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Referat Dialogtag Diessen 1999

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© Atelier Edition Hanus 1995<br />

Was ist Kreativität?<br />

Macht Kreativität gesund?<br />

Es ist üblich, dass man in der Kreativität eine menschliche Fähigkeit sieht; und im All-<br />

gemeinen versteht man das Kreative auch als ein Hervorbringen von originellen Ideen,<br />

Produkten und Handlungen. Natürlich ist die Kreativität keineswegs nur auf den Men-<br />

schen beschränkt. Darüber hinaus gibt es auch ein kreatives Sein: Das Kreative zeigt sich<br />

auch in kosmischen Phänomen.<br />

Welche Phänomene sind das?<br />

Wenn Unordnung in Ordnung übergeführt wird, wenn niedere Formen von Ordnung zu<br />

höheren Formen von Ordnung konstelliert werden, dann kann man das als kreativ be-<br />

zeichnen.<br />

Läßt sich diese Behauptung begründen?<br />

In der neueren Kreativitätsforschung geht man davon aus, dass ein wesentliches Merk-<br />

mal kreativer Prozesse darin zu sehen ist, daß sie Gegensätze integrieren. Das Wesentli-<br />

che am Kreativen bestünde demnach darin, unvereinbar Scheinendes zueinander in Be-<br />

ziehung zu bringen und miteinander zu verbinden, so daß Neues entsteht. Außerdem<br />

hat man erkannt, daß kreative Prozesse durch klare Strukturen und Fakten gefördert<br />

werden, und daß eindeutige Spielregeln günstige Voraussetzungen für Kreativität sind.<br />

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Der Erfinder der fraktalen Geometrie BENOIT MANDELBROT, Professor für Mathematik<br />

an der Yale-University sagt: „Es ist sehr interessant, daß man ohne Regeln etwas Billiges<br />

bekommt, während man mit Regeln oft hoch interessante Bilder erhält.“ Das steht im<br />

Widerspruch zur früheren Anschauung des "laissez-faire", jener Einstellung, bei der man<br />

angenommen hat, das Kreative würde sich schon irgendwie ganz von selbst ereignen,<br />

wenn man sich nicht einmischt und den Prozeß stört.<br />

Wenn sie den evolutionären Prozeß des Lebens betrachten, dann finden sie bestätigt,<br />

daß auf der Basis von Naturgesetzen, also klaren Regeln, aus niederen Formen von Ord-<br />

nung höhere Formen entstehen. Der Physiochemiker und Nobelpreisträger für Chemie<br />

ILYA PRIGOGINE sagt, Leben sei grundsätzlich als kohärente Wechselwirkung zu verste-<br />

hen, in der aus ungeordneten Strukturen geordnete Strukturen entstehen. "Kohärent"<br />

bedeutet eine zunehmende Erhöhung der Information durch sich komplexifizierende<br />

Muster von Ordnung. Die Kohärenztheorie besagt, daß sich die Elemente eines Organis-<br />

mus wie ein geordnetes zusammenhängendes Ganzes verhalten, und daß im Unter-<br />

schied zum bloßen Zufall in Lebensprozessen steuernde, zielgerichtete Aktivitäten mög-<br />

lich sind und auch stattfinden.<br />

Kreativität ist also etwas, was mit einer Zunahme von Ordnung zu tun hat. Ordnung und<br />

Information hängen zusammen. Was diesen Zusammenhang angeht, so wäre nun zu fra-<br />

gen: Machen Ordnung und Information gesund?<br />

Was ist gesund?<br />

Im elementaren Sinn ist das gesund, was dem Leben hilft, um am Leben zu bleiben; und<br />

was ist das, was dem Leben hilft?<br />

Das Licht!<br />

Um zu verstehen, warum das so ist, wollen wir uns ein wenig in der Quantenphysik, in<br />

der Biophotonenforschung und in der Bewußtseinsphänomenologie umsehen. Der<br />

Quantenphysiker ERWIN SCHRÖDINGER meinte, daß es das Sonnenlicht sei, welches die<br />

