Hilde Umdasch, Bellaflora - ifte
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ENTREPRENEUR
EINE VIELSEITIGE UNTERNEHMERIN<br />
„Ihre Spezies ist so selten wie eine Hummel am Nordpol“,<br />
so wurde <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong> vor einigen Jahren von einem<br />
prominenten österreichischen Wirtschaftsmagazin beschrieben.<br />
Frauen in hohen Führungspositionen – und diese<br />
Tatsache war damit gemeint – sind allerdings auch heutzutage<br />
in österreichischen Unternehmen noch eine<br />
ziemlich seltene Gattung.<br />
Ohne Zweifel gehört <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong> auf diesem Sektor<br />
zu den Pionierinnen in Österreich, stieg sie doch schon<br />
im zarten Alter von 24 Jahren in das elterliche Unternehmen<br />
– die <strong>Umdasch</strong>-Gruppe, ein auf Schalungstechnik<br />
und Ladenbau spezialisierter, extrem expandierender Betrieb<br />
ein. Das war 1967. Doch was haben Schalungstechnik<br />
und Ladenbau mit Blumen, Erde und anderem Grünzeug<br />
zu tun? Und was verbindet <strong>Umdasch</strong> mit <strong>Bellaflora</strong><br />
– dem heute mit 20 Filialen österreichweit größten Selbstbedienungsmarkt<br />
im Grünbereich?<br />
Und wie kam es, dass eine ohnehin viel beschäftigte Businesswoman<br />
Zeit und Muse finden konnte, neben ihren<br />
vielfältigen Aufgaben ein neues Unternehmen so erfolgreich<br />
aus dem Boden zu stampfen?<br />
LADENBAU, SCHALUNGSTECHNIK<br />
UND BLUMEN?<br />
ENTREPRENEUR<br />
Pflanz dir Freude ins Leben –<br />
<strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong>,<br />
<strong>Bellaflora</strong><br />
„Bei uns hat es nicht viel anderes<br />
gegeben als die Firma. Sie war<br />
von jeher für meinen Bruder und<br />
mich auch Teil unserer Familie.“<br />
<strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong><br />
Um diese Entwicklung besser zu verstehen, muss man<br />
kurz das nicht unwesentliche Umfeld der Aufsichtsratsvorsitzenden<br />
und Frau Kommerzialrat <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong><br />
beleuchten.<br />
Doka, „die Schalungstechniker“ und <strong>Umdasch</strong>-Ladenbaugruppe<br />
ging aus einem 1868 gegründeten Zimmerei-<br />
und Sägewerkbetrieb hervor. Vater <strong>Umdasch</strong> hatte aus<br />
einem Klein- und später Mittelbetrieb trotz Kriegen, Zerstörung,<br />
Weltwirtschaftskrisen und Wiederaufbau ein<br />
internationales Unternehmen gemacht.<br />
„Bei uns hat es nicht viel anderes gegeben als die Firma.<br />
Sie war von jeher für meinen Bruder und mich auch<br />
Teil unserer Familie“, erzählt <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong>, die nach<br />
Sprachstudien und „einem kurzen Ausflug in die Lehrerei“,<br />
wie sie es nennt, bald an der Seite ihres Vaters die Geschicke<br />
der Firma leitete. Als seine Assistentin gewann sie<br />
Einblick in sämtliche Belange, bereiste alle Länder, in denen<br />
die Firma Filialen hatte. So wuchs sie mit der Zeit immer<br />
mehr in ihre Aufgabe hinein und übernahm schrittweise<br />
Führungspositionen im Bereich der<br />
Geschäftsleitung – anfangs im Personal- und Ausbildungswesen,<br />
später auch im Finanzwesen. Währenddessen<br />
leitete ihr Bruder die Niederlassung des Unternehmens<br />
