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Spekulativ überhöhte Einheitspreise dürfen bei der - VSVI Hessen

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Seminar des <strong>VSVI</strong> <strong>Hessen</strong> e. v., Vereinigung <strong>der</strong> Straßenbau- und Verkehrsingenieure<br />

„Bauvertragsrecht:<br />

Spekulationspreise in Vergabe und Vertragsabwicklung“<br />

am 24.02.2010<br />

in <strong>der</strong> Stadthalle in Friedberg/<strong>Hessen</strong><br />

These:<br />

<strong>Spekulativ</strong> <strong>überhöhte</strong> <strong>Einheitspreise</strong> <strong>dürfen</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Preisfortschreibung für Mehrmengen bzw.<br />

Leistungsän<strong>der</strong>ungen grundsätzlich nicht<br />

fortgeschrieben werden!<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

Referent:<br />

Johann Rohrmüller, Dipl. Jurist (Univ.), Assessor jur.,<br />

Revisionsdirektor, München und Langweid/Lech<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Übersicht: Problemlösungen für die Preisfortschreibung<br />

<strong>bei</strong> spekulativer Preisgestaltung durch den Bieter<br />

• <strong>Spekulativ</strong>e Preisgestaltung mittels Mischkalkulation<br />

→AUFLÖSUNG DER MISCHKALKULATION (DES<br />

KALKULATORISCHEN QUERVERBUNDES)<br />

<strong>Spekulativ</strong>e Preisgestaltung ohne Mischkalkulation<br />

→Umsetzung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> VOB/B enthaltenen vertraglichen<br />

Kooperationsvereinbarung, für die Mehrmenge einen neuen<br />

Preis zu vereinbaren (Vorvertragslösung)<br />

MATERIELLES KRITERIUM : ähnlich <strong>der</strong> ergänzenden<br />

Vertragsauslegung<br />

HILFSWEISE: Preisfortschreibung für Mehrmengen <strong>der</strong><br />

betroffenen Positionen anhand des<br />

Gesamtvertragspreisgefüges<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

1<br />

2


<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

Kostenverlagerung im kalkulatorischen Querverbund<br />

(Mischkalkulation)<br />

W+G<br />

AGK<br />

BGK<br />

EKT<br />

EP/€<br />

EKT aus<br />

Pos. 2<br />

Pos. 1 Pos. 2<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Mischkalkulation<br />

• 1. Die VOB/B setzt voraus, dass je<strong>der</strong> Einheitspreis (EP) für sich<br />

kalkuliert wird.<br />

2. Der kalkulatorische Preisaufschlag <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Position mit dem<br />

hohen EP war nur möglich, weil im Querverbund <strong>bei</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Position eine Kostenunterdeckung einkalkuliert wurde.<br />

Es sind aber die kausal zu den jeweiligen <strong>Einheitspreise</strong>n führenden<br />

Teile <strong>der</strong> Urkalkulation fortzuschreiben.<br />

Teil <strong>der</strong> Preisermittlungsgrundlage ist <strong>bei</strong> <strong>der</strong> mischkalkulierenden<br />

Kostenverlagerung aber auch <strong>der</strong> kalkulatorische Querverbund in<br />

<strong>der</strong> Urkalkulation.<br />

3. Ein vermeintlicher Gewinnaufschlag ist ggf. nur eine<br />

Kostenverlagerung.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

3<br />

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Problemlösung<br />

<strong>bei</strong> spekulativer Preisgestaltung durch den Bieter<br />

mittels Mischkalkulation<br />

• Es gibt nur eine Urkalkulation und nicht je Position eine<br />

geson<strong>der</strong>te Urkalkulation. Bei <strong>der</strong> Mischkalkulation: Die<br />

<strong>Einheitspreise</strong> wurden nicht isoliert kalkuliert.<br />

Die Preisermittlungsgrundlagen sind auf mehrere<br />

Positionen (Unterdeckung und Überdeckung ) verteilt<br />

und auch mit diesem Querverbund fortzuschreiben.<br />

Denn diese verteilten Preisermittlungsgrundlagen<br />

haben nur im Querverbund zu den Vertragspreisen<br />

geführt!<br />

→ AUFLÖSUNG DER MISCHKALKULATION!<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