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Aufrechterhaltung der Ordnung in lebenden Systemen ermögliche. Gewisse Anteile des<br />

Sonnenlichts hätten selbst eine gewisse Ordnung - wären also kohärent. Das aber würde<br />

bedeuten, daß die Photonen des Sonnenlichts Struktur und Information erzeugten.<br />

Demnach brächte das Licht Ordnung in die Welt. MAX PLKANCK, der Begründer der<br />

Quantenmechanik, führte die Tatsache, daß die Photonen von allen möglichen Wegen<br />

immer den direktesten und kürzesten Weg zurücklegen, darauf zurück, daß sich in ihnen<br />

Intellignez äußere; und bereits ISAAK NEWTON sprach davon, daß im physikalischen<br />

Licht ein geistiges Licht enthalten wäre. Er meinte, das Geistige in der Welt müsse so et-<br />

was wie Licht sein.<br />

In einem relativ neuen Wissenschaftszweig, der Biophotonenforschung, hat man her-<br />

ausgefunden, daß es offenbar eine Verbindung gibt zwischen dem äußeren, also physi-<br />

kalischen Licht und jenem Licht, das wir als inneres, sozusagen als "Lebenslicht" be-<br />

zeichnen mögen. Biophotonen sind die Lichtquanten einer Strahlung, die aus lebenden<br />

Zellen stammt. Diese Biophotonenstrahlung hat ihren Ursprung in den Molekülen der<br />

Zellen. Ein solches Licht, eine solche Strahlung aus den Zellen ist sehr ruhig und stabil;<br />

vom physikalischen Licht unterscheidet es sich dadurch, daß es keine Schwankungen<br />

zeigt. Man kann ein solches stabiles Licht auch technisch erzeugen; das Ergebnis ist das<br />

Laserlicht. Auch Laserlicht ist frei von Schwankungen. Biophotonenlicht ist demnach so<br />

etwas wie ein natürliches Laserlicht. Im Unterschied zum normalen Licht, wie wir es<br />

kennen, hat das Biophotonenlicht, genau so wie das technische Laserlicht infolge seiner<br />

schwankungsfreien Stabilität einen sehr hohen Ordnungsgrad. Deshalb bezeichnet man<br />

es auch als "kohärentes Licht".<br />

Was haben wir bisher festgestellt?<br />

Etwas, was Ordnung und Information schafft, ist als kohärent anzusehen. Kreativität und<br />

Kohärenz hängen insofern zusammen, weil in solchen Prozessen neue Strukturen von<br />

Organisation geschaffen werden und damit neue Wechselwirkungen zustande kommen.<br />

Diese kosmischen Aspekte der Kreativität können wir auf den Menschen übertragen.<br />

Wie zeigt sich Kreativität beim Menschen?<br />

3


Sie zeigt sich anhand kognitiver Äußerungen und Handlungen. Kognitive Äußerungen<br />

sprechen unsere Gedanken und Vorstellungen an; und die Gedanken und Vorstellungen<br />

wirken sich wiederum auf die Handlungen aus. Handlungen sprechen die Sinne an; und<br />

je nachdem, wie die Sinne angesprochen werden, werden auch wiederum die Gedanken<br />

und Vorstellungen unterschiedlich bewirkt.<br />

Welche Äußerungen und Handlungen wären demnach kreativ?<br />

Wenn wir Kreativität als Kohärenz bildenden Vorgang verstehen wollen, dann wären<br />

dem zu folge nur solche Äußerungen und Handlungen kreativ, die Kohärenz stiftend sind<br />

und wirken. Das beinhaltet: Kreative Äußerungen und Handlungen müssen so beschaf-<br />

fen sein, daß sie Unordnung in Ordnung überführen, daß aus niederen Formen von Ord-<br />

nung höhere Formen von Ordnung entstehen. Kann man annehmen, daß kohärente - al-<br />

so kreative Handlungen einen Einfluß auf die Gesundheit haben? Das läßt sich anneh-<br />

men. Ich möchte davon ausgehen, daß das Gegenteil von Gesundsein, das Kranksein ist.<br />

