1. Einleitung } 2. Gewalt als Problem } 3. Gewaltdiagnostik } 4 ...
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Zentrale Fragen:<br />
} Warum ist eine Intervention gegen <strong>Gewalt</strong> an<br />
Frauen im Rahmen der medizinischen<br />
Versorgung notwendig und sinnvoll?<br />
} Wie können gewaltbetroffene Patientinnen<br />
unterstützt werden?<br />
} Häusliche <strong>Gewalt</strong> tritt in allen sozialen<br />
Schichten unabhängig von Bildungsstand,<br />
religiöser und ethischer Zugehörigkeit,<br />
Einkommen und Alter auf.<br />
} Häusliche <strong>Gewalt</strong> ist vorwiegend männliche<br />
<strong>Gewalt</strong> gegen Frauen. In ca. 90% der Fälle<br />
sind die Opfer Frauen und die Täter ihre<br />
männlichen Beziehungspartner.<br />
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} <strong>1.</strong> <strong>Einleitung</strong><br />
} <strong>2.</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>als</strong> <strong>Problem</strong><br />
} <strong>3.</strong> <strong>Gewalt</strong>diagnostik<br />
} 4. Bedeutung des Gesundheitsbereichs<br />
} 5. Dokumentation von Verletzungen<br />
} 6. Interventionsempfehlungen<br />
<strong>2.</strong>1 Definition: Häusliche <strong>Gewalt</strong><br />
} Der Begriff „Häusliche <strong>Gewalt</strong>“ beschreibt <strong>Gewalt</strong><br />
zwischen Erwachsenen, die in engen sozialen<br />
Beziehungen zueinander stehen oder standen<br />
(Partnerbeziehungen).<br />
} Er benennt ein komplexes Misshandlungssystem,<br />
das körperliche, psychische, sexualisierte und<br />
ökonomische <strong>Gewalt</strong> umfasst und auf Macht und<br />
Kontrolle in einer Beziehung zielt.<br />
} Kinder direkt oder indirekt (Zeugen) davon<br />
betroffen.<br />
} Häusliche <strong>Gewalt</strong> ist nicht mehr privat. Sie ist<br />
eine Straftat.<br />
} Wird in den letzten Jahren <strong>als</strong> gravierendes<br />
gesellschaftliches <strong>Problem</strong> wahrgenommen.<br />
} Rechtliche Situation und Beratungsangebote<br />
für gewaltbetroffenen Frauen sind verbessert<br />
worden.<br />
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} Physische <strong>Gewalt</strong>: stoßen, schlagen, treten,<br />
würgen, fesseln, verbrennen, verbrühen, mit<br />
Dingen oder Waffen verletzen oder<br />
bedrohen…<br />
} Psychische <strong>Gewalt</strong>: einschüchtern, beleidigen,<br />
drohen, sie für verrückt erklären, sie<br />
demütigen und erniedrigen…<br />
} Sexualisierte <strong>Gewalt</strong>: Vergewaltigung, sie zu<br />
sexuellen Handlungen nötigen, <strong>als</strong> Sexobjekt<br />
behandeln, Zwang zum Ansehen von<br />
Pornos…<br />
} Jede dritte Frau (37%) gab an, ab ihrem 16.<br />
Lebensjahr mindestens einmal körperliche<br />
<strong>Gewalt</strong> erlebt zu haben.<br />
} Jede siebte Frau (13%) hat sexuelle <strong>Gewalt</strong><br />
durch Vergewaltigung, versuchte<br />
Vergewaltigung oder Nötigung zu sexuellen<br />
Handlungen erlitten.<br />
} 58% der befragten Frauen gaben sexuelle<br />
Belästigung an.<br />
} Die Eigendynamik von <strong>Gewalt</strong>beziehungen,<br />
die immer wieder Hoffnung aufkeimen lässt<br />
} Die Schwächung der Opfer durch die<br />
psychischen Folgewirkungen der <strong>Gewalt</strong><br />
} Die vielfältigen Maßnahmen des Täters, um<br />
das Opfer unter Druck zu setzten um einer<br />
Sanktionierung zu entgehen<br />
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} Ökonomische <strong>Gewalt</strong>: Verbot oder Zwang zu<br />