in Deutschland.<br />
Nach dem Tod des Vaters übernahm <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong> Anfang<br />
der neunziger Jahre die Funktion der Vorsitzenden des<br />
Vorstandes und leitete eine zukunftsorientierte Umstrukturierung<br />
ein. Unter ihrer Ägide wurde das Unternehmen,<br />
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ENTREPRENEUR<br />
„Es war ganz einfach der Wille, etwas Neues, etwas Eigenes auf<br />
die Beine zu stellen. Es ist doch etwas ganz anderes, wenn man in ein<br />
Familienunternehmen hineinkommt und dort Aufgaben übernimmt.<br />
Und wieder etwas ganz anderes ist es, selbst ein Unternehmen<br />
aufzubauen. Das war eigentlich das Faszinierende daran.“ <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong><br />
das sich stets aktiv für den Umweltschutz einsetzte und dies<br />
immer noch tut, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der<br />
Umsatz der Doka-Gruppe erreicht jährlich fast 400 Millionen<br />
Euro, jener der Ladenbausparte kommt auf 140 Millionen<br />
Euro. Beide Firmen haben Niederlassungen in aller<br />
Welt und beschäftigen über 4000 Mitarbeiter.<br />
DER GRÜNE RIESE DER ETWAS<br />
ANDEREN ART<br />
Dass trotz all dieser Aufgaben noch Zeit blieb, sich ein weiteres<br />
Standbein zu schaffen, ist kaum zu glauben. Was sie<br />
dazu bewegte, <strong>Bellaflora</strong> zu gründen und so energisch<br />
hochzupuschen beschreibt die Vollblutunternehmerin so:<br />
„Es war ganz einfach der Wille, etwas Neues, etwas Eigenes<br />
auf die Beine zu stellen. Es ist doch etwas ganz anderes,<br />
wenn man in ein Familienunternehmen hineinkommt<br />
und dort Aufgaben übernimmt. Und wieder etwas ganz<br />
anderes ist es, selbst ein Unternehmen aufzubauen. Das<br />
war eigentlich das Faszinierende daran.“<br />
Faszinierend ist auch der Zufall, aus dem die Idee geboren<br />
wurde. Nämlich folgender: Die Familie war es gewohnt,<br />
in einem großen Garten zu leben und ihn auch liebevoll<br />
zu pflegen, was sich scheinbar herumgesprochen<br />
hatte. Eines schönen Tages trat ein Ehepaar auf seiner Suche<br />
nach Geldgebern an die Familie <strong>Umdasch</strong> mit der Bitte<br />
heran, sich an ihrem Gartencenter mit Rat und Tat sowie<br />
Barem zu beteiligen. Man sagte zu und machte sich<br />
gemeinsam an die Arbeit: Eine Gartenhütte diente als Büro,<br />
ein Geräteschuppen als Besprechungsraum – anno<br />
1978 in Linz. Mit Ballonfahrten wurde für den ersten<br />
„Grünen Supermarkt“ geworben.<br />
Supermärkte gab es damals zwar im Lebensmittelbereich<br />
en masse, kleinere und größere Gärtnereien ebenso,<br />
aber eben noch keinen Selbstbedienungsmarkt für Blumen<br />
und alles was dazugehört.<br />
DER ERSTE SUPER-SELBSTBEDIENUNGS-<br />
MARKT FÜR BLUMEN<br />
Die Idee schlug ein und es dauerte nicht lange, da wurde<br />
die Expansion in Angriff genommen. Die anfänglichen<br />
Teilhaber stiegen aus, fortan werkte <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong> allein<br />
weiter. 1986 erfolgte der Spatenstich für das erste große<br />
<strong>Bellaflora</strong>-Gartencenter in Wels.<br />
Innerhalb von zwei Jahren wurden weitere vier Märkte errichtet<br />
und der Werbeslogan, der bis heute im Ohr klingt – „die<br />
