Fette Flossen REPORT DEEPWAVE - von Deepwave eV
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<strong>Fette</strong> <strong>Flossen</strong><br />
Die Plünderung der Meere<br />
Weitere Themen:<br />
40 Jahre Wissenschaft- Interview mit Hjalmar Thiel<br />
Tiefseefischerei - Was demnächst auf unseren Tisch kommt<br />
Natura2000 Schutzgebiete - Was wird geplant?<br />
Buchrezensionen, Internettipps<br />
<strong>DEEPWAVE</strong><br />
<strong>REPORT</strong><br />
News aus der Wissenschaft und vieles mehr<br />
N o 1 / 2004<br />
www.<strong>DEEPWAVE</strong>.org<br />
Die Initiative zum Schutz<br />
der Hoch- und Tiefsee
<strong>DEEPWAVE</strong> <strong>REPORT</strong><br />
Ausgabe Nr. 1/2004<br />
Inhalt:<br />
Editorial<br />
Jahrestage und andere Katastrophen S.2<br />
Impressum/Über <strong>Deepwave</strong> S.3<br />
Warnruf aus der Wissenschaft<br />
Tiefseeforscher setzen sich bei<br />
der UNO für die Ozeane ein S.4<br />
Neptun´s Wunderwelt<br />
Die schlauen Angler S.5<br />
Die Politik ist jetzt gefragt<br />
40 Jahre Wissenschaft und Einsatz<br />
für den Schutz der Hoch- und Tiefsee:<br />
Interview mit Prof. Hjalmar Thiel. S.6<br />
<strong>Fette</strong> <strong>Flossen</strong><br />
In der Hochsee gehen die Fischfangflotten<br />
auf große Kapernfahrt. Ihr Ziel:<br />
die letzten Fischgründe im Meer. S.12<br />
Die Schwertfischindustrie S.16<br />
Quoten für Tiefseefische? S.17<br />
Offshore-Schutzgebiete<br />
Deutschland will zehn Schutzgebiete in<br />
der Nord- und Ostsee ausweisen. Die<br />
Planungen werden massiv beeinflußt S.18<br />
Ozeanographica/News<br />
Arktischer Müll /Neues Kaltwasserriff<br />
Angedockt / Gurkenschutz /<br />
Abtauchen / Gründüngung<br />
Haie auf Roter Liste / Sensationsfoto S.22<br />
Webtour<br />
Wale S.26<br />
Service / Bücher S.27<br />
Titelbild<br />
Rote Meerbrassen<br />
(Pagellus erythrinus) -<br />
werden im Mittelmeer<br />
immer seltener.<br />
Foto: O. Groß<br />
S.2 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr. 1/04<br />
JAHRESTAGE UND ANDERE<br />
KATASTROPHEN<br />
Inhalt<br />
Ein Jahr nach der Havarie der «Prestige»:<br />
10000 Tonnen der Ladung schwimmen im<br />
Atlantik und das Wrack verliert in 3500 Meter<br />
Tiefe weiterhin Öl, die ausgetretenen 60000<br />
Tonnen vergiften die Nahrungskette vor<br />
Spaniens Küsten. Fischer und Verbraucher<br />
sind beunruhigt.<br />
Ein Finnwal stirbt im Hamburger Hafen:<br />
Zerstückelt <strong>von</strong> Schiffsschrauben, vollgepumpt<br />
mit Giften, angefüllt mit Parasiten,<br />
taub geworden durch den Lärm im Ozean.<br />
Das Skelett soll zur Attraktion in einem<br />
Museum werden.<br />
In den USA boykotieren Hafenstädte den<br />
Besuch <strong>von</strong> Keuzfahrtschiffen, nachdem sie<br />
ihre Kloake vor den Küsten entsorgten, alte<br />
Kriegsschiffe werden global zum Abwracken<br />
verschachert und der Preis für die letzten<br />
Fische im Meer steigt unaufhaltsam.<br />
Die negativen Schlagzeilen über das Meer<br />
reißen nicht ab. Auch Umweltschützer lesen<br />
solche Meldungen und fragen sich: wird<br />
genug getan? Wie können wir die Aufmerksamkeit<br />
zu einem Handeln zum Schutz der<br />
Ozeane ummünzen?<br />
Die Wissenschaft reagiert ebenfalls: In nur<br />
drei Monaten führte der Aufruf zum Schutz<br />
der Tiefseeökosysteme zu einem Eintrag im<br />
Jahresbericht der UNO (siehe Seite 4). Und<br />
die Jugend entdeckt die Ozeane: Millionen<br />
verfolgen derzeit den Film «Findet Nemo»,<br />
werden Zeuge des Aquarium-Fischhandels<br />
und verzichten hoffentlich auf den Ausverkauf<br />
der Korallenwelt. Dies zeigt den weltweit<br />
wachsenden Einsatz vieler für unsere<br />
Ozeane. Setzen wir also all unsere Hoffnung<br />
auf die Zukunft.<br />
Ihr<br />
Dr. Onno<br />
Groß<br />
© Pixar Animation Studios
Über <strong>DEEPWAVE</strong><br />
Die Förderinitiative zum Schutz der Hochund<br />
Tiefsee <strong>DEEPWAVE</strong> hat sich im Frühjahr<br />
2003 gegründet. Ziel der Initiative ist es,<br />
zur Entwicklung und Förderung umweltverträglicher<br />
Strukturen für das Ökosystem der<br />
Hoch- und Tiefsee beizutragen.<br />
<strong>DEEPWAVE</strong> will<br />
- das Bewusstsein über Umweltgefährdungen<br />
fördern,<br />
- politischen Druck machen, um die<br />
Ursachen zu beheben,<br />
- die Verbreitung wissenschaftlicher<br />
Erkenntnisse fördern und<br />
- einen organisatorischen Rahmen für<br />
Informations- und Meinungsaustausch zu<br />
meereskundlichen Themen bieten.<br />
Die Verwirklichung wird insbesondere<br />
angestrebt durch:<br />
- die Förderung <strong>von</strong> Projekten<br />
- Öffentlichkeits- und Informationsarbeit<br />
- Akquisition <strong>von</strong> Spenden und Sponsoren<br />
Unterstützen Sie die Arbeit <strong>von</strong><br />
<strong>DEEPWAVE</strong> !<br />
Es gibt mehrere Möglichkeiten, unsere<br />
Initiative <strong>DEEPWAVE</strong> zu unterstützen:<br />
Werden Sie Förderer und oder Mitglied<br />
unserer Initiative.<br />
Erst durch Ihren finanziellen Einsatz für die<br />
Initiative wird es möglich, zeit- und kostenintensive<br />
Recherchen durchzuführen und bei<br />
Behörden, Politikern und Gesetzgebern<br />
unsere Interessen vorzustellen. Als Förderer<br />
oder Mitglied der Inititative erhalten<br />
Sie uneingeschränkten Zugang zu aktuellen<br />
Informationen auf unserer Internetseite.<br />
Außerdem erhalten Sie den vierteljährlich<br />
erscheinenden <strong>DEEPWAVE</strong>-Report mit Nachrichten<br />
und Hintergrundinformationen rund<br />
um die Hoch- und Tiefsee, entweder elektronisch<br />
oder per Briefpost.<br />
Machen Sie uns bekannt:<br />
Helfen Sie, unsere Internet-Adresse zu verbreiten,<br />
indem Sie unsere Banner plazieren<br />
oder Links zu unserer Seite anlegen. Oder<br />
informieren Sie Freunde, Bekannte und<br />
Kollegen über unsere Ziele.<br />
S.3 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Impressum<br />
Schenken Sie uns Zeit:<br />
Schreiben Sie uns Briefe mit Ihren Anregungen.<br />
Unterstützen Sie unsere<br />
Bemühungen, den Umweltschutz für die<br />
Hoch- und Tiefsee zu stärken.<br />
Mit einem tiefblauen Informationsstand war <strong>DEEPWAVE</strong><br />
bei der 7. Hafennacht in den Hamburger Zeisehallen,<br />
veranstaltet <strong>von</strong> Ozean.tv, mare und dem NDR, vertreten.<br />
Der Globus mit 100 «hot spots» der Bedrohungen<br />
im Ozean fand reges Interesse (v. l. Dr. Onno Groß,<br />
Herbert Hofmann, Anna Groß und Paul Musewski).<br />
Impressum<br />
<strong>DEEPWAVE</strong> e.V. - Die Initiative zum<br />
Schutz der Hoch- und Tiefsee<br />
http://www.deepwave.org<br />
Anschrift: Hegestrasse 46 D<br />
D- 20251 Hamburg<br />
Telefon: ++ 49 0 40/46 85 62 62<br />
Telefax: ++ 49 0 40/46 85 62 63<br />
E-Mail: info@deepwave.org<br />
Bankverbindung:<br />
Hamburger Sparkasse<br />
Bankleitzahl: 200 505 50<br />
Konto Nummer: 12 08 11 67 13<br />
Redaktion und Gestaltung:<br />
Dr. Onno Groß (V. i. S. d. P.)<br />
Nachdruck, auch auszugsweise, nur<br />
mit Genehmigung der Redaktion.<br />
<strong>DEEPWAVE</strong> e.V. ist gemäß<br />
Freistellungsbescheid vom 15.05.03<br />
des Finanzamts Hamburg für Körperschaften<br />
wegen Förderung des Umweltschutzes als<br />
gemeinnützigen Zwecken dienend<br />
anerkannt. Vereinsregister 17656 im<br />
Amtsgericht Hamburg.
Warnruf der Wissenschaft<br />
Statement of concern to the United Nations<br />
General Assembly regarding the risks to<br />
seamounts, cold-water corals and other<br />
vulnerable ecosystems of the deep-sea<br />
Deep-sea biologists from around the world met<br />
for the 10th Deep-Sea Biology Symposium at the<br />
Institute of Marine Biology, University of Oregon,<br />
in Coos Bay, 25 - 29 August 2003. We, the undersigned,<br />
discussed anthropogenic threats to deep-sea<br />
biodiversity and ecosystems in light of the request<br />
by the UN General Assembly and the United<br />
Nations Informal Consultative Process on Oceans<br />
and the Law of the Sea to `consider urgently' the<br />
risks to the biodiversity of seamounts, cold-water<br />
corals and other deep-sea ecosystems.<br />
We concluded the following:<br />
- populations of numerous commercially important<br />
species of deep-sea fish and precious corals<br />
associated with seamounts, ridges, plateaus, continental<br />
slopes, coral reefs and sponge fields in the<br />
deep-sea have been serially depleted by fishing;<br />
- benthic habitats and communities have been<br />
severely damaged by fishing activities;<br />
- the biological characteristics of most deep-sea<br />
species render the deep sea particularly sensitive to<br />
anthropogenic disturbance and exploitation;<br />
- although knowledge of deep-sea biodiversity is<br />
limited, evidence to date suggests that deep water<br />
habitats such as coral, seamount, seep and vent<br />
ecosystems are likely to harbour distinct assemblages<br />
of diverse and highly endemic species.<br />
Lack of effective international regulations<br />
The lack of effective international regulations for<br />
the conservation of natural systems and the protection<br />
of the biodiversity of the deep sea on the High<br />
Seas, as well as within areas of national jurisdic-<br />
S.4 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Meeresschutz<br />
Es begann mit einem Brief im August auf dem Tiefseebiologenkongress - und endete<br />
im Berichtsband der UNO: Wissenschaftler warnen vor dem Ausverkauf der Tiefsee.<br />
Hier ihr «Statement of Concern» im Wortlaut.<br />
tion (EEZs), is a cause of great concern. In this<br />
regard, consistent with the precautionary approach,<br />
we recommend that:<br />
- the conservation and protection of the biodiversity<br />
of the deep sea is the responsibility of all<br />
nations, in particular on the global ocean commons<br />
- the high seas;<br />
- non-commercial research, within ecologically<br />
appropriate constraints, should be promoted and<br />
freely conducted to better understand species<br />
diversity and life history, community structure, trophic<br />
organization and ecosystem processes of the<br />
deep-sea;<br />
- conservation measures should be established at<br />
the global, regional and national levels with an<br />
emphasis on developing representative networks of<br />
marine protected areas (MPAs) as called for by the<br />
World Summit on Sustainable Development and<br />
endorsed by the UN General Assembly;<br />
- areas critical for baseline scientific research<br />
and to furthering the understanding of the deep-sea<br />
environment should be designated as Science<br />
Priority Areas;<br />
- the UN General Assembly should adopt a<br />
moratorium on deep-sea bottom trawl fishing on<br />
the High Seas effective immediately;<br />
- all regulations should be in conformity with the<br />
1982 UN Convention on the Law of the Sea and<br />
other relevant instruments, including the<br />
Convention on Biological Diversity and the 1995<br />
UN Fish Stocks Agreement.<br />
[The signatories to this statement listed below<br />
have signed in their individual capacity.<br />
Institutional affiliations are for identification purposes<br />
only.] Anm. ca.250 Wissenschaftler haben<br />
bisher diesen Aufruf unterschieben.<br />
www.mcbi.org/DSC_statement/sign.htm
Die schlauen Angler<br />
Wie fängt man am besten Fische? Die<br />
Natur hat sich da perfektes ausgedacht.<br />
Die seltsamen Anglerfische sind eine bizarre<br />
Erscheinung. Ihr großes Maul und die<br />
Tentakeln vor dem Kopf wirken nicht sehr<br />
sympathisch. Dabei sind die sogenannten<br />
Anglerfischartigen - sie werden in Fühlerfische<br />
(Antennariidae), Anglerfische (Lophiidae) und<br />
Tiefseeangler-fische (Ceratiidae) unterteilt - angepaßte<br />
Spezialisten. Das wichtigste gemeinsame<br />
