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Älter werden - bei der Lebenshilfe Ostallgäu eV

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Alt <strong>werden</strong> im Wohnheim<br />

In den fünf Wohnheimen <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong><br />

<strong>Ostallgäu</strong> leben inzwischen ca. 15<br />

Bewohner, die im Laufe <strong>der</strong> vergangenen<br />

Jahre ihr Rentenalter erreicht haben. Die<br />

meisten von ihnen wohnen schon seit<br />

langer Zeit im selben Wohnheim, einige<br />

kamen aus an<strong>der</strong>en Einrichtungen o<strong>der</strong><br />

von zuhause. Das anfängliche Wohnheimkonzept,<br />

dass je<strong>der</strong> Bewohner tagsüber<br />

einer festen Beschäftigung in Werkstätten<br />

o<strong>der</strong> Tagesstätten nachgeht und dadurch<br />

nur zu festgelegten Zeiten Betreuung im<br />

Wohnbereich benötigt, musste mit dem<br />

ersten Rentner neu überdacht <strong>werden</strong>.<br />

Alt <strong>werden</strong> in gewohnter Umgebung<br />

Ein Ziel <strong>der</strong> <strong>Lebenshilfe</strong> war schon immer,<br />

den Wohnheimbewohnern zu ermöglichen,<br />

in ihrem Zuhause auch im Alter und<br />

möglichst bis zum Ende ihres Lebens leben<br />

zu können. Um den älter <strong>werden</strong>den Menschen<br />

eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung zu<br />

ermöglichen, wurde für die ersten Rentner<br />

im Wohnheim Luxdorfer Weg ein Tagdienst<br />

eingerichtet. Während ihre berufstätigen<br />

Mitbewohner in <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t waren, von ca.<br />

8 Uhr morgens bis 16 Uhr nachmittags,<br />

verbrachten sie dort ihre Zeit gemeinsam<br />

mit einem Tagdienstbetreuer.<br />

Abschied vom Ar<strong>bei</strong>tsleben<br />

Nach und nach schieden mehr Bewohner<br />

aus dem Ar<strong>bei</strong>tsleben aus und<br />

inzwischen gibt es in vier unserer Wohnheime<br />

Tagdienste, <strong>der</strong>en gewachsener Betreuerstamm<br />

sich fast ausschließlich um<br />

die Ruheständler kümmert. Die meisten<br />

Rentner leben im Wohnheim in <strong>der</strong> Hans-<br />

Böckler-Straße, dem ersten Haus dieser<br />

Art im <strong>Ostallgäu</strong>, dort haben die ersten<br />

behin<strong>der</strong>ten Menschen ein neues Zuhause<br />

gefunden. Fast alle „HaBö-Ruheständler“<br />

leben zusammen mit drei Noch-Berufstäti-<br />

„Alter spielt überhaupt keine Rolle,<br />

es sei denn, man ist ein Käse“.<br />

(Billie Burk)<br />

21<br />

gen in einer Wohngruppe, also fast schon<br />

in einer kompletten „Rentnertruppe“.<br />

Freie Zeit<br />

Immer mehr Bewohner gehen in den<br />

Ruhestand. Die meisten freuen sich auf<br />

ihre Rente: „Dann kann ich endlich ausschlafen“,<br />

„Dann muss ich nicht mehr in die<br />

Ar<strong>bei</strong>t“, „Dann kann ich zuhause bleiben“,<br />

„Dann fühle ich mich wohler“. Viele sind<br />

glückliche Rentner vom ersten Tag an und<br />

genießen ihre freie Zeit. Einige merken aber<br />

erst im Laufe <strong>der</strong> Zeit, dass sich dadurch<br />

sehr viel verän<strong>der</strong>t. Der Tagesablauf ist<br />

ein ganz an<strong>der</strong>er, sie verlieren Kontakte,<br />

können nicht mehr so viel unternehmen<br />

wie früher, ihr ganzer Lebensraum verkleinert<br />

sich.<br />

Unterschiedliches Alt<strong>werden</strong><br />

Alle Menschen altern unterschiedlich,<br />

<strong>der</strong> eine ist mit 70 noch aktiv und gut gelaunt<br />

und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e mit 50 schon gebrechlich<br />