arbeiten, verweigern oder zuteilen von Geld,<br />
ihre Ausgaben kontrollieren…<br />
} Soziale <strong>Gewalt</strong>: Ihre Kontakte überwachen<br />
oder verbieten, sie von anderen isolieren,<br />
Kontrolle der Telefongespräche…<br />
} 42% aller befragten Frauen haben psychische <strong>Gewalt</strong><br />
erlebt.<br />
} Jede vierte Frau (25%) hat eine/mehrere Form(en)<br />
Häuslicher <strong>Gewalt</strong> in der Partnerschaft erlebt.<br />
} Die eigene Wohnung war mit Abstand (70%) der häufigste<br />
Tatort bei sexueller und körperlicher <strong>Gewalt</strong>.<br />
Ergebnisse der bundesweiten<br />
Repräsentativstudie (n=10.264)<br />
„Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit<br />
von Frauen in Deutschland“<br />
(Müller/Schröttle 2004)<br />
} Die Angst vor einer Eskalation der <strong>Gewalt</strong><br />
durch die Trennung<br />
} Wirtschaftliche Existenzängste<br />
} Schuldgefühle den Kindern den Vater ‚zu<br />
nehmen‘<br />
} Wenig angemessene Unterstützung durch das<br />
Umfeld<br />
} <strong>Gewalt</strong>spirale<br />
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} Phase des Spannungsaufbaus<br />
} Phase der Misshandlung<br />
} Phase der Reue und Zuwendung<br />
} Abschieben der Verantwortung<br />
(Leonore Walker, 1983)<br />
} Frakturen ohne nachvollziehbares adäquates<br />
Trauma, besonders Arm und Rippenbrüche<br />
} Verletzungen im Bereich des Beckens, an den<br />
Oberarmen, auf dem Rücken, an Unter und<br />
Oberschenkel, Mittelgesichtsverletzungen<br />
} Hämatome, Prellungen, Quetschungen,<br />
Würgemale, Schürf und Kratzwunden,<br />
Schnittwunden, Hitzeeinwirkungen<br />
(Verbrennungen, Verbrühungen,<br />
Zigarettenmarken)<br />
} Vaginale, anale Verletzungen<br />
} Starke Blutungen, Menstruationsbeschwerden<br />
} Gehäufte Kolpitiden Infektionen<br />
} Hämatome an den Oberschenkelinnenseiten<br />
} Rezidivierende Harnwegsinfekte und<br />
Miktionsbeschwerden ohne fassbaren Befund<br />
} Diffuse Unterleibs und Bauchbeschwerden<br />
ohne abklärbare Ursache<br />
} Gehäufte Früh und Fehlgeburten<br />
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} 5,8 Mrd. USD/Jahr<br />
Davon:<br />
} 4,1 Mrd. USD/Jahr für direkte<br />
Gesundheitsversorgung<br />
} 1,8 Mrd. USD/Jahr Verlust von Produktivität<br />
und Lohn<br />
Adäquate Behandlung kann zu Einsparungen im<br />
Gesundheitswesen führen<br />
(Centers of Disease Control and Prevention, 2003)<br />
} Alte, schlecht verheilte Frakturen<br />
} Fehlende Frontzähne<br />
} Verminderte Hör und Sehfähigkeit auf Grund<br />
alter Verletzungen<br />
} Angstzustände, Panikattacken,<br />
Schlafstörungen, Albträume<br />
} Zittern<br />
} Essstörungen<br />
} Tabletten und Alkoholintoxikation und/oder<br />
Abusus<br />
} Depressionen<br />
} Posttraumatische Stressreaktionen<br />
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} Verlust des Selbstwertgefühls und der<br />
Selbstachtung<br />
} Beziehungs und Kommunikationsstörungen,<br />
Soziale Störungen<br />
} Verschlossenheit, Isolation, abweisendes<br />
Verhalten, Ausweichen von gezielten Fragen,<br />
Auffälliger Redeschwall<br />
} Stockholm Syndrom (Identifikation mit dem<br />
Aggressor)<br />
} Reizdarmsyndrom, Verdauungsbeschwerden,<br />
} Atemstörungen, Asthma<br />
} Zervical , Schulter Arm Syndrom<br />
} Mangelndes Wissen zur <strong>Gewalt</strong>problematik<br />
} Unsicherheit im Umgang mit von <strong>Gewalt</strong><br />
betroffenen Patientinnen<br />