Merkmal dieser Tiere, ist der als Rute fungierende<br />
erste Strahl der Rückenflosse, an dem sich ein<br />
beweglicher Fortsatz befindet, und mit dem<br />
Beutefische angelockt werden - daher der Name.<br />
Früher jedoch nannte man sie noch Armflosser<br />
(Pediculati), da ihre Brustflossen stummelförmigen<br />
Armen gleichen und auch wie Arme gebraucht<br />
werden. Zu den Fühlerfischen zählen die Seefledermäuse<br />
(Ogcocephalidae). Sie sind abgeplattet,<br />
haben kleine Körper und große Köpfe (Seefledermaus).<br />
Eher seitlich zusammengedrückt ist<br />
dagegen der Sargassofisch (Histrio histrio), der in<br />
den treibenden Tangwäldern im offenen Atlantik<br />
lebt. Die meisten Arten sind klein, nur wenige<br />
Seltenes Erlebnis unter Wasser. Der Seeteufel beeindruckt<br />
durch seine perfekte Tarnung und Beutefangtechnik.<br />
S.5 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Neptuns Wunderwelt<br />
Schnappmaul. Mit Köderlampen versehen locken die Anglerfische<br />
ihre Beute bis vor das wartende Maul. Foto: ARD<br />
erreichen 30 Zentimeter Größe und es ist außerordentlich<br />
schwierig, die Arten auseinanderzuhalten,<br />
da sie alle in der Lage sind, ihr Farbkleid vollständig<br />
zu verändern.<br />
Ein begehrter Speisefisch dagegen ist der<br />
Seeteufel (Lophius piscatorius). Er kommt an den<br />
Küsten Europas und Amerikas in Tiefen <strong>von</strong> 20 bis<br />
1000 Metern vor. Er hat einen großen breiten stacheligen<br />
Kopf, eine sehr große Maulspalte undwird<br />
60 - 180 cm lang.<br />
Bei den Tiefseeanglerfischen ist der Körper mehr<br />
abgerundet. Einer der größten Vertreter ist<br />
Ceratias holboelli, der über 120 cm lang werden<br />
kann. Im allgemeinen sind diese Fische dunkelbraun<br />
oder schwarz und unbeschuppt. Eine<br />
Besonderheit stellt das zusätzliche Leuchtorgan<br />
einiger Arten auf dem Kopf dar. Es dient ebenfalls<br />
als Lockhilfe bei Beutefang. Bei den Tiefseearten<br />
kommt auch ein seltsamer Größenunterschied<br />
zutage: die Zwergmännchen sind parasitisch und<br />
werden nur 2-3 Zentimeter lang. Finden sie einen<br />
passenden Partner haften sie sich ihr Leben lang<br />
an die größeren Weibchen, und verschmelzen<br />
sogar mit deren Blutsystem. Eine perfekte Lösung<br />
zur Partnerfindung in der weiten und sehr<br />
spärlich besiedelten Tiefsee. O. Groß<br />
WEITERE INFORMATIONEN<br />
FAO data sheet<br />
www.fao.org/figis/servlet/Fred?ds=species&fid=3379<br />
Monkfish (Lophius piscatorius)<br />
www.fw.umn.edu/fw5601/classproj01/monkfish/monk<br />
fish.htm
Seit dem Jahr 1964 und mit der Indienststellung<br />
des ersten Forschungsschiffes "Meteor"<br />
befasst sich Hjalmar Thiel, heute emeritierter<br />
Professor für Biologische Ozeanographie in Hamburg,<br />
mit der biologischen Tiefseeforschung. Er<br />
blickt zurück auf 40 Jahre erfolgreichen Einsatz für<br />
die Grundlagenforschung und für den Schutz der<br />
Tiefsee. Die Anregungen des Wissenschaftlers sind<br />
mittlerweile bis zu den Vereinten Nationen vorgedrungen.<br />
Welche Hürden für einen effektiven<br />
Schutz der Tiefsee noch zu überwinden sind und<br />
was derzeit unternommen wird , fragte DEEP-<br />
WAVE den Experten in Hamburg.<br />
DW: Herr Thiel, ihr Engagement führte sie im letzten<br />
Sommer nach Australien. Was fand dort statt?<br />
Thiel: In Cairns fand die dritte <strong>von</strong> vier Konferenzen<br />
zu Fragen der möglichen Unterschutzstellung<br />
<strong>von</strong> Meeresgebieten in der Hohen See statt. Die<br />
erste Konferenz wurde <strong>von</strong> Dr. Anthony Koslow<br />
und mir mit Unterstützung des Bundesministeriums<br />
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />
in der Internationalen Naturschutzakademie<br />
auf der Insel Vilm im Jahr 2001 ausgerichtet. Den<br />
zweiten Workshop veranstalteten NGO´s in Malaga<br />
und nach Cairns hatte die australische Regierung<br />
eingeladen. Im Dezember folgte dann der vierte<br />
Kongress zu Fragen der Tiefseefischerei<br />
in Wellington,<br />
Neuseeland, durchgeführt u. a.<br />
<strong>von</strong> der Welternährungsorganisation<br />
FAO. In Cairns<br />
hatte ich einen Vortrag über<br />
Klimaauswirkungen, Lärmstress<br />
und "waste disposal", der<br />
Müllverklappung, in der<br />
Tiefsee zu halten.<br />
DW: Mit "waste" ist ja nicht<br />
nur radioaktiver und sonstiger<br />
Müll gemeint. Zur Zeit wird<br />
die Tiefsee auch als möglicher<br />
Interview<br />
«Die Politik ist jetzt gefragt».<br />
Der Tiefseeschutz beginnt allmählich die Politiker zu beschäftigen.<br />
Wie es weitergehen wird, fragten wir Hjalmar Thiel.<br />
Prof. Hjalmar Thiel<br />
hat sich 40 Jahre lang<br />
intensiv mit Fragen der<br />
Unterschutzstellung<br />
der Tiefsee beschäftigt.<br />
Foto: Geo<br />
S.6 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Entsorgungsplatz für das Treibhausgas CO2 diskutiert.<br />
Mit welchen Störungen haben wir als Folge<br />
solcher Einleitungen zu rechnen?<br />
Thiel: Der Mensch greift in zunehmendem Maße<br />
in das Ökosystem der Tiefsee ein. Seit der Entwicklung<br />
der Industrie und der starken Zunahme<br />
der Erdbevölkerung, also seit etwa 200 Jahren, sind<br />
erhebliche Mengen <strong>von</strong> Schadstoffen in die Tiefsee<br />
eingetragen worden: Es gibt vermutlich keinen Ort<br />
in den Ozeanen, der mittlerweile nicht kontaminiert<br />
ist. Was die CO2-Verklappung angeht, steht zu<br />
befürchten, dass langfristig der pH-Wert sinkt, das<br />
Meerwasser also zu sauer wird. Ich bin der<br />
Meinung, dass wir die ozeanischen Ökosysteme so<br />
belassen müssen, wie sie sind. Wir sollten die<br />
Belastung der Ozeane nicht noch verstärken.<br />
DW: Durch Zugabe <strong>von</strong> Eisen lässt sich das<br />
Wachstum der Algen steigern, wodurch das Plankton<br />
mehr CO2 aufnehmen, in die Tiefsee "entsorgen"<br />
und damit die Atmosphäre entlasten würde.<br />
Was also, wenn es dadurch zu "biologischer"<br />
Verschmutzung käme?<br />
Thiel: Gesteigerte biologische Produktion im<br />
Ozean, angeregt durch die Düngung der Algen<br />
Wohin mit dem Treibhausgas? Es gibt sicherere Wege, das<br />
Gas CO2 zu entsorgen, als es in die Tiefsee einzuleiten - zum<br />
Beispiel in den Lagerstätten an Land. Quelle: Greentime
Schatzkarte. Nach wie vor lagern Zink, Kobalt, Mangan und<br />
Gold unberührt am Grund der Ozeane. Wann wird der kommerzielle<br />
Abbau beginnen? Karte: FTD<br />
durch Eisenzugabe, ist nicht nur positiv zu sehen,<br />
sondern auch problematisch, vor allem wenn wir<br />
solche Düngung in den oligotrophen, das heißt<br />
nährstoffarmen Ozeanen vornehmen. Als Wissenschaftler<br />
bin ich durchaus für Großexperimente.<br />
Das Eisenexperiment finde ich hervorragend, weil<br />
wir damit lernen, den Ozean besser zu verstehen.<br />
Aber wir dürfen deswegen nicht auf Dauer den gesamten<br />
Ozean oder große ozeanische Regionen<br />
umstimmen, auch wenn wir dadurch die Konzentration<br />
des Kohlendioxids in der Atmosphäre verringern<br />
könnten. Die Produktionssteigerung ist ein<br />
(fragwürdiges) Prinzip aus der Wirtschaft, das nicht<br />
bedenkenlos in die Ökologie übertragen werden<br />
darf.<br />
DW: Es mehren sich weltweit die Versuche,<br />
Ressourcen der tieferen Ozeane zu nutzen. Wer ist<br />
daran beteiligt und was passiert derzeit?<br />
Thiel: In der Tiefsee sind es vor allem die Erze in<br />
den Manganknollen und den Massivsulfiden, die<br />
das wirtschaftliche Interesse geweckt haben, und<br />
die Fischerei rückt in immer größere Tiefen vor.<br />
Bezüglich der Gewinnung der Manganknollen<br />
haben die Industrieländer außer Japan Anfang der<br />
achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts die<br />
Exploration aufgegeben, weil sich die wirtschaftliche<br />
Lage geändert hatte und die politischen<br />
Bedingungen, die Einbeziehung der Entwicklungsländer,<br />
auf Widerstand stieß. Indien verfolgt derzeit<br />
eine ähnliche Strategie wie China in der Raumfahrt.<br />
Es möchte mit der Entwicklung einer Technik zur<br />
Ausbeutung dieser Ressourcen zeigen, dass auch<br />
seine Nation so etwas zu leisten vermag. Von ökonomischer<br />
Seite aus betrachtet, erscheint die Entwicklung<br />
solch einer Technologie in Indien mach-<br />
S.7 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Interview<br />
bar: Die Kosten sind wegen niedriger Personalkosten<br />
relativ gering. In Indien wurde beispielsweise<br />
ein kabelgebundener Unterseeroboter (ROV -<br />
remotely operated vehicle) gebaut. Ich fragte dort<br />
einmal, warum man sich nicht ein solches Gerät<br />
kaufe, sondern den erheblichen Aufwand einer<br />
Neuentwicklung auf sich nähme. Die Antwort lautete:<br />
Wir bevorzugen unsere Technik selbst zu entwickeln,<br />
Ingenieure kosten bei uns nicht viel. So<br />
kann es sein, dass die Entwicklung der Gewinnungstechnik<br />
in Indien gut angesiedelt ist, auch<br />
wenn man an den Bergbau derzeit nicht herangeht.<br />
Aber auch China, Korea und das internationale<br />
Konsortium Interozeanmetall mit dem Sitz in Polen<br />
sind an der Sache weiterhin dran. Die Beweggründe<br />
der einzelnen Länder sind unterschiedlich,<br />
und es kommt auf den Bedarf und die Versorgung<br />
mit bestimmten Erzen an. Indien hat im eigenen<br />
Lande z. B. keine Nickelvorkommen und ist daher<br />
stets auf den Import angewiesen. Nickel aus den<br />
polymetallischen Knollen könnte diese Abhängigkeit<br />
beenden. Was die Massivsulfide betrifft, möchte<br />
die Firma Nautilus aus Australien bei Papua<br />
Neuguinea und Samoa Erze aus der Tiefsee fördern<br />
und hat dafür bereits Lizenzen vom Staat erhalten.<br />
DW: Tiefseebergbau ist mit Störungen des Ökosystems<br />
verbunden. Die Firma Nautilus behauptet, es<br />
gäbe keine Auswirkungen auf die Umwelt. Was<br />
stimmt nun?<br />
Thiel: Soweit mir bekannt ist, möchte Papua-<br />
Neuguinea nur umweltverträgliche Gewinnungsverfahren<br />
zulassen, doch welche Gesetze für den<br />
Beginnt der Abbau im Wienerwald? 1985 fanden Geologen<br />
im Manus-Becken der Bismarcksee bei Papua-Neuginea einen<br />
dichten Wald <strong>von</strong> Thermalschloten angefüllt mit Golderz. Die<br />
Lagerstätten, später Wienerwald getauft, wecken das<br />
Interesse der Konzerne. Karte: Spektrum d. Wissenschaft
Das Objekt der<br />
Begierde: Manganknollen.<br />
In ihnen<br />
schlummert am Meeresboden<br />
ein gewaltiger<br />
Mineralienschatz, den<br />
sich die Nationen gerne<br />
aufteilen möchten. Indien<br />
und andere Länder<br />
forschen intensiv nach<br />
möglichen Gewinnungstechniken.<br />
Foto: H. Thiel<br />
Schutz der Umwelt in diesem Land gelten und wie<br />
wirksam sie durchgesetzt werden können, kann ich<br />
nicht sagen. Ohne Störung kann der Tiefseebergbau<br />
niemals <strong>von</strong>statten gehen. Das Ausmaß der Störung<br />
muss vorab ausführlich untersucht und daraufhin<br />
entschieden werden, ob die Veränderungen des<br />
Ökosystems akzeptiert werden können. Von Vorteil<br />
für die Bergbaugesellschaft ist sicherlich, dass die<br />
Gewinnung in nationalen und nicht in internationalen<br />
Gewässern stattfinden soll und sie sich nicht<br />
nach dem strikten "Mining Code" der Internationalen<br />
Meeresbodenbehörde richten muss. Der Bergbau<br />
beginnt, nach verbreiteter Ansicht, zunächst<br />
innerhalb der Wirtschaftszonen der Länder und<br />
nicht in internationalen Gewässern. Es wird allgemein<br />
angenommen, daß die Gewinnung <strong>von</strong><br />
Massivsulfiden aus dem weiteren Umfeld <strong>von</strong><br />
Hydrothermalquellen den Anfang machen wird. Es<br />
gibt aber auch größere Bereiche <strong>von</strong> abgesetzten<br />
Erzschlämmen in der Tiefsee, beispielsweise am<br />