Diese Polarisierung von Gesundsein und Kranksein bezieht sich beim Menschen auf drei<br />

ineinander wirkende existentielle Bereiche:<br />

- Den somatischen,<br />

- den psychischen und<br />

- mentalen Bereich.<br />

In jedem dieser drei Bereiche erscheint die Polarisierung von gesund und krank in einer<br />

phänomenologisch eigenen Weise:<br />

- Im somatischen Bereich äußert sich Gesundsein als Homöostasis, und Kranksein äu-<br />

ßert sich als Dysfunktion.<br />

- Im psychischen Bereich äußert sich das Gesundsein als Harmonie und das Kranksein<br />

als Leiden.<br />

- Im mentalen Bereich äußert sich Gesundsein als als rechte Einsicht und Kranksein<br />

als Wahn.<br />

Der Quantenphysiker DAVID BOHM hat darauf hingewiesen, daß die Wörter „Medizin“<br />

und „Meditation“ aus der gleichen indogermanischen Sprachwurzel stammen. Das latei-<br />

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nische Wort „mederi“ heißt „heilen“; ursprünglich aber hatte es aber auch die Bedeutung<br />

von „messen“. Was aber haben Medizin und Meditation mit „messen“ zu tun? Solange<br />

man dabei nur an äußere Maßstäbe denkt, gibt es keinen Zusammenhang: Aber in seiner<br />

ursprünglichen Bedeutung hing der Begriff „messen“ zusammen mit der platonischen<br />

Anschauung des rechten inneren Maßes. Das rechte innere Maß des Körpers ist seine Ge-<br />

sundheit, das harmonische Funktionsgleichgewicht - seine Homöostasis. Das rechte in-<br />

nere Maß der Psyche ist Gelassenheit und Harmonie; und das rechte innere Maß im<br />

Mentalen zeigt sich uns in rechter Einsicht.<br />

Aufgabe der Medizin, der Therapie oder der Pädagogik wäre es demnach, das rechte in-<br />

nere Maß wieder herzustellen, wenn es aus der Balance gekommen ist. Nun stellt sich<br />

die Frage, ob und wie Kreativität darauf einen Einfluß nehmen könnte. Wenn Kreativität<br />

ein kohärenter Prozeß ist, dann ist sie eindeutig etwas Geistiges. Und wenn sie etwas<br />

Geistiges ist, dann kann sie auch auf das Geistige einwirken. Können solche Phänomene<br />

wie Homöostasis und Dysfunktion, von Harmonie und Leiden, von rechter Einsicht und<br />

Wahn als geistiger Ausdruck angesehen werden? Vielleicht schon.<br />

Wenn man annimmt, daß alles im Bereich des Somatischen und des Kognitiven auf In-<br />

formation beruht, Information selbst aber nichts Substantielles ist, dann ist es nicht ver-<br />

kehrt Gesundsein und Kranksein als geistigen Ausdruck zu verstehen. So gesehen kön-<br />

nen wir also das Gesundsein mit heilsamen Geistesfaktoren und das Kranksein mit un-<br />

heilvollen Geistesfaktoren in Zusammenhang bringen. Heilsame Geistesfaktoren wären<br />

kohärent, unheilsam wären jene, denen es an Kohärenz fehlt. Übertragen wir diese Idee<br />

auf die drei vorhin genannten Lebensbereiche, dann erhalten wir interessante Zusam-<br />

menhänge.<br />

Damit ein Lebewesen im somatischen Bereich seine Homöostasis, sein Funktionsgleich-<br />

gewicht aufrecht erhalten werden kann, bedarf der biologische Organismus des Lichts.<br />

Über jegliche Form von Nahrung wird dem Organismus Licht und dem zufolge Informa-<br />

tion zugeführt. Lebewesen speichern Licht; indem sie Licht speichern, speichern sie In-<br />

formation. ERWIN SCHRÖDINGER sagt: "Der Kunstgriff, mittels dessen ein Oragnismus<br />

sich stationär auf einer ziemlich hohen Ordnungsstufe hält, besteht in Wirklichkeit aus<br />