<strong>Spekulativ</strong>e Preisgestaltung ohne Mischkalkulation<br />

Ø<br />

aller Positionen<br />

W+G<br />

AGK<br />

BGK<br />

EKT<br />

EP (€)/Stück<br />

5 %<br />

8 %<br />

12 %<br />

100 %<br />

Spekulations-<br />

aufschlag<br />

W+G<br />

AGK<br />

BGK<br />

EKT<br />

0 5 55 Menge (Stück)<br />

Pos.. X EP 560 €/Stück<br />

500 %<br />

8 %<br />

12 %<br />

100 %<br />

500 €<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

4 €<br />

6 €<br />

50 €<br />

5<br />

6


Problemlösung<br />

<strong>bei</strong> spekulativer Preisgestaltung durch den Bieter<br />

ohne Mischkalkulation<br />

• Fallgruppe : Bieter erkennt Fehler im LV und nutzt ihn für spekulative<br />

Preisgestaltung aus.<br />

1. Vergabe:<br />

Der Bieter ist unzuverlässig! (Situation bis zum Zuschlag)<br />

s.a. Rohrmüller, Zeitschrift Vergaberecht 2009, 327 ff., a. A. Leinemann,<br />

Vergaberecht 2009, 346,349 u.a.<br />

• 2. Werkvertrag:<br />

a. Verschulden <strong>bei</strong> Vertragsschluss/ CIC<br />

wegen Verstoß gegen Hinweispflicht: § 241 Abs. 2, § 249 ff., §§ 280, 311<br />

BGB; Vergaberecht (s. § 9 VOB/A) schränkt § 241 Abs. 2 BGB nicht ein<br />

(Rohrmüller, IBR 2008, 491) .<br />

b. - § 242 i.V. m. § 162 BGB wegen Rechtsmissbrauch ,<br />

• - § 9 VOB/A ist kein Freibrief zum Rechtsmissbrauch durch Bieter<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Verschulden <strong>bei</strong> Vertragsschluss und<br />

Rechtsmissbrauch<br />

• Zum Verschulden <strong>bei</strong> Vertragsschluss (c.i.c.):<br />

Der Bieter wird nicht erst durch den Zuschlag im Sinne <strong>der</strong> BGH-<br />

Rechtsprechung „frivol“ (Urteil vom 25.02.1988 – VI ZR 310/86, BauR<br />

1988, 338,340). Er ist es bereits vor <strong>der</strong> Zuschlagserteilung (so<br />

ausdrücklich: Rohrmüller, VergabeR 2008, 327 , 345; In diesem Sinne<br />

neuerdings aktuell auch Kapellmann in NJW 2009, 1380 re. Sp.!)<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

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24.02.2010<br />

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München und Langweid/Lech, 2010<br />

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Kapellmann, NJW 2009, 1380 ff.<br />

• Kapellmann, NJW 2009, 1380 re. Spalte:<br />

•<br />

„Es liegt nahe, diesen Verdacht (Anm.: Erwartung o<strong>der</strong> Gewissheit von<br />

Mengenmehrungen) mit dem BGH als „wi<strong>der</strong>legbare Vermutung“<br />

anzusehen, und zwar zu <strong>der</strong> genannten Vorkenntnis und <strong>der</strong> Absicht,<br />

durch Preisfortschreibung einen außerordentlich <strong>überhöhte</strong>n Preis zu<br />

erzielen.<br />

Ein kollusives Zusammenwirken wäre strafbar und sittenwidrig und würde<br />

schon deshalb zur Nichtigkeit <strong>der</strong> Preisabrede führen;<br />

• die positive Kenntnis des Auftragnehmers würde zum<br />

Schadensersatzanspruch des Auftraggebers aus Verschuldens <strong>bei</strong><br />

