K.I.T. 41 (1 MB-PDF-Download) - Reha-Westpfalz
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Seite 4 Seite 5<br />
Unterstützte Kommunikation<br />
Technische Hilfsmittel erleichtern die Verständigung<br />
Landstuhl. Die Beratungsstelle<br />
für Unterstützte Kommunikation<br />
hilft Kindern, Jugendlichen und<br />
Erwachsenen, die aufgrund einer<br />
angeborenen oder erworbenen<br />
Behinderung gar nicht oder nicht<br />
ausreichend sprechen können.<br />
Zwei Beispiele:<br />
Vor zwei Jahren kam Emma mit<br />
ihren Eltern und Bernadette Nedwed<br />
von der visuellen Frühförderung<br />
in die Beratungsstelle Unterstützte<br />
Kommunikation. Gemeinsam<br />
wurde ein Förderplan entwickelt,<br />
der eingebettet in das therapeutische<br />
und pädagogische Gesamtkonzept<br />
Emmas kommunikative<br />
Kompetenzen erweitern soll.<br />
Schon nach kurzer Zeit wurden<br />
die Maßnahmen der Unterstützten<br />
Kommunikation in Emmas Kindergarten<br />
aufgegriffen und mit alltäglichen<br />
Erfahrungen gefüllt. Emma<br />
hat mit ihrer Sprechtaste, auf<br />
der ein eigenes Lied über sie aufgenommen<br />
wurde, an einem Musical<br />
teilgenommen. Sie kann außerdem<br />
eigenständig durch Auslösen<br />
der Sprechtaste erzählen,<br />
was sie erlebt hat, zum Beispiel:<br />
„Heute war Musikgruppe. Wir haben<br />
mein Lied aufgenommen. Das<br />
hat voll Spaß gemacht.“<br />
Motorisch hat Emma kaum Möglichkeiten<br />
aktiv an Gruppenangeboten<br />
teilzunehmen. Der Powerlink<br />
ermöglicht ihr mithilfe einer<br />
Taste, zum Beispiel den Mixer anzusteuern<br />
und somit einen wichtigen<br />
Beitrag zur Herstellung des<br />
Kuchenteigs zu leisten. Im Sommer<br />
wechselte Emma in eine in-<br />
tegrative Gruppe und erlernt dort<br />
zunehmend, intentional zu kommunizieren.<br />
Thorsten M. ist ein 35-jähriger<br />
Mann mit Infantiler Cerebralparese<br />
(ICP), der vor einem halben<br />
Jahr mit seiner Assistentin in die<br />
Beratungsstelle Unterstützte<br />
Kommunikation kam. Aufgrund<br />
seiner ICP ist die verbale Kommunikation<br />
für Thorsten M. in Situationen,<br />
in denen er sehr aufgeregt<br />
ist, besonders schwierig,<br />
zum Beispiel beim Einkaufen oder<br />
wenn die Leute ihn nicht gleich<br />
verstehen. Im gewohnten Umfeld<br />
und mit vertrauten Personen hat<br />
er kaum Schwierigkeiten. Mit<br />
Ein aufmerksames und selbstbewusstes Vorschulkind: Emma kann<br />
nicht sprechen und startet trotzdem durch.<br />
dem erprobten Kommunikationsgerät<br />
(„Lightwriter“), das er<br />
demnächst von der Krankenkasse<br />
bekommt, kann er sich nach<br />
seinen Angaben viel besser mitteilen,<br />
indem er bei Verständigungsproblemen<br />
die Worte in<br />
sein Gerät tippte.<br />
Auch das Umfeld, vor allem an<br />
seinem Arbeitsplatz in der Verbandsgemeinde,<br />
habe sehr positiv<br />
auf das Gerät, das das Aussehen<br />
einer kleinen Schreibmaschine hat,<br />
reagiert. „Zuerst waren sie ein wenig<br />
erstaunt und dann total begeistert,<br />
dass die Kommunikation<br />
für alle entspannter war“, sagt er.<br />
Thorsten M. hat viele Hobbys,<br />
auch Reisen. Auch hier kann der<br />
„Lightwriter“ sehr hilfreich sein.<br />
So ist er von seinen Bezugspersonen<br />
unabhängiger und kann viele<br />
Dinge selbst für sich regeln.<br />
Barbara Moritz/Kerstin Casper-Veit<br />
Ein 21 Jahre alter Mann mit<br />
Downsyndrom und Schulabschluss<br />
an einer Schule mit<br />
dem Förderschwerpunkt ganzheitliche<br />
Entwicklung, machte beim Gespräch<br />
deutlich, dass er ein Praktikum<br />
in der Küche machen wollte<br />
und später gerne einmal auf einem<br />
Außenarbeitsplatz arbeiten würde.<br />
Er hatte den Wunsch, Schauspieler<br />
zu werden.<br />
Vom Aufbau und Organisation des<br />