} Fehlende Informationen zum sozialen<br />
Hilfesystem<br />
} Zeitmangel<br />
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Vornehmlich bei sexueller <strong>Gewalt</strong>erfahrungen<br />
} Autoaggressionen<br />
} Suizidversuche<br />
} Sexu<strong>als</strong>törungen<br />
} Dissoziatives Verhalten<br />
Hinweise auf Konfliktsituationen<br />
} Thoraxschmerzen<br />
} Kopfschmerzen, Migräne<br />
} Notfallambulanzen, Kliniken und<br />
niedergelassene Praxen stellen<br />
niedrigschwellige Hilfeeinrichtungen dar.<br />
} Ärzte/Innen und Pflegekräfte sind häufig der<br />
erste und einzige Kontakt.<br />
} Aufgrund der Schweigepflicht besteht ein<br />
hohes Maß an Vertrauen.<br />
} Die Gesundheitsversorgung ist eine wichtige<br />
Schnittstelle zu anderen Versorgungs und<br />
Unterstützungsbereichen.<br />
} Scham und Schuldgefühle<br />
} Angst vor einer Eskalation der <strong>Gewalt</strong> und<br />
einer weiteren Gefährdung<br />
} Angst, verurteilt zu werden<br />
} Das Gefühl, mit der Erfahrung allein zu sein<br />
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Fragen der Justiz an eine medizinische<br />
Befunddokumentation:<br />
} Wann ist die Verletzung entstanden?<br />
} Wie ist die Verletzung entstanden?<br />
} Werkzeug?<br />
} Art der <strong>Gewalt</strong>?<br />
} Hergang?<br />
} Wie gefährlich war die Verletzung?<br />
} Beschreibung des psychischen und<br />
neurologischen Zustandes der Patientin<br />
} Dokumentation der notwendigen Behandlung<br />
und ggf. Ausstellung einer<br />
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />
} Hinzuziehung eines Rechtsmediziners bei<br />
schweren Verbrechen<br />
(s. Dokumentationsbögen „Häusliche <strong>Gewalt</strong>“)<br />
} Beachten Sie, das gewaltbetroffene Frauen<br />
aus Schuld und Schamgefühlen, aus Angst<br />
vor dem Misshandler, oder aus Furcht vor<br />
Unverständnis oder Ablehnung schweigen.<br />
} Beachten Sie den kulturellen Hintergrund:<br />
Aufenthaltsstatus; kultureller Kodex; geringe<br />
Deutschkenntnisse<br />
} Erklären Sie, warum Sie nach <strong>Gewalt</strong>erfahrungen<br />
fragen<br />
} Fragen Sie möglichst konkret<br />
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} Verletzungen im Einzelnen darstellen<br />
} Genaue Angaben zur Anzahl der<br />
Verletzungen<br />
} Größe der Verletzungen in<br />
Zentimeter/Millimeter<br />
} Lagebeziehung zu anatomischen Fixpunkten<br />
} Art, Alter, Aussehen der Verletzungen<br />
} Fotografische Dokumentation<br />
} 6.1 Gesprächsbereitschaft signalisieren<br />
Informationsmaterial im Wartezimmer auslegen<br />
} 6.2 Ansprechen der Patientinnen<br />
der gewalttätige Partner darf bei dem Gespräch<br />
nicht dabei sein<br />
empfinden es oft <strong>als</strong> eine Erleichterung, wenn sie<br />
gezielt und vorsichtig befragt werden<br />
Beachten Sie Alarmzeichen oder die sog. „Red<br />
flags“<br />
Patientin bejaht die <strong>Gewalt</strong>erfahrungen<br />
} Sie muss ermutigt werden, darüber zu<br />
sprechen.<br />
} offen und unvoreingenommen zuhören<br />
} Wahrnehmungen unterstützen und bestätigen<br />
} Vermeiden Sie Fragen darüber, wie <strong>Gewalt</strong>taten<br />
ausgelöst wurden<br />
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Patientin verneint die <strong>Gewalt</strong>erfahrungen<br />
} Anzeichen benennen und spezifische Fragen<br />
stellen.<br />
} Verdacht dokumentieren und Informationen<br />
über Hilfsangebote anbieten.<br />