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einem fortwährenden ‚Aufsaugen’ von Ordnung aus seiner Umwelt." Er meint, daß es<br />

letztendlich das Sonnenlicht ist, das diese Ordnung schafft.<br />

Nach den Erkenntnissen des Biophotonenforschers FRITZ ALBERT POPP, besteht die<br />

Ernährung der Lebewesen darin, daß sie die in pflanzlichen und tierischen Substanzen<br />

gespeicherten Sonnenphotonen in sich aufnehmen und verwerten; und der chinesische<br />

Lasertheoretiker KI-HSUEH-LI nimmt an, daß die über die Nahrung aufgenommenen<br />

Sonnenphotonen in der DNS gespeichert werden, von wo aus sie in den Energiehaushalt<br />

der Zellen übergehen. Licht ist demnach ein für das somatische System heilsamer Geis-<br />

tesfaktor. Er wirkt sich kreativ im Organismus aus, indem er kohärente Prozesse ermög-<br />

licht, die dem biologischen System jene Informationen zuführen, das es zur Aufrechter-<br />

haltung seiner homöostatischen Selbstregulation und Selbstorganisation braucht.<br />

Was auf Körperebene Homöostasis als harmonische Selbstregulation und Selbstorgani-<br />

sation ist, das ist im Psychischen ein Zustand von Harmonie - ein sich Aussteuern auf ei-<br />

ne innere Ausgeglichenheit hin. Ist diese Harmonie, ist dieses Ausgeglichensein in irgend<br />

einer Weise gestört, dann leiden wir. Zur Aufrechterhaltung dieser Harmonie bedarf das<br />

Psychische genauso des Lichts, wie der Körper das Licht als Informationsnahrung benö-<br />

tigt. Doch das Licht, das die Psyche als Nahrung benötigt, ist kein physikalisches Licht. Es<br />

ist ein Licht, das wir auf der Basis unseres Körper-Seins erst erzeugen müssen. Dieses<br />

Licht kommt nicht von außerhalb der Sonne, sondern vom inneren Gestirn, das unser<br />

Gehirn ist.<br />

Wie kommt das Licht ins Gehirn?<br />

Ich möchte das Licht des Gehirns mit dem Bewußtsein gleichsetzen. Bewußtsein ist<br />

Wahrnehmung. Das Wahrnehmen erfolgt über die mit dem Gehirn verbundenen Sinne.<br />

Was vermittels der Sinne über das Gehirn wahrgenommen wird, wird vom Subjekt er-<br />

lebt. Je nach dem Grad der Aufmerksamkeit kann dieses Erleben mehr oder weniger be-<br />

wußt sein; und damit meine ich, daß das Objekt der Wahrnehmung vom Bewußtsein des<br />

Subjekts mehr oder weniger erhellt wird. Genauso wie das somatische System der In-<br />

formation bedarf, um seine rudimentäre Gesundheit in Form von Homöostasis erhalten<br />

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zu können, so bedarf auch das Psychische der Information, um sein Gesundsein in Form<br />

von Harmonie beizubehalten. Ich möchte das anhand der Gefühle veranschaulichen.<br />

Gefühle haben über das Immunsystem eine direkte Auswirkung auf das Gesundsein.<br />

Sehr vereinfacht gesagt: Heilsame Gefühle erhalten den Körper gesund, unheilsame Ge-<br />

fühle machen ihn krank. Harmonie fördert seine Homöostasis, Leiden kann seine Dys-<br />

funktion bewirken. Man hat eindeutig festgestellt, daß Streßgefühle zu einer starken<br />

Verminderung der T- und B- Lymphozyten führen, was sich unter anderem in einer ge-<br />

steigerten Ansteckungsbereitschaft bei Erkältungskrankheiten auswirkt. Man weiß heu-<br />

te auch, daß aufregende und belastende Gefühle eindeutig das Krankheitsrisiko erhöhen.<br />