Angebotes hinsichtlich der Teilhabe<br />
orientieren sich die Mitarbeiter der<br />
<strong>Westpfalz</strong>-Werkstätten an den Fähigkeiten<br />
und Möglichkeiten, aber<br />
auch an realistischen Zielen für die<br />
jeweilige Person. Dies beginnt<br />
schon im Eingangsverfahren, das<br />
drei Monate dauert. Es setzt sich<br />
dann im Berufsbildungsbereich fort,<br />
den es sowohl innerhalb der Werkstätten<br />
als auch außerhalb der<br />
Werkstätten gibt. An den Möglichkeiten<br />
und Zielen der Personen ori-<br />
Gemeinschaftswerk befähigt Menschen zur Teilhabe<br />
Wünsche werden berücksichtigt – Realistische Ziele notwendig – Drei Beispiele der Befähigung auf diesen Seiten<br />
Im Sozialgesetzbuch IX steht in Paragraf 1 das Ziel, dass die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft<br />
zu fördern ist. Damit Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft teilhaben können, gibt es vielfältige Angebote in den Einrichtungen<br />
des Gemeinschaftswerks, um diese zur Teilhabe zu befähigen.<br />
von Bettina Rivera<br />
entiert, geht es um die Begleitung<br />
bei der Auswahl der geeigneten<br />
Beschäftigungsformen bis hin zur<br />
Entscheidung, ob ein künftiges Beschäftigungsfeld<br />
innerhalb oder außerhalb<br />
der Werkstatt liegen kann.<br />
Bei unserem 21-Jährigen mit<br />
Downsyndrom war eine Einschränkung<br />
beim Sprechen vorhanden,<br />
die mit dem Wunsch, Schauspieler<br />
zu werden, auf den ersten Blick<br />
nicht vereinbar schien. Ihm dies zu<br />
vermitteln, ihm also zu einer realistischen<br />
Selbsteinschätzung zu ver-<br />
helfen, ist auch Ziel der Qualifizierung.<br />
Dabei wird das soziale Umfeld,<br />
wie die Eltern, mit einbezogen.<br />
Um jedoch auch dem Wunsch<br />
nach dem Theaterspielen nachzukommen,<br />
wurde der Vorschlag gemacht,<br />
dies während der Freizeit zu<br />
machen.<br />
In der Werkstatt gibt es eine große<br />
Differenzierung der Angebote. Vielfältige<br />
Möglichkeiten, was man arbeiten<br />
kann, von sehr einfachen Tätigkeiten<br />
bis hin zu komplexen Arbeitsaufträgen.<br />
Unter dem Dach<br />
der Werkstätten gibt es verschiedene<br />
Formen der Werkstattarbeit.<br />
Um die Entwicklungsmöglichkeiten<br />
regelmäßig und wiederkehrend zu<br />
verfolgen, dient das Instrumentarium<br />
der Teilhabeplanungen. Wünsche,<br />
Fortschritte und Möglichkeiten<br />
werden dabei gemeinsam mit<br />
dem Werkstattbeschäftigten abgeglichen.<br />
Der Bereich des Integrationsmanagements<br />
ist dabei einbezogen.<br />
Sofern es Möglichkeiten<br />
und Wünsche zu einer Arbeit außerhalb<br />
der Werkstätte für behin-<br />
derte Menschen gibt, erfolgt eine<br />
enge Verzahnung mit dem Integrationsassistenten.<br />
Die Beispielperson zeichnete sich<br />
durch eine sorgfältige Arbeitsweise<br />
aus, wenn ihn die jeweilige Arbeit<br />
interessiert. Zunächst nahm er im<br />
Berufsbildungsbereich an allgemeinen<br />
Schulungen teil und erprobte<br />
verschiedene Arbeiten in der Gruppe.<br />
Danach fanden Praktika in verschiedenen<br />
Bereichen statt, unter<br />
anderem in der Küche in der Werkstatt.<br />
Ein Praktikum auf einem Au-<br />
ßenarbeitsplatz schloss sich an. Es<br />
fand in einer der Kantinen statt, die<br />
die <strong>Westpfalz</strong>-Werkstätten betreiben.<br />
Da er ein sicherer Fußgänger<br />
ist und auch ohne Probleme mit<br />
dem Bus fahren kann, war eine<br />
wichtige Voraussetzung schon erfüllt.<br />
Die Qualifizierung für den Bereich<br />
Kantinen erfolgte dann vor<br />
Ort während des Praktikums – die<br />
„Bildungsbegleiterin“ beziehungsweise<br />
Mitarbeiterin im Berufsbildungsbereich<br />
hat mit den Anleitern<br />
in der Kantine und ihm zusammen<br />
die Einweisungen in verschiedene<br />
Tätigkeiten vorgenommen.<br />
