des Kunstmuseums. Von den meisten Büroräumen ergibt<br />

sich dadurch die Sicht auf die reich strukturierte Fassade des Kunstmuseums <strong>und</strong><br />

umgekehrt vom Eingang des Museums an der Hodlerstrasse der Blick in den Innenhof.<br />

Die Architektur der Gebäudefassaden lässt bereits einen interessanten <strong>und</strong> lebendigen<br />

städtischen Innenhof entstehen. Bei der weiteren Hofgestaltung ist also Zurückhaltung<br />

die angebrachte Tugend.<br />

Die neu eingezogene Betondecke im Hof überdeckt eine Parkierungsfläche <strong>und</strong> bildet<br />

eine «künstliche» Gartenfläche – typologisch im Gr<strong>und</strong>e eine grosse Terrasse oder ein<br />

künstlicher Innenhof (hängender Garten). Die Hofgestaltung bildet keine Konkurrenz<br />

zu den architektonisch gut gestalteten Fassaden <strong>und</strong> zum Kunstmuseum. Die «Räumlichkeit»<br />

des Hofes <strong>und</strong> die Beziehung zum Museum genügen sich selber als Gestaltungs-<br />

<strong>und</strong> Erlebnisqualität. Zu üppiges Grün oder zusätzliche Raumstrukturen würden<br />

den Raum stören.<br />

Eine von Fassade zu Fassade angelegte R<strong>und</strong>kiesfläche verleiht dem Hof eine ruhige<br />

Atmosphäre. Die feine Oberflächenstruktur des R<strong>und</strong>kieses bildet in seiner Materialität<br />

einen schönen Kontrast zur Fassadenarchitektur <strong>und</strong> ihren glatten Materialoberflächen.<br />

R<strong>und</strong>e Sitzinseln <strong>und</strong> ein Holzrost bieten den hier arbeitenden <strong>und</strong> lebenden Menschen<br />

die Möglichkeit, sich im Freien aufzuhalten, sich in den Pausen oder in der Mittagszeit<br />

zu erholen. Die Begrünung der Sitzinseln belebt <strong>und</strong> bietet dem Besucher einen angenehm<br />

geschützten Kleinraum. Die neutrale <strong>und</strong> introvertierte Form der Kreise behauptet<br />

auf angenehme Art ihre Selbstständigkeit, ohne die Fassadengeometrie zu stören.<br />

40


41<br />

Projektpläne Moeri Landschaftsarchitekten 2006


Erdbebensicherheit<br />

Nydegger + Finger AG, dipl. Bauingenieure, Bern<br />

Vor 1970 waren in den SIA-Normen keine Artikel für die Bemessung von Gebäuden<br />

bezüglich Erdbeben zu finden. Da sämtliche Gebäudeteile früher erstellt wurden, ist es<br />

praktisch ausgeschlossen, dass das Bauwerk bei der Erstellung auf die Einwirkungen<br />

im Erdbebenfall dimensioniert wurde. Im Rahmen der aktuellen Sanierung wurden<br />

die Gebäudeteile auf ihre Erdbebensicherheit entsprechend den heute gültigen SIA-<br />

Normen untersucht. Durch die Berechnung der Erfüllungsfaktoren α eff (Anteil der Erd-<br />

bebeneinwirkung, welche vom bestehenden Gebäudetragwerk aufgenommen werden<br />

kann) lassen sich die notwendigen Verstärkungsmassnahmen <strong>und</strong> deren Zumutbarkeit/<br />

Verhältnismässigkeit planen bzw. beurteilen.<br />

Als kritisch erwiesen sich besonders die Flügel Ost <strong>und</strong> West, welche als Skelettbauten<br />

weitgehend ohne Horizontalaussteifungen erstellt worden waren. Aus den durchgeführten<br />

Risikoberechnungen <strong>und</strong> Erdbebensimulationen ergab sich, dass in den Flügeln<br />

nicht einmal 10% der normenmässigen Erdbebeneinwirkung durch die Tragstruktur<br />

aufgenommen werden konnte. <strong>Das</strong> SIA-Merkblatt 2018 «Überprüfung bestehender<br />