grüne Nummer eins“ – kreiert. Ohne gelungenem Marketing<br />
und Werbung ging aber auch hier nichts: So gab es bereits 1986<br />
Tagesbilligstpreise oder eine Rotpunktaktion. Maßnahmen,<br />
die mittlerweile quer durch alle Handelssparten Nachahmer<br />
gefunden haben. Später sorgten mittels Räder beweglich gemachte<br />
Pflanzenskulpturen für Aufsehen.<br />
Um die Erdverbundenheit zu betonen, wurde auch ein<br />
Fußballteam <strong>Bellaflora</strong> gegründet mit Maskottchen Tommy,<br />
einem Langhaardackel, dem „Wachhund“ der Linzer<br />
<strong>Bellaflora</strong>-Zentrale. „All diese Aktionen sorgten für eine<br />
immer enger werdende Kundenbindung“, erzählt <strong>Hilde</strong><br />
<strong>Umdasch</strong>. Bald war <strong>Bellaflora</strong> in aller Munde, die Neuheit<br />
sprach sich rasch herum. Immer mehr Hobbygärtner<br />
wollten sich die Pflanzen selbst aus dem Regal nehmen,<br />
von denen sich herumgesprochen hatte, dass sie nicht nur<br />
günstig, sondern auch qualitativ hochwertig wären.<br />
Mit Beginn der 90er Jahre folgten weitere Eröffnungen<br />
in Wiener Neustadt, Klagenfurt, Feldkirchen bei<br />
Graz. Mittlerweile gibt es 20 Filialen in ganz Österreich,<br />
und eine Auslandsniederlassung bei Rosenheim.<br />
DIE HOHE KUNST DER<br />
SELBSTBESCHRÄNKUNG<br />
Doch auch <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong> ist der Erfolg nicht in den<br />
Schoß gefallen. „So schön diese Branche ist, da man es mit
etwas Lebendem zu tun hat, so schwierig ist es auch, die<br />
richtige Produktpalette rund um die Pflanzen zu finden.“<br />
Es ist leicht, Blumen zu kaufen, aber die Frage war, wie ergänze<br />
ich das Konzept, um saisonunabhängig zu sein, ohne<br />
dabei ein Bauchladen mit Krimskrams zu werden.<br />
„Wir hatten hart mit der sinnvollen Selbstbeschränkung<br />
zu kämpfen – es ist ja so verlockend zu glauben, dass<br />
man mit jedem Artikel ein Geschäft machen kann“, resümiert<br />
sie heute. Doch was passt zum Grünbereich? Neben<br />
Außen- und Innenpflanzen gibt es bei <strong>Bellaflora</strong> natürlich<br />
auch jede Art von Töpfen, Seidenpflanzen oder Dekorationsmaterial<br />
– und das in umfangreicher, kaum gekannter<br />
Auswahl. „Es galt auch dem Kunden zu zeigen, in dem<br />
Sortiment, das wir anbieten, sind wir durchaus kompetent<br />
– und das zu einem vernünftigen Preis. Darin können wir<br />
uns auch gut von unseren Mitbewerbern unterscheiden.“<br />
Wie erfolgreich dieses Konzept in die Tat umgesetzt werden<br />
konnte, beweist ein Blick auf die eindrucksvollen Zahlen:<br />
<strong>Bellaflora</strong> hat mittlerweile 500 Mitarbeiter und schreibt<br />
einen jährlichen Umsatz von rund 70 Millionen Euro.<br />
PFLANZEN SIND EIN<br />
SENSIBLES PRODUKT!<br />
Dennoch ist gerade das Geschäft mit einem lebenden Produkt<br />
ein besonders sensibler Bereich. Pflanzen benötigen<br />
Liebe und intensive Pflege und sie richten ihr Wachstum<br />
und Gedeihen nicht nach prognostizierten Umsatzzahlen.<br />
Die Saisonabhängigkeit ist daher gerade in diesem Geschäft<br />
immer ein gewisser Unsicherheitsfaktor.<br />
Und so machten besonders zu Beginn, als Erfahrungen<br />
noch weitgehend fehlten, Schlechtwetterperioden im Frühling<br />