Boden des Roten Meeres.<br />
DW: Sie waren in den siebziger Jahren an den<br />
Untersuchungen zur Nutzung solcher Erzvorkommen<br />
im Roten Meer unter Aspekten des<br />
Umweltschutzes maßgeblich beteiligt. Warum<br />
endete dieses Vorhaben?<br />
Thiel: Saudi-Arabien und Sudan hatten damals vereinbart,<br />
dass ihre AWZs bis 1000 Meter Tiefe<br />
MESEDA und DISCOL sind zwei mit Hjalmar Thiel<br />
eng verbundene Projekte zur Erforschung und zum<br />
Schutz der Tiefsee. Während 1977-1981 die<br />
MESEDA (Marine Sediments Atlantis II Deep)-<br />
Forschungen ihn zum Erzschlammbecken ins<br />
Atlantis II-Tief im Roten Meer führten, ging es während<br />
des DISCOL- Projektes 1988 - 1998<br />
(DISturbance and ReCOLonisation - Störung und<br />
Wiederbesiedlung <strong>von</strong> Manganknollenfeldern im<br />
Pazifik) in den Pazifik südlich der Galapagos Inseln.<br />
Interview<br />
reichen sollten, und den Meeresboden dazwischen<br />
wollten die Länder gemeinsam nutzen. Dazu wurde<br />
ein wissenschaftliches und technisches Programm<br />
über die Nutzung der Erzschlämme in der Tiefsee<br />
des Roten Meeres begonnen. Das Vorhaben endete<br />
1981 abrupt, was als eine Spätwirkung der Ölkrise<br />
zu sehen ist: Saudi-Arabien drehte den Geldhahn<br />
zu, um die Einnahmen aus dem Ölverkauf anderweitig<br />
zu verwenden. Damals war aber auch eine<br />
ökonomische Nutzung der Erzschlämme in absehbarer<br />
Zukunft nicht in Sicht.<br />
DW: War die Industrie damals offen für die<br />
Naturschutzbelange?<br />
Thiel: Ja, das war sie, wir waren aufgefordert worden,<br />
uns zu beteiligen, aber es fiel der Industrie<br />
nicht immer ganz leicht, unseren Vorstellungen<br />
über erforderliche Maßnahmen zu folgen. Denn<br />
damit waren Kosten verbunden. Wir mussten<br />
zunächst klarstellen, was in diesem Gebiet im<br />
Roten Meer schützenswert ist, denn bei Temperaturen<br />
<strong>von</strong> 64 Grad Celsius kommen dort keine<br />
Tiere vor. Zahlreiche Bakterienarten können jedoch<br />
bei diesen Temperaturen existieren, und unter<br />
Naturschutzethischen Gesichtspunkten haben sie<br />
das gleiche Recht wie andere Organismen geschützt<br />
zu werden. Genetische Ressourcen können beim<br />
Abbau der Erzschlämme für immer verloren<br />
gehen.<br />
Was die Kooperation mit der Industrie angeht, so<br />
konnten wir einen gewissen Einfluss nehmen.<br />
Wenn man 100000 Tonnen Erzschlamm pro Tag<br />
bergen möchte und nimmt an Bord die Erze mit<br />
etwa 3 Prozent heraus, müssen 97000 Tonnen wieder<br />
zurück ins Meer geleitet werden. Bergbauer<br />
betreiben kein Recycling-Verfahren und füllen nicht<br />
S.8 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Trübwolken , wie sie<br />
bei dem Zurückleiten<br />
<strong>von</strong> ausgewaschenem<br />
Erzschlammmaterial<br />
entstehen, sind eine<br />
gewaltige Gefahr für<br />
das gesamte Nahrungsnetz<br />
im Ozean.<br />
Die feinen Sedimente<br />
können teils Monate<br />
unterwegs in der<br />
Wassersäule schweben<br />
und Algen, Plankton<br />
und Fische beeinträchtigen.<br />
Foto: Thiel
Pflugeggen statt Kollektoren. Beim Pazifikexperiment DIS-<br />
COL wurde ein Bodenstörer (Pflugegge) so oft über den<br />
Meeresgrund gezogen, bis die Manganknollen umgepflügt<br />
wurden - und mit ihnen die einzigartige Fauna. Noch Jahre<br />
später sind die Spuren am Boden zu erkennen. Foto: Thiel<br />
das eben gebaggerte Loch wieder auf. Man muss<br />
also den Schlamm andernorts ablagern, also in<br />
Gebieten, die besiedelt sind. Wir fanden viele endemische,<br />
daß heißt nur im Roten Meer vorkommende<br />
Fischarten und wirbellose Tiere, die durch den<br />
Abbau der Schlämme gefährdet wären. Die<br />
Belastung für das Ökosystem im freien Wasser und<br />
am Meeresboden erscheint mir erheblich.<br />
DW: Und die Industrie hat ihre Argumente akzeptiert?<br />
Thiel: Die Herren hätten mich schrecklich gern<br />
einmal versenkt, nämlich als wir an Bord vom<br />
Rohstoff-Forschungsschiff "Sonne" die ersten<br />
Ergebnisse zur Vertikalwanderung des Planktons<br />
vorlegten, und ich sie darauf hinwies, dass das<br />
Abraummaterial deswegen nur in großer Tiefe eingeleitet<br />
werden darf. Aber man sah letztlich ein,<br />
dass wir Wissenschaftler gute Argumente hatten<br />
und die Rückleitung der Abraumschlämme in tiefes<br />
Wasser wurde akzeptiert.<br />
DW: Waren denn die Umweltuntersuchungen zum<br />
Einfluss des Tiefseebergbaus ausreichend aussagekräftig?<br />
Thiel: Unsere Arbeiten im Roten Meer hatten uns<br />
gezeigt, dass wir noch nicht richtig abschätzen<br />
konnten, was tatsächlich bei einem Eingriff passieren<br />
würde. Es bestand besonders eine Diskrepanz<br />
zwischen der üblichen klein-skaligen Probennahme<br />
und den erwarteten groß-skaligen Eingriffen in den<br />
Lebensraum. Wir konnten das Vorhaben nicht fort-<br />
S.9 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Interview<br />
führen und beenden, weil die Arbeiten abgebrochen<br />
wurden.<br />
Mit dem Projekt DISCOL (DISturbance and<br />
ReCOLonisation - Störung und Wiederbesiedlung<br />
<strong>von</strong> Manganknollenfeldern im Pazifik) haben wir<br />
dann erstmals einen neuen experimentellen Ansatz<br />
gewählt, um solche groß-skaligen Einflüsse abzuschätzen,<br />
allerdings bezogen auf die Gewinnung<br />
<strong>von</strong> Mangan- oder polymetallischen Knollen. Wir<br />
haben im Südostpazifik in 4150 m Tiefe experimentell<br />
eine groß-skalige Störung gesetzt und festgestellt,<br />
dass nach sieben Jahren die Besiedlung fast<br />
wieder derjenigen entsprach, die wir vor dem<br />
Experiment gefunden hatten. Das Experiment war<br />
und sollte keine echte Simulation, sondern eine<br />
"großräumige Nutzung anderer Art" sein. Die<br />
Industrie hat uns immer vorgeworfen, dass das<br />
Experiment nichts tauge, da unsere Störung den<br />
Bergbau nicht simuliere. Dieser Vorwurf war nicht<br />
korrekt, da wir eben nicht eine "Simulation" vorgenommen<br />
hatten. In einer Zeit, in der niemand wussste,<br />
mit welcher Technik der Meeresbergbau eines<br />
Tages betrieben werden würde, kam es darauf an<br />
zu erkennen, wie das Ökosystem auf groß-skalige<br />
Eingriffe reagieren kann. Die Ergebnisse <strong>von</strong> unserem<br />
groß-skaligen Experiment, wir hatten 11 km²<br />
intensiv gestört, lassen sich mit Einschränkungen<br />
auf die Einflüsse der Gewinnung <strong>von</strong> Manganknollen<br />
übertragen.<br />
Heute bin ich der Meinung, dass der Manganknollenbergbau<br />
eine erhebliche Störung setzen<br />
würde, diese Gebiete aber auch wiederbesiedelt<br />
werden. DISCOL war das erste erfolgreiche groß-<br />
Hydrothermale Schlote sind ein seit Urzeiten besiedeltes<br />
Ökosystem. Arten wie die Schlotgarnele Rimicaris exoculata<br />
sind an die heißen Quellen angepasst. Foto: ATOS/Ifremer
Die Hot spots der<br />
Tiefseebiodiversität - wie<br />
die inselartigen Paradiese<br />
der Kaltwasserriffe - sind<br />
ein Tummelplatz <strong>von</strong><br />
Hunderten seltener<br />
Tierarten. Doch durch die<br />
zunehmende fischereiliche<br />
Nutzung der<br />
Ozeane sind diese wichtigen<br />
Refugien bedroht.<br />
Foto: F. Graner<br />
skalige Experiment unter Umweltaspekten am<br />
Tiefseeboden.<br />
DW: In Cairns haben sie die Überlegung vorgestellt,<br />
dass eine Störung durch die Gewinnung <strong>von</strong><br />
Manganknollen aus der Tiefsee nicht mehr als 200<br />
km² beeinträchtigen dürfte. Wieso?<br />
Thiel: Mit dem DISCOL Experiment hatten wir die<br />
Wiederbesiedlung nach einer Störung untersucht.<br />
Der Aspekt "Erhaltung der Artenvielfalt", oder<br />
"Biodiversität" war jedoch nicht berücksichtigt<br />
worden. Da wir die Ausbreitung der einzelnen<br />
Arten, insbesondere der seltenen Arten, nicht kennnen,<br />
können wir nicht abschätzen, ob Arten durch<br />
den Bergbau ausgerottet werden. Das erscheint aber<br />
unwahrscheinlich, wenn wir <strong>von</strong> Störfeldern mit<br />
einer Fläche bis zu 200km² und ausreichend<br />
Abstand zwischen den Störfeldern ausgehen. Beim<br />
Manganknollenabbau wird sich der direkte Einfluss<br />
durch den Kollektor maximal auf eine Fläche <strong>von</strong><br />
100 km² plus einer Randzone mit starker Sedimentation<br />
durch die aufgewirbelten Partikel beschränken.<br />
Da die meisten Partikel in Aggregaten schnell<br />
wieder zu Boden sinken, ist der Anteil der lange<br />
schwebenden Partikel vermutlich nicht sehr hoch.<br />
Zu der Kernzone <strong>von</strong> 100 km² gestörter Fläche<br />
kommt also noch ein übersedimentierter Bereich<br />
hinzu, in der Summe etwa 200km². Natürlich ist<br />
diese Fläche kein Quadrat, sondern ein wildes<br />
Muster am Meeresboden. In den Anspruchsgebieten<br />
der Clarion-Clipperton Fracture Zone (Nordpazifik)<br />
ist mancherorts der Neigungswinkel zu<br />
groß für die Maschinen, es gibt Felsaustritte, die<br />
Konzentration an Wertmetallen in den Knollen ist<br />
unterschiedlich usw. Aber 100 km² Abbaufläche<br />
zusammen mit einer Randfläche, also 200 km² habe<br />
ich als realistischen "worst case" für eine solche<br />
Störung angenommen. Die Frage lautet jetzt:<br />
Würden wir damit eine oder mehrere Arten zum<br />
S.10 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Aussterben bringen?<br />
Interview<br />
DW: Und würden wir?<br />
Thiel: Die Untersuchungen waren bisher nicht auf<br />
diese Frage abgestellt. Die Briten und Amerikaner<br />
haben Stationen im Abstand <strong>von</strong> Hunderten <strong>von</strong><br />
Kilometern und nicht in Skalen <strong>von</strong> Kilometern<br />
bearbeitet. Es wäre daher wichtig, eine Probenserie<br />
zu entnehmen, die sich kontinuierlich über nur<br />
wenige Kilometer erstreckt. Doch dann entsteht das<br />
nächste Problem: die Arten in der Tiefsee sind sehr<br />
selten und tauchen in den Proben meist nur wenige<br />
Male auf. Wenn sie nicht wieder gefunden werden,<br />
oder wenn sie nur sporadisch vorhanden sind,<br />
bleibt die Frage nach ihrer Verbreitung immer noch<br />
offen.<br />
DW: Mangelnde Datengrundlage wird oft als<br />
Gegenargument gegen den Artenschutz aufgeführt?<br />
Thiel: Die Diversitätsfrage ist ein neuer Denkansatz,<br />
den wir bisher nicht berücksichtigt hatten.<br />
Er ist durch die Naturschutz bezogene Fragestellung<br />
stimuliert worden. Der ungünstigste Fall<br />
<strong>von</strong> 200 km² könnte als Störung akzeptierbar sein,<br />
sofern zwischen den Feldern doppelter Abstand<br />
bleibt, und nur etwa elf Prozent der Fläche gestört<br />
würden. Das erscheint mir eine erträgliche Relation<br />
zu sein, ohne ausreichend die Verbreitung der Arten<br />
zu kennen. Die Vernetzung ungestörter oder geschützter<br />
Flächen, wie sie im terrestrischen Naturschutz<br />
gefordert wird, wäre damit gesichert. Aus-<br />
Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten<br />
Nationen (United Nations Convention on the Law of<br />
the Sea, UNCLOS), auch bekannt als die "Verfassung<br />
der Meere" regelt in mehr als 300 Artikeln und<br />
neun Annexen das Seerechtsübereinkommen und ist<br />
damit einer der umfassendsten internationalen Verträge.<br />
Gegenwärtig sind 140 Staaten Vertragsparteien<br />
des Übereinkommens. Die Erschließung der Naturschätze<br />
am und im Meeresboden regelt Teil XI,<br />
Abschnitt 3 des Übereinkommens, der Schutz und<br />
die Bewahrung der Meeresumwelt sind explizit in Teil<br />
XII festgeschrieben. Im Rahmen dieses Seerechtsübereinkommens<br />
wurde 1994 die Internationale<br />
Meeresbodenbehörde (International Seabed<br />
Authority) mit Sitz in Kingston, Jamaica zur Regulierung<br />
der Ausbeutung des Meeresbodens gegründet,<br />
die den Auftrag hat, Bodenschätze der Tiefsee,<br />