und unglücklich. Für den einen<br />

Bewohner ist <strong>der</strong> Ruhestand ein Geschenk,<br />

für den an<strong>der</strong>en eine Strafe. <strong>Älter</strong> zu <strong>werden</strong><br />

bedeutet aber nicht nur, nicht mehr in die<br />

Ar<strong>bei</strong>t gehen zu müssen, alt <strong>werden</strong> ist ein<br />

Prozess, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> letzten Lebensphase<br />

eines Menschen vollzieht. Behin<strong>der</strong>te Menschen<br />

bedrücken da<strong>bei</strong> dieselben Ängste<br />

wie nicht behin<strong>der</strong>te: die Angst vor gravierenden<br />

Verän<strong>der</strong>ungen, vor physischen und<br />

psychosozialen Verlusten, die Angst davor<br />

Selbständigkeit und Selbstbestimmung zu<br />

verlieren, die Angst davor nutzlos zu sein.<br />

Das Gefühl, gebraucht zu <strong>werden</strong><br />

Darum ist es wichtig, dass sie auch im<br />

Alter ihrer Belastbarkeit entsprechende feste<br />

Aufgaben haben. Sie brauchen das Gefühl,<br />

für die Gemeinschaft wichtig zu sein, etwas<br />

leisten zu können. Einige suchen sich ihre<br />

Luag nei 57<br />

Aufgaben selbst, erledigen Ar<strong>bei</strong>ten rund<br />

ums Haus, machen Küchendienst o<strong>der</strong><br />

backen Kuchen. An<strong>der</strong>e brauchen mehr<br />

Unterstützung, um ihre freie Zeit sinnvoll<br />

nutzen zu können. Noch etwas zu können,<br />

schafft Selbstvertrauen und Sicherheit. Das<br />

kann für jeden Bewohner an<strong>der</strong>s aussehen,<br />

auch wenn er nur die Fische füttert o<strong>der</strong><br />

zur Unterhaltung für die an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>lie<strong>der</strong><br />

singt.<br />

Zeit und Zuwendung<br />

Das wichtigste aber im Umgang mit<br />

älteren behin<strong>der</strong>ten Menschen ist, Zeit<br />

für sie zu haben. <strong>Älter</strong> zu <strong>werden</strong> heißt<br />

auch in allem langsamer zu <strong>werden</strong> und<br />

pflegebedürftiger. Man braucht Zeit, ihnen<br />

zuzuhören, Zeit, sich ihre Sorgen und<br />

Wünsche anzuhören. Zeit, sie in Ruhe zu<br />

pflegen und nicht in Hektik. Zeit, sich ihre<br />

Geschichten von früher anzuhören; auch<br />

Behin<strong>der</strong>te blicken im Alter auf ihr Leben<br />

zurück. Sie brauchen Zeit alltägliche Dinge<br />

in ihrem eigenen Tempo erledigen zu können.<br />

Man könnte sagen, sie brauchen Zeit<br />

zum alt sein. Hört man älteren Menschen<br />

nicht zu und traut man ihnen nichts mehr<br />

zu, fühlen sie sich schnell so, wie sie sich<br />

nie fühlen sollten: wertlos.<br />

Harry Urling beschreibt mit folgenden<br />

Worten, was ihm im Umgang mit alten<br />

behin<strong>der</strong>ten Menschen am wichtigsten ist:<br />

„Versuchen zu verstehen und einzufühlen,<br />

respektvoll begegnen und akzeptieren,<br />

individuelle Bedürfnisse berücksichtigen,<br />

individuelle Persönlichkeit würdigen, Lebensgeschichte<br />

respektieren“. Da fehlt<br />

noch: dafür sorgen, dass sie sich wohl<br />

fühlen und dass sie so lange wie möglich<br />

glücklich leben können.<br />

Christine Jaksch

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