Inzwischen arbeitet er auf seinem<br />
ausgelagerten „Wunscharbeitsplatz“;<br />
natürlich gibt es immer noch<br />
viele Dinge, die er lernen möchte<br />
und die notwendig sind – aber realistisch<br />
betrachtet auch Fähigkeiten,<br />
deren Erreichen nicht möglich<br />
erscheinen, wie der Wunsch<br />
Schauspieler zu werden.<br />
Arbeit für Sehbehinderte<br />
Spezielle Maschinen ermöglichen Beschäftigung<br />
Schifferstadt. Die Maschine, sein<br />
Arbeitsstuhl, das Material, alles<br />
muss so angeordnet sein, dass<br />
Jürgen Ackermann die Maschine<br />
mit den Achsen bestücken und<br />
betätigen kann. Der Grund: Er hat<br />
eine Hörsehbehinderung, das sogenannte<br />
Usher-Syndrom.<br />
Dies bedeutet Gehörlosigkeit von<br />
Geburt an und später einsetzender<br />
Verlust des Gesichtsfeldes. Früher<br />
konnte Jürgen Ackermann noch<br />
von den Lippen lesen, mittlerweile<br />
ist sein Gesichtsfeld so stark eingeschränkt,<br />
dass ihm dies nicht<br />
mehr möglich ist. Er „sieht“ nur<br />
noch Dinge, die sich direkt vor ihm<br />
befinden und dies nur noch un-<br />
deutlich und sehr begrenzt. Aufgrund<br />
dieser Einschränkung ist es<br />
wichtig, von vorn an ihn heranzutreten,<br />
damit er nicht erschrickt.<br />
Innerhalb des Gruppenraumes<br />
muss besonders darauf geachtet<br />
werden, dass keine Gegenstände,<br />
die für ihn nicht sichtbar sind, herumstehen.<br />
In der Werkstatt bewegt<br />
sich Jürgen Ackermann<br />
selbstständig, nur morgens vom<br />
Bus in den Gruppenraum und umgekehrt<br />
nachmittags wird er wegen<br />
des regen Personenbetriebes<br />
begleitet. Seit über zehn Jahren ist<br />
der 47-Jährige in den Ludwigshafener<br />
Werkstätten beschäftigt.<br />
Seit Februar 2010 arbeitet er an<br />
einer Maschine, die speziell für<br />
sehbehinderte Menschen konzipiert<br />
wurde. Eine Autozulieferfirma<br />
hat den Account Manager<br />
des Gemeinschaftswerks, Joseph<br />
Rödler, im Februar 2010 ange-<br />
fragt, ob es möglich wäre, zwei<br />
speziell für sehbehinderte Mitarbeiter<br />
konzipierte Maschinen in<br />
den Gf<strong>MB</strong> Werkstätten zu platzieren.<br />
Edith Goschi, technische Leiterin<br />
der Betriebsstätte Schifferstadt,<br />
zeigte starkes Interesse,<br />
diese Arbeitsplätze für sehbehinderte<br />
Menschen einzurichten.<br />
Diese Maschinen fügen zwei<br />
Komponenten, Achse und Niet,<br />
für die Türinnenbetätigung des<br />
VW Polo zusammen. Jürgen<br />
Ackermann bestückt die Maschine<br />
mit einzelnen Achsen. Er leistet<br />
qualitativ gute Arbeit und arbeitet<br />
persönlich gerne an dieser<br />
Maschine. Die Kommunikation<br />
Wichtig für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft: die eigenständige Nutzung von Verkehrsmitteln wie Fahrrad oder Bahn, um zur Arbeit zu gelangen. (Fotos: Gf<strong>MB</strong>) Kommuniziert über das „Lormen“: Jürgen Ackermann mit Gruppenleiter<br />
Norbert Gräf.<br />
mit Jürgen Ackermann, unter anderem<br />
um die Arbeitsaufträge zu<br />
vermitteln, geschieht durch das<br />
„Lormen“. Dies ist eine Kommunikationsform<br />
für Taubblinde zur<br />
Verständigung mit anderen Menschen.<br />
Der „Sprechende“ tastet<br />
dabei auf die Handinnenfläche<br />
des „Lesenden“. Dabei sind den<br />
einzelnen Fingern sowie bestimmten<br />
Handpartien bestimmte<br />
Buchstaben zugeordnet.<br />
Die Gruppenleiter Brigitte Leist,<br />
Peter Decker und Norbert Gräf,<br />
haben sich das „Lormen“ selbst<br />
beigebracht und können dadurch<br />
mit Jürgen Ackermann kommunizieren.<br />
Diese Form der Kommunikation,<br />
neben der speziell konzipierten<br />
Maschine, ist für ihn ein<br />
wesentlicher Bestandteil im Arbeitsalltag,<br />
welche ihm auch weiterhin<br />
die Teilhabe am Arbeitsleben<br />
ermöglicht. Gerhard Klimt