also außerhalb <strong>von</strong> Gebieten unter nationaler<br />
Jurisdiktion, als "gemeinsames Erbe der Menschheit"<br />
zu verwalten. (UBA-Text, 2003)
nahmen da<strong>von</strong> bilden die Lebensgemeinschaften an<br />
den Hydrothermalquellen und andere inselartige<br />
hot spots der Artenverbreitung wie beispielsweise<br />
an den Seebergen.<br />
DW: Fehlende Finanzierungen für die Bearbeitung<br />
solcher Fragen einerseits, Abhängigkeit <strong>von</strong> der<br />
Industrie andererseits. Ist dies ein wachsendes<br />
Problem für die Wissenschaft?<br />
Thiel: Ja, aber wir haben uns als Forscher immer<br />
<strong>von</strong> Einflüssen auf unsere Empfehlungen frei<br />
gehalten. Wer immer eine Frage hatte, bekam eine<br />
Antwort, so gut wir es konnten, aber ohne jegliche<br />
Abhängigkeit. Mit Sicherheit gelingt das nicht<br />
immer allen Forschergruppen. Das Coos Bay<br />
Statement auf Concern, das Wissenschaftler an die<br />
Vereinten Nationen geschickt haben (siehe Seite 4)<br />
haben auch nicht alle versammelten Forscher unterschrieben,<br />
da einige z. B. fischereiabhängige<br />
Wissenschaftler Ärger mit der sie finanzierenden<br />
Fischindustrie befürchteten.<br />
DW: Wissenschaftler werden als Berater der Politiker<br />
- Beispiel Windparks - aber immer wichtiger?<br />
Thiel: Wichtig ist es, die Probleme öffentlich zu<br />
diskutieren. Die verschiedenen Interessengruppen<br />
muss man zur Diskussion zusammensperren, bis<br />
ein akzeptables Ergebnis, meist ein Kompromiss<br />
steht. Wir hatten für DISCOL eine Gruppe aus<br />
Vertretern der Ministerien, der Bundesämter, der<br />
Industrie, mit Ingenieuren und Wissenschaftlern.<br />
Wir haben alle viel dabei gelernt, wir Wissenschaftler<br />
lernten das Denken der Industrie und vice versa.<br />
Wir haben damals auch bei den Vereinten Nationen<br />
vor den Delegierten aus 120 Ländern über Meeresbergbau<br />
und Tiefsee-Umweltschutz gesprochen und<br />
später die Internationale Meeresbodenbehörde beraten.<br />
Die Wissenschaft muss sich als eine der<br />
Interessengruppen verstehen. Solche Tätigkeiten<br />
halten zwar <strong>von</strong> der wissenschaftlichen Arbeit ab,<br />
aber wir sind solche Beratertätigkeiten der<br />
Gesellschaft und der Umwelt schuldig.<br />
DW: Bald soll es Schutzgebiete in der AWZ <strong>von</strong><br />
Nord- und Ostsee geben. Eine gute Lösung?<br />
Thiel: Seit vielen Jahren ist diese Diskussion im<br />
Gange. Deutschland und die EU haben durch die<br />
Kommissionen der Oslo/Paris Konvention den Weg<br />
dazu jetzt eingeschlagen und diskutieren solche<br />
S.11 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Interview<br />
Schutzgebiete. Das gilt auch für die Ostseeländer,<br />
die dieses Ziel über die Helsinki Konvention<br />
anstreben und teils schon verwirklicht haben. Das<br />
sind sicher positive Entscheidungen. Probleme sehe<br />
ich aber bezüglich der Finanzen, die Überwachung<br />
wird einiges kosten. Auf jeden Fall sollte die<br />
Forschung in den Gebieten uneingeschränkt weiter<br />
möglich sein, denn als Forscher weiß ich jetzt noch<br />
nicht, was in zehn Jahren gemacht werden muss.<br />
Ein ähnliches Problem tritt bei den Schutzgebieten<br />
in der Hohen See auf, denn auch dort werden heute<br />
Ruhezonen benötigt, und deren Überwachung wird<br />
noch schwieriger sein.<br />
DW: Wie kommt denn die Einrichtung <strong>von</strong> Schutzgebieten<br />
in der Hohen See voran?<br />
Thiel: Das vorwiegend <strong>von</strong> der australischen<br />
Regierung in Cairns organisierte Arbeitstreffen war<br />
für mich enttäuschend. Es musste den vielen erstmalig<br />
teilnehmenden Politikern wieder das gleiche<br />
vorgetragen werden, was schon auf Vilm <strong>von</strong><br />
Wissenschaftlern dargestellt worden war und was<br />
die NGO´s in Malaga als Strategie bereits erarbeitet<br />
hatten. Ich musste lernen, dass solch ein politischer<br />
Prozess ewig dauert: Wenn man bei der UNO<br />
erfolgreich sein will, dann muss man sehr langfristig<br />
und mit aufwendiger Konsensbildung arbeiten.<br />
Zuerst müssen die Vertreter der Staaten informiert<br />
und überzeugt werden, und beí der hohen Anzahl<br />
<strong>von</strong> Ländern dauert das eben viele Jahre.<br />
DW: Und wann wird es Schutzgebiete in den<br />
Bereichen der Hohen See geben?<br />
Thiel: Ab 2005 könnten Ergänzungen des<br />
Seerechts vorgenommen werden, aber es kann auch<br />
noch zehn Jahre dauern, bis effektiver Schutz wirksam<br />
wird.<br />
DW: Herr Thiel, wir danken Ihnen herzlich für das<br />
Gespräch.<br />
WEITERE INFORMATIONEN<br />
Glossar:<br />
www.deepwave.org/html/ozean/index_ozean_glossar.html<br />
CO2-Verklappung<br />
www.co2sequestration.info<br />
Seamounts<br />
www.ifm.uni-kiel.de/volvooceanrace/<br />
beitraege/seamount/beitrag.htm
<strong>Fette</strong> <strong>Flossen</strong><br />
Stampfend schiebt sich der Bug des Trawlers<br />
durch den Sturm. Rauh, sehr rauh tobt die<br />
schwere See. Doch vergeblich. Das Fischerboot<br />
"Andrea Gail" sinkt mit Maus, Mannschaft<br />
und einem vollen Bauch Schwertfische auf den<br />
Grund des Ozeans, denn Billy (George Clooney)<br />
hatte den dummen Kurs auf den "Sturm" (so der<br />
gleichnamige Titel des Films) genommen.<br />
Ein Platz auf der Heldentafel der Dorfkirche ist<br />
den sechs Männern gewiss. Werden sie die einzigen<br />
bleiben? Ist kein Opfer für den privilegierten<br />
Fischereijob zu groß, wie es der Film so heroisch<br />
suggeriert? Tatsächlich gehen zuerst die Fischbestände<br />
zu Grunde, bevor der Fischerberuf ausstirbt.<br />
Denn der Druck auf die Bestände im Meer ist in<br />
den letzten Jahren so gewaltig gewachsen, dass die<br />
mehr als sechsmilliardengroße Erdbevöl-kerung<br />
die um ein mehrfaches höhere Anzahl Fische vermutlich<br />
bis zur letzten Flosse ausrotten wird.<br />
Übersubventionierte Fischerflotten ziehen mit<br />
moderner Sonartechnik und Satellitennavigation<br />
zum großen letzten Raubzug ins Meer. Nach<br />
S.12 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Fischerei<br />
In der Hochsee gehen die Fischfangflotten auf große Kaperfahrt.<br />
Ihr Ziel: die letzten Fischgründe im Meer.<br />
Fisch bleibt Fisch? Eine Forelle erkennen wir sofort, doch<br />
was kommt demnächst auf unseren Tisch?<br />
Angaben der Welternährungsorganistion (FAO) der<br />
Vereinten Nationen sind mindestens 60 Prozent<br />
(laut Greenpeace 70 %) der weltweit 200 häufigsten<br />
genutzten Fischarten entweder überfischt oder<br />
werden bis zum Limit genutzt. Und 13 der 17<br />
Hauptfanggebiete der Welt sind mittlerweile praktisch<br />
leer!<br />
In der Hochsee liegen die letzten Fanggründe<br />
Fische sind heutzutage selbst für Fischer Mangelware<br />
geworden. Überfischung, unangepasstes<br />
Management und Zerstörung der küstennahen<br />
Habitate haben die Populationen <strong>von</strong> Aal, Seezunge,<br />
Scholle, Lachs, Thunfisch und Schwertfisch<br />
auf so niedrigen Stand gebracht, dass sich die<br />
Befischung kaum mehr zu lohnen scheint.<br />
Fische sind heutzutage selbst für<br />
Fischer zur Mangelware geworden.<br />
Die letzten Fanggründe liegen heute fernab der<br />
Küstengewässer in den meist stürmerischen Zonen:<br />
an den untermeerischen Hügeln, so genannten<br />
Seamounts. Die Ursache für den Fisch-reichtum an<br />
diesen Untiefen liegt an Auftriebs-phänomenen im<br />
Ozean. An den untermeerischen Kuppen werden<br />
langsam strömende Wassermassen durch die<br />
Bodentopographie bedingt abgelenkt und bis auf<br />
40 Zentimeter in der Sekunde be-schleunigt. In der<br />
Folge bilden sich Wirbel (Eddies) und Ringströmungen<br />
(Taylor-Säulen) an den Seamounts, die<br />
kaltes und nährstoffreiches Wasser zur Oberfläche<br />
treiben.<br />
Das pflanzliche und tierische Plankton kann so<br />
gedeihen, kleine Fische ernähren sich <strong>von</strong> diesen<br />
mikroskopischen Lebewesen und diese widerum<br />
sind die attraktive Beute für die größeren Räuber<br />
und Fischschwärme in 2000 Meter Tiefe. Seit den<br />
sechziger Jahren suchen die Fischflotten gezielt
nach den untermeerischen Hügeln in den weiten<br />
Ozeanen bis hin zur Antarktis. Etwa 30000 Seeberge<br />
im Pazifischen Ozean und noch einmal circa<br />
1000 im Atlantik und Indischen Ozean verzeichnen<br />
derzeit die Seekarten.<br />
Russische Fischtrawler waren die ersten, die entlang<br />
der unterseeischen Vulkanhügel vor Hawai mit<br />
Grundschleppnetzen die Fischgründe leerten. Auch<br />
vor Neuseeland wurden die gewaltigen Fischschwärme<br />
erbeutet, im Jahre 1990 allein 41000<br />
Tonnen und vor Tasmanien 34000 Tonnen. Manchmal<br />
waren 50 Tonnen Fisch in der Stunde keine<br />
Seltenheit.<br />
Schnell wurde klar, das einmal<br />
aufgesuchte Gebiete nicht wieder<br />
befischt werden können: die<br />
Fischgründe bleiben leer.<br />
Während anfangs volle Netze Erfolg versprachen,<br />
wurde schnell klar, dass einmal aufgesuchte Gebiete<br />
nicht wieder erfolgreich befischt werden<br />
können: die Fischgründe blieben leer. Untersuchungen<br />
der Fischereibiologen fanden dafür eine<br />
einfache Erklärung. Zwei der hauptsächlich an den<br />
Steilhängen der Kuppen vorkommenden Fischarten,<br />
der Granatbarsch (Orange Roughy, Hoplostethus<br />
atlanticus) und Black Oreo Dory (Allocytus niger),<br />
sind ausgesprochene Schwarmfische und versammmeln<br />
sich im Strömungsschatten der Seamounts zu<br />
großen Laichschwärmen. Durch die intensive<br />
Fischerei war der Bestand der größeren laichbereiten<br />
Fische bald nahezu verschwunden. Die engen<br />
Je tiefer die Fischarten leben, desto häufiger überwiegt die<br />
rote Färbung. Centroberyx affinis, der Redfish, lebt in dichten<br />
Schulen bis 450 m Tiefe im Südpazifik vor Australien und wird<br />
dort kommerziell befischt. Foto: fishbase.org<br />
Fischerei<br />
Maschen der verwendeten Netze waren zudem auch<br />
für die wenigen entwischenden Jungfische schädigend.<br />
Die meisten Tiefseefische haben eine sehr<br />
empfindliche Haut, die durch die Netze zerstört<br />
wird.<br />
Dass Fische bis in die größten Wassertiefen<br />
der Ozeane vorkommen, vermutete schon<br />
der Schweizer Meeresbiologe Jacques<br />
Picard. Zusammen mit dem Marineoffizier Don<br />
Walsh stellten beide im Jahr 1960 in dem Tauchboot<br />
"Trieste" den Tiefenrekord auf. Auf ihrer<br />
Tauchfahrt bis auf fast elf Kilometer Wassertiefe<br />
entdeckten sie am Boden angekommen durch das<br />
Panzerglas einen unbekannten Fisch mit Augen<br />
(wobei manche Wissenschaftler allerdings behaupten,<br />
es handelte sich um eine Seegurke). Doch auf<br />
einer anderen Expedition zum Puerto Rico Graben<br />
des Südatlantiks, ging tatsächlich in solch großen<br />
Meerestiefen einmal ein Fisch ins Netz. Der in<br />
9006 Metern gefangene Fisch trägt den abenteuerlichen<br />
Namen Abyssobrotula galathea.<br />
Fische: Die häufigsten Wirbeltiere der Erde<br />
Die Tiefsee ist der größte Lebensraum unseres<br />
Planeten, 78,5 Prozent des Weltozeans sind tiefer<br />
als 1000 m. Daher ist die Anzahl der Fischarten in<br />
der Tiefsee hoch: Schätzungsweise 1280 verschiede<br />
Arten leben am Kontinentalhang und in Bodennähe.<br />
Und noch einmal 1000 mehr kommen in den<br />
tieferen pelagischen Tiefen (unterhalb 200 Meter)<br />
vor. Auch was die Anzahl der Individuen anbelangt,<br />
übertrifft die Tiefsee die Lebensräume an Land.<br />
Hans-Jürgen Wagner, Spezialist für Tiefseefische an<br />
der Universität Tübingen, hat errechnet, dass Fische<br />
der Gattung Cyclotone die häufigsten Wirbeltiere<br />
der Erde sind.<br />
Trotz dieses Arten- und Bestandsreichtums sind<br />
Tiefseefische keine unbegrenzte Ressource. So<br />
erreicht der Granatbarsch Lebenspannen <strong>von</strong> 77 bis<br />