der Unternehmerin oft einen Strich durch die Rechnung.<br />
Umsatzeinbußen aus dem Frühjahrsgeschäft ließen sich im<br />
Herbst kaum mehr aufholen. Aus diesen Rückschlägen resultierte<br />
schließlich auch die Erweiterung des Sortiments auf<br />
saisonunabhängigere Produkte, wie passende Dekorationsmaterialien<br />
und die Einführung von äußerst lukrativen<br />
Weihnachts- und Adventmärkten bei <strong>Bellaflora</strong>.<br />
Doch auch bei der Wahl des Standortes gab es nicht immer<br />
das Glück, den allerbesten Platz zu bekommen.<br />
FEHLER SIND ERLAUBT –<br />
ABER NUR EINMAL!<br />
Keine Frage also, dass sich die <strong>Bellaflora</strong>-Alleineigentümerin<br />
auch in ihrer Freizeit intensiv ihren eigenen Pflanzen<br />
widmet. Blumen sind zu ihrem großen Hobby gewor-<br />
© <strong>ifte</strong>.at<br />
den. Und <strong>Bellaflora</strong> zu ihrem Kind, wie sie sagt. „Da<br />
hängt schon mein Herzblut daran!“ Auch weil so mancher<br />
dachte, <strong>Bellaflora</strong> wäre nur ein Anhängsel, „sozusagen<br />
eine Spielwiese der Tochter, wo nicht viel verdient<br />
werden würde“. Sie hat ihre Kritiker eines Besseren belehrt.<br />
Denn so glücklich sie auch zu Beginn war, endlich<br />
ein eigenes Unternehmen führen zu können, so sehr<br />
stand von Anfang an außer Frage, dass der Ertrag oberstes<br />
Prinzip sei.<br />
Und Rechnen kann sie! Hätte das Geschäft nichts abgeworfen,<br />
hätte sie es mit Sicherheit kurzerhand geschlossen,<br />
sagt sie heute mit einem energischen Unterton<br />
in der Stimme. Und das glaubt man ihr. Ebenso klar ist<br />
ihre Linie auch, wenn es um den Faktor Mensch geht:<br />
„Natürlich muss man seine Mitarbeiter wie Menschen<br />
behandeln – man kann nicht immer über alle ,drüberfahren‘,<br />
und natürlich muss man auch Rücksicht auf ihre<br />
Gefühle nehmen. Klare Vorgaben und das Einfordern<br />
von Pflichten sind dennoch wichtig. Auch Fehler sind natürlich<br />
erlaubt, sie passieren ganz einfach. Aber sie sollten<br />
eben nur einmal passieren!“<br />
Ihr Umgang mit ihren Leuten prägt auch das Unternehmen<br />
– gleiches Verhalten verlangt sie schließlich auch<br />
von ihrem leitenden Personal.<br />
„BELLAFLORA IST MEIN KIND“<br />
Für ihren überwältigenden Erfolg zahlte <strong>Hilde</strong> <strong>Umdasch</strong><br />
aber auch einen Preis: Sie blieb unverheiratet und kinderlos,<br />
was sie darauf angesprochen etwas nachdenklich<br />
werden lässt. Ob sie es noch einmal so machen würde?<br />
Schon, aber Mutter zu sein, wäre doch schön<br />
gewesen, meint sie. Dann allerdings wäre ihr Weg wohl<br />
etwas anders verlaufen, denn von permanenter Doppelbelastung<br />
durch Familie und Beruf hält sie nicht viel.<br />
Sie hat erfahren, dass Familienunternehmen fast eine<br />
Familie ersetzen können. Sie hat aber auch erfahren, dass<br />
Familienunternehmen eine Gefahr bergen, wenn Firmengründer<br />
nicht rechtzeitig Platz für die nachfolgende<br />
Generation machen. Um nicht eben diesen Fehler zu begehen,<br />
wechselte Frau <strong>Umdasch</strong> vor einigen Jahren in<br />
den Aufsichtsrat, wo sie den Vorsitz übernahm.<br />
Irmgard Soravia<br />
Weitere Informationen: www.bellaflora.at<br />
ENTREPRENEUR<br />
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