Vertragsschluss führen, §§ 311 III, 280 BGB, weil ein Auftragnehmer<br />

gravierende erkannte Fehler o<strong>der</strong> Irrtümer des Auftraggebers nicht für<br />

sich ausnutzen darf. In <strong>bei</strong>den Fällen bedarf es nicht des Rückgriffs auf<br />

die Sittenwidrigkeit, um die Berechnung <strong>der</strong> Nachtragsvergütung zu Fall<br />

zu bringen. Der Bieter wäre, um eine frühere Formulierung des BGH<br />

aufzugreifen, „frivol“.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Die früher herrschende Meinung wankt:<br />

Beginn <strong>der</strong> „Revision“ überkommener Ansichten durch den BGH<br />

• Die These <strong>der</strong> Fortführung einer sklavischen Bindung an den<br />

EP, getreu dem „Grundsatz: guter Preis bleibt guter Preis“,<br />

muss spätestens seit dem Urteil des BGH vom 18.12.2008 –<br />

VII ZR 201/06, IBR 2009, 127 (Rohrmüller) und IBR 2009, 128<br />

(Leinemann) kritisch hinterfragt werden.<br />

Reicht die Kalkulationsfreiheit <strong>bei</strong>m<br />

VOB/B-Vertrag bis zur Grenze <strong>der</strong><br />

Sittenwidrigkeit?<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

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10


zur neuen BGH-Rechtsprechung<br />

• Der BGH hat eine Revision überkommener Rechtsansichten eingeleitet:<br />

s. insbeson<strong>der</strong>e:<br />

→ 1.<br />

Denn <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Einschätzung zur Sittenwidrigkeit wird neuerdings eine<br />

positionsbezogene Betrachtung vorgenommen.<br />

→ 2. Der BGH betont für den neu zu vereinbarenden Einheitspreis für<br />

Mehrmengen ausdrücklich die <strong>der</strong> Preisbildung für Mehrmengen<br />

zugrunde liegende Vereinbarung. Diese kann sittenwidrig und damit<br />

nichtig sein.<br />

→ 3.<br />

Der BGH betont ausdrücklich das Leitbild eines Vertrages, das einen<br />

fairen, von Treu und Glauben geprägten Leistungsaustausch im Blick hat.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Zur sog. Korbion-Formel: „ guter Preis bleibt gut ..“<br />

• Zu Zeiten Korbion‘s repräsentierten gute <strong>Einheitspreise</strong><br />

(innerhalb <strong>der</strong> betrieblich verschiedenen Bandbreiten an<br />

Kalkulationsüberlegungen) ein gutes Vertragspreisniveau<br />

des gesamten Vertrages.<br />

>>> Keineswegs soll mit <strong>der</strong> Korbion-Formel aber ein<br />

schlechtes Gesamtvertragspreisniveau durch die<br />

Mengenspekulation <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Abrechnung erst gut werden<br />

(Rohrmüller, Kurzaufsatz IBR 2009, 1051 und Langaufsatz,<br />

Zur Korbionschen Faustformel vom „guten Preis, <strong>der</strong> gut<br />

bleibt“). Ansonsten ergäbe sich ein Wertungswi<strong>der</strong>spruch.<br />

Wo bleibt <strong>der</strong> „faire“ Leistungsaustausch? Den gibt es für<br />

die Mehrmengen dann grds. nicht mehr!<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

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12


Thesen: Rechtliche Grenzen <strong>der</strong> Kalkulationsfreiheit<br />

• Vertragliche bzw. gesetzliche Beschränkungen des<br />

Ausnutzens spekulativer Preisgestaltungen ergeben sich:<br />

1.<br />

durch das mittels rechtsgeschäftlicher Auslegung ermittelbare<br />

vertragliche Kooperationsversprechen in § 2 Nr. 3 bis 8<br />

VOB/B<br />

2.<br />

durch das Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens , s. Grds.<br />

von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und<br />

3.<br />

durch die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB).<br />

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Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