149 Jahren. Geschlechtsreif wird diese Art erst mit<br />
einem Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Für viele<br />
andere genutzte Tiefseefische ist das Alter noch<br />
nicht einmal bekannt. Das oberste Prinzip der<br />
Fischerei, nur soviel zu fangen, bis die entnommenen<br />
Bestände wieder nachgewachsen sind, wird<br />
damit zu einem Generationsproblem. Und das<br />
widerspricht den ökonomischen Grundsätzen vom<br />
schnellen Profit. Während die Bestände schrumpfen,<br />
S.13 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04
üstet die Fischerei auf. Rund 3,5 Millionen Fangschiffe<br />
sind heute auf den Ozeanen unterwegs.<br />
Und mit immer größer werdenden Motoren, größeren<br />
Netzen und immer kleineren Maschenweiten<br />
sind Fabrikschiffe, auch Hochseefroster genannt,<br />
Tausende Kilometer <strong>von</strong> ihrem Heimathafen unterwegs.<br />
Zumal die technischen Entwicklungen wie<br />
GPS (Global Positioning System) oder verbesserte<br />
Seekarten die entlegensten Tiefseegebiete<br />
in die Reichweite der weltweit operierenden<br />
Fischnationen gebracht haben. Ausgesetzte<br />
Bojen mit kilometerlangen Fangleinen mit 1000 !<br />
beköderten Haken auf der Suche nach Tiefseehaien<br />
werden satellitengesteuert wiedergefunden. Das<br />
Fischauge oder Echolot liefert scharfe 3D-Bilder<br />
der potentiellen Beute in der dunklen Finsternis.<br />
Die elektronische Steuerung bewegt metergenau<br />
die zwei Kilometer langen Fischnetze. Am Boden<br />
entfalten sich diese mit fast 110 Meter hohen und<br />
170 Meter weiten Öffnungen - genug Platz für<br />
mehrere Jumbo-Jets. Da die Fischgründe dicht in<br />
Bodennähe der untermeerischen Kuppen liegen,<br />
werden sogenannte "Rock-Hooping"- Geräte eingesetzt,<br />
um die Netze vor dem möglichem Verlust<br />
zu retten. Schwere Vorlaufketten und Eisenrollen<br />
pflügen dabei die oberen Bodenschichten um und<br />
zermalmen alles tierische Leben.<br />
Vor der amerikanischen Küste haben Wissen-<br />
Effektives Gespann. Die riesigen Netze - in die mehrere<br />
Jumbojets passen - werden <strong>von</strong> mehreren Trawlern gemeinsam<br />
gezogen - um auch ja keinen Fisch zu verpassen.<br />
S.14 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Fischerei<br />
schaftler belegen können, dass durch diese Praxis<br />
nicht nur die Nahrungsgrundlage der Fische zerstört<br />
wird. Auch die spezielle Fauna aus Tiefseekorallen,<br />
Schwämmen und anderen Weichtieren, die entlang<br />
der Seamounts vorkommt, verschwindet durch<br />
diese Form des Fangs. Können nämlich die Fisch-<br />
Können die Fischschwärme nicht geortet<br />
werden, wird nach den roten und<br />
schwarzen Tiefseekorallen für die<br />
Schmuckindustrie getrawlt.<br />
schwärme nicht geortet werden, wird mit Hilfe der<br />
Bodennetze nach den roten und schwarzen Tiefseekorallen<br />
für die Schmuckindustrie getrawlt. So<br />
kamen 1983 fast 70 Prozent (140000 kg) des<br />
Weltmarktes der roten Korallen <strong>von</strong> den Seamounts.<br />
Die Fischgründe sind leer<br />
Heilbutt, Blauer Leng und Rotbarsch sind die<br />
bekannteren Tiefseefische unserer Märkte. Vor 100<br />
Jahren war der Rotbarsch jedoch noch kein Konsumfisch<br />
- große Fänge wurden über Bord geworfen.<br />
In einem europäischen Forschungsprojekt wird<br />
heute versucht, die letzten Bestände <strong>von</strong> Bankrotbarsch<br />
(Sebastes marinus) und Tiefenrotbarsch (S.<br />
mentella) in den Nordmeeren auszuloten. Aber die<br />
einst als unerschöpflich angesehenen Fischgründe<br />
sind leer und sogenannte "neue" Arten kommen auf<br />
den Verbraucher zu. Der Rundnasen-Grenadierfisch<br />
(Coryphaenoides rupestris) zum Beispiel kann nach<br />
Bestandsschätzungen des Schottischen Fischereiinstituts<br />
<strong>von</strong> 1996 mit jährlichen Erträgen <strong>von</strong><br />
13000 bis 17000 Tonnen befischt werden.<br />
Die Franzosen fischten früher bevorzugt nach dem<br />
Blauen Leng (Molva dypterygia), aber jetzt stärker<br />
nach "Grenadier" und Granatbarsch. Espada, der<br />
Tiefseefisch, den Touristen traditionell <strong>von</strong> den<br />
Fischern auf Madeira serviert bekommen, heisst<br />
eigentlich Aphanopus carbo und wird mittlerweile<br />
in viel größeren Mengen vor den britischen Inseln<br />
gefangen. Tiefseehaie sind einerseits kostbar wegen<br />
ihres Öls, das aus der Leber gewonnen wird, und<br />
ersetzen andererseits den fast verschwundenen<br />
Dornhai bei der Herstellung <strong>von</strong> Schillerlocken.<br />
Das bedauerliche dabei ist: Die meisten Tiefseefische<br />
werden als "Nicht-Quoten"-Fische gar nicht<br />
dokumentarisch erfasst, außerhalb der kontrollierbaren<br />
EEZ (Exclusive Economic Zone, 200 Seemeilen-Territorium<br />
der Nationen) befischt und zudem
<strong>von</strong> den Fischern nicht richtig nach Arten bestimmt.<br />
Für Fischereibiologen und Naturschützer<br />
ein großes Dilemma: Ohne diese Daten nämlich<br />
Die Tiefseefische werden als "Nicht-<br />
Quoten"-Fische gar nicht erfasst - für<br />
Naturschützer ein Dilemma.<br />
ergeben sich enorme Schwierigkeiten bei einer<br />
möglichen Bestandsregulierung und bei der Festsetzung<br />
der zulässigen Gesamtfangmenge (TAC,<br />
Total Allowable Catch) durch die EU.<br />
Zerstörte Oasen in der Tiefsee<br />
Der Fang an den fernen, tiefen Fischgründen ist<br />
für die aus ihren Hoheitsgewässern vertriebenen<br />
Fischer anscheinend die einzige Möglichkeit, die<br />
hohen Investitionskosten der Boote wieder einzufahren.<br />
Doch wer sorgt sich um die zunehmenden<br />
ökologischen Folgen dieser Fischerei? Die Fauna<br />
an den tieferen Kontinentalrändern und den Seamounts<br />
- insbesondere die seltenen Tiefseekorallen<br />
- und die fischereilich übergenutzten Tiefseefische<br />
sind doch besonders schützenswert.<br />
Die Seeberge zeichnen sich beispielsweise durch<br />
hohen Endemismus, dass heisst einmalige lokale<br />
Artenvielfalt, aus. Vorsichtige Schätzungen gehen<br />
<strong>von</strong> 20-30 Prozent an neuen Tierarten je Bergkuppe<br />
aus. Tony Koslow <strong>von</strong> der australischen<br />
Forschungsgesellschaft CSIRO fand innerhalb<br />
Wo ist Sebastes?. Sowohl der Bankrotbarsch (Sebastes<br />
marinus) as auch Tiefseerotbarsch (S. mentella) scheint im<br />
Nordmeer mittlerweile fast ganz verschwunden. Foto: Bufo<br />
S.15 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Fischerei<br />
weniger Expeditionen an versunkenen Vulkanen<br />
vor Tasmanien mehr als 850 verschiedene Tierarten.<br />
Über ein Drittel dieser Spezies waren der<br />
Wissenschaft noch unbekannt.<br />
Die geographische Isolierung in den fernen<br />
Tiefseebecken, die Spezialisierung der Arten und<br />
Isolierung der Larven durch die besonderen<br />
Srömungen macht die Fisch- und Bodenfauna an<br />
den Seamounts so einzigartig. Die internationale<br />
Naturschutzvereinigung (IUCN) und der WWF<br />
versuchen international die Rahmenbedingungen<br />
zur Unterschutzstellung dieser einmaligen bedrohten<br />
Lebensräume voranzutreiben. Die Tasmanische<br />
Regierung machte 1997 den Anfang und sperrte<br />
erstmals zwölf unterseeische Bergkuppen für den<br />
Fischfang. Die schwarze Jagd auf die fetten<br />
<strong>Flossen</strong> war dort gestoppt worden.<br />
Während die Jagd auf den Granatbarsch durch<br />
die intensive Fischerei vor den Küsten Neuseelands<br />
und Australiens die Fischbestände in nur<br />
zehn Jahren um 80 Prozent reduziert hatte, vollzieht<br />
sich dieses Drama derzeit erneut im<br />
Nordatlantik. Auch vor Europas Küsten wird mittlerweile<br />
mit Netzen bis in 1,5 Kilometer Tiefe<br />
nach solchen neuen Beständen gefischt. «40<br />
Prozent aller Fischereigründe», sagt Callum<br />
Roberts <strong>von</strong> der Harvard Universität, «befinden<br />
sich bereits in der Tiefsee, tiefer als der Kontinentalschelf.<br />
Die neuen Technologien sind so effektiv.<br />
dass sie nicht nur ernten, sondern im wahrsten<br />
Sinne des Wortes abbauen.»<br />
Tiefseeriffe, die 5000 Jahre für die Entstehung<br />
brauchten, werden in wenigen Minuten zerstört.<br />
Und viele Arten könnten ausgerottet werden, bevor<br />
sie erforscht sind. Der Preis für die Jagd auf die<br />
letzten <strong>Flossen</strong>gründe ist hoch. O. Groß<br />
WEITERE INFORMATIONEN<br />
Fischereiführer<br />
www.verbraucherministerium.de/forschungsreport/rep2-00/fisch.htm<br />
Die EU-Fischereiquoten<br />
europa.eu.int/comm/fisheries/doc_et_publ/liste_pu<br />
bli/tac03/newsite/index_en.htm<br />
Bundesforschungsanstalt für Fischerei<br />
www.bfa-fish.de
Die Schwertfisch-Industrie<br />
Wussten Sie, dass Schwertfische über 25<br />
Jahre alt werden können? Und dabei erreichen<br />
sie ein stattliches Gewicht <strong>von</strong><br />
600 Kilogramm. Diese spindelförmigen Kolosse<br />
gelten als schnellste Schwimmer der Erde: mit<br />
dokumentierten 96,5 Stundenkilometern jagen sie<br />
durch die Weltmeere, wenn sie wollen, tauchen sie<br />
auch mal eben 1000 Meter tief.<br />
Wussten sie, dass geschätzte 250000 Kilo tote<br />
junge Schwertfische jährlich vor den Küsten wegen<br />
ihrer geringen Größe einfach ins Meer gekippt<br />
werden? Seit den 80er Jahren wird mit erbarmungsloser<br />
Kraft ein letzter Raubzug auf die Schwertfischbestände<br />
im Ozean geführt. Da es illegal ist,<br />
zu kleine Fische an Land zu bringen, werden die<br />
untermaßigen Fische einfach im Meer versenkt.<br />
Grosser Druck auf die Bestände<br />
Bevor die Schwertfische (Xiphidae), Mitglied der<br />
Makrelenfamilie, ihre majestätische Größe <strong>von</strong> fünf<br />
Metern erreichen, müssen die Jungen einige Veränderungen<br />
vollziehen. Die Larven bevorzugen<br />
warmes Wasser, mindestens 24 Grad, und leben<br />
vermutlich hauptsächlich in Küstennähe. Genaueres<br />
wissen selbst die Forscher nicht, da die Schwertfische<br />
im weiten Ozean ausgedehnte Wanderungen<br />
unternehmen. Erst ab einem Alter <strong>von</strong> fünf Jahren<br />
bei Weibchen (ca. 70 Kilo) und drei Jahren bei<br />
Männchen (ca. 30 Kilo) werden die Tiere<br />
geschlechtsreif.<br />
S.16 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Schwertfisch-Industrie<br />
Schwertfische gehören eigentlich nicht auf den Tisch. Doch<br />
trotz besorgniserregender Bestände erhöht die die EU ihre<br />
Fangraten weiterhin - sehr zum Ärger der USA. Foto: fishbase<br />
Dieser lange und späte Entwicklungszyklus ist ein<br />
Dilemma. Schon heute sind 83 Prozent der Fänge<br />
nur noch unreife Weibchen. Nachkommen sind also<br />
kaum in Sicht. Konkret bedeutet dies: Die Ostatlantischen<br />
Bestände der Schwertfische werden<br />
demnächst ausgestorben sein, befürchten<br />
Umweltschützer. Darauf deuten auch andere Daten.<br />
So ging das Durchschnittsgewicht der Fänge seit<br />
Erfindung der Langleinenfischerei <strong>von</strong> 130 auf 45<br />
Kilogramm zurück. Alles, was da heute noch<br />
gefangen wird, ist Kleinvieh.<br />
Die EU fischt etwa 13000 Tonnen Schwertfisch<br />
im Jahr und streitet sich seit Jahren mit Chile über<br />
die Schwertfischbestände im Südatlantik (www.asil.<br />
org/insights/insigh60.htm). Umweltschützer haben<br />
zwar in den letzten Jahren ein weitgehendes Verbot<br />
der unselektiven Treibnetzfischerei im Mittelmeer<br />
und zumindest in Teilen des Atlantiks und Pazifiks<br />
durchsetzen können. Aber vor allem im asiatischen<br />
Raum sind bisher die Kontrollen bei den Fischern<br />
unvollständig. Zu viele Fischer suchen derzeit die<br />
letzten "Büffel" der Ozeane. Schutzmassnahmen<br />
greifen jedoch erst, wenn die Bestände einfach für<br />
zehn Jahre in Ruhe nachwachsen könnten.<br />
Das Hochseeangeln gilt für manche als das non-plus-ultra.
