3 Fragen an Frank Rommerskirchen - DAS DA Theater
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Auszüge aus einem Interview mit Christine Nöstlinger<br />
Der Konrad erinnert ja erschreckend <strong>an</strong> aktuelle Debatten um das Bestellen des<br />
perfekten, künstlich erzeugten Kindes. Spüren Sie einen politischen Auftrag mit Ihren<br />
Büchern?<br />
Was ist Literatur? Ein Stück Welt in Sprache umsetzen. Wenn ich das für Kinder mache ist das<br />
natürlich auch politisch. Früher habe ich am R<strong>an</strong>de konkrete Dinge hineingebracht. Bei<br />
„Maikäfer flieg!“ erfahren Kinder <strong>an</strong>deres über russische Soldaten als das, was ihre Großväter<br />
und Väter vielleicht erzählt haben, es ist ein hum<strong>an</strong>erer Blick. Und die Rosa Riedl ist ja auch<br />
ein Arbeitergespenst und kein hochherrschaftliches.<br />
Es wohnt auf dem Dachboden. Ein wichtiger Ort für die Kindheit, wie der Keller?<br />
Der Keller war für mich ein Angstort. Wir haben dort viel aufbewahrt, die Milch im Sommer,<br />
den Rest vom Braten, mit einem Stein darauf, damit die Mäuse nicht r<strong>an</strong>kamen. Wenn die<br />
Mutter mich runtergeschickt hat, um Milch zu holen, habe ich jede Ausrede gefunden, nicht<br />
runterzumüssen. Für Kriegskinder ist das natürlich ein Ort des Schreckens, beim<br />
Bomben<strong>an</strong>griff haben wir immer unten gesessen. Auch wenn es einem nicht bewusst war, es<br />
hat einen sehr verstört.<br />
Beschäftigt Sie diese Zeit heute noch?<br />
Es ist eine Zeit, die mir besser in Erinnerung ist als vieles <strong>an</strong>dere. Das Kriegsende, da erinnere<br />
ich mich noch <strong>an</strong> jeden einzelnen Tag. Wie bei den Soldaten. Das ging einem ja immer auf die<br />
Nerven, wenn die Männer dauernd vom Krieg erzählt haben. Aber das sind Dinge, die sich<br />
festsetzen.<br />
Was ist das prägende Gefühl aus dieser Zeit? Die Unberechenbarkeit?<br />
Kinder sind im Leben überhaupt verunsichert. Weil sie machtlos und abhängig sind. Es gibt<br />
aber schon Charakterzüge, die sich da festgesetzt haben: das Gefühl, dass ich zu einer<br />
Minderheit gehöre. Einer Familie, die in der Nazizeit gegen die Nazis war. Dass m<strong>an</strong> gewisse<br />
Sachen nicht sagen darf, aber doch recht hat. Und d<strong>an</strong>n etwas, das ist immer noch in mir: das es<br />
im Leben so ungerecht zugeht. Ich war fest davon überzeugt, die Nazis würden nach dem Krieg<br />
bestraft. Ich habe die ja alle gek<strong>an</strong>nt, die neben<strong>an</strong> wohnten, vor denen sich meine Oma<br />
fürchtete. D<strong>an</strong>n war der Krieg aus, und die Herrschaften wurden entnazifiziert. Das war die<br />
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