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München und Langweid/Lech, 2010<br />

Statische und dynamische<br />

Problemlösungskompetenz <strong>der</strong> VOB/B<br />

• Zwei Säulen <strong>der</strong> Problemlösungskompetenz <strong>der</strong> VOB/B:<br />

• 1. Statische Problemlösungskompetenz:<br />

In Ergänzung <strong>der</strong> (rudimentären) Problemlösungskompetenz des BGB ist<br />

die VOB/B ein Regelwerk mit dem die Parteien auf typische Entwicklungen<br />

und Probleme während des Bauens eingehen und Inhalte zur<br />

Problemlösung dieser typischerweise auftretenden Probleme - soweit<br />

möglich - spezieller und praxisgerechter vorweg bestimmen, als das<br />

dispositive Recht des BGB (privative Kodifizierung zum Bauvertragsrecht).<br />

• 2. Dynamische Problemlösungskompetenz:<br />

Die VOB/B ist nicht nur ein starres Regelungswerk, son<strong>der</strong>n for<strong>der</strong>t von<br />

den Vertragspartnern Kooperation <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Vertragsdurchführung und <strong>bei</strong><br />

notwendigen Vertragsanpassungen z.B. durch die in ihr enthaltenen<br />

„Vereinbarungen, sich zu vereinbaren“.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

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Missbrauch <strong>der</strong> VOB/B- als Kooperationsvertrag durch<br />

Spekulation?<br />

• Zitat <strong>der</strong> Aussage eines Münchner Architekten:<br />

„Die VOB/B wurde ursprünglich nicht von Juristen gemacht! Sie<br />

wurde von Baupraktikern gemacht, die es gewohnt waren für<br />

Probleme Lösungen zu finden.“<br />

Wer die VOB/B nur noch als juristische Sammlung von<br />

Kleingedrucktem ansieht, verkennt den kooperativen Ansatz <strong>der</strong><br />

VOB/B und die in ihr enthaltenen Kooperationsverpflichtungen.<br />

Wer spekuliert, will das Kooperationsmodell nicht! Er will nur<br />

ausnutzen, dass das Kooperationsmodell für Preisfortschreibungen<br />

<strong>bei</strong> Mehrmengen auf die kalkulatorische Herleitung <strong>der</strong><br />

<strong>Einheitspreise</strong> für die Hauptvertragsleistungen Bezug nimmt, weil<br />

die Kalkulation <strong>der</strong> Hauptvertragsleistung den Wettbewerb für die<br />

Mehrmengen, geän<strong>der</strong>ten Leistungen etc. ersetzen soll.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Missbrauch <strong>der</strong> VOB/B als Kooperationsvertrag<br />

• Der Bieter verlässt den Bereich <strong>der</strong><br />

vertraglichen Risikozuweisungen.<br />

Er missbraucht die Lösung, dass für<br />

Mehrmengen eine Preisfortschreibung<br />

stattfindet, <strong>der</strong>en Bezugsgröße die<br />

kalkulatorischen Herleitung <strong>der</strong> Preise für die<br />

Hauptvertragsleistungen ist.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

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Zur rechtsgeschäftlichen Auslegung von § 2 Nr. 3 VOB/B<br />

• Der BGH, Urteil v. 18.12.2008 (Rz 35):<br />

Die Preise für die Positionen sind keine Geschäftsgrundlage des Vertrages,<br />

son<strong>der</strong>n Bestandteil <strong>der</strong> vertraglichen Preisvereinbarung. Gleiches gilt für<br />

die Mengenmehrung und den sich hierfür ergebenden Plan. Der Umstand<br />

allein, dass es zu einer Mengenmehrung gekommen ist, kann nicht die<br />

Anwendung <strong>der</strong> Grundsätze des Wegfalls <strong>der</strong> Geschäftsgrundlage<br />

begründen. Denn insoweit enthält <strong>der</strong> Vertrag Regelungen in § 2 Nr. 3<br />

