perspektive heft 38 1999
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wie ein Schachtelhalm an, mein blaßgrünes<br />
Haar<br />
war auch schon mal rot, als ich noch Sporen<br />
trug<br />
ist ein Wurm über die Leber gelaufen und<br />
davon<br />
ist Krätze gekommen und wieder gegangen<br />
bis die Blattern das Terrain - eingenommen<br />
als Mann von der Frau und als Schachtelhalm<br />
hab ich bis jetzt noch keine Tabletten, aber<br />
meine Daten sind längst auf Diskette<br />
Visage über dem Halm derart verschachtelt<br />
daß jeder gleich ans Unkraut denkt.<br />
Manchmal scheint mir die Sonne durchs Hemd<br />
und mein Schatten fällt plötzlich aufs Pflaster<br />
als wär ich ‘ne Ratte - husch - so spurlos<br />
wenn plötzlich ein Gully kommt<br />
verschwindet der Schatten, Hand aufs Herz<br />
mit wem sind wir nicht alles verwandt.<br />
Weil wir den Inzest und Sodomie fürchten<br />
gehn wir zur Bank und ficken das Geld.<br />
Auch der Verstand wirft einen Schatten<br />
sonst hätte ihn längst der Teufel geholt.<br />
Wesentlich kleiner als der einer Ratte<br />
womit wir das Denken effizient lenken<br />
und wenn es mal regnet, kein Schatten<br />
begegnet<br />
karg an Licht und Sicht<br />
schmerzt uns das Herz, schlägt zu die Migräne.<br />
Und dennoch gab es kein trockenes Unglück<br />
wie eine Redensart sagt: u nas suchája bedá<br />
eine, die sich erhängt hat<br />
am Strang morbider Gedanken.<br />
No future<br />
Zu ihren Geschwistern sagte die Nacht<br />
legt euch flach oder holt euch jetzt die Piepen<br />
ab.<br />
Laßt euch verwöhnen, Söhne und Töchter in<br />
Schwarz<br />
von Obertönen im trockenen Fallwind<br />
auch für grobschlächtige Ohren zu hören<br />
Ader an Boreas Hals zu schwellen beginnt.<br />
Gebt acht, Geschwister der Nacht<br />
auf Welle Neun wird die Stille schrill.<br />
Essigsaure Tonerde berührt die Schläfen und<br />
nicht die Grillen im Schädel lärmen leutselig<br />
sondern der Staub in den Pfoten des Windes<br />
beginnt zu knirschen und von jenen<br />
die im Schlaf mit den Zähnen<br />
ihren Haß unter der Nase zermahlen.<br />
Schweigen, die dunkle Seite gellender Schreie.<br />
Bomben und Kanonen sind des Infernos<br />
Abglanz<br />
aus der Vergangenheit heraufbeschworen<br />
als Stücke rückbezogener Erinnerung<br />
auf der Bühne unsrer Lustbarkeit.<br />
Wir hätten längst der Gattung Mensch<br />
den Todesstoß versetzt, doch jeder Mord<br />
schreibt sich stets als Wiederholung fort.<br />
Wir sitzen mit Popcorn im Kino und genießen<br />
was wir schon wissen könnten<br />
Aus unsrer Erfahrung als elementarer Staub<br />
ist Käpten Kirks Eintrag ins Logbuch ein Witz<br />
während Spoks Ohren und Asklepios Pille<br />
Aspekte dezimierter Formen darstellen.<br />
Elementarer Staub wirbelt als Dejà-vu auf<br />
und plötzlich ist Käpten Kirk eine Qualle<br />
Spok ein Baum und Pille ein lausiger Stein.<br />
Determinanten, aus der Matrix entlassen<br />
spiegelverkehrt im Jenseits gestempelt<br />
kommt das Ganze auf Bildschirm an<br />
und das Spektakel heißt Supervision<br />
der Zukunft von Zweitausend Zehn.<br />
Auch ich bin nicht mehr als ein Pickel<br />
auf dem Antlitz der Erde, ‘ne verstopfte Pore<br />
die mit Chemie oder Druck verschwindet<br />
sich in der Nähe wieder ansiedeln wird.<br />
Habe ich Glück, schaff ichs noch bis zum<br />
Furunkel<br />
und werde von schwarzer Salbe erstickt.<br />
Ich glaube, ich bin progressiv in der Zeit<br />
doch schon wiederhole ich mich.<br />
Derivate der Freiheit<br />
Einerseits:<br />
Mein Bett, mein Haus, mein Land ist schief<br />
und andrerseits:<br />
Mein Weib, mein Hund, mein Schwanz.<br />
Ich kann, was kippt, nur stoßen und Metapher<br />
rufen<br />
so daß die Zahl der unbekannten Größen<br />
für diese Gleichung durch logische Auflösung<br />
auch mit Algebra nicht mehr zu machen ist und<br />
von den Seiten keine unbefleckt empfangen<br />
kann<br />
sagte unter Tränen ein spondylöser Mann.<br />
Ein anderer trug sein Käppi schräg und hielt die<br />
Schulter krumm.<br />
Sein dicker fetter Kamm ragte aus der Tasche<br />
am Gesäß.