Gebäude bezüglich Erdbeben» sieht für bestehende Gebäude – bei gegebener Zumut-<br />

barkeit – einen minimalen Wert von 25% vor (Ertüchtigung auf α eff = 0.25). Der<br />

Einbau neuer Stahlbetonwände sowie die Verstärkung bestehender Mauerwerkswände<br />

erwiesen sich als notwendig.<br />

Die erforderlichen Erdbebenertüchtigungs-Massnahmen konnten weitgehend mit den<br />

durch die Brandschutzauflagen geforderten Eingriffen koordiniert werden (zusätzliche<br />

Fluchttreppenhäuser). Die bestehenden Betondecken wurden örtlich ausgeschnitten<br />

<strong>und</strong> mit den neuen, über alle Geschosse durchlaufenden Stahlbeton-Wänden verb<strong>und</strong>en.<br />

Diese wurden im Untergeschoss f<strong>und</strong>iert <strong>und</strong> mit Mikropfählen im Baugr<strong>und</strong><br />

verankert. Zudem wurden im Bereich der beiden bestehenden Treppenanlagen die<br />

bestehenden Mauerwerkswände mit CFK-Lamellen verstärkt.<br />

Konzept der Erdbebenertüchtigungs-Massnahmen (rot)<br />

42


F<strong>und</strong>ationen der Erdbebenwände in Treppenhäusern<br />

Ausführungspläne Nydegger + Finger AG 2006<br />

43


Fachbereich Elektro<br />

Boess + Partner AG, Elektroingenieure, Bern<br />

Durch den Einsatz von neuen Technologien wie KNK/EIB <strong>und</strong> IP-Videogegensprechanlagen<br />

konnte dieses Objekt ohne Weiteres für mehrere Mieter unterteilbar gemacht<br />

werden. Neue Erschliessungskonzepte wurden ausgearbeitet <strong>und</strong> dienten als Gr<strong>und</strong>lage<br />

für anschliessende Mieterausbauten.<br />

Alle Messeinrichtungen Starkstrom wurden erneuert. Damit konnte eine flexiblere<br />

Messbarkeit für Mieter <strong>und</strong> Untermieter erreicht werden. Aus dem bestehenden einen<br />

Gebäudekomplex wurden neu drei separate gebildet, welche alle eigenständig funktionieren<br />

(Speichergasse 6, Hodlerstrasse 5 <strong>und</strong> 5a).<br />

In den neuen Steigzonen wurden die Schwachstrominstallationen erschlossen. Kommunikationsanschlüsse<br />

können von der Schwachstromzentrale aus mit Glasfaser- oder<br />

mit Kupferkabel-Anschlüssen realisiert werden. In einem Schnittstellendokument<br />

wurden die Schnittstellen für alle Installationen im Gr<strong>und</strong>ausbau <strong>und</strong> für alle mieterseitigen<br />

Installationen klar definiert.<br />

Eine grosse Herausforderung war es, alle Mieterwünsche auf gemeinsame Systeme<br />

zu bringen. Durch den Entscheid der Bauherrschaft, KNK/EIB einzusetzen, konnte<br />

ein erster wichtiger Schritt realisiert werden. Es wurde ein übergeordnetes System<br />

aufgebaut, welches für die gesamte Storenanlage, die Licht- <strong>und</strong> die Torsteuerung<br />

eingesetzt werden kann. <strong>Das</strong> ganze Gebäude ist in der Schwachstromzentrale über<br />

IP Gateway an einen Homeserver angeschlossen.<br />

Im Kernbereich der drei Häuser wurde neu eine Einstellhalle eingebaut, welche<br />

über neue Toranlagen <strong>und</strong> eine Video-Gegensprechanlage verfügt. Bei den Eingangsbereichen<br />

können sich Besucher über die IP-Videogegensprechanlage bei dem gewünschten<br />

Empfang melden, von dort aus können Türsteuerungen ausgeführt werden.<br />

44


Die Sicherheit im Objekt wird mit einer neuen Brandmeldeanlage erhöht <strong>und</strong> in der<br />