HOWARD FRIEDMAN von der University of California in Irvine hat bei einer Auswertung<br />

von etwa hundert Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Gefühlen und Ge-<br />

sundheit festgestellt, daß Menschen, die dazu neigen feindselig, neidisch, wütend oder<br />

pessimistisch zu sein, das doppelte Risiko einer ernsten Erkrankung haben. Reichlich<br />

gut dokumentiert ist auch der Zusammenhang zwischen dem Kranksein und dem Ver-<br />

leugnen psychischer Probleme.<br />

Was sagt uns das?<br />

Solche Untersuchungen weisen eindeutig darauf hin, daß es eine äußerst wirkungsvolle<br />

Wechselwirkung zwischen unseren Gefühlen und dem Immunsystem gibt. Das ist auch<br />

der Grund dafür, daß man vom klassischen Verständnis der Immunabwehr zur Einsicht<br />

in die Wechselwirkungen der Psycho-Neuro-Immunologie gekommen ist. Mit den Gefüh-<br />

len hängt das Mentale eng zusammen. Im Begriff „mental“ subsummiere ich das Denken,<br />

Vorstellen, Phantasieren, Erkennen usw.; ohne diese Funktionen gibt es keine Gefühle.<br />

Man leidet nicht bloß deshalb an unheilsamen Gefühlen, weil sie sich offensichtlich<br />

nachteilig auf die körperliche Gesundheit auswirken; davon abgesehen sind unheilsame<br />

Gefühle selbst mit einem leidvollen psychischen Erleben verbunden. Über kreative Äu-<br />

ßerungen und Handlungen läßt sich aber das Licht des Bewußtseins auf eine Weise an-<br />

regen, so daß es zu einer Umstrukturierung des leidvollen Gefühlserlebens kommen<br />

kann.<br />

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Um verstehen zu können, wie das möglich ist, müssen wir wissen, wie ein Gefühl zu-<br />

stande kommt. Dr. DANIEL BROWN, Dozent für Psychologie in Harvard, sagt: „Weil die<br />

Physiologie ziemlich einfach gebaut ist, kam man auf die Idee, daß die Vielfalt der Gefüh-<br />

le mit Hilfe der Sprache und des Denkens zustande kommt.“ Und weiter meint er, daß<br />

ein Gefühl aus mindestens drei Komponenten besteht:<br />

- Aus einem im Körper empfundenen Vorgang,<br />

- aus einem Gedanken- oder Erkenntnisinhalt und<br />

- einer Ausdrucksreaktion.<br />

Wenn also nur ein körperliches Empfinden vorhanden ist, ohne einem damit verbunde-<br />

nen Gedanken, dann ist es kein Gefühl, weil eben der gedankliche Inhalt fehlt; und wenn<br />

man nur einen Gedanken ohne Körperempfindung hat, dann ist das auch kein Gefühl,<br />

weil man dabei nicht das Gefühl hat eine Gefühl zu erleben. Wenn dem so ist, dann läßt<br />

sich daraus folgern, daß unheilsame Gedanken zu leidvollen Gefühlen führen; umgekehrt<br />

können wir aber annehmen, daß man leidvolle Gefühle über heilsame Gedanken um-<br />

wandeln kann. Will man also im Gefühlsbereich heilsam wirksam sein, dann scheint es<br />

zweckmäßig, daß man sich mit dem Mentalbereich beschäftigt. Wie bereits dargestellt,<br />

zeigt sich uns das Mentale in seiner gesunden Form als rechte Einsicht und in seiner<br />

kranken Form als Wahn. Wahn wäre als die extremste Form von Täuschung zu verste-<br />

hen. Worüber täuscht man sich?<br />

Man täuscht sich über die Wirklichkeit; und dieses Sich-Täuschen wirkt sich in Form von<br />

leiden im Gefühlserleben aus. Mittels kreativer Strategien kann man solche Täuschungen<br />

aber aufheben. Dabei gilt es zu beachten: Es nützt nichts, wenn man über Kreativität re-<br />

det; sie muß sich existentiell verwirklichen können; und was das angeht, da haben wir es<br />

mit Handlungen zu tun - vor allem haben wir es mit dabei mit Kohärenz schaffenden<br />