} Cave: den gewalttätigen Partner nicht auf die<br />
Situation ansprechen<br />
} für eine ungestörte Untersuchungsatmosphäre<br />
sorgen<br />
} Fragen, ob Patientin zu einer Untersuchung<br />
bereit ist<br />
} einzelne Schritte der Untersuchung erklären<br />
} gründliche Untersuchung des gesamten<br />
Körpers<br />
} auf Verletzungen in verschiedenen Heilungsstadien<br />
achten (s. Dokumentationsbögen)<br />
Ziel jeder Intervention: Schutz vor weiterer<br />
Gefahr<br />
} Abklären ob Patientin nach Hause gehen<br />
kann/will<br />
} Patientin ggf. für eine Nacht aufnehmen<br />
} Das Ausmaß der Gefährdung einschätzen<br />
} Aufzeigen von Schutzmöglichkeiten, ablehnende<br />
Entscheidungen respektieren<br />
} Zum Schutz der Patientin und zum Schutz der<br />
Mitarbeiter/Innen :<br />
} Ungewolltes Zusammentreffen der Patientin mit<br />
dem Täter auf Station vermeiden<br />
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} Für eine ungestörte Atmosphäre sorgen<br />
} allein mit der Patientin sprechen<br />
} gezielt und vorsichtig nachfragen<br />
} Der Patientin glauben und ehrliche Rückmeldung<br />
über die belastende Situation geben<br />
} Vermitteln, dass ihr geholfen werden kann<br />
} Informieren über geeignete<br />
Unterstützungsangebote<br />
} Cave: Nicht jede Patientin will ihre Hilfe<br />
annehmen, Patientenwillen respektieren,<br />
Patientin nicht bedrängen, insbesondere nicht zu<br />
einer Anzeige gegen den Täter.<br />
} Ansprechen und Gespräch führen<br />
} Gefahr der Retraumatisierung bei der Pflege<br />
beachten<br />
} Intimsphäre bei Pflegemaßnahmen<br />
beachten Sichtschutz<br />
} Ungeeignete Pflegemethoden wie Basale<br />
Stimulation; Wickel, Einreibungen,<br />
Aromatherapie… ggf. Trigger<br />
} Mit Absprache der Patientin keine<br />
Informationen über sie und deren Kinder,<br />
insbesondere in Bezug auf den Aufenthaltsort<br />
an den Täter weitergeben.<br />
} Gemeinsame Überlegungen anstellen, auf<br />
welchem Wege sie die Station/Klinik sicher<br />
und unbemerkt verlassen kann.<br />
} Begleitende Kinder nicht alleine im Wartesaal<br />
sitzen lassen Entführungsgefahr<br />
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} Bei Aggressivität des Täters keine<br />
Verhandlungen, deutliche Grenzen setzten<br />
somit wird dem Täter signalisiert, dass<br />
<strong>Gewalt</strong> nicht toleriert wird<br />
} Im Zweifelsfall Polizei rufen<br />
} Bei Eskalation Polizeischutz anfordern<br />
} Cave: Nicht zu einer Ehe und Paartherapie<br />
raten, sie ist grundsätzlich ungeeignet.<br />
} Einzelberatungen zur Stärkung des Opfers<br />
und zur Verhaltensänderung des Täters (z.B.<br />
Täterprogramme).<br />
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Frauenhaus: Tel: 07433/8406<br />
} Bieten den gewaltbetroffenen Frauen und deren Kindern<br />
rund um die Uhr Sicherheit und stationären Schutz.<br />
} Die Adresse ist anonym<br />
} Die Kontaktaufnahme geschieht telefonisch<br />
} Die Beraterin macht einen Treffpunkt mit der Frau aus<br />
oder holt sie persönlich ab<br />
} Die Mitarbeiterinnen bieten Beratung und Unterstützung<br />
an.<br />
} Nutzungsgebühr führ Unterkunft und Beratung (bei<br />
keinem Einkommen vom Sozialamt übernommen, bei<br />
Einkommen geringe Selbstbeteiligung)<br />
Polizei<br />
Jugendamt<br />
Frauenhaus Zollernalb Kreis e.V., Balingen<br />
Referentinnen: Fr. Flaiz, Gerda, Erzieherin<br />
Fr. Schuller, Heike, Dipl. Päd.<br />
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