Quoten für Tiefseefische?<br />
Die ICES, der Internationale Rat für<br />
Meeresforschung (www.ices.org) ist<br />
die oberste Gremiumbehörde der EU in<br />
Fischereifragen. Seit 101 Jahren beschäftigt<br />
sich das Institut mit der Erfassung der Fischbestände<br />
und Erforschung verbesserter Fischereimethoden.<br />
Während am Anfang das ICES<br />
als ein reines Sprachrohr der Fischer fungierte,<br />
wird es heute immer mehr zu einem Befürworter<br />
des restriktiveren Umgangs mit den<br />
Beständen. Kein Wunder, denn die EU-Fischpopulationen<br />
sind allesamt auf einem absteigenden<br />
Ast und gnadenlos überfischt. Doch<br />
die Warnungen werden in den politischen<br />
Mühlen viel zu langsam umgesetzt. Und das<br />
ICES berät ja nur - beschlossen wird alles bei<br />
der EU, wo wirtschaftliche Interessen (sprich<br />
Schiffssubventionen) eher durchkommen.<br />
Für die Tiefseefischerei scheint jedoch ein<br />
Umdenken bei der ICES leider noch nicht in<br />
Sicht - die Bestände sind halt eine willkommene<br />
nutzbare letzte (?) «Ressource» (auch<br />
wenn dabei die seltenen Kaltwasserkorallen<br />
zerstört werden). Die genutzten EU-Tiefseearten<br />
wie der Blauleng (Molva dypterygia),<br />
Leng (Molva molva), Tusk (Brosme brosme),<br />
Grenadier (Coryphaenoides rupestris),<br />
Schwarzer Degenfisch (Aphanopus carbo),<br />
Goldlachs (Argentina silus), Granatbarsch<br />
(Hoplostethus atlanticus), Meerbrasse<br />
(Pagellus bogaraveo), Gabeldorsch (Phycis<br />
blennoides) und Kaiserbarsch (Beryx spp.)<br />
werden nach dem letzten ICES-Report<br />
(3.12.6.a) zwar durchaus als langlebige und<br />
eher seltene Arten eingestuft, aber eine<br />
Reduzierung der Fangmengen ist dem ICES<br />
nach nicht zwingend notwendig. So fällt die<br />
Bewirtschaftung positiv aus. Damit wiederholt<br />
die Tiefseefischerei den Fehler bei anderen<br />
Fischarten und die Plünderung der Meere geht<br />
weiter. Es gibt dagegen aber Lösungen:<br />
Bestimmte Gebiete müssen als Erholungszonen<br />
ausgewiesen, die Fischereikapazität<br />
muss erheblich verringert und neuere<br />
Techniken angewandt und der Vorsorgeansatz<br />
muss zum Prinzip erhoben werden.<br />
S.17 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
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Offshore-Schutzgebiete<br />
Deutschland will zehn Schutzgebiete in der Nord- und Ostsee<br />
ausweisen. Die Planungen werden aber massiv beeinflußt.<br />
S<br />
tralsund im schönsten Winter. Während der<br />
Weihnachtsmarkt vor der Hauptkiche trotz<br />
der Kälte zu gebratenen Mandeln lockt, versammeln<br />
sich in einer anderen Kirche Interessensgruppen<br />
zum Streitgespräch. Das Bundesamt für<br />
Naturschutz (BfN) und das Bundesumweltminesterium<br />
(BMU) hatten zur 2. Anhörung zu den FFH/<br />
Natura2000-Schutzgebieten in der Ostsee ins<br />
Meeresmuseum geladen.<br />
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hatte sich<br />
mit der Ankündigung der Schutzgebiete bereits im<br />
Sommer hervorgewagt: «Deutschland übernimmt<br />
mit der erstmaligen Ausweisung <strong>von</strong> Meeresschutzgebieten<br />
in küstenferneren Gewässern eine<br />
Schrittmacherrolle.» Das mag stimmen - auch<br />
wenn es ein längst überfälliger Schritt zum besseren<br />
Schutz der Meere ist. Doch es gibt auch andere<br />
Interessen wie Kiesabbau, Windparks,<br />
Erdölprospektion - die Versammlung schien<br />
spannend zu werden.<br />
Die Vorschläge des BfN sind beachtenswert:<br />
Drei FFH-Schutzparks in der Nordsee, fünf in der<br />
Ostsee und zwei großflächige Vogelschutzgebiete<br />
FFH-Gebiete Die Mitgliedstaaten der Europäischen<br />
Union sind im Rahmen der Fauna-<br />
Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie «zur Erhaltung<br />
der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden<br />
Tiere und Pflanzen" verpflichtet, ein<br />
zusammenhängendes Netz <strong>von</strong> Schutzgebieten<br />
zu schaffen. Diese Gebiete gemeinschaftlicher<br />
Bedeutung bilden zusammen mit<br />
den Europäischen Vogelschutzgebieten das<br />
Schutzgebietsnetz "Natura 2000". In der deutschen<br />
Nord- und Ostsee kommen zwei<br />
Lebensraumtypen vor, die unter den Anhang I<br />
der FFH-Richtlinie fallen: wasserbedeckte<br />
Sandbänke und Riffe mit typischen Lebensgemeinschaften.<br />
Die Richtlinie fordert, dass<br />
sich der Zustand dieser Lebensräume nicht<br />
verschlechtert bzw. soll er so verbessert werden,<br />
dass ihr Erhalt dauerhaft gewährleistet ist.<br />
S.18 <strong>DEEPWAVE</strong>-Report Nr.1/04<br />
wurden <strong>von</strong> den Ämtern wissenschaftlich auserkoren.<br />
Die Meeresschutzgebiete werden erstmals in<br />
der deutschen so genannten Ausschließlichen<br />
Wirtschaftszone (AWZ) liegen. Sie erstreckt sich<br />
nach internationalem Seerecht seewärts der<br />
Hoheitsgewässer, bis zu einer Entfernung <strong>von</strong><br />
maximal 200 Seemeilen (ca. 370 km) bezogen auf<br />
die äußersten Küstenlinien bzw. die sie verbindenden<br />
sogenannten Basislinien (in der Ostsee als ein<br />
schmales Band). In den FFH-Schutzgebieten sollen<br />
sowohl Lebensraumtypen wie wasserbedeckte<br />
Sandbänke und Riffe als auch Meeressäugerarten<br />
wie Schweinswal, Kegelrobbe und Seehund sowie<br />
sechs wandernde Fischarten geschützt werden. Die<br />
Vogelschutzgebiete werden für den Schutz wichtiger<br />
Vogelarten, etwa Seetau-cher, Seeschwalben<br />
und Meeresenten, notwendig<br />
Gute wissenschaftliche Grundlage<br />
Natura2000<br />
«Die NATURA 2000-Gebietsvorschläge sind fachlich<br />
gut begründet», war bei den Anhörung in<br />
Stralsund (und den weiteren in Bremen und<br />
Rendsburg) unisono <strong>von</strong> den Umweltverbänden -<br />
«Die Gebietsvorschläge sind nicht ausreichend,<br />
um die wertvollen Lebensgemeinschaften<br />
auf Riffen und Sandbänken sowie die<br />
wichtigsten Verbreitungsgebiete <strong>von</strong> seltenen<br />
Seevögeln und Schweinswalen wirkungsvoll<br />
zu schützen.» Jochen Lamp, WWF<br />
auch <strong>von</strong> <strong>DEEPWAVE</strong> e.V. - zu hören. Allerdings<br />
sind sie «in ihren Abgrenzungen sehr knapp<br />
umrissen». Dabei geht es den Naturschützern nicht<br />
nur um die reine Flächenvergrößerung (die natürlich<br />
einen noch besseren Schutz bieten würde) sondern<br />
auch um die Fokussierung auf die wichtigsten<br />
Arten und Lebensräume.<br />
In der Nordsee liegen die drei vorgesehenen<br />
Gebietsvorschläge «Borkum-Riffgrund», «Doggerbank»<br />
und «Sylter Außenriff» direkt neben anderen<br />
geplanten Nutzungszonen (daher haben sie auch so<br />
bizarre Formen). Und eben angesichts dieser
umfangreichen Interessen der Windparkbetreiber,<br />
Kies- und Bergbauindustrie müssen die Meeresschutzgebiete<br />
in optimaler Form festgelegt werden,<br />
forderten die Umweltvereine.<br />
Ein mögliches Verbot <strong>von</strong> freiem Geschäftsgebahren<br />
durch Schutzgebiete, das lockte<br />
natürlich auch andere Stimmen in Stralsund<br />
aufs Posium. «Welche Auswirkungen ein FFH-<br />
Gebiet auf die Fischereipraxis mit Stellnetzen<br />
habe? (keine, da diese Fragen <strong>von</strong> der EU-Fischereikomission<br />
beschlossen werden), und das<br />
«Anzweifeln der wissenschaftlichen Daten» (deren<br />
Fragwürdigkeit bei 25 Forschungsprojekten eher<br />
unwahrscheinlich ist) wurden als Argumente aufgefahren.<br />
Dem BfN stehen hier dank der gründlichen<br />
Dokumentation die Fakten positiv zur Seite.<br />
Und den wirtschaftlichen Nutzern bleiben ja noch<br />
70 ! Prozent der AWZ weiter offen.<br />
Allerdings sind tatsächlich einige Fragen offen.<br />
Keine Frage, unsere Meere sind eine wirtschafliche<br />
Nutzungszone ersten Ranges: Fischerei, Ölpipelines,<br />
Schiffahrtswege, Kiesentnahme und bald auch<br />
Natura2000<br />
Kies am Strand ist ja meist eher störend, aber im Meer ist es<br />
für manche Firmen eine Goldgrube.<br />
die ersehnten offshore-Windparks. Derzeit liegen<br />
beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie<br />
(BSH) 30 Anträge für Offshore-Windparks<br />
vor, da<strong>von</strong> 24 in der Nordsee und 6 in der Ostsee.<br />
Eine Windkraftnutzung in Natura2000-Gebieten ist<br />
nur nach vorheriger FFH-Prüfung möglich und<br />
werden durch §34 des Bundesnaturschutzgestzes<br />
geregelt. Für mehr als 30 Prozent der deutschen<br />
Nordseefläche liegen solche Anträge zum Bau <strong>von</strong><br />
In der Ostsee ist die Ausschließlichen Wirtschaftszone nur ein schmales Band. Sogar die Schiffstrasse der Kadetrinne ist aber<br />
eine wichtige Ressource für die bedrohten Schweinswale. Alle Ostseestaaten müssen somit Schutzgebiete ausweisen. Karte: BfN<br />
S.19 <strong>DEEPWAVE</strong>-Report Nr.1/04
Offshore-Windparks vor. Und neben bestehenden<br />
Bergbaurechten (Kies, Erdöl, Gas) soll bald auf<br />
weiteren 200 km2 der Meeresboden für den<br />
Kiesabbau regelrecht umgepflügt werden.<br />
Zwei der Gebiete in der AWZ der Ostsee<br />
(Kriegers Flak und Westlicher Adlergrund)<br />
sind für den Bau <strong>von</strong> Windenergieanlagen<br />
vorgeschlagen worden. «Mit der Errichtung dieser<br />
Anlagen in der Ostsee», heißt es in einem eigenen<br />
Bericht des BfN, «werden sowohl direkte Eingriffe<br />
vorgenommen (Bau, Verlegung der Kabel, Wartung<br />
etc.) als auch indirekte Umwelteinflüsse vermutet.<br />
Bei den letzteren sind z. B. Veränderung ursprünglicher<br />
Biotopstrukturen und damit Beeinflussung<br />
der Makrozoobenthos-Lebensgemeinschaften zu<br />
erwarten. ... Diese reichen <strong>von</strong> einer direkten Mortalität<br />
der Lebewesen durch den Bau <strong>von</strong> Fundamenten<br />
mit dem entsprechenden Flächen-verlust,<br />
über Verschüttung <strong>von</strong> Organismen durch bei dem<br />
Bau aufgewirbelte Sedimente, bis hin zu Lebensgemeinschaftsveränderungen<br />
durch das Angebot<br />
<strong>von</strong> künstlichem Hartsubstrat in Form der Fundamente<br />
oder der Pfeiler selbst und Veränder-ungen<br />
der Sedimentzusammensetzung durch Änderungen<br />
der klein- und mittelskaligen Hydrodynamik.»<br />
Es bleibt abzuwarten, was solche offshore-<br />
Windparkanlagen wirklich unter Wasser anrichten<br />
und ob nicht die Fauna (bei gegebener Schutz-<br />
S.20 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Natura2000<br />
fläche nebenan), die gestörten Gebiete wiederbesiedelt.<br />
Jedoch sollte das Vorsorgeprinzip strengstens gelten.<br />
Denn die Auswirkungen durch Überbauung,<br />
Sedimentumlagerung, Strömungsveränderung,<br />
Habitatverlust, Elektromagnetische Felder, Substratveränderungen<br />
auf die Bodentiere und die physi-<br />
schen Schädigungen durch Schalle, Lärm und<br />
Vibrationen durch den Bauverkehr auf die Meeressäugetiere<br />
(Schweinswal, Seehund und Kegelrobbe)<br />
sind nicht <strong>von</strong> der Hand zu weisen.<br />
Übergreifende Raumplanung für das Meer<br />
Nicht alles was im «Entenschnabel», der Ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee, liegt<br />
kann geschützt werden. Aber die Vorschläge des WWF deuten an, dass die BFN-Flächen tatsächlich<br />
zu klein sind, um wirklich die Artenvielfalt unser Meere zu erhalten Karte: WWF<br />
30 Anträge zum Bau <strong>von</strong> Offshore-Windparks<br />
