Ausgabe als PDF herunterladen - Gewerbeverein Wassenberg eV
Ausgabe als PDF herunterladen - Gewerbeverein Wassenberg eV
Ausgabe als PDF herunterladen - Gewerbeverein Wassenberg eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
24<br />
Vor 100 Jahren: Eröffnung der<br />
Bahnlinie Jülich-<strong>Wassenberg</strong>-Dalheim<br />
Vor hundert Jahren änderte sich das Leben<br />
für viele Menschen in unserer Heimat<br />
schlagartig.<br />
Bis dahin war der Lebensraum unserer Vorfahren<br />
überschaubar. Eine Reise nach Mönchengladbach,<br />
Aachen oder gar Köln war etwas<br />
Einmaliges, von dem man ein Leben<br />
lang erzählen konnte. Einziges Verkehrsmittel,<br />
von <strong>Wassenberg</strong> aus eine weite Reise zu<br />
unternehmen, war die Postkutsche.<br />
So war der 14. Dezember 1911 ein großer<br />
Festtag für die Menschen des <strong>Wassenberg</strong>er<br />
Landes: An diesem Tage fand die Testfahrt<br />
des Personenzuges auf der neuen Bahnstrecke<br />
von Jülich nach Dalheim – über <strong>Wassenberg</strong><br />
- statt.<br />
Unter den vielen offiziellen Fahrgästen im<br />
festlich geschmückten Zug (wie Bürgermeister<br />
Nikolaus Beckers) war auch Clementine<br />
Esser, eine Nachbarin meiner Mutter (1889-<br />
1972), aus der Brühl. Diese schrieb eine eigens<br />
für die Bahnlinieneröffnung gedruckte<br />
Karte an ihre Schwester. („Linnich, 14.12.11,<br />
Von der Testfahrt bei Gelegenheit der Bahneröffnung<br />
Jülich <strong>Wassenberg</strong> Dalheim, herzl.<br />
Grüße von Deiner Schwester C. Ehser“)<br />
„Alles war an diesem Tag unterwegs zur<br />
Bahnstrecke, um den aus Richtung Baal nahenden<br />
Zug zu bestaunen, ganze Familien<br />
und sogar die Lehrer mit ihren Schülern. Nur<br />
einige ältere Leute, die das neue Verkehrsmittel<br />
<strong>als</strong> Teufelswerk bezeichneten, blieben<br />
zu Hause“, erzählte mir meine Mutter.<br />
Viele Jahrzehnte war die Bahnstrecke für<br />
unsere Heimat ein Segen. Dann kam durch<br />
Zerstörung der meisten Brücken und Viadukte<br />
der Zugverkehr gegen Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges völlig zum Erliegen.<br />
1945 wurde eine Notbrücke über die Bahntrasse<br />
an der Kirchstraße, die sogenannte<br />
„Bell“-Brücke, benannt nach Amtsdirektor<br />
Bell, errichtet.<br />
Unmittelbar nach dem Krieg wurde der Personenverkehr<br />
von <strong>Wassenberg</strong> aus nach Dalheim<br />
durch Busse, die vom <strong>Wassenberg</strong>er<br />
Bahnhof aus über Birgelen und dann von Rosenthal<br />
aus durch Waldgelände zum Dalheimer<br />
Bahnhof fuhren, wieder aufgenommen.<br />
Seit 1948 fuhren dann auch wieder<br />
Busse bis Mönchengladbach.<br />
Etwa fünf Jahre nach Kriegsende, am 12. Februar<br />
1950, konnte man von <strong>Wassenberg</strong> aus<br />
endlich wieder mit dem Zug fahren. Aber mit<br />
der stetigen Zunahme des Pkw-Verkehrs<br />
Ein Bild aus dem Jahr 1941: Dieser Zug fährt zur damaligen „Kinderlandverschickung“ in<br />
den Bahnhof <strong>Wassenberg</strong> ein. Archiv: Karl Lieck<br />
Dieser „Gruß aus <strong>Wassenberg</strong>“ ist fast 100 Jahre alt. Archiv: Karl Lieck<br />
nahm die Zahl der Fahrgäste von <strong>Wassenberg</strong><br />
aus mehr und mehr ab, so dass die Strecke<br />
für die Bundesbahn unrentabel wurde.<br />
Schließlich wurde die Bahnstrecke von Baal<br />
nach Dalheim – trotz aller Proteste – geschlossen.<br />
Leo Cremers, der letzte Vorsteher des <strong>Wassenberg</strong>er<br />
Bahnhofs, gab am 27. September<br />
1980 zum letzten Mal dem Personenzug das<br />
Zeichen zur Ausfahrt in Richtung Dalheim.<br />
Im April 1985 wurden die Schienen abgebaut.<br />
Nach 74 Jahren ging die <strong>Wassenberg</strong>er<br />
Eisenbahngeschichte zu Ende. (Karl Lieck)<br />
Die Bell-Brücke verbindet nach dem Krieg<br />
die Unter- und Oberstadt. Archiv: K. Lieck