Variante Vollschutz ausgeführt. Der Brandschutz wird durch die Ausstattung mit Anlagen<br />

zum Rauch- <strong>und</strong> Wärmeabzug, mit einer Ansteuerung der Lüftungsanlage, mit<br />

Steuerungen der Türen wie auch der Liftanlagen wesentlich verbessert. Rettungs- <strong>und</strong><br />

Fluchtwege werden durch eine neue Notlichtanlage sichergestellt.<br />

Durch das erarbeitete Beleuchtungskonzept konnten in Absprache mit der Denkmalpflege<br />

neue Aspekte in der Beleuchtungstechnik realisiert werden. So wird der<br />

denkmalgeschützte Bereich durch zusätzliche Leuchten heller, markante Elemente der<br />

Architektur sind besser beleuchtet. Die Büros werden in den meisten Bereichen durch<br />

Stehlampen beleuchtet, welche durch Sensoren gesteuert werden. Damit kann den<br />

geforderten Stromsparmassnahmen Rechnung getragen werden.<br />

Visualisierung<br />

Durch den Zugriff über einen Weblink kann über das Internet der aktuelle Steuerungszustand<br />

eingesehen <strong>und</strong> können Schaltbefehle ausgeführt werden. Auf der Benutzeroberfläche<br />

ist ersichtlich, ob Beleuchtungskörper eingeschaltet sind. Die Stellung der<br />

Storen <strong>und</strong> der Zustand der Türen können eingesehen werden. Fernprogrammierungen<br />

<strong>und</strong> Wartungen werden auch über diesen Homeserver ausgeführt.<br />

45


Haustechnik<br />

Roschi + Partner AG, HLKS-Planer, Ittigen<br />

Heizungsanlagen<br />

<strong>Das</strong> Gebäude wird wie bisher über das Fernwärmenetz beheizt. Der Fernwärmeanschluss<br />

<strong>und</strong> die Umformer wurden 1996 erstellt <strong>und</strong> sind in einem guten Zustand.<br />

Die bestehenden Gruppenverteiler wurden aufgr<strong>und</strong> des guten Materialzustandes<br />

belassen <strong>und</strong> nur örtlich angepasst. Die einzelnen Heizgruppen wurden neu mit<br />

Wärmezählern ausgerüstet, um eine einfache Heizkostenabrechnung zu gewährleisten.<br />

Die Wärmeverteilung erfolgt über Heizkörper mit Thermostatventilen entlang der Fensterbrüstungen.<br />

Die Wärmeverteilung speist zudem die einzelnen Lüftungsanlagen via<br />

Lufterhitzer mit Pumpenwarmwasser. Die Steuerung/Regulierung der Heizungsanlage<br />

erfolgt über ein MSRL-Leitsystem <strong>und</strong> kann zentral über eine Leitebene gesteuert <strong>und</strong><br />

überwacht werden. Alarme der Heizungsanlagen werden via potentialfreien Kontakt<br />

auf ein externes Alarmierungssystem weitergeleitet.<br />

Lüftungsanlagen<br />

<strong>Das</strong> Gebäude ist durch den motorisierten Verkehr der Umgebung starken Luftbelastungen<br />

ausgesetzt, sodass eine Frischluftzufuhr mit konventioneller Fensterlüftung nicht<br />

ausreicht. Für die Bürogeschosse im West-, Ost- <strong>und</strong> Mittelbau wurden deshalb im<br />

Gr<strong>und</strong>ausbau Lüftungsanlagen vorgesehen, welche bei Mieterausbauten die einzelnen<br />

Geschosse kontrolliert mit Frischluft versorgen. Die Aussenluft wird jeweils über Dach<br />

gefasst <strong>und</strong> zu den einzelnen Monoblocks geführt. Dort wird die Luft filtriert, über<br />

Rotorwärmetauscher mit Temperatur- <strong>und</strong> Feuchterückgewinnung vorkonditioniert<br />