liegen für die deutschen Gewässer vor und in<br />
weiten Bereichen soll der Meeresboden für<br />
den Kiesabbau regelrecht umgepflügt werden.<br />
«Die Notwendigkeit übergreifender Ordnungsinstrumente<br />
für den "Ballungsraum Meer"» forderte<br />
BSH-Präsident Peter Ehlers auf dem 11. Rostocker<br />
Seerechtsgespräch. Denn die teils rasanten Entwicklungen<br />
neuer, auch konkurrierender mariner<br />
Nutzungen in Nord- und Ostsee verlangen ein<br />
raumordnerisches Gesamtkonzept.<br />
Denn «es sei nicht überraschend, dass mit der<br />
Möglichkeit zur Ausweisung <strong>von</strong> Schutzgebieten in<br />
der AWZ ... inzwischen ein regelrechter Wettlauf<br />
zwischen konkurrierenden<br />
Nutzungs- und Schutzinteressen<br />
eingesetzt<br />
habe.»<br />
So war´s auch bei den<br />
Anhörungen: Ganz vorne<br />
die Erdöl- und -Erdgasindustrie,<br />
die sich darin<br />
versuchte, der BfN<br />
Datenunsicherheit und<br />
eine verfälschte Auslegung<br />
der EU-Richtlinien<br />
nachzuweisen. Als ob die<br />
Brüsseler Bürokraten mit<br />
ihrem Anliegen wirklich<br />
die exakte 20 Meter<br />
Tiefenlinie meinten, oder<br />
doch eher nicht grundätz-<br />
lich auf den Schutz der<br />
gestressten Arten- und
Nur ein Netz <strong>von</strong> Schutzparks kann Sinn machen. Sandbänke<br />
in der Nordsee sind international zu schützen. Karte: WWF<br />
Absender<br />
Name: _________________<br />
Straße: _________________<br />
PLZ: _________________<br />
Ort: _________________<br />
E-Mail: _________________<br />
Ja, ich wünsche mehr<br />
Informationen zu<br />
<strong>DEEPWAVE</strong> e.V.<br />
Anregungen:<br />
_________________<br />
S.21 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Natura2000<br />
Habitatvielfalt in unseren Meeren abzielten!<br />
Nachdem im April 2002 in Kraft getretenen<br />
Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, in der<br />
AWZ Vorhaben zu genehmigen, die zu erheblichen<br />
Beeinträchtigungen <strong>von</strong> Meeresschutzgebieten führen<br />
können. Da werden natürlich diejenigen Industriezweige<br />
hellhörig, die bis jetzt rücksichtslos in<br />
der Doggerbank drauflos «wirtschaften» konnten.<br />
Und ach, all die teuren Umweltverträglichkeitsprüfungen?<br />
Na, die machen ja nur Sinn, wenn sie wirklich<br />
auch greifen und nicht nur Papiertiger bleiben.<br />
Aber das auch die Fischerei sich streubt, ist widersinnig.<br />
Sie könnte doch durch Rückzugsgebiete am<br />
meisten vom Schutz der Meere profitieren: Denn<br />
nur so bleiben ihnen die Fische (in einer gesunden<br />
Umwelt) zukünftig erhalten. O. Groß<br />
WEITERE INFORMATIONEN<br />
Den anderen ein Vorbild sein!<br />
Wenn Sie mehr über unsere Initiative erfahren wollen, füllen Sie bitte die<br />
Postkarte aus oder senden Sie eine E-mail an info@deepwave.org.<br />
<br />
X<br />
Bundesamt für Natruschutz<br />
www.HabitatMareNatura2000.de<br />
Bundesamt für Seeschiffahrt:<br />
www.bsh.de<br />
Bitte<br />
frankieren<br />
An die<br />
Initiative<br />
<strong>DEEPWAVE</strong> e.V.<br />
Hegestr. 46 D<br />
20251 Hamburg
Arktischer Müll<br />
Die "Polarstern" und "Victor 6000" sind ein überaus erfolgreiches Gespann: Während das eistaugliche<br />
deutsche Forschungschiff überall hinfahren kann, bietet der französische hochmoderne Roboter Einblicke<br />
in das Leben am Tiefseeboden. Nun wurde im Rahmen eines französischen Forschungsprogramms der<br />
Weg des schwimmenden Mülls verfolgt. Selbst zwischen Grönland und Spitzbergen, am Rand des arktischen<br />
Eises fanden die Forscher Müll: Mal schwimmt eine Plastiktüte vorbei, mal tanzt ein Stück Holz auf<br />
den Wellen. Der Abfall im Meer stammt aus vielen Quellen: Die Flüsse schleppen ihn ins Meer, der Wind<br />
weht ihn hinein, die Schiffe werfen ihren Müll über Bord - und alles hat ein langes, zweites Leben im<br />
Ozean. Eine Bierdose ist erst nach 300 Jahren<br />
verschwunden, eine Plastikflasche überdauert<br />
mindestens 500 Jahre, vielleicht sehr viel länger.<br />
«Seit 1992 haben wir 40 Forschungsfahrten<br />
unternommen, um den Müll auf dem Meeresboden<br />
zu lokalisieren», sagt Francois Galgani<br />
vom IFRMER. «Den ersten Schätzungen<br />
zufolge könnten rund 15 Millionen Stück Müll<br />
hier in der Tiefsee am Nordpol liegen.» 300<br />
Millionen Stück sollen es im nordwestlichen<br />
Mittelmeer und 150 Millionen in der Nordsee<br />
sein! «Noch haben wir nur geringe Ahnung, wie<br />
der Plastikmüll die Ökosysteme der arktischen<br />
Müllsammeln am Meeresboden? Der Tauchroboter "Victor" fand<br />
allerlei Plastikmüll in der arktischen Tiefsee. Foto: AWI.<br />
Tiefsee belasten wird.»<br />
www.awi-bremerhaven.de ; www.dradio.de<br />
Neue Kaltwasserriffe entdeckt<br />
Die 232. Expedition des Kieler Forschungsschiffes ALKOR führte Anfang November 2003 in das Skagerrak.<br />
Erlanger Paläontologen erforschten gemeinsam mit Kollegen vom GEOMAR-Forschungszentrum<br />
in Kiel (Fahrtleitung: Olaf Pfannkuche) und vom schwedischen TMBL die Kaltwasserriffe im norwegischschwedischen<br />
Grenzgebiet (Euromargin-Programme "MOUNDFORCE"). Hier wachsen Lophelia-<br />
Korallen unter besonderen ökologischen Bedingungen<br />
in nur 80 - 120m Wassertiefe. Auf der Fahrt<br />
wurden nun drei neue Riffe entdeckt, deren Aufbau<br />
und Lebensgemeinschaften erfolgreich mit einem<br />
ROV (remotely operated vehicle) visuell dokumentiert<br />
werden konnten. Die in völliger Dunkelheit wachsenden<br />
Riffe werden <strong>von</strong> metergroßen Korallenkolonien<br />
gebildet, die im Laufe <strong>von</strong> wenigen Tausend Jahren<br />
bis zu 10m hohe Strukturen erzeugt haben. Die<br />
Wissenschaftler entdeckten auch eine Anzahl <strong>von</strong><br />
Schwamm-Riffen. Einige dieser Riffe liegen jedoch<br />
genau in den bevorzugten Routen <strong>von</strong> Fischtrawlern,<br />
die Netze und Scherbretter über den Meeresboden<br />
schleppen und damit große Schneisen in das empfindliche<br />
Ökosystem reißen. www.geomar.de<br />
S.22 <strong>DEEPWAVE</strong>-Report Nr.1/04<br />
Ozeanographica/News<br />
Bevor die Fischer alles platt machen! Das Forschungsschiff<br />
ALKOR aus Kiel entdeckte auf der 232. Expedition neue<br />
Kaltwasserkorallenriffe im Skagerrak Karte: GEOMAR
Angedockt<br />
Nachricht aus dem Abyss: Am Sonntag den 14.<br />
Dezember 2003 schaltete das ORION-GEOSTAR 3-<br />
Messnetz in einer Tiefe <strong>von</strong> 3320 m auf online. Damit<br />
hat nach einer langen Phase der Entwicklung die Überwachung<br />
des Marsili Seamounts im Tyrrhinischen<br />
Becken begonnen. Zwei Unterwassereinheiten, die im<br />
Abstand <strong>von</strong> einem Kilometer am Meeresboden positioniert<br />
sind und akustisch untereinander kommunizieren,<br />
senden nun die geophysikalischen, ozeanographischen<br />
und klimatischen Daten vom Tiefseeboden<br />
über eine Oberflächenboje und per Satellit in Real-<br />
zeitverbindung an Land. Die Geostar-Bodeneinheiten wurden mit einem vorher extra entwickelten Modus-<br />
System am Meeresboden ausgebracht und sollen in 6-7 Monaten so <strong>von</strong> dort auch wieder geborgen werden.<br />
Der Marsili-Seamount ist einer der größten vulkanischen Unterwasserstrukturen im Mittelmeer: Er erstreckt<br />
sich über 70 Kilometer in der NO-SW Richtung und 30 Kilometer in der O-W Richtung und erhebt sich um<br />
3000 Meter über den Meeresboden - damit ist er größer als der Ätna in Sizilien. Die Forscher erhoffen sich<br />
neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die seismische und vulkanische Aktivität und über den Ausstrom<br />
<strong>von</strong> Gasen. Aktuelles über das Projekt auf der website: geostar.ingv.it/orion<br />
Gurkenschutz vor Galapgos<br />
Sie sind lila, braun, schwarz, gewarzt und stachelig und werden bis zu 100 Jahre alt, wie die neuesten<br />
Forschungen belegen. Aber der Anblick der merkwürdigen Seegurken (Holothurien) wird immer seltener.<br />
Denn die Meereslebewesen werden in Asien als Delikatesse gehandelt und millionenfach aus dem Weltmeer<br />
gefischt. In Hongkong und Singapur werden rund 20 essbare Arten angeboten: Bis zu 100 Dollar pro<br />
Kilo kostet hier die getrocknete oder geräucherte Delikatesse, da die Seegurken mit ihrem phallischen<br />
Aussehen als geeignetes Aphrodisiakum gelten. Das einträgliche Geschäft mit den Seegurken, die auch<br />
"trepang" oder "béche de mer" genannt werden, findet aber den Unmut bei Naturschützern. Denn mit dem<br />
Verschwinden der Holothurien scheint sich auch die gesamte Produktivität im Meer zu verändern. Wie<br />
Staubsauger durchsieben sie den Sand nach verwertbaren Algen und Kleinstorganismen. Mit ihrer bodenwühlenden<br />
Tätigkeit erfüllen die Seegurken so eine ähnliche Rolle wie Regenwürmer im Komposthaufen:<br />
Nur durch ihren Umsatz finden die Bakterien und Algen geeignete Bedingungen vor. Fehlen die<br />
Seegurken, fehlt dem Ökosystem Riff ein wichtiger Regulator in der Nährstoffversorgung.<br />
Insbesondere die unkontrollierte Fischerei nach<br />
Seegurken vor den Galapagos Inseln hatte weitreichende<br />
Folgen für das Ökosystem. Nach dem<br />
Scheitern geeigneter Maßnahmen hat die Regierung<br />
<strong>von</strong> Ecuador jetzt dem Ausverkauf vor dem<br />
Naturparadies ein gewisses Hindernis bereitet: Sie<br />
meldete die erste Seegurkenart (die Art Isostichopus<br />
(Stichopus) fuscus) auf der CITES- Liste III an, der<br />
Washingtoner Artenschutzliste, wodurch der Handel<br />
nun nur nach festgeschriebenen Quoten erfolgen<br />
darf. www.cites.org/eng/append/index.shtml<br />
Stichopus: die erste Seegurke auf einer CITES-Liste<br />
S.23 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Ozeanographica/News<br />
Ein verborgener Vulkan ist angezapft: Der Marsili-Seamout<br />
im Mittelmeer wird nun ständig überwacht. Karte: Orion
Abtauchen<br />
Nach den Filmen "Mikrokosmos" und "Nomaden der Lüfte"<br />
folgt vielleicht bald ein neuer Kinoansturm: Der <strong>von</strong> der BBC<br />
prouzierte Naturdokumentarfilm "Deep Blue" kommt Ende<br />
Januar in die Kinos, nachdem schon die ARD-Reihe "Unser<br />
blauer Planet" besonders erfolgreich war. Fünf Jahre lang<br />
waren zahlreiche Filmteams weltweit im Einsatz, um die dramatischsten<br />
Bilder der Ozeanwelt festzuhalten: Eisbären auf<br />
der Jagd nach Robbenbabys, Schwertwale beim Jagen <strong>von</strong><br />
Walen und gewaltige Thunfisch-Schwärme beim Verspeisen<br />
der Sardinen. Statt Hintergrundinformationen zu liefern, verschmilzen<br />
der Film und die Musik der Berliner Philharmonie<br />
zu einem visuellen Erlebnis der Extraklasse. Anders als die<br />
Fernsehserie kommt der Film fast ohne Worte aus und will mit<br />
den bewegten Bildern die Menschen bewegen. Die harten<br />
Fakten und Informationen zur Bedrohung der Tierwelt, zur<br />
Klimaerwärmung, UV-Auswirkung auf das Plankton, der<br />
Plünderung der Fischbestände und und und ...finden sich ja<br />
hier bei <strong>DEEPWAVE</strong>. www.deepblue-derfilm.de<br />
Die Meeresbauern sind wieder unterwegs: Die Polarstern untersucht<br />
auf ihrer 21. Reise in einem neuen Großexperiment die Auswirkungen<br />
einer künstlichen Eisendüngung auf die Algen im Ozean. Foto: Awi<br />
Gründüngung<br />
Am 21. Januar 2004 legt die "Polarstern", das<br />
Forschungsschiff des Alfred-Wegener-Instituts<br />
