Arsen und spitzenhäubchen

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sein Brot, heiratete in New York die Pianistin Charlotte Elsheimer und schrieb im Verlauf seiner Karriere zwölf Stücke, von denen von 1935 bis 1963 vier am Broadway zur Aufführung kamen. Seit 1980 vergibt der National Arts Club zu Ehren Kesselrings jährlich den von seiner Witwe Charlotte gestifteten „Joseph Kesselring Prize“ für aufstrebende Dramatiker, den unter vielen anderen Tony Kushner („Engel in Amerika“) und Nicky Silver („Fette Männer im Rock“) gewonnen haben. Joseph Kesselring starb am 5. November 1967 in Kingston im Bundesstaat New York. Vom sozialdrama zum Komödienklassiker Um den unglaublichen Erfolg von Joseph Kesselrings Kriminalkomödie anschaulich zu machen, genügt folgende Fußnote der Aufführungsgeschichte: Das Stück erlebte seine Uraufführung am 10. Januar 1941 in New York. Warner Brothers produzierte noch im selben Jahr die Verfilmung mit Cary Grant und verpflichtete sich, den fertigen Film nicht ins Kino zu bringen, bis das Stück abgespielt wäre. Dass dies erst 1944 nach 1444 Vorstellungen der Fall sein würde, konnte natürlich niemand ahnen. Seitdem ist das Stück von den Bühnen weltweit nicht mehr wegzudenken und gilt als der Klassiker der Schwarzen Komödie. Dabei war das Stück vom Autor eigentlich als schwermütiges Psychodrama konzipiert worden. Kesselring stieß auf die düstere Geschichte der Amy Archer-Gilligan aus Windsor in Connecticut, ein aufsehenerregender Mordfall, in dem es um eine Krankenpflegerin ging, die von 1907 bis 1917 in ihrem eigenen Pflegeheim über 50 alte Menschen vergiftet haben soll. Angeklagt werden konnte sie allerdings nur wegen fünf Morden, darunter die an ihren beiden Ehemännern, die jeweils kurz zuvor ihr Testament zu Gunsten ihrer Ehefrau geändert hatten. Als Vorbild für das Haus der Brewster-Schwestern muss er allerdings das Wohnzimmer des Gästehauses des mennonitischen Bethel College in North Newton in Kansas im Kopf gehabt haben, wo er in seiner Zeit als Musiklehrer gewohnt hatte. Angeblich entspricht das Bühnenbild von Arsen und Spitzenhäubchen bis hin zum Detail der großen Fenstertruhe mit der Klappe als Sitzfläche diesem Wohnzimmer. Den ersten Entwurf seines Sozialdramas – übrigens ein Genre, das sich in den 1930er Jahren großer Beliebtheit erfreute und dem der damals noch unbekannte Filmschauspieler Boris Karloff seinen Durchbruch verdankte – bekamen die als Theaterproduzenten und „play doctors“ bekannten Howard Lindsey und Russell Crouse in die Hände. Sie versuchten, den jungen, unbekannten Autor davon zu überzeugen, dass der Stoff als Komödie viel geeigneter sei. Einige Jahre später, nach seinem ersten, kleinen Broadway-Erfolg „Wisdom in Women“ von 1935, war Kesselring bereit, aus dem Entwurf die Komödie Arsen und Spitzenhäubchen zu machen. 4
der berühmteste running Gag der theatergeschichte Aber auch als Komödie war der Stoff den Broadway-Produzenten noch zu heikel. Das Stück ist gespickt mit Seitenhieben auf evangelikale Christen, den Provinzmief von Brooklyn und das amerikanische Idyll der heiligen Familie. Erst als Boris Karloff, der inzwischen durch seine Rolle als Frankensteins Monster berühmt geworden war, als Produzent und vor allem als Geldgeber einstieg, war der Weg frei für den Welterfolg dieser unverwüstlichen Komödie. Karloff spielte in der Uraufführung den psychopathischen Serienmörder Jonathan Brewster. Auf den Proben entwickelte sich aus den Frotzeleien der anderen Schauspieler einer der berühmtesten Running Gags der Theatergeschichte: Immer wieder nuschelten Kollegen, allen voran die für ihren flapsigen Humor berühmte Jean Adair, die die Martha Brewster spielte, Sätze wie „der erinnert an irgendjemanden, den ich im Kino gesehen habe“ oder „der sieht doch aus wie Boris Karloff“, worauf der Angesprochene aus dem Stand einen der legendären Gewaltausbrüche zum besten gab, die ihn als Frankensteins Monster berühmt gemacht hatten. Statt die Kollegen zur Disziplin zu mahnen, erkannte Kesselring sofort das Potenzial dieser Blödelei und baute sie in das Stück ein. Neben den beiden männermordenden, schrulligen Jungfern Abby und Martha Brewster, die von den damaligen Broadway-Stars Josephine Hull und Jean Adair gespielt wurden, waren es sicher Boris Karloff und seine Selbstironie, die das Stück zu dem gigantischen Erfolg gemacht haben, der es bis heute ist. Unglücklicherweise gaben die Universal Studios, bei denen Karloff unter Vertrag war, ihn nicht für die Dreharbeiten zur Verfilmung frei, die von Warner Brothers produziert wurde, sodass Raymond Massey die Rolle des Jonathan übernahm. Dadurch wurde der Filmgeschichte die Begegnung mit dem genialen Peter Lorre, der im Film Jonathans Gehilfe Dr. Einstein spielte, verwehrt. Erst 1955 trafen die beiden in einer Fernseh- und Hörspielfassung für CBS aufeinander. Peter Hilton Fliegel 5
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