VOB/B für den Fall, dass es ohne Vertragsän<strong>der</strong>ungen zu Mehrmengen<br />

gekommen ist, und in § 2 Nr. 5 VOB/B für den Fall, dass es infolge einer<br />

Leistungsän<strong>der</strong>ung zu Mengenmehrungen gekommen ist.<br />

Diese gehen als spezielle Regelungen des Wegfalls <strong>der</strong><br />

Geschäftsgrundlage und <strong>der</strong> Anpassung des Vertrages vor ( ständige<br />

Senatsrechtsprechung sei dem Urteil vom 20.März 1996 – VII ZR 29/67 ).<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Zwischen AN und AG wird mittels § 2 Nr. 3 VOB/B eine spezielle<br />

vertragliche Regelung zur Geschäftsgrundlage vereinbart:<br />

• > Es findet nicht eine vergleichende<br />

Betrachtung von gesamten LV-Mengen und<br />

gesamt ausgeführten Mengen statt, son<strong>der</strong>n<br />

eine auf die jeweilige Position bezogene<br />

vergleichende Betrachtung von LV- LV-<br />

Vor<strong>der</strong>satzmenge und ausgeführter Menge.<br />

• > Es wird konkret anhand des prozentualen<br />

Bezugs zur LV-Vor<strong>der</strong>satzmenge in Höhe von +/-<br />

10 % geregelt, dass die Geschäftsgrundlage<br />

betroffen ist.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

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Zweck des Kalkulationskorridors von § 2 Nr. 3 VOB/B<br />

• Ein Bieter, <strong>der</strong> für ein Angebot kalkuliert, dem § 2<br />

Nr. 3 VOB/B zu Grunde liegt, weiß , dass durch<br />

eine automatisch erfolgende Mengenän<strong>der</strong>ung<br />

innerhalb diese Korridors von +/- 10 % (bezogen<br />

auf die Vor<strong>der</strong>satzmenge <strong>der</strong> LV-Position) die<br />

Geschäftsgrundlage nicht betroffen ist und er das<br />

kalkulatorische Risiko <strong>der</strong> Mengenverän<strong>der</strong>ung<br />

innerhalb diese „Kalkulationskorridors“ trägt.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Mehrmengen sollen und <strong>dürfen</strong> nicht kalkulatorisch<br />

im Voraus erfasst werden<br />

• Die kalkulatorische Berücksichtigung möglicher<br />

Mengenän<strong>der</strong>ungen außerhalb <strong>der</strong><br />

Vor<strong>der</strong>satzmengen bzw. des Kalkulationskorridors<br />

> soll mit dem Instrumentarium <strong>der</strong> VOB/B § 2<br />

nachgeholt und<br />

> darf nicht in <strong>der</strong> Kalkulation schon<br />

vorweggenommen werden!<br />

Siehe Kurzaufsatz Rohrmüller, IBR 2009, 2<br />

Die Funktion des § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B besteht darin, den Kalkulierenden von <strong>der</strong> Notwendigkeit zu<br />

entlasten, Mengenän<strong>der</strong>ungen, die über 10 v. H. hinausgehen, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Kalkulation zu berücksichtigen.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

19<br />

20


Zu Bezugspositionen<br />

• Ein ggf. „fetter“ Einheitspreis einer sog.<br />

„Bezugsposition“ war <strong>bei</strong> isolierter<br />

Betrachtung ohnehin nicht kausal für den<br />

Vertragsschluss und das darin fixierte<br />

Äquivalenzverhältnis, wenn er (wie meist) nur<br />

im Querverbund <strong>der</strong> Kalkulation mit dem<br />

nivellierenden Ausgleich <strong>der</strong><br />

Kostenunterdeckung <strong>bei</strong> an<strong>der</strong>en Positionen<br />

zum Vertragsschluss führen konnte.<br />

<strong>VSVI</strong>-Seminar in<br />

Friedberg/<strong>Hessen</strong> am<br />

24.02.2010<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2010<br />

Kooperationsmodell<br />

• Die VOB/B ersetzt mit ihrem<br />

Vereinbarungsmodell und den erkennbar<br />

zu Grunde liegenden vorgegebenen<br />

Kriterien für die Preisfortschreibung den<br />

ansonsten unumgänglichen Streit für<br />

eine Leistung, die noch nicht dem<br />

Wettbewerb unterstellt war.<br />

IBR-Kongress in Mannheim am<br />

18.September 2009<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2009<br />