Handlungen zu tun. Nicht jede Handlung, die man als kreativ ansieht, ist auch kohärent.<br />

Kohärente kreative Handlungen ereignen sich - zumindest im therapeutischen Setting -<br />

selten von alleine; sie müssen beabsichtigt sein. Diese Absicht muß sich an bestimmten<br />

Regeln orientieren, die ein Programm ergeben.<br />

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Ein solches Programm besteht aus Interventionen, die den Handlungsablauf strukturie-<br />

ren. Dieser Ablauf von Handlungen ist final. Das heißt: Die Abfolge der Handlungen ist so<br />

beschaffen, daß dadurch ein Ziel verwirklicht werden kann. Also: Bei einem Programm<br />

setzt man an dem an, worum es letztlich geht; und man hält sich an eine Abfolge, die so<br />

strukturiert ist, daß das, worum es geht, verwirklicht werden kann. Diese Beschreibung<br />

macht deutlich, daß kohärente Handlungen nicht beliebig sind und der Laune des Klien-<br />

ten oder des Therapeuten entsprechen. Will man im mentalen Milieu des Klienten etwas<br />

ändern, dann bedarf es einer strukturierten Vorgehensweise, die gewährleistet, daß<br />

mentale Unordnung in Ordnung übergeführt wird.<br />

Ich möchte nun das Bisherige zusammenfassen und dabei die Metapher vom Licht wei-<br />

terführen. Wir haben uns mit der Frage beschäftigt: Macht Kreativität gesund? Es wurde<br />

dargestellt, daß Kreativität mit Kohärenz zusammenhängt. Kohärenz, also Ordnung und<br />

Information verbinden uns leiblich, seelisch und geistig mit den inneren und äußeren<br />

Phänomenen des Lichts. Ohne Licht können wir nicht sein; ohne Licht können wir nicht<br />

sehen. Ohne Licht verbleiben die Inhalte sowohl der äußeren wie der inneren Welt im<br />

Dunkel. Erst im Erhellen der Dinge durch das Licht, können wir wahrnehmen und unter-<br />

scheiden. Und indem wir wahrnehmen und unterscheiden, können wir Unheilsames neu<br />

und anders organisieren, heilsam gestalten und umgestalten.<br />

Um Kreativität zu verstehen, habe ich dieses Phänomen mit Kohärenz und Licht in einen<br />

Zusammenhang gebracht. Wenn dieser Zusammenhang für ein heilsames Leben wichtig<br />

ist, was können wir dann tun, um ihn zu fördern? Unter anderem fördern wir ihn<br />

dadurch, indem wir darüber reden und Netzwerke bilden. Der Arzt Dr. VOLKER ZUR<br />

LINDEN schreibt in einem sehr interessanten Artikel über „Erkennen und Heilen des<br />

Kreativitätsmangelsyndroms“, daß Kreativität eine elementare geistige Fähigkeit des<br />

Menschen sei. Er folgert daraus, daß zwischen einem ganzheitlichen Gesundsein und<br />

dem Kreativsein ein funktionaler Zusammenhang in Form eines Regelkreises bestehen<br />

müßte. Seinen Erfahrungen und Beobachtungen nach wäre es möglich, daß ein Mangel<br />

an Kreativität im menschlichen Leben eine noch unbeobachtete Ursache für das Entste-<br />

hen von Krankheiten sein kann. In dem von ihm eingeführten Terminus des „Kreativi-<br />

tätsmangelsyndroms“ sehe ich einen sehr wichtigen Ansatzpunkt der helfen könnte, den<br />

9


Nutzen des Kreativseins im Umfeld des geistig-seelischen und psychosomatischen Hei-<br />

lens verständlich zu machen.<br />

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