für Polar- und Meeresforschung (AWI), in<br />
Kapstadt ab, um zu untersuchen, wie sich eine<br />
Düngung des Südozeans auf den Kohlenstoffaustausch<br />
zwischen Wasseroberfläche und Luft<br />
auswirkt. Schon im Jahr 2000 konnten Wissenschaftler<br />
zeigen, dass die Düngung mit Eisensulfat<br />
im Südozean eine Plankton(Algen)blüte<br />
hervorruft. Beim Wachstum des pflanzlichen<br />
Planktons wird Kohlendioxid verbraucht, das<br />
im Wasser gelöst ist. Das dadurch entstandene<br />
Defizit an Kohlendioxid in den oberen<br />
Wasserschichten wird dann durch die Aufnahme aus der Luft wieder ausgeglichen.<br />
An diesem Punkt wird das Experiment für die globale Klimaforschung interessant. Die Frage ist, ob das<br />
Treibhausgas Kohlendioxid, das aus der Luft in den Ozean transportiert wurde, auch im Ozean verbleibt.<br />
Das Experiment wird im offenen Ozean bei etwa 50 Grad südlicher Breite durchgeführt. Ein geeigneter<br />
stabiler Wasserwirbel wird zurzeit im AWI anhand <strong>von</strong> Satellitenaufnahmen der Ozeanoberfläche ausgesucht.<br />
Die "Polarstern" wird in der Mitte dieses etwa 100 Kilometer breiten Wirbels auf etwa 150 bis 200<br />
Quadratkilometern Eisensulfatlösung ausbringen. Mit Hilfe eines Laser-Messsystems (LIDAR) werden<br />
Wissenschaftler vom Helikopter aus das großflächige Algenwachstum beobachten und die Wechselwirkungen<br />
zwischen Algen, Bakterien und verschiedenen Planktonarten im gedüngten Fleck verfolgen.<br />
www.awi-bremerhaven.de<br />
S.24 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Ozeanographica/News
Haie auf Roter Liste<br />
12259 ! Arten sind nach der IUCN-Weltnaturschutzorganisation mittlerweile auf der Roten Liste der<br />
gefährdeten Tiere und Pflanzen. Fast 2000 neue Arten wurden 2003 hinzugefügt. Darunter befinden sich<br />
auch sieben Tiefwasserhaie. Hintergrund dafür ist die zunehmende Eroberung der Tiefsee durch die internationalen<br />
Fischfangflotten. Tiefwasserhaie könnten somit aussterben, bevor die Meeresforscher mehr über<br />
ihre Ökologie erfahren haben. Der Mitautor Peter Klyne aus Australien nennt insbesondere das langsame<br />
Wachstum, die geringen Reproduktionsraten und die Seltenheit der Tiere als größte Gefahren für diese<br />
Tiere. Die Fische werden für ihr Fleisch und für das Squalen der Leber, ein Öl, das in der Kosmetikprodukten,<br />
Heilmedizin und als Nahrungsergänzung verwendet wird,<br />
bejagt. «Alle Haiarten sind enorm in ihrem Bestand gefährdet»,<br />
sagt Klyne, «auch Walhaie und Tigerhaie werden für ihr<br />
Fleisch und die Fins gejagt». Eine Haifischsuppe kostet in<br />
einem Restaurant in Hong Kong bis zu 100 $ und die Kilopreise<br />
der getrockneten Waren sind noch höher. Neben den<br />
Haien sind mittlerweile auch alle 21 Albatross-Arten vom<br />
Aussterben bedroht. Dies ist das Resultat der Langleinenfischerei<br />
in den Südozeanen: Die Vögel werden <strong>von</strong> den<br />
Trauriges Ende im Kochtopf: Unzählige Haie verschwinden<br />
in den Küchen asiatischer Restaurants.<br />
Sensationsfoto!<br />
schwimmenden Ködern angelockt und verstricken sich in den<br />
Millionen Haken der Fischtrawler. www.iucnredlist.org<br />
S.25 <strong>DEEPWAVE</strong> Report Nr.1/04<br />
Ozeanographica/News<br />
Keiner hatte ihm bisher lebend in die Augen gesehen: dem geheimnisvollen Riesenkalmar. Während sich<br />
diese Giganten ansonsten nur im Bauch <strong>von</strong> Pottwalen, leblos schwimmend auf See oder als unförmige<br />
Masse am Strand erkunden ließen, wurden nun spektakuläre Fotos <strong>von</strong> einem lebenden, in Japan gefangenen<br />
Riesenkalmar publiziert. Vertreter der Familie der Riesenkalmare (Architeuthidae) stellen die größten<br />
bisher bekannten Tintenfische, Weichtiere und bekannten wirbellosen Tiere dar. Der längste, uns bislang<br />
bekannte Kalmar wurde im Oktober 1887 in der Lyall Bay in Neuseeland gefunden. Das tot ans Ufer<br />
gespülte Tier hatte <strong>von</strong> der Spitze der Tentakel bis<br />
zum Körperhinterende eine Länge <strong>von</strong> 16,8 m.<br />
Offenbar wurde das jetzt gefundene Exemplar<br />
Anfang 2002 vor Japan treibend an der Oberfläche<br />
gefunden, mittels einer Schlinge gefangen und in<br />
einen felsigen Gezeitentümpel an der Küste in der<br />
Nähe <strong>von</strong> Amino-cho, Kyoto, transportiert. Zu<br />
sehen ist ein lebendes, wenig verletztes und noch<br />
recht kraftvolles Tier, das sich verzweifelt mit den<br />
Saugnäpfen seiner Arme am Untergrund eines<br />
Gezeitentümpels festzuhalten sucht und dabei auch<br />
einen Arm über die Wasseroberfläche erhebt.<br />
Bemerkenswert ist vor allem der eisige Blick des<br />
Tiefseebewohners: Riesenkalmare besitzen die<br />
größten bekannten Augen im gesamten Tierreich.<br />
Architheutis lebend! In der Fachwelt setzte dieses japanische<br />
Bild eine hitzige Diskussion in Gang: Ein kleiner lebender<br />
Riesenkalmar, der ansonsten 17 Meter lang werden kann.<br />
www.pref.kyoto.jp/kaiyo/2-topicnews/news/2002<br />
/02-02-01/mega-squid/mega-squid-01.html ;<br />
www.tintenfische.com/#Aktuelles
Wale<br />
Wale, welch ein unerschöpliches Thema für eine<br />
Suche im Internet! Na und natürlich nicht nur dort:<br />
Für die BBC Dokumentation «Unser blauer Planet»<br />
(www.deepblue-derfilm.de) bedurfte es immerhin<br />
zig Filmteams und fünf Jahre Recherche, um mal<br />
einen (!) Blauwal live filmen zu können - so rar<br />
machen sich mittlerweile diese Giganten. Denn die<br />
Bestandszahlen sind nicht sehr ermutigend: früher<br />
konnte man auf den schwimmenden Inseln noch<br />
predigen, wie es der Heilige Brandan im Mittelalter<br />
getan haben soll. Heute ernüchtern uns die Fakten:<br />
Blauwal unter 5000 Tiere; Buckelwal 20000 ;<br />
Finnwal 50000 - 100000; Grauwal 22000;<br />
Grönlandwal unter 8500; Großer Tümmler 95.000<br />
etc. - zu finden unter www.artensterben.de.<br />
Wer dafür verantwortlich ist? Die Waljäger natürlich.<br />
Ihr Argument: Sie fressen die Fische weg.<br />
Beweise gibt es dafür nicht wirklich, aber Beweisbilder<br />
werden nicht nur auf der Internationalnen<br />
Whaling Comission (IWC) immer wieder gezeigt,<br />
sondern auch im Internet www.e-kujira.or.jp/<br />
newsrelease/release-04b.html. Dagegen gehen zu<br />
Recht eine Menge Menschen (und auch<br />
<strong>DEEPWAVE</strong> e.V.) auf die Barrikaden: einfach<br />
«Walschutz» bei google.de eingeben.<br />
Andere Gründe? Vielleicht die Forscher, die Wale<br />
Dumme Knallerei. Die NAVY ist wahrlich kein Freund der<br />
Wale. Denn die aktiven akustischen Sonars (LFAS) der U-<br />
Boote lassen die Wale taub werden. Verlogener kann da die<br />
Werbung gar nicht sein. Foto: Navy<br />
S.26 <strong>DEEPWAVE</strong>-Report Nr.1/04<br />
Webtour<br />
für ihre Bakterienexperimente in der Tiefsee versenken?<br />
Oder ist Dynamitfischen daran Schuld?<br />
Siehe «The famous exploding whale»:<br />
www.perp.com/whale/index.html<br />
Oder doch der Lärm im Ozean? Die Forschung<br />
streitet noch darüber (www.pmel.noaa.gov/<br />
vents/acoustics.html), obwohl die akkustischen<br />
Sonars der U-Boote (www.surtass-lfa-eis.com)<br />
schon manchen Wal das Leben gekostet haben<br />
(www.sueddeutschezeitung.de/panorama/artikel/7/22984)<br />
und man dagegen seine Stimme erheben<br />
sollte (www.thepetitionsite.com/takeaction/129527570).<br />
Was die Nato auf dem Gebiet<br />
macht, hat bisher keiner herausgefunden (da sollte<br />
DER SPIEGEL mal nachhaken! ).<br />
Na ja, anderen Meeressäugern geht es auch nicht<br />
besser, man denke nur an die Mönchsrobben im<br />
Mittelmeer www.monachus-guardian.org oder an<br />
Wal ahoi! Whale-Watching is fun. Foto: Britta Köpke<br />
die Schweinswale der Nordsee www.gsm-ev.de<br />
und im Atlantik www.biscay-dolphin.org.uk.<br />
Also was tun? Weiter Island boykotieren und<br />
Politker anschreiben, (www.ecop.info/d-news/dnews-qu.2-03-16.htm),<br />
Forscher unterstützen<br />
(siehe Artikel Clapham et al 2003: «Whaling as<br />
Science» unter www.disciara.net bei downloads )<br />
und natürlich auf Walfleisch verzichten!<br />
TERMINE<br />
12.02. bis 15.02.2004 Fish International. Die<br />
Bremer Fischmesse www.mgh-bremen.de/fishinternational2004<br />
5.03. bis 9.03.2004 MeerMovies und FischFilme<br />
www.oekobuero-bremen.de/umweltfilmtage<br />
25 bis 30.04 2004 European Geosciences Union<br />
General Assembly 2004 Nice, France, www.copernicus.org/EGU/ga/egu04
BÜCHER<br />
Mittelmeer. Bd. II/1:<br />
Bestimmungsführer (Bakterien,<br />
Mikroflora, Mikrofauna, marine<br />
Flora und ursprünglichere<br />
Taxa der marinen Fauna)<br />
Robert Hofrichter (Hg.). 2003.<br />
Spektrum Akademischer Verlag<br />
Der neue Riedl! Ein Expertenwerk,<br />
dass jeden Biologen überzeugen<br />
wird, der sich für marine<br />
Arten (<strong>von</strong> den Einzellern, über die Pilze,<br />
Flechten, Algen, Seegräser bis zu den<br />
Schwämmen, Nesseltieren, Rippenquallen, Fadenund<br />
Plattwürmern, Schnurwürmer, sowie 12 weiteren<br />
Tierstämmen) im Mittelmeer interessiert.<br />
Besonders attraktiv: die Zwischenblöcke und die<br />
Einführungen in die Tiergruppen. Schöne farbige<br />
Bilder und Grafiken, sehr umfangreiche Informationen,<br />
aktuelles Wissen - was will man mehr!<br />
Im März 2004 erscheint Band III.<br />
The Empty Ocean<br />
Richard Ellis. 2003.<br />
Shearwater Books<br />
Ellis, bekannt durch Bücher<br />
über Wale und Riesenkraken,<br />
beschäftigt sich diesmal mit der<br />
übermäßigen Nutzung der<br />
Meere. Bleibt zu hoffen, dass<br />
dieses gut recherchierte, aber<br />
etwas US-bezogene Buch einen<br />
deutschen Verleger findet. Denn sowas fehlt auf<br />
dem hiesigen Markt, leider!<br />
Energy and Mass Transfer in<br />
Submarine Hydrothermal<br />
Systems P. Halbach, V. Tunnicliffe,<br />
and J. Hein, eds, 2003,<br />
Dahlem University Press<br />
Die Berliner Konferenzbücher<br />
sind ein Lesemuss für aktuelle<br />
Essays über Forschungsentwicklungen.<br />
Diesmal geht es<br />
um die Entstehung und<br />
Evolution der hydrothemalen Quellen. Das Buch<br />
versammelt den Kenntnisstand und noch anzugehende<br />
Fragen über diese einmaligen Ökosysteme.<br />
S.27 <strong>DEEPWAVE</strong>-Report Nr.1/04<br />
ORIGINAL ODER FÄLSCHUNG?<br />
Service<br />
Sanfte Riesen Das rätselhafte<br />
Sterben der<br />
Meeresschildkröten.<br />
Osha Gray Davidson.<br />
2003. mare Verlag<br />
Ein wichtiges Buch.<br />
Und das liegt nicht nur an<br />
dem aktuellen Thema, der<br />
Virenforschung im Ozean<br />
und wie es zu dem Verschwinden<br />
der Meeresschildkröten<br />
kommt. Das liegt auch an der Kunst<br />
des Autors, die Akteure und Forscher, die<br />
Geschichten und Probleme bei der Entschlüsselung<br />
dieses Artenstrebens detailliert vorzustellen. Man<br />
folgt dieser fast kriminalistischen Erzählung mit<br />
Spannung und erfährt gelichzeitig mehr über den<br />
dramatischen Zustand unserer Meere. Wem diese<br />
faszinierenden Meereswesen am Herze liegen,<br />
findet hier ein Plädoyer für ihren dringenden<br />
Schutz. Die sehr gute Übersetzung macht diesen<br />
schwierigen Stoff zu einem Lesegenuss.<br />
oben: Daimin Hirst unten: Heye Groß
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dienend anerkannt. Vereinsregister 17656 Amtsgericht Hamburg.