<strong>und</strong> bei Bedarf mittels Lufterhitzer oder Luftkühler nacherwärmt oder gekühlt. Die<br />

aufbereitete Zuluft wird danach in zwei Steigzonen aufgesplittet, damit pro Trakt <strong>und</strong><br />

Geschoss jeweils zwei Zonen (Aussenzone/Innenhofzone) mit Frischluft erschlossen<br />

werden können. Im Gr<strong>und</strong>ausbau wurden die Luftverteilungen in den Geschosszonen<br />

bis Volumenstromregler <strong>und</strong> Schalldämpfer installiert, sodass im Mieterausbau die<br />

individuelle Luftverteilung in den Räumen an das Ausbaukonzept angepasst werden<br />

kann. Die aufbereitete Frischluft dient primär zur Gewährleistung des hygienischen<br />

Aussenluftwechsels, kann aber in den Sommermonaten auch minimale Kühllasten<br />

übernehmen, was zudem gewährleistet, dass die teilweise installierten Quellluftverteilungen<br />

in den Mieterausbauten ganzjährig funktionieren. Durch die installierte<br />

Feuchterückgewinnung über die Monoblock-Rotoren ist zudem gewährleistet, dass<br />

die relative Raumluftfeuchtigkeit auch während der Wintermonate verbessert wird.<br />

Die Anlagen sind als VAV-Anlagen mit drehzahlgeregelten Ventilatoren ausgerüstet,<br />

damit die Luftmengen den individuellen Mieterwünschen angepasst werden können.<br />

Die in den Räumen gefasste Abluft wird zum Lüftungsgerät zurückgeführt, gefiltert,<br />

über die Wärme- <strong>und</strong> Feuchtigkeitsrückgewinnung geführt <strong>und</strong> als Fortluft über Dach<br />

ins Freie befördert.<br />

46


Für die Nasszellenbereiche im West- <strong>und</strong> im Ostflügel wurden separate Lüftungsanlagen<br />

mit Plattentauscher-Wärmerückgewinnung installiert. Die Luftverteilung erfolgt<br />

über Zu- <strong>und</strong> Ablufttellerventile, welche mechanisch über Bewegungsmelder ein- bzw.<br />

ausgeschaltet werden. Die Fortluft wird über Dach geführt. Für die Lagerbereiche im<br />

Untergeschoss sind zwei separate Lüftungsanlagen mit Plattentauscher-Wärmerückgewinnung<br />

installiert worden. Die Luftverteilung erfolgt mittels Gitteraus- <strong>und</strong> Einlässen<br />

<strong>und</strong> dient primär zur Verhinderung von Geruchsbildungen. Die im Innenhof neu überdachte<br />

Autoeinstellhalle wurde mit einer CO-Überwachungsanlage ausgerüstet.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich können alle installierten Lüftungsanlagen über das übergeordnete<br />

MSRL-Leitsystem mittels Zeitschaltprogramm individuell ein- <strong>und</strong> ausgeschaltet<br />

werden. Alarme der Lüftungsanlagen werden via potentialfreien Kontakt auf ein<br />

externes Alarmierungssystem weitergeleitet.<br />

Kälteanlagen<br />

Die bestehende Kälteanlage, welche primär zur Klimatisierung von technischen<br />

Räumen diente, wurde durch eine neue Kältemaschine ersetzt. Die bestehende<br />

Rückkühlung auf dem Dach wurde weiterverwendet <strong>und</strong> mit zwei neuen Rückkühlelementen<br />

ergänzt. Die erzeugte Kälte dient grösstenteils zur Vorkonditionierung<br />

der Lüftungsanlagen im Sommer. Sie wird aber auch als Bandlast für mieterseitig<br />

installierte Serverräume in den Geschossen verwendet. Hierzu wurde im Gr<strong>und</strong>ausbau<br />

für jeden Trakt in jedem Geschoss ein Kältesteigstrang vorgesehen, an dem der Mieter<br />

nach seinen Bedürfnissen anschliessen kann. Die Steuerung/Regulierung der Kälteanlage<br />

erfolgt über ein MSRL-Leitsystem <strong>und</strong> kann zentral über eine Leitebene gesteuert<br />