21<br />

22


„win-win-Situation“<br />

• Auf gemeinsames Interesse gerichtet<br />

• Basis ist das Prinzip, Nachteile für <strong>bei</strong>de<br />

Vertragspartner zu vermeiden und die Lösung<br />

danach auszurichten! AN<br />

AG<br />

• IBR-Kongress in Mannheim am<br />

18.September 2009<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2009<br />

Sichtweise des BGH zu § 2 Nr. 3VOB/B<br />

Urteil vom 25.01.1996 – VII ZR 233/94<br />

• Der BGH führt aus:<br />

„…Der in Klausel … <strong>der</strong> BVB geregelte Ausschluss des § 2 Nr. 3 VOB/B für<br />

….Nachtragsangebote.. berührt jedenfalls den Kernbereich <strong>der</strong> VOB/B.<br />

So verlagert<br />

<strong>der</strong> Ausschluss von § 2 Nr. 3 VOB/B <strong>bei</strong> Angeboten<br />

das Risiko<br />

einer unzutreffenden Preiskalkulation in Zusammenhang mit<br />

einer unzutreffenden Schätzung <strong>der</strong> Massen durch den Auftraggeber<br />

ohne rechtfertigenden Grund auf den Auftragnehmer.<br />

Dem steht keine vergleichbare Risikoübernahme durch den Auftraggeber<br />

gegenüber. „ ……<br />

Ende des Zitats<br />

IBR-KoAgress in Mannheim am<br />

18.September 2009<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2009<br />

23<br />

24


•<br />

Sichtweise des BGH zu § 2 Nr. 3VOB/B<br />

Urteil vom 25.01.1996 – VII ZR 233/94<br />

Unzutreffende Schätzung <strong>der</strong> Mengen = Vor<strong>der</strong>satzmenge ist gegenüber<br />

dem Bau-ist unzutreffend<br />

Vor<strong>der</strong>satzmenge des AG ist unzutreffend<br />

Zusammenhang<br />

Preiskalkulation des Bieters ist unzutreffend<br />

Der BGH sieht den Zusammenhang von unzutreffen<strong>der</strong> Schätzung <strong>der</strong><br />

Massen und unzutreffen<strong>der</strong> Preiskalkulation<br />

IBR-Kongress in Mannheim am<br />

18.September 2009<br />

•<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2009<br />

„Zusammenhang“ <strong>bei</strong> § 2 Nr. 3 VOB/B<br />

Gerade weil die Vor<strong>der</strong>satzmenge<br />

unzutreffend ist, ist die<br />

Preiskalkulation <strong>der</strong> Position des<br />

Bieters aus seiner Sicht zutreffend,<br />

weil in ihr schon die Erwartung <strong>der</strong><br />

Mehrmenge steckt.<br />

IBR-Kongress in Mannheim am<br />

18.September . 2009<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur<br />

München und Langweid/Lech, 2009<br />

25<br />

26


Sinn und Zweck von § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B<br />

begrenzen dessen vertraglichen<br />

Anwendungsbereich:<br />

Keine Anwendung <strong>bei</strong> spekulativer<br />

Preisgestaltung!<br />

• Zur Begrenzung des Anwendungsbereichs von<br />

§ 2 Nr. 6 siehe bereits BGH, Urteil vom 23.05.1996 –<br />

VII ZR 245/94<br />

IBR-Kongress in Mannheim am<br />

18.September 2009<br />

© Rohrmüller Johann, Assessor jur.,<br />

München und Langweid/Lech, 2009<br />

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