DER REvISOR - Landesbühne Niedersachsen Nord

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LANDESB HNE Lobeshymnen und Leidensdruck Hintergrund Diese bissige Zeichnung einer russischen Provinzgemeinde, in der Korruption und Amtsmissbrauch zum Alltagsgeschäft gehören, erregt einiges an Aufsehen. Eine derart offensiv-spöttische Darstellung der politischen Verhältnisse im Zarenreich ist ein Skandal. Die Beamten in Aufruhr wollen ein Verbot erwirken, aber Zar Nikolaus I. hat seine Freude an den Verspottungen seiner „oberen Unteren“ und so wird am 19. April 1836 <strong>DER</strong> REVISOR im Alexandrinski Theater in St. Petersburg uraufgeführt. Gogol bekommt Drohbriefe und Lobeshymnen, wird gefeiert und gejagt. Er flüchtet ziellos ins Ausland und lebt in den folgenden Jahren im ständig wechselnden, selbst auferlegten Exil: Paris, Jerusalem, Dresden, Ostende, Odessa. 1842 erscheint sein ihm Weltruhm einbringender Roman „Die toten Seelen“. Gogol leidet mehr und mehr unter – teils eingebildeten, teils tatsächlichen – Krankheiten und verfällt, gehetzt und getrieben von sich selbst, zunehmend dem religiösen Wahnsinn. 1847 veröffentlicht er „Ausgewählte Stellen aus dem Briefwechsel mit Freunden“ und revidiert damit praktisch sein ganzes vorheriges Tun. Er lobt die herrschende Ordnung, spricht sich für Leibeigenschaft aus und stößt damit Freunde und Nahestehende völlig unvermittelt vor den Kopf. Die Gründe sind unklar, aber wahrscheinlich auf den religiösen Fanatismus zurückzuführen, in dem er krankhaft nach Läuterung sucht. Anfang 1852 legt er sich ins Bett und verweigert die Nahrungsaufnahme:„In Gott leben, heißt, außerhalb des Körpers zu leben.“ Nachdem er in einem „Brandopfer“ das Manuskript zum geplanten zweiten Teil der „Toten Seelen“ vernichtet hat, wird er nach großen Qualen und Schreckensvisionen am 4. März endlich vom ihm unerträglich gewordenen Leben erlöst. Spiegelbild der Gesellschaft Was würde Gogol wohl sagen, hielte man ihm die Auswertung von „Transparency International“ für das Jahr 2010 unter die Nase? Die Organisation befasst sich mit „der wahrgenommenen Korruption im öffentlichen Sektor“ weltweit und stellt danach ein Ranking auf. Dass Russland auf Platz 152 von 178 überprüften Staaten liegt (Platz 1 teilen sich Dänemark, Neuseeland und Singapur mit der geringsten messbaren Korruption, Deutschland liegt auf Platz 15 zwischen Österreich und Barbados), ist dabei nur zweitrangig interessant. Vielmehr ist es doch erstaunlich, dass sich in unserer scheinbar so aufgeklärten Welt illegale Machtsysteme und Seilschaften in Politik und Wirtschaft großflächig halten können und eine solche Indizierung überhaupt notwendig machen. Auch wenn die weltweite Gesamtentwicklung tendenziell eher rückläufig ist, werden wir doch gefühlt wöchentlich mit neuen Skandalen aus der Kleine-Gefallen-gegen-großes-Geld-Sparte konfrontiert: Ford verklagt korrupte Mitarbeiter, Ex-Siemens- Vorstandsvorsitzender Pierer wird wegen einer Schmiergeldaffäre von US-Fahndern ins Visier genommen und gerade erst berichtete „Der Spiegel“ von einer Visa-Affäre im Auswärtigen Amt – Mitarbeiter mehrerer deutscher Botschaften stünden im Verdacht, im Auftrag internationaler Schleuserringe Hunderte erschlichener Visa ausgestellt und dafür bar kassiert zu haben. 3
LANDESB HNE Hintergrund Ist es nun Zufall, dass Gogol bereits vor über 150 Jahren thematisiert hat, was heute noch die Medien beherrscht oder ist es, wie der britische Philosoph Thomas Hobbes schon 1651 vermutete, der vorhersehbare menschliche Rückfall in den von „Furcht, Ruhmsucht und Unsicherheit geprägten gesellschaftlichen Naturzustand“, der uns ereilt, je weniger souverän unser Staat uns beschützt? In jedem Fall ist klar, Gogols Stück ist weder veraltet noch kann man den Begriff zeitlos verwenden: Es ist genau die Zeit für den REVISOR. Zeigt er uns heute ein humorvoll überspitztes Spiegelbild der Gesellschaft, bleibt doch zu wünschen, dass es irgendwann nur noch „die Probleme von damals“ sind, über die wir lachen können. Annabelle Schäll 4
Seite 1 und 2: DER REvISOR von Nikolai Gogol Bearb
Seite 3: LANDESB HNE Das hässliche Entlein
Seite 7 und 8: LANDESB HNE Regie / Ausstattung Reg
Seite 9: LANDESB HNE Pressefotos im Internet

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