<strong>und</strong> überwacht werden. Alarme der Kälteanlagen werden via potentialfreien Kontakt<br />

auf ein externes Alarmierungssystem weitergeleitet.<br />

Sanitäranlagen<br />

Die Kanalisation wurde mittels Auftragen von Kunstharz (Inlining) saniert <strong>und</strong><br />

teilweise an die neuen Gegebenheiten angepasst. Für das Dachwasser wurden neue<br />

Fallstränge in den innen liegenden Steigzonen installiert. Im ganzen Gebäude wurden<br />

die Standorte der Feuerlöschposten neu positioniert <strong>und</strong> mit Schlauch <strong>und</strong> Handfeuerlöscher<br />

ausgestattet. Jeweils am Kopfende des West- <strong>und</strong> Ostflügels wurden<br />

pro Geschoss neue WC-Anlagen vorgesehen. Die bestehenden WC-Anlagen im<br />

Mittelbau wurden komplett ersetzt. Die Warm- <strong>und</strong> Kaltwasserversorgung erfolgt<br />

zentral mittels Ringleitung im Untergeschoss. Von dort werden die einzelnen Steigzonen<br />

in den Trakten gespiesen. Für die bepflanzten Sitzinseln im Innenhof wurde<br />

ein Bewässerungssystem installiert.<br />

47


49<br />

Anhang


Bauetappen <strong>und</strong> Eigentumsverhältnisse<br />

1889–90<br />

1891–93<br />

1930–32<br />

1936<br />

1940–42<br />

1994–96<br />

1998<br />

2001<br />

2006–08<br />

Erwerb des Gr<strong>und</strong>stückes Speichergasse 6 in Bern durch die Schweizerische Eidgenos-<br />

senschaft <strong>und</strong> Auslobung eines Architekturwettbewerbes für einen Verwaltungsbau<br />

Erstellung des <strong>Eidgenössische</strong>n <strong>Telegraphen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Patentamt</strong>es an der Speichergasse 6<br />

durch die <strong>Architekten</strong> Dorer & Füchslin, Baden, im Auftrag der Direktion der <strong>Eidgenössische</strong>n<br />

Bauten<br />

Dachstockbrand an der Speichergasse 6 <strong>und</strong> Aufstockung um zwei Attikageschosse<br />

Abbruch des Naturhistorischen Museums an der Hodlerstrasse<br />

Erstellung der Erweiterungsbauten Flügel Ost <strong>und</strong> West mit Verbindungsbau an der<br />

Hodlerstrasse 5 durch das <strong>Architekten</strong>kollektiv Päder Jenny Steffen, Bern, im Auftrag<br />

der Direktion der <strong>Eidgenössische</strong>n Bauten. Abtiefung des Innenhofes auf Niveau<br />

Hodlerstrasse<br />

Sanierung der Fassaden aller Gebäudeteile<br />

Verkauf der Liegenschaft an die Swisscom Immobilien Investment AG<br />

Verkauf der Liegenschaft an die Winterthur Leben AG, Winterthur<br />

2008 Umbenennung in AXA Winterthur AG<br />

Totalsanierung der Liegenschaft mit Überbauung des Innenhofes<br />

durch <strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Bern<br />

50


Bauherrschaft <strong>und</strong> Planerteam<br />

der Erneuerung 2006–2008<br />

Eigentümerin <strong>und</strong> Bauherrschaft Gr<strong>und</strong>ausbau<br />

AXA Winterthur AG, Winterthur<br />

Bewirtschaftung<br />

Wincasa AG, Immobilien-Dienstleistungen, Bern<br />

Bauherrschaft Mieterausbau Mittelbau<br />

«Haus der Kantone»<br />

ch Stiftung c/o Konferenzen der Kantone, Bern<br />

Bauherrschaft Mieterausbau Flügel West<br />

bfu Beratungsstelle für Unfallverhütung, Bern<br />

Bauherrschaften Mieterausbau Flügel Ost<br />

Amstein + Walthert Ingenieure AG, Bern<br />

BDO Visura, Bern<br />

Generalplaner<br />

<strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Feldstrasse 30, Gümligen<br />

Bauingenieur<br />

Nydegger + Finger AG, Klaraweg 1, Bern<br />

Elektroplanung<br />

Boess + Partner AG, Wankdorffeldstrasse 64, Bern<br />

Beleuchtungsplanung<br />

Büro Licht S+B AG, Hinterer Schermenweg 44, Ittigen<br />

HLKS-Planung<br />

Roschi + Partner AG, Schermenwaldstrasse 10, Ittigen<br />

Bauphysiker<br />

Grolim<strong>und</strong> & Partner AG, Thunstrasse 101a, Bern<br />

Landschaftsarchitekt<br />

Moeri & Partner AG, Marktgasse 19, Bern<br />

51


Kennzahlen der Erneuerung 2006–2008<br />

Mittelbau<br />

Flügel Ost<br />

Flügel West<br />

Zustandsbeurteilung<br />

Vorprojekte<br />

Baueingabe<br />

Baubeginn<br />

Fertigstellung Gr<strong>und</strong>ausbau<br />

Termine<br />

Termine<br />

Termine<br />

Gr<strong>und</strong>ausbau<br />

Flächen<br />

Geschossfläche 7‘640 m ² (ohne UG) 36‘720 m 3 /SIA<br />

Geschossfläche 4‘900 m ² (ohne UG) 18‘650 m 3 /SIA<br />

Geschossfläche 3‘600 m ² (ohne UG) 13‘920 m 3 /SIA<br />

Termine<br />

Januar/Februar 2006<br />

März–Juni 2006<br />

August 2006<br />

Januar 2007<br />

Herbst/Winter 2007<br />

Mieterausbau Flügel West<br />

September 2007–März 2008<br />

Mieterausbauten Flügel Ost<br />

November 2007–Juli 2008<br />

Mieterausbau Mittelbau<br />

Februar 2008–Juli 2008<br />

52


Quellen<br />

Literatur<br />

Bildnachweise<br />

historisches Planmaterial<br />

Adam, Hubertus, ArchitekturKultur in Bern, Zürich, 2007<br />

<strong>Eidgenössische</strong>s Departement des Innern, ISOS Inventar der schützenswerten<br />

Ortsbilder der Schweiz, Bern Stadt, Band 3, Bern, 2005<br />

Fischer, Michael, Bericht Restaurator, Bern, 2006<br />

Gesellschaft für Ingenieurbaukunst, Robert Maillart – Betonvirtuose, Zürich, 1996<br />

Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, INSA Inventar der Neueren<br />

Schweizer Architektur, Sonderpublikation Bern aus Band 2, Zürich, 2003<br />

Hofer, Paul, Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bern Stadt, Band 1, Basel, 1952<br />

Rucki, Isabelle, <strong>und</strong> Huber, Dorothee, <strong>Architekten</strong>lexikon der Schweiz, Basel, 1998<br />

<strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Zustandserfassungen, Bern, 2006<br />

Fotodokumentationen: imbild Dominique Plüss, Fotografin, Bern<br />

Bilder Zivilschutzanlage: Martin Egger, Bern<br />

Bild <strong>Telegraphen</strong>amt 1895: Archiv Zentralbibliothek Zürich<br />

Archiv <strong>Rykart</strong> <strong>Architekten</strong> AG, Gümligen<br />

Baueingabe Speichergasse 6 Bern, 1891, Planarchiv Stadt Bern<br />

Baueingabe Speichergasse 6 Bern, 1932, Planarchiv Stadt Bern<br />

Projektpläne Hodlerstrasse 5 Bern, Steffen Päder Jenny, 1940, Objektarchiv<br />

Projektpläne Hodlerstrasse 5 Bern, Ingenieurbüro Maillart, 1940, Objektarchiv<br />

Ausführungspläne Hodlerstrasse 5 Bern, Ingenieurbüro Stettler, 1940, Objektarchiv<br />

Projektpläne Zivilschutzanlage, Ingenieurbüro Schindler Zürich, 1940, Objektarchiv<br />

Belegungspläne PTT, 1943, Objektarchiv<br />

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